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Biomechanische Eigenschaften des Musculus interosseus medius am Vorderfuß des Pferdes
Biomechanische Eigenschaften des Musculus interosseus medius am Vorderfuß des Pferdes
Die bedeutendste Fragestellung dieser Dissertation ist, wie der M. interosseus medius in bio-mechanischen Untersuchungen bei Annäherung an seine Belastungsgrenze reagiert. Dies hat für Pferde aller Nutzungsarten eine große klinische Relevanz. In Voruntersuchungen zu den zyklischen Belastungsstudien wurden zunächst bei drei Pfer-den, die Winkelung des Fesselgelenks und die dabei vorliegende Dehnung des M. interosseus medius gemessen. Dadurch konnte das Dehnungsverhalten von Muskelbauch und Interosseus-schenkel gegenübergestellt werden, was folgende Resultate erzielte: Ab einem Fesselge-lenkswinkel von 100° erfolgt eine schlagartige Änderung im Dehnungsverhalten des Muskel-bauchs, dieser dehnt sich deutlich mehr als der Interosseusschenkel und mit höherer Deh-nungsrate als bei Fesselgelenkswinkeln zwischen 150° bis 100°. Die Dehnungswerte, die bei einem Fesselgelenkswinkel unter 100° ermittelt wurden, wurden als Orientierungshilfe für die Überlastungssimulation in den Hauptuntersuchungen verwendet. In den Hauptuntersuchungen der vorliegenden Arbeit wurde bei 25 Pferden von unterschied-lichem Pferdetyp, Alter, Geschlecht und Körpergewicht der M. interosseus medius einer Vor-dergliedmaße präpariert und dessen biomechanische Eigenschaften durch zyklische Belastun-gen überprüft. Hierbei wurde jeder M. interosseus medius verschiedenen Zugkräften ausge-setzt, um Dehnungen zu erzielen, die die physiologische Belastung im Bewegungsablauf der drei Grundgangarten bis hin zu einer potenziellen Überlastung simulierten. Durch die zyklischen Versuche wurden Spannungs-Zeit- und Dehnungs-Zeit-Kurven erstellt, deren Verläufe quantitativ ausgewertet und analysiert wurden. Dies liefert Ergebnisse zur Be-lastbarkeit, Energiespeicherung und dem Ermüdungsverhalten bis hin zu irreversiblen Defek-ten des M. interosseus medius. Ein ganz wesentliches Ergebnis ist, dass ab Dehnungen des M. interosseus medius um 12% mit irreversiblen Schädigungen zu rechnen ist. Dieser Dehnungswert kann bereits auch bei Trainings- und Wettkampfbelastungen eines Sportpferdes erreicht werden. Irreversible Schä-digungen stellen sich durch einen Abfall der maximalen Spannung im Laufe der Belastungs-zyklen und einer Verschiebung der anhand der Belastungskurven erstellten Hysteresekurven dar. In parallelen histologischen Untersuchungen konnten auch Auffaserungen der Kollagenfaser-bündel als Hinweis auf einen Defekt der Gewebestruktur gefunden werden. Zudem wurden als bisher unbekannter Befund chondroide Zellareale im M. interosseus medius nachgewiesen, die einen Hinweis auf eine eventuell unphysiologische Druckbelastung auf den M. interosseus medius darstellen. Zusammenfassend können die biomechanischen Eigenschaften des M. interosseus medius - obgleich ein mehr oder weniger hoher Muskelfaseranteil besteht - überwiegend mit den bio-mechanischen Eigenschaften einer Sehne gleichgesetzt werden. Trotz dieser starken Ähnlich-keit mit Sehnen besitzt der M. interosseus medius aber höhere passive Dämpfungseigenschaf-ten als eine ausschließlich für die Kraftübertragung ausgelegte Sehne. Eine weitere wesentliche Erkenntnis dieser Dissertation ist, dass der Spielraum zwischen phy-siologischen Belastungen, die bereits in der Grundgangart Galopp erreicht werden, und dem Überschreiten der Überlastungsgrenze beim M. interosseus medius des Pferdes sehr gering zu sein scheint., This dissertation deals with the question how the M. interosseus medius reacts in biomechani-cal investigations when approaching its load limit. This matter has high clinical relevance for horses of all types of use. In preliminary examinations of the cyclic stress studies, the angula-tion of the fetlock joint and the strain of the M. interosseus medius were measured on three horses. This enabled the stretching behaviour of the muscle belly and interosseus branch to be compared, resulting in the following findings: From a fetlock joint angle of 100°, there is a sudden change in the stretching behaviour of the muscle belly, which expands significantly more than the interosseous branch and with a higher strain rate than at fetlock joint angles between 150 ° to 100 °. The elongation values determined at a fetlock joint angle below 100° were then used as a guide for the overload simulation in the main studies. In the main studies of this dissertation the biomechanical properties of each M. interosseus medius taken out of one forefoot of 25 horses of different horse-type, age, sex and body weight were checked by cyclic loading. Each M. interosseus medius was subjected to various tensile forces in order to achieve strains that simulated the physiological load in the movement sequence of the three basic gaits up to a potential overload. Stress-time and strain-time curves were created by the cyclic tests and their progressions were quantitatively evaluated and analysed. This provides results on load capacity, energy storage and fatigue behaviour up to irreversible defects of the M. interosseus medius. One key finding is that after stretching of the M. interosseus medius by 12% irreversible dam-age is to be expected. This strain value can be reached even during training and competition loads of a sport horse. Irreversible damages occur due to a decrease in the maximum stress during the loading cycles and a shift in the hysteresis curves generated from the load curves. In parallel histological examinations, fraying of the collagen fiber bundles could be found as an indication of a defect of the tissue structure. In addition, chondroid cell areas in the M. interosseus medius were detected as previously unknown finding, indicating an unphysiologi-cal pressure load on the M. interosseus medius. Although there is a more or less high proportion of muscle fibers, in summary, the biomechan-icl properties of the M. interosseus medius can mainly be equated with the biomechanical properties of a tendon. Despite its strong similarity to tendons, the M. interosseus medius has higher passive damping characteristics than a tendon designed solely for transmission. Another important finding of this dissertation is that the range between physiological loads, which are already reached in the basic gait gallop, and the exceeding of the overload limit in the M. interosseus medius of the horse seems to be very small.
Fesselträger, Pferd, Musculus interosseus medius, Biomechanik, Belastungsstudie
Wanninger, Stefanie Anna
2020
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Wanninger, Stefanie Anna (2020): Biomechanische Eigenschaften des Musculus interosseus medius am Vorderfuß des Pferdes. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

Die bedeutendste Fragestellung dieser Dissertation ist, wie der M. interosseus medius in bio-mechanischen Untersuchungen bei Annäherung an seine Belastungsgrenze reagiert. Dies hat für Pferde aller Nutzungsarten eine große klinische Relevanz. In Voruntersuchungen zu den zyklischen Belastungsstudien wurden zunächst bei drei Pfer-den, die Winkelung des Fesselgelenks und die dabei vorliegende Dehnung des M. interosseus medius gemessen. Dadurch konnte das Dehnungsverhalten von Muskelbauch und Interosseus-schenkel gegenübergestellt werden, was folgende Resultate erzielte: Ab einem Fesselge-lenkswinkel von 100° erfolgt eine schlagartige Änderung im Dehnungsverhalten des Muskel-bauchs, dieser dehnt sich deutlich mehr als der Interosseusschenkel und mit höherer Deh-nungsrate als bei Fesselgelenkswinkeln zwischen 150° bis 100°. Die Dehnungswerte, die bei einem Fesselgelenkswinkel unter 100° ermittelt wurden, wurden als Orientierungshilfe für die Überlastungssimulation in den Hauptuntersuchungen verwendet. In den Hauptuntersuchungen der vorliegenden Arbeit wurde bei 25 Pferden von unterschied-lichem Pferdetyp, Alter, Geschlecht und Körpergewicht der M. interosseus medius einer Vor-dergliedmaße präpariert und dessen biomechanische Eigenschaften durch zyklische Belastun-gen überprüft. Hierbei wurde jeder M. interosseus medius verschiedenen Zugkräften ausge-setzt, um Dehnungen zu erzielen, die die physiologische Belastung im Bewegungsablauf der drei Grundgangarten bis hin zu einer potenziellen Überlastung simulierten. Durch die zyklischen Versuche wurden Spannungs-Zeit- und Dehnungs-Zeit-Kurven erstellt, deren Verläufe quantitativ ausgewertet und analysiert wurden. Dies liefert Ergebnisse zur Be-lastbarkeit, Energiespeicherung und dem Ermüdungsverhalten bis hin zu irreversiblen Defek-ten des M. interosseus medius. Ein ganz wesentliches Ergebnis ist, dass ab Dehnungen des M. interosseus medius um 12% mit irreversiblen Schädigungen zu rechnen ist. Dieser Dehnungswert kann bereits auch bei Trainings- und Wettkampfbelastungen eines Sportpferdes erreicht werden. Irreversible Schä-digungen stellen sich durch einen Abfall der maximalen Spannung im Laufe der Belastungs-zyklen und einer Verschiebung der anhand der Belastungskurven erstellten Hysteresekurven dar. In parallelen histologischen Untersuchungen konnten auch Auffaserungen der Kollagenfaser-bündel als Hinweis auf einen Defekt der Gewebestruktur gefunden werden. Zudem wurden als bisher unbekannter Befund chondroide Zellareale im M. interosseus medius nachgewiesen, die einen Hinweis auf eine eventuell unphysiologische Druckbelastung auf den M. interosseus medius darstellen. Zusammenfassend können die biomechanischen Eigenschaften des M. interosseus medius - obgleich ein mehr oder weniger hoher Muskelfaseranteil besteht - überwiegend mit den bio-mechanischen Eigenschaften einer Sehne gleichgesetzt werden. Trotz dieser starken Ähnlich-keit mit Sehnen besitzt der M. interosseus medius aber höhere passive Dämpfungseigenschaf-ten als eine ausschließlich für die Kraftübertragung ausgelegte Sehne. Eine weitere wesentliche Erkenntnis dieser Dissertation ist, dass der Spielraum zwischen phy-siologischen Belastungen, die bereits in der Grundgangart Galopp erreicht werden, und dem Überschreiten der Überlastungsgrenze beim M. interosseus medius des Pferdes sehr gering zu sein scheint.

Abstract

This dissertation deals with the question how the M. interosseus medius reacts in biomechani-cal investigations when approaching its load limit. This matter has high clinical relevance for horses of all types of use. In preliminary examinations of the cyclic stress studies, the angula-tion of the fetlock joint and the strain of the M. interosseus medius were measured on three horses. This enabled the stretching behaviour of the muscle belly and interosseus branch to be compared, resulting in the following findings: From a fetlock joint angle of 100°, there is a sudden change in the stretching behaviour of the muscle belly, which expands significantly more than the interosseous branch and with a higher strain rate than at fetlock joint angles between 150 ° to 100 °. The elongation values determined at a fetlock joint angle below 100° were then used as a guide for the overload simulation in the main studies. In the main studies of this dissertation the biomechanical properties of each M. interosseus medius taken out of one forefoot of 25 horses of different horse-type, age, sex and body weight were checked by cyclic loading. Each M. interosseus medius was subjected to various tensile forces in order to achieve strains that simulated the physiological load in the movement sequence of the three basic gaits up to a potential overload. Stress-time and strain-time curves were created by the cyclic tests and their progressions were quantitatively evaluated and analysed. This provides results on load capacity, energy storage and fatigue behaviour up to irreversible defects of the M. interosseus medius. One key finding is that after stretching of the M. interosseus medius by 12% irreversible dam-age is to be expected. This strain value can be reached even during training and competition loads of a sport horse. Irreversible damages occur due to a decrease in the maximum stress during the loading cycles and a shift in the hysteresis curves generated from the load curves. In parallel histological examinations, fraying of the collagen fiber bundles could be found as an indication of a defect of the tissue structure. In addition, chondroid cell areas in the M. interosseus medius were detected as previously unknown finding, indicating an unphysiologi-cal pressure load on the M. interosseus medius. Although there is a more or less high proportion of muscle fibers, in summary, the biomechan-icl properties of the M. interosseus medius can mainly be equated with the biomechanical properties of a tendon. Despite its strong similarity to tendons, the M. interosseus medius has higher passive damping characteristics than a tendon designed solely for transmission. Another important finding of this dissertation is that the range between physiological loads, which are already reached in the basic gait gallop, and the exceeding of the overload limit in the M. interosseus medius of the horse seems to be very small.