Zusammenfassung
Der Beitrag zeichnet zunächst skizzenhaft die wichtigsten Thesen der technikkritischen Philosophie von Günther Anders nach. Im folgenden wird dann der Versuch unternommen, Anders’ Kunstbegriff zu rekonstruieren und Widersprüche in seiner Infragestellung der Möglichkeit und sozialen Relevanz von Kunst nach Auschwitz und Hiroshima herauszuarbeiten.
Abstract
The article first sketches the central theses of Günther Anders’s philosophical critique of technology. The author then attempts to reconstruct Anders’s conception of art and to shed light on the contradictions involved in Anders’s questioning of the possibility and social relevance of art after Auschwitz und Hiroshima.
Literatur
Vgl. Günther Anders, “Die Toten. Rede über drei Weltkriege (1964)”, in: ders., Hiroshima ist überall, München 1982, 366 f.
Vgl. Günther Anders, Die Antiquiertheit des Menschen, 2 Bde., München 1988, 1, 7. Des weiteren im Text als AdM I zitiert.
In einem kurzen Aufsatz über seine Art, ein öffentliches Tagebuch zu führen, heißt es dazu: “Für mich spielt dieses ‘Rettungsmotiv’ überhaupt keine Rolle. Im Gegenteil, in den meisten Fallen ware es mir tausendmal lieber, wenn es in meiner Macht läge, das Gewesene durch dessen Fixierung–wieder ungeschehen zu machen, wenn ich es also, statt es zu retten, fortbeschwören könnte.” Günther Anders, “Warnbilder”, in: Uwe Schultz (Hrsg.), Das Tagebuch und der moderne Autor, München 1965, 76.
Vgl. Elke Schubert (Hrsg.), Günther Anders antwortet. Interviews und Erklärungen, Berlin 1987, 112f. Kritische Anmerkungen zu Bloch gibt es im übrigen reihenweise und an den verschiedensten Stellen bei Anders. Dieser habe sich, so lautet der immer wieder vorgetragene Einwand, durch sein Prinzip Hoffnung gegenüber den realen Veränderungen der Gegenwart blind gemacht. Die Kritik an Bloch richtet sich meiner Auffassung nach auch gegen utopisches Denken überhaupt. Im o. g. Interview etwa verwendet Anders in deutlicher Abgrenzung den Begriff “invertierte Utopisten”.
Vgl. zur Methode vor allém Günther Anders, Die Antiquiertheit des Menschen, 2 Bde., München 1988, II, 411ff. Des weiteren im Text als AdM II zitiert.
Günther Anders, Burning Conscience. The Case of the Hiroshima Pilot Claude Eatherly told in his Letters to Günther Anders, New York 1962.
Unterstützt wird dieser Eindruck durch die nachträglich von Anders fü gut befundene Interpretation seines Namenswechsels von Jürgen Langenbach. Vgl. Jürgen Langenbach, Günther Anders. Eine Monographie, Wien 1986, 16 f.
Konrad Paul Liessmann, Günther Anders zur Einführung, Hamburg 1988, 28.
Vgl. Günther Anders, Wir Eichmannsöhne. Offener Brief an Klaus Eichmann, München 1964, 24.
Diese hier etwas erweiterte Formulierung entstammt der Kafka-Studie. Vgl. Günther Anders, Kafka. Pro und Contra. Die Prozessunterlagen, München 1951, 84.
Anders’ Ablehnung des Fortschrittsbegriffes und die damit verbundene Entwertung eines auf die Zukunft gerichteten Denkens zeigt eine auffällige Affinität zu Walter Benjamins geschichtsphilosophischen Thesen, obschon Anders diese bereits nach der ersten Lektüre als “dunkel und verworren” disqualifizierte und audi sein gelegentlicher kritischer Rekurs auf sie Züge eines bisweilen hanebüchen anmutenden Mißverständnisses trägt AdM II, 297f.). Nichtsdestoweniger kann man noch im negativen Messianismus seiner Thesen Spuren einer säkularisierten Version der Benjaminschen finden. Vgl. Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, Frankfurt/M. 1974,1, 3, 1228.
Günther Anders, Die atomare Drohung. Radikale Überlegungen, München 1986, 204.
Vgl. “Die Antiquiertheit der Bosheit” (AdM II, 396ff). In “Nach ‘Holocaust’” heißt es: “Die bisherigen religiösen und philosophischen Ethiken sind ausnahmslos und restlos obsolet geworden, sie sind in Hiroshima mitexplodiert und in Auschwitz mitvergast worden.” Günther Anders, Besuch im Hades, München 1979, 195. Anders’ Forderung nach moralischer Phantasie ist bemüht, darauf zu reagieren (vgl. AdM I, 271 ff).
Günther Anders, Bert Brecht. Gespräche und Erinnerungen, Zürich 1962, 40 f.
Herbert Marcuse, Die Permanenz der Kunst. Wider eine bestimmte marxistische Ästhetik, Wien 1977. Liessmann vermerkt zu Anders’ Kritik der Autonomieästhetik: “Was im Kontext der Ästbetischen Theorie Adornos oder einer Ästhetik des Vorscheins von Ernst Bloch immer aber auch als Potential für eine kritische oder utopische Dimension von Kunst, von Kultur gewertet worden war, richtet sich bei Anders mit einer unglaublichen Rigidität gegen die Kunst selbst, ihre Produzenten und ihre Konsumenten. Kultur definiere sich dadurch, daß in ihr weder nach philosophischer Wahrhaftigkeit noch nach moralischer Glaubwürdigkeit gefragt werde. Danüt steht fü Anders die Kunst selbst in Frage. Er insistiert darauf, daß, will Kunst ihre Legitimität bewahren, ihre Werke aus dem moralisch-politischen Diskurs nicht ausgeschlossen werden können” (Liessmann [Anm. 10], 121).
Günther Anders, Mensch ohne Welt. Schriften zur Kunst und Literatur, München 1984, 187, 204f.
Vgl. Ludger Lütkehaus, “Nach Hiroshima: Antiquiertheit des Menschen–Antiquiertheit der Kunst? Über Günther Anders’ ästhetische Theorie und literarische Praxis”, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 75/19 (1989), 117–38, hier: 129ff.
Vgl. hierzu und zum folgenden Wendelin Schmidt-Dengler, “Ein Modeli der Kafka-Rezeption: Günther Anders”, in: ders. (Hrsg.), Was bleibt von Franz Kafka, Wien 1985, 185–197.
Gilles Deleuze und Félix Guattari, Kafka. Für eine kleine Literatur, Frankfurt/M. 1976.
Vgl. zum kontrastierenden Begriff einer affirmativen Ästhetik etwa Jean-Francois Lyotard, Essays zu einer affirmativen Ästhetik, Berlin 1982.
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Kagel, M. Der Traum der Maschinen Zum Verhältnis von Ästhetik und Technikphilosophie in den Schriften von Güinther Anders. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 67, 565–583 (1993). https://doi.org/10.1007/BF03396220
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