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Besser als früher? Ein Vergleich der Gefangenen und deren Rückfälligkeit der JVA-Kassel II – Sozialtherapeutische Anstalt – von 1994–1997 und 2003–2006

Better than before? A comparison of prisoners and recidivism in the Kassel II prison – Social therapeutic institution – between 1994–1997 and 2003–2006

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Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Die JVA-Kassel II – Sozialtherapeutische Anstalt – (SothA) hat sich in den vergangenen Jahren maßgeblich verändert. Zum einen werden aufgrund neuer gesetzlicher Regelungen deutlich mehr Sexualstraftäter behandelt, zum anderen wurde die Behandlung professionalisiert und z. B. international anerkannte Behandlungsprogramme eingeführt. Vor diesem Hintergrund befasst sich die vorliegende Studie damit, wie sich die Insassen in der SothA der Jahre 1994–1997 (n = 305) und 2003–2006 (n = 227) und in welchem Ausmaß sich deren Rückfälligkeit verändert hat. Die Legalbewährung wurde bei einer Teilstichprobe von 414 Gefangenen überprüft, die nach ihrer Entlassung einen Katamnesezeitraum von 4 Jahren außerhalb des Vollzugs verbrachten (bzw. vorher rückfällig wurden). Während von der ersten Kohorte (1994–1997) 39 % der Entlassenen erneut zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurden, waren es nur 23 % von der zweiten Kohorte (2003–2006). Bei einer Interpretation dieser absoluten Zahlen muss berücksichtigt werden, dass möglicherweise stark rückfallgefährdete Täter wegen zu kurzem Risikozeitraum aufgrund zu langer Haftzeit nicht in die Teilstichprobe für die Rückfallstudie eingeschlossen werden konnten. Die Zahlen können jedoch relativ zueinander interpretiert werden. Der Rückgang der Rückfälligkeit bleibt bestehen, wenn getrennt nach Deliktgruppe analysiert wird oder konfundierende Variablen statistisch kontrolliert werden.

Abstract

The social therapeutic facility of Kassel II prison (Germany) has substantially changed over the last years. Due to new legal regulations more sexual offenders are being treated and, moreover, the treatment has been professionalized, e. g. by introducing internationally recognized treatment programs. Against this background this study investigated how the inmates of the social therapeutic facility who were released between 1994 and 1997 (n = 305) differed from those released between 2003 and 2006 (n = 227). Furthermore, among a subsample of 414 inmates who spent a follow-up period of 4 years out of prison after being released (if they did not reoffend), differences in the extent of recidivism were investigated. Among those released from the earlier cohort (1994–1997) 39% were given another prison sentence without probation. In contrast, only 23% among the later cohort (2003–2006) were given another prison sentence. When interpreting these numbers in absolute terms, it must be acknowledged that especially those offenders with the highest probability of recidivism could not be included in the study because the follow-up period was too short; however, the numbers can also be interpreted relatively. The decrease of recidivism persists when different offenses are analyzed separately and confounding variables are statistically controlled.

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Notes

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  3. Bei 10 Personen von 2003 bis 2006 enthielt der BZR-Auszug keinen Eintrag. Der Grund dafür kann sein, dass bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung die Tilgungsfrist ab der ersten Tat datiert wurde (Hohmann-Fricke 2004; Wagner et al. 2009). Kein Eintrag bedeutet deshalb, dass der alte Eintrag bereits gelöscht wurde und die Person keine neuen Straftaten begangen hat. Es bleibt allerdings eine Restwahrscheinlichkeit, dass der leere Auszug aufgrund eines Fehlers zustande gekommen ist. Deshalb wurden die Fälle mit sauberem Auszug in der vorliegenden Untersuchung ausgeschlossen.

  4. In den Index „Belastungen in der Kindheit“ flossen ein Wechsel der Bezugsperson sowie Heimaufenthalte ein. Der Index „Ausbildung“ bezieht sich auf Schulabschluss und den Abschluss einer Berufsausbildung.

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L. Keller, W. Heinrich und R. Nebe waren zur Zeit der Arbeit in der SothA Kassel tätig. Es bestehen keine weiteren Interessenkonflikte.

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Keller, L., Heinrich, W. & Nebe, R. Besser als früher? Ein Vergleich der Gefangenen und deren Rückfälligkeit der JVA-Kassel II – Sozialtherapeutische Anstalt – von 1994–1997 und 2003–2006. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 11, 22–30 (2017). https://doi.org/10.1007/s11757-016-0408-x

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