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Wirkung ionisierender Strahlung auf verschiedene Lungengewebe epithelialen Ursprungs
Wirkung ionisierender Strahlung auf verschiedene Lungengewebe epithelialen Ursprungs
In der vorliegenden Arbeit sollte die Auswirkung unterschiedlicher Strahlendosen auf verschiedene Kultivierungsformen der Bronchialschleimhaut und eine Lungenkarzinomzelllinie untersucht werden. Untersuchungen zur Wirkung ionisierender Strahlen auf normales Bronchialepithel sind eher selten, obwohl die Affektion von tumorfreiem umgebendem Gewebe eine wichtige Rolle bezüglich der Nebenwirkungen einer Radiotherapie spielt. Gerade im palliativen Bereich, in dem die endoluminale Bestrahlung von Bronchus-Stenosen einen wichtigen Faktor für die Verbesserung der Lebensqualität darstellt, ist durch den engen Kontakt der Strahlenquelle zum gesunden Bronchialepithel eine Strahlenauswirkung gegeben. Die bisherige Datenlage legt eine relativ hohe Strahlentoleranz des Bronchialepithels nahe. Ob sich diese Ergebnisse bestätigen lassen, sollte anhand verschiedener Bronchial-Epithel-Kultivierungsformen untersucht werden. Primäres Ziel der Untersuchung war die Frage, ob die Art der Kultivierung einen Einfluss auf die Effektivität ionisierender Strahlen hat und ob Tumorzellen eine andere Reaktion zeigen. Die verwandten Modelle waren: - BEAS-2B Zelllinien - Primärkulturen aus Patientenmaterial - dreidimensionale Organkulturen - EPLC-32M1 Tumorzelllinien Als „handelsübliche“ Bronchialepithel-Zelllinie zur Monolayer-Kultivierung wurden die BEAS-2B-Zellen verwendet, hier handelt es sich um immortalisierte, humane bronchoepitheliale Zelllinie, die mit einem Adenovirus 12-SV40 Virus-Hybrid transfiziert war. Zwar sind viele Eigenschaften der normalen Bronchialschleimhaut in diesem Modell vorhanden, aber auch genetische Abweichungen wie Veränderungen des Chromosomensatzes sind beschrieben. Mit zunehmender Passagezahl können die Zellen auch eine kanzerogene Wirkung zeigen. Zum direkten Vergleich wurden Primärkulturen aus Patientenmaterial gewonnen, welche als Monolayer kultiviert wurden. Problematisch war hier die schwierige Kultivierbarkeit. Die dreidimensionalen Organkulturen stellen vom Aufbau her eine in vivo-nahe Kulturform dar. Zentrum der Organkultur ist ein bindegewebiger Kern, welcher von einem respiratorischen Epithel umgeben ist. Morphologisch ist das kultivierte Epithel nicht von dem in vivo zu unterscheiden. Als Tumormodell wurde eine EPLC-32M1 Zelllinie verwandt, die wie die BEAS-2B Linie und die Primärkulturen als Monolayer wachsen. Hier handelt es sich um eine squamöse Karzinom Zelllinie, deren Ursprungsgewebe ein Plattenepithelkarzinom der Lunge war. Die Ähnlichkeit zum Primärtumor ist nur noch gering ausgeprägt. Bekannterweise gehört das Plattenepithelkarzinom der Lunge zu den nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen, welche im Vergleich zu Kleinzellern nur eine geringe Strahlensensitivität aufweisen. Als Parameter für die Zellschädigung wurde die Lactatdehydrogenase verwandt, ein zytoplasmatisches Enzym, welches bei Zellmembranläsionen freigesetzt wird. Mit der LDH steht ein klinisch häufig eingesetzter, etablierter Parameter zu Detektion von Zellschäden zur Verfügung. Hier konnte eine Bestimmung im Kulturmedium erfolgen, wodurch Verlaufsbeobachtungen ohne Beeinflussung der Kulturen möglich waren. Ferner wurde die Zellzahlen nach Bestrahlung ermittelt, um eine Aussage über das Zellüberleben machen zu können. Zusammenfassung der Ergebnisse: - Die Organkulturen und Primärkulturen zeigten nach einer Latenz von 48 Stunden nach der Bestrahlung eine gesteigerte LDH-Aktivität, die hier gleichzeitig ihr Maximum erreichte. - Bei der BEAS-2B Linie kam es innerhalb der ersten 24 Stunden zu einem deutlichen LDH-Anstieg. - Tumorzellen zeigten ein gänzlich anderes Verlaufsmuster bezüglich der LDH. Hier kam es nach 3 Tagen zu einem kontinuierlichen Anstieg. - Die Zellzahlen im Organkulturmodell wiesen 4 Tage nach Bestrahlung keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Versuchsgruppen auf. - Bei den Primärkulturen und den BEAS-2B Zellen fand sich in den bestrahlten Gruppen eine signifikant, nicht dosisabhängig erniedrigte Zellzahl. - Im Tumorzell-Modell war dosisabhängig eine Zellzahlminderung in den bestrahlten Gruppen zu beobachten. Schlussfolgerungen: Sowohl vom LDH-Verhalten, als auch von den Ergebnissen der Zellzahlbestimmung zeigten sich die dreidimensionalen Organkulturen wenig anfällig für die Wirkung ionisierender Strahlen. Nachdem dieses Modell die in vivo-Situation gut wiederspiegelt, unterstützen die Ergebnisse die Daten, welche eine hohe Strahlentoleranz von Bronchialepithel nahe legen. Von den übrigen Kultivierungsformen scheinen die aus Patientenmaterial gewonnenen Primärkulturen die höchste Strahlenresistenz aufzuweisen, wahrscheinlich sind hierfür Zelleigenschaften verantwortlich, die in den gentechnisch veränderten Zelllinien nicht mehr in der Art und Weise ausgeprägt sind wie in vivo. So nehmen viele intrazelluläre Faktoren wie Zytokine, Wachstumsfaktoren, Proteinkinasen oder auch Onkogene Einfluss auf die Strahlensensibilität einer Zelle. Entscheidend scheint besonders der p53- Status zu sein. Am strahlensensitivsten zeigten sich die BEAS-2B und die EPLC-32M1 Linien. Das hängt womöglich mit der Veränderung des genetischen Materials durch die Immortalisationsprozesse und die im Vergleich höhere Proliferationsrate zusammen. Möglich ist auch eine erhöhte Strahlensensibilität aufgrund des im Vergleich zu den Organkulturen schwächer ausgeprägten Zell-Zell-Kontaktes, der fehlenden dreidimensionalen Struktur und dem geringeren Anteil differenzierter Zellen. Nicht außer Acht lassen darf man individuelle Einflüsse, welche womöglich in den von Patientenmaterial stammenden Kulturen eine Rolle spielen. Zusammenfassend konnten wir zeigen, dass der dreidimensionale Aufbau und die hierarchische Struktur des Bronchialepithels maßgeblich die Strahlensensibilität beeinflussen. Monolayer sind zur Untersuchung von Strahlenfolgen in vivo nur sehr bedingt geeignet. Ausblick auf zukünftige Fragestellungen: Nachdem in der vorliegenden Arbeit nur eine Tumorzelllinie untersucht wurde, wäre es von Interesse, die Auswirkung ionisierender Strahlung auf verschiedene Lungenkarzinom- Zelllinien zu vergleichen, welche in vivo deutliche Unterschiede in der Strahlenempfindlichkeit aufweisen. Anbieten würde sich hier der Vergleich mit strahlensensiblen kleinzelligen Bronchialkarzinom. Möglicherweise kann auch hier eine dreidimensionale Kultivierung von Tumorzellen aus Patientenmaterial etabliert werden, um einen größeren Zell-Zell-Kontakt im Tumor-Modell zu ermöglichen. Auch wäre hier durch die fehlenden gentechnischen Veränderungen eine bessere Vergleichbarkeit mit der in vivo- Situation möglich. Auch die Untersuchung von Ko-Kulturen aus normaler Bronchialschleimhaut und verschiedenen Bronchialkarzinomzelllinien bietet die Möglichkeit, Auswirkungen von Interaktionen zwischen Normalgewebe und Tumorgewebe nach Einwirkung ionisierender Strahlen näher zu eruieren. Dieses Modell käme der Situation beim Patienten am nächsten. Interessant wäre in diesen Modellen auch die Überprüfung weiterer Zelltod-Parameter. So könnten hier verschiedene Apoptosemarker wie zum Beispiel die Nukleosomen im Überstand verschiedener Ko-Kulturmodelle bestimmt werden, um eine bessere Aussage über das Ausmaß der Zellschädigung zu erhalten. Im Kontext mit der Untersuchung von Nukleosomen scheint auch die Bestimmung von Calcium eine sinnvolle Ergänzung darzustellen. Hier bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, das Verhalten von Zellkulturen nach Bestrahlung, gerade hinsichtlich einer möglichen Resistenzbildung zu untersuchen.
Bronchialepithel, Strahlenwirkung, LDH, Organkultur
Stief, Jutta
2006
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Stief, Jutta (2006): Wirkung ionisierender Strahlung auf verschiedene Lungengewebe epithelialen Ursprungs. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

In der vorliegenden Arbeit sollte die Auswirkung unterschiedlicher Strahlendosen auf verschiedene Kultivierungsformen der Bronchialschleimhaut und eine Lungenkarzinomzelllinie untersucht werden. Untersuchungen zur Wirkung ionisierender Strahlen auf normales Bronchialepithel sind eher selten, obwohl die Affektion von tumorfreiem umgebendem Gewebe eine wichtige Rolle bezüglich der Nebenwirkungen einer Radiotherapie spielt. Gerade im palliativen Bereich, in dem die endoluminale Bestrahlung von Bronchus-Stenosen einen wichtigen Faktor für die Verbesserung der Lebensqualität darstellt, ist durch den engen Kontakt der Strahlenquelle zum gesunden Bronchialepithel eine Strahlenauswirkung gegeben. Die bisherige Datenlage legt eine relativ hohe Strahlentoleranz des Bronchialepithels nahe. Ob sich diese Ergebnisse bestätigen lassen, sollte anhand verschiedener Bronchial-Epithel-Kultivierungsformen untersucht werden. Primäres Ziel der Untersuchung war die Frage, ob die Art der Kultivierung einen Einfluss auf die Effektivität ionisierender Strahlen hat und ob Tumorzellen eine andere Reaktion zeigen. Die verwandten Modelle waren: - BEAS-2B Zelllinien - Primärkulturen aus Patientenmaterial - dreidimensionale Organkulturen - EPLC-32M1 Tumorzelllinien Als „handelsübliche“ Bronchialepithel-Zelllinie zur Monolayer-Kultivierung wurden die BEAS-2B-Zellen verwendet, hier handelt es sich um immortalisierte, humane bronchoepitheliale Zelllinie, die mit einem Adenovirus 12-SV40 Virus-Hybrid transfiziert war. Zwar sind viele Eigenschaften der normalen Bronchialschleimhaut in diesem Modell vorhanden, aber auch genetische Abweichungen wie Veränderungen des Chromosomensatzes sind beschrieben. Mit zunehmender Passagezahl können die Zellen auch eine kanzerogene Wirkung zeigen. Zum direkten Vergleich wurden Primärkulturen aus Patientenmaterial gewonnen, welche als Monolayer kultiviert wurden. Problematisch war hier die schwierige Kultivierbarkeit. Die dreidimensionalen Organkulturen stellen vom Aufbau her eine in vivo-nahe Kulturform dar. Zentrum der Organkultur ist ein bindegewebiger Kern, welcher von einem respiratorischen Epithel umgeben ist. Morphologisch ist das kultivierte Epithel nicht von dem in vivo zu unterscheiden. Als Tumormodell wurde eine EPLC-32M1 Zelllinie verwandt, die wie die BEAS-2B Linie und die Primärkulturen als Monolayer wachsen. Hier handelt es sich um eine squamöse Karzinom Zelllinie, deren Ursprungsgewebe ein Plattenepithelkarzinom der Lunge war. Die Ähnlichkeit zum Primärtumor ist nur noch gering ausgeprägt. Bekannterweise gehört das Plattenepithelkarzinom der Lunge zu den nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen, welche im Vergleich zu Kleinzellern nur eine geringe Strahlensensitivität aufweisen. Als Parameter für die Zellschädigung wurde die Lactatdehydrogenase verwandt, ein zytoplasmatisches Enzym, welches bei Zellmembranläsionen freigesetzt wird. Mit der LDH steht ein klinisch häufig eingesetzter, etablierter Parameter zu Detektion von Zellschäden zur Verfügung. Hier konnte eine Bestimmung im Kulturmedium erfolgen, wodurch Verlaufsbeobachtungen ohne Beeinflussung der Kulturen möglich waren. Ferner wurde die Zellzahlen nach Bestrahlung ermittelt, um eine Aussage über das Zellüberleben machen zu können. Zusammenfassung der Ergebnisse: - Die Organkulturen und Primärkulturen zeigten nach einer Latenz von 48 Stunden nach der Bestrahlung eine gesteigerte LDH-Aktivität, die hier gleichzeitig ihr Maximum erreichte. - Bei der BEAS-2B Linie kam es innerhalb der ersten 24 Stunden zu einem deutlichen LDH-Anstieg. - Tumorzellen zeigten ein gänzlich anderes Verlaufsmuster bezüglich der LDH. Hier kam es nach 3 Tagen zu einem kontinuierlichen Anstieg. - Die Zellzahlen im Organkulturmodell wiesen 4 Tage nach Bestrahlung keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Versuchsgruppen auf. - Bei den Primärkulturen und den BEAS-2B Zellen fand sich in den bestrahlten Gruppen eine signifikant, nicht dosisabhängig erniedrigte Zellzahl. - Im Tumorzell-Modell war dosisabhängig eine Zellzahlminderung in den bestrahlten Gruppen zu beobachten. Schlussfolgerungen: Sowohl vom LDH-Verhalten, als auch von den Ergebnissen der Zellzahlbestimmung zeigten sich die dreidimensionalen Organkulturen wenig anfällig für die Wirkung ionisierender Strahlen. Nachdem dieses Modell die in vivo-Situation gut wiederspiegelt, unterstützen die Ergebnisse die Daten, welche eine hohe Strahlentoleranz von Bronchialepithel nahe legen. Von den übrigen Kultivierungsformen scheinen die aus Patientenmaterial gewonnenen Primärkulturen die höchste Strahlenresistenz aufzuweisen, wahrscheinlich sind hierfür Zelleigenschaften verantwortlich, die in den gentechnisch veränderten Zelllinien nicht mehr in der Art und Weise ausgeprägt sind wie in vivo. So nehmen viele intrazelluläre Faktoren wie Zytokine, Wachstumsfaktoren, Proteinkinasen oder auch Onkogene Einfluss auf die Strahlensensibilität einer Zelle. Entscheidend scheint besonders der p53- Status zu sein. Am strahlensensitivsten zeigten sich die BEAS-2B und die EPLC-32M1 Linien. Das hängt womöglich mit der Veränderung des genetischen Materials durch die Immortalisationsprozesse und die im Vergleich höhere Proliferationsrate zusammen. Möglich ist auch eine erhöhte Strahlensensibilität aufgrund des im Vergleich zu den Organkulturen schwächer ausgeprägten Zell-Zell-Kontaktes, der fehlenden dreidimensionalen Struktur und dem geringeren Anteil differenzierter Zellen. Nicht außer Acht lassen darf man individuelle Einflüsse, welche womöglich in den von Patientenmaterial stammenden Kulturen eine Rolle spielen. Zusammenfassend konnten wir zeigen, dass der dreidimensionale Aufbau und die hierarchische Struktur des Bronchialepithels maßgeblich die Strahlensensibilität beeinflussen. Monolayer sind zur Untersuchung von Strahlenfolgen in vivo nur sehr bedingt geeignet. Ausblick auf zukünftige Fragestellungen: Nachdem in der vorliegenden Arbeit nur eine Tumorzelllinie untersucht wurde, wäre es von Interesse, die Auswirkung ionisierender Strahlung auf verschiedene Lungenkarzinom- Zelllinien zu vergleichen, welche in vivo deutliche Unterschiede in der Strahlenempfindlichkeit aufweisen. Anbieten würde sich hier der Vergleich mit strahlensensiblen kleinzelligen Bronchialkarzinom. Möglicherweise kann auch hier eine dreidimensionale Kultivierung von Tumorzellen aus Patientenmaterial etabliert werden, um einen größeren Zell-Zell-Kontakt im Tumor-Modell zu ermöglichen. Auch wäre hier durch die fehlenden gentechnischen Veränderungen eine bessere Vergleichbarkeit mit der in vivo- Situation möglich. Auch die Untersuchung von Ko-Kulturen aus normaler Bronchialschleimhaut und verschiedenen Bronchialkarzinomzelllinien bietet die Möglichkeit, Auswirkungen von Interaktionen zwischen Normalgewebe und Tumorgewebe nach Einwirkung ionisierender Strahlen näher zu eruieren. Dieses Modell käme der Situation beim Patienten am nächsten. Interessant wäre in diesen Modellen auch die Überprüfung weiterer Zelltod-Parameter. So könnten hier verschiedene Apoptosemarker wie zum Beispiel die Nukleosomen im Überstand verschiedener Ko-Kulturmodelle bestimmt werden, um eine bessere Aussage über das Ausmaß der Zellschädigung zu erhalten. Im Kontext mit der Untersuchung von Nukleosomen scheint auch die Bestimmung von Calcium eine sinnvolle Ergänzung darzustellen. Hier bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, das Verhalten von Zellkulturen nach Bestrahlung, gerade hinsichtlich einer möglichen Resistenzbildung zu untersuchen.