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The Influence of Matter-Antimatter Domains on Big Bang Nucleosynthesis
The Influence of Matter-Antimatter Domains on Big Bang Nucleosynthesis
In der vorliegenden Arbeit habe ich mich mit den Auswirkungen eventuell im fruehen Universum vorhandener Antimaterieregionen auf die Haeufigkeiten der leichten Elemente beschaeftigt. Praktisch das gesamte Deuterium und der ueberwiegende Teil der Helium-4 Kerne, die wir heute im Universum beobachten, wurden in einem fuehen Evolutionsstadium des Kosmos — nur wenige Minuten nach dem Urknall — gebildet. In der Theorie der sogenannten Primordialen Nukleosynthese — oder auch Big Bang Nukleosynthese (BBN) — werden die relativen Haeufigkeiten der einzelnen Kerne abhangig von den genauen physikalischen Bedingungen im jungen Universum vorhergesagt. Die im Rahmen des Standardmodells der Kosmologie vorhergesagten Elementhaeufigkeiten stimmen im Allgemeinen gut mit aus Beobachtungen abgeleiteten Werten ueberein. Dies begr uendet den großen Erfolg dieser Theorie und macht sie zu einem der Grundpfeiler des kosmologischen Standardmodells. Denkbare Erweiterungen des Standardmodells koennen jedoch potentiell Auswirkungen auf den Ablauf der Kernsynthese haben. Da aber jedes glaubwuerdige Szenario ebenso wie die Standardtheorie die aus den Beobachtungen abgeleiteten Haeufigkeiten vorhersagen muss, duerfen die H¨aufigkeiten nur minimal beeinflusst werden. Diese Ueberlegungen gestatten es uns, die Kernsynthese als ”Werkzeug“ zur Untersuchung der physikalischen Bedingungen im jungen Universum zu verwenden. Dies ist bereits in der Vergangenheit vielfach praktiziert worden. Eine haeufig untersuchte Variante ist die sogenannte inhomogene Nukleosynthese. In einem solchen Modell wird eine Grundannahme des kosmologischen Standardmodells, die Homogenitaet der Verteilung der baryonischen Materie im jungen Universum, fallengelassen. Das von mir untersuchte Szenario geht noch einen Schritt weiter und laeßt auch Fluktuationen in der Baryonendichte mit negativem Vorzeichen zu. In einem solchen Modell besteht das junge Universum aus getrennten Materie- und Antimaterieregionen. Diese Art spezieller Anfangsbedingungen wird in einigen Modellen der elektroschwachen Baryogenese vorhergesagt. Solche Materie- und Antimaterieregionen werden sich gegenseitig annihilieren, sobald der Transport von Baryonen ueber die Grenzen der Regionen moeglich ist. Nach der vollst¨andigen Annihilation aller Antimaterieregionen bleibt nur der im Zuge der Baryogenese gebildete Ueberschuß an Materie uebrig. Zur numerischen Behandlung dieses Problems habe ich ein Computerprogramm entwickelt. In diesem Programm werden sowohl die nuklearen Reaktionen, die zum Aufbau der leichten Elemente fuehren, als auch Annihilationen beruecksichtigt. Da die Kernsynthese und die Annihilation der Antimaterieregionen im expandierenden Universum ablaufen, und die genauenWerte der einzelnen thermodynamischen Variablen, wie Druck, Dichte und Temperatur der beteiligten Teilchen, von entscheidender Wichtigkeit sind, muss das Programm auf dem Hintergrund der Expansion des Kosmos gerechnet werden. Weiterhin musste neben den Reaktionen, die zwischen den einzelnen Nukleonen ablaufen koennen, auch der Transport von Nukleonen und Antinukleonen in die jeweilige Anti-Region behandelt werden. Diese Transportprozesse werden zu fruehen Zeiten durch Diffusion von Baryonen beschrieben, zu spaeten Zeiten hingegen durch hydrodynamische Expansion von Regionen mit hoeherer Dichte gegen solche mit niedrigerer Dichte. Abhaengig vom Zeitpunkt der Annihilation k¨onnen die Haeufigkeiten der leichten Elemente durch zwei Haupteffekte beeinflusst werden. Im Zuge der Heliumsynthese, die bei einer kosmischen Temperatur von etwa 80 keV ablaeuft, werden praktisch alle freien Neutronen in Helium-4 Kerne eingebaut. Die primordiale Helium-4 Haeufigkeit haengt also stark von der Anzahl verfuegbarer Neutronen ab. Zu Zeiten vor der Heliumsynthese laeuft der Transport von Baryonzahl ueber die Domaenengrenzen durch Neutronendiffusion ab, Protonen koennen auf Grund ihrer elektrischen Ladung nur ueber wesentlich kuerzere Distanzen diffundieren. Fruehe Annihilation wird also bevorzugt auf Neutronen stattfinden und fuehrt so zu einer Reduzierung der Neutronendichte, und damit unmittelbar auch zu einer geringeren Menge an primordial produziertem Helium-4. Sind die Antimaterieregionen groeßer als die Diffusionslaenge von Neutronen zur Zeit der Heliumsynthese, ist ein nennenswerter Transport von Baryonzahl erst zu wesentlich sp¨ateren Zeiten moeglich. Antiprotonen, die nun in die Materieregion eindringen, koennen sowohl auf Protonen als auch auf die bereits gebildeten Helium-4 Kerne annihilieren. Weiterhin koennen die Helium-4 Kerne auch durch die im Annihilationprozess entstehenden Gammaquanten photodisintegriert werden. Beide Prozesse fuehren zur Bildung energetischer Sekundaerkerne, in erster Linie Helium-3. Diese energetischen Kerne koennen in einem weiteren Schritt durch nicht-thermische Reaktionen mit Helium-4 Kernen Lithium-6 Kerne bilden. Sp¨ate Annihilation wird also zu einer erhoehten Helium-3 und Lithium-6 Haeufigkeit im Vergleich zum Standardszenario fuehren. Als ein wichtiges Ergebnis meiner Arbeit habe ich auf Grund dieser Effekte Schranken sowohl an den maximal erlaubten Antimateriegehalt im jungen Universum, als auch an den Zeitpunkt der Annihilation, bestimmt durch die Groeße der Antimaterieregionen, hergeleitet. Diese neuen und rigiden Schranken decken einen weiten Annihilationszeitraum ab, von der Epoche des Ausfrierens der schwachen Wechselwirkungen bei einer Temperatur von etwa 1 MeV bis hinunter zur Epoche der Rekombination bei einer kosmischen Temperatur von etwa 10 nisse wesentlich restriktiver. Der relative Antimateriegehalt in Regionen die unmittelbar nach dem Ende der Kernsynthese annihilieren kann beispielsweise nicht hoeher als wenige Prozent der gesamten baryonischen Materie sein, fuer spaetere Annihilation sinkt dieser Wert um mehr als zwei Groeßenordnungen. In einem zweiten Hauptaspekt meiner Arbeit habe ich gezeigt, dass die durchaus im Detail vorhandenen Diskrepanzen zwischen den im Standardszenario der Big Bang Nukleosynthese vorhergesagten Elementh aeufigkeiten und den aus Beobachtungen abgeleiteten Werten durch die Praesenz einer gewissen Menge Antimaterie in einem bestimmten Laengenskalenbereich beseitigt werden koennen. Weiterhin habe ich untersucht, ob die im Standardszenario g ueltige obere Grenze fuer die Baryonendichte im Universum in einem Szenario mit Antimateriedom aenen ebenso gueltig ist. Auf Grund meiner Ergebnisse erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass die Baryonendichte in einem Materie-Antimaterie Szenario wesentlich gr¨oßer sein kann, als im Standardszenario vorhergesagt.
Not available
Rehm, Jan Bernhard
2000
Englisch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Rehm, Jan Bernhard (2000): The Influence of Matter-Antimatter Domains on Big Bang Nucleosynthesis. Dissertation, LMU München: Fakultät für Physik
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Abstract

In der vorliegenden Arbeit habe ich mich mit den Auswirkungen eventuell im fruehen Universum vorhandener Antimaterieregionen auf die Haeufigkeiten der leichten Elemente beschaeftigt. Praktisch das gesamte Deuterium und der ueberwiegende Teil der Helium-4 Kerne, die wir heute im Universum beobachten, wurden in einem fuehen Evolutionsstadium des Kosmos — nur wenige Minuten nach dem Urknall — gebildet. In der Theorie der sogenannten Primordialen Nukleosynthese — oder auch Big Bang Nukleosynthese (BBN) — werden die relativen Haeufigkeiten der einzelnen Kerne abhangig von den genauen physikalischen Bedingungen im jungen Universum vorhergesagt. Die im Rahmen des Standardmodells der Kosmologie vorhergesagten Elementhaeufigkeiten stimmen im Allgemeinen gut mit aus Beobachtungen abgeleiteten Werten ueberein. Dies begr uendet den großen Erfolg dieser Theorie und macht sie zu einem der Grundpfeiler des kosmologischen Standardmodells. Denkbare Erweiterungen des Standardmodells koennen jedoch potentiell Auswirkungen auf den Ablauf der Kernsynthese haben. Da aber jedes glaubwuerdige Szenario ebenso wie die Standardtheorie die aus den Beobachtungen abgeleiteten Haeufigkeiten vorhersagen muss, duerfen die H¨aufigkeiten nur minimal beeinflusst werden. Diese Ueberlegungen gestatten es uns, die Kernsynthese als ”Werkzeug“ zur Untersuchung der physikalischen Bedingungen im jungen Universum zu verwenden. Dies ist bereits in der Vergangenheit vielfach praktiziert worden. Eine haeufig untersuchte Variante ist die sogenannte inhomogene Nukleosynthese. In einem solchen Modell wird eine Grundannahme des kosmologischen Standardmodells, die Homogenitaet der Verteilung der baryonischen Materie im jungen Universum, fallengelassen. Das von mir untersuchte Szenario geht noch einen Schritt weiter und laeßt auch Fluktuationen in der Baryonendichte mit negativem Vorzeichen zu. In einem solchen Modell besteht das junge Universum aus getrennten Materie- und Antimaterieregionen. Diese Art spezieller Anfangsbedingungen wird in einigen Modellen der elektroschwachen Baryogenese vorhergesagt. Solche Materie- und Antimaterieregionen werden sich gegenseitig annihilieren, sobald der Transport von Baryonen ueber die Grenzen der Regionen moeglich ist. Nach der vollst¨andigen Annihilation aller Antimaterieregionen bleibt nur der im Zuge der Baryogenese gebildete Ueberschuß an Materie uebrig. Zur numerischen Behandlung dieses Problems habe ich ein Computerprogramm entwickelt. In diesem Programm werden sowohl die nuklearen Reaktionen, die zum Aufbau der leichten Elemente fuehren, als auch Annihilationen beruecksichtigt. Da die Kernsynthese und die Annihilation der Antimaterieregionen im expandierenden Universum ablaufen, und die genauenWerte der einzelnen thermodynamischen Variablen, wie Druck, Dichte und Temperatur der beteiligten Teilchen, von entscheidender Wichtigkeit sind, muss das Programm auf dem Hintergrund der Expansion des Kosmos gerechnet werden. Weiterhin musste neben den Reaktionen, die zwischen den einzelnen Nukleonen ablaufen koennen, auch der Transport von Nukleonen und Antinukleonen in die jeweilige Anti-Region behandelt werden. Diese Transportprozesse werden zu fruehen Zeiten durch Diffusion von Baryonen beschrieben, zu spaeten Zeiten hingegen durch hydrodynamische Expansion von Regionen mit hoeherer Dichte gegen solche mit niedrigerer Dichte. Abhaengig vom Zeitpunkt der Annihilation k¨onnen die Haeufigkeiten der leichten Elemente durch zwei Haupteffekte beeinflusst werden. Im Zuge der Heliumsynthese, die bei einer kosmischen Temperatur von etwa 80 keV ablaeuft, werden praktisch alle freien Neutronen in Helium-4 Kerne eingebaut. Die primordiale Helium-4 Haeufigkeit haengt also stark von der Anzahl verfuegbarer Neutronen ab. Zu Zeiten vor der Heliumsynthese laeuft der Transport von Baryonzahl ueber die Domaenengrenzen durch Neutronendiffusion ab, Protonen koennen auf Grund ihrer elektrischen Ladung nur ueber wesentlich kuerzere Distanzen diffundieren. Fruehe Annihilation wird also bevorzugt auf Neutronen stattfinden und fuehrt so zu einer Reduzierung der Neutronendichte, und damit unmittelbar auch zu einer geringeren Menge an primordial produziertem Helium-4. Sind die Antimaterieregionen groeßer als die Diffusionslaenge von Neutronen zur Zeit der Heliumsynthese, ist ein nennenswerter Transport von Baryonzahl erst zu wesentlich sp¨ateren Zeiten moeglich. Antiprotonen, die nun in die Materieregion eindringen, koennen sowohl auf Protonen als auch auf die bereits gebildeten Helium-4 Kerne annihilieren. Weiterhin koennen die Helium-4 Kerne auch durch die im Annihilationprozess entstehenden Gammaquanten photodisintegriert werden. Beide Prozesse fuehren zur Bildung energetischer Sekundaerkerne, in erster Linie Helium-3. Diese energetischen Kerne koennen in einem weiteren Schritt durch nicht-thermische Reaktionen mit Helium-4 Kernen Lithium-6 Kerne bilden. Sp¨ate Annihilation wird also zu einer erhoehten Helium-3 und Lithium-6 Haeufigkeit im Vergleich zum Standardszenario fuehren. Als ein wichtiges Ergebnis meiner Arbeit habe ich auf Grund dieser Effekte Schranken sowohl an den maximal erlaubten Antimateriegehalt im jungen Universum, als auch an den Zeitpunkt der Annihilation, bestimmt durch die Groeße der Antimaterieregionen, hergeleitet. Diese neuen und rigiden Schranken decken einen weiten Annihilationszeitraum ab, von der Epoche des Ausfrierens der schwachen Wechselwirkungen bei einer Temperatur von etwa 1 MeV bis hinunter zur Epoche der Rekombination bei einer kosmischen Temperatur von etwa 10 nisse wesentlich restriktiver. Der relative Antimateriegehalt in Regionen die unmittelbar nach dem Ende der Kernsynthese annihilieren kann beispielsweise nicht hoeher als wenige Prozent der gesamten baryonischen Materie sein, fuer spaetere Annihilation sinkt dieser Wert um mehr als zwei Groeßenordnungen. In einem zweiten Hauptaspekt meiner Arbeit habe ich gezeigt, dass die durchaus im Detail vorhandenen Diskrepanzen zwischen den im Standardszenario der Big Bang Nukleosynthese vorhergesagten Elementh aeufigkeiten und den aus Beobachtungen abgeleiteten Werten durch die Praesenz einer gewissen Menge Antimaterie in einem bestimmten Laengenskalenbereich beseitigt werden koennen. Weiterhin habe ich untersucht, ob die im Standardszenario g ueltige obere Grenze fuer die Baryonendichte im Universum in einem Szenario mit Antimateriedom aenen ebenso gueltig ist. Auf Grund meiner Ergebnisse erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass die Baryonendichte in einem Materie-Antimaterie Szenario wesentlich gr¨oßer sein kann, als im Standardszenario vorhergesagt.