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EKG-basierte Biomarker als Maß des kardialen autonomen Tonus in einer Bevölkerungsstichprobe
EKG-basierte Biomarker als Maß des kardialen autonomen Tonus in einer Bevölkerungsstichprobe
Hintergrund: Seit den 1980er Jahren gelten EKG-basierte Biomarker als Prädiktoren des kardialen Risikos und der kardialen Mortalität. Neben den klassischen Parametern der Heart Rate Variability (HRV) stehen mit der Deceleration Capacity (DC) und der Periodic Repolarization Dynamics (PRD) zwei neuere Biomarker zur Verfügung, die eine hohe Prädiktivität bei ver- schiedenen kardialen Erkrankungen aufweisen. Für klinische Anwendungen sowie als Ver- gleichsgrundlage für weiterführende Untersuchungen stehen jedoch für diese Marker keine Referenzwerte in der Normalbevölkerung zur Verfügung. Mit dieser Arbeit sollen in einer Post-hoc-Analyse einer systemischen Bevölkerungskohorte diese Referenzwerte ermittelt werden. Zudem soll der prognostische Wert der ermittelten Parameter DC und PRD in Be- zug auf die Gesamtmortalität untersucht werden. Methodik: Zurückgegriffen wurde auf Probanden, die zwischen 1994 und 1995 am Gesund- heitssurvey S3 der Kooperativen Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) teilgenommen hatten; 3.006 von ihnen hatten an dem Follow-Up-Survey F3 teilgenommen; 546 Probanden hatten der ihnen zusätzlich angebotenen Durchführung eines Langzeit- EKGs zugestimmt; die Langzeit-EKGs und klinischen Daten dieser 546 Probanden lagen im Rahmen einer Kooperation für die Analysen vor. Die Berechnung der klassischen HRV- Parameter (SDNN, RMSSD, HRV-Index, ULF, VLF, LF und HF) sowie der DC erfolgten aus diesen 24-stündigen EKGs. Für die Berechnung der PRD wurden die Abschnitte zwi- schen 21:00 und 03:00 Uhr aus den 24-stündigen Messungen herangezogen. Für die Betrach- tung der Mortalitätsprädiktion wurde die 7-Jahres-Gesamtmortalität als primärer, die 5-Jah- res-Gesamtmörtalität und die 6-Jahres-Gesamtmortalität als sekundärer Endpunkt festge- legt. Mittelwerte wurden durch t-Tests (unabhängige Gruppen) oder Varianzanalysen (A- NOVA) verglichen. Korrelationen zwischen kontinuierlichen Parametern werden mittels Korrelationskoeffizient nach Pearson gemessen, kategorische Variablen mittels X2-Test ver- glichen. Der prädiktive Wert der HRV-Parameter wird mittels Cox-Regressionsanalysen un- tersucht. Die Assoziation von DC und PRD mit dem primären und den sekundären End- punkten wird mittels ROC-Kurven und Cox-Regressions-Analysen untersucht. Die AUC- Werte werden mit einem 95%-Konfidenzintervall angegeben. Konfidenzintervalle werden durch das Bootstrapping-Verfahren berechnet. Kaplan Meier Kurvenzeigen geben das Er- reichen von Endpunkten für anhand von DC und PRD eingeteilter Patientengruppen gra- phisch an. Ergebnisse: Das mittlere Alter der Teilnehmer zwischen 54 und 79 Jahren lag bei 63,73 Jahren; 49,3% der Probanden waren weiblich. 24 Teilnehmer waren im Zeitraum des Follow- Up verstorben (4,4%). Für die berechneten Parameter ergaben sich folgende Mittelwerte und Standardabweichungen: SDNN 147,98 ms (±43,80), RMSSD 22,97 ms (±10,61), HRVi 70,12 (±23,64), HF 323,45 ms2 (±700,16), LF 1261,60 ms2 (±2601,12), VLF 2781,17 ms2 (±5593,06), ULF 9962,43 ms2 (±7175,39), DC 5,18 ms (±2,43), PRD 3,35 deg2 (±1,82). Für den Mittelwert der DC besteht ein Zusammenhang mit dem Alter der Probanden, ältere Probanden haben durchschnittlich niedrigere DC-Werte. Es zeigte sich keine Korrelation zwischen den hier untersuchten EKG-basierten Biomarkern und dem Geschlecht der Teil- nehmer. Klassische zeit- und frequenzbasierte HRV-Parameter waren untereinander häufig korreliert. Die DC und die PRD zeigten keine starke Korrelation zu klassischen HRV-Para- metern oder zueinander. In Bezug auf die Gesamtmortalität zeigte sich nach Adjustierung für Alter und Geschlecht die DC als einziger HRV-basierter Parameter als signifikanter Prädiktor. Die neueren Parameter, DC und PRD, sind starke kontinuierliche Prädiktoren der Mortalität; Ihre Stärke nimmt jedoch im zeitlichen Verlauf ab (DC: 5-Jahres-Mortalität: Hazard-Ratio 0,85, p-Wert <0,001, 6-Jahres-Mortalität: Hazard Ratio 0,85, p-Wert <0,001, 7-Jahres-Mor- talität: Hazard Ratio 0,87, p-Wert 0,003; PRD: 5-Jahres-Mortalität: Hazard-Ratio 1,36, p- Wert 0,023, 6-Jahres-Mortalität: Hazard Ratio 1,32, p-Wert 0,011, 7-Jahres-Mortalität: Ha- zard Ratio 1,20, p-Wert 0,084). Auch für anhand bereits etablierter Cut-off-Werte eingeteilte Risikogruppen zeigten sich beide Parameter als signifikante Mortalitätsprädiktoren (Hochri- siko-Bereich DC ≤ 2,5 ms; Hochrisiko-Bereich PRD ≥ 5,75 deg2). Schlussfolgerung: Die beschriebene Verteilung der klassischen HRV-Parameter sowie der DC und der PRD in dieser systematischen Bevölkerungsstichprobe stellt eine wichtige Re- ferenz für weitere Untersuchungen dar. DC und PRD sind vielversprechende Mortalitäts- prädiktoren in der Allgemeinbevölkerung und eignen sich zur Risikostartifizierung. Sie sind kostengünstig und leicht zu bestimmen, der zusätzliche Informationsgewinn durch ihre Be- rechnung kann in zukünftigen klinischen Anwendungen für Therapieentscheidungen und Prognosen von Nutzen sein.
HRV, Heart Rate Variability, SDNN, RMSSD, HRVi, High Frequency, Low Frequency, Very Low Frequency, Ultra Low Frequency, Deceleration Capacity, DC, Periodic Repolarization Dynamics, PRD, Risk Prediction, Risikoprediktion, Herzschlagvarianz
Wenner, Felix
2022
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Wenner, Felix (2022): EKG-basierte Biomarker als Maß des kardialen autonomen Tonus in einer Bevölkerungsstichprobe. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Hintergrund: Seit den 1980er Jahren gelten EKG-basierte Biomarker als Prädiktoren des kardialen Risikos und der kardialen Mortalität. Neben den klassischen Parametern der Heart Rate Variability (HRV) stehen mit der Deceleration Capacity (DC) und der Periodic Repolarization Dynamics (PRD) zwei neuere Biomarker zur Verfügung, die eine hohe Prädiktivität bei ver- schiedenen kardialen Erkrankungen aufweisen. Für klinische Anwendungen sowie als Ver- gleichsgrundlage für weiterführende Untersuchungen stehen jedoch für diese Marker keine Referenzwerte in der Normalbevölkerung zur Verfügung. Mit dieser Arbeit sollen in einer Post-hoc-Analyse einer systemischen Bevölkerungskohorte diese Referenzwerte ermittelt werden. Zudem soll der prognostische Wert der ermittelten Parameter DC und PRD in Be- zug auf die Gesamtmortalität untersucht werden. Methodik: Zurückgegriffen wurde auf Probanden, die zwischen 1994 und 1995 am Gesund- heitssurvey S3 der Kooperativen Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) teilgenommen hatten; 3.006 von ihnen hatten an dem Follow-Up-Survey F3 teilgenommen; 546 Probanden hatten der ihnen zusätzlich angebotenen Durchführung eines Langzeit- EKGs zugestimmt; die Langzeit-EKGs und klinischen Daten dieser 546 Probanden lagen im Rahmen einer Kooperation für die Analysen vor. Die Berechnung der klassischen HRV- Parameter (SDNN, RMSSD, HRV-Index, ULF, VLF, LF und HF) sowie der DC erfolgten aus diesen 24-stündigen EKGs. Für die Berechnung der PRD wurden die Abschnitte zwi- schen 21:00 und 03:00 Uhr aus den 24-stündigen Messungen herangezogen. Für die Betrach- tung der Mortalitätsprädiktion wurde die 7-Jahres-Gesamtmortalität als primärer, die 5-Jah- res-Gesamtmörtalität und die 6-Jahres-Gesamtmortalität als sekundärer Endpunkt festge- legt. Mittelwerte wurden durch t-Tests (unabhängige Gruppen) oder Varianzanalysen (A- NOVA) verglichen. Korrelationen zwischen kontinuierlichen Parametern werden mittels Korrelationskoeffizient nach Pearson gemessen, kategorische Variablen mittels X2-Test ver- glichen. Der prädiktive Wert der HRV-Parameter wird mittels Cox-Regressionsanalysen un- tersucht. Die Assoziation von DC und PRD mit dem primären und den sekundären End- punkten wird mittels ROC-Kurven und Cox-Regressions-Analysen untersucht. Die AUC- Werte werden mit einem 95%-Konfidenzintervall angegeben. Konfidenzintervalle werden durch das Bootstrapping-Verfahren berechnet. Kaplan Meier Kurvenzeigen geben das Er- reichen von Endpunkten für anhand von DC und PRD eingeteilter Patientengruppen gra- phisch an. Ergebnisse: Das mittlere Alter der Teilnehmer zwischen 54 und 79 Jahren lag bei 63,73 Jahren; 49,3% der Probanden waren weiblich. 24 Teilnehmer waren im Zeitraum des Follow- Up verstorben (4,4%). Für die berechneten Parameter ergaben sich folgende Mittelwerte und Standardabweichungen: SDNN 147,98 ms (±43,80), RMSSD 22,97 ms (±10,61), HRVi 70,12 (±23,64), HF 323,45 ms2 (±700,16), LF 1261,60 ms2 (±2601,12), VLF 2781,17 ms2 (±5593,06), ULF 9962,43 ms2 (±7175,39), DC 5,18 ms (±2,43), PRD 3,35 deg2 (±1,82). Für den Mittelwert der DC besteht ein Zusammenhang mit dem Alter der Probanden, ältere Probanden haben durchschnittlich niedrigere DC-Werte. Es zeigte sich keine Korrelation zwischen den hier untersuchten EKG-basierten Biomarkern und dem Geschlecht der Teil- nehmer. Klassische zeit- und frequenzbasierte HRV-Parameter waren untereinander häufig korreliert. Die DC und die PRD zeigten keine starke Korrelation zu klassischen HRV-Para- metern oder zueinander. In Bezug auf die Gesamtmortalität zeigte sich nach Adjustierung für Alter und Geschlecht die DC als einziger HRV-basierter Parameter als signifikanter Prädiktor. Die neueren Parameter, DC und PRD, sind starke kontinuierliche Prädiktoren der Mortalität; Ihre Stärke nimmt jedoch im zeitlichen Verlauf ab (DC: 5-Jahres-Mortalität: Hazard-Ratio 0,85, p-Wert <0,001, 6-Jahres-Mortalität: Hazard Ratio 0,85, p-Wert <0,001, 7-Jahres-Mor- talität: Hazard Ratio 0,87, p-Wert 0,003; PRD: 5-Jahres-Mortalität: Hazard-Ratio 1,36, p- Wert 0,023, 6-Jahres-Mortalität: Hazard Ratio 1,32, p-Wert 0,011, 7-Jahres-Mortalität: Ha- zard Ratio 1,20, p-Wert 0,084). Auch für anhand bereits etablierter Cut-off-Werte eingeteilte Risikogruppen zeigten sich beide Parameter als signifikante Mortalitätsprädiktoren (Hochri- siko-Bereich DC ≤ 2,5 ms; Hochrisiko-Bereich PRD ≥ 5,75 deg2). Schlussfolgerung: Die beschriebene Verteilung der klassischen HRV-Parameter sowie der DC und der PRD in dieser systematischen Bevölkerungsstichprobe stellt eine wichtige Re- ferenz für weitere Untersuchungen dar. DC und PRD sind vielversprechende Mortalitäts- prädiktoren in der Allgemeinbevölkerung und eignen sich zur Risikostartifizierung. Sie sind kostengünstig und leicht zu bestimmen, der zusätzliche Informationsgewinn durch ihre Be- rechnung kann in zukünftigen klinischen Anwendungen für Therapieentscheidungen und Prognosen von Nutzen sein.