Die Polizei in Bewegung. Zur Produktion territorialer Räume in Buenos Aires

Zusammenfassung

Wie in vielen lateinamerikanischen Metropolen wird städtische ‚Unsicherheit‘ in Buenos Aires seit mehr als 20 Jahren als eines der drängendsten politischen und gesellschaftlichen Probleme diskutiert. In der Debatte ist die Polizei traditionell zentraler Bezugspunkt. Die Stadtbewohner*innen erwarten von ihr, dass sie auf den Straßen und Plätzen präsent ist und diese effektiv kontrolliert. Gleichzeitig sprechen sie ihr den Willen und die Fähigkeit dazu häufig ab und machen die Polizei für das Unsicherheitsproblem mit verantwortlich. Vor diesem Hintergrund untersuche ich in meinem Beitrag am Beispiel von Buenos Aires, wie urbaner Raum durch alltägliche polizeiliche Praktiken als staatlich-urbaner bzw. territorialer Raum hergestellt wird. Anhand der Präventivfestnahme und des Zugriffs auf die Straßenprostitution – als zwei miteinander verbundenen, aber kontrastierenden Beispielen der urbanen Raumkontrolle – zeige ich, dass es sich um einen konflikthaften, selektiven, informellen und widersprüchlichen Prozess handelt, in dessen Rahmen die Polizei institutionellen, politischen und ökonomischen Interessen folgt. Theoretisch eingebettet ist die Analyse in Henri Lefebvres Verständnis von Raum als soziales Produkt und des Urbanen als einer gesellschaftlichen Vermittlungsinstanz. In Anlehnung daran begreife ich die Polizei und policing als Scharniere, die im Prozess der staatlich-urbanen Raumproduktion zwischen abstrakter staatlicher Ordnung und konkretem Alltagsleben vermitteln.

Abstract

For more than twenty years, and as in many Latin American metropolis, in Buenos Aires urban ‘insecurity’ has been discussed as one of the most pressing political and societal issues. Traditionally, the police are a central point of reference within the debate. City inhabitants expect the police to be present on streets and places and to effectively control urban spaces. At the same time, they often question the police’ willingness and capacity to do so, and they make the police responsible for insecurity. Against this background and taking Buenos Aires as example, my contribution analyzes how everyday policing produces urban space as state-urban or rather territorial space. On the basis of preventive detentions and the policing of street prostitution as two combined but contrasting examples in the control of urban space, I will show that this process is a conflictual, selective, informal and inconsistent one, within which the police pursue institutional, political and economic interests. Theoretically, the analysis is embedded in Henri Lefebvre’s understanding of space as social product and of the urban as social intermediary. Following this idea, I understand the police and policing as hinges mediating between abstract state order and everyday life within the process of urban space production.