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Berufsbezogene Sprache der Lehrenden im Fremd- und Zweitsprachenunterricht

2023
978-3-3811-0502-1
Gunter Narr Verlag 
Eva Burwitz-Melzer
Claudia Riemer
Lars Schmelter
10.24053/9783381105021

Im Fremd- und Zweitsprachenunterricht ist die Sprache gleichzeitig Medium und Gegenstand des Lernens. Die Lehrenden tragen durch den Gebrauch ihrer berufsbezogenen Sprache maßgeblich zum Gelingen des Unterrichts und zum Lernerfolg der Lernenden bei. Als berufsbezogene Sprache kann jede Sprachverwendung der Lehrer:innen, also mündliche und schriftliche Sprachverwendung, aber auch die wechselnde Verwendung von Zielsprachen sowie von Erst- bzw. Schulsprache(n) und weiteren Zweit- und Fremdsprachen inklusive non- und paraverbaler Botschaften angesehen werden. Spracherwerbs- und Lerntheorien stellen daher häufig die sprachliche Interaktion im Unterricht in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Während die Anforderungen an die Berufssprache der Lehrenden hoch sind, scheint die Berücksichtigung des Themas in der Lehrer:innenausbildung gering zu sein. Die Beiträge in diesem Band reflektieren und diskutieren die Besonderheiten der berufsbezogenen Sprache der Lehrenden im Fremd- und Zweitsprachenunterricht, deren Erforschung sowie mögliche Veränderungen im Rahmen der Lehrer:innenbildung.

Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik Eva Burwitz-Melzer / Claudia Riemer / Lars Schmelter (Hrsg.) Berufsbezogene Sprache der Lehrenden im Fremd- und Zweitsprachenunterricht Arbeitspapiere der 43. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts Berufsbezogene Sprache der Lehrenden im Fremd- und Zweitsprachenunterricht G I E S S E N E R B E I T R ÄG E Z U R F R E M D S P R A C H E N D I DA K T I K Herausgegeben von Eva Burwitz-Melzer, Wolfgang Hallet, Jürgen Kurtz, Michael Legutke, Hélène Martinez, Franz-Joseph Meißner (†) und Dietmar Rösler Begründet von Lothar Bredella, Herbert Christ und Hans-Eberhard Piepho Eva Burwitz-Melzer / Claudia Riemer / Lars Schmelter (Hrsg.) Berufsbezogene Sprache der Lehren‐ den im Fremd- und Zweitsprachenunterricht Arbeitspapiere der 43. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381105021 © 2023 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 0175-7776 ISBN 978-3-381-10501-4 (Print) ISBN 978-3-381-10502-1 (ePDF) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® Vorwort 7 Mark Bechtel: Lehrersprache in der Unterrichtsinteraktion als Bestandteil der Berufssprache von Fremdsprachenlehrpersonen 9 Eva Burwitz-Melzer: Berufssprache von Fremdsprachenlehrkräften als eine professionelle Kernkompetenz 19 Daniela Caspari: Zur Normalität eines Französischunterrichts fast ohne Französisch. Überlegungen zum Gebrauch der Zielsprache im Unterricht einer 2. Fremdsprache 31 Bärbel Diehr: Konstanz und Wandel in der Berufssprache von Fremdsprachenlehrkräften 42 David Gerlach: Die native speaker-Norm im Vorbereitungsdienst: Berufsbezogene Sprachkompetenzen angehender Fremdsprachenlehrer*innen aus Sicht ihrer Lehrerbildner*innen 52 Andreas Grünewald: Zur Förderung der Fachsprache - als Teil von Berufssprache - von angehenden Fremdsprachenlehrkräften 63 Petra Kirchhoff: Hier gibt es keine Abkürzung! Gedanken über den Erwerb einer lernförderlichen Berufssprache von Lehrkräften für den Fremd- und Zweitsprachenunterricht 74 Friederike Klippel: Unterrichtssprache - Schlüsselfaktor im Fremdsprachenunterricht 86 Jürgen Kurtz: Annäherung an den Begriff der Berufssprache im Kontext von Englischunterricht und Englischlehrkräftebildung 98 Hélène Martinez: Berufsbezogene Sprach(en)kompetenz und teacher language awareness 109 Nicole Marx: Plurilingualität in der Berufssprache 121 Grit Mehlhorn: Slawische Sprachen als Unterrichtssprache 132 6 Claudia Riemer: Muss die Lehrersprache für den L2-Unterricht gelernt werden - und gelehrt? 143 Jutta Rymarczyk: Über die Notwendigkeit qualitativ hochwertiger Berufssprache als (ein) Argument zur Rückkehr zum Kerngeschäft des Fremdsprachenunterrichts 155 Birgit Schädlich: Berufssprache von Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht: Mehrsprachigkeit im Fokus 164 Michael Schart: Die Vielfalt berufssprachlicher Praxis als Herausforderung für Professionalisierung und empirische Forschung 174 Lars Schmelter: Berufsbezogene Sprach(en)kompetenz von Fremdsprachenlehrer: innen. Herausforderungen des mehrsprachigkeitsorientierten Französischunterrichts 184 Kathrin Siebold: Erwerbsförderlicher Sprachgebrauch von Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht 196 Carola Surkamp: Nonverbale Kommunikationsfähigkeit als Bestandteil der Berufssprache für Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht 208 Adressen der Beiträger: innen und Herausgeber: innen 219 Bisher erschienene Arbeitspapiere der Frühjahrskonferenz 223 Sprache ist im Fremd- und Zweitsprachenunterricht Medium und Gegenstand des Lernens. Zum Professionswissen und -können der Fremdsprachenlehrkräfte gehört deshalb auch die Beherrschung ihrer Berufssprache (teacher talk) oder auch ihrer Berufssprachen, die sie täglich einsetzen müssen. Die Berufssprache umfasst im unterrichtlichen Kontext neben der mündlichen und schriftlichen Sprachverwendung der Zielsprache oder der Zielsprachen auch die wechselnde Sprachverwendung in der Schulsprache, der Erstsprache(n), der Zielsprache sowie in weiteren Fremdsprachen, die Gegenstand des Unterrichts sind. Nonverbale Botschaften wie Blicke und Gesten unterstützen im Unterricht sehr häufig die sprachlichen Äußerungen, sie sind also ebenfalls dem teacher talk zuzurechnen. Aber auch außerhalb des unterrichtlichen Kontexts trägt die Berufssprache maßgeblich zum erfolgreichen Handeln der Lehrkraft bei - etwa bei Auslandsaufenthalten, Kooperationen oder beim kollegialen Austausch auf Konferenzen. Berufssprache ist also ein multidimensionales mehrsprachiges Konstrukt, das während der Ausbildung zum Fremd- und Zweitsprachenlehrenden erlernt, sehr bewusst wahrgenommen und eingesetzt und im Laufe der beruflichen Karriere erweitert werden sollte. Die Fremd- und Zweitsprachendidaktik hat sich bisher zwar mit bestimmten Bereichen der Berufssprache von Lehrkräften beschäftigt, wie zum Beispiel ihrem mündlichen und schriftlichen Korrekturverhalten in bestimmten Sprachen, eine genauere Analyse des insgesamt doch sehr breiten Konzepts Berufssprache auch über Einzelsprachen hinweg und unter Berücksichtigung der Ausbildung von Fremd- und Zweitsprachenlehrkräften, ist jedoch noch nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund hatte sich die 43. Frühjahrkonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts die Aufgabe gestellt, theoretische Hintergründe und Konzepte zur Berufssprache zu diskutieren und zu analysieren. Einem bewährten Muster folgend tat sie dies anhand von Leitfragen, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorab zugestellt worden waren und zu denen sie sich in einem Statement im Umfang von 8 bis 12 Seiten schriftlich äußern sollten. Diese Statements bildeten die Grundlage der Diskussion auf der Konferenz, die vom 15. bis 17. Februar 2023 im Schloss Rauischholzhausen, der Tagungsstätte der Justus-Liebig-Universität Gießen, stattfand. Es war die erste Tagung seit Ausbruch der Corona-Pandemie, die zur Freude aller Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer wieder im vertrauten Rahmen und nach dem erprobten Ablauf der Frühjahrskonferenz stattfinden konnte. Die Leitfragen lauteten: 1. Im Fremd- und Zweitsprachenunterricht ist die Sprache gleichzeitig Medium und Gegenstand des Lernens. Lehrpersonen tragen also durch den Einsatz und Gebrauch ihrer Lehrersprache (teacher talk) ganz maßgeblich zum Gelingen des Unterrichts bzw. zum Lernerfolg 8 der Lernenden bei. Als Berufssprache kann dabei jegliche Sprachverwendung der Lehrpersonen, also mündliche und schriftliche Sprachverwendung, aber auch die wechselnde Verwendung von Zielsprachen (Zweit- und Fremdsprachen) sowie L1 (Mutterbzw. Schulsprachen) und weiteren Zweit- und Fremdsprachen, sowie nonverbale Botschaften angesehen werden. Welche Teilkompetenzen gehören Ihrer Meinung nach zu einem professionellen Umgang mit „Berufssprache für Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht“ und wie würden Sie diese gewichten? Welche besondere Rolle kommt der L2-Kompetenz zu? 2. Spracherwerbs- und Lerntheorien stellen sprachliche Interaktion im Unterricht häufig in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Welche Rollen übernimmt die Berufssprache in diesem theoretischen Kontext im Fremd- und Zweitsprachenunterricht? 3. Welche Forschungsbedarfe zum Thema ‚Berufssprache‘ betrachten Sie angesichts sich verändernder Rahmenbedingungen des Sprachenlernens als wichtig? 4. Während die Anforderungen an die Berufssprache von Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht hoch sind, erscheint die curriculare Berücksichtigung des Themas in den verschiedenen Phasen der Lehrpersonenausbildung eher gering zu sein. Welcher Umgang empfiehlt sich Ihrer Meinung nach mit dem Thema ‚Berufssprache für Lehrpersonen im Fremd-/ Zweitsprachenunterricht‘ in der Lehrpersonenausbildung? Welche Aspekte sollte man in Zukunft stärker als bisher berücksichtigen? Die in diesem Band abgedruckten Statements stellen die nach der Konferenz überarbeiteten Beiträge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dar. Sie zeigen den Forschungsbedarf ebenso auf wie die Vielfalt unterschiedlicher Auffassungen darüber, welche Bedeutung die Berufssprache von Fremd- und Zweitsprachenlehrkräften für das Gelingen des Sprach(en)unterrichts hat. Auch werden Einzelaspekte von Berufssprache behandelt, die die Ausbildungssituation von Lehrkräften oder auch einzelne Lerngegenstände genauer betrachten. Veranstalterinnen und Veranstalter sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Frühjahrskonferenz danken dem Präsidenten der Justus-Liebig- Universität sowie den Verantwortlichen vor Ort für die abermals gewährte Gastfreundschaft, die als Rahmenbedingung für das Gelingen der Konferenz von erheblichem Wert war. Gießen, Bielefeld und Wuppertal, im Sommer 2023 Eva Burwitz-Melzer Claudia Riemer Lars Schmelter Mark Bechtel Die Berufssprache von Fremdsprachenlehrpersonen ist Ausdruck einer berufsbezogenen Kommunikationskompetenz, die sich in unterschiedlichen Handlungsfeldern konkretisiert. Zum einen geht es dabei um das Sprechen über Fremdsprachenunterricht, das stattfindet, wenn Lehrpersonen beispielsweise im Kollegium über die Einführung eines neuen Lehrwerks diskutieren, im Gespräch mit Eltern die Lernleistungen der Kinder darlegen oder auf einer Tagung am akademischen Diskurs teilhaben. Zum anderen handelt es sich um das Sprechen im Fremdsprachenunterricht, also der Kommunikation der Lehrperson mit den Lernenden während des Unterrichts. In der Berufssprache transferieren die Lehrpersonen ihr berufsbezogenes Wissen und müssen sie an die Anforderungen des jeweiligen Handlungsfeldes anpassen. Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags steht die Lehrersprache im Unterricht als ein wesentlicher Bestandteil der Berufssprache einer Fremdsprachenlehrperson, die im englischsprachigen Raum als teacher talk bezeichnet wird. Ziel ist es, die besondere Bedeutung der Lehrersprache im Fremdsprachenunterricht herauszuarbeiten, die damit verbundenen Teilkompetenzen zu beschreiben sowie Perspektiven für die Forschung und Lehrerbildung zu skizzieren. Die Sprache einer Lehrperson eines fremdsprachlichen Fachs ist Bestandteil der Unterrichtskommunikation. Der Lehrersprache kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, da sich die Kommunikation im Fremdsprachenunterricht sowohl von Interaktionen in nicht-schulischen Spracherwerbskontexten als auch von der Unterrichtsinteraktion in anderen Schulfächern unterscheidet. Der Unterschied zu anderen Schulfächern besteht nach Knapp-Potthoff und Knapp (1982, 191) darin, dass die Fremdsprache nicht nur Lerngegenstand ist, sondern zugleich auch Medium der Kommunikation: Die Lernenden müssen sich zum einen Wissen über die Funktionsweise der Fremdsprache (und der sich in ihr manifestierenden Inhalte) aneignen, zum anderen 10 wird im Unterricht gleichzeitig in der Fremdsprache kommuniziert mit dem Ziel, die Fremdsprache rezeptiv und produktiv zu gebrauchen. Im Vergleich zu Spracherwerbssituationen weist die Kommunikation im Fremdsprachenunterricht eine Reihe von Besonderheiten auf. In der Zusammenstellung von Walsh (2013, 29-41) scheinen fünf im Zusammenhang mit der Sprache und dem Sprechen von Fremdsprachenlehrpersonen von Belang. Die erste Besonderheit besteht für Walsh (2013, 29) darin, dass der Lehrperson die Aufgabe (und damit auch die Macht) zufalle, die Interaktion zu lenken (teacher’s control of the interactions). Breen (1998, 119, zit. n. Walsh ebd.) verwendet dafür die Metapher des Leitens eines Orchesters: Die Lehrperson „orchestrates the interaction“, sie könne die Interaktion unterbrechen, wann sie wolle, sich das Rederecht nehmen und weitergeben, das Thema wechseln, wodurch sie auch beeinflusse, wer wann welche Lerngelegenheiten bekomme (vgl. Walsh 2013, 29). Ein Beispiel hierfür ist das von Sinclair und Coulthard (1975) beschriebene IRF-Interaktionsschema, das die dreiteilige Abfolge bezeichnet bestehend aus „a teacher Initiation, a student Response, and a teacher Feedback“ (ebd.). Die zweite Besonderheit sieht Walsh (ebd., 31) darin, dass die Lehrperson ihren sprachlichen Input an das Niveau der Lernenden anpasse, indem sie z.B. vereinfachtes Vokabular und kürzere Sätze verwendet, langsamer, lauter, klarer spricht und verstärkt Gestik und Mimik einsetzt (speech modification). Darüber hinaus gehören dazu Strategien der Lehrperson, um (a) sich zu vergewissern, ob sie die Lernenden verstanden haben (confirmation checks), (b) sicherzustellen, dass die Lernenden verstanden haben (comprehension checks), (c) die Lernenden um weitere Erläuterungen zu bitten (clarification requests), (d) Lerneräußerungen zu umschreiben (reformulation), (e) angefangene Lerneräußerungen fortzusetzen (turn completion) und (f) auf zuvor Gesagtes zurückzuverweisen (back-tracking) (vgl. ebd., 31). Als dritte Besonderheit gilt für Walsh (ebd., 33) das Fragenstellen (elicitation techniques). Die meisten Fragen in der Unterrichtskommunikation sind display questions, bei denen die Lehrperson die Antwort bereits kennt. Sie dienen vor allem dazu, eine Antwort zu elizitieren, Verstandenes zu prüfen und zu weiteren Aspekten eines Themas hinzuführen. Davon zu unterscheiden sind referential questions, das sind offene Fragen, die dazu dienen, dass sich Lernenden mit längeren, komplexeren Äußerungen einbringen (vgl. ebd., 33). Als vierte Besonderheit der Kommunikation im Fremdsprachenunterricht stellt Walsh (ebd., 36) die mündliche Fehlerkorrektur (repair) dar. Walsh hebt hervor, dass Korrekturen im Fremdsprachenunterricht normal seien und Lernende diese sogar erwarten würden, während es in Kommunikationssituationen im Zielsprachenland unangemessen wirke, wenn Lernende von Muttersprachlern korrigiert würden. Als fünfte Besonderheit gilt für Walsh (ebd., 37), dass die Unterrichtskommunikation nicht nur zwischen Lehrperson und Lernenden abläuft, sondern die Lernenden auch miteinander in Partnerarbeit kommunizieren könnten (student-student-interaction), was 11 zu einer Erhöhung der individuellen Sprechzeit und des sprachlichen Outputs aller Lernenden führen könne. Eine Voraussetzung dafür sei, dass die Lehrperson phasenweise schweigen müsse. Aus spracherwerbstheoretischer Sicht betonen Knapp-Potthof und Knapp (1982, 192), dass diese „Lehrerzentriertheit“ der Unterrichtskommunikation im Fremdsprachenunterricht notwendig sei, da die Lehrperson, die als einzige im Klassenraum über eine L1-nahe Kompetenz in der Fremdsprache verfüge, den zielsprachlichen Input liefern und Feedback geben müsse, damit die Lernenden ihre Sprachlernprozesse darauf aufbauen könnten. Die Zentriertheit der Kommunikation auf die Lehrperson äußere sich darüber hinaus darin, dass diese zum einen die Erfolgskriterien der Interaktion festlege und die Äußerungen der Lernenden danach beurteile, zum anderen die Menge und Art der Äußerungsmöglichkeiten den einzelnen Lernenden zuteile. Neben dieser auf die Lehrperson zentrierten Unterrichtskommunikation ist für Knapp-Potthoff und Knapp (ebd., 195) darüber hinaus der Fremdsprachenunterricht durch eine „Lernmaterialzentriertheit“ gekennzeichnet. Im Hinblick auf die Sprache der Lehrperson sei damit eine weitere sprachliche Anpassung verbunden, da das Lernmaterial durch seine expliziten und impliziten Anweisungen weitgehend festlege, wie die Lehrperson damit umgehen solle. Ein Beispiel hierfür ist, dass eine Lehrperson darauf achtet, Wörter und grammatische Strukturen zu verwenden, die auch im Lehrbuchtext vorkommen. Als Begründung für die Bedeutung, die der Sprache und dem Sprechen der Fremdsprachenlehrperson zukommt, kann auf die soziokulturelle Lerntheorie von Vygostky (1978) sowie auf einige Fremdsprachenerwerbstheorien zurückgegriffen werden. Für die soziokulturelle Lerntheorie, auf die Walsh (2013, 7ff.) seinen Ansatz stützt (s.u.), führt er aus, dass sie der Vorstellung folge, dass (1) Lernen eine soziale Tätigkeit sei zwischen jenen Mitgliedern der Gesellschaft, die bereits über Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, und denjenigen, die dabei sind, diese zu erwerben, (2) Lernen in einer ‚Zone der nächsten Entwicklung‘ stattfinde, die in eine Reihe von aufeinander aufbauenden Lernschritten aufgeteilt werden könne, und (3) Lernen ein von der Lehrperson unterstützendes Gerüst benötige, das zurückgebaut werden könne, sobald die Lernenden in der Lage seien, die Aufgabe selbst zu lösen. Die Bedeutung der Lehrersprache ist hierbei unverkennbar, da die Lehrperson zum einen zum Vorbild für die Lernenden wird, sowohl hinsichtlich der von ihr erreichten fremdsprachlichen Kompetenz als auch für den von ihr selbst zurückgelegten Lernprozess. Zum anderen wird deutlich, dass es auf die Lehrperson ankommt, mit hoher Sensibilität den Lernprozess der Lernenden zu verfolgen und sie dabei zu unterstützen, von einer Stufe zur nächsten zu kommen. 12 Bei den Fremdsprachenerwerbshypothesen kann auf solche zurückgegriffen werden, die die Interaktion in den Mittelpunkt stellen. Ich beziehe mich im Folgenden auf Ausführungen von Edmondson und House (2006, 260ff.). Bei der „Input-Hypothese“ von Krashen (1982), bei der Input als fremdsprachlicher Sprachgebrauch verstanden wird, zu dem Lernende Zugang haben, kommt nach Edmondson und House (2006, 260) der Lehrersprache deswegen eine zentrale Rolle zu, weil sie den sprachlichen Input liefere, den die Lernenden zum Fremdsprachenerwerb benötigen. Hierbei müsse die Lehrperson darauf achten, dass ihr sprachlicher Input Strukturen enthalte, die minimal über dem gegenwärtigen Stand der Lernenden (i+1) liegen. Mit dieser Hypothese kann in Hinblick auf die Lehrersprache begründet werden, dass die Lehrperson ihre fremdsprachliche Kompetenz an das jeweilige Niveau der Lernenden anpassen muss. Bei der „Negotiation-of-Meaning-Hypothese“ von Long (1983) wird davon ausgegangen, dass Fremdsprachenerwerb insbesondere dann stattfinde, wenn in expliziten Reparatursequenzen die Bedeutung eines Ausdrucks oder des Gemeinten ausgehandelt werde (vgl. Edmondson/ House 2006, 261). Die Lehrersprache spielt hierbei insofern eine wichtige Rolle, als die Lehrperson in solchen Aushandlungen in der Lage sein muss, Gesagtes zu wiederholen, Rückfragen zu stellen oder das Verständnis zu prüfen. Bei der „Output-Hypothese“ von Swain (1985) bezieht sich der Output nicht auf das, was die Lehrperson sagt, sondern auf die fremdsprachliche Sprachproduktion der Lernenden. Die Hypothese besagt, dass durch den Versuch, sich in der Fremdsprache auszudrücken, die vorhandenen Kenntnisse aktiviert, vertieft, neu zusammengesetzt und automatisiert würden, was dem Sprachenlernen zuträglich sei (vgl. Edmondson/ House 2006, 262). Für die Lehrersprache bedeutet das, dass die Lehrperson in der Lage sein muss, im Unterrichts- und Klassengespräch längere Lerneräußerungen zu elizitieren, Sozialformen wie Partnerarbeit einzusetzen, die zeitgleiches fremdsprachliches Sprechen aller Lernenden ermöglicht, und sich während dieser Phasen selbst sprachlich zurückzunehmen. Nicht zuletzt kann die „Hypothese des unterstützenden Outputs“ von Scollon (1976) als Begründung für die Bedeutung der Lehrersprache in der Unterrichtskommunikation angeführt werden. Sie besagt, dass es lernförderlich sei, wenn Lernende Äußerungsteile anderer Personen in die eigene Äußerung eingliedern (vgl. Edmondson/ House 2006, 262). Für die Lehrersprache bedeutet das, dass die Lehrperson in der Lage sein muss, Lernenden, die bei ihrem Redebeitrag nicht weiterkommen, mit passenden sprachlichen Ergänzungen einzuhelfen. 13 Die Teilkompetenzen der Lehrersprache im Fremdsprachenunterricht näher zu beschreiben, ist nicht unproblematisch, da es sich nicht um eine individuelle Kompetenz handelt, sondern vielmehr um eine interaktionale Kompetenz. Für Young (2011, 430) zeigt eine solche interactional competence (IC), „what a person does together with others“ (Hervorhebung im Original): IC is not to be described in the knowledge and actions of an individual participant in an interaction; instead, IC is the construction of a shared mental context through the collaboration of all interactional partners (Young 2011, 428). Auf den spezifischen institutionellen Kontext des Fremdsprachenunterrichts bezogen spricht Walsh (2013, 51) von „classroom interactional competence“ (CIC) und definiert diese als „teachers’ and learners’ ability to use interaction as a tool for mediating and assisting learning“. Er beschreibt drei Teilkompetenzen (ebd., 52ff.): •• Fähigkeit, die Lehrersprache so zu gebrauchen, dass sie dem Erreichen der pädagogischen Ziele dient und gleichzeitig auf die Lernenden abgestimmt ist; • Fähigkeit, den Lernenden Räume zum Lernen zu eröffnen, indem die Lehrperson ihnen ausreichend Zeit zum Überlegen und Antworten lässt (Wartezeit), auch Phasen ohne Korrektur vorsieht, längere Lerneräußerungen zulässt und elizitiert sowie das Lehrer-Echo für die ganze Klasse nutzbar macht; • Bereitschaft, fehlerhafte Lerneräußerungen zunächst einmal zu akzeptieren, verbunden mit der Fähigkeit, diese aufzugreifen und den Lerner dabei zu unterstützen, diese zu verbessern (shaping a learner contribution). Hervorzuheben sind hierbei zwei Aspekte: Zum einen, dass die Lehrersprache als Funktion zur Erreichung eines pädagogischen Ziels gesehen wird; zum anderen, dass die Lehrersprache nicht nur einzelne Lernende, sondern auch die Gesamtgruppe adressiert. Ein anderes Modell zur Lehrersprache legen Schart und Legutke vor (2012, 58), die sich auf das Kompetenzmodell von Hallet (2006, 36) stützen, bei dem zwischen unterrichtsbezogenen Kompetenzen im engeren Sinne (darunter versteht Hallet fachliche, fachdidaktische, diagnostische, methodische Kompetenz, die Beherrschung von Lehr-/ Lernformen sowie Beurteilungs- und Evaluationskompetenz) und übergreifenden pädagogischen und didaktischen Kompetenzen (erzieherische, personale und soziale Kompetenz, Planungs- und Management- und Entwicklungskompetenz) unterschieden wird, zu deren Realisierung kommunikative Kompetenzen benötigt werden. Im Kapitel „Qualität der Unterrichtskommunikation“ gehen Schart und Le- 14 gutke (2012, 113) auf die Lehrersprache ein, für die sie folgende Teilkompetenzen auflisten: Fremdsprachenlehrkräfte •• können die Zielsprache auf native-speaker nahem Niveau sprechen und damit flexibel und spontan einen zielsprachlichen Sprachinput liefern (fachliche Kompetenz); • können den eigenen zielsprachlichen Sprachinput dem Lernniveau und dem Lernziel anpassen (fachdidaktische Kompetenz); • wissen um die Gefahr der Monopolisierung der Sprechzeit durch Lehrkräfte und sind bereit, sich phasenweise zurückzunehmen und zu schweigen, um Lernern die Gelegenheit zu geben, selbst in der Fremdsprache zu sprechen (fremdsprachendidaktische Kompetenz; methodische Kompetenz; Lehr-Lernformen-Kompetenz); • sind in der Lage, situativ zwischen der Zielsprache und der Schulsprache/ Verkehrssprache zu wechseln, um die begrenzte Unterrichtszeit effektiv und effizient für das Erreichen der Lernziele zu nutzen (z.B. bei der Organisation von Unterrichtsabläufen, Erklärung grammatischer Phänomene, Bewusstmachen von Lernstrategien); • können ihre verbalen Äußerungen mit Gestik und Mimik veranschaulichen; • können Arbeitsanweisungen formulieren, die hinsichtlich der Aussprache (Deutlichkeit, Geschwindigkeit, Intonation) für die Lerner angemessen und hinsichtlich des Wortschatzes und der Grammatik verständlich sind (fachdidaktische Kompetenz); • kennen eine breite Palette an Strategien zur mündlichen Fehlerkorrektur und können diese lernförderlich einsetzen (diagnostische Kompetenz; fachdidaktische Kompetenz); • können durch sprachliche und nonverbale Impulse die Unterrichtskommunikation in Gang setzen und halten (fachdidaktische Kompetenz). Neben einer Reihe von Teilkompetenzen, die sich auch bei Walsh (2013) finden lassen, sind zwei Aspekte hervorzuheben, die bei Walsh in dieser Form nicht vorkommen. Zum einen wird deutlich, dass sich Lehrersprache nicht nur rein verbal äußert, sondern mit einer adäquaten Gestik und Mimik einhergehen muss. Zum anderen wird herausgestellt, dass ein wichtiger Aspekt der Lehrersprache im Fremdsprachenunterricht darin besteht, zu entscheiden, ob und wenn ja in welchen Momenten es zielführend ist, in der Unterrichtsinteraktion von der Fremdsprache in die Erstsprache bzw. gemeinsame Schulsprache der Lernenden zu wechseln. 15 Legt man das Angebots-Nutzungs-Modells der Wirkungsweise von Unterricht von Helmke (2009, 73) zugrunde, kann die Lehrersprache dem Angebot zugeordnet werden. Sie beeinflusst somit die Prozessqualität des Unterrichts und wirkt sich somit auf die Lernprozesse und die Lernergebnisse aus. Gleichzeitig ist die Lehrersprache Teil des Professionswissens, sie manifestiert sich bei der Performanz fachlicher, fachdidaktischer und diagnostischer Kompetenzen. Darüber hinaus sind mit dem Einsatz der Lehrersprache bestimmte Haltungen und Emotionen verbunden. Vor diesem Hintergrund können einige Forschungsbedarfe skizziert werden. Aus meiner Sicht liegt ein Forschungsbedarf in der Unterrichtsforschung zu ausgewählten Aspekten der interaktionalen Kompetenz im Fremdsprachenunterricht. Das gilt insbesondere für den Französisch- und Spanischunterricht in Deutschland, für den im Vergleich zum Englischunterricht (z.B. DESI-Studie) kaum Unterrichtsforschung vorliegt. Während der Aspekt der mündlichen Fehlerkorrektur Gegenstand vielfältiger empirischer Forschung war und ist (vgl. Schoormann/ Schlak 2011), besteht der Forschungsbedarf im Hinblick auf die Lehrersprache m.E. bei der Sprachwahl und dem Sprachwechsel zwischen der Fremdsprache und der Erstsprache der Lernenden bzw. ihrer gemeinsamen Schulsprache. Auch wenn Bahr et al. (1996) bereits einzelne Anlässe für Sprachwechsel anhand konkreter Interaktionsmuster beschrieben haben und Raabe (2015) Funktionen von lehrerbzw. lernerseitiger Sprachwahl zusammengestellt hat, ist die Forschung in diesem Bereich erst am Anfang. Hierbei interessieren die Fragen, a) wann die Lehrperson, wie lange, in welchen Phasen und zu welchem Zweck die Erstsprache der Lernenden bzw. ihre gemeinsame Schulsprache im Fremdsprachenunterricht nutzt; b) wie der Wechsel zwischen Fremdsprache und Erstsprache der Lernenden bzw. ihrer gemeinsamen Schulsprache in der Unterrichtskommunikation abläuft, d.h. in welchen Unterrichtsphasen von welcher Sprache in welche gewechselt wird, von wem der Sprachwechsel ausgeht und wie darauf reagiert wird; c) welche Wirkung welche Art von Sprachwechsel auf die Entwicklung bestimmter Teilkompetenzen hat (kommunikative Kompetenzen, Sprachlernbewusstheit, sprachliche Mittel); d) welche Wirkung welche Art von Sprachwechsel auf die Motivation von Lernenden hat. Hierzu ist die Erhebung von Videoaufnahmen von Lehrer-Schüler-Interaktionen mit unterschiedlichen Lehrpersonen in unterschiedlichen Klassenstufen nötig. Zur Datenauswertung sind gesprächsbzw. diskursanalytische Verfahren geeignet (vgl. Schwab/ Schramm 2016). Darüber hinaus können die 16 Lehrkräfte danach befragt werden, aus welchem Grund in einer bestimmten Unterrichtssituation von der Zielsprache in die Erstsprache der Lernenden bzw. ihre gemeinsame Schulsprache gewechselt wurde, um die hinter diesen Entscheidungen liegenden Haltungen und Überzeugungen zu rekonstruieren. Hierzu sind introspektive Verfahren denkbar, wie beispielsweise das videobasierte stimulated recall (vgl. Heine 2013). In der ersten Phase der Fremdsprachenlehrerbildung wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, das Thema „Unterrichtsinteraktion“ in ein Vorbereitungsseminar auf das Fachpraktikum bzw. das Praxissemester zu integrieren. Ziel müsste es sein, dass den Studierenden das komplexe Verhältnis zwischen Lehrersprache, Klassenrauminteraktion und Lernen im Fremdsprachenunterricht bewusst wird. Hierzu könnte das von Walsh (2013, 69ff.) entwickelte Modell zur Self-evaluation of teacher talk (SETT) eingesetzt werden (s. Abb. 1). Abb. 1: Kategorien des SETT-Modells von Walsh (2013, 84) Interacture Description A. Scaffolding 1. Reformulation (rephrasing a learner’s contribution). 2. Extension (extending a learner’s contribution). 3. Modelling (providing an example for learner(s)). B. Direct repair Correcting an error quickly and directly. C. Content feedback Giving feedback to the message rather than the words used. D. Extended wait-time Allowing sufficient time (several seconds) for students to respond or formulate a response. E. Referential question Genuine questions to which the teacher does not know the answer. F. Seeking clarification 1. Teacher asks a student to clarify something the student has said. 2. Student asks teacher to clarify something the teacher has said. G. Extended learner turn Learner turn of more than one utterance. H. Teacher echo 1. Teacher repeats teacher’s previous utterance. 2. Teacher repeats a learner’s contribution. I. Teacher interruptions Interrupting a learner’s contribution. J. Extended teacher turn Teacher turn of more than one utterance. K. Turn completion Completing a learner’s contribution for the learner. L. Display question Asking questions to which teacher knows the answer. M. Form-focused feedback Giving feedback on the words used, not the message. 17 Es enthält Beschreibungskategorien für vier Mikrokontexte (managerial mode, materials mode, skills-and-systems-mode, classroom-context-mode) und dreizehn Interaktionsmuster (interactures), mit denen die Unterrichtsinteraktion differenziert erfasst werden kann. Nach der Aneignung des Modells (Theorie) wäre es die Aufgabe der Studierenden, anhand von Videosequenzen und Transkripten ausgewählte unterrichtliche Mikrokontexte zu beobachten und anhand der Kategorien nach Interaktionsmustern zu analysieren. Derart vorbereitet sollten die Studierenden dann während des Praktikums ausgewählte Mikrokontexte beobachten und beobachtete Muster notieren und über ihre Lernförderlichkeit reflektieren. Darüber hinaus sollten die Studierenden die Aufgabe erhalten, während der eigenen Unterrichtsversuche in ausgewählten Mikro-Kontexten geeignete Strategien zu einer lernförderlichen Unterrichtsinteraktion einzusetzen und diese im Anschluss zu reflektieren. Bahr, Andreas/ Bausch, Karl-Richard/ Helbig, Beate/ Kleppin, Karin/ Königs, Frank G./ Tönshoff, Wolfgang (1996): Forschungsgegenstand Tertiärsprachenunterricht: Ergebnisse eines empirischen Projekts. Bochum: Brockmeyer. Breen, Michael P. (1998): „Navigating the discourse: on what is learned in the language classroom“. In: Renandya, Willy A./ Jacobs, Georg M. (Hrsg.): Learners and Language Learning. Singapore: SEAMEO Regional Language Centre, 115-144. Edmondson, Willis J./ House, Juliane (2006): Einführung in die Sprachlehrforschung. 3., aktualisierte u. erweiterte Aufl. Tübingen/ Basel: Francke. Hallet, Wolfgang (2006): Didaktische Kompetenzen. Lehr- und Lernprozesse erfolgreich gestalten. Stuttgart: Klett Lernen und Wissen. 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Eva Burwitz-Melzer Zum Professionswissen und -können der Fremdsprachenlehrkräfte gehört im unterrichtlichen Kontext ihre Berufssprache (teacher talk), die sich als mündliche und schriftliche Sprachverwendung in der Zielsprache äußert, aber auch als wechselnde Sprachverwendung in der Schulsprache, Muttersprache, der Zielsprache und in weiteren Fremdsprachen zutage treten kann. Nonverbale Botschaften wie Blicke und Gesten unterstützen im Unterricht sehr häufig diese sprachlichen Äußerungen. Außerhalb des unterrichtlichen Kontexts trägt die Berufssprache ebenfalls maßgeblich zum erfolgreichen Handeln der Lehrkraft bei - etwa bei Auslandsaufenthalten, Kooperationen oder beim Austausch auf Konferenzen. Der vorliegende Aufsatz möchte erkunden, in welchem Verhältnis Berufssprache und Professionskompetenzen von Fremdsprachen-Lehrkräften zueinanderstehen, welche Teilkompetenzen zur Berufssprache gehören und ob in Unterrichtseinheiten, die sich mit fremdsprachigen literarischen Texten und Medien beschäftigen besondere Teilkompetenzen der Berufssprache erforderlich sind. Zum Schluss wird der Beitrag kurz darauf eingehen, welche Möglichkeiten der Förderung und Entwicklung der Berufssprache von Fremdsprachenlehrkräften in der ersten und zweiten Phase der Lehrkraftausbildung bestehen. Die Verbindung zwischen erfolgreich eingesetzter Berufssprache und professioneller Entwicklung der Lehrkräfte ist gerade in den letzten Jahren in den Fokus der Forschung getreten. Legutke, Saunders und Schart (2022), die in ihrem Aufsatz zur Fachspezifik des Professionswissens einen historischen Überblick über die Entwicklung dieses Wissens liefern und sprachliches Können als unauflöslich mit allen anderen Komponenten des Professionswissens verknüpft darstellen, ziehen folgerichtig den Schluss: Die historische Betrachtung der Fachlichkeit hat ferner ergeben, dass die in der Ausbildung zu vermittelnden Inhalte nicht von der Beherrschung der Sprache entkoppelt werden können, denn es sind die unterrichtlichen Prozesse in der Fremdsprache, durch die ihr Gebrauch erlernt wird. Professionswis- 20 sen zeigt sich deshalb im Können der Lehrkraft, diese Prozesse inhaltlich und methodisch unter Verwendung der Zielsprache zu gestalten (Legutke et al. 2022, 10). Was aber ist genauer mit dem Begriff der Lehrersprache gemeint und welche Teilkompetenzen umfasst sie? Grundsätzlich wird Lehrersprache vor allem auf die Interaktion mit den Schülerinnen und Schülern im Klassenzimmer bezogen, beschreibt also classroom discourse und schlägt sich häufig in Konzepten wie classroom discourse competence (Johnson 1995), classroom interactional competence (Walsh 2013) oder dialogic teaching competence (Alexander 2020) nieder. In diesen Konzepten geht es vor allem um die dialogischen Prozesse im Fremdsprachenunterricht allgemein, die ein Lehren und Lernen erst ermöglichen: Any endeavour to improve teaching and learning should begin by looking at classroom interaction. Everything which occurs in the classroom requires the use of language. Crucially, in a classroom, it is through language in interaction that we access new knowledge, acquire and develop new skills, identify problems of understanding, deal with ‚breakdowns‘ in the communication, establish and maintain relationships (Walsh 2013, 122). Diese aufs mündliche und dialogische Geschehen im Fremdsprachen- Klassenzimmer fokussierten Konzepte gehen oft von einer Dreiteilung der Sprachfunktionen im fremdsprachlichen Klassenzimmer aus, den Bereichen instruction, classroom management und social interaction. Gelegentlich wird noch die Funktion support hinzugefügt (vgl. z.B. Deters-Philipp 2018). Die Funktionen fußen in der Regel auf lerntheoretischen Konzepten des sozialen Lernens und erkennen die Prinzipien der zone of proximal development (ZPD) in der sprachlichen Interaktion, indem die Lehrersprache schrittweise und unter Berücksichtigung heterogener Dispositionen und Lernstände im Klassenzimmer adaptiv und möglichst flexibel individuelle Lernwege aufzeigt und fördert. Vygotskys ursprünglicher Gedanke der ZPD besagt: […] the zone of proximal development […] is the distance between the actual development level as determined by independent problem solving and the level of potential development as determined by problem solving under adult guidance or in collaboration with more capable peers (Vygotsky 1978, 86). Nach Walsh liefert das Konzept der ZPD eine so gute lerntheoretische Grundlage für das Konzept der Interaktion im Fremdsprachen- Klassenzimmer, weil es implizit beinhaltet, dass der Lernprozess im idealen Fall in sinnvoll aufeinander aufbauende, leichter zu bewältigende Lernschritte heruntergebrochen wird, die jeweils neue Lernchancen für die Lernenden anbieten. Diese Kompetenz, mit der Lehrersprache scaffolding, Sprechanreize und Assistenzen für die Fremdsprachenlernenden bereitzustellen, ist die Basis 21 für eine gelingende Interaktion im Fremdsprachenunterricht (vgl. Walsh 2013, 6-10). Die Sprache der Lehrkraft hat dabei eine Modellfunktion für die Lernenden, indem sie zeigt, wie Sprechen und Handeln im Fremdsprachen- Klassenzimmer aufs Engste miteinander verbunden sind. Sie bietet vielfältige Lernchancen: So lernen die Schülerinnen und Schüler nicht nur einzelne Wörter und Sätze, sondern werden im optimalen Fall mit dem Erlernen der Zielsprache auch handlungsfähig; eine sinnvolle task-orientation und Projektarbeit in der Zielsprache könnte ein Weiteres tun, um diese beginnende Handlungsfähigkeit zielgerichtet zu unterstützen. Es gibt zahlreiche ältere einflussreiche Studien aus dem englischsprachigen und deutschen Raum zu Einzelphänomenen des classroom discourse im Sinne einer Interaktivität wie zum Beispiel Richards (1990) und Thompson (1997) zu Fragestrategien der Lehrkräfte, Bailey (1996) zu Lehrkraftentscheidungen, Tsuis Studie (1996) zur Zurückhaltung der Lernenden, die sich oft in Schweigen oder Ein-Wort-Antworten niederschlägt. Walshs Studie von 2006 sticht hier heraus, indem er sich auf Fremdsprachenlehrkräfte an Hochschulen konzentriert und außerdem die Lehrkräfte eine Selbstevaluation durchführen ließ (Walsh 2013, 17-9). Sein Konzept zum classroom discourse von 2013 ist eines der ersten, das die classroom interaction competence (CIC, vgl. ebd.) in Beziehung setzt zur Lehrkraftprofessionalität der Fremdsprachenlehrer. Es bietet zahlreiche Wege der Ausbildung und Förderung der CIC an. Auch deutschsprachige Studien beschäftigen sich seit einigen Jahren intensiv mit den Phänomenen der Interaktivität und der Lehrkraftsprache im Fremdsprachenunterricht: So etwa Bleichenbacher et al. (2016) zu Sprachkompetenzen der Fremdsprachen-Lehrkräfte und Schwab et al. (2017) mit empirischen Beispielen zur Interaktion im Fremdsprachenunterricht. Eine Selbsteinschätzung der Lehrkräfte zur Lehrersprache im Englischunterricht an deutschen Grundschulen wurde von Deters-Phillip (2018) mit einer Interviewstudie vorgenommen. Auch Dörr (2018) hat sich mit dem Konstrukt der Lehrer- und Schülersprache beschäftigt; er führt eine qualitative Studie zur Interaktion an bayerischen Mittelschulen durch. Beide Studien stellen Bezüge her zwischen Aufenthalten der Lehrkräfte in Ländern der Zielsprache und der L2-Sprachkompetenz der Lehrkräfte, zeigen deren Rolle als instructor und facilitator, ihre Möglichkeiten zur Differenzierung, und ihren Umgang mit der L1 im Fremdsprachen-Klassenzimmer. Allerdings werden auch zahlreiche Mängel der Lehrersprache evident, die zum Teil auf fachfremdes Lehrkraft- Personal zurückzuführen sind. Einen anderen Ansatz verfolgt Thomson (2022), die ihren Fokus nicht auf die Interaktion im Unterricht, sondern explizit auf die Berufssprache der Fremdsprachenlehrkräfte legt, ihre Betrachtungen mit Konzepten der Lehrerprofessionalität (Blömeke 2011; Blömeke et al. 2015; Roters et al. 2013) verbindet und die Berufssprache fest im Professionsmodell für Fremdsprachen- 22 lehrkräfte verortet. Ihrem Modell zu individuellen Ressourcen und Dispositionen der Lehrkräfte, legt sie ein Professionalitätskonzept zugrunde: Es zeigt eine enge Verbindung zwischen den attitudinalen, emotionalen Voraussetzungen und Einstellungen, die Lehrkräfte mitbringen, ihrer fremdsprachlichen Kompetenz, ihrem Fachwissen, fachdidaktischen und pädagogischen Wissen, das in einer umfassenden fremdsprachenunterrichtlichen Diskurskompetenz zusammengeführt wird. Classroom discourse competence, wie Thomson diese Kompetenz benennt (2022), ist eine Kernkompetenz der Professionalität von Lehrkräften: Language teachers also need to know about typical discourse patterns and mechanisms that often occur in language classrooms. These include, for instance: turn-taking patterns like in adjacency pairs or IRF patterns, insertion sequences, discourse techniques for taking/ holding the floor, handing over, turn/ sequence completion, speaker nomination techniques etc. (Thomson 2022, 46). Thomson argumentiert, dass das Wissen um diese offensichtlichen Fragetechniken und Mechanismen im Fremdsprachen-Klassenzimmer nicht einfach in der Ausbildung erworben werden kann. Vielmehr stellt sie dem oberflächlichen Wissen ein tieferes Wissen um die Mechanismen der Berufssprache gegenüber, das herausgebildet werden muss, damit die classroom discourse competence mit pädagogischem und fachdidaktischem Handeln verknüpft werden kann. Lehramtsstudierende bilden das tiefere Wissen nicht automatisch aus, sie müssen es lernen, reflektieren und üben, um Professionalität zu erlangen (vgl. Thomson 2022, 40-44). Die hier kurz vorgestellten Konzepte haben sich leider nicht in den bildungspolitischen Dokumenten niedergeschlagen. Die Ländergemeinsamen inhaltlichen Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidatiken in der Lehrerbildung (KMK 2008/ 2019), in denen die Kultusministerkonferenz die Kompetenzen für Studienabsolventinnen und -absolventen für den Lehrberuf in den Fremdsprachen beschreibt, geben in Bezug auf die Berufssprache keine konkrete Auskunft. Die fachspezifischen Anforderungen unterliegen keinem konkreten Konzept; es wird lediglich grob umrissen, dass eine L2nahe Sprachkompetenz aus- und fortgebildet werden soll. Die Studienabsolventinnen und -absolventen […] verfügen über ein vertieftes Sprachwissen und „nativnahes“ Sprachkönnen in der Fremdsprache; sie sind in der Lage, ihre fremdsprachliche und interkulturelle Kompetenz auf dem erworbenen Niveau zu erhalten und ständig zu aktualisieren (KMK 2019, 44). An zentraler Position ganz am Anfang des Dokuments erscheint das „Sprachkönnen“ den Autorinnen und Autoren wohl die wichtigste fachspezifische Kompetenz der angehenden Lehrkräfte zu sein, obwohl das Konzept des „native speaker“ in der Fachdidaktik schon vor geraumer Zeit durch das Ideal eines „intercultural speaker“ ersetzt werden sollte (vgl. hierzu Byram 1997; 23 Bredella 1999). Eine genauere Operationalisierung der Berufssprache erfolgt in diesem Kontext jedoch nicht. 1 Festgehalten werden muss an dieser Stelle, dass es erstens kein einheitliches empirisch validiertes Konzept zur Berufssprache von Fremdsprachenlehrkräften gibt, stattdessen aber verweisen zahlreiche Einzeluntersuchungen auf individuelle Foki auf Berufssprache(n), die nebeneinander bestehen. Zweitens ist es bemerkenswert, dass in den bildungspolitischen Dokumenten, die die Grundlage für die Lehrkraftausbildung legen, nur ein sehr rudimentäres, noch dazu auf veralteten Sprecherkonzepten beruhendes Profil für die Berufssprache existiert. Beide Tastbestände belegen, dass in Bezug auf die Konzeptualisierung noch Handlungsbedarf besteht, vor allem auch, wenn in der Fremdsprachenlehrkräfte-Ausbildung schon früh und nachhaltig mit einer Förderung der Berufssprache(n) begonnen werden soll. Eine Operationalisierung des Begriffs der Berufssprache ist also zum einen nötig, um Transparenz zu schaffen bezüglich ihrer Teilkompetenzen, zum zweiten fordert eine berufliche Professionalisierung von Fremdsprachenlehrkräften auch, die wichtigsten Teilkompetenzen der Berufssprache in der ersten und zweiten Phase der Lehrkraftausbildung angemessen zu berücksichtigen. Dass dies heute bei weitem noch nicht realisiert wird, stellen Legutke, Schart und Saunders (2022), Alexander (2020) und andere fest. Unbestritten macht die auf Interaktion angelegte Unterrichtssprache (classroom discourse competence) der Lehrkraft den größten Teil dieser Kompetenz aus. 2 Wie oben dargestellt, speist sie sich maßgeblich aus einem komplexen Zusammenspiel der L2-Sprachkompetenz, dem inhaltlichen Fachwissen, dem fachdidaktischen Wissen und dem pädagogischen Wissen der Lehrkraft (vgl. Thomson 2022, 41). 1 Etwas anders stellt sich das Bild in einem internationalen Dokument zur Lehrpersonenausbildung dar - im EPOSTL, dem europäischen Portfolio für angehende Lehrkräfte. In den sieben Kapiteln der Selbstbeurteilung, Kontext, Methodik, Ressourcen, Unterrichtsplanung, Durchführung einer Unterrichtsstunde, Selbstständiges Lernen und Beurteilung des Lernens (Newby et al. 2010, 6) wird die Berufssprache in jedem Kapitel und in den meisten Deskriptoren mit Teilkompetenzen angesprochen. 2 Ausgeblendet werden an dieser Stelle die außerunterrichtlichen Aspekte der Berufssprache, die Lese-, Verstehens- und Hörkompetenz, die eine adressatengerechte Textwahl ermöglicht; die fachsprachliche Kompetenz, die fachliche Diskussionen in der L1 und L2 auf Konferenzen und die Rezeption der Fachliteratur ermöglicht sowie die sprachliche Kompetenz, die es ermöglicht, erfolgreich Schüleraustausche, Kooperationen mit internationalen Schulen und Web-Auftritte durchzuführen. 24 Ich möchte im folgenden Abschnitt meines Statements nun einen inhaltlichen Aspekt des Fremdsprachenunterrichts herausgreifen, der bei der Konzeptbeschreibung der Berufssprachen meist übersehen wird, den interkulturell ausgerichteten Unterricht mit literarischen Texten und Medien. Es gibt nur wenige Aufsätze zur Berufssprache in diesem inhaltlichen Bereich des FU, der sich maßgeblich von anderen Unterrichtsinhalten absetzt (z.B. Burwitz- Melzer 2004; Baier/ Brehm 2022) In einem interkulturell, literarisch und medial anspruchsvollen Unterricht müsste ein Schlaglicht aber auch auf zusätzliche sprachliche Kompetenzen der Lehrkraft gerichtet werden, die sich bisher nicht in der Fachliteratur zu Berufssprache(n) finden lassen; dies sind die folgenden: 1. kulturelle Kompetenz 2. interkulturelle Kompetenz 3. rezeptionstheoretisch orientierte Diskurskompetenz 4. mehrsprachige Kompetenz 1. Eine kulturelle Teilkompetenz der Berufssprache ist immer dann erforderlich, wenn es um das kulturelle Verstehen des Unterrichtsmediums oder -textes geht, um seine Präsentation und Bearbeitung im Unterricht sowie um eine Operationalisierung der Arbeitsschritte in Übereinstimmung mit den Bildungsstandards. Sie ist unerlässlich, wenn die Gelenkstellen der Erarbeitung, die Aufgabenstellungen entworfen werden. Diese Unterrichtsequenz zeigt, dass eine Aufgabenstellung eine gut durchdachte, vor allem auch kulturell sachkundige Formulierung benötigt, wie hier zu Beginn der Einheit mit dem Bilderbuch Cheyenne Again von Eve Bunting (1995) in einer 7. Realschulklasse. Es beschreibt die Erlebnisse eines Indianerjungen in einem “Indianerinternat” im ausgehenden 19. Jahrhundert 3 . 12: 36 L Now please take out a piece of paper and write down (hält fünf Finger hoch) five words . five words that come to your mind when you hear the word 'Native American'. .. OK? ... (hält 5 Finger hoch) five words L gibt Impuls zu task 2a S (packen aus, reden durcheinander) L in English . sure L legt Sprache fest S Fünf Wörter . zu Native American . wiederholt task S 1 Frau R. . Was solln wir machen? L (zu S 1 ) five words (Geste) S 2 Zu was? L (Geste zur Tafel) Native American . when you hear the word Native American . five words 3 Die Erzählung beruht im Kern auf historischen Gegebenheiten, da unter dem Motto “From Savagery into Civilization” um 1880 etliche Internate christlichmilitärischen Zuschnitts für Native Americans errichtet wurden. 25 S 1 Was heißt denn 'native' L geboren L übersetzt Native American kulturell unangemessen S 1 Ach so . geborener Amerikaner übersetzt Native American falsch / = Missverständnis L Mhm akzeptiert falsche Übersetzung (! ) S x geborener Amerikaner wiederholt falschen Begriff auf Deutsch S 5 (an S 4 gewandt) Was heißt das? Frage nach Begriff S 4 (zu Nachbarn) geborener Amerikaner Wiederholt falschen Begriff auf Deutsch Abb. 1: Unterrichtssequenz aus Burwitz-Melzer (2003, 288) In diesem kurzen Unterrichtsmitschnitt wird deutlich, dass die falsche Weichenstellung entsteht, als die Lehrkraft den Begriff Native American nach einer spontanen Schülerfrage eben nicht mit ‘Indianer’ oder ‘amerikanische Urbevölkerung’ übersetzt, sondern für native nur das Wort ‘geboren’ angibt. Sprachliches und kulturelles Missgeschick oder Unvermögen sorgen dafür, dass etlichen Schülerinnen und Schülern der Bezug zwischen Native Americans und Indianern, Indien (! ) und Amerika, USA und weißer Bevölkerung nicht ganz klar wird, sie haben für den Rest der mehrstündigen Einheit nur eine vage Vorstellung davon, wie diese Begriffe zu verstehen sind, ein Manko, das später an verschiedenen Stellen der Bearbeitung des Bilderbuchs eine die Sinnkonstitution verhindernde Rolle spielen wird (vgl. Burwitz-Melzer 2003, 281-320). 2. Auch die interkulturelle Kompetenz muss eine enge Verbindung zur Berufssprache eingehen. Sie ist unabdingbar, wenn es im Unterricht um interkulturell sensible Themen wie Einwanderung oder Rassismus behandelt werden (vgl. Bredella 1987) und wenn in der Klassengemeinschaft verschiedene Kulturen konstruktiv miteinander arbeiten sollen. Sie lenkt das Gespräch sensible auf kulturvergleichende Faktoren und hilft die Lernenden vor allzu vorschnellen Urteilen über Charaktere und ihre Werte zu schützen. 3. Zu kurz gedacht sind auch die bisher untersuchten Funktionen der Berufssprache, die in den meisten Publikationen mit instruction, classroom management, support und social interaction angegeben werden (vgl. z.B. Deters-Philipp 2018), die eher von einem pragmatisch-kommunikativen Fremdsprachenunterricht ausgehen. Keine Berücksichtigung findet in diesen Konzepten die ganz spezielle Kompetenz zum schülerzentrierten literarischen Unterrichtsgespräch und zu Diskussionen, die sich mit komplexen Medien und Texten beschäftigen, also im Sinne einer Rezeptions-ästhetik nicht dem 26 IRF-Schema folgen, sondern eine ergebnisoffene Kommunikation anstreben und damit über Instruktion weit hinausgehen (vgl. hierzu Bredella 1987; Nissen 1992; Jäkel 2001). Auch in solchen Gesprächen ist die Lehrkraft facilitator, Motor des Gesprächs, sprachliches Vorbild, Lernprozess-Auslöser, Medienmanager und Kulturvermittler (vgl. Burwitz-Melzer 2004), aber sie tritt als Mittelpunkt des Diskurses zurück und wird zu einem am Gespräch teilnehmenden Mentor (vgl. Burwitz-Melzer 2004, 247). Solche literarischen Unterrichtsdiskurse müssen durch eine kompetente und inhaltlich präzise Gesprächsführung der Lehrkraft angeleitet und in Gang gehalten werden, ohne die Lernenden und ihr sprachliches Können aus dem Blick zu verlieren. Dabei ist es zum einen wichtig im Unterricht zu signalisieren, dass Schülerinnen und Schülern eine eigene Sinnkonstitution gestattet wird, gleichzeitig aber dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht durch allzu ambitionierte Thematiken oder Aufgabenstellungen überfordert werden, die nicht ihrem Sprachniveau entsprechen und die Rezeption so verhindern. Gerade beim Umgang mit literarischen Texten spielen das soziale und das interkulturelle Klima in der Klasse - und dies beinhaltet die Beziehung der Lernenden untereinander wie auch die Beziehung zwischen Lehrkraft und Lernenden - eine maßgebliche Rolle, da rezeptionsästhetische Prozesse auch im Keim erstickt oder ausgebremst werden können (vgl. Benz 1990; Burwitz-Melzer 2003; 2004). Benz stellt sogar die Hypothese auf, dass die „normierende Bedeutung des Englischlehrers“ (1990, 19) beim Umgang mit Literatur im Fremdsprachenunterricht noch größer sei als die der Lehrperson im Deutschunterricht, da Lernende sich wegen ihrer sprachlichen Schwierigkeiten eher am Textverständnis der Lehrkraft orientierten. Das Autoritätsverhältnis zwischen Lehrkraft und Lernenden kann noch ein Weiteres dazu tun, die individuelle, emotionale und spontane Reaktion auf den Text zu unterdrücken und eine vorschnelle Anpassung an die Lehrermeinung zu fördern. So könnten im Bermuda-Dreieck „Schüler-Lehrkraft-Text“ im fremdsprachlichen Literaturunterricht im negativen Fall wichtige Aspekte der Sinnkonstitution und Ambivalenz verloren gehen oder unterdrückt werden, wenn die Lehrkräfte sich über die Auswirkungen ihrer Berufssprache nicht genau im Klaren sind, Gespräche nicht adaptiv führen können und Lernende vorschnell auf eine gemeinsame enggeführte Interpretation hinleiten (vgl. hierzu ausführlich Burwitz-Melzer 2004, 283-296). Eine solche Funktion der Berufssprache könnte als rezeptionsästhetisch ausgerichtete Diskurskompetenz bezeichnet werden 4 . 4 Als wenig zielführend erscheinen mir deshalb die Vorschläge zu prompts als scaffolding für den fremdsprachlichen Literaturunterricht, wie sie von Baier und Brehm in einem erst kürzlich erschienenen Aufsatz dargestellt werden. Diese Satzanfänge, die Lernenden ein sprachliches Gerüst vorgeben, um sie zum Sprechen zu animieren, verhindern mit der bereits erfolgten Festlegung ein offenes Unterrichtsgespräch (Baier/ Brehm 2022, 89-100). 27 4. Als letzten wichtigen Faktor möchte ich den Einbezug weiterer Fremdsprachen im Literaturunterricht nennen, der in den letzten zwanzig Jahren in vielen Kinder- und Jugendbüchern und auch in fiktionalen Texten für Erwachsene zugenommen hat (vgl. z.B. Rösch 2021, 17-40). Dies liegt begründet in einer zunehmenden Wahrnehmung von Migration und Mehrsprachigkeit, Mehrkulturalität und Interkulturalität, die durch den Einsatz verschiedener Sprachen in den fiktionalen Texten ausgedrückt und unterstrichen werden soll. Lehrkräfte, die diese Mehrfachkodierung durch eine mehrsprachige Berufssprachenkompetenz nicht angemessen im Unterricht berücksichtigen können, sind nicht in der Lage, sich und anderen diese Texte zu erschließen. Für den fremdsprachlichen Literaturunterricht muss also gelten, dass er eigentlich ein erweitertes Konzept der Berufssprache(n) benötigt, das auch eine kulturelle und interkulturelle Kompetenz, eine rezeptions-ästhetisch orientierte Kompetenz und eine Mehrsprachigkeitskompetenz neben den bereits ausführlich besprochenen Teilkompetenzen berücksichtigt. Die classroom discourse competence ist damit multidimensional und hochkomplex und aus der Sicht des interkulturellen und kulturellen, des mehrsprachigen sowie literarischen Lernens noch facettenreicher als in der Fachliteratur zumeist beschrieben. Es muss festgestellt werden, dass es das eine, schlüssige und alle hier genannten Facetten berücksichtigende Berufssprachenkonzept für Fremdsprachenlehrkräfte bisher noch nicht gibt. Besonders die qualitative Unterrichtsforschung könnte an dieser Stelle ansetzen und mit Videografie und Interviewstudien zu einer besseren Beschreibung des Berufssprachenkonzepts von heute maßgeblich beitragen. Es leuchtet ein, dass die wichtige professionelle Kernkompetenz der Berufssprache(n) sich nicht allein durch Wissen oder Erfahrung erwerben lässt, sondern prozessbezogen und für unterschiedliche Unterrichtsinhalte betrachtet und durch Reflexion gestützt gefördert werden muss. Dabei sollte genau unterschieden werden 1. welche Teilkompetenzen der Berufssprache(n) in der ersten Phase bzw. in der zweiten Phase ins Bewusstsein der auszubildenden Lehrkräfte gerückt und gefördert werden sollen und 2. mit welchen Methoden dies am besten bewerkstelligt werden kann. Microteaching und eine genaue Reflexion von zentralen Gelenkstellen im Unterrichtsdiskurs wie zum Beispiel Aufgabenstellungen und Feedback sollten bereits in die erste Phase integriert werden, spontane Teilkompetenzen der Berufssprache(n), die vor allem das social management betreffen, können erst in situ genauer erlernt und reflektiert werden. Dabei können Gespräche in Seminaren, das Betrachten von Unterrichtsmitschnitten, das Reflektieren des eigenen Unterrichts beim action research und ein phasenübergreifendes Lehramtsportfolio helfen, 28 ein Kontinuum in der Entwicklung der Berufssprache(n) zu dokumentieren und immer wieder ins Bewusstsein zu rücken. Alexander, Robin (2020): A Dialogic Teaching Companion. London/ New York: Routledge. Baier, Jochen/ Brehm, Emily (2022): „Prompts as a Means of Scaffolding Literary Discourse“. In: Thomson, Katrin (Hrsg.) (2022): Classroom Discourse Competence: Current Issues in Language Teaching and Teacher Education. Tübingen: Narr, 89-104. Bailey, Kathleen(1996): „The best laid plans: teachers‘ in-class decisions to depart from their lesson-plans“. In: Bailey, Kathleen/ Nunan, David (Hrsg.): Voices from the Language Classroom. Cambridge: Cambridge University Press, 15-40. Benz, Norbert (1990): Der Schüler als Leser im fremdsprachlichen Literaturunterricht. Tübingen: Narr. 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Daniela Caspari Begleitseminar zum Praxissemester WS 2022/ 23: Wie in allen Durchgängen wählten einige Studierende als Gegenstand ihres „Mini-Beobachtungsprojektes“ den Sprachgebrauch der Lehrpersonen im Klassenzimmer. In Tandems oder Tridems beobachteten sie anhand eines selbst erstellten Beobachtungsbogens den Sprachengebrauch (Französisch, Deutsch, ggf. andere Sprachen) in mindestens drei Unterrichtsstunden pro Student: in, sie analysierten ihre Ergebnisse, interpretierten sie mit Hilfe fachdidaktischer Literatur und geben ihren Kommiliton: innen nun Handlungsempfehlungen. Die Beobachtungsergebnisse aus insgesamt 15 Unterrichtsstunden in der zweiten Fremdsprache Französisch in der Sekundarstufe I an fünf verschiedenen Schulen lauten zusammengefasst: •• In keiner beobachteten Stunde wurde nur Französisch verwendet, mehrere Lehrkräfte benutzen Deutsch als vorrangige Unterrichtssprache. • Französisch wird meist bei schriftlichen Äußerungen (z.B. Tafelanschrieb) und bei Aufgabenstellungen verwendet, bei letzteren wird häufig zusätzlich ins Deutsche übersetzt. • Deutsch wird für Erläuterungen zur Grammatik und für das Classroom Management, insbesondere für das Ermahnen der Schüler: innen, verwendet. • Der Anteil der Zielsprache sinkt im Verlauf der einzelnen Stunden. • Sprachwechsel werden nur sehr selten markiert. • Das Ausmaß des Französischgebrauchs scheint nicht primär vom sprachlichen Niveau der Lerngruppe, sondern eher von der Lehrperson abzuhängen. • Alle von den Studierenden beobachteten Lehrpersonen gaben im Gespräch an, dass der Unterricht größtenteils in der Zielsprache geführt werden sollte. Die Befunde der Studierenden ähneln denen der vorangegangenen Jahre, wobei der Eindruck, „seit Corona“ werde im Unterricht noch mehr Deutsch 32 gesprochen als zuvor, auch von einigen der beobachteten Lehrer: innen selbst angeführt wurde. Für die Ausbildung von Lehrer: innen ist nicht nur dieser Einblick in die schulische Praxis von Interesse. 1 Genauso interessant sind m.E. die Reaktionen der Studierenden auf ihre eigenen Beobachtungen: Nachdem sie in der das Praxissemester begleitenden Seminarsitzung anhand einschlägiger Publikationen referiert haben, dass „die Fachdidaktik“ einen weitgehend zielsprachigen Unterricht empfehle bzw. einfordere und dass dies den unterrichtenden Lehrer: innen durchaus bewusst sei, liegt der Schwerpunkt ihrer Ausführungen auf den Gründen, warum Lehrer: innen im Französischunterricht so viel Deutsch verwenden. In diesem Jahr wurde u.a. angeführt: Verständnissicherung und Schaffung von emotionaler Sicherheit für die Schüler: innen, Unwillen der Schüler: innen, Zeitdruck, das Stundenbzw. Jahrespensum zu schaffen, ein Automatismus, nach Schüleräußerungen auf Deutsch als Lehrperson im Deutschen zu verbleiben, sowie vermutete fremdsprachliche Unsicherheiten der Lehrpersonen. Außerdem gebe es offenbar Bereiche, die standardmäßig auf Deutsch unterrichtet würden, insb. die Vermittlung von Grammatik und organisatorische Absprachen. Obwohl eine der von den Studierenden beobachteten Lehrerinnen mit der L1 Deutsch bereits im 1. Lernjahr (7. Klasse) ganz überwiegend Französisch sprach, diente ihnen ein L1-französischsprachiger Lehrer mit hohen deutschsprachigen Unterrichtsanteilen offenbar als „Kronzeuge“ dafür, dass zielsprachiger Unterricht in der Praxis der Sekundarstufe I - im Unterschied zur Sekundarstufe II - kaum sinnvoll bzw. möglich sei. Auf mich wirkte es in dieser Seminarsitzung - wie schon öfter zuvor - so, als ob die (allermeisten) Studierenden sich kritiklos die Perspektive der Lehrpersonen zu eigen machten, denn ich spürte von ihnen sehr viel Verständnis und so gut wie keine Kritik am beobachteten Verhalten. Und obwohl anhand der Beobachtungsdaten für die erwähnte 7. Klasse ein positiver Zusammenhang zwischen dem Zielsprachengebrauch der Lehrperson und dem der Lerngruppe festgestellt wurde, diente dies weder den Referent: innen noch der Gruppe als Anstoß, über entsprechende Möglichkeiten der Unterrichtsführung nachzudenken. Vielmehr erschien es mir, als ob die meisten Studierenden das geschilderte Verhalten der beobachteten Lehrpersonen als realitätsangemessen empfanden. Auch als ich die Wechselbeziehung zwischen dem Sprachgebrauch der Lehrperson und dem der Schüler: innen gezielt ansprach, problematisierte niemand das offenbar stillschweigende Einverständnis, we- Offenbar wird nicht nur im Französischunterricht in hohem Maße auf Deutsch in der Funktion als Hilfssprache zurückgegriffen. Kolleg: innen berichten auch aus anderen Universitäten und für andere romanische Sprachen von ähnlichen Beobachtungen, so dass hier möglicherweise ein spezifisches Problem der 2./ 3. Fremdsprachen vorliegt (vgl. auch die Beobachtungen für Russisch von Mehlhorn in diesem Band). 33 der die Schüler: innen noch sich selbst durch zuviel Französisch zu überfordern. Ich möchte in diesem Beitrag an der Beobachtung ansetzen, dass viele Studierende es offenbar als natürlich erachten, hohe Anteile des Französischunterrichts auf Deutsch zu bestreiten, wobei das Deutsche i.d.R. nicht als bewusst eingesetzte Kontrastsprache, sondern als „Hilfssprache“ fungiert. Im Folgenden werde ich zunächst fachdidaktische Überlegungen zum Stellenwert der Zielsprachenverwendung im Unterricht und zu den Spezifika der Unterrichtssprache darstellen (Abschnitte 2 und 3). Anschließend suche ich nach Gründen für die geschilderte Situation (Abschnitt 4) und stelle erste Überlegungen an, wie darauf reagiert werden könnte (Abschnitt 5). Dabei konzentriere ich mich auf den Sprachgebrauch im Klassenzimmer (teacher talk) und lasse die vielen anderen Aspekte der Berufssprache von Lehrpersonen (vgl. Wipperfürth 2015) außen vor. Selbstverständlich stellt die Zielsprachenverwendung durch die Lehrperson nur einen von vielen Faktoren für erfolgreiches Fremdsprachenlernen der Schüler: innen dar. Nichtsdestotrotz ist sie im institutionellen Fremdsprachenunterricht weiter ein zentraler Faktor, auch wenn dank außerschulischer Lernorte und digitaler Lerngelegenheiten die Unterrichtssituation selbst heutzutage nicht mehr „die einzige ‚echte‘ Kommunikationssituation darstellt, über die der institutionelle Fremdsprachenunterricht verfügt“ (Voss 2006, 61). Der Kommunikationsstil der Lehrperson, ihr persönlicher Umgang mit der Fremdsprache besitzt jedoch nicht nur im Anfangsunterricht weiterhin „Modellcharakter“ sowohl für das Fremdsprachenlernen der Schüler: innen, als auch für ihre Identifikation mit der Fremdsprache „und deren Integration in die eigene Identität“ (Doff/ Klippel 2007, 177). n den durch die audiovisuelle Methode geprägten Unterrichtskonzepten der 1970er Jahre wurde ein konsequenter Zielsprachengebrauch angestrebt, zum einen durch ausgedehnten Medieneinsatz, zum anderen durch stark steuernde Vorgaben für das Sprachverhalten der Lehrperson. 2 Auch im kommunikativen Ansatz der 1980er Jahre wurde weitgehende Einsprachigkeit angestrebt (vgl. Schwerdtfeger 1983, 163). Dass der Gebrauch standardisierter classroom phrases jedoch nicht ausreiche, Schülerinnen und Schüler auf den „sprachlichen Ernstfall“ vorzubereiten, mahnte ein anonymer Verfasser bereits im Jahr 1990 (Didaktilus 1990, 25). Er fordert eine an der zielsprachlichen Realität orientierte Sprachverwendung und regt dazu an, auch die 2 Vgl. z.B. die Hinweise in der Lehrerhandreichung zum Lehrwerk Méthode Orange (Wendt 1980, u.a. 6, 9, 71, 131). 34 Kommunikation außerhalb der Arbeit mit dem Lehrwerk in der Zielsprache zu führen, weil sie hier „sehr nahe an den realen Verwendungsmodi benutzt“ werde (ebd., 26). Dasselbe mahnt Voss (2006, 60) an: Ein Fremdsprachenunterricht, der die Entwicklung einer kommunikativen Kompetenz der Lernenden zum Ziel hat, muss daher ein vitales Interesse daran haben, die Fremdsprache für möglichst alle Aspekte der im Unterricht anfallenden sprachlichen Interaktionen einzusetzen“ (Voss 2006, 61). In ihrer Literaturstudie zu den Effekten des Zielsprachengebrauchs auf das Lernen der Schüler: innen schlussfolgern Tammenga-Helmantel et al. (2016, 32-33), dass strikt einsprachiger Unterricht sich insbesondere positiv auf das Lesen und Hörverstehen, die Motivation und das Klassenklima auswirke sowie zu einer schnelleren Progression beitrage. Gleichzeitig verbreitete sich das Prinzip der „aufgeklärten Einsprachigkeit“, mit dem Butzkamm (1973; 1990) insbesondere den Gebrauch des Deutschen in Phasen der Semantisierung bzw. Verständnissicherung von Wortschatz bezeichnet. Der Begriff wurde jedoch rasch für jeglichen Gebrauch des Deutschen im Unterricht verwendet, so dass in bewusster Abgrenzung davon eine reflektierte, auf spezifische Situationen beschränkte Nutzung der Schulsprache als „funktionale Einsprachigkeit“ bezeichnet wurde. Für eine solche „planvolle Mitverwendung der Schulsprache“ Tammenga-Helmantel et al. (2016, 33) z.B. in bestimmten Unterrichtsphasen, in allgemein-organisatorischen, fachdidaktischen und sozialen Bereichen des Unterrichts, spreche, wie die Literaturschau der Autor: innen (ebd., 33-36) nahelegt, eine mögliche Effektivierung des Unterrichtsverlaufs, die Verständnissicherung auf Schülerseite, die „Naturgegebenheit“ (ebd., 34) des Gebrauchs der Muttersprache bei der Lösung (linguistischer) Probleme sowie die Unterstützung des persönlichen Kontakts zwischen Lehrperson und Lernenden. Caspari und Schädlich (2020, 40-45) plädieren in Weiterführung der Überlegungen zur funktionalen Einsprachigkeit für eine „reflektierte Mehrsprachigkeit“ im Klassenzimmer, d.h. für einen Sprachengebrauch, der lebensweltlich und schulisch erworbene Mehrsprachigkeit als Voraussetzung, als Unterrichtsgegenstand, als Unterrichtsdiskurs sowie als Ziel des Fremdsprachenunterrichts betrachtet und entsprechend verwendet. Gleichzeitig plädieren sie dafür „im Französischunterricht so viel Französisch zu verwenden wie überhaupt möglich“ (ebd., 45) 3 ; . Tammenga-Helmantel et al. (2016) begründen dies für den DaF-Unterricht in den Niederlanden wie folgt: Dabei ist zu bedenken, dass für niederländische Schüler der sprachliche Input für Deutsch auf das Klassenzimmerangebot beschränkt bleibt. Anders als vor etwa 40 Jahren, als der Fernseher nur zwei niederländische und drei deutsche 3 Vgl. hierzu auch die Empfehlungen der Europäischen Kommission von 2001, wiedergegeben in Stiefel Amans/ Greder-Sprecht 2009, 53, Anm. i) 35 Programme bot, hat das mediale Angebot deutlich zugenommen und sich zugunsten von Englisch internationalisiert. Inzwischen sind Lehrer dafür verantwortlich, dass sie genug Deutsch sprechen und ihren Schülern den erforderlichen Input liefern (Tammenga-Helmantel et al. 2016, 36). Mir erscheint dieser Aspekt für den Unterricht in den 2./ 3. Fremdsprachen, sofern er sich nicht an Herkunftssprachensprecher: innen oder bilingual aufgewachsene Schüler: innen richtet, zentral. Der Unterricht ist - anders als für das Englische - trotz der zu Beginn genannten außerschulischen und medialen Lerngelegenheiten in der Regel der einzige Ort, an dem die Fremdsprachenlerner: innen mit der Fremdsprache in Kontakt kommen. Zudem haben sie deutlich weniger Lernzeit, um am Ende der Sekundarstufe I die gleichen Standards zu erreichen wie die Lerner: innen der 1. Fremdsprache (in Berlin/ Brandenburg z.B. ist für die 2. Fremdsprache die Hälfte, für die 3. Fremdsprache nur ein Drittel der Zeit der 1. Fremdsprache vorgesehen). Ein Unterricht, der diese begrenzte Zeit nicht für die Ausbildung und Anwendung produktiver kommunikativer Kompetenzen in der Zielsprache nutzt, droht, von den Schüler: innen am Ende der Pflichtbelegungszeit und damit vor dem Erwerb vertiefter fremdsprachiger Kompetenzen abgewählt zu werden (vgl. zuletzt die Ergebnisse der Studie von Fritz 2020). Dass nicht nur Quantität, sondern auch Qualität und Funktionalität des teacher talk einen bedeutsamen Einfluss auf den Lernzuwachs der Schüler: innen hat, wurde empirisch nachgewiesen. Thomson (2020, 4) stellt mit Verweis auf Walsh (2006) fest: Je stärker die classroom discourse-Kompetenzen einer Englischlehrkraft ausgeprägt sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass durch unterrichtliche Interaktionsprozesse Lerngelegenheiten geschaffen werden, von denen die Schüler/ innen im Hinblick auf ihren Sprachlernprozess profitieren können. Dabei kommt dem teacher talk (oder der „teacher language“ nach Doff/ Klippel 2006, 179) gleich mehrere Funktionen zu (vgl. im Folgenden Doff/ Klippel 2006, 181): 1. Instruktion, u.a. erklären, Aufgaben geben, Fragen stellen, Fehler korrigieren 2. soziale Interaktion, u.a. sich unterhalten, organisieren, Feedback geben, Disziplin aufrechterhalten 3. sprachliche Unterstützung leisten durch Paraphrasierung und Scaffolding. Für die Erfüllung dieser Aufgaben skizziert Müller (2015) im Anschluss an die Ländergemeinsamen Anforderungen der KMK (2019) folgendes Kompetenzprofil: 36 Das Kompetenzniveau der Französischlehrkraft sollte mindestens bei der Stufe C1 liegen und folgende Kompetenzbereiche abdecken: •• Linguistische Kompetenzen: lexikalische, grammatische, phonologische, orthografische Teilkompetenzen; • sozio-linguistische Kompetenzen: Höflichkeitskonventionen, Stil und Register, regionale und soziale Varianten; • pragmatische Kompetenzen: Diskurskompetenz, funktionale Kompetenz, Flüssigkeit und Genauigkeit des Ausdrucks; • Handlungskompetenz im Unterricht: Verfügen über sprachliche Mittel und Diskursmuster für die einsprachige Interaktion im Klassenzimmer, aber auch der sinnvolle Rückgriff auf die Muttersprache sowie die Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit; • interkulturelle Kompetenzen: Kommunikations- und Handlungskompetenz, Ambiguitätstoleranz [...] d.h. zusammenfassend die Fähigkeit, mit Menschen, die eine andere Sprache sprechen und in einem anderen kulturellen Kontext leben, zu kommunizieren und zu interagieren (Müller 2015, 106-107). Als Dimensionen der Lehrersprache macht Thaler (2012, 40-43) über das Kompetenzniveau und die oben unterschiedenen Funktionen fünf weitere Aspekte aus: Sprachwahl, Register, Adaptation, Quantität sowie Wartezeit. Bereits diese knappen Hinweise machen deutlich, dass sich teacher talk nicht auf ein hohes und ausdifferenziertes fremdsprachiges Niveau reduzieren lässt, sondern wesentlich mehr Spezifika beinhaltet, so dass er zumindest als ein „Sonderregister“ (Edmondson/ House 2006, 246), möglicherweise sogar als „professional language for teachers“ (Doff/ Klippel 2006, 186), also eine eigenständige fremdsprachige Fach- oder Berufssprache verstanden werden sollte. Von besonderer Bedeutung sind hierfür die Elemente, die für den Sprachlernprozess der Lerner: innen förderlich sein können (vgl. Thomson 2020). Kostrzewa (2009) stellt zu ausgewählten Aspekten wie Art der Fragen, Sprechtempo, Pausen oder Lehrerecho aus empirischen Untersuchungen abgeleitete „effektive und weniger effektive Methoden im Vergleich“ vor. Wie im Verlauf des Textes bereits deutlich wurde, gibt es vielfältige Gründe, warum Lehrpersonen im Fremdsprachenunterricht die Schulsprache der Schüler: innen verwenden. Dazu gehören neben pädagogischen, allgemeindidaktischen und fachdidaktischen Gründen auch schul- und unterrichtsorganisatorische Gründe sowie Gründe, die in der Person der Fremdsprachenlehrperson liegen, wie Unsicherheiten in der Zielsprachenbeherrschung oder eine gewisse Bequemlichkeit (vgl. Edstrom 2009; Tammenga-Helmantel et al. 2017; Stiefel Amans/ Greder-Specht 2009). 37 Ein meiner Beobachtung nach bislang weniger beachteter Grund liegt vermutlich „tiefer“, nämlich in den grundsätzlichen Überzeugungen und Haltungen der Lehrpersonen. So kommt die qualitative Untersuchung von Hermans-Nymark (2009) zu dem Schluss, dass die von Lehrpersonen verwendete Unterrichtssprache von ihren „beliefs about teaching and learning“ bestimmt sei: „The teachers’ beliefs are constructed, or culturally reproduced, out of their own experiences as learners and teachers and are reinforced by the beliefs of the school and also of the students“ (ebd., 10). Auch Chavez (2006) stellt in ihrer aufwändigen Fallstudie „a close match between the teachers’ views and practices“ fest (ebd., 86). Schellack (2019) kommt in ihrer deutsch-französischen Fallstudie zum Sprachwechsel in fremdsprachlichen Unterrichtssequenzen zu dem Schluss, dass „das pädagogisch-didaktische Handeln der Fremdsprachenlehrenden und damit der Umgang mit der Ausgangs- und der Zielsprache unbewusst durch Ausprägungen ihres Sprachlehrhabitus als sozialisatorisch erworbene Dispositionen geprägt ist, und dieser in unterschiedlich starkem Maße die vollkommene oder tendenzielle Ausrichtung an einer Ein- oder Zweisprachigkeit des Unterrichts beeinflusst“ (ebd., 189). Zu diesem Aspekt lohnen sicher weiterführende Untersuchungen, auch um Möglichkeiten zu entwickeln, wie ein wenig sprachförderlicher Sprachengebrauch von Lehrpersonen verändert werden könnte (zur diesbezüglichen Bedeutung von Reflexion vgl. Edstrom 2019; Thomson 2020). Wie dieser Beitrag zeigt, gibt es viele gute Gründe für einen qualitativ hochwertigen, funktionalen und - gerade in den 2./ 3. Schulfremdsprachen mit ihrer vergleichsweise kurzen Lernzeit - ausgedehnten Einsatz der Zielsprache durch die Lehrpersonen im Unterricht. Jedoch lassen die vorliegenden Untersuchungen zur Realität des fremdsprachlichen Klassenzimmers vermuten, dass Lehrpersonen in zahlreichen Situationen und zu einem erheblichen Anteil die Schulsprache Deutsch benutzen. Die Untersuchungen legen ebenfalls nahe, dass die damit einhergehenden Sprachwechsel häufig nicht bewusst und reflektiert erfolgen, sondern, dass es sich um Routinen sowie um durch die Situation veranlasste Ad-hoc-Reaktionen handelt, die stark von grundsätzlichen Überzeugungen und Haltungen der Lehrkräfte geprägt sein dürften. Somit dürfte sich teacher talk zum einen als ein vermutlich ergiebiger Zugang zur Erforschung und Bewusstmachung zentraler und - wie wir aus anderen Studien zum beruflichen Selbstverständnis wissen - überaus wirkmächtiger Überzeugungen und Haltungen von Lehrpersonen erweisen (vgl. u.a. Caspari 2003). Ich vermute in Bezug auf das hier behandelte Thema, dass die subjektiven Vorstellungen von Fremdsprachenlernen und -lehren der Lehrpersonen sowie die ihnen persönlich wichtigen Lehrziele von hoher Bedeutung für ihren tatsächlichen Zielsprachengebrauch sein könnten. So könnte 38 ein geringer Zielsprachengebrauch in Verbindung mit hohen Anteilen an grammatischer Instruktion und formaler Übung Ausdruck der persönlichen Überzeugung sein, dass sich Fremdsprachenunterricht primär dem Erwerb und der Anwendung des Sprachsystems („als Basis“) und erst sekundär der Einübung kommunikativer Kompetenzen widmen sollte. Ein ausgedehnter Gebrauch des Deutschen könnte ebenfalls ein Zeichen für eine instruktivistische Auffassung von Unterricht bzw. für eine hohe Bedeutung der Lehrerrolle „Wissensvermittler: in“ sein. Umgekehrt könnte ein ausgedehnter Gebrauch der Zielsprache Ausdruck der Überzeugung sein, Sprachen primär als Kommunikationsmittel zu betrachten. Eine solche Überzeugung könnte möglicherweise mit einer geringeren Bedeutung der Vermittlung von sprachlichem Wissen und einem geringeren Anspruch an die linguistische Korrektheit von Schüleräußerungen einhergehen. Zum anderen bestätigt die Untersuchung von Stiefel Amans und Greder- Specht (2009) die von den Studierenden geäußerte Vermutung, dass der Anteil des Gebrauchs der Zielsprache im Unterricht auch von der Beherrschung der Zielsprache durch die Lehrperson abhängt. Diese Untersuchung zeigt zudem, dass die Verbesserung des sprachlichen Niveaus (hier durch einen Auslandsaufenthalt) zu einer Erhöhung des Anteils am Zielsprachengebrauch im Unterricht führt bzw. zumindest führen kann. Für die Aus-, Fort- und Weiterbildung stellt sich daher die Frage, wie Studierende und Lehrpersonen darin unterstützt werden können, nicht nur ein hohes, breites und flexibles sprachliches Können in der Zielsprache, sondern gleichermaßen das Bewusstsein und das notwendige Wissen und für einen lernförderlichen Sprach(en)gebrauch zu entwickeln bzw. zu erhalten. Grundsätzlich erscheint es mir notwendig, überhaupt erst ein allgemeines Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Berufssprache von Lehrpersonen deutlich mehr umfasst als ein hohes Zielsprachenniveau und dass die gezielte und systematische Ausbildung der Berufssprache in der Universität beginnen muss. An kaum einer Universität aber gibt es spezielle Sprachlernangebote für angehende Lehrer: innen, die Studierenden besuchen zumeist allgemeine oder auf Studierende der Philologien hin konzipierte Sprachkurse. Gerade auf einem höheren Niveau liegt der Schwerpunkt der universitären Sprachausbildung jedoch i.d.R. nicht auf der Weiterentwicklung der für zukünftige Lehrer: innen zentralen flexiblen mündlichen Diskurskompetenz in unterschiedlichen Registern; auch, weil Fortschritte in diesem Bereich häufig von den - nicht überall obligatorischen - Auslandsaufenthalten erwartet werden. Für die romanischen Fremdsprachen besteht - anders als für das Englische - zudem das Problem, dass die Studierenden i.d.R. mit einem im Schnitt geringeren Eingangsniveau an die Universität kommen (an der Freien Universität Berlin z.B. wird für die romanischen Sprachen das Eingangsniveau B1 GeR verlangt, für Englisch war es lange Zeit C1, neuerdings B2). Dies ist - neben der sich als sprachenübergreifend verstehenden Tradition der deut- 39 schen Romanistik - ein Grund dafür, dass fachwissenschaftliche Veranstaltungen in den Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften in aller Regel auf Deutsch und, anders als im Englischstudium, nicht in der jeweiligen Zielsprache durchgeführt werden. Somit sind den Studierenden zahlreiche Lerngelegenheiten verschlossen. Diese Tradition führt auch dazu, dass die Fachwissenschaften bzw. die fachwissenschaftlichen Dozent: innen sich nicht für die sprachliche Ausbildung der Studierenden (mit-)verantwortlich fühlen, sondern dies vor allem der, häufig außerhalb des eigenen Institutes angesiedelten, Sprachpraxis und der Eigeninitiative der Studierenden überlassen. Aber auch in der Didaktik muss möglicherweise das Bewusstsein für die Notwendigkeit gestärkt werden, einen Beitrag zur Ausbildung der Berufssprache zu leisten, zumal der längere Schulkontakt durch die verlängerten Praxiszeiten - wie ich oben geschildert habe - wohl nur in Ausnahmefällen dazu führen dürfte, dass Studierende durch Modelllernen entsprechende Kompetenzen ausbilden. Es stellt sich daher die Frage und die große Herausforderung, wie diese Aufgabe trotz gegenläufiger Traditionen und institutioneller Grenzen angegangen werden kann. Ich denke, dass der Fachdidaktik aufgrund ihrer Expertise für fremdsprachliches Lernen und professionelle Entwicklung sowie ihrer Verbindungen zu den anderen Studienbereichen die Verantwortung dafür zukommt, sowohl bei Studierenden als auch bei den Vertreter: innen der anderen Studienbereiche das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer gezielten und systematischen Ausbildung der Berufssprache zu schaffen und zusammen mit den anderen Studienbereichen Vorschläge hierzu zu entwickeln. Ideal wäre es, wenn für die Studierenden über das gesamte Studium hinweg ein „Netz“ an Gelegenheiten zur Reflexion, zum gezielten Kompetenzerwerb und zur Erprobung von Berufssprache gespannt würde, das von der Sprachpraxis (Stichwort: Modelllehre) und der Fachdidaktik gemeinsam verantwortet würde. Und es wäre ideal, wenn die Fachdidaktik bei der Konzeption einer gezielten Ausbildung bzw. (Weiter-)Entwicklung von Berufssprache die zweite und dritte Phase gleich mitdenken würde. Durch die erweiterten digitalen Möglichkeiten „nach Corona“ könnten hierfür neue Formate und neue Formen der Zusammenarbeit auch über institutionelle und regionale Grenzen hinweg eröffnet werden. Butzkamm, Wolfgang (1973): Aufgeklärte Einsprachigkeit. Zur Entdogmatisierung der Methode im Fremdsprachenunterricht. Heidelberg: Quelle und Meyer. Butzkamm, Wolfgang (1990): „Die kompliziertere Lösung ist die richtige. Aufgeklärte Einsprachigkeit. Rückblick und Ausblick“. In: Der fremdsprachliche Unterricht 24/ 104, 4-17. Caspari, Daniela (2003): Fremdsprachenlehrerinnen und Fremdsprachenlehrer. Studien zu ihrem beruflichen Selbstverständnis. Tübingen: Narr. 40 Caspari, Daniela/ Schädlich, Birgit (2020): „Sprechförderung im Französischunterricht als Teil einer mehrsprachigkeitssensiblen Sprachbildung“. In: Küster, Lutz (Hrsg.): Prendre la parole. Reflexive und übende Zugänge zum Sprechen im Französischunterricht. Seelze: Kallmeyer in Verbindung mit Klett, 37-45. 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Die verwendeten Definitionen reichen von Wipperfürths (2015, 28) Bezeichnung der Berufssprache als Fachsprache, die dem „kritischen und bereichernden Austausch über Unterricht“ (ebd., 26) dient, bis hin zu Deters-Philipps (2018, 19) Beschreibung der Lehrersprache als Unterrichtsdiskurs (classroom discourse), der durch sprachliche Aufgaben und Routinehandlungen der Lehrpersonen im Unterricht gekennzeichnet ist. Im vorliegenden Beitrag wird die Berufssprache von Fremdsprachenlehrkräften in einem weiten Sinne als die Sprache definiert, die die genannte Personengruppe in der Ausübung ihres Berufes verwendet. Dazu zählen die Sprachvarianten, die Lehrerinnen und Lehrer im Unterricht, beim Sprechen über Fremdsprachenunterricht und in unterrichtsbezogenen Diskursen mündlich, schriftlich und multimodal verwenden 1 . Weitere Differenzierungen bei der Beschreibung der Berufssprache können z.B. nach linguistischen, interaktionalen, medialen, konzeptuellen und funktionalen Kategorien vorgenommen werden. Der Anspruch an die Berufssprache von Fremdsprachlehrkräften erhöht sich im Unterschied zu anderen Schulfächern dadurch, dass in allen professionsbezogenen Diskursen eine Doppelung der sprachlichen Kompetenz verlangt wird, da die Lehrperson sowohl in der Verkehrs- und Schulsprache Deutsch (im Folgenden vereinfacht L1) als auch in der jeweiligen Fremdsprache (im Folgenden vereinfacht als L2) agieren können muss. Da in der diesjährigen Frühjahreskonferenz der Schwerpunkt auf die Sprachverwendung im Fremdsprachenunterricht gelegt wird, werden im 1 Die Grenze zwischen dem Sprechen über Unterricht und in unterrichtsbezogenen Diskursen ist in der Realität fließend. In unterrichtsbezogenen Diskursen werden nicht der Fremdsprachenunterricht, sondern einzelne Lernende, ihre Lernergebnisse oder bildungspolitische Fragen thematisiert. 43 Folgenden professionsbezogene Sprachgebrauchssituationen außerhalb von Unterricht ausgeblendet (z.B. Rezeption und Diskussion von wissenschaftlichen Erkenntnissen in Fachzeitschriften oder auf Tagungen, Erörterung erzieherischer Fragen in Elterngesprächen, Absprachen mit Kolleg*innen zu schulinternen Curricula), auch wenn sie für die professionelle Berufsausübung als wichtig erachtet werden. Die Sichtung vorliegender Modellierungen der Lehrersprache im Fremdsprachenunterricht zeigt, dass diese Modellierungen zwar im Detail Unterschiede aufweisen, jedoch übereinstimmend zeigen, dass es sich um ein Konstrukt von außergewöhnlicher Komplexität handelt. Klippels (2003, 56) Diagramm zu classroom discourse enthält bereits 14 Bereiche, in denen Englischlehrkräfte über Kompetenzen zum sprachlichen Handeln verfügen sollen, z.B. eliciting, paraphrasing oder maintaining discipline. Dieses Modell greift Deters-Philipp auf und legt ein erweitertes „Referenzmodell classroom discourse“ mit den drei Funktionsbereichen support, social interaction und instruction (Deters-Philipp 2018, 87) vor 2 . Ein*e Fremdsprachenlehrer*in benötigt danach etwa 20 Teilkompetenzen, um zentrale Lehraufgaben und Unterrichtsroutinen sprachlich zu bewältigen. Jede der Teilkompetenzen - wie z.B. Scaffolding - kann in weitere Subkompetenzen und Techniken unterteilt werden (ebd., 108). Mit ähnlichem Ziel wie Deters- Philipp, nämlich der Konzeptualisierung von classroom discourse competence (CDC), schlägt Thomson (2022a, 45) ein Modell vor, das sieben Kategorien deklarativen Wissens über Unterrichtsdiskurs (classroom discourse knowledge) und drei Kategorien praktischer Handlungsfähigkeit (classroom discourse skills) umfasst. Letztere bestehen aus analytischen, antizipatorischen und adaptiven Fähigkeiten, welche die methodisch-didaktische Ausrichtung von Thomsons Ansatz betonen, in dem CDC bewusst als separat vom allgemeinen Sprachvermögen der Lehrperson konzeptualisiert wird. Von Walsh (2006) liegt die Matrix Self-Evaluation of Teacher Talk (SETT) vor, in der 23 Teilkompetenzen die Unterrichtsdiskurskompetenz modellieren (aufgelistet in Baumgart 2020, 84). Als letzten Beleg für die außergewöhnliche Komplexität von CDC sei noch auf Richards und Pun verwiesen, die allein den regulativen und instruktiven Funktionen des Unterrichtsdiskurses 26 Teilkompetenzen zuordnen wie z.B. „modelling the pronunciation of words and sentences“ oder „using transition words and phrases to signal closure of one activity and start of another activity“ (Richards/ Pun 2022, 136). 2 Klippel (2003) und Deters-Philipp (2018) beziehen sich auf den Englischunterricht an Grundschulen, aber das Referenzmodell kann auch auf andere Sprachen und Schulformen übertragen werden. 44 Aus der Vielzahl von Teilkompetenzen ragen zwei übergeordnete Fähigkeiten heraus, die für die Qualität von handlungsorientiertem Fremdsprachenunterricht bedeutend sind. Sie müssen im Laufe des Professionalisierungsprozesses mühevoll und zeitaufwändig entwickelt werden. Neue Studien (vgl. z.B. Engwall et al. 2022) zeigen zudem, dass technologisch hochentwickelte Sprachroboter über diese wichtigen Fähigkeiten (noch) nicht verfügen. Adaptiver Sprachgebrauch Unter adaptivem Sprachgebrauch sind zum einen die sprachlichen Anpassungsmaßnahmen zu verstehen, die eine Lehrperson ergreift, um z.B. durch lexikalische oder grammatikalische Vereinfachungen, Elementarisierungen oder lautliche Hervorhebungen den Input an das Sprachniveau der Lernenden anzupassen und dadurch Verstehen zu erleichtern und zu sichern. Damit Unter- und Mittelstufenlernende z.B. die Information „Alcoholic beverages may be purchased by any person aged 16 and above“ verstehen, kann die Lehrperson sie umformulieren: „Alcoholic drinks can only be bought by someone who is 16 or older.“ Zum anderen zählt die Erhöhung des eigenen Sprachniveaus und das Angebot synonymer Lexeme zum adaptiven Sprachgebrauch. Damit soll die bildungssprachliche Textproduktion der Lernenden gefördert werden. Beispielsweise kann die Lehrperson auf feine semantische Unterschiede zwischen terrifying, scary, alarming oder daunting, intimidating, spooky hinweisen und den Lernenden bewusst machen, dass sie z.B. die Wirkung eines furchteinflößenden Naturereignisses mit anderen Worten präziser ausdrücken können als mit einem unspezifischen bad. Gerade bei der Bearbeitung intellektuell und emotional anspruchsvoller Themen wie z.B. mass extinction of wildlife oder antisemitism, die eine Erarbeitung in freieren und offenen Unterrichtsphasen erfordern (vgl. auch Deters-Philipp 2018, 424), müssen Fremdsprachenlehrkräfte bei den Lernenden die sprachlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass diese selbstbestimmt und kritisch an gesellschaftlich relevanten Diskursen partizipieren können. Die Lehrperson ist hier sowohl als Sprachvorbild gefordert als auch als Gestalterin der Lernumgebung, die Semantisierungs- und Umwälzungstechniken gezielt einsetzt, Hilfsmittel bedarfsgerecht empfiehlt und Aufgaben verständlich formuliert. Der adaptive Spracheinsatz ist nur bis zu einem gewissen Punkt planbar. Um spontan auf Bedürfnisse und Äußerungen der Lernenden reagieren zu können, ist Flexibilität im Ausdruck gefordert, was wiederum eine hohe fremdsprachliche Kompetenz voraussetzt, z.B. wenn in der mündlichen Interaktion rasch nach einem verständlichen Synonym gesucht wird. Impulsgebender Spracheinsatz Mit impulsgebendem Spracheinsatz sind Fragen, Aufforderungen, Anregungen, Aufgabenstellungen, eben all jene Impulse gemeint, die bei den Lernen- 45 den die Sprachproduktion und Sprachreflexion inhaltlich anregen und fördern sowie einen Raum für vielfältige Interaktion schaffen. Die hohe Bedeutung dieser Teilkompetenz leitet sich aus der Überzeugung ab, die Appel (2016, 25) wie folgt formuliert: „Lehren heißt, Teilnahmestrukturen in der Unterrichtssituation klug und adressatengerecht zu entwickeln“. Diese Teilkompetenz ist eng mit dem adaptiven Sprachgebrauch verknüpft, bezieht sich aber speziell auf die Fähigkeit, in der Fremdsprache Denkanstöße zu geben, Gesprächsanlässe zu schaffen, auch offene Gespräche themenzentriert zu führen, Gruppenarbeit und Diskussionen anzuleiten. Sie erfordert z.B. gute Kenntnisse von Fragetypologien und Operatoren sowie fremdsprachliche Flexibilität, da der impulsgebende Spracheinsatz nur in einem gewissen Rahmen planbar ist. Auch für die Schaffung einer offenen Gesprächsatmosphäre ist es wichtig, dass die Lehrperson sich ungezwungen in der Fremdsprache artikulieren kann, Humor und Witz in das Gespräch einfließen lassen kann und sich empathisch zu den Beiträgen der Schüler*innen äußert. Eine Sprachkompetenz auf dem sogenannten near-nativeness Niveau erscheint dazu unerlässlich. Aus den vorangehenden Ausführungen wird ersichtlich, dass der L2- Kompetenz in der Bestimmung von Unterrichtsdiskurskompetenz große Bedeutung beizumessen ist. Deshalb kann ich mich der Darstellung von Thomson (2022a) in diesem Punkt nicht anschließen. Sie (2022a, 42) bezeichnet die allgemeine Fremdsprachenkompetenz zwar als Voraussetzung für die Entwicklung von CDC, betrachtet sie aber nicht als Teil von CDC („not as its defining feature“) und visualisiert CDC in einem Modell der professionellen Kompetenz von Fremdsprachenlehrkräften als separate Komponente, die sie zwischen fachdidaktischem Wissen und unterrichtspraktischem Lehrerhandeln verortet (ebd., 41). Sie schreibt daher nicht von fremdsprachlicher Diskurskompetenz, sondern fremdsprachenunterrichtlicher Diskurskompetenz (ebd., 52). Thomson verweist auf Kuster et al. (2017/ 2019) und Bleichenbacher et al. (2017), die zu Recht betonen, dass als Voraussetzung für das erfolgreiche Unterrichten von Fremdsprachen die Sprachkompetenz allein nicht ausreicht, sondern durch didaktisch-methodisches Wissen und Können ergänzt werden muss (z.B. Kuster et al. 2017/ 2019, 2). Wie jedoch die oben angeführten Beispiele zum adaptiven Sprachgebrauch zeigen, gilt dieser Vorbehalt in noch höherem Maße umgekehrt: Es reicht nicht aus, Wissen über adaptive Strategien zu besitzen, wenn die Lehrperson dieses Wissen nicht in Verbindung mit konkretem Sprachwissen und spezifischen Lexemen (vgl. beverages - drinks; bad - terrifying; critical - discerning) anwenden kann. 46 Dasselbe gilt für die Elementarisierung syntaktisch komplexer Formulierungen. Für die enge Verknüpfung von Zielsprachenkompetenz und explizitem Wissen über die Zielsprache einerseits und sprachlichem Handeln im Unterricht andererseits sprechen auch die Erkenntnisse, die Mehlhorn (2022, 108) aus der Begleitung und Erforschung von Schulpraktika von Lehramtsstudierenden gewinnt: „ (…) Unsicherheiten sprachlicher Art [wirken sich] auf das gesamte Lehrerverhalten aus (…)“. Beispielsweise werden Differenzierungsmöglichkeiten in der Fehlerkorrektur und beim Feedback entscheidend durch die Sprachkompetenz der Lehrperson bestimmt (vgl. ebd., 110). Das Verhältnis von allgemeiner Fremdsprachenkompetenz und CDC entspricht daher zwei konzentrischen Kreisen: Die hohe Fremdsprachenkompetenz macht den unverzichtbaren Kern aus, während sich die Unterrichtsdiskurskompetenz um diesen Mittelpunkt herum entwickelt und in beständiger Wechselwirkung mit ihm steht. Ausgangspunkt der theoretischen Einordnung ist in diesem Beitrag die allgemeine Theorie des gebrauchsbasierten Spracherwerbs, eine Theorie, in der das Entschlüsseln von Äußerungsabsichten (intention-reading) und Mustererkennung (pattern-finding) als die komplementär wirkenden Antriebe des komplexen Spracherwerbsprozesses verstanden werden (Tomasello 2003, 6). In Analogie dazu wird das Sprachlernen im institutionalisierten Fremdsprachenunterricht als ein handlungs- und interaktionsbasiertes Geschehen verstanden. Erfolgreiches Fremdsprachenlernen hängt demnach von bedeutsamer, absichtsvoller Interaktion, insbesondere von komplexen Aufgaben und für Lernende relevante Themen sowie vom reichhaltigen Sprachangebot ab. Zusätzlich sind bewusstmachende, formfokussierte Übungen und Feedback notwendig, da insbesondere die Mustererkennung (pattern-finding) unter anderen Bedingungen als beim Erwerb der Erstsprache stattfindet (z.B. geringere Dauer der Sprachbegegnung, geringerer Kommunikationsdruck, bereits abgeschlossene Phasen der erstsprachlichen, kognitiven und sozialen Entwicklung). Es steht daher außer Zweifel, dass der Lehrperson als Sprachvorbild, bei der Schaffung von interaktiven Sprachlerngelegenheiten und bewusstmachender Sprachreflexion eine hohe Verantwortung zukommt. Diese Verantwortung fällt umso größer aus, je jünger die Lernenden sind, da Grundschulkinder weniger Möglichkeiten haben, durch medialen Input und digitale Kommunikation Sprachbegegnungen außerhalb des Unterrichts aufzusuchen als ältere Schüler*innen oder Erwachsene. 47 Die Erkenntnisse aus der psycholinguistischen Forschung (vgl. z.B. Ellis/ Barkhuizen 2005, 5f.) legen zudem nahe, bei der theoretischen Erörterung der Berufssprache zwischen explizitem und implizitem Lernen zu unterscheiden. Für implizites, also beiläufiges, Lernen sollte die Lehrkraft mit ihrem eigenen Sprachgebrauch z.B. in phonologischer, lexikalischer und pragmatischer Hinsicht als motivierendes und gut verständliches Vorbild fungieren. Zudem sollte sie in der Lage sein, Vokabular systematisch nach den Kriterien „Frequency, Range, Vocabulary of interest or relevance to learners, Thematic continuity, Learnability, Availability“ (z.B. Milton/ Hopwood 2023, 84) auszuwählen, was wiederum sprachwissenschaftliche Kenntnisse voraussetzt und den bewussten Einsatz der eigenen Sprache zum Zweck des expliziten Lernens im Unterricht nach sich zieht. Im Folgenden werden drei potenzielle Forschungsansätze skizziert, deren Realisierungsmöglichkeiten insbesondere von der Finanzierbarkeit und den Durchführungsbedingungen in der Schulpraxis abhängen. Da die fremdsprachliche Kompetenz der Lehrenden oft als ein Schlüsselfaktor für die Qualität des Unterrichts angenommen wird (vgl. z.B. Bleichenbacher et al. 2017, 3; Richards et al. 2013), wäre es wünschenswert, die Auswirkungen auf die Sprachlernprozesse der Lernenden empirisch zu bestätigen. Aufgrund der Tatsache, dass sprachliches Lernen viel Zeit erfordert und im realen Unterrichtsalltag durch eine Vielzahl von teilweise schwer kontrollierbaren Faktoren beeinflusst wird, lassen sich die forschungsmethodologischen Herausforderungen entsprechender Projekte wohl nur in interdisziplinären Großstudien bewältigen. Für eine qualitative Untersuchung des Zusammenspiels zwischen dem fremdsprachlichen Können von Lehrenden und Lernenden könnten Erhebungen der Sprachkompetenz mit Beobachtungen bzw. Aufzeichnungen aus dem Unterricht sowie Befragungen der Beteiligten kombiniert werden. Bei einer entsprechend mikroskopischen Sicht auf das Interaktionsgeschehen könnten vermutlich nur Studien mit kleinen Fallzahlen über einen längeren Zeitraum und mit sprachwissenschaftlichen Analysemethoden durchgeführt werden. Da die Bedingungen schulischen Lernens zunehmend durch technologische Innovationen beeinflusst werden, stellt sich für Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen die Frage, ob diese Innovationen wie z.B. Übersetzungsprogramme wie DeepL oder OpenAI Textgeneratoren wie ChatGPT oder Sprachroboter das Fremdsprachenlernen verbessern können. In diesem Bereich sollte die Fremdsprachendidaktik darauf achten, dass ihre Forschung nicht durch die technologischen Innovationen an sich, sondern durch die 48 pädagogischen Ziele vorangetrieben wird (vgl. auch Engwall et al. 2022, 345). Insbesondere für die mündliche Interaktion weisen z.B. Sprachroboter (noch) gravierende Defizite auf. Ihnen fehlt die Fähigkeit, sich an das Sprachniveau von L2 Lernenden anzupassen, individualisiertes Feedback zu geben oder von Lernenden als relevant erachtete Themen aufzugreifen (vgl. Engwall et al. 2022, 344; 352ff.). Jenseits semantischer und syntaktischer Kenntnisse fehlt Computern zudem die Fähigkeit, menschliche Absicht zu verstehen und zu generieren (vgl. Shariatmadari 2020, 193). Die Bedeutung der Sprache der Lehrkräfte mag sich im Wandel befinden; durch Maschinen ersetzbar scheint sie nicht zu sein. Aus der vorangehenden Argumentation folgt, dass in der universitären Lehrkräftebildung besonderes Augenmerk sowohl auf die kontinuierliche Verbesserung und Aktualisierung der L2 Kompetenz angehender Lehrpersonen als auch auf die Kenntnisse über Spracherwerb, sprachdidaktische Ansätze und Strategien zur individualisierten sprachlichen Förderung der Lernenden gelegt werden muss. In enger Absprache zwischen den Lehrenden in der Sprachpraxis, der Fachdidaktik und der Sprachwissenschaft könnten z.B. Mehlhorns Empfehlungen (2022, 110) zur gezielten Arbeit an den fremdsprachlichen Kompetenzen der Studierenden, idealerweise mit berufsspezifischer Ausrichtung, angegangen werden. Auch Veranstaltungen zur Klassenführung in der Fremdsprache (vgl. L2 classroom management competence bei Thomson 2022b) sollten zum festen Lehrangebot in der Fachdidaktik oder ggf. der Sprachpraxis gehören. In den fachdidaktischen Lehrveranstaltungen sollte bei Seminaren mit literatur-, kultur- und medienwissenschaftlichem Schwerpunkt auf eine ausreichende Berücksichtigung sprachlicher und sprachdidaktischer Fragen geachtet werden. Eine Überbetonung des Topos, dass Fremdsprachenunterricht mehr beinhalte als Sprachenlernen, birgt die Gefahr, dass in der Fremdsprachenlehrkräftebildung das Sprachlernen marginalisiert wird und sprachdidaktische Erörterungen zugunsten übergeordneter Bildungsziele vernachlässigt werden. In der Folge planen Studierende in universitären Praxisphasen ihren Unterricht fast ausschließlich themenzentriert und in der Annahme, dass Unter- oder Mittelstufenlernende packende Themen wie das Artensterben oder Fake News auf Proseminarniveau wie mit Kommiliton*innen aushandeln könnten. Siepmann (2020) sieht diese Entwicklung kritisch, führt sie seiner Auffassung nach doch dazu, dass Fremdsprachenlernende „weniger Aussageabsichten sprachlich adäquat umsetzen können und dabei mehr lexiko-grammatische Fehler begehen“. Daher muss gerade auch in Lehrveranstaltungen mit bildungs- und mediensoziologischen Themenschwerpunkten wie z.B. zu digitaler Desinformation, Antisemitismus oder Rassismus das themen- 49 spezifische fremdsprachliche Repertoire der angehenden Lehrkräfte explizit erweitert werden. Von gleich großer Bedeutung ist es, dass die Studierenden lernen, dieses Repertoire sprachdidaktisch zu reflektieren. Im Folgenden seien am Beispiel meiner fachdidaktischen Lehrveranstaltung Fake News and Disinformation in the EFL Classroom (Sommersemester 2022) zentrale sprachdidaktische Aufgaben veranschaulicht, die vermutlich auf andere inhaltsbezogene Veranstaltungen übertragbar sind. In Recherche- und Diskussionsphasen lernen die Studierenden: •• mithilfe von Nachschlagewerken und Korpora lexikalische Konstruktionen zu ermitteln, die notwendig oder hilfreich sind, um über ein spezifisches Beispiel von Fake News zu diskutieren (z.B. check, debunk, dissect, disprove an example of fake news), • mithilfe eines sprachdidaktischen Planungsrahmens (z.B. nach Quehl/ Trapp 2013, 36f.) zu antizipieren, welches bildungssprachliche Fachvokabular und welche Strukturen für spezifische Sprachhandlungen und Mitteilungsabsichten im Unterricht benötigt werden und ggf. eingeführt werden sollen (z.B. bei der Identifizierung und Unterscheidung von disinformation, misinformation, propaganda, hoax) und welche sprachlichen Mittel die Lernenden zur Artikulation ihrer Interessen benötigen könnten (z.B. I don’t fall for posts like that. I don’t know how to decide whether XYZ is a reliable source.), • differenzierende Arbeitsaufträge zu formulieren, die sich alternativ an leistungsstärkere und leistungsschwächere Lerngruppen wenden, • Instruktionen sprachlich an unterschiedliche Sprachniveaus zu adaptieren, um ein breites Verständnis für die jeweilige Aufgabe zu sichern, • eine effektive Semantisierung vorzubereiten, für die Wortschatzeinheiten und stützendes visuelles Material ausgewählt werden und eine narrative Sequenz erstellt wird, z.B. zur Geschichte eines spektakulären Falles von Fake News und seiner Aufdeckung (vgl. zur Semantisierung Siepmann 2014, 112). Fremdsprachenunterricht ist nie nur Sprachunterricht, sondern stets ein Bildungsangebot, das Heranwachsende dazu befähigen soll, über gesellschaftlich relevante und persönlich bedeutsame Themen in der Fremdsprache zu kommunizieren. Die Sprache der Lehrperson stellt einen wesentlichen Teil dieses Bildungsangebots dar. Sie soll für das implizite Lernen Vorbildcharakter besitzen, vor allem aber für das didaktische Handeln und explizite Lehren ein so hohes Niveau aufweisen, dass die Lehrperson im Unterrichtsdiskurs spontan, flüssig und flexibel agieren kann, um die Lernenden in der Entwicklung ihrer Diskurskompetenz zu fördern. 50 Appel, Joachim (2016): „Fremdsprachen lehren: Interaktion, Wissen, Denkstil“. In: Klippel, Friederike (Hrsg.): Teaching Languages - Sprachen lehren. Münster/ New York: Waxmann, 21-38. Baumgart, Joanna (2020): „Quality of Teacher Talk in TESOL Classrooms. A Critical-Reflective Analysis of Discourse“. In: Martínez Agudo, Juan de Dios (Hrsg.): Quality in TESOL and Teacher Education. From a Results Culture Towards a Quality Culture. New York/ London: Routledge, 83-92. Bleichenbacher, Lukas/ Kuster, Wilfrid/ Roderer, Thomas (2017): Beurteilung berufsspezifischer Sprachkompetenzen von Lehrpersonen, die Fremdsprachen unterrichten. Projektbericht. Pädagogische Hochschule St. Gallen. 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David Gerlach Die berufsbezogene Sprachkompetenz einer Lehrperson, im Prinzip jeder Lehrperson, aber in unserem Fall noch einmal zugespitzt zum Zweck des Unterrichtens einer Sprache, kann als eine der professionellen Kernkompetenzen angesehen werden. Sie ermöglicht es einer Lehrkraft nicht nur sprachliches Vorbild zu sein (vgl. z.B. Klippel 2003), sondern soll auch helfen, sprachlich-didaktisierte Entscheidungen angemessen zu treffen und flexibel angepasst auf unterschiedlichen Niveaus sprachliche Förderung zu betreiben (z.B. Walsh 2013). Dies führt wiederum zu einer Reihe von Fragen, die meist auf die „Qualität“, also das Können der sprachlichen Kompetenzen abzielen (z.B. Borg 2006) und ob diese einem bestimmten Niveau entsprechen sollten, um „professionell“ bzw. „professionalisiert“ zu sein. Dies ist insofern eine relevante Diskussion, weil sie anknüpfbar ist an die Frage der Stellung der Zielsprache im Fremdsprachenunterricht. Denn: Neben der Zielsprachen- Orientierung (z.B. „English only“) werden im Diskurs mittlerweile codeswitching- oder translanguaging-Prinzipien immer bedeutsamer wie auch der insgesamt reflektierte Rückgriff auf die L1. Dieser gehört zum professionellen Inventar einer Sprachenlehrperson sowohl aufgrund methodisch-didaktischer wie auch pädagogischer Erwägungen. Im Rahmen der Frühjahrskonferenz, aus dem der vorliegende Sammelband hervorgegangen ist, wurde stark diskutiert, welche sprachlichen Fertigkeiten (angehende) Fremdsprachenlehrpersonen mitbringen sollten und wie dies Unterricht und Lehr-/ Lernprozesse maßgeblich beeinflussen kann. Eine solche notwendige Diskussion bleibt nicht ohne gewisse Normsetzungen: Sie verweist auf Ansprüche von Unterrichtsdiskursen und bemüht sich, Orientierung zu geben, was auch im Rahmen von Fremdsprachenlehrer*innenbildung geschehen müsste, um dieser Norm gerecht zu werden. In meiner bisherigen Forschung habe ich mich mit einer speziellen Phase der Lehrer*innenbildung intensiver auseinandergesetzt, die ebenfalls starke Normen setzt: dem Vorbereitungsdienst (vgl. Gerlach 2020). In diesem Beitrag möchte ich daher dezidierter - und damit etwas abseits der thematischen Schwerpunkte der ande- 53 ren Beiträge - der Frage nachgehen, welche Normen und welche „Art“ von Berufssprache in der zweiten Phase gesetzt werden. Zwar haben wir als universitäre Lehrerbildner*innen kaum oder nur noch selten Einfluss auf diese Phase, gleichwohl spielt andersherum die erste Phase für den Vorbereitungsdienst keine unwesentliche Rolle aus Sicht des dort beteiligten Personals. Um dies zu illustrieren, nutze ich Daten aus meiner eigenen Studie (Gerlach 2020) und bewerte sie vor dem Hintergrund des thematischen Schwerpunkts dieser Frühjahrskonferenz neu, um zu zeigen, was Fachleitungen im Vorbereitungsdienst hinsichtlich der berufsbezogenen sprachlichen Kompetenzen der angehenden Fremdsprachenlehrer*innen relevant setzen. Im Anschluss stelle ich zur Diskussion, inwiefern eine solche Norm im Einklang oder Widerspruch zur Relevanz von Sprache und Sprachpraxis in der ersten Phase steht. Und es scheint zudem interessant zu sein, zu rekonstruieren, wie sich in den Augen derjenigen, die Fremdsprachenlehrer*innen auf die vermeintliche Praxis vorbereiten, eine Berufssprache als professionelle Kompetenz eigentlich entwickelt und konturiert. Es ist bemerkenswert, dass in unserer Disziplin bislang Sprachkompetenz der Lehrenden scheinbar ein eher randständiges Thema war. Ganz dezidiert hat sich zuletzt Deters-Philipp (2018) mit dem Sprachkönnen von Grundschulenglischlehrkräften befasst. Sie zeigt in ihrer Zusammenschau der Literatur, dass die sprachliche Kompetenz der Lehrperson zwar immer wieder - auch in (internationaler) Einführungsliteratur (z.B. Richards 2015) - genannt wird, aber im deutschsprachigen Raum selten in ihrer Komplexität (theoretisch wie empirisch) ausdekliniert wird (z.B. Viebrock 2018, 43-45; Meyer et al. 2022, 27-29). Deters-Philipp (2018) geht es insbesondere um die seitens der Lehrkräfte bewertete Relevanz und Funktion der Lehrer*innensprache im Unterricht und das subjektiv empfundene Sprachbeherrschen mit dem Ziel, „Möglichkeiten zur Qualitätssteigerung aus Sicht der Betroffenen“ (Deters-Philipp 2018, 421) zu generieren. Hierfür hat sie ein Modell zum classroom discourse von Klippel (2003, 56) adaptiert, in dem die Lehrkraft als „language model“, „input provider“, „instructor“ oder „partner in communication“ charakterisiert wird, was Folgen für Sprachgebrauch und Sprachstil hat. Diese Ideen basieren maßgeblich auf der wohl bislang einschlägigsten Studie zu Interaktionsmustern von Fremdsprachenlehrkräften von Moskowitz (1976). Die Grundfiguren des model speaker und input provider tauchen entsprechend in der Literatur an vielfältigen Stellen auf (vgl. auch in Unterrichtsdiskursanalysen z.B. von Canh/ Renandya 2017) und stehen in der Tradition der Inputhypothese, obwohl diese natürlich nur eine Facette von berufsbezogenen Sprachkompetenzen sein kann (vgl. Walsh 2013). Schon bei Moskowitz 54 (1976) gehören auch nonverbale Marker und Emotionalität ganz selbstverständlich zum sprachlichen Interaktionsmuster einer Lehrkraft dazu, um unterrichtlichen Diskurs zu gestalten, und gerade letzterer Aspekt, der der Emotionalität, erfährt in der Fremdsprachenforschung aktuell große Aufmerksamkeit (vgl. Burwitz-Melzer et al. 2020). Gegenstand der Debatte wurde in den letzten zwanzig Jahren ebenfalls, inwiefern der Fremdsprachenunterricht denn beispielsweise primär in der Zielsprache funktionieren soll und welche Rolle damit die L1 erhält - eine für das Feld Berufssprache nicht unwesentliche Frage. Das Gesamtkonstrukt berufssprachliche Kompetenzen von Sprachenlehrpersonen ist aus der internationalen Perspektive insbesondere vor dem Hintergrund interessant, dass mittlerweile - zumindest für Englisch als zusätzlicher Sprache - zwar mehr Nicht-Muttersprachler*innen als Muttersprachler*innen existieren. Gleichwohl wird seitens einiger weiterhin eine muttersprachliche Norm für das Lernen der Sprache als relevant erachtet. Doerr und Kumagai (2009) zeigen differenziert auf, wie diese Norm über die strukturalistische, d.h. auf Chomsky folgende Linguistik geprägt wurde und damit Lernende einer anderen Sprache immer auch nur als „incomplete native speakers“ (Byram 1997, 11) charakterisiert wurden, welche dem native speaker nacheifern mögen. Dies wurde lange Zeit als fremdsprachenunterrichtlich relevante Norm vermittelt, oder in den Worten von Claire Kramsch (1998, 16): „Native speakership brings to its speakers a certain authority associated with authenticity and legitimacy of language use.“ Immerhin wurde in den vergangenen zwei Dekaden mehr und mehr versucht gegen diese Norm anzukommen und non-native speaker-Diskriminierung aufzulösen (auch über internationale Berufsverbände mit teils allerdings nur ernüchternden Erfolgen; s. die Kontroversen innerhalb der IATEFL). Es geht gleichwohl im fremdsprachendidaktischen Diskurs erfreulicherweise, wie oben bereits angedeutet, wieder stärker um unterrichtliche Diskurse und wie diese als Produkt der Interaktionen zwischen (sprachkompetenter, aber nicht notwendigerweise muttersprachlicher) Lehrperson und Lernenden geschaffen werden kann. Im eigentlichen Sprachunterricht scheint aber doch noch die native speaker norm durchzuscheinen mit einer deutlichen Tendenz zum „target language only“ - und zwar trotz code-switching und translanguaging als (zugegebenermaßen relativ neuen) Leitgedanken. Die Norm scheint also mitunter nur „versteckt“ zu sein, was Cook (2016) zu der Frage verleitet: „Where is the native speaker now? “ Diese muttersprachlich-orientierte Direktive führt auf Seiten der Lehrpersonen zu unschönen Effekten: Nayernia und Babayan (2019) bestätigen, dass z.B. subjektiv wahrgenommene, geringe Sprachkompetenz mit Burnoutspezifischen Charakteristika wie emotionaler Erschöpfung einhergehen können. Choi und Lee (2016) haben einen negativen Zusammenhang zwischen Sprachkompetenz und Selbstwirksamkeit im Unterricht bei Nicht- 55 Muttersprachler*innen bestätigt. Dass Selbstwirksamkeit und Selbstpositionierungen eng mit der professionellen Identität einer Fremdsprachenlehrperson verwoben sind, ist wiederholt gezeigt worden (z.B. Hiver 2013; Sang 2020). Eine systemisch konstruierte Norm, die z.B. muttersprachliche Kompetenz als berufssprachliches Ziel für einen „target language only“-Fremdsprachenunterricht setzen würde, hätte damit eine Relevanz für jede einzelne Fremdsprachenlehrperson in Ausbildung für ihren jeweiligen Kontext. Dieser Argumentation folgend müsste man betrachten, welche Sprachkompetenz als Berufssprache für Lehrkräfte vorausgesetzt bzw. normativ in welchen Phasen der fremdsprachlichen Lehrer*innenbildung angelegt wird. Im Folgenden möchte ich anhand von Interviewdaten von Ausbildungskräften im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst zeigen, inwiefern diese den berufssprachlichen Kompetenzen von angehenden Fremdsprachenlehrer*innen eine Relevanz attestieren bzw. wie sie deren Spracheinsatz im Unterricht charakterisieren. Die Daten basieren auf meiner eigenen Habilitationsstudie (Gerlach 2020), welche die Rekonstruktion habitueller Orientierungen von Fachleiter*innen im hessischen Vorbereitungsdienst zum Ziel hatte. Das Kernergebnis der Arbeit war, dass die Fachleitungen ihre Seminarpraxis höchst individuell und autonom nach lerntheoretischen Konstrukten gestalten, ihre Referendar*innen infantilisieren, selten Kriterien transparent darlegen und häufig gar nicht fremdsprachendidaktisch ausbilden, sondern allgemeinpädagogische Prinzipien vermitteln. Ich werde einzelne (in Gerlach 2020 teils veröffentlichte, teils bislang unveröffentlichte) Auszüge als exemplarische Fallbeispiele aufführen, um die Rolle der berufsbezogenen Sprachkompetenzen in der zweiten Phase aus Sicht der Lehrerbildner*innen zu verdeutlichen. In der Studie wurden die Ergebnisse mittels der Dokumentarischen Methode analysiert; hier beschränke ich mich aufgrund der nötigen Kürze auf eine jeweils fallrekonstruierende und kontextuelle Einbettung vor dem Hintergrund des Beitragsziels, nämlich zu zeigen, welche Normen im Zusammenhang mit berufssprachlichen Anforderungen der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst seitens der Lehrerbildner*innen angelegt werden. Im ersten Beispiel setzt eine Englisch-Fachleiterin unmittelbar eine hohe Sprachkompetenz als Grundlage für eine gute Fremdsprachenlehrperson voraus. Sie sagt: Also, DIE Referendare, die richtig gut sind, die zeichnen sich erstmal durch eine sehr gute Sprachkompetenz aus und ähm auch durch ihre/ äh durch ihre Haltung ihrem Beruf gegenüber. Durch ihre Haltung äh dem Beruf der Lehrkraft gegenüber. Und diese HALTUNG wird auch deutlich im Unterricht und 56 das merkt man auch. Das merkt man auch sehr schnell, also das merkt man oft schon beim ersten Besuch, ne. Und ähm/ UND die sind auch SEHR daran interessiert ähm, dass die Schüler möglichst viel lernen. Also die sind sehr daran interessiert die Ergebnisse, die Lernergebnisse, der Schüler zu verbessern und versuchen da auch Wege zu finden und fragen auch sehr viel nach. Also die fragen auch nach Literatur und die/ oder die fragen nach Methoden, oder nach Material. Was jetzt so ähm (.) Leute, die jetzt nicht so fachlich, oder fachlich und fachdidaktisch äh gut sind. Das machen die oft nicht so. [Grebe, Z. 95-108] Nicht nur wird hohe Sprachkompetenz mit Professionalität in einen Zusammenhang gesetzt, sondern auch mit einer gewissen Haltung, die jedoch vordergründig nichts mit Unterricht oder dem Lehrer*innensein zu tun hat, stattdessen eher mit der Haltung zum Vorbereitungsdienst und der Rolle der Fachleiterin. Letztere wird offensichtlich als Wissensressource für Literatur und methodisches Wissen genutzt. Andere Referendar*innen ohne diese Sprachkompetenz und Haltung werden abwertend als „Leute“ dargestellt. Man kommt nicht umhin, hier einen subjektiven Fehler zu unterstellen, der diejenigen Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst besser dastehen lässt, die sprachlich kompetent sind und gleichzeitig Leistung seitens der Ausbilderin einfordern. Sprachdefizite kommen allerdings ebenfalls zur Sprache: Das/ ganz ehrlich, was sie/ was sie nicht mitbringen/ also ich bin oft erschrocken, wie schlecht das Englisch ist. Die waren/ ich hatte jetzt gerade eine Gruppe gehabt, da war kein EINZIGER mal im Ausland. (.) Die hat/ also die waren dann mal in Ferien in England oder so. (lacht) Ähm das merke ich dann auch in den Sachanalysen, dass ich ähm/ dass es sprachlich ähm (..) hm (.) das ist/ da sind die nicht immer ganz/ ganz sattelfest. [Schmitz, Z. 266-272] Wiederholt wird im betrachteten Sample der Lehrerbildner*innen sehr hohe Sprachkompetenz mit Auslandsaufenthalten in Verbindung gebracht. Die empirische Evidenz für diesen Zusammenhang ist allerdings - je nach betrachteter Untersuchung (vgl. Gerlach/ Lüke 2021) - als relativ schwach zu bezeichnen. Das Aufrechterhalten dieser vermeintlichen Korrelation perpetuiert die native speaker norm, derer man sich durch reine Immersion im Zielsprachenland vermeintlich annähern könne. Dies sollte allein schon dadurch deutlich werden, wenn man berücksichtigt, dass unterrichtliche, berufssprachliche Anforderungen kompetenztheoretisch vollkommen anders gelagert sind, d.h. andere sprachliche Kompetenzen verlangen, als die immersiv im (universitären oder privaten) Alltag des Zielsprachenlandes erlebte Praxis. Interessant wird es dann, wenn eine Fachleiterin gleichzeitig Muttersprachlerin ist: Und ist eine andere Sache, da hatte ich eine Stunde beobachtet, f/ Ähm das war wahnsinnig schwierig für mich, also gerade als Muttersprachlerin ist na- 57 türlich der Anspruch, mit dem ich an so ein Fremdsprachenstunde gehe, wahrscheinlich etwas (.) HÖHER noch. Ähm und da bin ich immer so ein bisschen in der (.) Balance, wie/ wie gehe ich jetzt damit um, wenn ich das Gefühl habe, da reichen eigentlich die f/ fremdsprachlichen Kenntnisse (.) kaum aus, um/ um zu unterrichten. Und ich hatte eine Stunde, in der auf jedem Arbeitsblatt ein Fehler war und ähm (.) ständig so mit ähm germanisierten Sätzen gesprochen wurde. Das war unheimlich schwer (.) für mich, dann in der Bes/ in die Besprechung zu gehen und dazu was zu sagen. Weil wir eigentlich, ja, (.) viel über die, (.) ja, pädagogischen Aspekte sagen und fachdidaktischen. Eigentlich geht man ja davon aus, dass das Fachwissen schon da ist. Das war ziemlich heftig, daran (.) dann noch mäkeln zu müssen. [Wright, Z. 49-69] Die Aussagen offenbaren Antinomien, wenn nicht gar Widersprüchlichkeiten: Ihr Anspruch als Muttersprachlerin ist höher als der von Kolleginnen und Kollegen, d.h. sie nimmt mehr sprachliche Fehler wahr. Irritierend ist jedoch, dass sie von einer „Balance“ spricht, mittels derer sie ein „Gefühl“ dafür entwickelt, ob Unterricht aufgrund mangelhafter sprachlicher Kenntnisse stattfinden kann (oder eben nicht). Es scheint innerhalb des Vorbereitungsdienstes für berufsbezogene Sprachkompetenzen keinerlei Richtlinien zu geben, was sich auch über das gesamte Sample hinweg zeigt: Die Fachleiter*innen gestalten ihre Ausbildungspraxis höchst autonom und selten mit Rückgriff auf Standards (wie den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen; vgl. Europarat 2018), fachliche Konzepte, geschweige denn fachdidaktische Modelle. Die Schwierigkeiten, die die Muttersprachlerin hier für die Beratung sieht, ist die als antinomisch wahrgenommene Norm, pädagogisch beraten zu müssen, gleichzeitig aber auch auf Fehler hinweisen zu wollen. Für sie schließt sich beides zunächst einmal aus. Hinzu kommt, dass sie sich zur Sprachkompetenz als Facette von Fachwissen eigentlich gar nicht äußern möchte, da diese ja schon ausreichend vorliegend müsste. Will meinen: Referendar*innen müssen in ihrer Berufsbiographie, insbesondere in der ersten Phase, eine ausreichende Sprachkompetenz bereits ausgebildet haben. Dies ist eine Denkfigur, die häufiger auftritt. Ein weiteres Beispiel hierfür: Da wird immer drauf verwiesen, dass der/ ähm die fachliche Ausbildung komplett von der Universität her geleistet und auch sch/ der Erf/ erfolgreich ab/ Abschluss bestätigt wurde. Das heißt ähm ganz einfach ähm die englische Sprache wird so beherrscht ähm, (...) dass es da ähm gar keine Kritik gibt. Ne? Dass es da auch gar keinen Grund gibt, da irgendwas im Referendariat weiterzuentwickeln, sondern das ist mehr oder weniger DA. [Ferrer, Z. 102-109] Die Ausbilderin beschreibt, dass sprachliche Kompetenz gleichsam durch den universitären Abschluss bestätigt wird, was nicht vollumfänglich stimmt oder stimmen kann, schließlich macht Sprachpraxis lediglich einen Teil der erworbenen Leistungspunkte in der Fremdsprache aus. Außerdem sind die univer- 58 sitären Sprachpraxiskurse - das haben die Diskussionen der Beteiligten während der Frühjahrskonferenz gezeigt - nur selten auf die Bedürfnisse von Lehramtsstudierenden ausgelegt. Nur selten wird allgemeine Sprachkompetenz im Vorbereitungsdienst daher wahrscheinlich auch mit unterrichtlicher, methodisch-didaktisch angepasster berufssprachlicher Kompetenz in Verbindung gebracht: Mhm (bejahend). Also Sprachkompetenz ist, glaube ich, das (.) Wichtigste was ein Fremdsprachenlehrer haben muss. Das heißt aber nicht, dass er alles wissen muss. Also nicht jedes Wort. Aber er muss in jeder Situation adäquat reagieren können. Wie er das macht, also ob er das umschreibt oder/ das muss er können. Da fehlt es so ein bisschen, finde ich. (..) Was schade ist. […] Aber das als Element, a/ als wichtigstes Element. Ich sage immer, ich würde ja auch gerne zum Arzt gehen und (lacht) mich darauf verlassen, dass er weiß, was er macht, wenn er da an mir (lachend) rumschneidet. Und genauso müssen Fremdsprachenlehrer auch wissen, was sie machen. Das ist einfach die Sprache. (..) [Wagner, Z. 115-119; 125-130] Zum einen wird in diesem Auszug zunächst die sprachliche Kompetenz einer Lehrperson mit der Fähigkeit in Verbindung gebracht, diese in unterschiedlichen Situationen (d.h. Vermittlungssituationen oder angepasst auf unterschiedliche Lerner*innenniveaus) zu adaptieren. Dann wird dies allerdings ad absurdum geführt, indem hohes Sprachniveau als Kernkompetenz und Professionalitätsfacette in dem Maße gesehen wird, wie eine andere Profession, hier: ein Mediziner als Chirurg, der seine Tätigkeit mit Exzellenz ausübt und damit maßgeblich über Leben und Tod entscheidet. Adaptivität im weitesten Sinne spricht auch eine andere Ausbilderin an: Also, dass, äh/ dass große Defizite in der Sprache sind, das war auch letzte Woche/ Da ging es um Bildbeschreibung und, dass derjenige, der die Stunde gehalten hat, selbst sehr viele Fehler gemacht hat, auch in der eigenen Sprache. (..) Aber das muss in Französisch schlimmer sein, (lachend) als in Englisch, habe ich gehört. Also in Englisch geht das ja immer noch so ein bisschen. Aber das ist schon auch viel schlechter geworden. Also wo wir früher Angst hatten, dass wir überhaupt einen Fehler machen/ (..) Also da hätte ich lieber alles aufgeschrieben und auswendig gelernt, wenn ich unsicher gewesen wäre, aber die heute munter plappern, ja, aber auch Fehler machen, (.) auch sehr undiszipliniert in ihrer Sprache sind, (..) wo ich ja sage, vor einer Klasse, die ja nur, ähm, (..) also auf ein kleines Repertoire an Sprache zurückgreifen können, die können ja jetzt nicht unterscheiden, wenn es dreimal verschieden formuliert ist, dass es immer noch um denselben Inhalt geht. [Blümke, Z. 575- 582] Interessant ist, dass hier sowohl in der L1 wie auch in der Fremdsprache „Fehler“ identifiziert werden, welche dann einen parallelen Einsatz beider Sprachen im Unterricht zumindest ermöglichen, was bei der Vielzahl der 59 anderen Ausbildungskräfte nicht rekonstruierbar war. Man schiebt den Qualitätsverlust aber nach einem Argumentationsmuster à la „früher war es besser“ auf Aspekte der Haltung („heute munter plappern“, „sehr undiszipliniert“) und wäre schon zufrieden, wenn das sprachliche Inventar es erlaubte, dass ein Inhalt auf drei unterschiedlichen Weisen (vermeintlich: Niveaustufen) ausformuliert werden könnte. Die Lösung für alle Probleme? Der Auslandsaufenthalt: Im positiven Sinne, (.) äh, ist mir im Gedächtnis ge/ geblieben, eine Person, die recht schwi/ äh, schwierige Startvoraussetzungen mitbrachte, ähm, weil gewisse fachliche Kompetenzen nicht genügend ausgeprägt waren, obwohl sie ein gutes Examen von der Universität mitbrachte, (.) und ich diese Lehrperson, diese Lehrkraft im Vorbereitungsdienst, äh, so beraten habe, dass erkannt wurde, „ich baue jetzt meine fachliche, sprachliche Kompetenz auf, indem ich das Referendariat unterbreche, (.) und komme dann wieder zurück, nachdem ich mich sprachlich im Ausland fit gemacht habe“. [Siegel, Z. 48-57] Zu hinterfragen an dieser Passage sind zwei Aspekte: Zum einen scheint diskussionswürdig, wie realistisch es für die meisten angehenden Lehrkräfte ist, unter Zeit-, Stellen- und Gelddruck noch einmal den Schritt ins Ausland zu gehen. Zum anderen stellt sich wiederum die Frage, wie solch ein Auslandsaufenthalt überhaupt strukturiert sein kann oder sollte, um die sprachliche Kompetenz derart zielgerecht auszubilden, die für unterrichtsrelevante Diskurse nötig wäre. Auffällig ist an allen oben aufgeführten Passagen, dass an keiner Stelle die diskurstheoretische Verwendung berufsbezogener Sprachkompetenzen im Unterricht entlang der Erfordernisse bzw. Modi z.B. nach Klippel (2003), Moskowitz (1976) oder Walsh (2013) auch nur in Ansätzen ausformuliert wird. Es werden von den Ausbilder*innen in der Regel keine klaren Bezugsnormen für die sprachlichen Kompetenzen der Referendar*innen dargelegt, wie sie z.B. durch den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (Europarat 2018) hätten formuliert werden können. Vielmehr gelten entweder individuelle Qualitätskriterien, die in den Interviews auch nicht transparent gemacht werden, oder es gilt eine diffuse, muttersprachliche Kompetenz, welche durch immersives Erleben der Zielsprache durch Auslandsaufenthalte implizit erworben wird (bzw. werden kann). Dieser Aufenthalt wird wiederum als Bestandteil der ersten Phase angesehen, welche - so formulieren es manche Ausbilder*innen - durch sprachpraktische Übungen im Fremdsprachenanteil unterstützt wird. Die Erwartungshaltung ist, dass die sprachliche Ausbildung, wenn man sie als solche bezeichnen möchte, bei Eintritt in den Vorberei- 60 tungsdienst auf hohem (d.h. universitären) Niveau abgeschlossen ist und die für den Unterricht nötige sprachliche Kompetenz als Berufssprache mit all ihren Facetten bereits vollumfänglich eingesetzt werden kann. Es scheint daher im Zusammenhang mit der Frage nach den berufsbezogenen sprachlichen Kompetenzen von (angehenden) Fremdsprachenlehrpersonen nicht nur relevant herauszuarbeiten, welche Modelle von beruflicher (und nötiger), auch unterrichtlicher Sprachverwendung relevant gesetzt und vermittelt werden. Gleichzeitig erweist es sich als notwendig - bei allen Stimmen gegen Standardorientierung und Herausforderungen von educational governance - herauszuarbeiten, welche Teilkomponenten sprachlicher Kompetenz von Fremdsprachenlehrer*innen Lehr-/ Lernprozesse beeinflussen und welche Komponenten davon (überhaupt) durch sprachpraktische Übungen, Auslandsaufenthalte und vor dem Hintergrund des eigentlichen Ziels, eine native speaker norm hinter sich zu lassen, ausbildungsrelevant gesetzt werden sollten. Kompetenztheoretische Professionsforschung zu Englischlehrkräften, die Sprachkompetenz als Teil des Fachwissens in der Shulman’schen Tradition sehen, scheint hier bislang kaum differenzierende Antworten liefern zu können (vgl. König et al. 2016). Beiträge in diesem Sammelband diskutieren jedoch sehr differenziert mögliche Ausgangspunkte, Modelle und mögliche Forschungsschwerpunkte, die uns helfen könnten, Sprachkompetenz von Fremdsprachenlehrkräften in all ihren Facetten zu konzeptualisieren - und konstruktiv zu fördern. Was die fremdsprachliche Lehrer*innenbildung angeht, haben die Diskussionen auch während der Frühjahrskonferenz gezeigt, dass die potenziellen Teilkomponenten höchst selten modellhaft und in kaum einer Phase der Lehrer*innenbildung sehr explizit gemacht werden, auch wenn ich in diesem Beitrag primär Stimmen aus der zweiten Phase als eine vermeintliche Scharnierstelle zwischen Theorie und Praxis für die Argumentation bemüht habe. Die zunehmende, auch fall-, forschungs- und damit transkriptorientierte Betrachtung von Unterrichtsdiskurs und -interaktionen scheint mir dahingehend (neben anderen denkbaren hochschuldidaktischen Interventionen) ein sinnvolles Unterfangen zu sein (vgl. auch Beispiele in Walsh 2013 und Thomson 2022; zahlreiche Beiträge in diesem Sammelband), wenn man Sensibilität für den reflektierten und kompetenten Einsatz von Sprache seitens angehender Fremdsprachenlehrpersonen fördern möchte. Dies soll dann mit einem gewissen Qualitätsanspruch einerseits, mit einem Fokus auf die Abkehr einer immersiv erfahrenen native speaker-Norm andererseits geschehen. Borg, Simon (2006): „The distinctive characteristics of foreign language teachers“. In: Language Teaching Research 10/ 1, 3-31. 61 Byram, Michael (1997): Teaching and assessing intercultural communicative competence. Clevedon: Multilingual Matters. Burwitz-Melzer, Eva/ Riemer, Claudia/ Schmelter, Lars (Hrsg.) (2020): Affektivemotionale Dimensionen beim Lehren und Lernen von Fremd- und Zweitsprachen. Arbeitspapiere der 40. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr. Canh, Le V./ Renandya, Willy A. (2017): „Teachers’ English proficiency and classroom language use: a conversation analysis study“. In: RELC Journal 48/ 1, 67- 81. Choi, Eunjeong/ Lee, Juhee (2016): „Investigating the relationship of target language proficiency and self-efficacy among nonnative EFL teachers“. In: System 58, 49-63. Cook, Vivian (2016): „Where is the native speaker now? “. In: TESOL Quarterly 50/ 1, 186-189. Deters-Philipp, Ann-Cathrin (2018): Lehrersprache im Englischunterricht an deutschen Grundschulen. Eine Interviewstudie mit Lehrkräften. Münster: Waxmann. Doerr, Neriko M./ Kumagai, Yuri (2009): „Towards a critical orientation in second language education“. In: Doerr, Neriko M. (Hrsg.): Native speaker concept: Ethnographic investigations of native speaker effects. Berlin: Walter de Gruyter, 299-318. Europarat (2018): Common European Framework of Reference for Languages: Learning, Teaching, Assessment. Companion Volume with New Descriptors. https: / / rm.coe.int/ cefr-companion-volume-with-new-descriptors- 2018/ 1680787989 (11/ 11/ 2022). Gerlach, David (2020): Zur Professionalität der Professionalisierenden: Was machen Lehrerbildner*innen im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst? Tübingen: Narr. Gerlach, David/ Lüke, Mareen (2021): „Internationalisierung in der (fremdsprachlichen) Lehrer*innenbildung: Ein Forschungsreview“. In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 26/ 2, 319-344. Hiver, Philip (2013): „The interplay of possible language teacher selves in professional development choices“. In: Language Teaching Research 17, 210-227. Klippel, Friederike (2003): „Teaching in English - teacher language in primary school“. In: Hermes, Liesel/ Klippel, Friederike (Hrsg.): Früher oder später? Englisch in der Grundschule und bilingualer Sachfachunterricht. München: Langenscheidt, 53-68. König, Johannes/ Lammerding, Sandra/ Nold, Günter/ Rohde, Andreas/ Strauß, Sarah/ Tachtsoglou, Sarantis (2016): „Teachers’ professional knowledge for teaching English as a foreign language: Assessing the outcomes of teacher education“. In: Journal of Teacher Education 67/ 4, 320-337. Kramsch, Claire (1998): „The privilege of the intercultural speaker“. In: Byram, Michael/ Flemming, Michael (Hrsg.): Language learning in intercultural perspective: Approaches through drama and ethnography. Cambridge & New York: Cambridge University Press, 16-31. Meyer, Michael/ Volkmann, Lauren/ Grimm, Nancy (2022): Teaching English. 2. Aufl. Tübingen: Narr. 62 Moskowitz, Gertrude (1976): „The classroom interaction of outstanding foreign language teachers“. In: Foreign Language Annals 9/ 2, 135-143. Nayernia, Akram/ Babayan, Zareh (2019): „EFL teacher burnout and self-assessed language proficiency: exploring possible relationships“. In: Language Testing in Asia 9, 1-16. Richards, Jack C. (2015): Key issues in language teaching. Cambridge: Cambridge University Press. Sang, Yuan (2020): „Research of Language Teacher Identity: Status Quo and Future Directions“. In: RELC Journal, 1-8. Thomson, Katrin (Hrsg.) (2022): Classroom Discourse Competence - Current Issues in Language Teaching and Teacher Education. Tübingen: Narr. Viebrock, Britta (2018): “Teachers of English as a Foreign Language - Experience and Professional Development“. In: Surkamp, Carola/ Viebrock, Britta (Hrsg.): Teaching English as a Foreign Language. An Introduction. Stuttgart: Metzler, 39-55. Walsh, Steve (2013): Classroom discourse and teacher development. Edinburgh: Edinburgh University Press. Andreas Grünewald Der Terminus Berufssprache wird in den Leitfragen zur 43. Frühjahrskonferenz als unscharfes Konzept verwendet. Im Wesentlichen wird dort die Berufssprache von Fremdsprachenlehrkräften auf Teacher Talk reduziert, also auf die von der Lehrkraft im Fremdsprachenunterricht verwendete (Ziel-)Sprache. In der Fachliteratur wird Berufssprache mittlerweile jedoch als ein weitaus offeneres Konzept verstanden (vgl. z.B. Roelcke 2020; Terhart 1987; Wipperfürth 2016). Noch in den achtziger Jahren beschreibt Terhart (ebda.) die Berufssprache von Lehrkräften als „kollegiale Kommunikation“. Das ist allenfalls ein Teil von Berufssprache, ebenso wie der bereits erwähnte Teacher Talk. Meiner Einschätzung nach zählen auch die Kommunikation mit Eltern, die Kommunikation im Rahmen von Konferenzen, Weiterbildungen u.v.a.m. sowie die Rezeption bildungspolitischer Dokumente, von Artikeln aus Fachzeitschriften oder Bildungsplänen zur Berufssprache. Wipperfürth (2016, 311) zufolge dient Berufssprache der Verbalisierung und Vermittlung von berufsspezifischem Wissen. Berufssprache enthält demnach Elemente aus allen Bereichen (Alltags-, Fremd-, Bildungs- und Fachsprache). Sie ist arbeitsweltbezogener als die Alltagssprache und handlungsbezogener als die Fachsprache. Die kompetente Verwendung von Berufssprache umfasst demnach sowohl bildungssprachliche Kompetenzen als auch die Fähigkeit, Fachsprache situationsgerecht anwenden zu können. Ich werde im Folgenden zunächst auf die Bedeutung von Teacher Talk im Fremdsprachenunterricht eingehen und diesbezüglich einige Forschungsdesiderate formulieren. Der Schwerpunkt meiner Ausführungen liegt dann aber bei Überlegungen zur Förderung von fremdsprachendidaktischer Fachsprache in der ersten Ausbildungsphase. Thomson (2020, 4f.) fasst die wesentlichen Merkmale von Teacher Talk wie folgt zusammen: 64 Lehrer: innensprache 1. unterliegt anderen Diskurskonventionen als Alltagsgespräche (z.B. andere Interaktionsmuster und andere Rollenzuschreibungen), 2. muss solche diskursiven Elemente enthalten, die sich positiv auf den Sprachlernprozess der Schüler: innen auswirken, 3. muss an das Sprachniveau der Schüler: innen angepasst sein (Sprechtempo, Lautstärke, Sprechpausen, Intonation, Artikulation, Wortwahl, Grammatik usw.), 4. dient der Organisation unterrichtlicher Abläufe, 5. strukturiert den Unterricht, 6. gibt inhaltsbezogene Rückmeldung, 7. wird genutzt, um sprachliche Fehler in der mündlichen Sprachproduktion der Schüler: innen zu korrigieren. Auch wenn diese Aspekte auf den fremdsprachlichen Klassenraum zutreffen, besteht ein Charakteristikum der Sprache von Fremdsprachenlehrkräften im Klassenraum, welches fremdsprachliche Fächer fundamental von Sachfächern unterscheidet: die Kommunikation mit Schüler: innen findet in einer Sprache statt, die - je nach Lernstand - kaum bis nicht vollständig von den Schüler: innen beherrscht wird. Unterrichtsorganisation, Rückmeldung an Schüler: innen, Austausch über Inhalte usw. müssen also jeweils an das Sprachniveau der Lernenden angepasst werden. Im Kern gilt das auch für andere Fächer (Stichwort sprachsensibler Unterricht). Sprache und Fachunterricht sind untrennbar miteinander verbunden. Fehlen die sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, können Schüler: innen dem Unterricht kaum folgen, weil sie etwas nicht verstehen oder es sprachlich nicht ausdrücken können. Für den Fremdsprachenunterricht gilt aber im Unterschied zu anderen Fächern, dass die Kommunikation teilweise auf einem basalen Niveau stattfinden muss und Schüler: innen über teilweise komplexe Inhalte auf einem sehr simplen sprachlichen Niveau kommunizieren müssen. Eine weitere Besonderheit des Fremdsprachenunterrichts liegt darin, dass die Sprache einerseits Gegenstand des Unterrichts ist und zum anderen auch das Medium, in dem Lehrkräfte und Schüler: innen miteinander kommunizieren. U.a. betonen Johnson (1995) und Appel (2004) deshalb auch die zentrale Rolle von Teacher Talk für den fremdsprachlichen Lernprozess der Schüler: innen. Die Fremdsprache wird verwendet, um über bestimmte Inhalte im Unterricht zu kommunizieren. Das erfolgt mit dem Ziel, die fremdsprachlichen Kompetenzen auszubauen. Die Zielsprache wird also bewusst verwendet. Daher ist es nachvollziehbar, dass die Sprache der Lehrkräfte im Mittelpunkt steht und das Modell liefert, an dem sich die Schüler: innen orientieren (vgl. Appel 2004, 1). Schließlich ist das der über weite Strecken vorherrschende fremdsprachliche Input, den die Lernenden im Rahmen fremdsprachiger Kommunikationssituationen erhalten. Diese Besonderheit des Fremdsprachenunterrichts erklärt auch die Dominanz des Teacher Talks im Fremdsprachenunterricht. Die Ergebnisse der 65 DESI-Studie (DESI-Konsortium 2008) zeigen anhand von Videodaten, dass die Lehrkraft im Durchschnitt doppelt so viel spricht wie alle Schüler: innen zusammen. Das erstaunt auf den ersten Blick auch deshalb, weil es der vorherrschende kommunikative Ansatz vermuten ließe, dass im Fremdsprachenunterricht vor allem Sprechanlässe für Schüler: innen geschaffen würden. Lehrkräfte, so ein weiterer Befund, warten nicht länger als 3 Sekunden auf eine Antwort von Schüler: innen. Für den videographierten Englischunterricht konnte zudem festgestellt werden, dass Äußerungen von Lehrkräften zu 84%, die Schüler: innenäußerungen zu 76% in der Zielsprache erfolgen. Allerdings handelt es sich nur bei der Hälfte der Schüler: innenäußerungen um frei formulierte fremdsprachige Beiträge. Fehler der Lernenden werden etwa in der Hälfte aller Fälle korrigiert, dann allerdings fast immer von der Lehrkraft, nicht von den Schüler: innen selbst. Es wurde in zahlreichen Studien darüber hinaus nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Qualität des Teacher Talk und dem fremdsprachlichen Lernzuwachs der Lernenden gibt (z.B. Freeman et al 2015; Jin/ Webb 2020; Nel/ Swanepool 2010; Walsh 2006). Es hängt also im Wesentlichen von der Qualität der Sprache der Lehrkraft ab, ob fremdsprachliche Unterrichtsinteraktionen gelingen oder nicht. Daraus folgt, dass der Fremdsprachenkompetenz der Lehrkräfte eine besondere Aufmerksamkeit zuteilwird und diese im Rahmen des Studiums und der lebenslangen Weiterbildung auf einem hohen Niveau gehalten werden muss. In den Standards zur Lehrerbildung heißt es dazu: [Lehrkräfte] verfügen über ein vertieftes Sprachwissen und „nativnahes“ Sprachkönnen in der Fremdsprache; sie sind in der Lage, ihre fremdsprachliche und interkulturelle Kompetenz auf dem erworbenen Niveau zu erhalten und ständig zu aktualisieren [...] (KMK 2019). In den KMK-Standards zur Lehrerbildung wird zudem auf die Interkulturelle Kommunikative Kompetenz (IKK) verwiesen, die aus meiner Sicht ebenso wichtig für Fremdsprachenlehrkräfte ist wie das Sprachkönnen. Im Rahmen der fremdsprachlichen Lehramtsausbildung wird die Vermittlung eines nativnahen Sprachkönnens und einer umfassenden IKK zunehmend schwieriger und ist - so die Hoffnung - am besten durch ein obligatorisches Auslandssemester zu erreichen. Auslandssemester führen aber nicht automatisch zu einem nativnahen Sprachkönnen und einer hohen IKK. Die Entwicklung beider Kompetenzen hängt sehr eng mit der Einstellung und dem Verhalten der Studierenden im Ausland zusammen (vgl. Braun 2010). Wenn also nativnahes Sprachkönnen und eine ausgeprägte IKK als wichtige Voraussetzungen für Lehrkräfte angesehen werden, warum werden dann nicht vornehmlich L1-Sprecher: innen eingestellt um Englisch, Spanisch und Französisch an deutschen Schulen zu unterrichten? An Universitäten ist das gängige Praxis, die Sprachpraxiskurse werden zum Großteil durch L1- 66 Sprecher: innen erteilt. Diese müssen nicht zwangsläufig eine Lehramtsausbildung bzw. fachdidaktische Ausbildung genossen haben. Für die Institution Schule hingegen werden zumindest ein Teilstudium des Faches und das Referendariat verlangt, obwohl auch davon aufgrund von Lehrkräftemangel zunehmend abgesehen wird. Es erstaunt, dass es wenig Studien zu der Frage gibt, welche Vorteile L-1-Sprecher: innen als Lehrkräfte im schulischen Fremdsprachenunterricht in Deutschland haben und welche Chancen, aber auch Herausforderungen damit einhergehen. In dieser Frage sehe ich ein Forschungsdesiderat. Die Sprachkompetenz der zukünftigen Lehrkräfte bildet insgesamt nur einen Schwerpunkt der Ausbildung, daneben sind fachwissenschaftliche, fachdidaktische und bildungswissenschaftliche Schwerpunkte zu studieren, um professionelle Handlungskompetenzen der angehenden Lehrkräfte auszubilden. Auch die Planung, Durchführung und Evaluation von Unterricht werden im Studium und Referendariat vermittelt und stellen wichtige Bestandteile des professionellen Wissens von Lehrkräften dar. Dies relativiert die Wichtigkeit des „nativnahen Sprachkönnens“ von Fremdsprachenlehrkräften. Außerdem gibt es durch die Entwicklung digitaler Lernszenarien in den vergangenen Jahren ohnehin zunehmend andere Möglichkeiten für Fremdsprachenlernende einen zielsprachigen Input zu erhalten. Der Zugang zu Filmen in Originalversion ist so einfach wie nie, zielsprachige Webseiten lassen sich mit einem Click übersetzen und zur Sprachreflexionen nutzen, kostenfreie und kostenpflichtige Angebote im Internet zum Fremdsprachenlernen arbeiten zunehmend auch mit Audio und Video, selbst Gespräche mit lebenden Gesprächspartner: innen sind in diese Kurse fest eingebaut. Zudem ist es mittlerweile sehr leicht, Zoom-Tandems mit Sprecher: innen der Zielsprache zu bilden und die Fremdsprache so in einem quasi-authentischen Kontext anzuwenden. Es gäbe also Alternativen zum einzigen sprachlichen Modell, das die Lehrkraft darstellt. In der Untersuchung, wie eine fortschreitende Digitalisierung eine Ergänzung oder gar Alternative zum qualitativ hohen Sprachvermögen der Sprache der Lehrkräfte sein kann, sehe ich ein weiteres Forschungsdesiderat. In der Fachliteratur wird keine einheitliche Definition von Fachsprache gegeben (vgl. Drumm 2018, 19). Vielmehr ist man sich einig, dass das Verständnis von Fachsprache von den jeweils gewählten wissenschafts- und sprachtheoretischen Voraussetzungen abhängt (vgl. Flinz 2019). Roelcke (2010, 25f.) nennt zumindest fünf Funktionen bzw. Merkmale von Fachsprache, die eine erste Annäherung an den Terminus ermöglichen: Deutlichkeit, Verständlichkeit, Ökonomie, Anonymität und Identitätsstiftung. Mit Deutlichkeit wird der präzise Ausdruck, der eindeutige Bezug zum 67 fachlichen Gegenstand, bezeichnet, während sich Verständlichkeit auf die nachvollziehbare Beziehung zwischen dem Wissensbereich und dem sprachlichen Ausdruck bezieht. Ökonomie beschreibt das Verhältnis von dargestelltem fachlichem Inhalt und der dazu benötigten sprachlichen Darstellung. Anonymität rekurriert auf Objektivität, also darauf, dass der/ die Verfasser: in die Darstellung fachlicher Gegenstände möglichst nachvollziehbar unabhängig der eigenen Person darstellt. Identitätsstiftung meint schließlich, dass eine Fachsprache der Abgrenzung von Fachgruppen dient, die sich jeweils einer eigenen Fachsprache bedienen (vgl. Roelke 2010, 25f.). Aus den Merkmalen geht hervor, wie eng Sprache und Inhalt miteinander verbunden sind. Ich gehe daher von der Annahme aus, dass die Kompetenz, fachspezifische Inhalte und Texte zu verstehen und zu produzieren, eine Voraussetzung für erfolgreiches Lernen im Fach darstellt (vgl. Gödecke 2022, 123). Gödecke konstatiert zurecht: In der Ausbildung von (Fremdsprachen-)Lehrkräften werden die sprachlichen Aspekte des fachlichen Lernens allerdings häufig nicht explizit gemacht. Es bleibt unreflektiert, inwiefern eine angemessene Fachsprache Teil des fachdidaktischen Wissens sein könnte bzw. welche Rolle die Fachsprache für den Erwerb und die Vermittlung von Fachwissen spielt (Gödecke 2022, 123). Wie vermitteln wir also Fachsprache in der ersten Ausbildungsphase, die dann in die Berufssprache von Lehrkräften eingeht? Zu diesem Zweck muss zunächst näher bestimmt werden, was unter Fachsprache der Fremdsprachendidaktik zu verstehen ist. Neben den oben genannten allgemeinen Aspekten von Fachsprache sollte ein fremdsprachendidaktischer Fachwortschatz (Fachbegriffe, Fachausdrücke, Fachvokabular) aufgebaut werden, der Teil einführender Handbücher ist, wie z.B. das Metzler Lexikon Fremdsprachendidaktik (Surkamp 2017) oder das Handbuch Fremdsprachenunterricht (Burwitz-Melzer et al. 2016). Selbstverständlich geht es nicht um das isolierte Lernen von Termini wie Akkulturation oder Zweitsprachenerwerb, aber in diesen Werken versichert sich die Fremdsprachendidaktik/ Fremdsprachenforschung einer gemeinsamen und verbindlichen Fachsprache. Außerhalb des Fachgebiets wird dieser Fachwortschatz kaum verwendet, ist wenig bekannt oder die Begriffe daraus weisen eine andere Bedeutung auf. Die Studierenden können allenfalls in Ausschnitten den fremdsprachendidaktischen Diskurs rezipieren, in dem dieser Fachwortschatz inhaltsbezogen und kontextualisiert verwendet wird. Darüber hinaus können Fachtexte auf weitere Merkmale fremdsprachendidaktischer Fachsprache untersucht werden, etwa die Verwendung zielsprachiger Begriffe (z.B. simulation globale oder CLIL) oder auf die formale Gestaltung von Fachtexten (Struktur, Abbildungen, Diagramme, usw.). 68 Zur Aneignung einer Fachsprache, die spezifisch für die Fremdsprachendidaktik ist, stelle ich drei Bausteine vor, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Studiums aufeinander aufbauend durchgeführt werden: Abb. 1: Förderung von Fachsprache in der ersten Ausbildungsphase An der Universität Bremen wird der erste Baustein im Modul „Einführung in die Fremdsprachendidaktik“ im vierten Semester des Bachelors durchgeführt. Der zweite Baustein ist im „Aufbaumodul Fremdsprachendidaktik“ im fünften BA-Semester verortet, wohingegen der dritte Baustein im ersten Semester des Master of Education, im Modul „Lernbedingungen und Innovationen“ angesiedelt ist. Gödecke (2022) schildert ausführlich ein mögliches Vorgehen zur Umsetzung des ersten Bausteins im Rahmen der Einführungsveranstaltung in die Fremdsprachendidaktik. Dabei werden die Studierenden zunächst aufgefordert, ihr Vorwissen und ihre praktischen Vorerfahrungen zu einem bestimmten Thema (z.B. Sprechförderung im Fremdsprachenunterricht) darzulegen. Im Anschluss daran erhalten sie ein Teilkapitel aus einer Einführung in die Fremdsprachendidaktik zu genau diesem Thema und werden gebeten, das von ihnen dargelegte Vorwissen und ihre Vorerfahrungen mit den Inhalten des Textes zu vergleichen. In diesem Rahmen erfolgt auch eine Analyse der fachsprachlichen Elemente, um den Zusammenhang von fachspezifischem Inhalt und fachspezifischer Sprache zu verdeutlichen. Am Beispiel des Textausschnitts legen die Studierenden anschließend übergreifend dar, wie sie die Verständlichkeit bzw. Komplexität der Einführungstexte der Fremdsprachendidaktik einschätzen. Fachtexte dieser Art sind unverzichtbarer Bestandteil fachbezogener Lehr- und Lernprozesse. Daher stehen wir als Dozent: innen in der Verantwortung, die Studierenden mit dieser Art von Texten vertraut zu machen und ihnen Förderung von Fachsprache in der ersten Ausbildungsphase Baustein 1: Rezeption und Analyse ausgewählter Teile des fremdsprachendidaktischen Diskurses und Aufbau eines Fachwortschatzes (Reflexion) Baustein 2: Erstellung einer schriftlichen Hausarbeit unter besonderer Berücksichtigung der Verwendung von Fachsprache (fachspezifisches wissenschaftliches Schreiben) Baustein 3: Fachsprache als Teil der Berufssprache - Anwendung der Fachsprache in einem wissenschaftskommunikativen Setting 69 den rezeptiven (Baustein 1) sowie produktiven Gebrauch (Baustein 2) fachbezogener Sprachkompetenzen nahe zu bringen. Das führt uns zum zweiten Baustein, der die produktive Verwendung von fremdsprachendidaktischer (und teilweise bildungswissenschaftlicher bzw. erziehungswissenschaftlicher) Fachsprache zum Ziel hat. An der Universität Bremen verfassen die Studierenden ihre erste schriftliche Hausarbeit in der Fremdsprachendidaktik im fünften Semester im Rahmen des Aufbaumoduls Fachdidaktik. Zu diesem Zeitpunkt haben die Studierenden bereits in den Fachwissenschaften oder in den Erziehungswissenschaften schriftliche Hausarbeiten angefertigt. Üblicherweise wird in dem zum Modul gehörenden Seminar eine spezifische Teilkompetenz des Fremdsprachenunterrichts in den Fokus gestellt und es werden entsprechende Fachtexte dazu diskutiert. Die Themen der schriftlichen Hausarbeit werden mit den Studierenden abgesprochen, ebenso wie die recherchierte Fachliteratur. Es findet dann keine weitere Begleitung des Schreibprozesses statt. Generelle Angebote zum wissenschaftlichen Schreiben stehen den Studierenden zwar offen, können aber gar nicht auf die Verwendung der Fachsprache im spezifischen Fach eingehen. Die Studierenden sind mehr oder weniger auf sich allein gestellt. Die korrekte Verwendung der Fachsprache ist jedoch ein wichtiger Teil der Bewertungsgrundlage. Häufig kommt es nach der Rückgabe und Benotung der Hausarbeit nicht einmal zu einem Feedbackgespräch mit den Studierenden, so dass diese meist wenig Möglichkeiten haben, Anregungen und Rückmeldungen zur Verwendung der Fachsprache für zukünftige schriftliche Hausarbeiten zu erhalten. Hier wäre das Angebot eines fachspezifischen Coachings zum wissenschaftlichen Schreiben mit dem Fokus auf den fachsprachlichen Ausdruck in der Fremdsprachendidaktik ein guter Ansatz, um die Studierenden im Schreibprozess zu unterstützen und für die Verwendung von Fachsprache zu sensibilisieren. Das kann niederschwellig erfolgen, etwa im Rahmen des Moduls durch die Besprechung von Best- Practice Beispielen und im Anschluss an die Vorlesungszeit durch Angebote von Peers ergänzt werden. Auch ein offenes Schreibatelier mit dem Schwerpunkt auf die fachsprachliche Gestaltung des Textes während der vorlesungsfreien ist Teil dieses Bausteins. Der dritte Baustein „Fachsprache als Teil von Berufssprache“ trägt einem Argument Terharts (1992) Rechnung, der im Zusammenhang von Berufssprache von einer notwendigen ‚Übersetzungskompetenz‘ von Lehrkräften spricht, die in ihrer Berufspraxis zwischen unterschiedlichen Registern der Berufssprache wechseln müssen, etwa zwischen Fachsprache oder Laienkommunikation (z.B. mit Eltern). Im Rahmen eines durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderten Projektes („Lost in Translation? 70 Studierende produzieren wissenschaftskommunikative Videos“ 1 ) antizipieren wir diese beruflichen Anforderungen an die zukünftigen Lehrkräfte und bieten ein Modul im Master of Education an, in dem die - von Terhart so genannte - ‚Übersetzungskompetenz‘ der Studierenden explizit gefördert wird. Im Rahmen dieses Moduls werden die angehenden Fremdsprachenlehrkräfte schrittweise dazu befähigt, Fachsprache nicht nur rezeptiv (fachdidaktische Fachtexte, bildungspolitische Texte), sondern auch produktiv (Kommunikation mit externen Expert: innen aus dem Fach oder Bezugsdisziplinen) anzuwenden. Durch die Erstellung wissenschaftskommunikativer Produkte (Videos, Podcasts, Presseartikel usw.) bilden die Studierenden ihre ‚Übersetzungskompetenz‘ ganz natürlich aus, da das Zielpublikum der genannten Produkte nicht nur aus fachnahen Personen, sondern vor allem auch aus einer interessierten Öffentlichkeit besteht, die nicht ausdrücklich fachsprachlich adressiert werden kann. Das Lehrprojekt im dritten Baustein stelle ich nun im Folgenden kurz vor. (Angehende) Fremdsprachenlehrkräfte sind sehr unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Ansichten und Erwartungshaltungen verschiedener Akteur: innen ausgesetzt: von denen der Schüler: innen, der Eltern, der Schulleitungen bis hin zu denen der Vertreter: innen aus Medien, Bildungspolitik und nicht zuletzt jenen des akademischen Betriebs, Sprachinstituten und (Lehrer: innen-)Verbänden. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass über das Fachwissen hinaus auch Auseinandersetzungen mit der eigenen Rolle als Fremdsprachenlehrkraft sowie mit dem Selbstverständnis des Faches relevant sind. Zugleich sind vielfältige Aushandlungs- und Abstimmungsprozesse mit den einzelnen Akteur: innen notwendig und dazu werden unterschiedliche sprachliche Register verlangt. Zur Aktivierung von Vorwissen/ -erfahrungen erfolgt zu Beginn des Seminars eine Reflexion über die Fragen, welches Verständnis die Studierenden von der Fremdsprachendidaktik als ausbildungsrelevanten Bestandteil des Professionswissens haben, wie sie die Rolle einer Fremdsprachenlehrkraft konzeptualisieren und welche Vorannahmen sie über einen effektiven Fremdsprachenerwerb im institutionellen Kontext haben. Im Anschluss daran verlassen die Studierenden den universitären Kontext und stellen dieselben Fragen im direkten Kontakt mit Schulen und anderen Personen aus der Öffentlichkeit, um herauszufinden, welches Bild die Gesellschaft von der Fremdsprachendidaktik und von Fremdsprachenlehrkräften hat und welche Fragen und Hypothesen zu einem effektiven Fremdsprachenerwerb bestehen. Die verschiedenen Sichtweisen werden im Dialog miteinander verglichen. 1 Das Projekt wurde beantragt durch Dr. Georgia Gödecke und Prof. Dr. Andreas Grünewald und wird gefördert durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre. Weitere Informationen zum Projekt sind einsehbar unter https: / / tinyurl.com/ projektlostintranslation. 71 Die von den Studierenden in der Öffentlichkeit gesammelten Fragen rund um das Lehren und Lernen von Sprachen lauten z.B., warum man überhaupt noch eine Fremdsprache lernen sollte, wenn (Echtzeit-)Übersetzungsprogramme eine basale Kommunikationsfähigkeit in einer Fremdsprache ohne großen Aufwand möglich machen. Andere Fragen beziehen sich auf innovative Konzepte oder Grundlagen des Fremdsprachenlernens (geeignetes Alter, Sprachbegabung, Memorisierungstechniken usw.) oder danach, wie man sich selbst eine Sprache aneignen kann. Die Studierenden finden sich je nach Interesse in Schwerpunktgruppen zusammen und gehen im Sinne des forschenden Lernens der Aufgabe nach, wissenschaftlich fundierte Antworten für die jeweiligen themenspezifischen Fragen zu finden. Dazu konsultieren sie relevante Fachliteratur und nehmen Kontakt zu Wissenschaftler: innen aus der Fremdsprachendidaktik, Fremdsprachenforschung, Neurobiologie, Spieltheorie usw. auf, laden diese zu Expert: inneninterviews an die Universität Bremen ein oder führen diese eigenverantwortlich via Zoom. Um die Ergebnisse der Öffentlichkeit zu präsentieren, bereiten die Studierenden die wissenschafts- und praxisrelevanten Inhalte in diesem Durchgang in Form von wissenschaftskommunikativen Videos auf. Der gesamte Entwicklungsprozess lässt Raum für kreative Ideen, bei dem die Dozierenden und ein Wissenschaftskommunikator unterstützend zur Seite stehen. Beim Erstellen der Videos ist nun die besagte ‚Übersetzungskompetenz‘ der angehenden Lehrkräfte gefragt. Die fachspezifischen Inhalte sollen wissenschaftlich fundiert, spannend und empfänger: innenorientiert präsentiert werden. Die Inhalte müssen also auch für Laien nachvollziehbar vermittelt werden. In diesem Seminar werden also auf ganz natürliche Weise unterschiedliche Register der Berufssprache (Fachsprache, Laienkommunikation, usw.) mit unterschiedlichen Akteur: innen (Expert: innen, Kollegen, Eltern, interessierte Öffentlichkeit) angewendet. Die Studierenden lernen darüber hinaus, fachliche Gegenstände - unter Berücksichtigung der fünf oben genannten Merkmale für Fachsprache - fachsprachlich korrekt darzustellen (scientific community, Expert: innen) und allgemeinverständlich in einem wissenschaftskommunikativen Video, einem Podcast oder eines Presseartikels einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren. Ich konnte zeigen, dass die Berufssprache von Lehrkräften aus weit mehr besteht als aus Teacher Talk. Nach dem ich Besonderheiten und Forschungsdesiderate zum Teacher Talk im Fremdsprachenunterricht und dessen Einfluss auf die Sprachlernprozesse der Schüler: innen diskutiert habe, stellte ich exemplarisch die Förderung von Fachsprache als ein Teil der Berufssprache von Lehrkräften in der ersten Ausbildungsphase dar. Zu diesem Zweck stellte 72 ich drei Bausteine vor, welche im Bachelor den rezeptiven Gebrauch (Baustein 1) und den produktiven Gebrauch (Baustein 2) von fremdsprachendidaktischer Fachsprache fördern. Der dritte Baustein im Master of education unterstützt die Studierenden beim Einsatz ihrer sich immer weiterentwickelnden Berufssprache in ihrem zukünftigen Umfeld, indem mit Akteur: innen aus Universität und dem zukünftigen beruflichen Umfeld und der interessierten Öffentlichkeit auf einem jeweilig angemessenen sprachlichen Niveau kommuniziert werden muss. Dieser dritte Baustein hat insofern Modellcharakter, weil das vorgestellte Produkt (wissenschaftskommunikative Videos) durch andere wie z.B. einen Podcast oder einen Artikel für die Uni- Zeitschrift ersetzt werden kann. Schließlich konnte ich nur ausschnittsweise beschreiben, was die fremdsprachendidaktische Fachsprache ausmacht. Diese ist mehr als Wissenschaftssprache, auch deshalb, weil die Fremdsprachendidaktik sowohl Wissenschaftsals auch Ausbildungsdisziplin ist. Ich freue mich auf die Diskussion in der scientific community über das, was unsere Fachsprache ausmacht und wie diese für angehende Lehrkräfte zu fördern ist. Appel, Joachim (2004): „Unterrichtssprache“. In: Englisch 39/ 1, 1-5. Braun, Christian (2010): Strategien der Fremdsprachenaneignung und des interkulturellen Lernens bei Lehramtsstudierenden im Auslandssemester. Bochum: AKS Verlag. Burwitz-Melzer, Eva/ Mehlhorn, Grit/ Riemer, Claudia/ Bausch, Karl- Richard/ Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.) 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Denn es gibt schlichtweg keine Abkürzungen, um eine gute Lehrkraft zu werden. Es braucht Zeit und viel persönlichen Einsatz von allen Seiten. Aus der Vielzahl an Überlegungen, die zum Kompetenzaufbau angehender Lehrkräfte auszuführen wären, beschränke ich mich hier auf Kerngedanken des vorliegenden Bandes, der Berufssprache von Lehrerinnen und Lehrern für den Fremd- und Zweitsprachenunterricht. Zunächst möchte ich hierzu den Facettenreichtum des Begriffs Berufssprache auffächern, um dann einen Aspekt davon, den teacher talk, im komplexen Gefüge von Angebot und Nutzung im Fremd- und Zweitsprachenunterricht zu skizzieren. Des Weiteren gehe ich auf den Platz der Entwicklung des teacher talk in der Lehrer: innenbildung ein. Abschließend verweise ich in diesem Beitrag auf Desiderata, die vielleicht neue Forschungsarbeiten anregen mögen. Der Begriff der Berufssprache ist mehrdeutig. Er kann erstens generell als die in einem beruflichen Kontext verwendete Sprache angesehen werden. Dieser Auffassung entspricht Braunert (1999), für den Berufssprache im Allgemeinen „als beruflich-praktische Ebene der Fachsprachen (im Gegensatz zur theoretisch-wissenschaftlichen Ebene)“ (ebd., 99) gilt. Im Kontext des Fremdsprachenunterrichts geht dieses Verständnis des Begriffs Berufssprache in Lernangeboten wie beispielsweise English for Medical Professionals oder Technisches Deutsch für Ausbildung und Beruf auf. Dieses Begriffsverständnis wird gestützt von einer längeren wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Lehren und Lernen von Diskursen für bestimmte Gemeinschaften, die akademisch, beruflich oder anderweitig spezialisiert sind. Insbesondere werden dabei untersucht: der Zweitspracherwerb in speziellen Kontexten, die Be- 75 darfsermittlung, die Lehrplanentwicklung und -evaluierung, die Materialerstellung, die Diskursanalyse und die Beschreibungen spezieller Englischvarietäten, die Effektivität verschiedener Ansätze für das Sprachenlernen und den Sprachunterricht sowie die Ausbildung oder Umschulung von Lehrern für den Unterricht von English for Specific Purposes (ESP). Ein wichtiger Publikationsort hierfür ist das gleichnamige Journal English for Specific Purposes (Elsevier). Zweitens kann Berufssprache auch als die (Fach)Sprache von Profis über ihren Beruf begriffen werden, das heißt als „kollegiale Kommunikation“ zur „gemeinsamen Erörterung pädagogischer Arbeitsprobleme“ (Terhart 1987, 442; zitiert nach Wipperfürth 2015, 28). Über dieses basale Verständnis hinaus konnte Wipperfürth (2015) aufzeigen, dass die so verstandene Berufssprache von Fremdsprachenlehrer: innen auch ein entscheidender Indikator für die Professionalisierung von Lehrpersonen ist. Drittens kann die Berufssprache von Lehrpersonen als das Handwerkszeug für die Gestaltung von Unterricht verstanden werden. Diese häufig als teacher talk bezeichnete Kommunikation schließt „jegliche Sprachverwendung der Lehrpersonen“ inklusive non-verbaler Kommunikation im Unterricht ein. Non-verbale Kommunikation im teacher talk ist vor allem körpersprachliche Kommunikation mit Gesten wie beispielsweise ikonische, metaphorische, deiktische und taktschlagende Handbewegungen (Klassifikation nach McNeill 1992) sowie Mimik oder extraverbale Verhaltensweisen wie etwa in der Proxemik. Erste qualitative Studien geben Hinweise darauf, dass pädagogische Gesten Einfluss auf das Erlernen von Vokabular (Lazaraton 2004) und Grammatik (Matsumoto/ Mueller Dobs 2017) haben. Zudem kann teacher talk auch medial beispielsweise in Online-Seminaren vermitteln und muss entsprechend dem Medium modifiziert werden. Eine Voraussetzung für gelingenden teacher talk ist laut Andrews (2007) die teacher language awareness. Laut Andrews kann eine hohe Language Teacher Awareness unter anderem folgenden positiven Effekt auf den eigenen Output im Fremdsprachenunterricht haben: Teacher ‘filters’ own classroom output (spoken and written) to ensure that it is 1) structurally accurate, 2) functionally appropriate, 3) clearly expressed and 4) pitched at the learners’ level, 5) an adequate basis for learner generalisations (Andrews 2007, 44). Bei diesen Betrachtungen des teacher talk stehen die lehrerseitigen Kommunikationsanteile im Fokus. Allerdings hat die Forschung inzwischen den Blickwinkel auf die Ko-Konstruktion der Interaktion zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern sowie weiteren am Unterrichtsgeschehen beteiligten Personen (z.B. Schulbegleiter) mit dem Begriff des classroom discourse ausgeweitet. Diese vierte, erweiterte Bedeutung der „Berufssprache“ als classroom discourse kann nach Tsui (2008) wie folgt definiert werden: 76 The term classroom discourse […] refers to all forms of discourse that take place in the classroom. It encompasses the linguistic as well as the nonlinguistic elements of discourse. The former includes the language used by the teachers and the learners, as well as teacher-learner and learner-learner interaction. The latter includes paralinguistic gesture, prosody, and silence - all of which are integral parts of the discourse (Tsui 2008, 261). Aus dieser Definition wird deutlich, dass classroom discourse alle Beteiligten am Unterricht mit einbezieht. Teacher talk beharrt im Gegensatz dazu auf einer lehrerzentrierten Perspektive, die allerdings die höchst relevanten Fragen nach Qualitätsmerkmalen von Unterricht nur annähernd zu klären vermag. Insofern ist es nur folgerichtig, wenn Thomson (2022b, 18) die gesamte Kommunikationssituation in den Blick nimmt und zum Konzept der classroom discourse competence (übersetzt als fremdsprachenunterrichtliche Diskurskompetenz) weiterentwickelt. Der Stellenwert der „Berufssprache“ wird bereits bei Roters et al. (2011) herausgestellt, die neben dem Fachwissen, dem fachdidaktischen Wissen und dem pädagogischen Wissen zusätzlich die „sprachliche Handlungsfähigkeit“ als Facette des Professionswissens von Fremdsprachenlehrkräften konzeptualisieren. Bei Kirchhoff (2017) musste diese Facette leider unberücksichtigt bleiben. Thomson (2022c, 45) nimmt die Arbeit an diesem möglicherweise unterscheidbaren, jedenfalls wichtigen Aspekt nun wieder auf und konzeptualisiert classroom discourse competence als eine weitere Dimension der professionellen Kompetenz von Lehrerinnen und Lehrern. Sie unterteilt sie in die Facetten classroom discourse knowledge sowie classroom discourse skills (analytical, anticipation, adaptation) und eine weitere Facette, die classroom discourse awareness (ibid, 51). Des Weiteren entwirft sie ein Gesamtmodell von der Disposition von Lehrkräften bis hin zur unterrichtlichen Performanz (vgl. Blömeke et al. 2015) und behandelt classroom discourse competence als Moderator- oder Mediatorvariable (Thomson 2022c, 41). Bei genauerem Blick auf die Konzeptualisierung von Thomson fällt auf, dass manche Aspekte sich vor allem mit fachdidaktischen Facetten vorausgehender Kompetenzmodelle für Fremdsprachenlehrer: innen (Roters 2011; Kirchhoff 2017) zu überlagern scheinen. Hier könnte vermutet werden, dass Aspekte der von Thomson entwickelten classroom discourse competence ein Ausdruck fachdidaktischer und fachlicher Kompetenz sind. Dies wäre theoretisch weiter zu hinterfragen und empirisch zu prüfen. In einem weiteren Schritt könnte überprüft werden, welchen Effekt das Wissen von Lehrkräften in diesem Kompetenzbereich im Zusammenspiel mit anderen Facetten professioneller Kompetenz von Fremdsprachenlehrkräften (zum Beispiel deren Wissen um das didaktische und diagnostische Potential von Aufgaben oder deren Kenntnis typischer Schülerfehler) auf den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern haben. Lenkt man den Blick zurück auf den teacher talk, sollte dann nicht nur in einer Binnen- 77 Struktur auf Teilkompetenzen hin elementarisiert werden, sondern teacher talk sollte vor allem auch als Teil des classroom discourse verstanden werden. Die Doppelrolle von Sprache als Medium und Ziel wird im Paradigma des kommunikativ ausgerichteten Fremdsprachenunterrichts, der auf ein sozialkonstruktivistisches Verständnis des Spracherwerbs zurückgeht, als ein besonders wichtiger Faktor für den Lernerfolg hervorgehoben. Daher ist die Interaktion in der Fremdsprache in gebrauchsbasierten Spracherwerbstheorien von zentralem Stellenwert. Daraus lässt sich die Forderung nach einem Unterricht ableiten, in dem die Kommunikation weitgehend in der Zielsprache stattfindet, um intensive exposure zu gewährleisten (Muñoz 2016). Einen weiteren Hinweis auf die Bedeutung eines hohen zielsprachlichen Anteils im Unterricht gibt die DESI-Studie (DESI-Konsortium 2008). Im Fremd- und Zweitsprachenunterricht stellt die Kommunikation mit der Lehrkraft wohl den quantitativ höchsten Anteil des Inputs dar. Die spezielle Sprache der Lehrkraft ist das Modell, an dem sich Schülerinnen und Schüler in ihrem Lernprozess vorrangig orientieren. Damit nimmt teacher talk als ein Teil von classroom discourse competence eine zentrale Rolle vor allem in den ersten Jahren des Spracherwerbs (in der Grundschule) und in den frühen Schuljahren der Sekundarstufe I ein. Die dafür verwendete gesprochene Sprache wird auch als teacherese bezeichnet, analog zum genderpolitisch problematischen Begriff motherese (fachsprachlich korrekte Ausdrücke sind caretaker speech oder child-directed speech). Lehrkräfte sollten zum Beispiel ein adäquates Modell zum Erwerb von grammatikalischen Strukturen bieten, die frequent und konsistent sind (Murphy 2014). Die Qualität des teacher talk ist darüber hinaus auch dann relevant, wenn es gerade nicht um die Präsentation und Manipulation von Sprache geht, sondern wenn beispielsweise die Klassenführung im Zentrum steht. Erstaunlicherweise sind die Zusammenhänge zwischen dem L2- Sprachkönnen der Lehrkraft zur lernförderlichen Gestaltung des Unterrichts und im letzten Schritt zum Lernertrag noch kaum geklärt. Eine Studie von Unsworth et al. (2015) kommt zu dem Ergebnis, dass im frühen Fremdsprachenunterricht das L2-Niveau der Lehrkraft ein besserer Prädiktor für Kompetenzzuwächse in Grammatik und Vokabular ist als der zeitliche Umfang des Englischunterrichts. Weitere Untersuchungen zur Frage, ob das Niveau der L2-Kompetenz tatsächlich ein guter Prädiktor für den Lernertrag angesichts weiterer, lehrerseitiger Faktoren ist, stehen noch aus. Zudem müssen mögliche Effekte angesichts der komplexen Bedingungen des Angebots- und Nutzungs-Modells der Wirkweise von Unterricht (Helmke 2015) differenziert betrachtet werden. Zum einen kommt es auf die Fähigkeit der Lehrkraft an, ihre Sprachproduktion mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler zum Bei- 78 spiel hinsichtlich Frequenz und Konsistenz von Form- und Funktionsentsprechungen im Grammatikunterricht zu adaptieren (vgl. Forschungsüberblick in Murphy 2014). Man könnte auch annehmen, dass die L2- Sprachkompetenz nur auf einem gewissen Niveau als Sockel verfügbar sein muss, sich aber danach durch höhere fremdsprachliche Kompetenz keine weiteren signifikanten Steigerungen im Lernertrag der Schülerinnen und Schüler erreichen lassen. 1 Vielmehr könnte hier das fachdidaktische Professionswissen von Lehrkräften entscheidend sein. Was eindeutige Aussagen erschweren dürfte, sind zudem Lerneffekte, die weniger dem zielsprachlichen Input und dem damit ermöglichten impliziten Lernen zuzuschreiben sind, sondern vielmehr auf explizite Erklärungen (auch in der Unterrichtssprache der Schule) oder auf besonders sinnvolles Üben zurückzuführen sind. Zudem ist die Frage nach den positiven Effekten, die der Einsatz einer L1 der Schülerinnen und Schüler durch die Lehrkraft etwa in Phasen des Erklärens und Modellierens haben kann, noch nicht hinreichend beantwortet. So zeigte eine Studie von Tian und Macaro (2012) den positiven Nutzen der L1 in der Lehrersprache etwa bei der Semantisierung von Vokabular. Seit den 2000er Jahren richteten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen anderer Unterrichtsfächer ebenso großes Augenmerk auf Sprache als ein Lernmedium und als ein Lernziel. Nur um ein prominentes Beispiel zu nennen, beschreiben Erath et al. (2018) dies für den Mathematikunterricht wie folgt: With respect to language diverse classrooms (Barwell et al., 2016), language is increasingly treated also as a learning goal (Lampert & Cobb, 2003), and the conceptualization of academic language and everyday language (Cummins, 2000; Schleppegrell, 2004; Snow & Uccelli, 2009) is well established and discussed in mathematics education research (Erath et al. 2018, 162). Ausgehend von der Prämisse, dass fachliches Lernen immer auch sprachliches Lernen beinhaltet, müssen auch in anderen Fachdidaktiken sehr bewusste Umgangsweisen mit der Sprache im Fach gefunden und die hier skizzierten Auffassungen der Berufssprache thematisiert werden. Hier haben die Didaktiken der Naturwissenschaften im letzten Jahrzehnt große Fortschritte gemacht. Hierzu haben die Forschung und Praxis des bilingualen Sachfachunterricht einen wichtigen Beitrag geleistet. 1 Ein ähnlicher Effekt wurden für das mathematische Fachwissen von Lehrkräften in der COACTIV-Studie festgestellt (Baumert/ Kunter 2013, 175ff.). In dieser Studie wurden die individuellen Eigenschaften von Lehrkräften der Mathematik für die im positiven Sinne wirksame Bewältigung der beruflichen Anforderungen konzeptualisiert, operationalisiert, erhoben und in ihren Zusammenhängen erfasst. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die fachdidaktische Vorbereitung und Durchführung von Unterricht gelegt. 79 Im Grunde genommen ist die Kompetenz des teacher talk in der Lehrer: innenbildung aktuell zumeist heimatlos. Weder die sogenannte Sprachpraxis noch die Fremdsprachendidaktik und schon gar nicht die Fachwissenschaften fühlen sich zuständig dafür, den angehenden Lehrer: innen diese Kompetenz zu vermitteln oder sie zumindest auf den Weg zu schicken. Allenfalls für die Fremd- und Zweitsprachenlehrkräfte an den Grundschulen gibt es Kurse zu classroom English. Dies mag nicht zuletzt darin begründet liegen, dass in den KMK-Standards der Lehrerbildung (KMK 2019) lediglich Angaben zum allgemeinen fremdsprachlichen Kompetenzniveau von Lehrerinnen und Lehrern gemacht werden: Sie sollen über „nativnahes Sprachkönnen“ verfügen und dieses aufrechterhalten (ebd., 44). Weitere Anforderungen an die fremdsprachlichen Kompetenzen für das Unterrichten und Bewerten werden nicht gestellt. Vielmehr scheint den Standards hier die Annahme zugrunde zu liegen, dass sich die für einen erfolgreichen Unterricht notwendige classroom discourse competence ohne explizite Förderung auf der Basis einer hohen L2-Kompetenz von selbst entwickle - eine Annahme der Thomson (2022b) vehement widerspricht. Für Skinner hat effective teacher talk sogar das Potential als threshold concept in TESOL zu fungieren (Skinner 2017). Unter threshold concepts versteht sie „core concepts that, once understood, transform perception of a subject and help students progress in their discipline“ (Skinner 2017, 150). Sie geht davon aus, dass angehende Lehrkräfte auf der Grundlage eines tieferen Verständnisses von teacher talk ihre allgemeinen Kompetenzen als Fremdsprachenlehrkräfte deutlich verbessern können. Möchten wir der Entwicklung von classroom discourse competence einen höheren Stellenwert einräumen, so gilt es, passende hochschuldidaktische Formate zu deren Entwicklung auszuwählen. Doch welche hochschuldidaktischen Formate eigenen sich für die Ausbildung einer messbaren classroom discourse competence? Bislang haben sich an manchen Universitäten bereits fremdsprachliche Kurse für Lehrkräfte etabliert, die den Unterrichtskontext vor allem in der Grundschule und in den sogenannten nicht-vertieften Studiengängen berücksichtigen. Hierbei erfolgt ein gesondertes Training zur zielgenauen Adaption der Sprache als Voraussetzung für einen gelingenden einsprachigen Fremdsprachenunterricht. Für den Englischunterricht in der Grundschule stehen mit den Publikationen von Slattery und Willis bereits Materialien zur Verfügung (Slattery/ Willis 2002; Slattery 2008). In diesen Materialien werden neben didaktischen Handreichungen zu Teilaspekten des Unterrichtens immer auch ganz konkrete Vorschläge für die Verwendung der Zielsprache gemacht. Zudem werden Audioaufnahmen aus Unterrichtssituationen zum vertieften Hören von Arbeitsanweisungen, Sprachmaterial zur Imitation und weiterem Input in der Fremdsprache angeboten. Des Weiteren 80 stellen die Autorinnen ein festes Repertoire an classroom phrases zu Anleitung von wichtigen Instruktionen zur Verfügung, die anfangs zum Verständnis modelliert werden und danach immer wieder im gleichen Wortlaut wiederholt werden sollen. Ein weiterer Ansatz besteht darin, mit Hilfe der Analyse von classroom discourse corpora die Wahrnehmung von Interaktionsmustern beispielsweise der IRF-Sequenz zu fördern (vgl. Jäkel 2022; Kirchhoff/ Klippel 2013). Damit angehende Lehrkräfte die Anpassung ihres fremdsprachlichen Outputs an die Bedürfnisse ihrer Lerner üben können, ohne dem Druck einer realen, mehrdimensionalen Unterrichtssituation ausgesetzt zu sein, bieten sich aber vor allem Simulationsformate an. Laut Jossberger et al. (2022) können Simulationen die intraindividuelle Umstrukturierung von Wissen durch Fallbearbeitung sowie auf den Lernenden zugeschnittenes Feedback die berufliche Entwicklung fördern. In der Lehrerbildung werden Simulationen häufig in micro teachings unter Einsatz von Videographie umgesetzt (vgl. Stadler-Heer 2022). Im Zuge der Digitalisierung könnten hier auch virtuelle Szenarien entwickelt werden. Empirisch sind die Zusammenhänge zwischen teacher talk (als Teil der classroom discourse competence) und Lernzuwächsen nur unzufriedenstellend geklärt. So bedauern Graham et al. (2017, 928) mit Blick auf den frühen Fremdsprachenunterricht, dass es sehr wenige empirische Studien gibt, die sich mit den Zusammenhängen zwischen der Qualität, der Quantität und der Art des Inputs von der Lehrkraft mit den Lernzuwächsen von Schülerinnen und Schülern beschäftigen. Letztendlich ist dies auch wenig überraschend, da der Einfluss der Lehrersprache auf den Lernerfolg im komplexen Gesamtzusammenhang des Angebot-Nutzungsmodells von Unterricht gesehen werden muss. Nichtsdestotrotz kann die fachdidaktische Forschung Ergebnisse auf einem Mikrolevel generieren, indem sie beispielsweise fallorientiert anhand von Videoanalysen beschreibt, was die Lehrersprache von besonders erfolgreichen Lehrkräften für den Unterricht ausmacht. Diese qualitativ-rekonstruktiv gewonnenen Erkenntnisse könnten hypothesenüberprüfend beforscht werden, um in einem nächsten Schritt einen Beitrag zur aktuellen Forschung zur Unterrichtsqualität zu leisten (vgl. Wilden 2021; Lohe et al. in Vorbereitung). Ferner ergeben sich weitere Forschungsbedarfe angesichts sich veränderter Rahmenbedingungen für den Fremdsprachenunterricht. Zu den sich verändernden Rahmenbedingungen zählen beispielsweise das gestiegene Bewusstsein für Mehrsprachigkeit in unserer Einwanderungsgesellschaft, die Digitalisierung von Kommunikation und Unterricht und eine damit einhergehende Mediatisierung des Englischen. Auch die gestiegenen Anforderun- 81 gen an Schule und Unterricht zur Inklusion von Kindern mit besonderen Voraussetzungen sind zu berücksichtigen (insbesondere die sozialemotionale Entwicklung in einer Risikogruppe von 20% der Dreibis Zehnjährigen (Hölling et al. 2014). Vor diesem Hintergrund drängt aus meiner Sicht die Beantwortung folgender Fragen: •• Wie lassen sich die Teilkompetenzen der classroom discourse competence weiter konzeptualisieren und operationalisieren? Wie kann diese skaliert werden? • Welche Rolle spielt die L2-Kompetenz der Lehrkräfte? Ist sie ein Mediator oder ein Moderator? Gibt es einen Sockel an Kenntnissen (vgl. Kapitel 2 dieses Beitrags)? • Welche Anforderungen und Auswirkungen hat die classroom discourse competence der Lehrkraft auf den Lernertrag in unterschiedlichen Lerngruppen sowie auf individuelle Lerner? • Welche Anforderungen an die Lehrersprache im kommunikativen Fremdsprachenunterricht stellt der hohe Anteil an Kindern mit sozialemotionalem Entwicklungsbedarf? • Wie soll die Entwicklung und Aufrechterhaltung der classroom discourse competence in die Phasen des Lehramtsstudiums und der weiteren Berufstätigkeit eingebunden werden? • Welche hochschuldidaktischen Formate können gewinnbringend für welche Facette der classroom discourse competence eingesetzt werden? Grundsätzlich gehen wir hier von der Erlernbarkeit von Lehrersprache im Rahmen der Ausbildungsphasen von Lehrer: innen aus. Lehrkräfte beziehen ihre Kompetenzen nicht aus einer grundsätzlich dem Lehren gegenüber positiv disponierten Persönlichkeit, sondern sie professionalisieren sich in einem langem Weg, auf dem sie zunächst fachliches, pädagogisches und fachdidaktisches Wissen als Basis ihrer Kompetenz erwerben (vgl. Metastudie von Anderson/ Taner 2023). Mein kurzer Blick auf die (fremd-)sprachlichen Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern sollte deutlich werden lassen, dass es auf diesem Weg keine Abkürzungen gibt, sondern dass Lehrkräfte über Wissenserwerb (Baumert/ Kunter 2013), Reflexion (Farrell 2019) und nicht zuletzt deliberate practice (Ericsson et al. 1993; Hambrick et al. 2020) zu Profis in ihrem Beruf werden. Dabei führt auch kein direkter Weg vom Lehrangebot zur Entwicklung der professionellen Kompetenz (vgl. Konzeption der PaLea- Studie, Möller et al. 2023, 7). Nur auf der Grundlage einer Ausbildung, die mit verschiedenen Zugängen und Perspektiven die notwendigen Facetten der Professionalität von Fremdsprachenlehrkräften entwickelt, können angehende Lehrkräfte den vorhandenen und zukünftigen (fremd)sprachlichen und kulturellen Reichtum unserer Schülerinnen und Schüler sichtbar werden lassen und fördern. 82 Anderson, Jason/ Taner, Gülden (2023): „Building the expert teacher prototype: A metasummary of teacher expertise studies in primary and secondary education“. In: Educational Research Review 38, 100485. DOI: 10.1016/ j.edurev.2022 .100485. Andrews, Stephen (2007): Teacher Language Awareness. Cambridge: Cambridge University Press. Barwell, Richard/ Clarkson, Philip/ Halai, Anjum/ Kazima, Mercy/ Moschkovich, Judith/ Planas, Núria et al. (Hrsg.) (2016): Mathematics Education and Language Diversity. The 21st ICMI study. Cham: Springer. 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Während die Begriffe Lehrersprache, Unterrichtssprache und teacher talk in erster Linie das sprachliche Handeln von Lehrerinnen und Lehrern im Unterrichtskontext bezeichnen, beziehen sich die Termini Berufssprache, professional teacher language (Schlick 2021) und insbesondere Fachsprache vor allem auf die Kommunikation über den Unterricht, den Beruf und innerhalb der Profession. Insofern umfasst das der ersten Leitfrage implizite Konzept von Berufssprache, das dort mit Lehrersprache gleichgesetzt wird, in erster Linie den unterrichtsimmanenten Aspekt von Berufssprache. Der Klarheit halber werde ich daher im Folgenden den Begriff Berufssprache vermeiden und stattdessen Lehrersprache, Unterrichtssprache und weitere unterrichtsspezifische Bezeichnungen verwenden. Das sprachliche und nicht-sprachliche Agieren von Fremdsprachenlehrkräften im Unterricht ist von zahlreichen Faktoren geprägt, wozu u.a. ihr professionelles Wissen, ihr didaktisch-methodisches Geschick, ihre fremdsprachliche Kompetenz, ihre Persönlichkeit und ihr aktuelles Befinden sowie der jeweils gegebene Kontext in allen seinen personalen und situativen Facetten zählen. Diese Faktoren sind vielfach miteinander verknüpft, wie man beispielhaft an unterschiedlichen Szenarien zeigen kann: körperliches Unwohlsein beeinflusst Stimme und Sprache; hohe fremdsprachliche Kompetenz 87 vermag mangelndes fachdidaktisches Wissen und Können nicht zu kompensieren; die Persönlichkeit der Lehrkraft und der Kontext prägen die Art der Unterrichtskommunikation und somit die Lehrersprache. Die Tatsache, dass sprachliches und nicht-sprachliches Handeln von Fremdsprachenlehrkräften stark mit deren Individualität und Identität zusammenhängen, macht es erforderlich, dass generelle Anforderungen an entsprechende Kompetenzen sensibel formuliert werden. Bestimmte Zielmarken für das sprachliche und nonverbale Können und Verhalten von Fremdsprachenlehrkräften können jedoch nur dann zu einer Verbesserung führen, wenn Lehrkräfte lernen, neben ihren methodisch-didaktischen Handlungen im Unterricht auch ihre Sprache und die nonverbale Kommunikation (selbst)kritisch zu reflektieren. Dazu sind in Aus- und Weiterbildung Möglichkeiten zu schaffen. Betrachtet man die erforderlichen Ausprägungen der Lehrersprache, so gilt es unterschiedliche Aspekte zu beachten - zuallererst die Kompetenz in der Fremdsprache. Es ist eigentlich selbstverständlich, muss aber dennoch immer wieder betont werden, dass Lehrkräfte die Sprache gut beherrschen sollten, die sie unterrichten. Dazu zähle ich eine weitgehende grammatische, lexikalische und pragmatische Korrektheit beim mündlichen und schriftlichen Gebrauch der Fremdsprache, einen flexiblen Umgang mit dieser Sprache, was Register, Situationen, Adressaten und Komplexität betrifft sowie das Fehlen eines starken deutschen Akzents. Da wir es in unserem Bildungssystem bei den Lehrpersonen in überwiegendem Maße mit Nicht-Muttersprachensprecher: innen der unterrichteten Sprachen (ich nehme Deutsch als Zweitsprache hier aus) zu tun haben, kann man völlige Akzentfreiheit und muttersprachliches Niveau (C2) nicht verlangen. Die sprachlichen und nonverbalen Kompetenzen müssen jedoch in jedem Fall ausreichen, um den Unterricht, soweit es möglich und didaktisch sinnvoll ist, kompetent in der Zielsprache zu gestalten. Dafür erscheint in allen Fertigkeiten ein Niveau von C1 angebracht, zumal der Fremdsprachenunterricht in vielen Situationen und auf allen Schulstufen spontanes Reagieren und somit eine souveräne Handhabung der Fremdsprache erfordert. Allerdings geht diese Anforderung erheblich über das hinaus, was Freeman et al. (2015) als „English-for-Teaching“ beschrieben haben. So nennen sie als ein Element von „English-for-Teaching“, dass Lehrpersonen die Instruktionen des Lehrbuchs laut vorlesen können sollen. Ihr Hauptkriterium für die Lehrersprache ist „comprehensibility“: „‘English-for-Teaching’ needs to be understandable to other English language users in similar contexts“ (Freeman et al. 2015, 133). Damit entziehen sie sich der Debatte um annähernd muttersprachliche Standards für Fremdsprachenlehrkräfte und knüpfen an den English as lingua franca-Diskurs an, ohne dies jedoch zu benennen. Natürlich muss Lehrersprache verständlich sein. Ob dies jedoch ausreicht und man daher Aspekte wie sprachliche Korrektheit oder situative Angemessenheit beiseite lassen kann, erscheint mir mehr als fraglich. 88 In der Pädagogik hat Spanhel (1971, 72-81) fächerübergreifend den damaligen Forschungsstand zur „Sprache des Lehrers“ zusammengefasst und unterschiedliche Funktionen der Sprache als Instrument der Erziehung unterschieden, und zwar die operative, instruktive, kommunikative und emanzipative Funktion. Seine Studie zeigt, dass die Einsicht in die Multifunktionalität der Unterrichtssprache kein „neues“ Thema ist. Seine Aussage: „Die vom Lehrer im Unterricht angeregten Lernprozesse im Schüler sind entscheidend von den sprachlichen Verhaltensweisen des Lehrers abhängig“ (Spanhel 1971, 23), trifft für jeglichen Unterricht zu. Ausgehend von den Funktionen der Lehrersprache im Unterricht allgemein muss für den Fremdsprachenunterricht im Speziellen überlegt werden, wie Lehrkräfte den Unterricht managen, wie sie instruieren, kommunizieren und unterstützen können. Abb. 1: Lehrerhandlungen und classroom discourse (Abbildung auf der Basis von Deters-Philipp (2016, 87) und Klippel (2003, 56) bearbeitet und modifiziert) Die Grafik (s. Abb. 1) verdeutlicht, dass Fremdsprachenunterricht nicht nur Wissen und Fertigkeiten vermittelt, sondern darüber hinaus zur individuellen 89 sprachlichen, persönlichen und sozialen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler beiträgt bzw. beitragen sollte. Die Fremdsprachenlehrkraft ist sowohl sprachliches Vorbild als auch diejenige, die gezielt oder inzidentell sprachlichen Input bereitstellt. Zugleich obliegen ihr wie in jedem Unterricht die Aufgaben der Unterweisung, der Wissensvermittlung und Übungsanleitung. Schließlich ist die Lehrperson Kommunikationspartnerin und Lernhelferin. Dabei ist die sprachliche Gestaltung des Unterrichts mitnichten ein Prozess, der allein von der Lehrkraft gestaltet wird. Vielmehr geht es um die gemeinsame Konstruktion des Unterrichtsdiskurses durch Lehrende und Lernende, um classroom discourse (s. Kirchhoff in diesem Band). Dennoch ist die Lehrperson in stärkerem Maße für die adressatengerechte Gestaltung und den Ton des Unterrichtsdiskurses verantwortlich. Das kann sich auf die Aufgabenstellung oder das classroom management ebenso beziehen wie auf Rückmeldungen zu Schülerleistungen oder Hilfestellungen. Gerade weil Sprache ein so zentrales Element menschlichen Lebens ist, wirkt auch die Art und Weise der Kommunikation in mehrfacher Hinsicht - im positiven wie im negativen Sinne. In den Lehrerrollen und den Funktionen der Unterrichtssprache spiegeln sich didaktisch-methodisches und pädagogisches Handlungswissen und Können. Wer auf unterschiedliche Arten Feedback geben oder sprachliche Phänomene erklären möchte, benötigt dazu nicht nur die kommunikativen Mittel in der Fremdsprache, sondern zunächst einmal differenziertes und situationsangemessenes fachdidaktisches Wissen, um entsprechend handeln zu wollen. Vor fast 30 Jahren hat Gert Solmecke (1998) anhand konkreter Beispiele von Aufgabenstellungen und Handlungsanweisungen aus dem Englischunterricht vor allem der Hauptschule zum ersten gezeigt, dass präzise und verständliche Anweisungen erforderlich sind, um Lernen erst zu ermöglich. Zum zweiten ergaben seine Beobachtungen aber auch, dass etablierte Routinen von den Schüler: innen selbst dann verstanden und befolgt wurden, wenn die Anweisungen unklar waren; zum dritten beklagt Solmecke den für die Schüler: innen nicht erkennbaren und daher verwirrenden Wechsel zwischen sprachbezogenen und inhaltsbezogenen Lehreräußerungen, die für die Lernenden zu großer Unsicherheit führen. Bereits diese wenigen Beispiele verdeutlichen, dass fachdidaktische und unterrichtssprachliche Ausbildung daher im Lehramtsstudium Hand in Hand gehen sollten. Noch zwei weitere Gesichtspunkte sind bedeutsam: Kommunikation im Unterricht erfolgt nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich, nicht nur verbal, sondern auch nonverbal. Was letzteres betrifft, so weiß jeder, der Unterricht kennt, dass Gesten, Blicke, räumliche Nähe oder Distanz, Mimik, Gestik und Körperhaltung die Unterrichtsgestaltung und das Verhalten der beteiligten Personen maßgeblich beeinflussen (können). Während wir uns als Lehrende weitgehend bewusst sind (oder sein sollten), was wir wie im Unterricht sagen oder schreiben, verläuft die nonverbale Kommunikation viel we- 90 niger bewusst. Beides, d.h. verbale und nonverbale Kommunikationsformen, sind Teil der Persönlichkeit und der Identität eines Menschen und insofern nicht beliebig formbar. Das gilt auch für die Stimme, die die mündliche verbale Kommunikation transportiert. Zwar lassen sich Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke und Modulation einer Stimme in gewissem Umfang trainieren und modifizieren, jedoch nicht auf Dauer grundlegend verändern. Da Sprachunterricht auch Kulturunterricht ist, wurde schon vor längerer Zeit bei uns diskutiert, inwieweit die etwa im englischen Schulkontext gegebene eher indirekte Sprechweise der Lehrkräfte in einem deutschen Englischunterricht praktiziert werden sollte, wo doch an deutschen Schulen generell eine direkte Ansprache üblich ist (Heuer/ Klippel 1987, 131). Wenn man dem Konzept von „English-for-Teaching“ (Freeman et al. 2015) folgte, wäre diese Frage irrelevant, denn ihnen geht es nur um Verständlichkeit. Da der Unterricht in den modernen Fremdsprachen in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert jedoch traditionell eine starke kulturelle Komponente besitzt, ist die Frage nach kultureller Ausprägung des Unterrichtsdiskurses durchaus nachvollziehbar. Als Hilfsmittel für die - nach damaligem Verständnis adäquate und landeskundlich korrekte - sprachliche Bewältigung von Standardsituationen im Englischunterricht erschienen ab der Nachkriegszeit eine Reihe von Zusammenstellungen von Unterrichtsphraseologien, z.B. von Kissling (1959), Heuer/ Parry (1979), Hughes (1981), Gressmann/ Rich (1982), Cattliff/ Thorne (1988), Salaberri (1995), Gardner/ Gardner (2000) und Wulf (2001). Während das Büchlein von Kissling (1959) eher als Nachschlagewerk in Form eines Lexikons konzipiert ist, geht es in den zeitlich danach publizierten Zusammenstellungen verstärkt um die kommunikative Bewältigung unterschiedlicher Unterrichtsphasen und -szenarien im kommunikativen Englischunterricht, wobei die Schülersprache zumeist mitberücksichtigt ist. Aber auch für diese Zusammenstellungen gab es bereits Vorläufer, die im Zuge der Reformbewegung entstanden, als man begann, dem Unterrichtsgespräch wegen der Orientierung an der Förderung mündlicher Fertigkeiten größere Bedeutung beizumessen (Holzer 1900; Schmidt 1900). In jedem Unterricht finden sich gezielt geplante und ausgeführte Lernsituationen, die in der Grafik (s. Abb. 1) vor allem den Bereichen „Unterweisung“ und „Unterstützung“ zuzuordnen sind. Hier liegt die Aufmerksamkeit der Lehrperson auf den von ihr gesteckten Stundenzielen und der Bewältigung bestimmter Aufgaben durch die Lernenden. Das bedeutet, dass der Fokus zielabhängig entweder auf der Produktion der Zielsprache durch die Lernenden liegt, und zwar auf sprachlicher Korrektheit und/ oder auf Flüssigkeit des Sprachgebrauchs, oder aber auf dem Inhalt der Aussagen, auf die die Lehrperson entsprechend helfend, zustimmend oder korrigierend reagiert. Die Inter- 91 aktion in einer Unterrichtsstunde ist jedoch bei weitem nicht auf diese Sequenzen beschränkt. Von dem Zeitpunkt an, zu dem die Lehrerin oder der Lehrer den Klassenraum betritt, bis zu dem, wo sie oder er ihn wieder verlässt, wird kommuniziert. Der gesamte Bereich des classroom management, der im Englischunterricht in der Regel ebenfalls in der Fremdsprache erfolgt, stellt daher eine indirekte Sprachlernsituation dar. Dabei bilden wiederholte Routinen, etwa der Phasenwechsel, die Überprüfung der Hausaufgaben, die Zusammenstellung von Arbeitsgruppen, um nur einige zu nennen, gute Gelegenheiten zum Erlernen bestimmter Ausdrücke durch häufige Wiederholung. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass sich dadurch Fehler verfestigen, die nicht korrigiert wurden, oder sich sprachliche Routinen in Form eines classroom pidgin (dazu auch Solmecke 1998) etablieren, die zwar von allen Beteiligten situativ verstanden werden, aber sprachlich weder korrekt noch angemessen sind. Gerade bei der Bewältigung von Situationen, die nicht primär die Ziele des Fremdsprachenunterrichts betreffen oder auf das Lehrbuch bezogen sind, zeigen sich die Herausforderungen für die sprachliche Kompetenz und Flexibilität einer guten Fremdsprachenlehrkraft ebenso wie für das ihr eigene unterrichtsmethodische Repertoire. Da die Lehrperson immer auch als Modell für den Fremdsprachengebrauch (und das Sprachenlernen) fungiert, ist es unabdingbar, dass sie ihre eigenen Sprachkenntnisse regelmäßig auffrischt und sich gegebenenfalls sprachliches Feedback von anderen Expert: innen oder Muttersprachler: innen holt. Eine weitere, oft vernachlässigte Herausforderung für Fremdsprachenlehrkräfte besteht darin, die Unterrichtssprache lexikalisch, grammatisch und pragmatisch an das jeweilige Könnensniveau der Lernenden anzupassen. Diese Flexibilität ist bereits in der Muttersprache insbesondere für Lehrkräfte in der Primarstufe notwendig; sie ist jedoch für Fremdsprachensprecher: innen weitaus schwerer zu erreichen, insbesondere dann, wenn diese in allen Schulstufen unterrichten und sich täglich auf unterschiedliche Lerngruppen einstellen müssen. Zu der sprachlichen Anpassung an die fremdsprachliche Verstehenskapazität der jeweiligen Adressaten treten in der Unterrichtsinteraktion noch andere Aspekte, die Verständlichkeit, didaktische Wirksamkeit und affektive Qualität der Lehrersprache betreffen: Prosodie, Stimme und nonverbale Kommunikation. Dabei kommt der Prosodie sowohl Bedeutung im Hinblick auf sprachliche Korrektheit zu, d.h. im Hinblick auf richtige Betonung und Intonation, als auch auf die Wirkung von Lehreräußerungen auf die Adressaten, etwa durch Rhythmus und Sprechgeschwindigkeit. Auf unterschiedliche Arten von Stimmen, die als mehr oder weniger angenehm empfunden werden können, reagieren wir eher unbewusst. Die Stimme der Lehrkraft ist ein wichtiges Werkzeug, das trainiert und gepflegt werden muss. Maley (2000) stellt dazu hilfreiche Übungen vor, die die Stimme kräftigen. Ähnlich wie Schauspieler: innen sollten auch angehende Lehr- 92 kräfte ihre Stimme unter professioneller Anleitung ausbilden dürfen. Das verhindert Überlastungen und Stimmverlust. Schließlich kommt die Stimme viele Jahrzehnte lang in jeder Unterrichtsstunde zum Einsatz. Wer einmal im Unterricht erlebt hat, wie stark eine einfache Geschichte an Dramatik gewinnen und Zuhörende fesseln kann, wenn die Erzählstimme geschickt zum Aufbau von Spannung eingesetzt wird, der wird dafür plädieren, dass Stimmbildung in die Lehramtsausbildung gehört. Einige Möglichkeiten, unterschiedliche Lautstärke, Tonhöhe, Sprechgeschwindigkeit oder Sprechrichtung sinnvoll in den Unterricht einzubauen, zeigt Rinvolucri (1998). Auch in der direkten Interaktion zwischen Lehrperson und Lernenden entfaltet die Stimme eine enorme Wirkung, die beispielsweise Interesse an der Antwort signalisieren, Gesprächspartner ermutigen oder aber auch entmutigen kann. Wenn es darum geht, nachhaltige Lernsituationen im Fremdsprachenunterricht zu schaffen, dann sollten Lehrkräfte genau wissen, was sie inhaltlich, methodisch, sprachlich und stimmlich dazu beitragen können. Empirische Untersuchungen zur Lehrersprache von bayerischen Mittelschul- Englischlehrkräften (Dörr 2018) und von Grundschullehrkräften (Deters- Philipp 2016) belegen, dass es um deren Sprachkompetenzen im Englischen nicht immer gut bestellt ist. Dörrs Studie (2018, 242-246) zeigt auf, dass insbesondere Quereinsteiger und das Englische fachfremd unterrichtende Lehrkräfte häufig eine geringere Sprachkompetenz im Englischen aufweisen als Fachlehrer: innen - und zwar teilweise nur auf dem Niveau von B1. Von den 18 von ihm im Unterricht beobachteten und befragten Lehrkräften, die Englischunterricht erteilen, waren zudem elf aus der Probandengruppe noch nicht im englischsprachigen Ausland (ebd.). Bedenkt man, dass ein Auslandsaufenthalt seit über 170 Jahren von den Lehrern moderner Sprachen gefordert wird, aber bisher nicht als verpflichtend in Studienplänen verankert ist, dann tut sich auch in dieser Frage ein Forschungsfeld auf. Zudem fällt auf, dass in der von Dörr untersuchten kleinen Gruppe von Lehrkräften ein gewisser Zusammenhang zwischen Sprachniveau in der Fremdsprache, Auslandsaufenthalt und der Teilnahme an fachdidaktischen Lehrerfortbildungen besteht. So besuchten die fachfremd unterrichteten Lehrpersonen kaum Fortbildungen, obwohl das gerade im Fall des fehlenden Fachstudiums sicherlich wünschenswert wäre (Dörr 2018, 242). Die Studie von Deters-Philipp (2016) basiert auf Interviews und somit auf Selbstauskünften und Selbsteinschätzungen von Grundschullehrkräften im Hinblick auf deren Lehrersprache im Englischunterricht der Grundschule. Ihre Ergebnisse legen offen, dass sich die Lehrkräfte zum ersten der vielfältigen Funktionen von Lehrersprache im Englischunterricht in sehr unterschiedlichem Ausmaß bewusst sind, dass sie sich zum zweiten bei einigen 93 dieser Aufgaben (s. Abb. 1) nicht in der Lage sehen, sie in der Fremdsprache durchzuführen, und dass zum dritten die persönliche Sprachlernbiographie einen entscheidenden Anteil daran hat, wenn Lehrkräfte die Fremdsprache flüssig und flexibel einsetzen können. Deters-Philipp (2016, 424f.) stellt fest, dass diejenigen Lehrpersonen, die ihren Englischunterricht überwiegend durch die Arbeit mit dem Lehrwerk bestreiten, weniger storytelling einsetzen und die englische Sprache auch kaum zu persönlicher Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern (small talk) nutzen. Auch spielt das Deutsche bei diesen Lehrkräften eine wesentlich größere Rolle im Unterricht, und zwar sowohl von Lehrerals auch von Schülerseite (ebd., 428). Wie in der Studie von Dörr (2018) zeigt sich auch in der Untersuchung von Deters-Philipp (2016), dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Absolvieren eines schulformbezogenen Lehramtsstudiums mit dem Fach Englisch, einer an Kontakten zur englischen Sprache und zu englischsprachigen Ländern reichen individuellen Sprachlernbiographie und der kompetenten und differenzierten Umsetzung des Unterrichtsdiskurses in der Fremdsprache, dass also fremdsprachendidaktische und -methodische Kompetenz gepaart mit hohem fremdsprachlichen Können zu gutem Unterricht führt. Das ist zwar ein wenig überraschendes Ergebnis, aber auch eines, was angesichts des aktuellen Lehrkräftemangels und der stetig wachsenden Zahl an Quereinsteigern, Studierenden und anderen fachfremd oder wenig vorbereiteten Personen, die Unterricht erteilen, nachdrücklich betont werden sollte. Dass die Lage vor einigen Jahren, als die Studien von Deters-Philipp (2016) und Dörr (2018) entstanden, auch nicht optimal war, zeigt die Tatsache, dass sich ohnehin vorwiegend solche Lehrkräfte für Forschungsvorhaben zu diesem Thema zur Verfügung stellen, die sich selbst als hinreichend sprachlich kompetent empfinden. Wenn also Studien mit Freiwilligen bereits solche Ergebnisse zeitigen, dann wird deutlich, dass es um die Lehrersprache im Englischunterricht an Grund- und Mittelschulen vermutlich nicht zum Besten steht. Dieser Vermutung sollte in weiteren Studien nachgegangen werden, die auch andere Schulformen einbeziehen. Des Weiteren vermögen Videostudien, wie z.B. die, die an der LMU vor gut zehn Jahren durchgeführt wurde, Aufschluss über Unterrichtssprache zu geben. Kirchhoff und Klippel (2014) verdeutlichen an Beispielen aus diesen Videos und unter Bezug auf den IRF (initiation, response, feedback/ follow-up) Zyklus unterrichtlicher Interaktion, wie komplex allein das Frageverhalten von Lehrkräften im Englischunterricht ist, dem man mit einfachen Taxonomien, die für alle Fächer gelten sollen, nicht gerecht wird. Zwar gibt es bereits eine Reihe von Studien zur Interaktion im Fremdsprachenunterricht (z.B. Lörscher 1983; Johnson 1995; Seedhouse 2004; Walsh 2006; 2011; 2013; Schwab 2009; Lenhard 2016), doch bietet jede dieser Forschungsarbeiten zahlreiche Anknüpfungspunkte für viele weitere, bisher nicht hinreichend untersuchte Fragen. So ist bisher das von Walsh (2006, 93-143 u.ö.) entwi- 94 ckelte Format der Selbsteinschätzung für Lehrkräfte SETT (Self-Evaluation of Teacher Talk) meines Wissens noch nicht in anderen Kontexten intensiv erprobt und evaluiert worden. Auch die schon recht alte, aber immer noch einschlägige und in ihrem Design faszinierende Studie von Moskowitz (1976) zur Interaktion im Klassenzimmer von herausragenden Fremdsprachenlehrkräften verdiente es, fünfzig Jahre später repliziert zu werden. Ebenso ließen sich interessante Einblicke in die Entwicklung der Unterrichtssprache und der Klassenzimmer-Interaktion gewinnen, wenn man die gedruckt vorliegenden Transskripte aus der Frühzeit der Unterrichtsbeobachtung in den 1970er Jahren (Kurtz 2013) mit heutigem Unterrichtsdiskurs vergleichen würde. Man geht davon aus, dass im Lehramtsstudium ein Perspektivenwechsel aus der Schülerin die Lehrerrolle erfolgen sollte. Teil dieses Perspektivenwechsels ist es, dass sich angehende Lehrkräfte reflektierend mit ihrer eigenen Person befassen und sich zunehmend bewusst werden, wie sie in allen Facetten als Unterrichtende agieren und wirken. Dass die Sprache und die nonverbale Kommunikation dabei eine zentrale Rolle spielen, leuchtet sofort ein. Nur wer sich selber in diesen Aspekten genau kennt, kann Stärken gezielt einsetzen und eventuelle Schwächen versuchen abzubauen. Für die inhaltliche und organisatorische Gestaltung eines Lehramtsstudiums in den Fremdsprachen sehe ich folgende Desiderate: •• Kooperation der Fremdsprachendidaktik mit der jeweiligen Sprachpraxis, um verpflichtende Kurse für alle Lehramtsstudierenden zu entwickeln und anzubieten, die die Unterrichtssprache ins Zentrum stellen. Dies könnte mit Micro-Teaching und Videoanalyse verknüpft werden. Gut wäre hierbei eine Berücksichtigung unterschiedlicher Schultypen und -stufen. Mögliche Ziele sind dabei sowohl die Verbesserung und Erweiterung der unterrichtsbezogenen Sprachkompetenz, die Verknüpfung von fachdidaktischem Wissen über bestimmte Unterrichtsverfahren mit deren sprachlicher Realisierung im Unterricht, eine Etablierung selbstreflexiver Haltung dem eigenen Sprachkönnen und -verhalten gegenüber sowie das Aufzeigen der vielfältigen Potentiale (und Fallstricke) sprachlicher (und nonverbaler) Kommunikation im Klassenzimmer. • Fachdidaktik: Arbeit mit Videovignetten von geglückter und weniger geglückter Unterrichtskommunikation im Fremdsprachenunterricht, um den professionellen Blick zu schulen, Reflexion anzuregen und Beobachtungsaufgaben sowie Übungsszenarien für Praktika zu entwickeln. Hierbei ist eine Rückbindung an fachdidaktische Forschung und Theorie unerlässlich. • Zusammenarbeit mit den Bildungswissenschaften, um Kommunikations- und Verhaltensstrategien zum classroom management theoretisch 95 und praktisch zu erarbeiten und deren fremdsprachliche Umsetzung zu ermöglichen. •• Stimmbildung für alle Lehramtsstudierenden. • Verpflichtender Aufenthalt in einem Zielsprachenland von mindestens drei Monaten. Diese Vorschläge zur Anreicherung der Erstausbildung von Fremdsprachenlehrkräften stellen nur einen ersten Schritt dar, um die Voraussetzungen für einen lernintensiven, ansprechenden und für alle Beteiligten befriedigenden Unterrichtsdiskurs zu schaffen. Aber Kenntnisse müssen aufgefrischt, Fertigkeiten ausgebaut und differenziert werden. Dazu könnten (verpflichtende? ) Lehrerfortbildungsveranstaltungen zu Unterrichtsdiskurs und Lehrersprache dienen, die gezielt sprachliche und methodische Aspekte sowie theoretische Einsichten und praktisches Einüben verknüpfen. Da Sprachkenntnisse ständig aktiv gehalten werden müssen, wenn sie einsatzfähig bleiben sollen, ist das eigene Sprachenlernen für Fremdsprachenlehrkräfte nie beendet. Eine regelmäßige sprachliche Weiterbildung ist daher auch für praktizierende Fremdsprachenlehrkräfte zu fordern. Diese kann durch Eigeninitiative (Reisen, Kontakte, Kurse) oder durch gezielte Fortbildungsveranstaltungen erfolgen. Hilfreich sind auch Lehrernetzwerke, in denen erfahrene Lehrkräfte und Noviz: innen zusammenarbeiten, wie sie Wipperfürth (2015) erfolgreich erprobt hat. Die konstruktive Kooperation im Fachkollegium und eventuelles gegenseitiges Hospitieren mit Feedback können dazu beitragen, dass Lehrkräfte Anregungen für Unterrichtsgestaltung und -kommunikation von anderen erhalten, über eigene Routinen nachdenken und bewusster agieren. Daneben wären Video Clubs, Lehreraustausch, Auslandsschuldienst, aber auch die Mitwirkung an einschlägigen Forschungsprojekten oder Lehrmaterialentwicklungen zu nennen. Das Ziel für jede Lehrperson ist immer, ihr fremdsprachliches und nonverbales Repertoire zu erweitern, ihre Unterrichtssprache flüssiger, differenzierter und präziser einzusetzen und die Interaktion im Unterricht besser zu verstehen, um sie noch effektiver für die Gestaltung guter Lernsituationen nutzen zu können. Die Qualität des Unterrichts steigt mit der Qualität der Unterrichtsinteraktion. Somit ist die Lehrersprache ein zentrales Element für besseres Fremdsprachenlernen. Catliff, Roslyn E./ Thorne, Sidney (1988): English in the Classroom. Frankfurt/ Main: Diesterweg. Deters-Philipp, Ann-Cathrin (2016): Lehrersprache im Englischunterricht an deutschen Grundschulen. Eine Interviewstudie mit Lehrkräften. Münster: Waxmann. Dörr, Simon (2018): Lehrer- und Schülersprache im Englischunterricht der bayerischen Mittelschule. Münster: Waxmann. 96 Freeman, Donald/ Katz, Anne/ Garcia Gomez, Pablo/ Burns, Anne (2015): „English-for-Teaching: rethinking teacher proficiency in the classroom“. In: ELT Journal 69/ 2, 129-139. Gardner, Bryan/ Gardner, Felicity (2000): Classroom English. Oxford: Oxford University Press. Gressmann, Ludwig/ Rich, Anthony (1982): Classroom Language. München: Oldenbourg. Heuer, Helmut/ Klippel, Friederike (1987): Englischmethodik. Berlin: Cornelsen. Heuer, Helmut/ Parry, Peter (1979): Hands up! Classroom phrases in English and German. Dortmund: Crüwell. Holzer, G. (1900): Zur französischen und englischen Unterrichtssprache. Beiträge zu einer Schulphraseologie. Englischer Teil. Beilage zum Jahresbericht der Ober- Realschule Heidelberg. Heidelberg: Geisendörfer. Hughes, Glyn S. (1981): A Handbook of Classroom English. Oxford: Oxford University Press. Johnson, Karen E. (1995): Understanding Communication in Second Language Classrooms. Cambridge: Cambridge University Press. Kirchhoff, Petra (in diesem Band): „Hier gibt es keine Abkürzung! Gedanken über den Erwerb einer lernförderlichen Berufssprache von Lehrkräften für den Fremd- und Zweitsprachenunterricht“, 74-85. Kirchhoff, Petra/ Klippel, Friederike (2014): „On the role of teacher questions in EFL classrooms: analysing lesson videos“. In: Pawlak, Miroslaw/ Bielak, Jakub/ Mystkowska-Wiertelak, Anna (Hrsg.): Classroom-oriented Research. Achievements and Challenges. Dordrecht et al.: Springer, 87-100. Kissling, Helmut (1959): Die englische Unterrichtssprache. Wiesbaden und Bamberg: Kesselringsche Verlagsbuchhandlung. Klippel, Friederike (2003): „Teaching in English - Teacher Language in Primary School”. In: Hermes, Liesel/ Klippel, Friederike (Hrsg.): Früher oder später? Englisch in der Grundschule und Bilingualer Sachfachunterricht. München: Langenscheidt, 53-68. Kurtz, Jürgen (2013): The Dortmund Historical Corpus of Classroom English. Flensburg: Flensburg University Press. Lenhard, Stefan (2016): Fehlerkorrekturen und Rückmeldungen im Englischunterricht. 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Landau: Verlag Empirische Pädagogik. Seedhouse, Paul (2004): The Interactional Architecture of the Language Classroom. A Conversation Analysis Perspective. Oxford: Blackwell. Solmecke, Gert (1998): „Aufgabenstellungen und Handlungsanweisungen im Englischunterricht. Äußerst wichtig - wenig beachtet“. In: Praxis des neusprachlichen Unterrichts 45/ 1, 32-44. Spanhel, Dieter (1971): Die Sprache des Lehrers. Grundformen didaktischen Sprechens. Düsseldorf: Schwann. Walsh, Steve (2006): Investigating Classroom Discourse. London and New York: Routledge. Walsh, Steve (2011): Exploring Classroom Discourse. Language in Action. London/ New York: Routledge. Walsh, Steve (2013): Classroom Discourse and Teacher Development. Edinburgh: University of Edinburgh Press. Wipperfürth, Manuela (2015): Professional Vision in Lehrernetzwerken. Berufssprache als ein Weg und ein Ziel von Lehrerprofessionalisierung. Münster: Waxmann. Wulf, Herwig (2001): Communicative Teacher Talk. Vorschläge zu einer effektiven Unterrichtssprache. Ismaning: Hueber. Jürgen Kurtz Ich möchte in meinem diesjährigen Statement zur Frühjahrskonferenz zwei miteinander verbundene, sich in Teilen überlappende Dimensionen von Berufssprache, hier speziell bezogen auf den Englischunterricht und die Englischlehrkräftebildung, in den Blick nehmen: einerseits die Kommunikation im Englischunterricht (Berufssprache als Unterrichtssprache), andererseits die Kommunikation über Englischunterricht (Berufssprache als Mittel der gegenseitigen Verständigung über all jene Fragen, die das institutionell organisierte Lehren und Lernen der englischen Sprache betreffen). Diese beiden, hier zunächst lediglich grob umrissenen Dimensionen von Berufssprache erstrecken sich über diverse Handlungsfelder der beruflichen Kommunikation. Im aktuellen Kerncurriculum für die Lehrerausbildung im Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen (MSB NRW 2021), das ich an dieser Stelle exemplarisch heranziehen möchte, werden fünf derartige Handlungsbzw. Tätigkeitsfelder unterschieden, als Ausbildungsfelder definiert und mit elf obligatorisch zu entwickelnden Kompetenzbereichen verknüpft: •• Handlungsfeld U: Unterricht für heterogene Lerngruppen gestalten und Lernprozesse nachhaltig anlegen; • Handlungsfeld E: Den Erziehungs- und Bildungsauftrag in Schule und Unterricht wahrnehmen; • Handlungsfeld L: Lernen und Leisten herausfordern, dokumentieren, rückmelden und beurteilen; • Handlungsfeld B: Schülerinnen und Schüler und Erziehungsberechtigte beraten; • Handlungsfeld S: Im System Schule mit allen Beteiligten entwicklungsorientiert zusammenarbeiten (MSB NRW 2021, 4). Die genannten Handlungs- und Tätigkeitsfelder sollen als „untereinander in einer engen wechselseitigen Beziehung“ stehend betrachtet werden und „durch berufsspezifische Konkretionen“ mit „Rekurs auf Bezüge zur ersten Phase, dem Studium“ exemplarisch in die Ausbildung in der zweiten Phase einbezogen werden (MSB NRW 2021, 4). Besondere Beachtung soll dabei die „Leitlinie Vielfalt“ erfahren, also die Fokussierung auf den Umgang mit Heterogenität und Diversität, die als „Richtung weisend für das Lehrerinnen- und 99 Lehrerhandeln in allen Handlungsfeldern“ (MSB NRW 2021, 6) betrachtet wird. Ich verzichte an dieser Stelle auf die Wiedergabe der im Kerncurriculum weitergehend noch ausgeführten ‚Konkretionen‘, denen sich (angehende) Lehrkräfte, ganz gleich welche Fächer sie unterrichten, zu stellen haben. Die damit verbundenen Kompetenzen, die im Vorbereitungsdienst bis zur „Berufsreife“ (MSB NRW 2021, 4) verbindlich entwickelt werden sollen, sind hoch komplex und anspruchsvoll - allerdings nicht unterrichtsfachlich spezifiziert. Auffällig ist, dass die berufssprachliche Umsetzung der diversen Kompetenzanforderungen gänzlich ausgeblendet wird. Offen bleiben zum Beispiel Fragen wie diese: Über welche berufssprachlichen Kompetenzen müssen Englischlehrkräfte verfügen können, um den schulischen Englischunterricht „sachlich und fachlich korrekt“ (MSB NRW 2021, 7) durchzuführen (Kompetenz 1), um „Werte und Normen, eine Haltung der Wertschätzung und Anerkennung von Diversität“ (MSB NRW 2021, 8) zu vermitteln (Kompetenz 5), um sich an der „Schul- und Unterrichtsentwicklung“ (MSB NRW 2021, 11) zu beteiligen (Kompetenz 11), „um Lernende und deren Eltern“ zu beraten (MSB NRW 2021, 9, 10) bzw. sich mit Eltern und Erziehungsberechtigten über den Lernstand oder das Verhalten ihrer Kinder zu verständigen (Kompetenz 7)? Ob das ganz im neoliberalen Zeitgeist verfasste nordrhein-westfälische Kerncurriculum dazu beitragen kann, dem übergreifenden Ziel, der Verbesserung der Lehrerbildung im Vorbereitungsdienst, auch und gerade unter dem Gesichtspunkt der unterrichtsfachspezifischen Berufssprachlichkeit, zu entsprechen, bleibt abzuwarten. Ich werde im Folgenden versuchen, mich dem in dieser Leitlinie unterbeachteten Bereich der unterrichtsfachbezogenen Berufssprache und ihrer systematischen Entwicklung anzunähern. Im englischdidaktischen Diskurs finden sich zahlreiche Ansätze zur Dokumentation, Analyse, Modellierung und Ausdifferenzierung von Berufssprache im Sinne von Kommunikation im Englischunterricht. Ich verweise exemplarisch auf: •• die DESI-Videostudie (Helmke et al. 2007, Helmke et al. 2008), • das Flensburg English Classroom Corpus (FLECC) (Jäkel 2010) und - in geschichtlicher Perspektivierung - das Dortmund Historical Corpus of Classroom English (DOHCCE) (Kurtz 2013), • die Arbeiten von Klippel (2003) und Deters-Philipp (2018), in denen die lehrerseitige Kommunikation im Englischunterricht der Primarstufe funktional betrachtet und modelliert wird (teacher as input provider, 100 as language model, as partner in communication, as instructor) (vgl. Deters-Philipp 2018, 474), •• die videogestützte Studie von Kirchhoff/ Klippel (2014) zu Lehrer: innenfragen im Englischunterricht, • die Mikroanalysen zur Interaktion im Englischunterricht von Schwab (2009) und Seedhouse (2014), • die Überlegungen Freeman et al. (2015) sowie Freeman (2017) zur Konzeptualisierung von Lehrersprache im Englischunterricht „as a bounded form of English for Specific Purposes (ESP) for the classroom” (Freeman et al. 2015, 129), • die Arbeiten zur Lehrersprache bzw. zur classroom interaction competence und ihrer (Selbst-)Evaluation von Walsh (SETT framework: selfevaluation of teacher talk) (2011; 2013), • die Studie von Lenhard zu Fehlerkorrekturen und Rückmeldungen im Englischunterricht (2016), • die Arbeiten von Thomson zu classroom discourse competence (2022a) und deren Entwicklung in der 1. Phase der Englischlehrerbildung (2022b), • aber auch die zahlreichen Veröffentlichungen von Butzkamm zur funktionalen Fremdsprachigkeit des Englischunterrichts (vgl. beispielsweise 2012, 54ff.). In der Zusammenschau verweisen all diese Arbeiten auf ein zu entwickelndes Verständnis von ‚Berufssprache als Unterrichtssprache‘, das deutlich differenzierter anzulegen ist, als es in den bildungspolitischen Verlautbarungen der heutigen Zeit vorzufinden ist. Ich habe vor einiger Zeit auf die Unzulänglichkeit der Behandlung von Berufssprache als Unterrichtssprache in den ländergemeinsamen inhaltlichen Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung (KMK, ursprünglich 2008, in der Fassung von 2019) hingewiesen (Kurtz 2019). Dort heißt es lapidar, immerhin bzw. interessanterweise an erster Stelle, dass Lehrkräfte in den neueren Fremdsprachen über ein „nativ-nahes“ Sprachkönnen verfügen können müssen (2019, 44). Dies mag wünschenswert bzw. erforderlich erscheinen. Ob derart pauschale Setzungen (und letztlich unrealistische Erwartungen) hinreichend sind, um einen lebhaften, kommunikativen Englischunterricht zu gestalten, der adaptiv, flexibel und (großenteils doch auch spontanmündlich) auf die sprachlich-kulturell hoch differenten Voraussetzungen, Bedürfnisse und Interessen einer zunehmend heterogenen Schülerpopulation zugeschnitten ist, ist infrage zu stellen (vgl. weitergehend Kurtz 2019, 176-178). Nearnativeness lässt letztlich sich für alle Berufe einfordern, in denen herausragende fremdsprachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten notwendig und wichtig sind, d.h. auch solche, die keinerlei fremdsprachenunterrichtlich-didaktische Orientierung und Zielperspektive haben. Es ist bedauerlich zu sehen, dass eine kultusministerielle Verlautbarung, die den Anspruch erhebt, von Orien- 101 tierung gebender Bedeutung für die heutige Fremdsprachenlehrerbildung zu sein, derart pauschale und, in Anbetracht der niedrigen fremdsprachlichen Studienzulassungsvoraussetzungen, unrealistische Forderungen enthält. Eine deutlich passgenauere Konturierung von Berufssprache als Unterrichtssprache findet sich in der (im KMK-Papier offensichtlich unberücksichtigt gebliebenen Leitlinie) der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung zur Reform der Fremdsprachenlehrerausbildung (vgl. DGFF 2003). In der DGFF-Empfehlung ist zu lesen, dass Fremdsprachenlehrende über eine „funktional differenzierte, variantenreiche, sichere Kompetenz in der Zielsprache“ verfügen können müssen, „die es ihnen ermöglicht, die Unterrichtsorganisation, allgemeine Gesprächsführung (z. B. auch small talk), insbesondere auch Fragen und Feedback dem Lernstand der Schülerinnen und Schüler angemessen und zugleich situations- und inhaltsangemessen zu gestalten“ (DGFF 2003, 5; zitiert nach Wipperfürth 2009, 16). In Anbetracht des aktuellen nationalen und internationalen Stands der Forschung erscheint es darüber hinausgehend sinnvoll und notwendig zu sein, die folgenden Charakteristika und Anforderungen in Bezug auf die Dimension ‚Berufssprache als Unterrichtssprache: Kommunikation im Englischunterricht‘ zu berücksichtigen: Kontextadäquatheit, Lerner- und Lernorientierung, Flexibilität, Adaptivität, Spontaneität, Routine und Improvisation, mediale und konzeptionelle Mündlichkeit/ Schriftlichkeit (vgl. Ulrich/ Michalak 2019) sowie unterrichtliche Ziel- und Mehrsprachigkeit. Diesbezüglich besteht nach wie vor ein großer Forschungsbedarf. Als Mittel der gegenseitigen Verständigung und Diskussion im Sinne von Kommunikation über Englischunterricht ist das Konstrukt ‚Berufssprache von Englischlehrkräften‘ sehr breit zu fassen. Hier sind diverse Verwendungskontexte, Handlungsfelder und Funktionen von Lehrersprache zu berücksichtigen. Ich denke aus eigener Erfahrung und in Anlehnung an Terhart (1987; 1992) zum Beispiel an •• informelle, zum Teil nur flüchtige Austausche mit Kolleg: innen im Lehrerzimmer, • schulische Fachkonferenzen im Englischkollegium, • Englischlehrer: innenfort- und -weiterbildungen, • Lernberatungsgespräche mit Schüler: innen, • Elternsprechtage, u.a.m. Englischlehrkräfte müssen berufssprachlich in der Lage sein, über sämtliche Aspekte, die den Englischunterricht fachlich und überfachlich betreffen, kontextsensitiv flexibel zu reden: mal eher allgemein- oder umgangssprachlich (ich würde dies in erster Annäherung als einen beruflichen Jargon oder per- 102 sönlichen Stil bezeichnen), mal eher bildungs- und fachsprachlich fundiert im Sinne eines berufssprachlichen Registers (vgl. hierzu auch Efing 2014; Gödecke 2022). In Anlehnung an Efing (2014, 420) lässt sich Berufssprache so gesehen als ein Kontinuum zwischen den Polen Allgemein-, Bildungs- und Fachsprache mit fließenden Übergängen und zum Teil verschwommenen Grenzziehungen begreifen. Zu ergänzen ist, dass sich die Berufssprache von Englischlehrkräften über mindestens zwei Sprachen (Englisch und Deutsch) erstrecken sollte und es hinsichtlich der Kommunikation über und im Englischunterricht daher notwendig ist, das Konstrukt ‚Berufssprache‘ mindestens zweisprachig zu modellieren. Im Sinne von ‚Kommunikation über Englischunterricht‘ haben Lehrkräfte eine hoch komplexe Transferleistung, durchaus im Sinne von Sprachmittlung (einerseits über zwei Sprachen, andererseits über diverse Varietäten der deutschen Sprache hinweg), zu erbringen. Sie müssen in der Lage sein, über komplexe Zusammenhänge, Fragen, Probleme und Herausforderungen im Schul- und Unterrichtsalltag zwischenmenschlich, sachlich-funktional und fachlich angemessen zu reden (vgl. Braunert 2000, 160; Wipperfürth 2015, 22-66). Dies beinhaltet, dass sie fachsprachliche Konzepte und (damit assoziierte) Terminologien, wie sie im wissenschaftlichen Diskurs Verwendung finden, in mindestens zwei Sprachen verstehen und fachsprachlich, bildungs- und allgemeinsprachlich verwenden (lernen). Ausgehend von insgesamt 175 studentischen Unterrichtsentwürfen, Unterrichtsversuchen und Unterrichtsreflexionen von und mit Lehramtsstudierenden, die ich in den Jahren 2001-2010 im Rahmen unterrichtspraktischer Studien in zwei Bundesländern (Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg) habe sammeln und auswerten können, verwies ich vor einiger Zeit auf eine Reihe von Problemen in Bezug auf die kommunikativen Fähigkeiten und Fertigkeiten von Lehramtsstudierenden im Englischunterricht (teacher talk) und warnte vor allzu illusionären Vorstellungen von und Erwartungen an zielsprachliche near-nativeness (vgl. Kurtz 2019, 180-183). Vielfach konnte ich beobachten, wie schwer sich Studierende mitunter damit tun, a) typische kommunikative Unterrichtsroutinen zielsprachlich adäquat zu bewältigen und b) auf unerwartete, in der Unterrichtsvorbereitung nicht antizipierte bzw. nicht vorhersehbare Schüler: innenbeiträge spontan und angemessen auf Englisch zu reagieren. Ich begrüßte daher die Empfehlung von Freeman et al. (2015, 131), dem „English-for-Teaching“, modelliert „as a bounded form of English for Specific Purposes (ESP) for the classroom [that] builds on what 103 teachers know about teaching, while introducing and confirming specific classroom language” (Freeman et al. 2015, 129), in der universitären Englischlehrerbildung mehr Gewicht zu geben. Ich möchte mich im Folgenden dem Aspekt der Entwicklung von Berufssprache im Sinne von Kommunikation über Englischunterricht zuwenden und dabei auf eine kürzlich veröffentlichte qualitative Fallstudie zur pandemiebedingt weitgehend digitalen Lehre zurückblicken (vgl. Kurtz 2022): Im Sommersemester 2021 führte ich eine englischdidaktische Lehrveranstaltung zum Thema English as a Foreign Language (EFL) Teaching Methods durch. Die horizontal polyvalente, in englischer Sprache realisierte Online- Lehrveranstaltung (LV) richtete sich einerseits an Lehramtsstudierende, d.h. an angehende Lehrer: innen im fortgeschrittenen Studium, die Englisch an Gymnasien, Gesamt-, Real-, Haupt- oder auch Förderschulen zu unterrichten beabsichtigen, andererseits an Studierende in diversen Masterstudiengängen, in denen Teaching English as a Foreign Language (TEFL) als ein Studienschwerpunkt gewählt werden kann (vgl. zur Fallbeschreibung weitergehend Kurtz 2022, 164-165). Die Realisierung der aus Gründen der Diversifizierung der digitalen englischdidaktischen Lehre an der Justus-Liebig-Universität Gießen vornehmlich asynchron schriftlich angelegten LV gestaltete sich folgendermaßen: Woche für Woche stellte ich in der Veranstaltungszeit des Sommersemesters 2021 schriftlich in englischer Sprache verfasste Studienaufgaben zur Methodik des Englischunterrichts online zur Verfügung. Anbei fügte ich zur Bearbeitung benötigte Literaturhinweise und - soweit rechtlich möglich - auch Lehr- und Lernmaterialien, hier vor allem einschlägige wissenschaftliche Texte oder Exzerpte, frei verfügbare mediacasts, online bereitgestellt von einschlägig ausgewiesenen Wissenschaftler: innen, aber auch ausgewählte Unterrichtsvideos und lesson plans, die im wissenschaftlichen Kontext zur Illustration unterrichtsmethodischer Konzepte entwickelt wurden (vgl. zur konkreten Konzipierung der digital-asynchronen LV: Kurtz 2022, 151-163). Die über die Lernmanagementplattform StudIP schriftlich bereitgestellten Studienaufgaben und Diskussionsimpulse galt es in jeder Woche in Form eines Eintrags in ein studentisches Lerntagebuch (online learning log) und zudem eines postings im Online-Diskussionsforum zu bearbeiten. Sämtliche der studentischen Beiträge (log entries; postings on the online forum) wurden von mir gelesen, so weit wie möglich individuell kommentiert und mit einer mehr oder weniger ausführlichen persönlichen Lernberatung per E-Mail verbunden (vgl. Kurtz 2022, 146-149). Im Kern bedeutete dies rein quantitativ, auf insgesamt ca. 360 studentische log entries, allein in dieser LV, individuell 104 schriftlich auf Englisch zu reagieren, und darüber noch zahlreiche schriftliche Stellungnahmen in das Online-Diskussionsforum zu dieser LV einzubringen. Vor der Durchführung der LV nahm ich an, dass Englischstudierende in der Regel über langjährige unterrichtsmethodische Erlebnisse und Erfahrungen verfügen, vor allem (aber nicht nur) aus der Schüler: innenperspektive. Ich ging davon aus, dass das Erlebte mitunter emotional besetzt ist, teils positiv, teils negativ, und episodisch-exemplarisch aus der lebhaften Erinnerung rekonstruiert und zumindest alltagssprachlich auf Englisch kommuniziert bzw. narrativ wiedergegeben werden kann. Im Rahmen der Untersuchung zeigte sich, mit erheblichen interindividuellen Unterschieden, dass Studierende, die an der LV teilnahmen, über eine vage, oftmals stark auf die persönliche Beobachtungsebene reduzierte Vorstellung von dem, was mit Lehrbzw. Unterrichtsmethode gemeint sein könnte, verfügten. Auf einen systematischen, wissenschaftlich fundierten Methodenbegriff (Methode vs. Methodik; method vs. methodology) konnten sie vielfach nicht zugreifen. Ihr Wissen, Denken und Schreiben über unterrichtliche Methoden war großenteils erfahrungsbasiert und praxisnah als methodology verankert (i.e. „to refer to what practicing teachers actually do in the classroom in order to achieve their stated or unstated teaching objectives“ (Kumaravadivelu 2006, 84) (vgl. in diesem Sinne auch Hall 2016; Thornbury 2017), wobei einzelne, persönlich als fruchtbar erlebte Lehr-Lerntechniken im Vordergrund der schriftlichen Reflexion standen. Insgesamt war das studentische Methodenverständnis bzw. die Kommunikation darüber (zunächst) auf die Mikroebene beobachtbarer, d.h. selbst erlebter bzw. erinnerter Unterrichtsaktivitäten reduziert und alltagssprachlich markiert. Die studentischen Methodenkenntnisse waren zudem oftmals durchdrungen von persönlichen, mitunter bereits verkrusteten Ansichten, Meinungen und lernseitigen Wirksamkeitsannahmen. Auf diese Weise wiesen Studierende bestimmten, als ‚Methoden‘ bezeichneten Ansichten englischunterrichtliche Bedeutung und Wertigkeit zu. Die den Studierenden zunächst nicht bewusste Verfasstheit der persönlichen Ansichten und Meinungen über den Sinn, Zweck und Wert von ‚Methoden‘ leitete die eigene Reflexion und ließ sich im Rahmen der digitalen Lehrveranstaltung nur bedingt modellieren bzw. relativieren. Dies war unter anderem der (anfangs zumindest) mangelnden Kenntnis fachsprachlicher Kenntnisse und Terminologien (z.B. method vs. methodology; approach vs. design vs. procedure; weak vs. strong communicative approach, task vs. exercise, error vs. mistake, u.v.a.m.) bzw. einer kaum ausgeprägten Bewusstheit über die Bedeutung fachsprachlicher Kommunikation geschuldet. Die Erfahrungen, Erlebnisse und persönlichen Überzeugungen, die die Studierenden in die Lehrveranstaltung einbrachten und zum Teil unter großen Mühen englischsprachig schriftlich zu vermitteln und zu diskutieren suchten, waren aufgrund ihrer episodisch-kontextuellen Verankerung in der 105 jeweils erlebten Unterrichtspraxis unterschiedlich. Sie wichen mitunter deutlich voneinander ab, wenn kulturelle Grenzen überschritten wurden. So brachten internationale Studierende oftmals Ansichten, Sinnzuschreibungen und Bewertungen mit ein, die in der gegenwärtigen fremdsprachendidaktischen Diskussion eher kritisch gesehen und in der Praxis des Englischunterrichts (in Deutschland) nicht mehr als primäre bzw. alleinige Planungs-, Entscheidungs- und Handlungsgrundlage für das Lehren und Lernen der englischen Sprache gelten. Erst nach und nach, im Zusammenspiel allgemein-, bildungs- und fachsprachlicher, hier vor allem schriftlicher Kommunikation entwickelte sich (jedoch längst nicht bei allen Teilnehmenden) ein Verständnis zur Methodik des Englischunterrichts und ein Kommunikationsvermögen darüber, das über ein alltagssprachliches Verständnis von Methode bzw. Methodik hinausgeht. Im Wintersemester 2018-19, also noch vor der COVID19-Pandemie, begannen wir in der Englischdidaktik der Justus-Liebig-Universität Gießen damit, im Rahmen des von uns so bezeichneten Projekts TEFLhybrid@JLU (https: / / www.uni-giessen.de/ faculties/ f05/ engl/ tefl/ teflhybrid), hybride Lehrveranstaltungsformate zu entwickeln und zu explorieren, die einerseits der Wissenschafts-, Berufsfeld und Subjektorientierung der Englischlehrerbildung, andererseits der Flexibilisierung der Lernorte, in der Kombination von place-based, face-to-face interaction sowie synchronous and asynchronous online communication, entsprechen sollten (vgl. Kurtz 2022, 146-149). Pandemiebedingt mussten wir zwischenzeitlich auf rein digitale Lehrbzw. Studienformate umschwenken. Gleichwohl können wir mittlerweile auf zwölf in diesem hochschuldidaktischen Kontext entstandene Lehrveranstaltungen zu einer Reihe von englischdidaktischen Themen zurückblicken. In allen Lehrveranstaltungen waren die Studierenden gefordert, mithilfe des online verfügbaren reflection toolkit der University of Edinburgh (The University of Edinburgh 2022), schriftlich in englischer Sprache verfasste Lerntagebücher zu führen. Die in den letzten drei Jahren entstandenen studentischen digital learning journals geben zu erkennen, dass die Mehrzahl der Studierenden weit davon entfernt ist, ‚nativ-nahen‘ Ansprüchen, hier speziell bezogen auf den Aspekt der englischsprachigen Kommunikation über zentrale fremdsprachendidaktische Ansätze, Theorien und Konzepte, zu genügen. Die in allen TEFLhybrid-Lehrveranstaltungen geforderten englischunterrichtlichen ‚Konkretionen‘ (hier in Anlehnung an das nordrhein-westfälische Kerncurriculum für die Lehrerbildung im Vorbereitungsdienst) formuliert, d.h. die konkrete Ausformulierung englischunterrichtlicher Aufgaben zu verschiedenen Lehr- 106 und Lernsegmenten, deuten zudem auf einen erheblichen studentischen Förderbedarf in Bezug die Kommunikation im Englischunterricht hin. Der vor diesem Hintergrund wünschenswerten Subjektorientierung des Studiums, i.e. der bestmöglichen Individualisierung der studentischen Lernprozesse im Zusammenspiel von Wissenschafts- und Berufsfeldorientierung, unter Einbeziehung der für die Englischlehrerbildung wichtigen Fachwissenschaften, kann unter den gegenwärtigen finanziellen und personellen Rahmenbedingungen (in Gießen und vermutlich auch anderswo) allerdings nur in Teilen entsprochen werden. Braunert, Jörg (2000): „Die Handlungsfelder der beruflichen Kommunikation: Bericht über die Erhebung des Sprachbedarfs am Arbeitsplatz“. In: Fachsprache 22/ 3-4, 153-166. Butzkamm. Wolfgang (2012): Lust zum Lehren, Lust zum Lernen. Fremdsprachen von Anfang an anders unterrichten. Tübingen: Narr. Deters-Philipp, Ann-Cathrin (2018): Lehrersprache im Englischunterricht an deutschen Grundschulen. Eine Interviewstudie mit Lehrkräften. Münster: Waxmann. DGFF 2003 = Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) (Hrsg.) (2003): Leitlinien für eine Reform der Fremdsprachenlehrerausbildung. http: / / www.dgff.de/ Reform%20Lehrerausbildung.pdf (15/ 01/ 2007; das Papier ist online leider nicht mehr verfügbar; zitiert nach Wipperfürth 2009). Efing, Christian (2014): „Berufssprache & Co.: Berufsrelevante Register in der Fremdsprache. Ein varietätenlinguistischer Zugang zum berufsbezogenen DaF-Unterricht“. In: Info DaF 41/ 4, 415-441. 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Mit Blick auf den Fremdsprachenunterricht umfasst Fachkompetenz einerseits das Fachwissen bezogen auf das Fach (z.B. Französisch bzw. Spanisch), andererseits die jeweilige fremdsprachliche Kompetenz, die die Gestaltung des Fremdsprachenunterrichts ermöglicht 1 . Zu Recht schlussfolgern Legutke et al. (2022, 10) „Professionswissen zeigt sich im Können der Lehrkraft, [die unterrichtlichen: HM] Prozesse inhaltlich und methodisch unter Verwendung der Fremdsprache zu gestalten.“ In der Taxonomie von Bleichenbacher et al. (2019) und den entsprechenden kompetenzorientierten Deskriptoren - entstanden aus der Analyse aller zurzeit vorliegenden Referenzrahmen für professionelle Kompetenzen - wird die Frage der Zuordnung anders gelöst. Die linguistische und kommunikative Kompetenz der Lehrkraft ist als eine transversal angelegte Kompetenz konzipiert (2) und steht in Verbindung mit den anderen berufsbezogenen Kompetenzdimensionen, metasprachliche/ meta-linguistische, metadiskursive und metakulturelle Kompetenzen (4), pädagogische Kompetenzen (5), Kooperati- 1 Königs (1986, 17) benennt drei Bereiche für den Einsatz der Zielsprache: ihre potentielle Mitteilungsbezogenheit, ihre Formbezogenheit und ihr „Einsatz aus pädagogischen Gründen“. 110 onskompetenz (6) und lebenslange Lernkompetenzen (7), da in all diesen Bereichen Sprachkenntnisse erforderlich sind (Bleichenbacher et al. 2019, 14). Abb. 1: Dimensionen der Taxonomie (Bleichenbacher et al. 2019, 11) Damit verweist die Taxonomie auch auf unterschiedliche Facetten der Berufssprache: Die Schnittstelle zwischen der linguistischen und kommunikativen Kompetenz (2) und der Metaebene (4) verweist darauf, dass Fremdsprachenlehrkräfte die Fremdsprache nicht nur beherrschen, sondern auch beschreiben können müssen. Sie müssen möglichst weitreichend kompetente Sprecher: innen der Fremdsprache sein, aber auch ein Verständnis der Sprachstruktur und der inneren Regularitäten erwerben und eine entsprechende metasprachliche/ metalinguistische Terminologie beherrschen 2 . Die pädagogische Dimension und ihre verbale/ nicht-verbale Realisierung (Schnittstelle zwischen 2 und 5) umfasst pädagogische und fachdidaktische Teilkompetenzen. Sie werden in Teilkompetenzen untergeordnet, die von der Unterrichtsvorbereitung bis zur Diagnose und Evaluation von Lernleistungen über die Durchführung des Fremdsprachenunterrichts hinaus reichen. Dabei sind [d]ie transversalen sprachlichen und kommunikativen Kompetenzen in dieser [pädagogischen] Dimension typischerweise durch ein komplexes Muster der sprachlichen Anpassung an die Lernenden gekennzeichnet, oft (und vor allem bei jungen Lernenden) durch Vereinfachung des Sprachniveaus, während 2 Metadiskursive Kompetenzen für Fremdsprachenlehrkräfte sind von den Autor*innen nicht weiter definiert, sie sind aber in Bezug auf die Entwicklung der Diskurskompetenz und der interkulturellen Kompetenz von Schüler*innen von großer Bedeutung. 111 gleichzeitig die angemessenen Elemente der Komplexität beibehalten werden, damit Lernen möglich ist (Bleichenbacher et al. 2019; übersetzt HM). In der vorliegenden Taxonomie werden sie gesondert aufgelistet, um zu betonen, wie sehr ihre erfolgreiche Aktivierung von den Kompetenzen der Lehrkräfte in der/ den von ihnen verwendeten Sprache(n) abhängt (vgl. Bleichenbacher et al. 2019, 27). In der Dimension „compétences de coopération“ (Schnittstelle 2 und 6) wird insbesondere die Kooperationskompetenz der Lehrkräfte mit anderen Kolleg*innen, Vertreter*innen der Institution Schule und Eltern verstanden. Ein professioneller Umgang mit Berufssprache impliziert zugleich die Fähigkeit, über die eigene berufsbezogene (fremd-)sprachliche Kompetenz zu reflektieren, um diese stets und kontinuierlich optimieren zu können. Dies wird in der Abbildung an der Schnittstelle zwischen 2 und 7 sichtbar, welche auf die Fähigkeit fokussiert, sich lebenslang beruflich weiterzuentwickeln. Die Taxonomie ist sicherlich nicht erschöpfend 3 , es gelingt ihr aber, die dialektische Beziehung zwischen Sprachkönnen und anderen Wissensdomänen zu modellieren. Berufssprache ist demnach ein komplexes Konstrukt, das auf unterschiedlichen Dimensionen professioneller Handlungskompetenz aufbaut und dessen Realisierung von der L2-Kompetenz der Lehrkraft abhängig ist. Daher bevorzuge ich den Begriff der berufsbezogenen Sprachkompetenz. 4 Eine unzureichende Sprachbeherrschung der Zielsprache kann zu Verständnisschwierigkeiten und Missverständnissen führen, was die Effektivität des Unterrichts sicher beeinträchtigt. Darüber hinaus kann eine mangelnde Zielsprachenbeherrschung dazu führen, dass die Lehrperson weniger „authentisch“ wirkt, was wiederum negativ auf das Interesse von Schülerinnen und Schülern wirken kann. Die Studie von Fritz (2020) zum Unterrichtserleben von Französisch- und Spanischschüler*innen belegt, dass die L2- Kompetenz der Lehrkraft eine entscheidende Rolle im Lehr-/ Lernprozess spielt und damit einen zentralen Aspekt des fachlichen Könnens darstellt. „Die Muttersprachlichkeit der hispanophonen Lehrkräfte wird grundsätzlich positiver wahrgenommen und führt zu einer größeren Akzeptanz bei den Lernenden“ (ebd., 268f.). Die Daten belegen eine höhere Lernbereitschaft der Schüler*innen aufgrund des besseren Klangs der Sprache und der besseren Verständlichkeit. Fritz zeigt im Umkehrschluss, dass eine mangelnde Sprachbeherrschung zu einer fehlenden Akzeptanz der Lehrkräfte führt: Es wird nicht nur deutlich, dass die SchülerInnen die eigenen Schwierigkeiten auf die vermeintlich unterschiedlichen sprachlichen Kompetenzen der Lehr- 3 Interaktionskompetenz ist ein wichtiger Aspekt von Berufssprache; siehe Siebold (in diesem Band). 4 Als Alternative und mit einem Fokus auf die Diskursfähigkeit der Lehrkraft: berufsbezogene fremdsprachliche (Diskurs-)Kompetenz 112 kraft zurückführen, sondern auch, dass sie Fremdsprachenlehrenden die Rolle als Fremdsprachenlernende aberkennen und von ihnen eine muttersprachengleiche Expertise erwarten. Jedes Abweichen von der „Norm“ muttersprachlicher Personen wird als Mangel betrachtet. Dementsprechend zeigen sie auch für sprachliche Unsicherheiten kein Verständnis (Fritz 2020, 269). Aus der Perspektive der Lehrkräfte erinnert Vicente (2012, 78) unter Berufung auf Seidlhofer (1999), Brinton (2004) und Mousavi (2007) daran, dass Lehrkräfte, die sprachliche Unsicherheiten aufweisen, eher unter mangelndem Selbstvertrauen und Stress leiden. Grundsätzlich attestieren empirische Studien einen Zusammenhang zwischen guter Zielsprachenbeherrschung und der Bereitschaft und Fähigkeit der Lehrkräfte, den Fremdsprachenunterricht kommunikativ zu gestalten (vgl. Wipperfürth 2015). Dies gilt übrigens auch für den Grammatikunterricht: Lehrkräfte mit guten Grammatikkenntnissen führen eher einen funktionalen Grammatikunterricht durch (vgl. Andrews 2007). Der Grad der professionellen Sprachkompetenz beeinflusst die Quantität und Qualität des sprachlichen inputs der Lehrenden im Unterricht (s. dazu Andrews 2001). Borisko (2016, 218) zeigt am Beispiel von Praktikant*innen, dass „der Input der angehenden Lehrenden mit einer niedrigen kommunikativen Kompetenz sprachlich arm, oft fehlerhaft und unangemessen ist“ - und häufig mit einem Rückgriff auf die Muttersprache einhergeht. Es reicht aber nicht, über quasi muttersprachliche Kompetenzen 5 zu verfügen. Die Beherrschung der (Fremd-)Sprache ist kein Garant dafür, dass diese im Klassenraum angemessen genutzt wird. Von großer Bedeutung für die Modellierung berufsbezogener Sprachkompetenz erscheint mir „the sensitivity to use the knowledge appropriately“ (Andrews/ Svalberg 2017, 223) unabdingbar, d.h. die Fähigkeit und Bereitschaft der Lehrperson, sich über das eigene fremdsprachliche unterrichtliche Handeln bewusst zu werden und die Verwendung der (Fremd-)Sprache kontinuierlich im Hinblick auf die Perspektive des Lehrens und Lernens zu reflektieren, um sie ggfs. der spezifischen Unterrichtssituation und den jeweiligen Schülerbedürfnissen anzupassen - ganz im Sinne von teacher language awareness. Der Begriff teacher language awareness (TLA) bezeichnet die „teachers’ cognitions (knowledge and beliefs) about language in general and the language they teach“ (Andrews/ Svalberg 2017, 219). TLA wird allgemein definiert als „the knowledge that teachers have of the underlying systems of the language that enables them to teach effectively“ (Thornbury 1997, x; zitiert nach Andrews 5 Wipperfürth (2009, 16) spricht von einer „funktional differenzierten, variantenreichen, sicheren Kompetenz in der Zielsprache“. 113 2001, 76). Nach Andrews und Svalberg (2017, 220) gibt es keine einheitliche Definition von TLA. TLA sei „a label applied to research and teacher development activity that focuses on the interface between what teachers know, or need to know, about language and their pedagogical practice“ (ebd.). Ein wichtiger Beitrag zur Konzeptualisierung von TLA geht auf Edge (1988) zurück. Sie unterscheidet drei Arten von Kompetenzen, über die Fremdsprachenlehrkräfte verfügen sollten und welche auf Dimensionen von TLA hinweisen: die eines Sprachbenutzers (language user), eines Sprachanalytikers (language analyst) und einer Sprachlehrkraft (language teacher). Die Kompetenz eines Sprachbenutzers bezieht sich auf die eigenen fremdsprachlichen Kenntnisse der Lehrkraft und ermöglicht es ihr, als Vorbild für die Lernenden zu dienen. Zu dieser Kompetenz gehört auch das Bewusstsein für die soziopragmatische Angemessenheit und die kulturellen Elemente des Sprachgebrauchs. Die Kompetenz eines Sprachanalytikers steht in direktem Zusammenhang mit dem Metawissen der Lehrkraft über die Sprache als System und ihrer Fähigkeit, bestimmte Prozesse, Strukturen und Muster zu erkennen und zu verstehen. Die Kompetenz einer Sprachlehrkraft umfasst die Fähigkeit, Lerngelegenheiten im Klassenzimmer wahrzunehmen, zu schaffen und zu verwalten, sowie die Fähigkeit, den Prozess des Sprachunterrichts durch Sprache zu bewältigen. Die drei Kompetenzen stehen in Wechselwirkung zueinander, ergänzen das Sprachbewusstsein der Lehrkraft und tragen zum Gesamtbild einer effizienten Sprachlehrkraft bei (vgl. Andrews/ Svalberg 2017, 223; Otwinowska 2017, 306). Bezugnehmend auf den Mehrsprachigkeitsdiskurs (u.a. Fäcke/ Meißner 2019) erweitert Otwinowska (2017) das traditionelle, lediglich auf die Zielsprache fokussierende - sozusagen monolinguale - Modell von TLA um eine zusätzliche Dimension: teachers’ plurilingual awareness. Contemporary English language teachers may not only need the classic competences (of L2 user, skilled analyst, and ELT methodology specialist). They also need to realise that ‘L1 and other languages known to the learner clearly provide an essential aid, not a troublesome obstacle in learning a new language,’ and that using cross-linguistic similarities ‘is an integral part of how people learn languages’ (Ringbom, 2007, p. 2) (Otwinowska 2017, 17f.). Das Modell unterscheidet unterschiedliche Komponenten von teachers’ plurilingual awareness (Otwinowska 2017, 17f.): •• crosslinguistic awareness of a multilingual language user: Diese Komponente beinhaltet das Bewusstsein für die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen der L2 (Zielsprache), der L1 (Muttersprache) und der L3-Ln (andere bekannte Sprachen) der Lernenden. • metalinguistic awareness: Metalinguistisches Bewusstsein bezeichnet die Fähigkeit, über sprachliche Ähnlichkeiten und Unterschiede zu reflektieren und ist ein besonderes Merkmal erfahrener Mehrsprachiger. 114 •• psycholinguistic awareness: Sie umfasst das Bewusstsein individueller kognitiver und affektiver Unterschiede beim Spracherwerb, ein Bewusstsein für Transferphänomene etc. • sociolinguistic awareness: Diese Dimension beinhaltet das Verständnis der Lehrkraft für den kulturellen Hintergrund der Lernenden und ist eng mit cultural awareness verbunden. Das explizite (Meta-)Wissen über die Struktur der Sprache ist eine wichtige Dimension von TLA 6 . Allerdings hat sich die Konzeptualisierung von TLA im Laufe der letzten Jahre ständig weiterentwickelt: it has moved on from a rather narrow concentration on knowledge about grammar to incorporate teachers’ cognitions more broadly, both about language in general and about the specific language they teach, as well as (in the case of L2 teachers) their awareness of their students’ developing interlanguage (Andrews/ Svalberg 2017, 220). Ganz entscheidend ist dabei der Unterschied zwischen deklarativer und prozeduraler Form von Wissen. Das heißt „the ability to make effective use of such knowledge in pedagogical practice“ (Andrews/ Svalberg 2017, 225). Für Andrews (2007, 3) ist TLA „knowledge in action“. TLA umfasst somit unterschiedliche Dimensionen, die in einer Wechselwirkung zueinanderstehen und die effiziente Ausübung der unterschiedlichen Lehrerrollen (vgl. Edge 1988) ermöglichen (siehe auch Bonness et al. 2022). Oder anders formuliert: Ein professioneller Umgang mit der Berufssprache erfordert teacher language awareness. Die Komplexität des Konzepts und seine Relevanz für den unterrichtlichen Lehr-und Lernprozess macht es notwendig, die Thematik bereits in die erste Phase der Lehrerbildung zu integrieren. Dies wirft zugleich die folgenden Fragen auf: „Is teacher talk trainable and, if so, how? “ (Ellis 2003, 273). Mettler et al. (2011) haben auf der Grundlage einer Videoanalyse von Fremdsprachenunterricht Defizite und Bedarfe identifiziert, die überwiegend mit meinen Beobachtungen im Rahmen von Schulpraktika übereinstimmen. Sie empfehlen die Integration, den Aus- und Aufbau sowie die Reflexion folgender Dimensionen in der Lehreraus- und -fortbildung: • „Sprachmuster in der L2 für die effiziente und authentische Bewältigung von situativen Interaktionen“ sowie „spezifischer Wortschatz in 6 „In other words, it relates to the L2 teacher’s need to be able to function effectively as an analyst of the language, with the ability ‘to talk about the language itself, to analyse it, to understand how it works and to make judgements about acceptability in doubtful cases’“ (Edge 1988, 10). 115 Bezug auf den Bereich Management (im weiteren Sinne Classroom Language)“; •• „Vokabular und Wendungen, die für die Funktionen Hilfestellungen geben (sprachlich, disziplinarisch und arbeitsorganisatorisch), Anweisungen geben und Diskurs strukturieren hilfreich sind“; • Reflexion über den „Stellenwert sowie die Vor- und Nachteile des Einsatzes der Schulsprache im Fremdsprachenunterricht“; • „Authentischen Wortschatz und Sprachgebrauch [...], um differenziert und adäquat Situationen zu bewältigen - ohne dabei immer wieder in die L1 wechseln zu müssen“; • „Feedback-Wortschatz [...], um eine differenzierte Feedbackkultur zu generieren“; • „die Frage der schülerangepassten Sprache [...], um den Lernenden die Lerninhalte auf sprachlich variantenreiche und anspruchsvolle Art präsentieren zu können, ohne dabei sprachlich übermässig zu vereinfachen“ (Mettler et al. 2011, 31f.; Kursivierungen im Original). Eine Analyse der Empfehlungen legt den Schluss nahe, dass die Integration der unterschiedlichen Dimensionen der fremdsprachlichen berufsspezifischen Kompetenz unterschiedliche Bereiche der Lehrerausbildung wie didaktische Seminare, Praktika und Sprachpraxis berührt. In den meisten Lehramtsstudiengängen werden die sprachpraktischen Lehrveranstaltungen in der Regel leider ohne Rückkoppelung an die Berufspraxis konzipiert. Damit besteht die Gefahr, dass die Passung zwischen Ausbildung und den späteren Praxisanforderungen nicht ausreichend berücksichtigt wird und dass nicht diejenigen sprachlichen Kompetenzen vermittelt bzw. geprüft werden, die für das Unterrichten tatsächlich erforderlich sind. „Es stellt sich somit die Frage, wie die Universität Bedingungen schaffen kann, unter denen diese Verschränkung verschiedener Elemente des Professionswissens möglich wird“ (Legutke et al. 2022, 17). An dieses Desiderat knüpft das Schweizer Projekt „berufsspezifische Sprachkompetenzprofile für Lehrpersonen für Fremdsprachen“ an der PH St. Gallen an 7 . Es vereint die Förderung sprachlichen und fachdidaktischen Wissens und listet ausgehend von unterrichtlichen Arbeits- und Handlungsfeldern eine Reihe berufsspezifischer sprachlicher und sprachdidaktischer bzw. pädagogischer Kompetenzziele für angehende Lehrkräfte auf (Egli Cuenat 2011, 45; Martinez 2018). Die Kompetenzprofile schaffen einen Rahmen für ihre systematische Förderung im Rahmen der 1. Phase der Lehrerausbildung (siehe Egli Cuenat et al. 2016). Sie sind für die Schweiz - für die Fächer Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch - konzipiert, aber international anschlussfähig und könnten für die Erarbeitung von Curricula für 7 https: / / www.phsg.ch/ forschung/ projekte/ berufsspezifischesprachkompetenzprofile-fuer-lehrpersonen-fuer-fremdsprachen (31/ 05/ 2023). 116 die fremdsprachliche Ausbildung angehender Lehrkräfte an deutschen Universitäten dienen und möglicherweise als Basis für die Überprüfung und Zertifizierung berufsspezifischer Sprachkompetenzen im Rahmen der Sprachpraxis. Sie lassen sich auch als Instrumente zur Reflexion über die eigene berufsspezifische (fremd-)sprachliche Kompetenz im Rahmen didaktischer und schulpraktischer Veranstaltungen integrieren. Anknüpfend an die Erörterung in Kap. 2 gilt es, TLA zu fördern und dafür ein Konzept zum Aufbau lehrerseitiger Sprach(en)bewusstheit zu modellieren, diese systematisch durch Bewusstmachungsprozesse zu fördern und diese Förderung wissenschaftlich zu begleiten. In Anlehnung an die Dreidimensionierung von Sinclair (2000) 8 und Edge (1988) wären m.E. folgende Bewusstheitsdimensionen zu berücksichtigen. Teacher awareness (Who and why? ) 9 Language user Subject matter awareness (What? ) Language analyst Teaching process awareness (How? ) Language teacher attitudes beliefs expectations foreign language skills - Interactional und input modification (exaggeration of pronuncial and facial expression; decreasing speech rate and increasing volume etc.) - Learning and teaching philosophy etc. language systems language varieties similarities and differences between first and target languages plurilingual repertoire plurilingual awareness social appropriacy/ language as social practice (Johnson 2009) cultural appropriacy/ cultural awareness etc. activity evaluation strategy evaluation self-assessment goal-setting teaching monitoring monitoring progress awareness and exploitation of available resources awareness of learner awareness of teacher talk interactional awareness (Walsh 2003) etc. Tab. 1: Dimensionen von TLA Es ist nicht möglich, auf alle Aspekte dieser Modellierung einzugehen. Bezugnehmend auf z.B. die Dimension Teachers’ plurilingual awareness gilt es reflexive projektbezogene Aufgaben zu entwickeln, die angehenden Lehrkräften helfen, a) die Vielfalt der eigenen Sprachlichkeit zu reflektieren; b) das eigene sprachliche und kommunikative Repertoire weiterzuentwickeln und im Kontext sprachlicher und kultureller Vielfalt zu aktivieren; c) zwischensprachliche Transfermöglichkeiten für die Kommunikation zu nutzen; d) fundierte 8 Sinclairs Modell bezieht sich auf learner awareness. 9 „Die Person so wie sie im Klassenzimmer steht, ist die Sprache“ (Appel 2018, 42 zitiert nach Legutke et al. 2022, 9) 117 Kenntnisse grundlegender Merkmale von Sprache und Mehrsprachigkeit, deren Status und Funktion in die eigene didaktische Reflexion und Handlung einzubeziehen; e) Vorstellungen von/ Einstellungen zu Sprachen und Mehrsprachigkeit zu analysieren; f) die Schulsprache als wichtigen Bezugspunkt für das Erlernen weiterer Sprachen funktional und reflexiv zu beherrschen (Candelier/ Schröder-Sura 2020, 145) - und so eine plurilingual awareness zu entwickeln 10 (siehe für ein Beispiel des Einsatzes solcher reflexiver projektbezogener Aufgaben in die Lehrerausbildung Martinez 2022). Die Auseinandersetzung mit der berufsbezogenen Sprach(en)kompetenz von Lehrpersonen hat aufgezeigt, dass es sich um ein äußerst komplexes und dynamisches Unterfangen handelt. Dieses facettenreiche und differenzierte Konzept ist im institutionellen Fremdsprachenunterricht - zumindest für die Romanistik - noch unzureichend erforscht. Hier sind sowohl explorativqualitative Grundlagenforschung - wie z.B. die Studie von Mettler et al. 2011 - als auch experimentelle und partizipative Forschungsansätze gefragt. Im Hinblick auf die Modellierung der Dimensionen von TLA gilt es, diese auf der Grundlage der Fachliteratur entstandene Auflistung empirisch zu belegen und ihre systematische Förderung zu erforschen. Am geeignetsten erscheinen mir im Rahmen von z.B. Praktika Handlungsforschungsprojekte zum Thema zu planen und durchzuführen. Solche empirisch angelegten Projekte könnten dazu beitragen, eine reflexive Forschungshaltung bei den zukünftigen Lehrkräften zu entwickeln und bestenfalls bewirken, dass Lehrkräfte einen bewussteren und professionelleren Umgang mit ihrer Berufssprache im Französischbzw. Spanischunterricht entwickeln ganz im Sinne von teacher language awareness. Darüber hinaus könnten sie die Fähigkeit entwickeln, die Verantwortung für die Weiterentwicklung von TLA zu übernehmen - ganz im Sinne von teacher language learning awareness. In der Aktivierung der von den Studierenden zu übernehmenden Perspektiven (Lernende, Lehrkräfte, Forschende) liegt die Verschränkung verschiedener Elemente des Professionswissens inkl. der Transversalität des Sprachkönnens. Andrews, Stephen (2001): „The Language Awareness of the L2 Teacher: Its Impact Upon Pedagogical Practice“. 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So gehören neben Fragen zum Sprachniveau oder native speakership und insbesondere native speakerism (vgl. insb. Kramsch 1997; Martinez-Agudo 2017; s.a. Gerlach in diesem Band) auch Überlegungen zu Qualität und Quantität der Lehrkraftredeanteile im Fremdsprachenunterricht (z.B. Walsh 2006). Dabei spielen Aspekte wie sprachliche Register, u.a. bildungssprachlicher Gebrauch (z.B. Marx 2018; Tschirner et al. 2017), Sprache für spezifische Kontexte (z.B. im Berufsfeld, vgl. Niederhaus 2022), oder die Arbeit mit spezifischen Zielgruppen (z.B. Schramm/ Seyfarth 2017) für Lehrkräfte potentiell eine Rolle. Bestehende Kompetenzprofile der Berufssprache für Lehrkräfte greifen diese und weitere, auch unterrichtssteuernde Elemente, auf (vgl. z.B. Bleichenbacher et al. 2017). Im Folgenden sollen Überlegungen zu einer Perspektive auf Berufssprache angestellt werden, die die zu unterrichtende (Fremd- oder Zweit-) Sprache aus ihrer exklusiven Position rückt und Bühnenplatz für andere Sprachen einräumt. In dieser Konzeption ist Berufssprache die Gesamtheit aller semiotischen Fähigkeiten einer Sprachlehrkraft, die zur gelungenen Kommunikation innerhalb und außerhalb der Unterrichtspraxis beiträgt, sowie die Akzeptanz und der Einbezug weiterer, der Lehrkraft nicht direkt zugänglicher, sprachlicher Kommunikation. Der Einbezug sämtlicher linguistischer Repertoires (i.S. Blommaert/ Rampton 2011) im Unterrichtsraum weitet die Perspektiven aller Beteiligten auf Sprache als kommunikatives System, gleichzeitig werden sprachliche (Amtssprache und fokussierte Fremdsprache vs. weitere Sprachen) und persönliche (Lehrkraft/ Lernende) Machtverhältnisse relativiert - ohne den Unterricht der sog. Zielsprache zu beinträchtigen (vgl. für den deutschsprachigen Raum u.v.a. Rothstein/ Heine 2011; Brehmer/ Mehlhorn 2015; Schädlich 2022). Es wird argumentiert, dass dies nicht nur, aber insbesondere in der Unterrichtspraxis im Kontext der Zuwanderung (Deutsch als Zweitsprache) eine zentrale Stellung erhalten soll. 122 Ein erster Ansatz ermöglicht eine Anlehnung an Konzepte der Fach- und der Berufssprache im Allgemeinen sowie an die wenigen Schriften zur Berufssprache von Sprachlehrkräften im Spezifischen. Im weitesten Sinne kann „Berufssprache“ als communicative competence für Lehrende in Unterrichtssituationen verstanden werden. Im Sinne Hymes’ ist dies „the capacities of persons, the organisation of verbal means for socially defined purposes, and the sensitivity of rules to situations“ (Hymes 1972, 292). Diese Definition, die u.a. auch formale Fertigkeiten mit einschließt, liefert m.E. einen guten Ausgangspunkt für Überlegungen zu Berufssprache im Kontext eines modernen, sprachlich und kulturell heterogenen Unterrichtskontextes. Berufssprache wäre somit zu fassen mit Blick auf (1) die gesamten semiotischen Fähigkeiten einer Lehrkraft, (2) ihre Motivation für und ihr Wohlbefinden beim Einsatz dieser Fähigkeiten, und schließlich (3) ihre Fähigkeit, eine erfolgreiche Interaktion in relevanten Kontexten zu gewährleisten (s.a. Martinez in diesem Band). Ad (1): Dass die zu unterrichtende Sprache eine zentrale Rolle im Unterricht einnimmt, steht außer Frage und wird nicht weiter diskutiert - ebenso wenig Ausbildungsanforderungen, die zu entsprechenden sprachlichen Kompetenzen in der Zielsprache führen könnten. „Die“ Zielsprache steht aber nie im luftleeren Raum, und Sprachlehrende sind in den seltensten Fällen in nur einer Sprache bewandert. So dürften zu den berufssprachlichen Fähigkeiten einer Lehrkraft - genauso wie zu den sprachlichen Fähigkeiten ihrer Lernenden - alle Sprachen gehören, die bei dieser Person und potenziell auch in einer Unterrichtssituation eine Rolle spielen (können). Die Begründung hierfür ist einerseits didaktischer Natur. Der Rückgriff auf bereits bestehendes Wissen unterstützt die Vernetzung von diesem und sich entwickelndem Wissen und Können (s. schon Ausubel 1968). Dies gilt auch für das (Weiter-)Lernen einer neuen Sprache, wie die inzwischen sehr ausgediehene Forschung zu mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen nachweist. Eine solche Unterstützung ist jedoch v.a. dann erfolgreich, wenn Bezüge zwischen der zu lernenden Sprache und weiteren Sprachen im Unterricht thematisiert werden (vgl. die Interventionsstudie zum Einsatz sprachlichen Transfers in Marx 2005). Dazu gehört, dass sprachenübergreifende Herangehensweisen von der Lehrkraft vorgeführt werden. Monolingual agierende Lehrkräfte werden diese sinnvolle Unterstützung beim Sprachenunterricht und beim Sprachenlernen übersehen. Gleichzeitig ist der Einsatz gesamter semiotischer Repertoires, inkl. Gesten, Mimik, Bewegungen, Zeigegeste und Weiteres ein notwendiger Teil des erfolgreichen Fremdsprachenunterrichts (vgl. auch Klippel in diesem Band). Zu einer berufssprachlichen Kompetenz gehört somit auch die Fähigkeit, diverse kommunikative Mittel einzusetzen, um Lehrinhalte (sprachliche, inhaltliche und soziale) gemeinsam mit den 123 Lernenden zu bearbeiten. Insbesondere bei Lernendengruppen, bei denen eine gemeinsame Kommunikationssprache nicht gegeben ist - wie bei neu zugewanderten Lernenden - ist die Beachtung und der Einbezug aller möglicher semiotischer Repertoires für eine möglichst vollständige Beteiligung der Lernenden nicht nur sinnvoll, sondern sogar notwendig. Ad (2): Die sprachenübergreifende Unterstützung ist im Unterricht nur erfolgsversprechend, wenn ausreichend Motivation für deren Verwendung besteht und sich die Lehrkraft dabei wohl fühlt (s.a. die Beiträge in Burwitz- Melzer et al. 2020). Das geht über die geforderte Empathie hinaus, die Fremdsprachenlehrkräfte im Unterricht ihren Lernenden gegenüber aufbringen müssen (vgl. Rymarcyk in diesem Band). Denn: Auf den Einsatz der Zielsprache im Unterricht wird jede Sprachlehrkraft vorbereitet sein; auf den Einbezug anderer Sprachen i.d.R. nicht, insbesondere dann, wenn sie im Rahmen der eigenen Schulbildung und universitärer Ausbildung plurilingualen Ansätzen nicht begegnet ist oder gar instruiert wurde, eine monolinguale Unterrichtskommunikation durchzusetzen. 1 Eine durch die Lehrkraft repräsentierte, authentische Plurilingualität und eine Akzeptanz für die Nachbildung der (mehr-)sprachigen Lebensrealität auch außerhalb des Klassenzimmers bedarf des Wohlbefindens in unterschiedlichen Sprachen. Hier kommt der universitären Ausbildung eine zentrale Rolle zu (s.u.). Ad (3): Das Führen einer erfolgreichen, situativ angemessenen Interaktion ist eine zentrale Teilkompetenz jeder Sprachlehrkraft. Zur erfolgreichen Kommunikation gehört eine „sensitivity of rules to situations“ (Hymes 1972, 292), die neben Aspekten wie Register auch solche wie die linguistischen Repertoires der Lernenden beinhaltet. Lehrkräfte, die sich „an die sprachliche Pluralität der Lerngruppen adaptieren“ können (Schädlich in diesem Band) und dabei gezielt bei der kommunikativen Interaktion unterstützen können, zeigen effektive Möglichkeiten der erfolgreichen Kommunikation in realworld-Settings. Im Fremdsprachenunterricht - insbesondere im Zweitsprachenunterricht - ist die Fähigkeit wichtig, eine sprachliche Adaption (Vereinfachung, Erweiterung, Umformulierung des Gesagten oder Geschriebenen) bei Lernenden vorzunehmen, die in ihrer Interlanguage weniger fortgeschritten sind. Genauso möglich ist jedoch auch eine Erhöhung der Komplexität - mit Hilfe anderer Sprachen, die den Lernenden zugänglich sind. Das kann insbesondere im Zweitsprachenunterricht sinnvoll sein, wenn es darum geht, Fachinhalte einzuführen und zu bearbeiten, die in einer Erst- oder Familiensprache zu bewältigen wären, aber (noch) nicht in der Zielsprache. Zu dieser Teilkompetenz gehört somit die Fähigkeit, in der Lerngruppe repräsentierte 1 Dies höre ich häufiger von Studierenden des Faches Englisch (nicht aber anderer Fächer) in meinen Seminaren; Konzepte, die Plurilingualität im Klassenzimmer einzubeziehen, führen oft zu Verunsicherung und aufgeregten Diskussionen. 124 Sprachen zu (er)kennen und Raum zu schaffen, diese sinnvoll, d.h. lernförderlich einzubringen (s.a. Schädlich 2022). Die Skizzierung berufssprachlicher Fähigkeiten bleibt nach diesen Aspekten notwendigerweise schlecht konturiert - dennoch bildet sie eine Grundlage, um über Möglichkeiten einer plurilingualen Perspektivierung von Berufssprache bei Lehrkräften nachzudenken. Interaktionale Züge einer Lehrkraft erfüllen unterschiedliche Funktionen im Fremdsprachenunterricht, nehmen Lehrkräfte eine Reihe von Rollen in der Unterrichtspraxis und in der jeweiligen Bildungsinstitution ein (u.a. Unterrichtende, Bewertende, Vorbild, Sprechende, Privatpersonen). Lernende beobachten das sprachliche Verhalten ihrer Lehrkräfte und lehnen sich daran in ihren eigenen Interaktionen an. Durch ihre Vorbildfunktion für heranwachsende sowie erwachsene Lernende können mehrsprachigkeitsoffene Lehrkräfte exemplarisch soziales und kommunikatives Verhalten zeigen. Es entsteht dadurch ein „plurilingualer Habitus“ (s. z.B. Marshall/ Moore 2018, im Kontrast zum „monolingualen Habitus“, Gogolin 2008) - ein Sprachgebrauch, der die Gesamtheit einer Person zugänglicher semiotischer Ressourcen (potenziell) aufgreift und diese in der Weiterentwicklung unterstützt. Dies geht aber auch weiter als ein Inklusionsverständnis, das darauf zielt, Vielfalt zu akzeptieren und in ein positives Licht zu stellen (Hinz 2014). Es sieht Mehrsprachigkeit als Teil des Alltags, noch mehr: alle möglichen Ausprägungen der Mehrsprachigkeit als kulturelles Kapital i.S. Bourdieus (1986). Dies wird durch ein offenes sprachliches Klima im (und auch außerhalb des) Klassenzimmer(s) ermöglicht. Die Lehrkraft ist mit ihrem eigenen sprachlichen Habitus ein Rollenmodell für Lernende. Und zwar sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unterrichts: Reden zwei Lehrkräfte auf dem Gang oder dem Schulhof in einer Sprache miteinander, die weder Sprache der schulischen Bildung noch die jeweils unterrichtete Zweit- oder Fremdsprache ist, erleben besonders jüngere Lernende eine neue Seite ihrer Pädagog: innen. Diese werden in ihrer eigenen sprachlichen Vielfalt wahrgenommen - und unterstützen damit Heranwachsende, ihre eigene, sich entwickelnde Mehrsprachigkeit als wertvolles Gut anzusehen. Dass der durch eine Lehrkraft unterstützte Einbezug weiterer Sprachen im Unterricht diverse Vorteile hat, dürfte inzwischen außer Frage stehen. Die Sinnhaftigkeit einer Mehrsprachigkeitsdidaktik in unterschiedlichsten Konstellationen fußt auf frühe theoretische und didaktische Überlegungen (aus dem deutschsprachigen Raum u.v.a. Bertrand/ Christ 1990; Hufeisen 1994; 125 Zapp 1979). Eine Reihe kleinerer und größerer Interventionsstudien unterschiedlichster Art (klassische Experimentstudien, didaktische Interventionen, design-based research u.a.) mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen (einzelsprachlicher Unterricht, sprachenübergreifender Unterricht, Translanguaging) und aus unterschiedlichen Perspektiven (bildungswissenschaftlich, migrationspädagogisch, sprachwissenschaftlich) zeugen von den Vorteilen eines mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansatzes in Schule, Universität und Berufsausbildung. So konnte dies auch in diversen Interventionsstudien für jüngere und ältere Lernende von Fremdsprachen, Zweitsprachen und Herkunftssprachen gezeigt werden (für eine Diskussion hierzu, s. u.a. Berthele/ Vanhove 2017). Das insbesondere über die letzten zwei Jahrzehnte gewachsene Forschungsinteresse an einer mehrsprachigen Sprachlehrpraxis ist inzwischen so verbreitet, dass weitere Einzelzitationen mühsam wären. Eine klaffende Lücke zeigt sich aber in dem Forschungsschritt, der nach dem Einsatz von Einzelinterventionen kommt, nämlich die Implementationsforschung. Hier interessiert, welche „Gelingensbedingungen erfolgreicher Implementationen von evidenten Interventionen“ bestehen (Schrader et al. 2020, 9). Das bedeutet: Nach dem Durchführen von Studien in spezifischem Rahmen und teils unter kontrollierten Bedingungen gilt es, zu untersuchen, ob ähnliche Effekte in einem weniger kontrollierten Unterrichtsalltag zu finden sind - und somit zu erforschen, wann Interventionen überhaupt effektiv sind. Da die Implementationsforschung deutlich umfangreicher als die Interventionsforschung ist, ist das Potential für die weitere Erforschung des Nutzens des eigenen plurilingualen Repertoires durch Lehrkräfte auch in diversen Situationen gegeben. Denn im Rahmen von Interventionsstudien wird i.d.R. eine (bei manchen Studien mehrere) Unterrichtsalternative kleinschrittig geplant und in einer, mit Bezug auf u.a. Alter, Bildungsinstitution, Sprache und fokussiertem sprachlichem Bereich, spezifischen Situation eingesetzt sowie mit einem (oder einigen) spezifischen Instrumenten bewertet. Jede Interventionsstudie kann somit nur Hinweise auf ein Potential in der Unterrichtspraxis geben. Dies ist besonders bei heterogenen Gruppen zu beachten. Denn auch innerhalb einer Studie werden die Lernenden auf eine Intervention unterschiedlich reagieren. Dies kann auf die differenzielle Instruktion, die Heterogenität innerhalb der Lernendengruppe, auf den Umgang mit unterschiedlichen Lernmaterialien, den jeweiligen Fokus oder auch auf andere Merkmale zurückzuführen sein. Ein zentraler Einflussfaktor ist die Einstellung und das sprachliche Verhalten der Lehrkraft. Besonders bedeutsam hierfür ist die Lehrer: innenaus- und -weiterbildung. Dies soll im Folgenden thematisiert werden. 126 Sprachenlehrkräfte dürften qua Ausbildung besonders reflektierte Sprachenverwendende sein. Der nicht nur durch curriculare Strukturen auferlegte monolinguale Habitus (Gogolin 2008) des Unterrichts stellt aber in der Unterrichtspraxis eine Barriere zu anderen Sprachen dar, die schwer zu überwinden ist. Neben Bedenken, von der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit im Fremdsprachenunterricht noch weitere Zeit zu entfremden durch den Einbezug anderer Fremd- oder Herkunftssprachen (s. Lyster 2019), spielen frühere und begleitende Erfahrungen der Lehrpersonen eine zentrale Rolle. Im direkten Wirkungskreis der Autor: innen dieses Bandes dürfte dies am ehesten in den Phasen der Lehramtsbzw. Sprachlehrausbildung der Fall sein. Schulische Erfahrungen mit sprachenübergreifendem Lernen sind selten; Lehrkräfte sind somit, wenn sie ihren Unterricht für andere Sprachen öffnen, Multilinguisten (Cook 1997) der ersten Generation. Um dies zu erreichen, müssen in den wenigen Jahren zwischen Schulbildung und Lehrpraxis (1) Erfahrungen einer curricular eingebundenen Mehrsprachigkeit persönlich entstehen und (2) diese Erfahrungen in Praxissituationen umgesetzt und geübt werden. Der erste Schritt wird (oder wurde), zumindest implizit, in vielen Studiengängen der Fremdsprachenfächer bereits vollzogen. Veranstaltungen wie Kontrastive Linguistik - sofern belegt - bieten einen ersten Ansatzpunkt. Kleinere Lehramtsfächer wie Romanistik oder Slawistik verlangten eine Zeitlang ein Studium mindestens zweier Sprachen im Rahmen der Ausbildung und legten somit eine gute curriculare Grundlage für Sprachenübergreifendes; die noch bestehende Möglichkeit, im Rahmen des Studiums eine weitere romanische Sprache zu lernen, führt diese Grundlage ansatzweise weiter. Sogar das große Fach Englisch/ Anglistik wird in zwei Sprachen - Englisch und Deutsch - unterrichtet. Allein das Lehramtsfach Deutsch stößt direkt auf Schwierigkeiten, ist es nach wie vor fast ausschließlich monolingual ausgerichtet. Auch die Fächer Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache kommen - je nach Studienort - trotz diverser Empfehlungen oft ohne einen curricularen Bezug zu anderen Sprachen aus, oder sind bestimmten Studiengängen vorenthalten. So kann z.B. an der Universität Bremen im Rahmen des Moduls Deutsch als Zweitsprache eine sog. „Kontrastsprache“ (i.d.R. Türkisch oder Russisch) belegt werden. Allerdings gilt diese Möglichkeit nur für Lehramtsstudierende der Primarstufe mit dem Fach Deutsch - und auch hier handelt es sich weniger um sprachenübergreifende Ansätze und vielmehr um die Auseinandersetzung mit strukturellen Merkmalen der Fokussprache. Weiteres Potential für sprachenübergreifende Momente besteht in den Studiengängen zu Genüge; die Umsetzung ist je nach Studienorganisation und Interessenlage der beteiligten Personen jedoch unterschiedlich. Hierdurch 127 kommt es zu fast skurrilen Situationen. So wird ein Ausschluss anderer Sprachen in didaktischen Veranstaltungen oft nicht eingehalten (fremdsprachendidaktische Seminare werden z.T. auf Deutsch gehalten), die Studierenden sollten aber sprachenspezifische Veranstaltungen belegen (Französischdidaktik oder Spanischdidaktik), auch wenn an vielen Universitäten diese Veranstaltungen von den gleichen Dozierenden unterrichtet werden. Oder eine Kooperation zwischen fremdsprachendidaktischen Fächern wird durch curriculare Vorgaben geradezu ausgeschlossen, auch wenn fast alle Fächer durch eine einzige Arbeitsstelle vertreten werden, wie an der Universität zu Köln, wo es eine einzige W1-Professur für Didaktik der modernen Fremdsprachen gibt - die außer Englisch und Deutsch alle Fächer abdecken sollte. Am effektivsten wäre m.E. eine Integration sprachenübergreifender Ansätze im Studium aller Fächer, wenn möglich flankiert von spezifischen Lehrangeboten zu deren Didaktik. Das beginnt mit der Bewusstheit von Universitätsdozierenden über die eigenen Sprachen sowie der Bereitschaft, dies auch im Lehrkontext zu leben. Rollenmodellcharakter haben unterschiedliche Verhaltensweisen. Hierzu gehören der Bezug auf persönliche Sprachgebrauchserfahrungen in unterschiedlichen Sprachen (auch und insbesondere über das Studienfach hinaus) in Seminardiskussionen sowie die Bereitschaft, in universitären Seminaren die Verwendung aller Sprachen durch die Studierenden zu erlauben. Dazu gehört aber auch, das Verharren in monolingualen Unterrichtskonzepten - die, zumindest Berichten von Studierenden nach, noch heute in Didaktikseminaren als oberstes (und nicht hinterfragbares) Unterrichtsprinzip gepriesen werden, zu hinterfragen. Wird Sprachen außerhalb des Studienfaches Raum gewährt, und sammeln zukünftige Lehrkräfte Erfahrungen mit den damit einhergehenden Möglichkeiten, so werden diese zukünftig auch in der Schule eher mitgedacht. Darüber hinaus ist das Einbinden von Denkanstößen und kleineren Projekten in Einzelveranstaltungen im Rahmen des regulären Seminarrhythmus sinnvoll. Aktivitäten können unterschiedlicher Art sein; zentral ist, dass Studierende konkrete Möglichkeiten zur Unterstützung der Zielsprache, aber auch weiterer Sprachen und Fähigkeiten erproben. Besonders interessant ist damit die Möglichkeit, unterschiedliche Sprachenfächer zu verbinden und somit ansatzweise ein Curriculum für Mehrsprachigkeit (Hufeisen 2018) mitzudenken. Ein konkretes Beispiel hierfür, das in einem oder in mehreren Fächern eingebunden werden kann, ist ein von mir vor mehreren Jahren für die mehrsprachigkeitsoffene Schreibdidaktik entwickeltes Projekt (Marx 2022). Ziel ist, Schreibfähigkeiten von Schüler: innen der Sekundarstufe I weiter auszubauen, indem ein Produkt - eine narrativ kohärente Geschichte - in Partnerarbeit oder Kleingruppen kooperativ entsteht. Dies erfolgt sprachenübergreifend: Geschichtenanteile werden nach persönlicher Präferenz der Schreibenden in 128 unterschiedlichen Sprachen verfasst, womit unterschiedliche Sprachen als gleichberechtigt erfahren werden sollen. In dem Projekt arbeitet die gesamte Klasse an einem gemeinsamen Buch, das allerdings unterschiedliche Handlungsstränge hat - eine sog. multilineare Geschichte. In solchen Geschichten steht der: die Leser: in nach einem einleitenden Textteil immer vor einer Wahl; die Hauptfigur muss, um die Geschichte fortzusetzen, eine Handlungsentscheidung treffen. Die Geschichte entfaltet sich je nach ausgewählter Handlung unterschiedlich. In gedruckten Büchern wie der Choose Your Own Adventure-Serie (https: / / www.cyoa.com) kann dies zu zehn oder mehr Entscheidungsschritten führen; für das Klassenprojekt reichen meistens drei Textteile, wofür die Schreiber: innen jeweils zwei Entscheidungen vorschlagen und die entsprechenden Textteile, die der Einfachheit halber „Mittelteil“ und „Abschluss“ genannt werden, in ihren Kleingruppen verfassen. Schreiber: innen haben stets die freie Auswahl, in welcher Sprache (oder in welchen Sprachen) sie ihre Texte verfassen. Weil manche Gruppen ausschließlich auf Deutsch schreiben, ist es zwar möglich, einen kompletten Strang - i.d.R. bestehend aus drei Teilen - auf Deutsch zu lesen. Je nach Sprachenkenntnissen der Lesenden vergrößert sich die Entscheidungsfreiheit: Werden z.B. vier Handlungsstränge zur Wahl gestellt, davon zwei auf Deutsch, einer auf Arabisch und einer auf Englisch, haben Leser: innen mit mehr Sprachenkenntnissen auch mehr Handlungsraum. Damit soll ein echter kommunikativer Mehrwert durch das Nutzen unterschiedlicher Sprachen erfahrbar gemacht werden. Solche Projekte, die die von Schüler: innen verwendeten Sprachen aufgreifen und aktivieren, verlangen eine sehr spezifische berufliche Kompetenz bei den leitenden Studierenden bzw. Lehrkräften - nämlich, die Grenzen der eigenen Sprachkenntnisse zu erkennen und diese - auch vor den eigenen Schüler: innen - zu kommunizieren. Zur Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte gehört im Kontext der Mehrsprachigkeit m.E. nicht nur die Akzeptanz aller Sprachenkenntnisse, auch der eigenen, im Unterricht, sondern auch, die gezielte Kommunikation über deren Grenzen. Auch hier haben Lehrkräfte eine Vorbildfunktion: Der Anspruch, alles zu können (oder auch das, was man kann, immer „richtig“ zu können) entfällt. Besonders Studierende tun sich mit solchen Situationen schwer, stehen sie im Zugzwang sich beweisen zu müssen, weswegen sich solche kleineren, an Seminare angebundene Praxisprojekte gut eignen, entspannt mit Situationen des Unwissens umzugehen. Gleichzeitig eröffnet das Einbeziehen von der Lehrkraft u.U. nicht gesprochenen Sprachen einen Übungsraum für das Ausgleichen der Machtverhältnisse im Unterricht (Cummins 2017). Auch dieses Abgeben der Rolle als Wissensquelle ist eine Fähigkeit, die gelernt werden muss. Dazu gehört weiter die Fähigkeit, nicht korrigieren zu wollen. Die von den Schüler: innen geschriebenen Texte werden nicht bereinigt; eventuelle sprachliche Fehler wer- 129 den akzeptiert, um nicht vom Hauptziel - dem gemeinsamen Verfassen eines Textes - abzulenken. Solche kleineren Projekte sind insgesamt sehr leicht in die Lehrer: innenausbildung einzubinden, erlauben ein niederschwelliges Üben des Einsatzes mehrerer Sprachen im (Einzelsprachen? )-Unterricht für alle Beteiligten, und weisen auf Möglichkeiten der Mehrsprachigkeitsdidaktik innerhalb der Einschränkungen curricularer Verpflichtungen hin. Eine systematische Darstellung und Aufnahme unterschiedlicher Sprachen in den (vermeintlichen) Einzelsprachenunterricht eröffnet zweierlei Möglichkeiten. Einerseits kann der Bezug auf das gesamte semiotische Repertoire von Lernenden und insbesondere Kenntnisse aus anderen Sprachen das weitere Lernen unterstützen, in dem bereits vorhandenes Wissen mit neuem integriert und weiterentwickelt wird. Dieses didaktische Potential kann, wenn curricular sinnvoll eingebunden, eine Unterstützung des Lernprozesses bieten. Und zweitens unterstützt ein solches Vorgehen auch zukünftig eine persönliche Entwicklung der eigenen Plurilingualität, entsprechend ein Habitus, gezielt sämtliche passende Elemente des eigenen Repertoires einzusetzen, um erfolgreich kommunikative Situationen zu bewältigen. Die Fremdsprachenlehrkraft spielt hierbei durch den Einsatz ihrer eigenen, plurilingualen Berufssprache eine bedeutende Rolle. Ausubel, David (1968): Educational psychology: a cognitive view. New York: Holt, Rinehart & Winston. Berthele, Raphael/ Vanhove, Jan (2020): „What would disprove interdependence? Lessons learned from a study on biliteracy in Portuguese heritage language speakers in Switzerland“. In: International Journal of Bilingual Education and Bilingualism 23/ 5, 550-566. Bertrand, Yves/ Christ, Herbert (1990): „Vorschläge für einen erweiterten Fremdsprachenunterricht“. In: Neusprachliche Mitteilungen aus Wissenschaft und Praxis 43/ 4, 208-213. Bleichenbacher, Lukas et al. (2017). 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Grit Mehlhorn Die Berufssprache von Lehrpersonen, d.h. ihre mündliche, schriftliche, para- und nonverbale Sprachverwendung der L1, der Zielsprache und weiterer Sprachen in beruflichen Kontexten lässt sich nur schwer von den Begriffen Lehrersprache (teacher language), Zielsprache und Unterrichtssprache abgrenzen. Lehrkräfte bedienen sich darüber hinaus - wie andere Berufsgruppen auch - bestimmter Fachsprachen, die sie sich im Studium und während ihres Berufslebens aneignen. In der Regel handelt es sich dabei nicht um eine einzige Fachsprache, sondern mehrere, die die studierten Fächer und Bildungswissenschaften umfassen und die in Bezug auf die studierte Zielsprache weiter in die Fachsprache der Linguistik, der Literatur- und Kulturwissenschaft sowie der Sprachlehr- und -lernforschung bzw. Fachdidaktik unterteilt werden können. In den Fachsprachen, die sich durch eine bestimmte Terminologie auszeichnen, gibt es viele Überschneidungen mit der (gesprochenen) Umgangssprache bzw. Sprache des Alltags (vgl. Gödecke 2022). Das betrifft auch Fachbegriffe wie etwa (Lern-)Strategien, Mehrsprachigkeit oder Motivation, die einerseits in der Fremdsprachenforschung terminologisch definiert sind, andererseits aber auch von Laien im Alltag unspezifisch gebraucht werden und dabei an begrifflicher Schärfe verlieren (vgl. Hoffmann 1985). Eine Besonderheit der Berufssprache von Lehrpersonen besteht darin, dass Lehrkräfte einerseits - v.a. rezeptiv - Nutzer: innen von Fachsprachen, z.B. der Sprachwissenschaft, sind, also bspw. linguistische Termini und die dahinterstehenden Konzepte verstehen (sollten), andererseits diese in der Unterrichtssprache in ‚lernerfreundliche‘ Begriffe ‚übersetzen‘ müssen, z.B. „Ach-Laut“ statt „velarer Frikativ“ (vgl. auch die Unterscheidung zwischen ‚linguistischer‘ vs. ‚didaktischer‘ Grammatik bei Helbig 1983, 6). In diesem Beitrag soll es vorrangig um die Unterrichtssprache im schulischen Fremdsprachenunterricht gehen. Unterrichtsführung und -organisation (classroom management) erfordern eine Sprache, derer sich Lehrkräfte und Schüler: innen mit unterschiedlicher Funktion bedienen. Lehrpersonen nutzen Unterrichtssprache v.a. für die folgenden Handlungsfelder: •• die Organisation von unterrichtsbezogenen Handlungsabläufen und Routinen, • die Schaffung einer angemessenen Unterrichtsatmosphäre, 133 •• das Umgehen mit Konflikten, • die Anregung und Förderung der Entwicklung von Kompetenzen durch Übungen und Aufgaben in verschiedenen Sozialformen, • die Leistungsermittlung, • die Ermutigung von Lernenden einschl. Feedback (vgl. Behr/ Wapenhans 2022, 3). Darüber hinaus ist die Unterrichtssprache fester Bestandteil von Lehrwerken, etwa in Form von Arbeitsanweisungen für (formbezogene) Übungen und (mitteilungsbezogene) Lernaufgaben im Schülerbuch und Arbeitsheft (vgl. Solmecke 2006, 30). Lehrer: in ist ein sprechintensiver Beruf. Die Stimme und die Unterrichtssprache von Lehrpersonen stellen wichtige Arbeitsinstrumente dar, die für einen effektiven Einsatz ständig gepflegt werden wollen. Zu einem professionellen Umgang mit der Berufssprache von Lehrkräften gehören meines Erachtens die folgenden Teilkompetenzen: • ein funktionaler, gesunder Einsatz der Stimme (Sprecherziehung), • die Fähigkeit, die Zielsprache spontan, flüssig und verständlich zu gebrauchen, • eine zielsprachennahe Aussprache (vgl. Rymarczyk in diesem Band), • die Fähigkeit, die eigene Sprachverwendung den Lernenden anzupassen, z.B. in Bezug auf Wortschatz, grammatische Strukturen und die Sprechgeschwindigkeit (vgl. Riemer in diesem Band), • die Fähigkeit, spontan lesbare Tafelbilder zu erstellen, • die Fähigkeit, Aufgabenstellungen z.B. auf Arbeitsblättern und in Tests verständlich formulieren zu können, • die Fähigkeit, einen zielorientierten classroom discourse zu moderieren. Dafür sind u.a. notwendig: • eine sichere Beherrschung der Zielsprache, • Diagnosekompetenzen, etwa in Bezug auf verfügbaren Wortschatz und den Lernenden bekannte grammatische Strukturen sowie die jeweilige Zone der nächsten Entwicklung (vgl. Vygotskij 1934), • Sprachbewusstheit und metasprachliches Wissen, • Wissen über Varietäten und Register, z.B. auch die Unterscheidung von Hyperartikulation 1 vs. verständlicher Aussprache, • Kenntnisse von Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen Sprachen sowie die Fähigkeit, diese für Sprachvergleiche im Sinne des Translanguagings nutzbar zu machen (vgl. Marx in diesem Band), 1 Einige ‚muttersprachliche‘ Lehrkräfte neigen dazu, im Fremdsprachenunterricht eigentlich unbetonte Silben überdeutlich zu artikulieren - vermutlich aus dem Missverständnis heraus, mit ihrem auditiven Input gleichzeitig die Orthografie der Flexionsendungen vermitteln zu müssen. 134 •• die Fähigkeit, Fragen so zu stellen bzw. Impulse so zu formulieren, dass den Lernenden Interaktion erleichtert wird (sprachliches Scaffolding), • aktives Zuhören und Gesprächstechniken, insbesondere für Feedback und Fehlerkorrektur (vgl. u.a. Riemer 2022), aber auch die Fähigkeit, den eigenen Sprechanteil zugunsten des Lernenden-Outputs zu reduzieren und sich dementsprechend zurückzunehmen, • die Fähigkeit zur Binnendifferenzierung in Bezug auf die individuelle Lerneransprache (z.B. für Herkunftssprecher: innen komplexere zielsprachige Strukturen verwenden). Die Verwendung der Unterrichtssprache im Fremdsprachenunterricht unterscheidet sich von der in anderen Schulfächern dadurch, dass die Schüler: innen die Fremdsprache als neuen, zu erlernenden Gegenstand und zeitgleich als Medium der Kommunikation im Unterricht erleben (vgl. Behr/ Wapenhans 2022, 3). Die in Lehrplänen geforderte funktionale Fremdsprachigkeit 2 , bei der die Fremdsprache als Verkehrssprache dominiert (Butzkamm 2012, 54-56), stellt für Lehrkräfte und Schüler: innen eine Herausforderung dar. Für den Russischunterricht beschreibt Maier (2017) die damit verbundene Problematik so: Im Unterricht findet die Zielsprache Verwendung bei der Behandlung von Lektionstexten der Lehrwerke und den dazugehörenden Aufgabenapparaten. Wird hingegen etwa die Vorgehensweise erklärt, Disziplin eingefordert oder über den nächsten Wandertag gesprochen, geschieht dies häufig auf Deutsch. Gerade dann, wenn die Zielsprache zum Medium des Fremdsprachenunterrichts werden könnte, findet also oft der Übergang ist Deutsche statt (Maier 2017, 7). Auf diese Weise wird auf fremdsprachlichen Input in authentischen Kommunikationskontexten verzichtet, Kontaktzeit mit der Fremdsprache vergeudet und es werden Chancen für die Entwicklung kommunikativer Handlungsfähigkeit verschenkt (vgl. Behr/ Wapenhans 2022, 3-4). Für einen überwiegend zielsprachigen Unterricht spricht, dass den Schüler: innen über den Input der Lehrkraft Strukturen angeboten werden, die auf andere Kommunikationssituationen übertragen werden können. Für das Russische muss jedoch konstatiert werden, dass selbst das grundlegende Operatorenrepertoire einer zielsprachigen Unterrichtsführung den Schülern sehr viel mehr Schwierigkeiten bereitet als etwa im Englischen. Abgesehen von weitgehend fehlenden Erschließungsmöglich- 2 In Anbetracht von Sprachvergleichen und Translanguaging wäre es besser, hier von funktionaler Mehrsprachigkeit bzw. reflektierter Mehrsprachigkeit zu sprechen (vgl. auch den Beitrag von Marx in diesem Band). 135 keiten der Lexeme aus dem Deutschen sind auch auf dieser grundlegenden Ebene der Sprachverwendung die grammatischen Strukturen (Imperativbildung, Verbrektion, Substantivdeklination etc.) bereits so komplex, dass die explizite Vermittlung dieser grammatischen Phänomene erst allmählich im Unterricht der Sek I erfolgt (Maier 2017, 7). Daraus lassen sich folgende Konsequenzen ableiten: •• die sichere Beherrschung von authentischen Wendungen der Unterrichtssprache zur Unterrichtsorganisation durch die Lehrperson, • die Anpassung der Lehrersprache an das jeweilige Sprachniveau der Lernenden. Thaler (2014, 16) nennt hier u.a. langsameres Sprechen (mit Pausen), kürzere Sätze und einfachere Strukturen, • gezielte Übungsangebote für die Schüler: innen zur inhaltlichen Erschließung und Verinnerlichung von Wendungen der Unterrichtssprache (vgl. Behr/ Wapenhans 2022, 4). Unterrichtssprache scheint mir ein bisher noch wenig erforschtes Gebiet zu sein, insbesondere in Bezug auf die slawischen Sprachen. Meine eigenen Hospitationen und Beobachtungen im Rahmen des schulischen Polnisch-, Russisch- und Tschechischunterrichts zeigen, dass Schüler: innen, die von Lehrkräften unterrichtet werden, die in erster Linie die Fremdsprache als Zielsprache verwenden und kommunikativ unterrichten, weniger Sprechangst zeigen und flüssiger sprechen, wenn auch grammatisch nicht immer korrekt. Dagegen entwickeln Schüler: innen, die von Lehrpersonen unterrichtet werden, die den Einsatz der Zielsprache im Unterricht oft vermeiden, selbst Vermeidungsstrategien bzgl. des Zielsprachengebrauchs. Lehrkräfte, die viel bzw. fast ausschließlich Deutsch als Unterrichtssprache verwenden, • unterrichten weniger kommunikativ, • neigen zu lehrerzentriertem Unterricht mit starkem Fokus auf der Kontrolle von Grammatik und Vokabeln sowie zu einfachen Frage- Antwort-Sequenzen in der Zielsprache (vgl. Mehlhorn 2021), • behaupten oft, die Schüler: innen wären mit zielsprachlichen Erklärungen überfordert, • geben Herkunftssprecher: innen seltener Gelegenheit sich in der Zielsprache zu äußern. In ihren Portfolios berichten Lehramtsstudierende häufig von ähnlichen Unterrichtsbeobachtungen aus dem Schulpraktikum (vgl. Abschnitt 5). Dabei scheint es nicht automatisch so zu sein, dass nur Lehrkräfte, die die Zielsprache als Fremdsprache gelernt haben, viel Deutsch im Fremdsprachenunterricht verwenden. Interaktionsanalysen von (audiographierten) Unterrichtsgesprächen könnten u.a. 136 •• den Sprechanteil von Lehrpersonen und Schüler: innen in der Zielsprache und dem Deutschen aufdecken, • darüber Aufschluss geben, in welchen Phasen Lehrpersonen in die L1 der Schüler: innen ausweichen, • gute Praxisbeispiele für zielführende Semantisierungen von Wortschatz (z.B. de Florio-Hansen 2006), Grammatikerklärungen, Feedbacksequenzen und spontanen Interaktionen in der Zielsprache liefern. Gleichzeitig könnten solche Audioaufnahmen, von den Lehrpersonen selbst initiiert, im Sinne des action research zur Reflexion und Weiterentwicklung der eigenen Unterrichtsprache dienen (vgl. Altrichter/ Posch/ Spann 2018). Bei Aktionsforschung handelt es sich um ein Instrument, das Lehramtsstudierende bereits während ihrer Schulpraktika in der ersten Phase der Lehramtsausbildung einsetzen können. An Instituten der Romanistik und Slawistik wird in den Lehrveranstaltungen der Fachwissenschaften und der Didaktik meist auf Deutsch kommuniziert, weil mehrere studierte Sprachen gleichzeitig bedient werden müssen. Zudem liegt aktuelle Fachliteratur häufiger auf Englisch und Deutsch als in der studierten Sprache vor. Dennoch gibt es Möglichkeiten, in allen Lehrveranstaltungen zur sprachlichen Bildung der künftigen Lehrkräfte beizutragen und eine Art ‚berufssprachliches Netz‘ über alle Lehramtsmodule zu spannen, etwa durch • die Gestaltung von Tutorien in der jeweiligen Zielsprache, • die Anregung zur mündlichen Interaktion zwischen Studierenden derselben studierten Sprache bei Partner- und Gruppenarbeit, • die gezielte Nutzung von Fachliteratur und Internetquellen in der Zielsprache, • die Ermöglichung von (mündlichen) Prüfungsleistungen in der Zielsprache (vgl. auch Siebold in diesem Band). Die meisten Gelegenheiten zur Arbeit an den zielsprachlichen Kompetenzen liegen jedoch zweifelsohne in den sprachpraktischen Veranstaltungen, die - neben Fachdidaktik, Sprachwissenschaft, Literatur- und Kulturwissenschaft - einen genuinen Bestandteil des Lehramtsstudiums der slawischen Sprachen Polnisch, Russisch und Tschechisch darstellen und in der Regel ab dem ersten Semester mit eigenen Modulen unterrichtet werden: in den westslawischen Sprachen für Studierende ohne sprachliche Vorkenntnisse, im Lehramtsstudium Russisch an einigen Universitäten ab einem höheren Einstiegsniveau. An der Universität Leipzig werden zur Immatrikulation bspw. Russischkenntnisse auf B1-Niveau vorausgesetzt. Je nach geforderten Sprachkompetenzen zu Studienbeginn soll zum Studienende ein Niveau bis zu C1 erreicht werden, wobei deutlich sein dürfte, dass der alleinige Besuch von Sprachpra- 137 xisveranstaltungen nicht ausreichend sein kann, um später die studierte Sprache souverän als Unterrichtssprache verwenden zu können. Aufgrund der heterogenen Lerngruppen von Herkunftssprecher: innen und Fremdsprachenlernenden im Lehramtsstudium slawischer Sprachen bietet es sich an, in Sprachpraxismodulen im Sinne der äußeren Differenzierung separate Kurse für diese beiden Zielgruppen einzurichten (vgl. Mehlhorn 2020). Aber auch innerhalb dieser Lerngruppen ist innere Differenzierung erforderlich. Darüber hinaus sollte man - unabhängig von sprachlernbiografisch bedingten Vorkenntnissen - denjenigen Studierenden, die mehr lernen möchten, die Möglichkeit dazu geben. Laut Sächsischer LAPO (Lehramtsprüfungsordnung) für das erste Staatsexamen ist die Sprachpraxis neben der Fachdidaktik und den Fachwissenschaften sowohl Bestandteil des Lehramtsstudiums als auch Gegenstand der Abschlussprüfungen. Zudem wird bis zur Anmeldung zum Staatsexamen ein mindestens dreimonatiger Aufenthalt im Zielsprachenland gefordert. 3 Allerdings soll in der aktuellen Sächsischen Lehramtsprüfungsordnung (SMK 2022, §§ 92, 95 und 99) ab 2025 darauf verzichtet werden, die mündlichen Staatsprüfungen für die slawischen Schulfremdsprachen überwiegend in der Zielsprache durchzuführen. Diese Rücknahme von Anforderungen zum Studienabschluss ist für die angehenden Lehrkräfte jedoch kontraproduktiv und trägt eher zur Deprofessionalisierung bei. Wer es im Laufe des Studiums nicht schafft, disponible Sprachkompetenzen zu entwickeln, der wird in der zweiten Phase der Lehramtsausbildung vor großen Schwierigkeiten stehen und dem wird im Berufsalltag erst recht die Zeit für den Ausbau der eigenen Sprachpraxis fehlen (vgl. auch Diehr in diesem Band). Angehende Lehrkräfte, die die studierte Sprache als Fremdsprache oder Herkunftssprache gelernt haben, zeigen bei ihren ersten Unterrichtsversuchen in der Schule sehr oft Unsicherheiten in der Verwendung der Zielsprache. Teilweise beobachten sie auch schon einen hohen Anteil von Deutsch als Unterrichtssprache im hospitierten Unterricht, sodass manchen Studierenden gute Modelle bzgl. des Zielspracheneinsatzes fehlen, an denen sie sich orientieren könnten. Bei den ersten Unterrichtsversuchen vermeiden einige Praktikant: innen daher die Verwendung der Fremdsprache. Studierende, die selbst mit der Zielsprache aufgewachsen sind, neigen hingegen dazu, die Schüler: innen sprachlich zu überfordern, weil sie erst noch lernen müssen, ihre Sprache den Lernenden anzupassen und ihnen das Gespür dafür fehlt, was die Lernenden noch nicht verstehen können. Maßnahmen, die hier zumindest zu einer gewissen Sensibilisierung für die Unterrichtssprache führen können, sind Analyseaufgaben zur Sprachverwen- 3 Krings (2019) zeigt sehr anschaulich, dass sich Sprachlernerfolge durch Aufenthalte im Zielsprachenland nicht automatisch, sondern nur unter bestimmten Bedingungen einstellen und nicht alle Fertigkeiten gleichermaßen betreffen. 138 dung in Lehrwerken und Arbeitsblättern sowie konkrete Beobachtungsaufgaben bei der Hospitation in bestimmten Unterrichtsphasen, etwa bei der Formulierung von Aufgabenstellungen oder lehrerseitigem Feedback. Diese Aufmerksamkeitslenkung auf sprachliche Aspekte der Lehrersprache kann durch den Einsatz von Unterrichtsvideos erleichtert werden. Im schriftlichen Bereich der Unterrichtssprache zeigen sich Probleme mit der nicht immer duktusgemäßen (kyrillischen) Schrift (Schreibschrift, Buchstabenverbindungen). Zum einen benötigen manche Studierende viel Zeit, um spontan etwas mit der Hand an die Tafel zu schreiben und tun sich schwer mit der Platzaufteilung an der Tafel. Zum anderen schreiben sie öfter fehlerhafte Formen auf oder werden mit Rückmeldungen der Schüler: innen konfrontiert, die ihre Schrift nicht entziffern können. Die Nutzung einer digitalen Tafel bzw. powerpointgestützter Unterricht ist eine Möglichkeit, diese Klippen zu umschiffen, stellt aber zuweilen auch eine Vermeidungsstrategie dar. Im Folgenden wird dargestellt, wie das Thema Unterrichtssprache im Rahmen der fachdidaktischen Module für die slawischen Lehramtsfächer an der Universität Leipzig verankert ist. Im einführenden Modul („Didaktik der slawischen Sprachen 1“) lautet eine obligatorische Aufgabe der Modulprüfungsleistung Portfolio: Formulieren Sie drei Möglichkeiten auf Polnisch/ Russisch/ Tschechisch, sich in ca. sechs Sätzen einer neuen Lerngruppe vorzustellen (im ersten, dritten und fünften Lernjahr, d.h. vor einer 6., 8. und 10. Klasse). Schreiben Sie jeweils eine kurze Begründung, warum Sie sich für diese Formulierungen entschieden haben. Neben verschiedenen Reflexionsaufgaben müssen in diesem Portfolio auch erste Arbeitsblätter zum Hörverstehen und zum Sprechen erstellt werden, wobei sich die Studierenden explizit mit konkreten Aufgabenformulierungen in der Zielsprache beschäftigen. Im zweiten Didaktikmodul, das mit den schulpraktischen Übungen auch erste Unterrichtsbeobachtungen und Unterrichtsversuche im schulischen Fremdsprachenunterricht umfasst, wird für die Hospitationen ein gezielter Beobachtungsauftrag zur Lehrersprache gestellt: Die Studierenden sollen sich notieren, wie Arbeitsaufträge und Feedback in der Zielsprache formuliert werden und wie die Lehrkraft die Schüler: innen zum Sprechen ermutigt. In ihren eigenen Unterrichtsplanungen müssen die Studierenden Aufgabenstellungen in der Zielsprache konkret ausformulieren. Bei den Nachbesprechungen der beobachteten und selbst gehaltenen Unter- 139 richtsstunden erfolgt ein dezidiertes Feedback zur Unterrichtssprache, wobei zudem über alternative Formulierungsmöglichkeiten reflektiert wird. Im Modul „Didaktik der slawischen Sprachen 3“ wird von den Studierenden mehr Materialentwicklung verlangt. So sollen sie u.a. mithilfe eines Lehrwerks eine Übungstypologie erstellen, eine kommunikative Aufgabensequenz konzipieren und einen literarischen Text bzw. eine Filmsequenz didaktisieren und entsprechende Arbeitsblätter dazu erstellen: Erstellen Sie für eine konkrete Zielgruppe (studierte Schulform/ Lernjahr) eine Übungssequenz zu einer grammatischen oder phonetischen Lernschwierigkeit, die aus mind. fünf unterschiedlichen, aufeinander aufbauenden Übungen besteht (Progression vom Einfachen zum Schwierigen, von der Reproduktion zur freieren Produktion beachten). Formulieren Sie konkrete Aufgabenstellungen, geben Sie genügend Items pro Übung an und verfassen Sie auch ein Erwartungsbild (Lösungsschlüssel). Erläutern Sie, was mit den einzelnen Übungen jeweils gelernt und gefestigt werden soll. Geben Sie die genauen Quellen der Materialien an, die Sie für die Erstellung genutzt haben und wie Sie vorhandene Lehrwerkübungen für Ihre Zwecke adaptiert haben. Vorgeschlagener Umfang: 1-2 Seiten zur Erläuterung plus informatives Arbeitsblatt mit allen Übungen und konkreten Aufgabenstellungen Erstellen Sie eine Sequenz im Sinne des aufgabenorientierten Ansatzes (task based learning) für Lernende Ihrer studierten Schulform (Lernjahr und Lehrplanbereich angeben). Berücksichtigen Sie, dass die Aufgabe einen persönlichen Bezug zu den Lernenden haben und bei ihnen kognitive Prozesse auslösen soll. Reflektieren Sie in Ihren Erläuterungen (a) das Ziel, (b) das Ausgangsmaterial (zielsprachlichen Input), (c) Bedingungen (z.B. Sozialformen, Interaktion), (d) Verfahren (z.B. Informationen geben, sich verteidigen, etwas begründen, etwas aushandeln) sowie (e) das Ergebnis (und ggf. Produkt) der Task. Vorgeschlagener Umfang: 2 Seiten plus Arbeitsblatt mit konkreten Aufgabenstellungen Darüber hinaus enthält das Portfolio eine Aufgabe zur zielsprachigen Semantisierung von neuem Vokabular zu einem Lehrwerktext: Formulieren Sie möglichst kurze und einfache Erklärungen auf Polnisch/ Russisch/ Tschechisch zu den fettgedruckten Wörtern und Wendungen, die im folgenden Lehrwerktext für die Lernenden neu sind. Schreiben Sie - wo sich das anbietet - dazu, wie Sie dabei ggf. die Schüler: innen, sich selbst, das Klassenzimmer oder bestimmte Visualisierungen für die Semantisierung nutzen würden. Formulieren Sie ggf. Alternativen für eine Wortschatzerklärung. Notieren Sie, was sich die Lernenden zu den jeweiligen Vokabeln ggf. noch merken sollten (z.B. grammatische Informationen, Kollokationen). Das abschließende Modul („Didaktik 4“) umfasst ein vierwöchiges Schulpraktikum in der studierten Schulart. Hier bezieht sich eine der Beobachtungsauf- 140 gaben 4 zum Lehrerverhalten im Praktikumsportfolio auf ausgewählte Aspekte der Lehrersprache, z.B. •• Verständlichkeit und Klarheit, • Registergebrauch (z.B. Hinweise auf umgangssprachliche Wendungen, Slang, Bildungssprache), • Anpassung der Unterrichtssprache an den Sprachstand der SuS bezüglich Sprechtempo, Ausdruck, Wortschatz, Strukturen, • Verhältnis von Deutsch und Zielsprache im Unterricht, • Passung von Unterrichtssprache und Stundenthema, Lernzielen und Sprechintentionen, • Körpersprache (Gestik, Mimik), • Modulation der Stimme. Die Reflexionen sollen mit konkreten Zitaten bzw. Interaktionsdaten aus dem Klassenzimmer belegt werden. Die Studierenden werden dazu angehalten, sich in der Analyse insbesondere auf positive Aspekte zu konzentrieren, aus denen sie etwas lernen können bzw. auf Elemente, die sie ggf. in ihren eigenen Unterricht integrieren möchten. Der selbst gehaltene Unterricht (mindestens 15 Stunden) ist anhand von konkreten Leitfragen zu reflektieren, von denen mehrere den Einsatz der Unterrichtssprache betreffen, z.B. Aspekte wie Erklärverhalten, Rhetorik, Moderation): • Wie sicher kann ich die Zielsprache spontan im Unterricht verwenden? Wie ist meine Aussprache, Orthographie und Grammatik in der Zielsprache, wie umfangreich ist mein produktiver Wortschatz? • Bin ich klar in meinen Äußerungen, komme ich schnell zum Punkt? • Wie formuliere ich Aufgabenstellungen? • Wie semantisiere ich unbekannten Wortschatz? • Wie erkläre ich grammatische Regeln und Aussprachephänomene? • Spreche ich laut/ deutlich/ langsam genug? • Kann ich ertragreiche, ergebnisorientierte Unterrichtsgespräche leiten, an denen sich viele Schüler: innen beteiligen? Im folgenden Zitat aus einem Praktikumsbericht vom März 2023 reflektiert die Studentin ihren Lernzuwachs in Bezug auf ihre Unterrichtssprache: Was meine Äußerungen im Unterricht betrifft, bin ich mittlerweile besser darin geworden, mich klar auszudrücken und ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen. In den letzten Jahren habe ich daran gearbeitet, mich klarer auszudrücken, was mir im Praktikum nun sehr gelegen kam. Dabei habe ich festgestellt, dass es mir hilft, meine Äußerungen vorab zu notieren, beispiels- 4 Während des Praktikumszeitraums sollen mindestens 25 Unterrichtsstunden in unterschiedlichen Lernjahren und bei verschiedenen Lehrkräften beobachtet werden, wobei neben der studierten Sprache auch 5 Stunden in anderen Sprachfächern hospitiert werden soll. 141 weise im Stundenentwurf. Insbesondere wenn es um längere Ausführungen geht, wie die Erklärung zur Konjugation von «любить» oder wie das Fly- Swatter-Spiel funktioniert, ist es für mich einfacher, mich in meinen Äußerungen auf das Wesentliche zu fokussieren, wenn ich mir vorab Gedanken gemacht habe, welche Informationen wichtig sind und wie ich Sachverhalte logisch, prägnant und kurz erklären kann. Wenn die SuS beispielsweise in Partnerarbeit einen Tandembogen (mündlich) bearbeiten sollen, überlege ich mir während der Unterrichtsplanung, wie ich bei der Erklärung der Aufgabe am besten vorgehe Praktikumsbericht 2023, Stud. 03, S. 32). Da bereits bei den ersten Unterrichtsversuchen Übungsanweisungen, Phasenübergänge und die Semantisierung neuer Vokabeln größtenteils in der Zielsprache vorbereitet und diese Aspekte bei der zu dokumentierenden Unterrichtsplanung ausformuliert werden sollen, ist es im Anschluss leichter, darüber zu reflektieren. Die Berücksichtigung dieser Aspekte bei Unterrichtssimulationen in Vorbereitung auf die eigentlichen Unterrichtsversuche stellt - auch aus Sicht der Studierenden - einen wichtigen Übungseffekt dar, insbesondere wenn sie individuelles Feedback zu ihrer Unterrichtssprache erhalten. Die Thematisierung von Unterrichtssprache bei der Auswertung und Nachbesprechung ihrer ersten gehaltenen Unterrichtsstunden bewerten Lehramtsanwärter: innen auch in Evaluationen zu den Lehrveranstaltungen als hilfreich und praxisrelevant. Altrichter, Herbert/ Posch, Peter/ Spann, Harald (2018): Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht. 5., grundlegend überarb. Aufl. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. Behr, Ursula/ Wapenhans, Heike (2022): Unterrichtssprache Russisch. Anregungen für die funktionale Fremdsprachigkeit im Russischunterricht. ThILLM: Bad Berka. Butzkamm, Wolfgang (2012): Lust zum Lehren, Lust zum Lernen. Fremdsprachen von Anfang an anders unterrichten. 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Sie hat das nie vergessen. • Episode 2: Im Rahmen einer internationalen Kooperation präsentiert ein Doktorand zum ersten Mal sein Promotionsprojekt in einem Kolloquium mit Peers und Betreuer: innen und spricht dabei sein Publikum in erhöhter Lautstärke und überdeutlicher Artikulation an und fordert seine Zuhörerschaft auf, sich zu konzentrieren, gut zuzuhören und mit dem Schwatzen aufzuhören. Lehrende setzen Sprache ein, um den Unterricht zu organisieren, Lernenden Anweisungen und Erläuterungen zu geben, (pädagogische) Fragen zu stellen, Feedback zu geben, Lernende zu ermutigen, zu loben, zu korrigieren oder zurechtzuweisen - also um Unterrichtsinteraktion zu gestalten. Lehrersprache kann dabei auf unterschiedliche Sprachen, sprachliche Varietäten und Register zurückgreifen. Sie beinhaltet Fachterminologie, sprachliche Operatoren und routinierte Redemittel. Sie ist Ausdruck der individuellen Persönlichkeit. Sie ist an bewusste und unbewusste didaktische und methodische Überzeugungen und Wissen von Lehrenden rückgebunden. Treffen all diese Parameter auf Lehrersprache in sämtlichen Lehrsituationen zu, so kommt im Fall des Fremd-/ Zweitsprachenunterrichts hinzu, dass Sprache nicht nur Medium, sondern auch Gegenstand und Ziel ist. Lehrersprache kommt hierbei als Lieferant von Sprache (Input), in der Ausgestaltung von Sprachangeboten (Affordanz) und als Sprachmodell eine besondere Rolle zu. Lehrersprache umfasst sprachliche (u.a. phonetische, lexikalische, morpho-syntaktische, pragmatische, stilistische), paraverbale (z.B. Ton, Lautstärke, Sprechtempo) und nonverbale (z.B. Blick, Gestik, Körpersprache, Raumverhalten) sowie interaktive Dimensionen (z.B. Umgang mit Pausen, Paraphrasen, Feedback, Korrektur, Wiederholungen, Echo, Abwarten). „Leh- 144 rersprache“ ist ein vielschichtiger Begriff, der das Selbstverständnis von Lehrenden betrifft und vielfältige sprachliche und außersprachliche Handlungen umfasst, die Lehrende bei der Berufsausübung (hier im Fokus: in der L2- Unterrichtsinteraktion) vollziehen. Zu den Handlungen zählt alles, was „zur Bewältigung der üblichen Unterrichtssituationen und -interaktionen dient“ (Voss 1986a, 7), also gut (im Sinne von sprachlich korrekt, flüssig und für die Lernenden verständlich) fragen, anregen, Strukturen und Lexik einführen, erklären, beraten, zustimmen, widersprechen, zusammenfassen, auffordern, ermutigen, loben, korrigieren, differenziert Feedback geben, zurechtweisen, organisieren, Aufgaben stellen, vorlesen, Hilfestellungen geben, Terminologie verwenden, erzählen, präsentieren, nach Meinungen fragen, begrüßen, verabschieden etc. können. Diese bewusst ungeordnete Liste verweist auf die Unmöglichkeit für Lehrende, im Vorfeld der Unterrichtsplanung exakt zu antizipieren, welche Handlungen eintreten werden. Ausgeprägte und ausdifferenzierte situationsspezifische Handlungsfähigkeit im Unterricht wird von Lehrenden abverlangt - und dies, soweit dem Ideal des (aufgeklärt) einsprachigen L2-Unterrichts folgend, in der Zielsprache, was stets mit dem Angebot eines L2-Sprachmodells sowie Inputs an die Lernenden verbunden ist. Lehrersprache soll verständlich und empathisch, lernförderlich sein. All diese sprachlichen Handlungen erfolgen im Kontext von Unterrichtsinteraktion, was bedeutet, dass lehrersprachliche mit Interaktionskompetenz untrennbar verbunden ist. Zu ergänzen ist: die Befähigung zur sprachlichen und interaktiven Ausgestaltung von Online- und Hybrid-Unterricht, die u.a. die Fähigkeit umfasst, Online-Kommunikation und Online-Zusammenarbeit anzuregen sowie Gruppen synchron und asynchron, in Präsenz, online und hybrid zu organisieren und interaktiv zu begleiten. Derzeit gewinnt der interaktive Aspekt von Lehrkompetenz an wiedererwachter wissenschaftlicher Aufmerksamkeit in der Fremdsprachendidaktik (s. die Beiträge in Thomson 2022). Nach kognitiv-interaktionistischen und soziokulturellen Ansätzen der Fremdsprachenerwerbsforschung, die - mit unterschiedlichen Nuancen - Interaktion als entscheidend für L2-Erwerbsprozesse betrachten, kommt der lehrersprachlich-interaktiven Kompetenz eine Schlüsselrolle für erfolgreiches L2-Lernen zu. Begriffe wie communicative teacher talk (Wulf 2001) oder classroom interactional competence (Walsh 2013) und classroom discourse competence (Thomson 2022) betonen die facettenreiche interaktive Seite der Lehrkompetenz. 1 Solche Kompetenzmodelle 1 Pejorative Beschreibungen der Lehrersprache als reduktionistische teacherese (vgl. etwa im Longman Dictionary of Language Teaching and Applied Linguistics, in dem teacher talk folgendermaßen definiert wird: „that variety of language sometimes used by teachers when they are in the process of teaching. In trying to communicate with learners, teachers often simplify their speech, giving it many of the characteristics of FOREIGNER TALK and other simplified styles of speech ad- 145 schließen - mitunter implizit und unausgesprochen - das Vorhandensein hinreichender zielsprachlicher Kompetenz der Lehrenden ein. Grundsätzlich wird erwartet, dass Fremdsprachenlehrende ihren Unterrichtsgegenstand beherrschen müssen und mit der Lehrersprache den Lernenden (reichhaltigen und passgenauen) Input anbieten können. Thaler (2014, 15) hält das Niveau von C1 Plus für erforderlich und sieht in der L2-Kompetenz eine „unerlässliche Voraussetzung für ein flexibles Agieren und Reagieren in der Zielsprache und damit für die effektive Unterstützung des Spracherwerbs der Schüler“. Wie sieht es aber mit der L2-Kompetenz von deutschen Lehramtsstudierenden im Bereich der schulischen ersten, zweiten und dritten Fremdsprachen aus? Anforderungen an sprachliche Kompetenzen im Rahmen von Lehrkompetenz durch die Bildungsadministration, die z.B. in Deutschland von nichtmuttersprachlichen Fremdsprachenlehrenden muttersprachenähnliche Sprachkompetenz verlangt, scheinen wenig nachgehalten zu werden. So ist z.B. in NRW die Sicherstellung von hinreichenden Sprachkenntnissen zum Studieneinstieg in ein Lehramtsstudium nicht erlaubt mit dem Argument, dass mit dem Abitur ausreichende Kompetenz bereits bescheinigt sei. Des Weiteren ist ein berufsbezogener Sprachnachweis im Übergang zum Referendariat zwischen erster und zweiter Phase der Lehrerausbildung nicht vorgesehen. Für die Deutschlehrerausbildung (zumeist für Sekundarschulen) in nichtdeutschsprachigen Ländern ist die studienbegleitende Entwicklung der allgemeinen L2-Kompetenz ein zentrales Thema: Je nach Vorhandensein des Schulfachs Deutsch wird teilweise sogar erst mit Studienbeginn mit dem Deutschlernen begonnen. Vielfach wird auch in Ländern mit vorhandenem Schulfach Deutsch von zurückgehenden Eingangssprachkenntnissen der Studierenden berichtet. C1 oder sogar C1 Plus von DaF-Lehrer: innen zu erwarten, ist vielerorts schlicht unrealistisch. Die Beobachtung, dass zukünftige und bereits im Beruf tätige DaF-Lehrer: innen nicht durchgängig über zielsprachliche Kompetenzen oberhalb B2 (manchmal auch darunter) verfügen, wird in Fortbildungsprogrammen wie DLL oder Dhoch3 durch sprachliche Adaption der Lehrmaterialien inhärent berücksichtigt, aber selten durch gezielte Programme zum Ausbau der berufssprachlichen Kompetenz bearbeitet. Warum ist das so? Stellt heutzutage die Frage nach der berufsrelevanten zielsprachlichen Kompetenz von Fremd-/ Zweitsprachenlehrenden eine Fangfrage mit macht- und diskriminationskritischen Fallen dar? Fragen nach der dressed to language learners“ (Richards/ Schmidt 2010, 588; Hervorhebung im Original) scheinen in solchen Konzepten überwunden. 146 wünschenswerten zielsprachlichen Kompetenz von Fremd-/ Zweitsprachenlehrenden berühren den sensiblen Bereich, ob es von Vorteil ist, wenn sog. „Muttersprachler“ die L2 unterrichten. Das Ideal der muttersprachlichen oder „nativnahen“ Fremd-/ Zweitsprachenlehrkraft unterstellt, dass Lehrende ein möglichst perfektes Sprachmodell (insbesondere in Bezug auf Aussprache, Lexik, Grammatik und Idiomatizität) liefern sollen und ihre Lehrersprache flexibel an die Bedürfnisse der Lernenden anpassen können. In Episode 1 (s.o.) erlebte eine muttersprachliche DaF-Studentin ansatzweise, welchen diskriminierenden Effekt Zweifel von anderen bzgl. der vorhandenen Sprachkompetenz auf das eigene (zukünftige berufliche) Selbstverständnis haben können. Nimmt man den wissenschaftlichen Diskurs um den sog. „nonnative teacher“ zur Kenntnis, dann ist es fachlich nicht zu rechtfertigen, sog. muttersprachliche Fremd-/ Zweitsprachenlehrer: innen zu bevorzugen (vgl. unter den neueren Beiträgen exemplarisch Mahboob 2010; Martinez Agudo 2017; Tasso 2021). Auch die Macht des Faktischen spricht gegen eine Bevorzugung sogenannter muttersprachlicher Lehrkräfte: Der Fachkräftebedarf wäre aus diesem Reservoir schlicht nicht zu decken. Es gibt weltweit insgesamt mehr nichtmuttersprachliche als muttersprachliche Fremdsprachenlehrende; auch im Bereich DaZ in Deutschland ist ein steigender Anteil nichtmuttersprachlicher Lehrkräfte zu beobachten. Beides spricht dafür, dass es obsolet ist, muttersprachliche oder muttersprachennahe Sprachkompetenz als Merkmal „guter“ Lehrer: innen zu idealisieren, zumal linguistisch betrachtet unklar ist, welche Sprachnorm damit genau gemeint sein könnte. Gleichwohl sind die zielsprachlichen Voraussetzungen für den Lehrberuf nicht zu unterschätzen; sie spielen auch für das professionelle Selbstverständnis und Selbstvertrauen eine wichtige Rolle. Sprachliche Probleme von Fremd-/ Zweitsprachenlehrer: innen können bereits beim fehlenden (schnellen) Zugriff auf sprachliche Operatoren und Redemittel beginnen. Dieser Problematik begegnen sog. „Unterrichtsphraseologien“ bzw. mehr oder weniger systematische Zusammenstellungen von Redemitteln zur Bewältigung von als typisch angesehenen Unterrichtshandlungen (s. exemplarisch Butzkamm 2007 für Deutsch) und Selbstlern- und Trainingsmaterialien für die Lehrersprache (s. exemplarisch Geiger/ Johnson 1984 und Salaberri 1995 für Englisch), die sich vorrangig an nichtmuttersprachliche Studierende und Lehrende richten. Für ein Selbststudium eignen sich solche Materialien m.E. weniger, weil sie bisweilen unkommentiert sind und didaktisch zu problematisieren wären. Zum Beispiel führt Butzkamm (2007, 83) unter der Rubrik „Energisch tadeln“ unkommentiert u.a. die Redemittel „Das ist totaler Blödsinn. Das spottet jeder Beschreibung“, „Du solltest dich was schämen“, „Du hast keinen blassen Schimmer“, „Deine Arbeit war unter aller Kanone“ auf. Hier wird noch einmal deutlich: Lehrersprache transportiert methodischdidaktisches Wissen und Können sowie das Rollen-, darunter Autoritätsverständnis der Lehrperson. 147 Nichtsdestotrotz kann der Rückgriff auf formelhafte Redemittel hilfreich sein. Routiniert eingesetzt und habitualisiert stellen sie sprachliche Anker für Fremdsprachenlehrende (und auch für Lernende) dar. In diesem Zusammenhang komme ich auf Episode 2 (s.o) zurück. Der hier beschriebene Doktorand war ein erfahrener DaF-Lehrer, der daran gewohnt war, sehr große Klassen von Jugendlichen an Sekundarschulen zu unterrichten. In der für ihn neuen Situation, sein Forschungsprojekt in einer Umgebung vorzustellen, die eine für ihn ungewohnte Mischung aus formaler Wissenschaftssprachlichkeit gepaart mit einer offenen Diskussionskultur darstellte, griff er mit dem Ziel, sich als kompetenter Fachkollege zu beweisen, auf Lehrerroutinen zur Eröffnung einer Deutschstunde zurück. Vor der Gruppe zu stehen aktivierte quasi einen sprachlichen Schalter. Ein anderes Register konnte er wahrscheinlich noch nicht routiniert abrufen. Zurück zur Rolle der zielsprachlichen Kompetenz für die Lehrersprache im Fremd-/ Zweitsprachenunterricht. Gute oder hervorragende allgemeine zielsprachliche Kompetenz impliziert noch nicht die hinreichende Fähigkeit, die eigene Lehrersprache an die zielsprachlichen Möglichkeiten der Lernenden anzupassen und Interaktion so auszugestalten, dass eine lernunterstützende Unterrichtsumgebung gewährleistet ist. Welche komplexen sprachlichen (inkl. paraverbalen und nonverbalen) und interaktiven Kompetenzen abverlangt werden, erkennen z.B. Praktikant: innen, wenn sie zum ersten Mal vor einer Klasse stehen, Erklärungen, Anweisungen und Feedback geben und/ oder Unterrichtsmaterialien entwickeln und Arbeitsaufträge - in der Zielsprache - angemessen und fehlerfrei formulieren sollen. So berichten z.B. studentische Förderlehrkräfte im Projekt „Förderunterricht für Schülerinnen und Schüler nicht deutscher Herkunftssprachen“ an der Universität Bielefeld immer wieder in Reflexionssitzungen, dass die sprachliche Umsetzung des ihnen theoretisch gut bekannten (in der DaZ-Didaktik sehr prominenten) Scaffolding-Konzepts große Probleme bereite, da es ihnen schwerfalle, das didaktische Ziel sprachlich an die (flexible und erst einmal zu prognostizierende) Zone der nächsten Entwicklung der Schüler: innen anzupassen. Die Fähigkeit zur sprachlichen Modifikation ist im Übrigen auch in der Hochschuldidaktik nicht zu unterschätzen. So meine ich z.B. bei DaF/ DaZ- Hochschullehrenden mit DaF/ DaZ-Unterrichtspraxis und/ oder auslandsgermanistischen Erfahrungen als DAAD-Lektor: in tendenziell Vorteile beobachten zu können, sich auf internationale Studierendengruppen in der Seminarinteraktion einstellen zu können. Der Anspruch, die Lehrersprache an die Bedürfnisse der Lernenden und den Fortgang der Interaktion anzupassen - und dabei flexibel und kompetent in 148 der L2 formulieren zu können und den Sprechanteil im Unterricht kontrollieren/ reduzieren zu können -, ist mit großen sprachlichen und didaktischmethodischen sowie pädagogischen Herausforderungen verbunden. Diese müssen im Kern der alltäglichen Berufsausübungen permanent und situationsabhängig bewältigt werden. Angesichts der komplexen Anforderungen, die an die sprachlichen und interaktiven Dimensionen der Lehrkompetenz gestellt werden (vgl. zusammenfassend Klippel/ Doff 2007, 179-186; Thaler 2014) 2 , ist es erstaunlich, dass die Thematik aktuell wenig in den fremdsprachendidaktischen Studienanteilen in der Lehrerausbildung an deutschen Hochschulen verankert ist. Immer noch ist es so - vergleicht man die aktuelle Situation mit Defizitbeschreibungen und Überlegungen der 1980er Jahre, die zum Schluss kommen, dass die lehrersprachliche Kompetenz von Lehramtsstudierenden zu wenig explizit geschult wird (s. exemplarisch die Beiträge in Voss 1986). Lehrveranstaltungen zur Lehrersprache und/ oder spezifische sprachpraktisch ausgerichtete Veranstaltungen zum Erwerb und Training der Lehrersprache scheinen in deutschen Fremdsprachenlehrerstudiengängen keine systematische Rolle zu spielen. An der kritischen Einschätzung von Voss (1986b, 159), nach der „die in der Frage nach der Unterrichtssprache im Fremdsprachenunterricht enthaltene Problematisierung der sprachlichen Kompetenz des Fremdsprachenlehrers […] zweifellos einen zentralen Tabubereich im Selbstverständnis eines Berufsstandes [berührt]“ scheint sich bis heute wenig geändert zu haben. Nach sporadischer Sichtung unterschiedlicher Curricula an deutschen Hochschulen im Bereich der Englisch- und Französischlehrerausbildung scheinen sprachpraktische Lehrveranstaltungen stärker auf allgemeine und wissenschaftssprachliche L2-Kompetenz ausgerichtet zu sein. In deutschen DaF/ DaZ-Studiengängen fehlen sprachpraktische Lehrveranstaltungen mitunter völlig, und wenn vorhanden (z.B. an der Uni Bielefeld) zielen sie vorrangig auf eine Verbesserung der wissenschaftssprachlichen Deutschkompetenz von internationalen Studierenden oder auf das Lernen einer Kontrastsprache bei Bildungsinländer: innen. Verweist die Vernachlässigung der berufssprachlichen Lehrkompetenzen in der deutschen Fremdsprachenlehrerbildung, auch in deutschen DaF/ DaZ- Studiengängen, darauf, dass sie dem individuellen Entwicklungs-/ Verantwortungsbereich von Studierenden zugeordnet werden und weder gezielt trainiert noch geprüft werden müssen? Diese Frage scheint nicht nur auf die Situation in Deutschland zuzutreffen. Die umfassende Studie von Nicaise (2021) zur Situation der Englischlehrerausbildung in Belgien, die eine ausdifferenzierte Bestandsaufnahme beobachtbarer Lehrersprache enthält, setzt an 2 Hinzu kommen weitere, in diesem Beitrag nicht behandelte Aspekte von Berufssprache, die auf ein breiteres Verständnis von Berufssprache zielen und z.B. professionellen Austausch und Elterngespräche einschließen (s. Wipperfürth 2015, 226-251). 149 der Beobachtung an, „that the teacher’s classroom speech remains a neglected area“ (ebda, 1). Fragebogenerhebungen im Rahmen der Studie ergaben, dass „75% of the respondents had never been told about teacher talk in their preservice training programmes“ (ebda, 2). Es wäre fachlich falsch zu behaupten, es würde nur wenig einschlägige Forschung zur Interaktion im Fremd-/ Zweitsprachenunterricht geben, aus denen relevante Bezüge zur Lehrersprache hervorgehen. So berichtete schon Chaudron (1988) über (damals) vorliegende Unterrichtsstudien zur Sprachverwendung von Fremdsprachenlehrenden, die sich u.a. dafür interessierten, welche interaktiven Muster im Fremdsprachenunterricht dominieren und ob bzw. in welchem Ausmaß und wie Lehrende ihre Sprache interaktiv an die Möglichkeiten und Bedarfe der Lernenden anpassen. Solche Forschung zu teacher talk hatte sich u.a. dafür interessiert, ob Lehrende unangemessene sprachliche Vereinfachungen im Fremdsprachenunterricht vornehmen. Neben quantifizierenden Interaktionsstudien, häufig unter Verwendung des damals sehr populären, sprechaktorientierten Flandersschen Kategoriensystems (Flanders 1970), ist außerdem an konversationsanalytische Arbeiten zu erinnern, z.B. im Rahmen der Feedbackforschung (s. exemplarisch Henrici/ Herlemann 1986). Die vielfältigen Forschungslinien können in Markee (2015) nachgelesen werden. Die Interaktionsforschung gewinnt derzeit im Fach DaF/ DaZ wieder an Bedeutung (s. die Gründung der Zeitschrift für Interaktionsforschung in DaFZ [open access] und daraus exemplarisch Becker/ Stude 2021), häufig mit Anknüpfung an insbesondere im DaZ-Bereich prominente soziokulturelle Ansätze. Anders sieht es für die Erforschung der Kompetenzentwicklung im Bereich Lehrersprache aus. Trotz des gewachsenen Interesses für die (Erforschung der) Lehrperspektive und die professionelle Kompetenz von Fremd-/ Zweitsprachenlehrenden findet eine Frage wie die folgende wenig Aufmerksamkeit: Wie bewältigen Lehrende die Zusammenführung ihrer fachlichen, didaktischen und Schlüsselkompetenzen im alltäglichen sprachlichen Handeln im Sprachunterricht? Für bezeichnend halte ich es, dass in dem verdienstvollen Sammelband zum good language teacher (Griffith/ Tajeddin 2020), der Studien zu vielfältigen Lehrkompetenzen unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der Fremdsprachenerwerbsforschung und Fremdsprachendidaktik zusammenträgt, kein Beitrag vorhanden ist, der spezifisch der Lehrersprache und Interaktionskompetenz gewidmet ist. In den einschlägigen Handbüchern unserer Disziplinen ist das nicht anders. Auch das Instrument EPOSA (Europäisches Portfolio für Sprachlehrende in Ausbildung), das (zukünftige) Fremdsprachenlehrende einlädt, „didaktisches Wissen und Fertig- 150 keiten, die für das Lehren von Sprachen von entscheidender Bedeutung sind“ (Europarat 2010, Klappentext) zu reflektieren, hält nur sehr wenige und sehr allgemein gehaltene Selbsteinschätzungsskalen bereit, die die Lehrersprache betreffen („Ich kann eine Unterrichtsstunde in der Zielsprache durchführen.“, „Ich kann die Zielsprache als Metasprache einsetzen.“, Europarat 2010, 45). All die im ausdifferenzierten EPOSA berücksichtigten Teilkompetenzen sprachlich kompetent und flexibel umsetzen zu können, scheint eine unausgesprochene intervenierende Bedingung zu sein. Derzeit deutet sich in der Englischdidaktik an, dass die Unterrichtsinteraktionskompetenz von Fremdsprachenlehrenden als Forschungsthema wiederentdeckt wird und anerkannt wird, dass die explizite Förderung dieser Kompetenz während der Lehrerausbildung notwendig ist (s. exemplarisch Olcay 2015; Thomson 2022). Weniger im wissenschaftlichen Fokus scheinen Fragen der sprachlichen Befähigung zur Ausgestaltung der Unterrichtsinteraktion zu stehen. Ausnahmen liegen mit Dörr (2018) und Deters-Philipp (2018) für den schulischen Englischunterricht in Deutschland vor. Deter- Philipp (2018, 15) geht der Frage nach, inwiefern die in ihrer qualitativen Interviewstudie beteiligten Englischgrundschullehrer: innen „nach eigener Ansicht den tagtäglichen sprachlichen Anforderungen des frühen Englischunterrichts gerecht werden können“, und ermittelt deutliche Zusammenhänge zwischen (selbstevaluierter) Sprachkompetenz und Unterrichtsplanung und -gestaltung sowie Selbstvertrauen. Phonetische Schwächen bewerten die befragten Lehrer: innen selbstkritisch als schlechtes Sprachvorbild und sie berichten über mangelnde sprachliche Flexibilität und über den anfänglichen Rückgriff auf vorformulierte Unterrichtsredemittel. Lernerorientierte Modifikation der Lehreräußerungen/ Scaffolding und die spontane Bereitstellung von Lexik wurden als besondere sprachliche Problemfelder ermittelt. Dörr (2018) untersucht u.a. das Vorhandensein einer „guten Unterrichtssprache“, die er folgendermaßen charakterisiert: verständlich, korrekt, flüssig, anregend, variiert, redundant, einen hohen Sprechanteil der Lernenden ermöglichend (ebda, 84). Idealvorstellungen bzgl. der Lehrersprache werden im Rahmen beider Studien, in denen auch fachfremd ausgebildete Lehrer: innen und Seiteneinsteiger: innen berücksichtigt sind, deutlich relativiert. Der Ausbau allgemeinsprachlicher und lehrer-/ berufssprachlicher Sprachkompetenz in der Ziel-/ Unterrichtssprache muss stärker zum Studiengegenstand werden. Für die Fremdsprachenlehrerbildung aller Phasen sowie die Ausbildung von DaF/ DaZ-Lehrkräften gilt es zu überwinden, was bereits Voss (1986a, 8) als „ein ebenso unterschätztes wie akutes Problemfeld“ beschrieben hat: Lehrersprache und Unterrichtsinteraktionskompetenz, verstanden als Teil der 151 Berufssprache von Fremd-/ Zweitsprachenlehrenden, bilden ein eigenes Kompetenzfeld, in dem sprachliches, fachliches und didaktisch-methodisches Wissen und Erfahrung in einer sprachlichen Registerkompetenz zusammenzuführen sind, die im Berufsleben fortwährend weiterzuentwickeln ist. Den Erwerb bzw. Ausbau dieser spezifischen berufssprachlichen Kompetenz systematisch zu ermöglichen bzw. zu erforschen stellt für fremdsprachendidaktische Disziplinen m.E. eine zukunftsfähige Entwicklungs- und Forschungsaufgabe dar. Bedarf an Änderungen im Lehramtsstudium und in weiteren Phasen der Lehrerbildung inkl. Nachqualifikation von Seiteneinsteiger: innen geht auch aus den oben bereits erwähnten schulbezogenen Studien hervor. So ist laut Dörr (2018, 84) „eine sprachliche neben der methodischen Ausbildung […] für das Unterrichten unerlässlich“ und Deter-Philipps (2018, 437) schlägt eine Integration eines 4 SWS umfassenden Moduls zum „classroom discourse“ im Lehramtsstudium vor. Nicaise (2021, 184) entwickelt auf der Basis seiner Studie ausdifferenzierte Ziele für studienbegleitendes Training und Reflexion der Lehrersprache, um die aktuelle Situation zu überwinden, dass „trainees may have to wait too long a time, i.e. well into their teaching careers, until they realise the importance of teacher talk (which also entails reflecting on the relationship between pedagogy and interaction“. Solche Studieninhalte wären für alle (zukünftigen) Fremdsprachenlehrenden vorzusehen, ob „muttersprachlich“ oder nicht. Eine umfassende internationale Bestandsaufnahme, inwiefern die sprachpraktischen Seiten der Lehrersprache bereits Teil des Fremdsprachenlehrerstudiums sind und welche Lehr-Lern-Formate hierfür eingesetzt werden, wäre wünschenswert. Wahrscheinlich können deutsche DaF/ DaZ-Standorte hier von internationalen Partnern lernen: Der Diskurs um die Verankerung von sprachpraktischen Studienanteilen im Germanistikstudium/ im Deutschlehrerstudium an Hochschulen in nicht deutschsprachigen Ländern sollte daraufhin befragt werden, ob berufssprachliche Aspekte für den Lehrberuf berücksichtigt werden - und wenn ja, wie berufssprachliches Lernen mit allgemeinsprachlichem Lernen sowie mit dem fachdidaktischen Studium vernetzt werden kann (vgl. dazu Ansätze in Vicente 2012). Zu prüfen wäre, welche Studienbestandteile in der Fremd-/ Zweitsprachenlehrerausbildung zu ergänzen (z.B. vorrangig sprachpraktisch ausgerichtete Lehrveranstaltungen) oder in Module zu integrieren sind und welche Potenziale z.B. praktikumsvorbereitende (direkte und videographierte) Unterrichtsbeobachtungen von Lehrersprache und Unterrichtsinteraktion sowie das Training und die Reflexion von zielsprachlicher Lehrersprache durch (videogestütztes) Microteaching und Lernen durch Lehren haben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Studierende häufig bereits während ihres Studiums als Lehrkräfte, Vertretungslehrende oder Hilfskräfte in pädagogischen Kontexten arbeiten; diese Erfahrungen können als willkommene Reflexionspunk- 152 te und Ausgangspunkte für die Weiterentwicklung der berufssprachlichen Kompetenz eingebracht und genutzt werden. Dies kann dazu beitragen, fachliche Fragen des Studiums stärker mit den Anforderungen in den Praxisfeldern zu verbinden. Forschung fehlt in vielerlei Hinsicht. Neben Unterrichtsstudien, aus denen Vignetten für die Lehrerbildung entnommen werden können, stellt die Erforschung von Lehrerspracherwerb ein Forschungsdesiderat dar. Solche Forschung, idealerweise in Form von Longitudinalstudien und/ oder als Educational Design Research, könnte dazu beitragen, die berufssprachliche Entwicklung von (zukünftigen und tätigen) Fremd-/ Zweitsprachenlehrenden in den Blick zu nehmen und geeignete Programme für deren studien- und berufsbegleitende Förderung zu entwickeln. Vorliegende Modellierungen, wie z.B. das Konzept „English-for-Teaching“ von Freeman et al. (2015) können hierfür wichtige Grundlagen bereitstellen. Anregungen können auch dem Schweizer Programm „Beurteilung berufsspezifischer Sprachkompetenzen von Lehrpersonen, die Fremdsprachen unterrichten“ aus den Jahren 2015- 2017 entnommen werden (s. Bleichenbacher et al. 2016 und 2017). Hier wurden auf der Basis eines eigenentwickelten Kompetenzmodells, das besonders die Verbindung von sprachlichem mit sprachdidaktischem und pädagogischem Handeln verbindet, Instrumente zur Fremd- und Selbsteinschätzung entwickelt (https: / / profils-langues.ch/ ; 11/ 05/ 2023). Es gilt, die sprach- und registerspezifischen Dimensionen der Lehrersprache als expliziten Lern-, Lehr- und Forschungsgegenstand einer professionsbezogenen Fremd-/ Zweitsprachendidaktik und Hochschuldidaktik gezielt weiterzuentwickeln. Becker, Tabea/ Stude, Juliane (2021): „Feedbackverhalten von LehrnovizInnen im Sprachförderunterricht für neu Zugewanderte“. In: Zeitschrift für Interaktionsforschung in DaFZ 1/ 1, 95-114. DOI: https: / / doi.org/ 10.17192/ ziaf.2021.1. 8419. Bleichenbacher, Lukas/ Kuster, Wilfried/ Klee, Peter (2016): „Sprachkompetenzen von Lehrpersonen, die Fremdsprachen unterrichten“. In: Babylonia 2016/ 3, 74-75. 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Sie verweist nicht nur auf unterschiedliche Kanäle der Bedeutungsübermittlung (mündlich, schriftlich, non-verbal), sondern auch auf Ansätze der Mehrsprachigkeit (Code-Switching, Translanguaging etc.) sowie heterogen zusammengesetzte Lerngruppen, für deren Mitglieder der Diskurs entweder erst-, zweit- oder fremdsprachlich abläuft. In diesem Beitrag wird die Bezeichnung „Berufssprache“ gewählt und der inhaltlichen Eingrenzung von Deters-Philipp gefolgt, die zur Erläuterung des Begriffs „Lehrersprache“ 1 zunächst zwar von „jegliche[r] Sprachverwendung durch die Lehrkraft“ (Deters-Philipp 2018, 19) spricht, dann jedoch auf mündliche, englischsprachige Sprachproduktion abhebt (ebd.). Damit ist offensichtlich, dass es sich um den lehrer: innenseitigen Teil des classroom discourse handelt, nicht aber um den Austausch unter Lehrkräften wie es z.B. im Verständnis des Begriffs bei Wipperfürth der Fall ist (2015, 15). Wie hier nur kurz angerissen, zeichnet sich der Begriff durch eine hohe Flexibilität in seiner Anwendung aus. Gleichzeitig lässt seine Flexibilität und Komplexität, die in der Definition der Organisator: innen der Frühjahrskonferenz deutlich wird (vgl. oben), aber auch die Ansprüche erahnen, die an 1 Die Bezeichnung „Berufssprache“ wird dem Begriff „Lehrersprache“ vorgezogen, denn im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit vermeidet sie anders als „Lehrersprache“ die bisher geläufige ausschließliche Fokussierung männlicher Lehrkräfte und spiegelt damit aktuelle soziolinguistische Diskussionen wider, ohne zu gendern. 156 Lehrkräfte gestellt werden, wenn sie ihren Lerngruppen mit selbst produziertem Input begegnen. Im folgenden Kapitel werden daher die Teilkompetenzen zur Produktion von Berufssprache für Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht direkt hierarchisiert bzw. nur die wichtigsten genannt und ausführlicher diskutiert. Für die Hierarchisierung der Teilkompetenzen im Umgang mit der Berufssprache für Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht möchte ich auf das Hattie-Zitat zurückkommen, das ich diesem Beitrag vorangestellt habe. Hattie erläutert, dass Lehrkräfte im Durchschnitt zwischen 70-80 % der Unterrichtszeit reden, und zwar zunehmend mit Voranschreiten der Jahrgangsstufe und Abnahme der Klassengröße, während genau diese Art des Unterrichts aber die geringste Mitarbeit der Lernenden nach sich zieht (Hattie 2012, 72): „Students seem to come to school to watch teachers working! “ (ebd. 73). Gestützt auf Hatties Ergebnisse sollte die vorrangige Teilkompetenz im professionellen Umgang mit Berufssprache demnach folgende sein: Lehrende sollten ihren Anteil im Unterricht reduzieren können. An dieser Stelle ist allerdings darauf hinzuweisen, dass Hatties Metastudie jede Art von Unterricht berücksichtigt (Hattie 2009; 2012), während das Anliegen unserer Diskussion der Zweit- und Fremdsprachenunterricht ist. Vor allem im Fremdsprachenunterricht ist ein gewisser Grad an lehrer: innenseitigem Input notwendig, da die Fremdsprache nicht nur den Inhalt, sondern auch das Medium des Unterrichts darstellt und somit die Berufssprache der Lehrperson modellhaften Charakter für die Lernenden hat. Die Kontaktzeit mit der Fremdsprache wird - vor allem in der Grundschule - fast ausschließlich im Klassenzimmer generiert, sodass folgender Leitspruch empfohlen wird: „So viel Lehrersprechzeit wie nötig, so viel Zeit und Gelegenheit für Schüleräußerungen wie möglich“ (Doff/ Klippel 2006, 179). Es ist offensichtlich, dass damit der L2-Kompetenz der Lehrenden eine ganz besondere Rolle zukommt bzw. hohe Ansprüche an die Qualität der L2- Kompetenz gestellt werden müssen, es sich hierbei also um die zweitwichtigste Teilkompetenz in diesem Zusammenhang handelt. Aussprachelernprobleme älterer Lernender sind vornehmlich perzeptorisch-psychomotorischer Natur und basieren zunächst auf der fehlenden Wahrnehmung fremder Laute (Wild 2015, 176). Wie Forschungen zu Neuroplastizität zeigen, sind das fest etablierte Phoneminventar unserer Erstsprache sowie deren phonologische Muster dafür verantwortlich, dass wir spätestens mit der Pubertät die Laute und Lautmuster anderer Sprachen meist nicht 157 mehr hören und folglich auch nicht mehr produzieren können (Doidge 2007, 52f.). Alle Sprachlernenden, die nicht den großen Vorteil phonologischer Empathie besitzen, sich also nicht in die Sprechmuster anderer Menschen einfühlen und darauf einlassen können, sind dem sog. „phonologischen Sieb der Muttersprache“ (Wild 2015, 176) ausgeliefert. Es lassen sich also zwei Schlussfolgerungen ableiten, sofern es nicht zu einer Abwärtsspirale im Bereich der Aussprache im Fremdsprachenunterricht kommen soll: 8. Der Fremdsprachenunterricht sollte aus perzeptorischpsychomotorischen Gründen möglichst früh, auf jeden Fall aber vor der Pubertät einsetzen. 9. Die Fremdsprachenlehrkräfte sollten über eine sehr hohe Aussprachekompetenz verfügen, um ihrer Rolle als Inputquelle gerecht werden zu können. Die Aussprachekompetenz hat zwar einen vorrangigen Charakter, weil sie früh angelegt werden muss, da Versäumnisse aus o.g. Gründen nur schwer oder gar nicht aufgeholt werden können und Fehler später häufig nur über explizite Vermittlung und konsequente Übung ausgemerzt werden können. Sie stellt aber mitnichten die einzige Komponente der L2-Kompetenz dar, über die Lehrende verfügen können müssen. Tatsächlich ist es die fremdsprachliche Kompetenz in allen Bereichen, von der Lautebene bis zur Diskursfähigkeit, die bei Fremdsprachenlehrpersonen als unabdingbar für den Erfolg ihres Unterrichts und somit das Fremdsprachenlernen ihrer Schülerinnen und Schüler angesehen wird (vgl. zahlreiche Quellen bei Deters- Philipp 2018, 93f.). Sprachliche Interaktion als Zusammenspiel sprachlicher Äußerungen Lehrender und Lernender ist wie jede Interaktion zu einem gewissen Grad durch affektiv-emotionale Faktoren bestimmt. In letzter Zeit hat sich die Lehr-/ Lernforschung allgemein dieses Themas angenommen, und auch speziell in der Fremdsprachendidaktik wird das Thema lebhaft diskutiert (vgl. z.B. die Publikationen der Gruppe um Jean-Marc Dewaele (Dewaele 2013; Dewaele/ Alfawzan 2018) oder auch der einschlägige Band der Frühjahrskonferenz zu dem Thema (Burwitz-Melzer/ Riemer/ Schmelter 2020). Um die Zusammenhänge von affektiv-emotionalen Faktoren und Berufssprache aufzuzeigen, sollen die Faktoren „Vertrauen“ und „Empathie“ aufgegriffen werden. „Vertrauen“ erscheint bei Hattie als Teilkomponente des Einflussfaktors „teacher credibility“, der auf Rangplatz 4 steht, neben „competence“, „dynamism“ und „immediacy“ (Waack 2023, o. S.). Während trust bei Hattie vor allem so verstanden wird, dass die Lehrkraft Vertrauen in die Leis- 158 tung der Lernenden hat und die Lernenden dies merken, möchte ich den Begriff weiter fassen, indem ich einen Perspektivwechsel vornehme und das Vertrauen betrachte, das Lernende der Lehrkraft entgegenbringen. Von dieser Perspektive aus trägt Vertrauen zur Glaubwürdigkeit der Lehrkraft bei, wenn die Lernenden sich darauf verlassen, dass die Lehrkraft ihnen kompetent helfen kann, ihr Lernziel zu erreichen, in unserem Kontext also die Fremdsprache zu erlernen und die Inhalte des Fremdsprachenunterrichts zu meistern. Anekdotisch sei hier mit Fokus auf die Berufssprache erwähnt, dass eine Lehrkraft, die ihre Oberstufenkursräume nur mit dem Oxford Advanced unter dem Arm betritt, nicht sehr vertrauenswürdig ist. Und dass eine Referendarin, die auch ohne Vorplanung spontan und flexibel die fremdsprachlichen Bedürfnisse der Lernenden unterstützt und insgesamt fremdsprachlich souverän auftreten kann, aber von Schüler: innenseite das Lob entgegennehmen darf, dass sie endlich einmal jemand sei, die wisse, was sie tut. Vor diesem Hintergrund stelle ich die Fähigkeit zu unmittelbarem fremdsprachlichem Handeln, auch im unterstützenden Sinne von Scaffolding, an die nächste Stelle in der Hierarchie der Teilkompetenzen im Kontext der Berufssprache für Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht. Der zweite, an dieser Stelle zu diskutierende Begriff ist der der Empathie. Auch wenn Hans-Jürgen Krumm ihn nicht explizit erwähnt, so schwingt er doch mit, wenn Krumm (2016) in seinem Handbuchartikel zu „Kompetenzen der Sprachlehrenden“ davon spricht, dass auch affektive Komponenten und Einstellungen in die Lehrkompetenzen eingeschlossen sind (ebd., 311) und es „einer professionellen Urteilskraft“ und einer „situativen Handlungskompetenz“ bedarf, wenn es gilt, das komplexe Unterrichtsgeschehen mit heterogenen Lerngruppen methodisch geschickt zu gestalten (ebd., 312). Lehrkräfte sind auf Empathie angewiesen, denn sie müssen die Fähigkeit zur Anpassung an die fremdsprachliche Entwicklungsstufe der Lerngruppe besitzen bzw. zur Anpassung an deren Sprachstand. Sie sollten fremdsprachlich so flexibel sein, dass auch Binnendifferenzierung möglich ist. Hier ist der Leitsatz von oben leicht abgewandelt anzubringen: „Soviel wie nötig, so wenig wie möglich“, um den Lernenden die Erweiterung und ggf. Korrektur ihrer sprachlichen Äußerung zu ermöglichen. In Anlehnung an Michael Longs Interaktionshypothese (Long 1996) sollte die Interaktion von der vertikalen Ebene (konstanter Sprecherwechsel) in die horizontale Ebene (längere sprachliche Lerneräußerungen) überführt werden. Dazu bedarf es eines feinen Gespürs, das Appel (1995, 46) auf Buber (1925) bezogen beschreibt: What constitutes the power of the educator, what gives legitimacy to his/ her efforts, is the ability to ‚experience the other side‘. Educational influence - and, after all, educators are the persons who have chosen as a profession to effect, through their person, changes in other persons - runs the constant risk of degenerating into an imposition of will by the educator. 159 Die der Empathie bedürfende Fähigkeit zur Anpassung gilt für eine Reihe von Bedarfen der Lernenden: Welchen Raum lasse ich Lernenden, insbesondere im Rahmen von sprachlichem Scaffolding? Wann muss ich welches Hilfsgerüst aufbauen, wann abbauen? Diese Überlegungen treffen u.a. auf das pointof-need oder micro-scaffolding (Thürmann 2010) zu, denn hier werden häufig einzelne, nicht gewusste Lexeme vorgeschlagen, die die Versprachlichung eines Schülergedankens auch inhaltlich lenken können oder gar als Aufzwingung wahrgenommen werden können. Hohe Sensibilität und Einfühlungsvermögen für das, was notwendig ist, ist ferner im Bereich des Code-Switching als weiterer Variante von Scaffolding vonnöten. Über Ein-Wort Code-Switching in die Schulsprache oder - falls möglich - in eine davon abweichende Erstsprache muss ebenfalls von Fall zu Fall entschieden werden. Mache ich dem Schüler das Verstehen zu leicht oder gestehe ich der Schülerin einen kurzen Rückgriff auf Vertrautes zu? Auch der Einsatz von Code-Switching in Abgrenzung zu Translanguaging ist sorgsam zu überlegen, selbst wenn man sich der Faustregel verschrieben hat, legitimes Code-Switching auf Schüler: innenseite zu akzeptieren, es selbst aber zu vermeiden (Rymarczyk 2012), und Translanguaging nur im Unterricht mehrsprachiger Gruppen, nicht aber in einem Unterricht, dessen Ziel der Erwerb der Fremdsprache ist, einzusetzen (Lyster 2019). Die in den vorangegangenen Ausführungen angesprochenen Teilkompetenzen im Umgang mit Berufssprache sind den Diskussionen affektivemotionaler Faktoren zuzurechnen, wie sie aktuell in Lehr-/ Lernforschung und Fremdsprachendidaktik geführt werden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Aspekte Vertrauen, Lehrerglaubwürdigkeit, Unmittelbarkeit und Empathie in der hier umrissenen Auslegung sich nur im Verbund mit einer hohen fremdsprachlichen Kompetenz der Lehrperson entfalten können. „Teachers love to talk - to clarify, summarize, reflect, share personal experiences, explain, correct, repeat, praise. About 5-10 per cent of teacher talk [im Gegensatz zu 70-80 %, Anmerkung J.R.] triggers more conversation or dialogue engaging the student“ (Hattie 2012, 72). Angesichts dieses dramatischen Schiefstands und der Tatsache, dass Lehrpersonen sich der Menge ihres Inputs offenbar nicht bewusst sind (ebd.), wäre es m.E. ein lohnenswertes Unterfangen, Lehrkräfte dafür zu sensibilisieren, die Menge ihres Inputs in einer Unterrichtsstunde wahrzunehmen und sie in Folge zu reduzieren. Im Rahmen von Aktionsforschung ließen sich die Sprechzeiten der Lehrenden in Videoaufnahmen berechnen und Alternativen zur Dominanz der Lehrpersonen entwickeln. Beginnen könnte man mit der Bewusstmachung der Lehrer: innendominanz aber bereits deutlich eher und zwar in Praktika 160 während des Studiums. Sofern die häufig so ungeliebten Stundenstrukturskizzen in der Spalte „Sozialform“ nicht nur ein lapidares „Plenum“ aufweisen, sondern eine Differenzierung zwischen den Akteur: innen, hilft u.U. bereits ein kritischer Blick auf die Sozialformen, um festzustellen, dass die Lehrperson die Stunde zu stark dominiert. Ein weiteres Forschungsfeld stellt der bilinguale Sachfachunterricht bzw. CLIL dar, in dem - international betrachtet - eine hohe Zahl an Sachfachlehrkräften unterrichtet, die keine Ausbildung als Fremdsprachenlehrer: innen besitzen. Es stellt m.E. ein Forschungsdesideratum dar herauszufinden, inwieweit der Unterrichtserfolg vergrößert werden kann, wenn man diese Gruppe dafür sensibilisierte, die Chancen zu erkennen, die eine bilinguale Sachfachstunde für qualitativ hochwertigen Input bietet. In einem CLIL-Setting profitieren insbesondere untere Jahrgangsstufen bzw. Lernanfänger: innen von Fächern, die handlungsorientiert sind und möglichst reiche Lernumgebungen aufweisen. Gleichzeitig sind diese Fächer aber oftmals vergleichsweise textarm (Sport, Musik, Kunst). Es gilt folglich, Handlungsabläufe sprachlich in einer Art zu begleiten (z.B.: „And now I’m pouring the coloured ink into the water“), die in erstsprachlichem Unterricht so nicht vorkäme. Hierzu müssten die Lehrkräfte vermutlich nicht nur sprachlich geschult, sondern auch trainiert werden, denn diese Art der Berufssprache ist zu einem gewissen Grad unnatürlich, da redundant, und ihre Produktion dürfte die Sachfachlehrkräfte einiges an Überwindung kosten. Festzuhalten ist allerdings, dass es in diesem Setting einmal nicht darum geht, den Einsatz der Berufssprache zu reduzieren. Der hier abschließend erwähnte Forschungsbedarf betrifft ebenfalls den bilingualen Unterricht, und zwar in ganz grundlegender Art. Aufgrund des Umstandes, dass aufgrund der international weit verbreiteten Ein-Fach- Fakultas eine hohe Zahl an Sachfachlehrkräften für CLIL eingesetzt ist, stellt die fremdsprachliche Berufssprache eine besondere Herausforderung für die Lehrpersonen dar: A lack of adequate knowledge of the language can create great unease among teachers which has led to the suggestion that it would be a better option to train foreign language teachers to teach specialised content (Bowler, 2007 in Pavón Vázquez/ Ellison, 2013, 70). Vor diesem Hintergrund sollte herausgefunden werden, inwieweit die Beherrschung der fremdsprachlichen Berufssprache zum Erfolg von CLIL beiträgt, also die Leistungen von Klassen verglichen werden, die von Sachfachbzw. von Fremdsprachenlehrkräften unterrichtet werden. Nur so kann die bereits vor 10 Jahren von Pavón Vázquez und Ellison (2013, 70) beklagte missliche Situation verändert werden: The pedagogical qualification of teachers giving instruction through a second language and the accuracy of the language itself is of paramount importance 161 for the success of these programmes (Frigols/ Marsh/ Mehisto/ Wolff, 2011) although unfortunately decisions are not always based on those criteria (Pavón Vázquez/ Ellison 2013, 70). In den Ausführungen der letzten Kapitel wurde offensichtlich, dass ich der fremdsprachlichen Kompetenz der Lehrpersonen maximale Relevanz zuschreibe. Folglich plädiere ich dafür, diesen Aspekt in der Ausbildung in Zukunft wieder stärker zu berücksichtigen. Eine solide sprachpraktische Ausbildung zusammen mit fundiertem sprachwissenschaftlichem Wissen kann dazu beitragen, dass die Berufssprache informierter, reflektierter und souveräner eingesetzt wird. Diese beiden Aspekte sind jedoch nicht die einzigen, die zu der stärkeren Beachtung der Berufssprache führen können. Ein weiterer Aspekt liegt in den Themen, die ihren Weg in die fremdsprachendidaktische Theoriediskussion finden. In den vergangenen Jahren standen Themen mit interdisziplinärem Charakter im Mittelpunkt. Auch im Rahmen der Frühjahrskonferenz diskutierten wir Nachhaltigkeit (Burwitz-Melzer/ Riemer/ Schmelter 2021) und somit ein Thema, das wahrlich nicht zum Kerngeschäft der Fremdsprachendidaktik gehört. Auch zu Themen wie queer language didactics oder mental health finden sich mindestens ebenso viele Konferenzen und Publikationen wie zu genuin sprachdidaktischen Themenstellungen. Diesen Themen soll hier keineswegs die Berechtigung abgesprochen werden. Es muss aber ein sinnvolles Zusammenspiel mit unserem Kerngeschäft, dem Lehren und Lehren von Zweit- und Fremdsprachen stattfinden, damit die *Fremdsprachen*didaktik und der *Fremdsprachen*unterricht wieder ihre Namen verdienen. Inhalte wie Berufssprache bedürfen der sprachdidaktischen Grundlagen und diese bedürfen der Stärkung unseres Kerngeschäftes - in der der Forschung, der Lehrer: innenausbildung und der Schulpraxis. Appel, Joachim (1995): Diary of a Language Teacher. Oxford u.a.: Heinemann. Buber, Martin (1925): „Über das Erzieherische“. In: Buber, Martin (1953/ 1986) Reden über Erziehung. Heidelberg: Schneider, 11-49. Bowler, Bill (2007): „The Rise and Rise of CLIL“. In: New Standpoints 2007/ Sep- Oct, 7-9. Burwitz-Melzer, Eva/ Riemer, Claudia/ Schmelter, Lars (Hrsg.) (2020): Affektivemotionale Dimensionen beim Lehren und Lernen von Fremdsprachen. Arbeitspapiere der 40. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. 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Als Unterrichtssprache weist diese spezifische Eigenarten auf (vgl. auch Nicaise 2021, 3) und wird interaktional von den Lernersprachen mitbestimmt. (Mindestens) zwei Ebenen sind für die Berufssprache von Lehrpersonen relevant: 1. Das Sprechen in der Situation des Unterrichts selbst; Beteiligte sind hier die Lehrpersonen und Lernenden sowie die Materialien, auf die das gemeinsame Sprechen sich bezieht. 2. Das Sprechen über die Interaktion im Unterricht, bei dem die Beteiligten sich auf einen größeren Kreis ausweiten: Lehrpersonen können mit (fachnahen und -fernen) Kolleginnen und Kollegen sprechen, mit Eltern, mit Behörden, mit Vertreter: innen der Schulleitung etc. Hier wird bereits deutlich, wie komplex das Sprechen über Unterricht ist und inwiefern es das Problem der Adressatenangemessenheit berührt. Mit Wipperfürth (2015) verstehe ich demnach Berufssprache nicht nur als das, was von der Lehrperson unmittelbar in der Unterrichtssituation gesprochen wird, sondern als die Sprache von Lehrpersonen in unterschiedlichen professionellen Situationen, von denen der Unterricht nur eine - wenn auch zentrale - ist. Wipperfürth (2015, 28f.) bezieht sich in ihrer Definition von Berufssprache auf Modellierungen von Terhart und diskutiert affine Konzepte wie Fachsprache und Fachterminologie, fachdidaktisches, fachliches Wissen sowie verschiedene Wissensarten. Interdependent sind die Ebenen von Gegenstand und Medium, weil das Sprechen im Unterricht das Wissen über Unterricht gleichsam praktisch umsetzt: So werden fachdidaktische Prinzipien oder Konzepte zwar im Gespräch über Unterricht - beispielsweise bei einer Unterrichtsplanung, in der Reflexion einer Unterrichtshospitation oder in einer Konstellation wie sie bei Wipperfürth (2015) als „Lehrernetzwerk“ beschrieben wird -, definiert, diskutiert 165 und auf konkrete Situationen ‚angewendet‘. Wie jedoch diese Überlegungen in der Unterrichtssituation in lehrersprachliches Handeln genau ‚übersetzt‘ werden, ist weder ein linearer Prozess noch nimmt eine solche ‚Übersetzung‘ zwingend eine bestimmte Form in der Lehrersprache an 1 : Was eine Lehrerin sagt und tut, um beispielsweise dem Prinzip ‚Schülerorientierung‘ entsprechend zu handeln, was ein Lehrer genau sagt und tut, um ‚Perspektivenwechsel‘ zu initiieren, zu entwickeln und zu reflektieren, ist aus den Prinzipien und Konzepten nicht eindeutig ableitbar. Zwar werden Passungen zwischen Sprachgebrauch in der Unterrichtssituation und normativen Vorgaben sowie fachdidaktischen Prinzipien zum Gegenstand der Planung und Reflexion von Unterricht, sie sind jedoch eher Ergebnis eines Aushandlungsprozesses zu einer bestimmten Situation als von vornherein mit Eindeutigkeit bestimmbar oder gar vorhersehbar. Eine anschauliche Rekonstruktion dieses Geschehens findet sich bei Knorr (2015), die nachvollzieht, wie Studierende beim Planen eines Tagespraktikums argumentativ vorgehen und welche impliziten und expliziten normativen Ansprüche in diese kollaborative Planungssituation einfließen. Wie genau die Planung dann allerdings ‚umgesetzt‘ wird, ist in erster Linie eine Frage des lehrersprachlichen Handelns in der Situation selbst. Wie dieses aussieht, ist dabei - wenn es überhaupt Gegenstand der Planung ist - nur bedingt antizipierbar. Die Rechtfertigung und explizierende Erklärung des eigenen Unterrichtshandelns ist ein dezidiertes Ziel der Lehrerbildung und daher eng an das Konzept der Reflexion oder Reflexivität als Kompetenz von Lehrpersonen gekoppelt. Zwar liegt ein spezifisches Merkmal von Reflexion sicherlich darin, dass diese - je nach Begriffsverständnis (vgl. Gerlach 2022; Schädlich 2022c) - nur in Teilen explizierbar ist. Die explizierbaren Anteile werfen allerdings ausreichend Fragen auf, um als Forschungsgegenstand legitimiert zu werden. Wipperfürth beispielsweise widmet der Frage der „Explizitheit und Implizitheit von Lehrerwissen“ sowie der „zu versprachlichenden Wissensbasis“ ein ganzes Kapitel ihrer Dissertationsschrift (Wipperfürth 2015, 63f.). Während die genannten Aspekte von Berufssprache zwar als relevant und letztlich bestimmend für das unmittelbare Sprechen in der Unterrichtssituation betrachtet werden, soll es im Folgenden um Lehrersprache im engeren Sinne gehen. 1 Vgl. zu den Übergängen von Sprachkompetenz und Wissen auch die Ausführungen zu berufssprachlichen Aspekten bislang wenig modellierter Bereiche wie Literatur- und Kulturdidaktik auch Burwitz-Melzer (in diesem Band). 166 In den letzten Jahren interessieren sich neben Wipperfürth verschiedene weitere Arbeiten für die Lehrersprache. Deren Fokus liegt meist im engeren Sinne auf der Sprache im Unterricht selbst. Diese wird von Thomson (2022) in classroom discourse, classroom interaction und classroom communication untergliedert und in dem von ihr herausgegebenen Sammelband ausdifferenziert (vgl. die Beiträge von Diehr; Kirchhoff; Kurtz; Riemer; Schart; Schmelter in diesem Band). Deters-Philipp (2018) fokussiert Elemente des classroom discourse und routines seiner Gestaltung bei Grundschullehrkräften sowie deren subjektive Sicht darauf. Grundlage der Studie ist das Modell zum classroom discourse von Klippel (2003). Dörr (2018) untersucht die Unterschiede zwischen ausgebildeten und fachfremden Englischlehrkräften der bayerischen Mittelschule und fragt nach einem möglichen Zusammenhang mit den Sprachleistungen der Schülerinnen und Schüler. Die Studie legt die Vermutung nah, dass ausgebildete Englischlehrkräfte die Leistungen der Schüler: innen besser positiv beeinflussen können als fachfremd unterrichtende: ihre Lehrersprache ist variabler und in der Interaktion adaptiver. Die Sprachkompetenz in der Zielsprache wird als zentrales Können von Lehrpersonen eingeschätzt; für den Vorbereitungsdienst hat Gerlach (2020) dies anschaulich und aus der Perspektive der Ausbilder: innen nachgezeichnet. An dieser Akzentuierung der Kompetenz wird auch erneut das Verhältnis der Wissensarten und die Frage aufgeworfen, wie sich professionelles Wissen im unterrichtlichen Sprechen selbst ‚praktisch transformiert‘ (vgl. Schädlich 2022a, 65f.). Die Frage nach der besonderen Rolle der Erstsprache von Lehrer: innen wird in der neueren Literatur ebenfalls bearbeitet: Mit dem Titel „Muttersprachler ist kein Beruf“ deutet Kurz (2015) in ihrer Dissertationsstudie das Problem impliziter Überzeugungen und entsprechender Erwartungen an die sprachlichen Kompetenzen von Lehrpersonen an. Nicaise (2021) hat sich in einer korpuslinguistischen Studie den Unterschieden von native und nonnative teachers (auch mit plausibler Problematisierung dieser Unterscheidung) gewidmet und knüpft mit seiner Arbeit an die Ausdifferenzierung bereits vorliegender Stärken beider Gruppen an (vgl. die Übersicht bei Nicaise 2021, 6). Bereits die Entscheidung, welches Englisch, Französisch, Spanisch etc. im Unterricht gesprochen wird oder werden soll, ist Gegenstand umfangreicher Diskussionen. Dabei geht es nicht nur um Fragen zur lingua franca oder zu Varietäten plurizentrischer Sprachen, sondern auch in lernersprachlicher Perspektivierung um die Frage, wie eine Lehrersprache beschaffen sein kann, 167 die den jeweiligen Lernersprachen der Schülerinnen und Schüler gerecht wird. Varietäten, die Lehrpersonen entweder selbst im Unterricht sprechen oder metasprachlich thematisieren, sind in weiteren Arbeiten ein gängiges Erkenntnisinteresse. So hat Wieland (2022, 12) in einer Studie zur Varietätenbewusstheit bereits „wandelnde Einstellungen“ bei Spanischlehrpersonen zu sprachlicher Varietät festgestellt. Auch Fragen kultureller und pragmatischer Angemessenheit der Interaktionen sind für die Unterrichtssprache relevant: So können beispielsweise Duzen und Siezen sowie die Ansprache mit Vor- oder Nachnamen je nach Bezugskultur mal als angemessen, mal als unhöflich gelten. Berührt ist davon die Authentizität der Interaktion, wenn beispielsweise im Bildungssystem der Zielkultur eine andere Norm relevant ist als im eigenen Bildungssystem. Hier stellt sich die Frage, ob im Sinne der authentisch zielsprachlichen Kommunikation eine Norm übernommen wird (z.B. das Duzen der Lehrperson oder die Ansprache der Schüler: innen mit Vorname und Sie), die mit den Konventionen des eigenen Schulsystems gegebenenfalls nicht übereinstimmt. Eine weitere Dimension der Lehrersprache ist der Zusammenhang von inhaltlichem Lernen und der Interaktion, die dies fördern kann: Dass beispielsweise geschlossene Interaktionsfiguren wie das IRE-oder IRF-Schema nur wenig zu offenen Bedeutungsaushandlungen beitragen, ist hinlänglich bekannt (vgl. Konzett 2016, auch zur Kritik der Kritik an diesem Interaktionsschema). Gleichzeitig sind jedoch Ziele wie jenes des spontanen oder gar authentischen Sprechens in unterrichtlichen Kontexten vom Paradoxon einer als Unterrichtssituation per se durch Unspontaneität gekennzeichneten Rahmung (vgl. Bannink 2004) bestimmt. Ein sowohl forschender wie auch planerischer Blick auf die Lehrersprache kann sich vor diesem dilemmatischen Umstand dafür interessieren, wie die Lehrersprache innerhalb dieser immerschon-da-seienden Muster zu einer möglichst starken Authentisierung der Situation beitragen und dies im Idealfall selbst zum Gesprächsthema und Unterrichtsgegenstand machen kann. Hiermit ist auch der Aspekt des Sprachmodells berührt, dem im Fremdsprachenunterricht eine bedeutsame Rolle zukommt: Zwar ist mehr und mehr zu bedenken, dass die Lehrperson angesichts digitaler Angebote (vgl. Grünewald in diesem Band) nicht mehr - wie es in der Geschichte des Fremdsprachenunterrichts vielleicht über lange Zeit tatsächlich der Fall war - das einzige Sprachmodell für die Lernenden darstellt. Ob jedoch digitale Angebote (Streaming-Dienste, Podcasts etc.) in den zweiten und dritten Fremdsprachen in gleicher Intensität genutzt werden wie für das Englische, ist eine offene Frage. Auch ist und bleibt die Lehrperson das einzige ‚Modell‘, das zu Reaktion und Interaktion fähig ist. Nicaise (2021, 6) betont in diesem Zusammenhang, dass Lehrpersonen nicht nur als Modell der Zielsprache fungieren, sondern auch und vor allem als Sprachenlernende ein Modell darstellen: 168 non-native Lehrkräfte sind dies in anderer Art und Weise als erstsprachliche Lehrerinnen und Lehrer: sie haben die Sprache selbst als Fremdsprache erlernt, können Strategien explizieren und sich empathisch(er) in die Probleme von Lernenden hineinversetzen, an der Stelle, wo eine erstsprachliche Lehrkraft eventuell von den (in ihrer Sicht vielleicht) nicht erklärungsbedürftigen Selbstverständlichkeiten ihres prozeduralen Sprachwissens ausgeht. Die oben ausgeführten Dimensionen der Berufssprache spiegeln sich auch in Forschungsdesideraten wider: Berufssprache ist eng mit sprachlichem, fachlichem und fachdidaktischem Wissen (zu Konzepten, Prinzipien, Theorien) verbunden (vgl. z.B. den Band 33/ 1 der Zeitschrift für Fremdsprachenforschung) und die Fremdsprachenforschung befasst sich mit der Frage, wer für wen welches Wissen in welcher Art und Weise sprachlich transformiert, um es verstehbar zu machen: Sei es im unterrichtlichen Sprachhandeln selbst, sei es in der Verständigung über Unterricht. Dass die Teacher Talking Time angesichts der ohnehin schon knappen Übegelegenheiten für die Lernenden zu hoch ist, wurde immer wieder in empirischen Arbeiten gezeigt (vgl. Dörr 2018, 135f.; Nicaise 2021, 1); über das quantitative Ausmaß von Redeanteilen hinaus interessiert allerdings mehr und mehr die genaue Beschaffenheit der Lehrersprache und wie sie in Interaktion funktioniert - oder nicht funktioniert, wie es beispielsweise Dörr (2018, 143) beschreibt, wenn er in seinen Daten erkennt, dass (nicht ausgebildete) Lehrkräfte „über die Köpfe der Lernenden“ hinweg reden. Lehrersprache kann also gar nicht unabhängig vom Miteinander, das die Lehrenden mit den Lernenden eingehen, betrachtet werden. Es ist daher ein Desiderat, mehr Wissen zu erlangen über die (vor allem mündliche) Interaktionen (z.B. Konzett-Firth/ Wojnesitz 2022) die mit sequenzanalytischen Verfahren (z.B. Konzett 2016) nachvollzogen werden, mit Aufnahmen von Unterricht (z.B. Dörr 2018) oder auch mit Korpora arbeiten (z.B. Nicaise 2021). Eine ‚gute‘ Lehrersprache ist vermutlich eine, die durch ihre eigene Mehrsprachigkeit - im weitesten Sinne - sich an die sprachliche Diversität der Lerngruppen adaptieren kann. Ein solches Verständnis erfordert entsprechende Unterrichtsforschung. Sprachwechsel sind in empirischer Perspektive besonders interessant, weil das Konstrukt der funktionalen Einsprachigkeit zwar eine starke Normativität besitzt, dessen begrifflich-definitorische Anbindung jedoch oftmals von Missverständnissen geprägt bleibt (vgl. Caspari/ Schädlich 2020, 39), die sich in der unterrichtlichen Praxis in unterschiedlicher Weise zeigen. Auch Alternativkonzepte wie beispielsweise die „reflektierte Mehrsprachigkeit“ (vgl. Schädlich 2020, 37f.; Caspari/ Schädlich 2020, 40f.) oder Reimanns „aufgeklärte Mehrsprachigkeit“ (vgl. Reimann 169 2016) sind bislang eher theoretisch modelliert als empirisch nachvollzogen worden. Empirische Rekonstruktionen alltäglichen Französischunterrichts legen hier beispielsweise die Annahme nahe, dass das „klassenräumige Französisch“ (vgl. Schädlich 2022b: 74) als Varietät durch Multimodalität und den Rückgriff auf semiotische Ressourcen geprägt ist, bei dem sich Einzelsprachen mit Besonderheiten des Raums, körperlichen Agierens und einem spezifischen Umgang mit den Dingen (wie Tafeln, Arbeitsblätter, Bastelmaterialien etc.) verbinden. Lohnend erscheint für entsprechende Forschungsinteressen zum Nachvollzug dieser Multimodalität auch ein Blick in bildungswissenschaftliche Arbeiten mit dem Ziel, die Komplexität der Lehrer- und Unterrichtssprache(n) differenziert beschreiben zu können. Studien unterrichtsethnographisch-rekonstruktiver Prägung bieten hier Anknüpfungspunkte (z.B. Breidenstein 2004; Asbrand/ Martens/ Petersen 2013). „‘Never before had I been given the opportunity to reflect on the importance of teacher talk. I do realise now that it should be given more attention’“ zitiert Nicaise (2021, 3) einen Teilnehmenden an seiner Studie; für die Lehrer: innenbildung ist dies ein deutlicher Aufruf. In Einführungen kommt dem Thema offenbar bislang eine eher marginale Rolle zu (vgl. den Überblick bei Caspari/ Grünewald 2022, 109). Die (in der Regel kaum vorhersagbare) Situativität einer Sprachlernsituation ist dabei mitbestimmend für die praktischen Realisierungsweisen der Lehrersprache und die Interaktionsverläufe, aus denen sich auch fachdidaktische Reflexionsfragen ableiten lassen. Schädlich und Staub (2020, 95) haben dies „den Unterricht im Vorfeld ‚mündlich zu durchdenken‘“ genannt und einige Kriterien für die Planung der Interaktion entwickelt. Zentral wird die Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht und damit die Frage, worin genau die mehrsprachigen Kompetenzen von Lehrpersonen liegen mögen und wie die Lehrerbildung sie fördern kann. Dass eine Lehrperson unmöglich alle denkbar in ihrer Lerngruppe präsenten Sprachen selbst ‚beherrschen‘ kann, ist ebenso selbstverständlich, wie die Annahme, dies sei ‚zu leisten‘ immer noch als Argument gegen eine mehrsprachige Orientierung des Unterrichts vorgebracht wird. Kenntnisse zu den sprachsystematischen Besonderheiten präsenter Sprachen (vgl. z.B. Colombo-Scheffold et al. 2010) sind dabei hilfreich, in der Interaktion jedoch ist nicht nur von Belang, über welche Sprachen gesprochen und was über sie gewusst wird, sondern vor allem, wie miteinander gesprochen wird und wie die Sprache aussieht, die dabei gesprochen wird. So scheint es beispielsweise lohnenswert, hinsichtlich der Problematik von Einsprachigkeit mit angehenden Fremdsprachenlehrpersonen intuitive Wertungen verschiedener Mani- 170 festationen mehrsprachigen Handelns zu reflektieren und gegebenenfalls zu überdenken: Metasprachlich über verschiedene Sprachen zu sprechen, dürfte in der Meinung Vieler als lernförderlicher Gegenstand des Unterrichts gelten, wie es beispielsweise in typischen Sprachtransferaufgaben modelliert wird. In verschiedenen Sprachen zu sprechen und diese im Unterricht nicht immer eindeutig voneinander zu trennen, gilt hingegen oftmals als unerwünscht, störend oder lernhinderlich und wird nicht selten harsch sanktioniert. Dass dies nicht nur das ‚Management‘ von Sprachwechseln (‚mal kurz auf Deutsch‘) berührt, sondern umfassendere Elemente einbezieht, wird in Kontexten von Mediation (vgl. Europarat 2020, 107f.) und Inklusion sowie unter der Frage von scaffolding - zwischen Planung und spontan adaptivem Handeln der Lehrperson - deutlich (vgl. Dirim 2020; Gerlach/ Roters 2020; Thürmann 2020). Über das Problem der Einzelsprachen hinaus gelangt hier die Frage ins Interesse, wie überhaupt eine gemeinsame Basis hergestellt werden kann, auf der alle einen gemeinsamen Bezugspunkt für die Erarbeitung der relevanten Inhalte haben. Die Herstellung einer solchen Basis ist daher selbst zentraler Anteil für die Gestaltung der Unterrichtskommunikation und damit für die Planung der Lehrersprache. Der Begleitband zum GER akzentuiert dies im Kontext der Ausweitung des Mediationskonzepts mit der Formulierung der Herstellung eines Raums und der Bedingungen für eine Kommunikation, die Brücken für die Bedeutungskonstruktion schlägt: Bei Mediation agieren die Nutzenden/ Lernenden als sozial Handelnde, die Brücken bauen und dazu beitragen, Bedeutung zu konstruieren oder zu vermitteln, manchmal innerhalb einer Sprache, manchmal zwischen Modalitäten [ … ] . Der Fokus liegt auf der Rolle, die Sprache in Prozessen spielt, wie beispielsweise Raum und Voraussetzungen für gelingendes Kommunizieren und/ oder Lernen zu schaffen, bei der Konstruktion neuer Bedeutungen zusammenzuarbeiten, andere zu ermutigen, neue Bedeutung zu konstruieren bzw. zu verstehen, und neue Informationen in geeigneter Weise weiterzugeben. (Europarat 2020, 112; Auslassung und Kursivierung durch B.S.) Konkret berührt dieses zunächst sehr abstrakt erscheinende Element der ‚Herstellung einer gemeinsamen Basis‘ z.B. des Grammatikunterrichts oder im Sprechen über die Funktion bestimmter Sprachstrukturen, wenn vielleicht nicht alle in der Lerngruppe über die gleiche Metasprache - z.B. bei der Benennung grammatischer Kategorien - verfügen (vgl. z.B. Hentschel 2014). Sie berührt auch die Frage der Entscheidung für bestimmte Inhalte des Unterrichts, an denen sich Lern- oder Bildungsziele festmachen. Ob die Lehrersprache Teil ihrer Unterrichtsplanung sei, wird bei Nicaise von beinahe der Hälfte der befragten Lehrkräfte verneint, obwohl paradoxerweise der Planung gleichzeitig von fast allen Befragten eine enorme Wichtigkeit zugeschrieben wird (vgl. Nicaise 2021, 2). Unabhängig von der Frage, wie genau die Lehrersprache nun also zu planen wäre, scheint für die Leh- 171 rer: innenbildung zunächst einmal ein Bewusstsein darüber wichtig zu sein, dass es sich hier überhaupt um einen möglichen - bzw. zwingenden - Planungsaspekt handelt. Asbrand, Barbara/ Martens, Matthias/ Petersen, Dorthe (2013): „Die Rolle der Dinge in schulischen Lehr-Lernprozessen“. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 16, 171-188. Bannink, Anne (2004): „Negociating the paradoxes of spontanous talk in advanced L2 classes“. In: Kramsch, Claire (Hrsg.): Language acquisition and language socialisation: ecological perspectives. London: continuum, 266-288. Bechtel, Mark/ Rudolph, Tom (2022): Reflexionskompetenz in der Fremdsprachenlehrer*innenbildung. Theorien - Konzepte - Empirie. Frankfurt a.M.: Lang. Breidenstein, Georg (2004): „KlassenRäume - eine Analyse räumlicher Bedigungen und Effekte des Schülerhandelns“. 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In: Bechtel/ Rudolph (Hrsg.), 65-80 Gerlach, David/ Roters, Bianca (2020): „Wege der Differenzierung, Individualisierung und Inklusion“. In: Hallet/ Königs/ Martinez (Hrsg.), 384-387. Grünewald, Andreas (in diesem Band): „Zur Förderung der Fachsprache - als Teil von Berufssprache - von angehenden Fremdsprachenlehrkräften“, 63-73. Hallet, Wolfgang/ Königs, Frank G./ Martinez, Hélène (Hrsg.) (2020): Handbuch Methoden im Fremdsprachenunterricht. Hannover: Klett/ Kallmeyer. Hentschel, Elke (2014): „Grammatikunterricht für Lernende ohne Grammatikkenntnisse“. In: Dengscherz, Sabine/ Businger, Martin/ Taraskina, Jaroslava (Hrsg.): Grammatikunterricht zwischen Linguistik und Didaktik, Tübingen: Narr, 23-37. Kirchhoff, Petra (in diesem Band): „Hier gibt es keine Abkürzung! Gedanken über den Erwerb einer lernförderlichen Berufssprache von Lehrkräften für den Fremd- und Zweitsprachenunterricht“, 74-85. Klippel, Friederike (2003): „Teaching in English - teacher language in primary school“. 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Riemer, Claudia (in diesem Band): „Muss die Lehrersprache für den L2- Unterricht gelernt werden - und gelehrt? “, 143-154. 173 Schädlich, Birgit (2020): „Mediatorisches Handeln und Symbolische Kompetenz: Ansätze für reflektierte Mehrsprachigkeit in antinomischen Spannungsfeldern schulischen Fremdsprachenunterrichts“. In: García García, Marta/ Prinz, Manfred/ Reimann, Daniel (Hrsg.): Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht. Neue Studien und Konzepte zur Vernetzung von Schulsprachen und Herkunftssprachen. Tübingen: Narr, 31-56. Schädlich, Birgit (2022a): „Fachdidaktisches Wissen in Praxisphasen des Lehramtsstudiums: Wissen für die Praxis als Wissen in der Praxis verstehen“. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 33/ 1, 51-72. Schädlich, Birgit (2022b): „Unterrichtssprache(n) - Sprache(n) im Unterricht: Beobachtungen zum Umhergehen als mehrsprachige Praktik des Französischunterrichts“. In: Zeitschrift für Rekonstruktive Fremdsprachenforschung 3, 74-88. 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Wie bei vielen anderen Berufen auch zeichnet sich die Lehrtätigkeit durch typische sprachliche Handlungen, Textsorten und Darstellungsformen aus, was sich unter dem Begriff „Berufssprache“ fassen lässt (Efing 2014, 429; Roche o.J.). Lehrpersonen greifen beispielsweise auf ihre Berufssprache zurück, wenn sie mit Kolleginnen und Kollegen in einen fachlichen Austausch treten. Als Angehörige einer Profession verständigen sie sich mit Hilfe bestimmter Begriffe über Lehr- und Lernsituationen oder institutionelle Prozesse. In dieser „kollegialen Kommunikation“ Terhart (1987) treten die professionsbezogenen Aspekte der Berufssprache in den Vordergrund, deren Bedeutung an der Studie von Wipperfürth (2015) deutlich wird. Die Beiträge dieses Bandes fokussieren jedoch eher unterrichtsbezogene Aspekte der Berufssprache, die auch als „Lehrersprache“ bezeichnet werden (Deters-Philipp 2018; Doff/ Klippel 2006). Dieses Phänomen ist bereits seit einiger Zeit Gegenstand der Interaktionsforschung, weshalb „Berufssprache“ aus dieser Perspektive betrachtet in Konkurrenz zu anderen Begriffen tritt. Zu nennen sind dabei vor allem die „unterrichtliche Interaktionskompetenz“ (Classroom interactional competence) von Walsh (2013) und die „fremdsprachenunterrichtliche Diskurskompetenz“ von Thomson (2022). Walsh (2013) bleibt mit seinem Konzept der unterrichtlichen Interaktionskompetenz sehr eng an den Prozessen im Lernraum und stellt die mündlichen Sprachhandlungen von Lehrenden und Lernenden ins Zentrum. Thomson (2022) hingegen konzentriert sich auf die Lehrperson und fasst ihren Begriff zugleich deutlich weiter. Bei ihr geht es nicht mehr nur allein um die Verwendung von Sprache als ein Werkzeug zur Organisation und Unterstützung von Lernen. Sie schließt alle sprachlichen Aktivitäten von Lehrpersonen 175 in ihre Betrachtung ein: neben Tafelbildern oder schriftlichem Feedback kommen damit auch Pausengespräche oder der Austausch mit den Eltern in den Blick. Zudem verweist Thomson (2020) darauf, dass die „fremdsprachenunterrichtlichen Diskurskompetenz“ von Lehrenden in einem engen Zusammenhang mit ihren Kompetenzen in der Fremdsprache betrachtet werden sollte. Damit legt sie ein Desiderat der Fremdsprachenforschung offen, denn derzeit ist weitgehend ungeklärt, auf welche Weise diese beiden Kompetenzen in konkreten Unterrichtskontexten zusammenwirken. Die bisherigen Forschungen zum Wissen von Lehrenden nehmen diesen Aspekt nur unzureichend in den Blick (vgl. Gerlach 2022). Sie beschränken sich darauf, bestimmte kognitive Dispositionen zur Bewältigung von beruflichen Aufgaben zu erfassen. Die L2-Kompetenz wird jedoch nicht in ihrem Zusammenspiel mit dem unterrichtlichen Handeln und dessen Folgen systematisch untersucht. Dass das Wissen und Können von Lehrkräften in der Fremdsprache eine der Bedingungen für gelingenden Fremdsprachenunterricht darstellt, lässt sich nur schwer von der Hand weisen. Insbesondere dann, wenn der Unterricht die Lernenden zum sprachlichen Handeln in der Fremdsprache befähigen will, ist es von erheblicher Bedeutung, dass die Lehrperson selbst diese Sprache bis zu einem gewissen Grad aktiv beherrscht und im Lernraum situationsgerecht anwenden kann. Allerdings sagt ein sehr hohes fremdsprachliches Niveau einer Lehrkraft nichts über die Qualität ihres beruflichen Handelns aus. Auch mit einer niedrigen L2-Kompetenz können Lehrende ansprechenden und auch erfolgreichen Unterricht gestalten. Welches Niveau in der Zielsprache für einen bestimmten Unterricht angemessen oder notwendig ist, hängt von den Lehrzielen und den Inhalten ebenso ab wie vom Sprachniveau der Lernenden. Mit guten fachdidaktischen, unterrichtsorganisatorischen oder sozialen Kompetenzen und einer differenzierten unterrichtsbezogenen Berufssprache können Lehrende die eigenen Schwächen in der L2 ausgleichen. Zielsprachliche Fähigkeiten und Berufssprache sollten deshalb als zwei unterschiedliche Aspekte der interaktionalen Kompetenz von Lehrenden betrachtet werden. Beide lassen sich unabhängig voneinander bestimmen, wirken jedoch im Unterricht, insbesondere dann, wenn er kommunikations- und handlungsorientiert gestaltet wird, auf komplexe Art und Weise zusammen. Wie in allen anderen Unterrichtsfächern auch spielen die sprachlichen Handlungen der Lehrperson im Fremdsprachenunterricht eine zentrale Rolle. Denn in schulischen Kontexten vollzieht sich das Lernen zu einem großen Teil in der Begegnung von Menschen und somit durch mündliche und schriftliche Interaktion. Die Beteiligungsmöglichkeiten für Lernende hängen 176 dabei zwar auch vom Fach und der Zusammensetzung der Lerngruppe ab, aber die Hauptverantwortung für produktive und positive Interaktionen im Unterricht liegt bei den Lehrenden (Böheim et al. 2020, 2ff; Hertzsch/ Schneider 2018, 87). Im handlungs- und kommunikationsorientierten Fremdsprachenunterricht gewinnt dieser Aspekt zusätzlich an Gewicht, weil Lerngegenstand und Lernmodus bei vielen unterrichtlichen Aktivitäten in eins fallen. Das stellt die Lehrenden vor besondere Anforderungen. Die unterschiedlichen Ziele einzelner Unterrichtsphasen setzen einen reflektierten Umgang mit unterrichtsbezogener Berufssprache voraus. Wenn Lehrende beispielsweise den Aufbau der Unterrichtsstunde erklären oder in eine neue Aktivität einführen, müssen sie anders agieren als in Phasen, in denen Lernende zu einem selbstbestimmten Gebrauch der Fremdsprache angeregt werden sollen. Ist etwa eine Unterrichtsphase darauf gerichtet, den Austausch von Ideen und Argumenten im Plenum zu fördern, muss die Lehrkraft die dafür notwendigen Freiräume gewähren. Durch ihr Verhalten sollten sich die Lernenden ermutigt fühlen, selbst die Initiative zu ergreifen, gemeinsam das Gespräch voranzutreiben und sich dabei gegenseitig zu unterstützen. Das kann nur gelingen, wenn die Lehrkraft Wege findet, sich selbst zurückzunehmen und Verantwortung abzugeben. Der bewusste Einsatz der Berufssprache kommt in solchen Situationen demnach vor allem dadurch zum Ausdruck, dass es die Lehrperson versteht, zu warten und zu schweigen (Schart im Druck). Geht es hingegen in einer Unterrichtsphase um das Erschließen neuen Wissens, gehört es zu den Aufgaben von Lehrenden, den Prozess an geeigneten Stellen durch Hinweise, Fragen oder Erklärungen voranbringen. Auch längere Monologe der Lehrkraft können in solchen Situationen angemessen sein. Ein hoher Sprechanteil der Lehrkraft kann demnach in einer Situation dem Unterrichtsziel widersprechen, während er in einer anderen Phase des Unterrichts unentbehrlich ist. Lehrende müssen die sehr anspruchsvolle Aufgabe bewältigen, permanent Lerngelegenheiten zu identifizieren und die eigene Rolle in der Interaktion flexibel - und häufig auch spontan - dem Geschehen im Lernraum anzupassen (Kinalzik et al. 2023, 88). Das setzt ein umfangreiches Repertoire an diskursiven Praktiken voraus. Diese Vielfalt der Berufssprache soll anhand von zwei Studien verdeutlicht werden. Die Rahmenbedingungen der untersuchten Unterrichtskontexte ähneln sich stark: In beiden Arbeiten wird die Interaktion im kommunikationsorientierten Online-Unterricht Deutsch als Fremdsprache mit japanischen Lernenden auf Niveaustufe A2/ B1 untersucht. Die folgenden Abbildungen zeigen Ergebnisse aus der Analyse von Plenumsphasen des Unterrichts, bei Studie 1 in drei Klassen mit jeweils 7 Teilnehmenden, bei Studie 2 in einer Lerngruppe mit 18 TN sowie einer Arbeitsphase in einer größeren Gruppe (10 TN) aus dieser Klasse. 177 Die Unterschiede im Hinblick auf die Redeanteile sind augenfällig. Die Lehrpersonen setzen ihre Berufssprache in den Plenumsphasen des Unterrichts offensichtlich auf jeweils spezifische Art und Weise und mit unterschiedlichen Zielen ein. Abb. 1: Sprechanteile in Plenumsphasen (vgl. Tian 2021) Abb. 2: Sprechanteile in Plenumsphasen (vgl. Lu 2022) 178 Die Abbildungen liefern zu wenig Informationen über die Bedingungen in den untersuchten Kontexten. Zudem wird hier mit dem Redeanteil jeweils auch nur eines von zahlreichen Elementen der Berufssprache untersucht. Es verbieten sich daher Aussagen darüber, inwiefern die Verteilung der Redeanteile jeweils angemessen ist. Die Gegenüberstellung der Ergebnisse verdeutlicht jedoch, dass es offensichtlich mehr als eine Variante des Plenumsgesprächs gibt. Lehrende können und müssen aus einer großen Bandbreite an Möglichkeiten auswählen. Vor der Folie ihrer Ziele sollten sie sich bewusst für bestimmte diskursive Praktiken entscheiden, wenn sie mit der gesamten Lerngruppe in einen Austausch treten. Die Frage, wie Lehrende diese berufssprachlichen Kompetenzen entwickeln und anwenden wurde in der empirischen Forschung bislang allerdings vernachlässigt. Eine Ursache dafür kann im prägenden Einfluss einzelner Theorien auf die Interaktionsforschung gesehen werden. So geht man im Interaktionsansatz von dem Gedanken aus, dass fremdsprachliches Lernen vor allem dann einsetze, wenn Lernende auf sprachliche Hürden stoßen und sich durch sprachliche Handlungen (z.B. Vergewisserung oder Prüfen des Verständnisses, Bitte um Wiederholung oder Erklärung etc.) aktiv darum bemühen, diese zu überwinden (vgl. Long 1996). Entsprechende Studien konzentrieren sich daher auf das Erfassen und Auszählen bzw. Interpretieren von Aushandlungsprozessen (Negotiation of/ for Meaning, NoM/ NfM), die aus sprachlichen Problemen erwachsen. Aber auch in den Arbeiten mit soziokultureller Ausrichtung zeichnet sich eine solche Verengung des Blickwinkels ab, denn sehr häufig gilt das Interesse ausschließlich sogenannten sprachbezogenen Episoden (Language Related Episodes, LRE), also Situationen, in denen die Lernenden während ihres Austauschs sprachlichen Schwierigkeiten begegnen und diese gemeinsam bearbeiten (Swain/ Lapkin 1998, 326). In beiden Forschungsansätzen richtet sich die Aufmerksamkeit demnach vor allem auf jene Abschnitte in den Daten, in denen sich aufgrund unzureichender Kompetenz der Lernenden Brüche beobachten lassen. Diese Unterbrechungen des Redeflusses werden dabei entweder als Auslöser von Lernen gedeutet (Interaktionsansatz) oder aber als Ausdruck von Lernen (soziokultureller Ansatz). Diese sehr enge Perspektive auf die unterrichtlichen Prozesse ist aus methodologischer Sicht nachvollziehbar. Um generalisierende Aussagen treffen zu können, ist es unerlässlich, aus der komplexen Interaktion im Lernraum bestimmte Zielphänomene (target features) herauszulösen und isoliert zu betrachten. Das bringt jedoch den großen Nachteil mit sich, dass einzelne Aspekte des Fremdsprachenunterrichts überhöht und andere vernachlässigt werden. So werden im Interaktionsansatz und auch im soziokulturellen An- 179 satz eher die Lernenden und ihre Bewältigung einzelner sprachlicher Phänomene untersucht. Die Lehrenden hingegen geraten aus dem Blickfeld. In jüngster Zeit beginnt sich in der empirischen Interaktionsforschung die Einsicht durchzusetzen, dass sich das interaktive Geschehen im Fremdsprachenunterricht erst dann erschließt, wenn man dessen Einbindung in lokale Kontexte - und damit auch die Rolle der Lehrpersonen - ernst nimmt (Aubrey et al. 2020; Sato/ Storch 2022). Es bedarf jedoch deutlich mehr Studien, die sich dieser Komplexität stellen. Das Unterrichtsgeschehen sollte in verschiedenen Kontexten über längere Zeit verfolgt werden. Erst dadurch wird greifbar, wie die sprachlichen Handlungen von Lehrenden das Lernen fördern oder behindern. Solche Untersuchungen würden auch Aufschlüsse über das weiter oben angesprochene Zusammenspiel von L2-Kompetenzen der Lehrenden mit anderen Lehrkompetenzen ermöglichen. Auch in der Aus- und Fortbildung stellt die Berufssprache bisher ein randständiges Thema dar. Sie wird demnach noch nicht im ausreichenden Maße als zentrales Element der Professionalisierung wahrgenommen. Im Fall von Deutsch als Fremdsprache lässt sich das anhand der beiden derzeit am weitesten verbreiteten Programme für die Aus- und Fortbildung veranschaulichen. Sowohl in dem vom DAAD initiierten Programm „Dhoch3“ als auch im Fortbildungsangebot „Deutsch Lehren Lernen“ (DLL) vom Goethe Institut wird der Berufssprache bislang nur punktuell Aufmerksamkeit geschenkt. Dass es zum „Kerngeschäft von Lehrkräften“ (Morek/ Heller 2020, 227) gehört, Unterrichtsgespräche zu initiieren und zu leiten, schlägt sich nur unzureichend in der Gestaltung dieser beiden Programme nieder. 1 Es hat sicher vielfältige Ursachen, weshalb Berufssprache in der Aus- und Fortbildung bisher ein Schattendasein führt. So ist anzunehmen, dass unter anderem ein starker Fokus auf Methoden und Verfahren dazu führte, die Rolle der Lehrenden und damit ihre berufssprachlichen Kompetenzen zu vernachlässigen. Pauli und Reusser (2018) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im pädagogischen Diskurs lehrergelenkte Phasen bzw. Frontalunterricht in den letzten Jahren eher auf Ablehnung stießen. Das habe dazu geführt, dieses Thema zu vermeiden, anstatt sich der Frage zu stellen, auf welche Weise Lehrende den Austausch im Plenum lernförderlich gestalten können. Auch die Omnipräsenz bestimmter Interaktionsschemata in den Lernräumen an Schulen und Universitäten wirkt sich möglicherweise hemmend auf die Beschäftigung mit „Lehrersprache“ aus. Forschungen zeigen immer 1 Ein neuer Impuls soll daher von der Überarbeitung des Moduls 1 von DLL ausgehen (Schart/ Legutke 2023). 180 wieder, wie stark das Frage-Antwort-Rückmeldungsmuster (Richert 2005) das Unterrichtsgespräch prägt. Seitdem Sinclair und Coulthard (1975) und Mehan (1979) dieses diskursive Muster beschrieben haben, wurde es in zahlreichen Studien als die dominierende Form des Austauschs zwischen Lehrenden und Lernenden beobachtet (vgl. z.B. Dalton-Puffer 2007; Schwab 2009; Lee 2016). Zugleich wissen wir jedoch um die Probleme dieser Form des Abfragens, die im Fremdsprachenunterricht dem Ziel zuwiderläuft, authentische Interaktionssituationen zu schaffen, und im Seminarraum das gemeinsame Generieren von Erkenntnis behindert. Eine weitere Ursache der Vernachlässigung von Berufssprache könnte schließlich in der Annahme liegen, die Interaktionskompetenz der Lehrenden entwickele sich gleichsam zwangsläufig durch die Beschäftigung mit Theorien, Methoden, Medien oder Inhalten. Aus- und Fortbildung sollte die Aufgabe verfolgen, vermeintlichen Gewissheiten zum Einsatz und zur Entwicklung von Berufssprache zu hinterfragen und die oben erwähnte Bandbreite an Möglichkeiten in den Blick zu nehmen. Das erfordert nicht nur vielfältige Erfahrungen mit der Interaktion im Lernraum, sondern auch die bewusste Auseinandersetzung mit diesen Prozessen (vgl. Morek/ Heller 2020; Sedova et al. 2016). Beispielsweise sollten angehende Lehrende ein Gefühl dafür entwickeln, in welchen Situationen es zielführend ist, Lernende aufzurufen, ihnen Fragen zu stellen, sie zu unterbrechen oder ihre Redebeiträge zu kommentieren - und wann es angemessener erscheint, sich zurückzunehmen und all diese sprachlichen Handlungen den Lernenden selbst zu überlassen. Um diese Vielfalt erfahrbar zu machen, ist zum einen wichtig, den Einsatz von Berufssprache in den universitären Lehrveranstaltungen zu reflektieren und zu thematisieren. Zum anderen sollten Studierende von Beginn an die Möglichkeit erhalten, sich selbst in die Rolle der Lehrkraft zu begeben, um zu erfahren, wie sich durch die bewusste Verwendung sprachlicher Mittel Lehr- und Lernprozesse organisieren und beeinflussen lassen (vgl. Legutke/ Saunders/ Schart 2022). Eine Möglichkeit, den wechselnden Charakter der Interaktion im Lernraum besser zu verstehen und auch systematisch zu erfassen, finden (angehende) Lehrende in dem Instrument SETT (Self Evaluation Teacher Talk, Walsh 2013). Es bietet ihnen eine Grundlage, um die Funktion einzelner Redebeiträge und deren Zusammenspiel in verschiedenen Unterrichtsphasen zu reflektieren und dadurch ihre Berufssprache weiterzuentwickeln. SETT macht zugleich deutlich, wie wichtig eine empirische Herangehensweise ist, um zu einem besseren Verständnis für die berufssprachliche Kompetenz von Lehrenden und deren Auswirkungen auf das Geschehen in Lernräumen zu gelangen. Konkrete Beispiele für die Gestaltung von Programmen zur Entwicklung von Berufssprache und deren Erforschung wurden in jüngster Zeit von Schindler et al. (2021), Kinalzik et al. (2023), Sedova et al. (2016) und Stahl 181 (2023) vorlegt. Das weckt die Hoffnung darauf, dass der Bedeutung unterrichtsbezogener berufssprachlicher Kompetenzen im Professionalisierungsprozess künftig mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Aubrey, Scott/ King, Jim/ Almukhaild, Hayydab (2022): „Language Learner Engagement During Speaking Tasks: A Longitudinal Study“. In: RELC Journal 53/ 3, 519-533. Böheim, Ricardo/ Urdan, Tim/ Knogler, Maximilian/ Seidel, Tina (2020): „Student hand-raising as an indicator of behavioral engagement and its role in classroom learning“. In: Contemporary Educational Psychology 62, 1-15. Dalton-Puffer, Christine (2007): Discourse in Content and Language Integrated Learning (CLIL) Classrooms. Amsterdam: J. Benjamins. Deters-Philipp, Ann-Cathrin (2018): Lehrersprache im Englischunterricht an deutschen Grundschulen. Eine Interviewstudie mit Lehrkräften. Münster/ New York: Waxmann. Doff, Sabine/ Klippel, Friederike (2007): Englischdidaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor. 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Lars Schmelter Für die Bezeichnung und Konzeptualisierung des sprachlichen Handels von Fremdsprachenlehrer: innen und der diesem Handeln zugrundeliegenden Kompetenzen werden eine Reihe von Begriffen und Modellen vorgeschlagen: Berufssprache (Leitfragen der Frühjahrskonferenz 2023; Wipperfürth 2015), Lehrersprache (z.B. Edmondson/ House 2011; Wipperfürth 2009), Berufsspezifische Sprachkompetenz (Bleichenbacher u.a. 2017; Kuster u.a. 2014), Fremdsprachenunterrichtliche Diskurskompetenz (Thomson 2022a), um nur einige der deutschsprachigen Begriffe und Konzepte zu nennen, die in anderen Sprachen leicht zu ergänzen wären. Zum Teil beschränken die Konzepte sich darauf, die sprachliche Gestaltung der Lehr-Lernprozesse in den Blick zu nehmen und hier insbesondere die unterrichtliche Interaktion im engeren Sinne. Andere Modelle betrachten die Sprachkompetenz von Fremdsprachenlehrer: innen unter Berücksichtigung weiterer Handlungsfelder (z.B. Außenkontakte; Weiterbildung (u.a. durch Rezeption der fremdsprachigen Fachliteratur); z.B. Bleichenbacher et al. 2017), die in diesen Konzepten zum professionellen Handeln von Fremdsprachenlehrer: innen gehören und die es in der Ausbildung und Professionalisierung zu berücksichtigen gilt. Allen Begriffen und Konzepten ist gemein, dass in ihnen einerseits die zentrale Rolle einer umfassenden und hohen funktional-kommunikativen Kompetenz im Rahmen der professionellen sprachlichen Kompetenz hervorgehoben wird; wenngleich auch nicht immer an gleicher Stelle im Modell angesiedelt und damit verschieden gewichtet (vgl. z.B. die Kritik am Modell von Thomson (2022) bei Diehr (in diesem Band)). Andererseits scheint professionellen Fremdsprachenlehrer: innen eine besondere sprachliche Kompetenz zu eigen zu sein, die über das hinausgeht, was gemeinhin in Tests zur Erfassung funktional kommunikativer Sprachkompetenz abgefragt wird. Begründet wird dies unter Verweis auf die spezifischen Eigenschaften unterrichtlicher Kommunikation und Interaktion, die im kommunikativen, weit- 185 gehend in der Fremdsprache gehaltenen Unterricht weiter akzentuiert werden. So skizziert Appel (2004, 74f.) unter Verweis auf Breen (1985), der die soziale Vermitteltheit des Fremdsprachenunterrichts hervorhebt und diesen als gemeinsam geschaffene Kultur (coral garden) betrachtet, drei konstitutive Konstanten des Fremdsprachenunterrichts. Die „inhärent konservative“ Kultur des Fremdsprachenunterrichts habe die Funktion „Erwartungssicherheit und Stabilität zu erzeugen“ (Appel 2000, 75). Sie mache es bisweilen schwierig, methodisch-didaktische Neuerungen einzuführen; z.B. die konsequente Einforderung der funktionalen Einsprachigkeit, wenn in der Klasse zuvor Fremd- und Verkehrssprache mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander verwendet wurden (Appel 2000, 229ff.). Die zweite kulturelle Konstante sei die Asymmetrie der Akteure im Fremdsprachenunterricht. Das ohnehin gegebene Machtverhältnis zwischen Lehrer: innen und Schüler: innen wird durch den Gebrauch des Unterrichtsgegenstands, d.h. der Fremdsprache als Kommunikationsmedium noch einmal verschärft. Hierdurch entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen einem auf Konsens gegründeten, routinemäßigen und kulturell festgelegten gegenseitigen Verstehen auf der einen Seite und der Interaktion in der Fremdsprache auf der anderen. Diese bietet eben nicht die Sicherheit routinisierten Verstehens, sondern ist durch mögliches Mißverstehen, auszuhandelnde Bedeutung und Vieldeutigkeit gekennzeichnet. Die Kommunikation in der Fremdsprache erlegt LernerInnen daher eine zeitweise Außerkraftsetzung der in Lerngruppen üblichen Konventionen auf und verlangt von ihnen die Bereitschaft, sich auf eine quasi nicht-authentische, simulierte Kommunikation innerhalb der üblichen Unterrichtsinteraktion einzulassen (Appel 2000, 75; Kursivierung im Original). Zwar gibt es auch z.B. in Biologie, Geschichte oder Mathematik (fach-)sprachliche Aspekte, die die institutionelle Asymmetrie des Lehrer- Schüler-Verhältnisses in der fachlichen Kommunikation verstärken. Aber auf der organisatorischen, pädagogischen und affektiv-emotionalen Ebene der Unterrichtskommunikation verfügen die Schüler: innen in der Regel in ausreichendem Maße über die Verkehrssprache, um mitreden zu können. Da im Fremdsprachenunterricht - besonders im Anfangsunterricht - den Schüler: innen die Sprache weitgehend fehlt, zeichnet sich die Interaktion durch eine Reihe von Elementen aus, die als kompensatorisch betrachten werden können. Wipperfürth (2009) benennt unter Verweis auf Wulf (2001; vgl. auch die Texte in Voss 1986): „verlangsamtes Sprechtempo, Pausen, überdeutliche Aussprache, Gestik und Mimik, Bereitstellung von Zusatzinformationen, Nach- und Kontrollfragen, Vereinfachung von Vokabular und Satzstrukturen sowie die unter simplifications und elaborations fallenden Vereinfachungen, Wiederholungen und Umschreibungen“ (Wipperfürth 2009, 14). Edmondson (2006) verweist schließlich auf die vielfach nachgewiesenen typischen Interak- 186 tionsmuster (z.B. Lehrerfrage - Lernerantwort - Lehrerfeedback) und Routinen (z.B. Reparaturen und Korrekturen) des Fremdsprachenunterrichts, die allein durch den Unterrichtskontext akzeptabel sind und die durch non-, para- und extraverbales Verhalten begleitet werden können: wann, außer im Unterricht, reden z.B. zwei Leute über eine Distanz von ca. 5 Metern miteinander und das über die Köpfe mehrerer zuhörender Personen hinweg? (Edmondson 2006, 53). All dies geschieht - um auf die Frage in der Kapitelüberschrift einzugehen - dem didaktischen Prinzip einer „aufgeklärten“ (Butzkamm 1973) bzw. „funktionalen Einsprachigkeit“ (MSB NRW 2019) folgend in der Fremdsprache Französisch und unter gelegentlichem Bezug auf die Verkehrssprache Deutsch. Die „Verwendung des Französischen als Arbeits- und Kommunikationssprache [...] am Prinzip der funktionalen Einsprachigkeit“ (MSB NRW 2019, 8) zu orientieren, geht auf lerntheoretische Vorstellungen zurück, nach denen der Fremdsprachenunterricht die Schüler: innen nur dann erfolgreich zur funktional-kommunikativen Kompetenz führen kann, wenn die darin stattfindende Kommunikation weitgehend in der Fremdsprache erfolgt und wenn dabei nicht-sprachliche, auch jenseits der Sprach- und Kulturvermittlung relevante Inhalte ausgehandelt werden. Dies setzt insbesondere im Anfangsunterricht voraus, dass die Lehrperson Inhalte in zunächst einfacher, aber zunehmend komplexer werdender Sprache vermitteln kann, dass sie aber auch in der Lage ist, durch Aufmerksamkeitslenkung (angefangen bei der besonderen Betonung und Wiederholung sprachlicher Formen bis hin zur ggf. auch verkehrssprachlichen Erläuterung) die sprachlichen, kulturellen und kommunikativen Mittel so zu vermitteln, dass die Lerner: innen auf diese Mittel aufmerksam werden und sich diese aneignen können (siehe unten). Denn ähnlich wie im Unterricht nichtsprachlicher Fächer, bei dem es - gleichgültig ob es sich um Unterricht in der Verkehrssprache oder um mono- oder bilingualen Unterricht in/ mit einer Fremdsprache handelt - u.a. darum geht, neben den fachlichen Inhalten auch die (fach- und bildungs-)sprachlichen Kompetenzen zu vermitteln, die aufs Engste mit den fachlichen Inhalten und damit Kompetenzen verbunden sind, geht es im Fremdsprachenunterricht vor allem darum, mit nicht-sprachlichen Kommunikations- und Interaktionsinhalten, die sprachlichen Mittel, die verschiedenen Register und fachlichen Aspekte der unterrichteten Sprache zu vermitteln; dazu gehören auch metasprachliche Elemente. In der unterrichtlichen Interaktion, die im Wesentlichen von den Lehrpersonen nicht nur gelenkt, sondern tatsächlich auch bestritten wird (vgl. u.a. die Ergebnisse aus DESI-Konsortium 2008), verlaufen die Grenzen zwischen den verschiedenen Ebenen der Unterrichtskommunikation (Kommunikation über nichtsprachliche Inhalte; Kommunikation über sprachliche Formen, Unterrichtsorganisation, Beziehungs- und Erziehungskommunikation usw.) fließend, 187 ohne dass dies der Lehrperson durchgehend bewusst und den Lerner: innen erkennbar sein muss. Daher sind auch die verschiedenen von der Lehrperson genutzten Kommunikationsebenen, die in Konversations- und Interaktionsanalyse durchaus herausgearbeitet werden können - z.B. die spezifische Sprechweise von Fremdsprachenlehrpersonen (langsamer und mit weniger Verschleifungen, spezifische Betonung, Wiederholungen, reduzierter bzw. spezifischer Wortschatz, vereinfachte Morpho-Syntax, Sprachwechsel usw.) - möglicherweise den Lerner: innen in ihrer aufmerksamkeitslenkenden Intention nicht transparent. Dies schließe ich zumindest aus den Arbeiten zum sprachsensiblen und zum bilingualen Unterricht (u.a. Leisen 2015; Sandkühler/ Bernhardt 2020; Tajmel/ Hägi-Mead 2017), aber auch zur Fehlerkorrektur (vgl. Burwitz-Melzer u.a. 2022). Aus der gleichen Literatur ist auch erkennbar, dass die auf hohem Niveau zur Verfügung stehende funktionalkommunikative Kompetenz, zumindest in der Ausprägung wie sie im Allgemeinen beschrieben wird, für die professionelle Gestaltung des Fremdsprachenunterrichts nicht ausreicht. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn eine Arbeitsgruppe der Schweizerischen Pädagogischen Hochschulen zu dem Ergebnis kommt, dass die besonderen (fremd-)sprachlichen Anforderungen, die Lehrpersonen im Fremdsprachenunterricht bedienen können müssen, nicht allein durch die üblichen Sprachtests, -prüfungen und -diplome erfasst wurden bzw. werden (u.a. Hunkeler 2010). Nach einer umfänglichen Bedarfsanalyse wurden von dieser Arbeitsgruppe „Berufsspezifische Sprachkompetenzprofile für Fremdsprachenlehrpersonen“ für den Unterricht auf der Primar- und der Sekundarstufe I entwickelt, die in die Erstellung von Selbst- und Fremdevaluationsinstrumente eingeflossen sind (siehe u.a. Bleichenbacher u.a. 2017; Kuster u.a. 2014 sowie https: / / profils-langues.ch/ ; vgl. auch Martinez 2018; in diesem Band). Darin werden fünf Handlungsfelder und 19 Aufgabenbereiche unterschieden, für die dann berufsspezifische Sprachkompetenzen formuliert und mit Deskriptoren versehen wurden. Dabei ist einerseits die Nähe zum Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GeR) (Europarat 2001) und zum Referenzrahmen für Plurale Ansätze (Candelier u.a. 2012) nicht zu übersehen. Andererseits wurden Besonderheiten der berufsspezifischen Kompetenzen herausgearbeitet: Selbst wenn auf der Primarstufe und der Sekundarstufe de facto ein thematisch und funktional eingeschränkteres Spektrum notwendig ist, als auf den Niveaustufen B2 oder C1-2 des GeR beschrieben wird, so sind die qualitativen Erfordernisse und Erwartungen an den Sprachgebrauch der Lehrpersonen sehr viel höher und teilweise andere. Denn im Fremdsprachenunterricht müssen Lehrpersonen aufgrund ihrer Modell-, Diagnose- und Feedback-Funktion die sprachlichen Mittel mit großer Sicherheit und Sprachbewusstheit korrekt verwenden können. Auch müssen die spezifischen kommunikativen Bedingungen im Fremdsprachenunterricht berücksichtigt werden, die u.a. einen präzisen, am Niveau der 188 Lerner: innen orientierten Sprachgebrauch erfordern. Daher wurden nicht einfach die Niveau-Stufen des GeR übernommen (Bleichenbacher u.a. 2017). Dass eine gut ausgebildete Sprachkompetenz allein nicht ausreicht, um eine hohe diagnostische Kompetenz zu zeigen, geht auch aus der Studie von Verrière (2022) hervor. In seiner Studie zeigen Studierende, die in einem Sprachkompetenztest im Vergleich zu anderen Studienteilnehmer: innen nur mittlere Werte erzielten, in den Tests zur diagnostischen Kompetenz bessere Ergebnisse als die scheinbar kompetenteren Nutzer: innen der Fremdsprache. Dieser Befund bestätigt sich in den durch stimulated recall gestützten Interviews. Für mich ein deutlicher Hinweis, dass die „Berufsspezifische Sprachkompetenz von Französischlehrpersonen“ deutlich mehr ist als die funktional kommunikative Sprachkompetenz. Dennoch steht diese für mich weiterhin im Zentrum der professionellen Sprachkompetenz. Sie ist Ausgangspunkt und Grundlage. Aber erst im Zusammenspiel mit didaktischen, diagnostischen, pädagogischen und sozio- und systemlinguistischen sowie eventuell weiteren Kompetenzen befähigt sie zur professionellen und effektiven Gestaltung der unterrichtlichen (und außerunterrichtlichen) Lehr-Lernprozesse; dies gilt im Übrigen für alle Lehrpersonen unabhängig davon, ob sie sich die unterrichtete Sprache als Erst-, Zweit- oder Fremdsprache angeeignet haben. Dieser Aspekt wird im Detail in den Modellen von „Berufssprache“ unterschiedlich konzeptualisiert (vgl. u.a. Bleichenbacher u.a. 2017 und Thomson 2022). Und doch wird in den Konzepten zur sprachlichen Kompetenz von Fremdsprachenlehrer: innen eine Voraussetzung und ein Ziel des schulischen Fremdsprachenunterrichts nur selten zum Thema gemacht: Mehrsprachigkeit und die im wertschätzenden, produktiven und zielführenden Umgang damit notwendigen (fremd-)sprachlichen Kompetenzen der Lehrer: innen. Denn bei der curricular eingeforderten Entwicklung der „individuellen Mehrsprachigkeitsprofile“ (MSB NRW 2019, 9) wird man sich fragen müssen, ob Französisch und Deutsch dann noch allein im Französischunterricht stehen können. Wenn die zuvor angeeigneten Sprachen und die dabei gemachten kulturellen und kommunikativen Erfahrungen der Schüler: innen ebenso aufgegriffen werden sollen wie ihre Kenntnisse und Fertigkeiten beim Lernen von Sprachen, dann werden diese Sprachen zumindest in den Köpfen der Schüler: innen, vermutlich aber auch in den Lehr-Lernmaterialien und im unterrichtlichen Planen und Handeln der Lehrer: innen auftauchen (müssen). Caspari und Schädlich (2020, 40-45; vgl. auch Caspari in diesem Band) sprechen sich daher für eine „reflektierte Mehrsprachigkeit im Französischunterricht“ aus, um damit einerseits auf den Unterrichtsgegenstand „Mehrsprachigkeit“ aufmerksam zu machen und um andererseits aber auch den funktionalen Wechsel zwischen Sprachen im Unterrichtsdiskurs in systematischer Weise berücksichtigen zu können. Dabei solle in Anlehnung an Hu (2004) Mehrsprachigkeit als Voraussetzung und Ziel des Französischunter- 189 richts begriffen werden und folglich „sowohl das Erlernen der Zielsprache Französisch wie auch die aus Familien- oder Herkunftssprachen, dem Deutschen und ggf. anderen Fremdsprachen bereits vorhandene Mehrsprachigkeit als Beitrag zur Entwicklung individueller Mehrsprachigkeit“ anerkannt und genutzt werden (Caspari/ Schädlich 2020, 41). Dies setzt bei den Lehrer: innen u.a. eine ausgeprägte Sensibilität für Mehrsprachigkeit, rudimentäre Kenntnisse über die den Schüler: innen verfügbaren Sprachen (vgl. z.B. die Sprachenbeschreibungen in Chlosta u.a. 2003) und eine Offenheit für die mehrsprachige Gestaltung des Unterrichts voraus. Damit erweitert sich das Spektrum der berufssprachlichen Kompetenzen noch einmal. Edmondson (2006, 51) warnt davor, die fremdsprachige Kommunikation im Unterricht, die auf die außerunterrichtliche Kommunikation in der Fremdsprache vorbereiten soll, mit dieser zu verwechseln. Betrachtet man die Aneignung von (Fremd-)Sprachen aus der Perspektive der kritischen Psychologie (Holzkamp 1995) oder der sozio-kulturellen Ansätze, dann tritt das durch subjektive Interessen begründete, aber durch soziale, kulturelle und historische Bedingungen vermittelte Lernen in den Mittelpunkt. Menschen eignen sich neue Handlungsmöglichkeiten in sozialen Kontexten an: A major premise of a sociocultural perspective is that the process of language development is embedded in the process of becoming socialized into competent participation in the social activities of one’s social groups by more knowledgeable members. Individuals are socialized THROUGH language to USE language (Hall 2022, 100). Hall (2022, 101f.) stellt fünf Grundannahmen dieses gebrauchsbasierten Verständnisses von Sprache und Sprechen (vgl. Tomasello 2003) heraus: •• Sprache erhält ihre Gestalt durch Sprachgebrauch. • Menschen lernen durch die Teilnahme an sozialen Aktivitäten, indem sie aufgrund ihrer emotionalen und motivationalen Disponiertheit und ihrer kognitiven Fähigkeiten (Wahrnehmung, Kategorisierung) Muster im Ressourcengebrauch erkennen. • Der Schlüssel für die Sprachaneignung liegt im wiederkehrenden Charakter sprachlicher Konstruktionen. Dabei spielt nicht allein die bloße Frequenz eine Rolle, sondern die Frequenz, mit der diese sprachlichen Konstruktionen als bedeutsam erfahren werden. All else being equal, the more routine and meaningful learners’ social experiences are and the more frequent, predictable, and salient the linguistic constructions comprising their experiences are, the more likely the constructions 190 will be noticed, conserved, and retrieved as cognitive representations of their experiences (Hall 2022, 101). •• Im Zuge ihrer sich erweiternden Beteiligung an sozialen Erfahrungen lernen Menschen kein abstraktes System, sondern Form-Funktion- Paare, mit denen Bedeutung ausgedrückt werden kann. • Aber einmal erlernte Konstruktionen bleiben nicht statisch, sondern unterliegen im Sprechen des Lerners Veränderungen, die durch sich ändernde Motivationen, Gruppenzugehörigkeiten usw. vermittelt sein können. Betrachtet man so die Aneignung der Fremdsprache im Fremdsprachenunterricht, dann steht die Kommunikation im Fremdsprachenunterricht für die Kommunikation außerhalb des Unterrichts (vgl. Edmondson 2006) in einem anderen Licht. Die Schüler: innen eigenen sich die Sprache und die Form von Sprechen an, die sie im sozialen Kontext des Fremdsprachenunterrichts erfahren. Die Authentizität der Interaktion, i.S. eines möglichst getreuen Abbilds des Sprachgebrauchs außerhalb des Klassenzimmers (Schmelter 2010), gewinnt vor diesem Hintergrund eine zentrale Bedeutung. Es wird zugleich sehr viel deutlicher, dass die Lehrperson in ihrem Sprechen deutlich machen muss, wann sie sich als Modell für das Sprechen außerhalb des Fremdsprachenunterrichts eignet und wann sie in besonderer Weise und damit nicht mehr als Modell spricht, sondern als Lernunterstützerin, die die Aufmerksamkeit der Lerner: innen z.B. auf ein wenig salientes, aber bedeutsames sprachliches Mittel lenken will. Das Sprechen der Lehrpersonen ist dann nicht mehr das der Kommunikationspartner: innen, sondern das der über die Sprache Lehrenden. Vor diesem lerntheoretischen Hintergrund treten aber auch weitere Herausforderungen bei der fremdsprachlichen Gestaltung des Unterrichts deutlicher hervor. Gestik und Mimik haben als kompensatorische Elemente der lehrerseitigen Kommunikation im Fremdsprachenunterricht gerade im Anfangsunterricht eine große Bedeutung. Zugleich sind Gestik und Mimik, aber auch Phraseogesten sprach- und kulturgebunden (vgl. u.a. Baur/ Baur 2000; Meißner u.a. 1992). Daraus folgt, dass Lehrer: innen nicht nur die fremdsprachigen und fremdkulturellen Gesten, Phraseogesten etc. in ihrem Repertoire verfügbar haben sowie pragmatisch und kulturell angemessen verwenden können müssen. Sie müssen zugleich transparent machen können, wann ihre Gestik lediglich das unterrichtliche Verstehen unterstützen soll und wann es Teil des zu lernenden Gegenstands ist. Während die Lehrpersonen mit hoher sprachlicher Kompetenz und Bewusstheit den Fremdsprachenunterricht gestalten, indem sie durch eine für den 191 Fremdsprachenunterricht spezifische Weise zu sprechen 1 sprachliche Konstruktionen vormachen, verdeutlichen, erläutern usw., stellt sich angesichts der hier zugrunde gelegten lerntheoretischen Position noch immer die Frage, ob und wie diese Form des Sprechens zur Aneignung fremdsprachiger Handlungskompetenz bei den Schüler: innen beiträgt. Dabei verliert die alte Frage nach der gezielten und mehr oder weniger systematischen Vermittlung sprachlicher Formen nicht an Bedeutung. Wie muss also das Sprechen der Lehrperson gestaltet sein, damit die Schüler: innen nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Formen, d.h. Konstruktionen, in denen dieser vermittelt wird, aufmerksam genug werden, damit diese für sie selbst und eigenständig nutzbar werden können? Wie lässt sich die Unterrichtskommunikation, die verschiedene Ebenen aufs Engste miteinander verflicht, so gestalten, dass Schüler: innen die fliegenden Wechsel zwischen den Ebenen (siehe oben) bewusst werden? Wie kann dies auch bei zunächst sehr wenigen zur Verfügung stehenden sprachlichen Mitteln so gestaltet werden, dass die Lernenden über relevante Inhalte kommunizieren können? Und wie lernen Fremdsprachenlehrer: innen in entsprechender Weise zu agieren? Wie ist es überhaupt um die berufsbezogene Sprachkompetenz der Französischlehrer: innen bestellt? Zumindest auf der Ebene der Lexik bzw. Lexikogrammatik und beim Hörverstehen besteht hier sicherlich noch eine Lücke zwischen dem auch hier formulierten Anspruch an Französischlehrer: innen und der Realität (vgl. u.a. Bürgel/ Siepmann 2010; Bürgel 2020). Aber möglicherweise stimmt die im Titel angedeutete Interpretation von Bürgel (2020) auch nicht, sondern die höhere Kompetenz der länger im Dienst stehenden Französischlehrpersonen ergibt sich daraus, dass sie schon am Ende der eigenen schulischen und universitären Ausbildung eine höhere Kompetenz hatten, die sie im Laufe der Zeit gehalten oder gar ausgebaut haben. In diesem Zusammenhang ist die sehr kleine Studie von Valmori und De Costa (2016) mit italienischen Fremdsprachenlehrenden interessant. Sie ging mit qualitativen Interviews der Frage nach, wie Fremdsprachenlehrpersonen ihre Sprachkompetenz aufrechterhalten und ggf. spezifischen Berufskontexten anpassen. Ähnliche Studien könnten sowohl für die 1. als auch die 2. und 3. Phase der Lehrerbildung wichtige Hinweise geben, wie unterstützende Angebote z.B. von den Hochschulen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung gemacht werden können. 1 Vgl. zu der Frage einer Unterscheidung von Sprache und Sprechen - „Is language a verb? “ (Joseph 2002) - Krämer und König (2002). 192 Aus soziokultureller oder kritisch-psychologischer Perspektive eignen sich zukünftige Lehrpersonen die berufsspezifische sprachliche Kompetenz wohl nur dann an, wenn der eigenständige Wunsch nach einer möglichst hohen professionellen Kompetenz (auch in der studierten Sprache) hinreichend stark ist (i.S. eines ideal self; vgl. Ushioda 2017). Zu einer solchen Motivation können möglicherweise auch die in der Schweiz entwickelten Selbstevaluationsinstrumente beitragen (siehe oben), wenn diese in den sprachpraktischen oder didaktischen Lehrveranstaltungen der ersten und zweiten Phase reflektiert und genutzt werden. Andernfalls müssten diese auf Eigenverantwortung zielenden Mittel durch Fremdevaluationen ergänzt werden. Meine eigenen regelmäßigen Befragungen der Studierenden in den Vorbereitungs- und Begleitveranstaltungen zum Praxissemester ergeben jedoch ein anderes Bild (vgl. auch Caspari in diesem Band): Während der gesamten Zeit des Praxissemesters wird die ohnehin sehr bescheidene eigene Arbeit an der sprachlichen Kompetenz noch weiter reduziert. Routinen, die dann auch im Vorbereitungsdienst und im Berufsalltag der 3. Phase genutzt werden könnten, werden nicht nur nicht ausgebildet, sie werden trotz entsprechender Angebote und Anleitungen im Rahmen der Praxissemesterveranstaltungen in den allermeisten Fällen nicht einmal erprobt; und dies auch, wenn eigene Lehrerfahrungen als sprachliche Herausforderung reflektiert werden. Die Fremdevaluation der fremdsprachlichen Kompetenzen von Lehramtsstudierenden stellt in dieser Hinsicht kein hinreichendes Gegengewicht zur fehlenden Eigenmotivation dar. Bislang erfolgt z.B. an Hochschulen in NRW keine objektive und standardisierte abschließende Prüfung der fremdsprachlichen Kompetenzen der Studierenden in den typischen 2. und 3. Fremdsprachen (Französisch, Italienisch, Niederländisch, Russisch und Spanisch). 2 Zwar erfolgen auch im Master of Education noch Sprachprüfungen oder beiläufige Prüfungen der fremdsprachigen Kompetenzen in den Abschlussprüfungen des Fachs, also z.B. in der Linguistik oder der Literatur- und Kulturwissenschaft. Inwiefern diese Prüfungen hinsichtlich der sprachlichen Kompetenz überhaupt zu validen und reliablen Ergebnissen kommen, ist zumindest fraglich. Dass sie eher Fachsprache(n) überprüfen als die für die Unterrichtsgestaltung notwendigen Kompetenzen, scheint offensichtlich. Inwiefern in Bundesländern mit einer zentralgestellten sprachpraktischen Prüfung im 1. Staatsexamen eine verlässliche Überprüfung der allgemeinen und der „berufssprachlichen“ Sprachkompetenz erfolgt, wäre noch eine weitere Forschungsfrage. Wünschenswert wäre sie in jedem Fall, da ohne eine 2 Ergebnis eines informellen Austauschs zwischen den Fachdidaktiker: innen in NRW. 193 solche Prüfung weder die Hochschulen, noch die Studierenden diesem Kern der Professionalität von Fremdsprachenlehrenden genügend Aufmerksamkeit schenken. Noch nicht geklärt ist dabei, wo in der Fremdsprachenlehrerbildung die notwendigen sprachlichen Kompetenzen für einen mehrsprachsprachigkeitsorientierten Französischunterricht angesiedelt werden könnten; zumal es die klassische Romanisten-Ausbildung, die immer auch mindestens rezeptive Kompetenzen in einer zweiten romanischen Sprache vorsah nicht mehr gibt (vgl. Marx in diesem Band). Appel, Joachim (2000): Erfahrungswissen und Fremdsprachendidaktik. 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(1974, 727) führen hierfür den Begriff des recipient design als „talk by a party in a conversation (…) designed in ways which display an orientation and sensitivity to the particular other(s) who are the coparticipants“ ein. Dieses in der deutschsprachigen Gesprächsforschung als Adressatenzuschnitt bezeichnete Phänomen ist interdisziplinär vielfach beschrieben. Auch in der Zweit- und Fremdsprachendidaktik wird davon ausgegangen, dass eine kompetente Interaktionsgestaltung und Anpassung des sprachlichen Handelns der Lehrkräfte an die jeweiligen Erfordernisse der konkreten Unterrichtssituation sich positiv auf den Spracherwerb auswirken (vgl. für eine aktuelle Zusammenfassung Bryant/ Zepter 2022, 79f. oder Kleinschmidt- Schinke 2018, 212f.). Gleichwohl ist es empirisch kaum nachzuweisen bzw. von zahlreichen weiteren kontextuellen, lerner- und lehrerseitigen Faktoren abhängig, welches Gewicht im komplexen Bedingungsgefüge zweit- oder fremdsprachlicher Erwerbsprozesse konkreten Variablen des unterrichtlichen Sprachgebrauchs zukommt. So können kognitionslinguistische Studien unter Laborbedingungen zwar belegen, dass die Merkfähigkeit einer bestimmten Reihe von types und tokens verbessert wird, wenn diese in Form eines skewed input dargeboten werden (vgl. Bryant/ Zepter 2022, 88). Solche Erkenntnisse können aber nicht ohne Weiteres für die Praxis geltend gemacht werden, wenn sie nicht im Zusammenspiel mit anderen lernrelevanten Faktoren auf die komplexe Unterrichtssituation übertragen werden bzw. wenn deren Wirkkraft nicht in authentischen Unterrichtssettings überprüft wird. In diesem Sinn unternimmt vorliegender Beitrag den Versuch, interdisziplinäre, insbesondere kognitionswissenschaftliche, soziokulturelle und pädagogische Erkenntnisse zum effektiven Einsatz von Unterrichtssprache zusammenzuführen und in unterschiedlichen Kompetenzfacetten abzubilden. 197 Basierend auf der Annahme der Lernwirksamkeit kompetenter Sprachverwendung im Fremd- und Zweitsprachenunterricht und unter Bezugnahme auf zentrale Ideen zur unterrichtlichen Interaktionskompetenz von Walsh (2011) und Sert (2015) wird zunächst folgender allgemeiner Definitionsversuch unternommen: Ein kompetenter Sprachgebrauch von Lehrpersonen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht zeichnet sich dadurch aus, dass er sich kontextsensibel an die jeweiligen Lernziele und an die Voraussetzungen und Möglichkeiten der Lernenden anpasst und ihren Lernprozess bestmöglich unterstützt und fördert. Dabei konvergiert die lehrerseitige Sprachverwendung in unterschiedlichen Unterrichtsphasen dynamisch mit den individuell ausgeprägten Potenzialen der Lernenden und kann situationsabhängig ganz unterschiedliche Gestalten annehmen. Doch unterliegt die Konvergenz von Sprache, Lernzielen und Lernpotenzialen wechselnden Bedingungsgefügen komplexer Einflussfaktoren, aus denen sich nicht einfach ein Katalog von Handlungsempfehlungen für einen kompetenten unterrichtlichen Sprachgebrauch ableiten ließe. Vielmehr gehört zur unterrichtssprachlichen Kompetenz zuallererst ein ausgeprägtes Kontingenzbewusstsein sowie die grundlegende Erkenntnis, dass Unterricht ein potenziell unvorhersehbares Geschehen ist (vgl. Schart 2014, 39) und eine flexible situative (sprachliche) Handlungskompetenz erfordert. Anknüpfend an die Bestimmung von Unterrichtssprache als erwerbsförderlicher lehrerseitiger Sprachverwendung und an die immer wieder thematisierte Faktorenkomplexion im (gesteuerten) Zweit- und Fremdsprachenerwerb sollen im Folgenden konkrete unterrichtssprachliche Kompetenzbereiche skizziert werden, die zentrale Faktoren für einen erfolgreichen Lernprozess in den Blick nehmen. Sie sind funktional auf die lernförderlichen Dimensionen des Verstehens, des kognitiven Anspruchs, der sozialen Interaktion, des Wohlbefindens im Unterricht und der Unterrichtsordnung ausgerichtet. Dabei gründen die ersten drei Kategorien stärker auf spracherwerbstheoretischen, die letzten beiden stärker auf bildungswissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie sind als integrierte Kompetenzen zu verstehen, die in den jeweiligen Unterrichtssituationen unterschiedlich stark ineinandergreifen. Im Fremdsprachenunterricht stellt das Verstehen der Lehrperson, sofern sie in der Fremdsprache kommuniziert, eine doppelte Herausforderung dar: Die Lernenden müssen sich sowohl auf die inhaltlichen Aussagen als auch auf die sprachliche Form des Diskurses konzentrieren und dabei mitunter noch nicht gefestigte grammatische und lexikalische Strukturen verarbeiten. Um Verste- 198 hensprozesse zu erleichtern und die Lernenden kognitiv zu entlasten, gehört es zu den zentralen unterrichtssprachlichen Fähigkeiten einer Lehrperson, ein dem Kompetenzstand der Lernenden angemessenes sprachliches Repertoire zu verwenden sowie weitere verbale, paraverbale und nonverbale Unterstützungsmechanismen einzusetzen und auf vielfältige Weise Verständnissicherung zu betreiben. In Abhängigkeit von der Unterrichtssituation und den beteiligten Lernenden kann sich dies konkret durch folgende verständnisfördernde Interaktionspraktiken äußern: •• Sprachliche Anpassung des Inputs an das Kompetenzniveau der Lernenden, z.B. durch geringe Satzlängen, geringe Variation grammatischer und lexikalischer Phänomene oder wenig subordinierende Strukturen (vgl. Edmondson/ House 2011, 247f.). • Einsatz paraverbaler Ressourcen, z.B. durch frequente Pausen, eine deutliche Aussprache, eine markante Intonation oder eine niedrige Sprechgeschwindigkeit • Einsatz nonverbaler (multimodaler) Ressourcen, z.B. durch gestische oder mimische Verkörperung sprachlicher Inhalte (vgl. Bryant/ Zepter 2022) • Einsatz weiterer Verstehenshilfen, z.B. durch Visualisierungen oder andere Arten der Veranschaulichung • Einsatz mehrsprachiger Ressourcen, z.B. durch Darbietung (ausgewählter Teile) des Inputs in der Zielsprache und in der Ausgangssprache der Lernenden sowie ggf. in anderen bekannten Sprachen, die sich als Transferbasen anbieten, ebenso wie durch Aufnahme lernerseitiger Beiträge aus anderen Sprachen und Übersetzung in die Zielsprache (vgl. Sert 2015) • Kalibrieren des Anforderungsniveaus, z.B. durch Zerlegung komplexer Strukturen (parsing, vgl. Lee 2007) oder durch andere Modifizierungen (vgl. Morek/ Heller 2021) • Wiederholung und ggf. verständlichere Rekodierung lernerseitiger Beiträge (vgl. Peuschel/ Stahl 2021), auch als inklusive Strategie zur Aufmerksamkeitssteuerung der Gesamtgruppe • Frequente, regelmäßige Verständnissicherung unter Rückgriff auf unterschiedliche Methoden, z.B. durch kurze confirmation checks (vgl. Kleinschmidt-Schinke 2018), Rückfragen (vgl. Siebold et al. 2021) oder Blickkontakt • Regelmäßige Ergebnissicherung unter Rückgriff auf unterschiedliche Methoden, z.B. durch lehrer- oder lernerseitige Zusammenfassungen (vgl. Leßmann 2020) Unter Berücksichtigung der jeweils vorliegenden sprachlichen Progression und des anstehenden Entwicklungspotenzials der Lernenden unterliegt kom- 199 petentes sprachliches Handeln der Lehrpersonen einer ständigen Dynamik und wird graduell ausgebaut. Ausgehend von der soziokulturellen Lerntheorie nach Vygotskij legt Gibbons (2015) nachvollziehbar dar, dass gut verständliche Kommunikation nicht in Unterforderung umschlagen, sondern Lernende mit Blick auf die Zone der proximalen Entwicklung auch regelmäßig kognitiv herausfordern sollte. Gibbons (2015, 17) spricht in diesem Zusammenhang von der Schaffung einer „learning zone“ oder „engagement zone“, in der Lernende sich aktiv einbringen und weiterentwickeln. Dabei können sie gemäß des Konzepts des scaffolding u.a. durch sprachliche Unterstützungsangebote in die Lage versetzt werden, diese Herausforderungen zu meistern. Folgende unterrichtssprachliche Strategien können sich hier als zielführend erweisen: •• Graduelle Integration neuer lexikalischer, grammatischer und idiomatischer Strukturen in die Unterrichtssprache, z.B. durch syntaktisches oder morphologisches Alternieren (vgl. Bryant/ Zepter 2022, 98) • Kognitiv anspruchsvolle Fragetechniken, z.B. durch gezielten Einsatz semantisch und syntaktisch offener Fragen (vgl. Siebold/ Aguado 2022) • Scaffolding, z.B. durch Alternativfragen, die komplexes sprachliches Material bereits in der Frage zur Verfügung stellen (vgl. Siebold/ Aguado 2022) • Modellierung der Lernendenaussagen (vgl. Walsh 2011 und sein Konzept des shaping learners contributions), z.B. durch sprachliche Anreicherungen in Form von Rekodierungen mit Expansionen (Peuschel/ Stahl 2021), Präzisierungen oder inhaltliche Weiterführungen, Bilanzierungen (Leßmann 2020), Kondensierungen und Abstrahierungen sowie effektive Fehlerkorrektur (Becker/ Stude 2021) In der Sprachlehr- und -lernforschung herrscht weitgehend Konsens über die positive Lernwirkung von handlungsbezogenen Interaktionen in der Fremdsprache (vgl. Long 1996). Daher werden Lernsettings angestrebt, die authentische Äußerungsabsichten und bedeutungsorientierte Aushandlungsprozesse ermöglichen. Ein Fremdsprachenunterricht, der Engagement und Partizipation fördert, wirkt sich zudem positiv auf die Selbst- und Mitbestimmung und das Bewusstsein über die Wirkmacht des eigenen Handelns im Sinne von agency aus (vgl. Abendroth-Timmer/ Gerlach 2021, 17). Unterrichtssprachliche Praktiken, die besonders zur Aktivierung und Partizipation der Lernenden beitragen können, sind u.a. folgende: • Ko-Konstruktion von Wissen und Herstellung epistemischen Gleichgewichts, z.B. durch bewusste Vermeidung von reinen Wissensfragen und gezielten Einsatz von referentiellen Fragen (vgl. Long/ Sato 1983 und ihr Konzept referential questions vs. display questions), durch explizite Thematisierung von Wissenslücken oder auch nonverbale Ab- 200 schwächung der epistemischen Autorität mittels Gestik und Mimik (vgl. Morek et al. 2022, 9) •• Schaffung von Interaktionsraum (vgl. Walsh 2011 und sein Konzept interactional space), z.B. durch Einräumen von Planungs-, Denk- und Probezeiten bei der Aufgabenbearbeitung, verlängerte Wartezeiten bei Antwortturns (Sert 2015), Selbstzurücknahme (Schart 2014), aktives Zuhören und Verzicht auf Fehlerkorrektur - etwa in inhaltsorientierten Phasen - nach dem let it pass-Prinzip (vgl. Walsh 2011, 163) • Setzen von Sprachimpulsen (vgl. Walsh 2011 und sein Konzept elicitation), z.B. durch Einsatz von Körpersprache wie Blickkontakt oder Zeigegesten (vgl. auch die Konzepte embodied elicitation bzw. embodied go aheads bei Sert 2015), durch kollaborativen Äußerungsaufbau, Aushebelung der etablierten IRF (initiation-response-feedback)-Routinen und Realisierung von offenen Folgeturns statt abschließenden Feedbacks (vgl. Waring Zhang 2009) Ein allgemein als zentral anerkannter Wirkfaktor im multikausalen Bedingungsgefüge für Lernerfolg ist eine vertrauensvolle zwischenmenschliche Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden (vgl. Hattie 2013), die maßgeblich zu einem „positiv ausgeprägten Unterrichtsklima“ als „Basisdimension der Unterrichtsqualität“ (Lotz/ Lipowsky 2015, 105) beiträgt. In der Forschung zu Unterrichtsinteraktion im Zweit- und Fremdsprachenunterricht lassen sich jedoch kaum Arbeiten ausmachen, die unterrichtssprachliches Handeln in seiner beziehungsstiftenden Funktion analysieren. Eine aktuelle Studie über Empathie in der Unterrichtsinteraktion von Lazovic (im Druck) liefert hierzu neue empirische Analyseergebnisse und führt mich dazu, die Sprache der Verbundenheit als eigenen unterrichtssprachlichen Kompetenzbereich zur Diskussion zu stellen. Laut Lotz und Lipowsky (2015, 106) zeichnen sich gute Beziehungen im Unterricht u.a. durch die Anerkennung der Lernenden und durch „Fürsorglichkeit, Herzlichkeit, Wärme, den Einsatz von Lob, Ermutigungen, sachlichkonstruktive Rückmeldungen sowie den positiven Umgang mit Fehlern“ aus, ebenso wie durch eine humorvolle Lernatmosphäre, in der Wettbewerb und Leistungsdruck weitgehend vermieden werden. Folgende unterrichtssprachliche Handlungen könnten zur Schaffung eines empathischen, wertschätzenden, vertrauensvollen und ermutigenden Lernklimas beitragen: • Ausdruck von Verständnis und Mitgefühl bei Schwierigkeiten sowie Thematisierung und Bearbeitung (negativer) emotionaler Zustände wie Angst • Ausdruck von Interesse an den Lernenden, z.B. durch persönliche Nachfragen und gute Wünsche in Begrüßungs- und Verabschiedungs- 201 phasen oder durch aufmerksame Verarbeitung ihrer Unterrichtsbeiträge mittels verbaler, gestischer und mimischer Signale •• Verbindlicher Umgang mit Emotionen, z.B. durch Lächeln und Lachen als empathische Ressource, durch intersubjektive Brückenbildung in emotional geladenen Momenten, emotionale Ansteckung in Übergangsphasen oder Nebensequenzen, humorvolle Provokationen und unterhaltsame Nachahmungen (vgl. Lazovic im Druck) sowie durch positive emotionale Verstärkung von Feedback und Lob (vgl. Lotz/ Lipowsky 2015) • Herstellung von Nähe und Vertrauen, z.B. durch Bewegungen im Raum (sich zu den Lernenden setzen, Hinknien o.Ä.), nähesprachliche Kontaktsignale (Kosenamen, Interjektionen, inklusives wir o.Ä.) oder durch den Aufbau und die wiederholte Aktivierung vergemeinschaftlichender Topoi (vgl. Lazovic im Druck) • Ausdruck von Respekt und Wertschätzung durch gendergerechte sowie vorurteils- und gewaltfreie Sprache (vgl. Peuschel 2022; Spieß/ Völker im Druck), durch freundliche Fehlerkorrektur (vgl. z.B. Lotz/ Lipowsky 2015) und Integration der Ausgangssprachen der Lernenden in den Unterrichtsdiskurs Dieser unterrichtssprachliche Kompetenzbereich ist an eine weitere, fächerübergreifende Dimension von Unterrichtsqualität angebunden: die der effektiven Klassenführung, verstanden mit Waldis et al. (2010, 177) als die Fähigkeit einer Lehrperson, „einen gut organisierten Stundenablauf zu gewährleisten“. Dies umfasst das konstante Management der vielseitigen Unterrichtsprozesse, das transparente Moderieren und Navigieren der Gruppe durch die unterschiedlichen Unterrichtsphasen und -aktivitäten sowie die schnelle und wirksame Aushandlung von Ablaufschwierigkeiten. Eine effektive Klassenführung orientiert die Lernenden in Hinsicht auf ihren Lernprozess und die an sie gestellten Erwartungen und schafft die nötige Ordnung für ein möglichst hohes Ausmaß an aktiver Lernzeit. Die Wirksamkeit einer kompetenten Klassenführung für den Lernerfolg ist vielfach empirisch belegt (vgl. z.B. Seidel/ Shavelson 2007) und nimmt eine „Schlüsselfunktion im Unterricht“ (Weinert 1998, 17) ein. In Bezug auf die kompetente sprachliche Gestaltung des Klassenmanagements sind insbesondere Befunde unterrichtlicher Interaktionsanalysen relevant, die aufzeigen, dass unterschiedliche Unterrichtsphasen und Lernarrangements durch spezifische „kommunikative Ordnungen“ geprägt sind (Becker-Mrotzek/ Vogt 2009, 179f.) und wiederkehrende Aufgaben durch konventionalisierte Interaktionsmuster bewältigt werden, die als sogenannte „Rahmenstabilisatoren“ (Spreckels 2011, 94) fungieren. Im Fremdsprachenunterricht als „Diskurstyp sui generis“ (Edmonson/ House 2011, 247), in dem 202 sprachbezogene Nebensequenzen (im Sinne der language related episodes von Swain/ Lapkin 1998) auch in inhaltsbasierten Phasen immer wieder vorkommen, erweist sich speziell die transparente und nachvollziehbare sprachliche Gestaltung der Fokuswechsel zwischen Inhalt und Form als unterrichtssprachliche Herausforderung, da diese besonders anfällig für Vermischungen von Kommunikationsebenen und -zielen sind (vgl. Abendroth-Timmer/ Gerlach 2021, 15 und Cimenli/ Sert 2017). Besonders in störanfälligen Unterrichtssituationen, wie den genannten Phasenübergängen oder Fokuswechseln, kommt der Etablierung gewisser sprachlicher Routinen eine besondere Bedeutung zu. Sie bieten Handlungssicherheit, weil sie verlässlich funktionieren und alle Unterrichtsbeteiligten entlasten, indem sie die reibungslose Umsetzung komplexer Abläufe standardisieren (vgl. Konzett-Firth im Druck). Vorsicht ist jedoch geboten, wenn sich Automatismen in der unterrichtlichen Kommunikation derart einspielen, dass sie einer kreativen, freien und authentischen Sprachverwendung entgegenwirken. Unterrichtssprachliche Handlungskompetenz in der Sprache der Ordnung kann sich wie folgt äußern: •• Metadidaktische Kommentierungen des unterrichtlichen Handelns, z.B. durch Transparentmachung der Lernziele und des geplanten Unterrichtsverlaufs zu Beginn und im Verlauf der Stunde • Klare Kommunikation von Übergängen zwischen verschiedenen Unterrichtsphasen und Unterrichtsaktivitäten (vgl. Markee 2004) • Sprachliche Markierung von Wechseln zu sprachbezogenen Nebensequenzen und Wiederaufnahmen des inhaltsorientierten Unterrichtsfokus (vgl. Henrici 1995, 151) • Eindeutige Aufgabenerklärungen und Arbeitsanweisungen (vgl. Spreckels 2011) • Differenzierter und konsequenter Einsatz von sprachlichen Moderationshandlungen, wie z.B. Verteilung des Rederechts, Zurechtweisungen und Unterbrechungen • Einsatz nonverbaler Strukturierungs-Ressourcen, z.B. durch körperliches Framing bei Aufgabenstellungen oder Einnahme von Ankerpositionen im Raum (vgl. Lazovic im Druck) Der Forschungsgegenstand der Unterrichtssprache bietet ein weites Feld teils gut erforschter, teils noch kaum ergründeter Forschungsfragen, deren Behandlung einen wichtigen Beitrag für die Weiterentwicklung der sozialen Praxis des Zweit- und Fremdsprachenunterrichts und der Lehrkräftebildung leisten kann. Dabei sollte der starke Praxisbezug des Forschungsgegenstands meines Erachtens stärker dazu führen, dass konkrete Forschungsfragen 203 und -designs nicht nur über die Praxis, sondern idealerweise auch mit der Praxis und für die Praxis entwickelt werden. Forschungsarbeiten aus dem Bereich der funktionalen Pragmatik, der Diskurs- oder Gesprächsanalyse haben bereits ein breitgefächertes Spektrum an unterrichtssprachlichen Praktiken im Zweit- und Fremdsprachenunterricht aufgezeigt, wie u.a. die bereits erwähnten Arbeiten zu Aufgabenerklärungen (Spreckels 2011), Phasenübergängen (Markee 2004), Rekodierungen (Peuschel/ Stahl 2021), Fehlerkorrektur (Becker/ Stude 2021) oder Lehrendenfragen (Siebold/ Aguado 2022) zeigen. Solche hauptsächlich deskriptiven Analysen liefern interessante Erkenntnisse über gängige Praktiken in spezifischen Unterrichtskontexten aus der etischen Perspektive. Zu den unterrichtssprachlichen Phänomenen, die in diesem Bereich für die Fremdsprachenforschung besonderes Potenzial bieten, gehören meiner Ansicht nach weiterhin interaktionsfördernde Gesprächstechniken, die im Sinn der oben erwähnten Überwindung korsetthafter IRF-Routinen systematische Anschlussmöglichkeiten an lernerseitige Antwortturns bieten und mittels ausbauender Folgeturns (follow up statt feedback) erwerbsförderliche Interaktions- und Lernräume schaffen. Einen weiteren fruchtbaren Forschungsbereich stellen die unterrichtssprachlichen Praktiken von Lehrnoviz: innen dar, sowohl aus transversaler Sicht (z.B. im Vergleich zu Lehrkräften mit langjähriger Berufserfahrung) als auch in ihrer longitudinalen Entwicklung. Studien zum unterrichtssprachlichen Kompetenzerwerb von Lehrnoviz: innen bilden zudem eine anschlussfähige Grundlage für Didaktikseminare in der Ausbildung von Lehrpersonen und erweisen sich als wertvolles und vergleichsweise leicht zugängliches Forschungsfeld. Forschungsansätze, die Unterrichtssprache „nur“ aus der Außenperspektive analysieren, müssen in Bezug auf die Rekonstruktion und Interpretationen von Motiven, die zum beschriebenen sprachlichen Handeln geführt haben, jedoch spekulativ bleiben. Erlebte Schwierigkeiten oder Wirksamkeitserfahrungen, gefühlte Emotionen, didaktisch-methodische Erwägungen, subjektive Überzeugungen, eingeschätzte Lernpotenziale, die den auf der Oberfläche beobachtbaren Sprachgebrauch bedingen und begründen, werden nicht systematisch erschlossen. Daher eignen sich zusätzlich zu rein deskriptiven Ansätzen methodisch gesehen besonders introspektive Verfahren wie z.B. Befragungen, Gruppendiskussionen oder videobasiertes lautes Erinnern (vgl. Choi et al. 2022), um unterrichtssprachliche Praktiken auch aus der emischen Perspektive der Lehrenden und der Lernenden als Hauptakteur: innen des Unterrichts zu erforschen. Gerade Einblicke in zugrundeliegende mentale Zustände und Prozesse liefern wesentliche Befunde für den Nachvollzug der angestrebten Konvergenz von Lernzielen, Lernpotenzialen und Unterrichtssprache. 204 In diesem Kontext eröffnet die Frage nach spezifischen unterrichtssprachlichen Herausforderungen von L1- oder L2-Lehrkräften ein interessantes und in der deutschsprachigen Fremdsprachenforschung bislang wenig untersuchtes Forschungsfeld. Zwar gibt es einige Studien mit psychosozialem Fokus auf professionelle Rollenidentität, Selbst- und Fremdwahrnehmung von nicht muttersprachlichen Lehrkräften (vgl. z.B. Bracker/ Polizio 2021); gezielte Analysen spezifischer L1-L2-Kompetenzfacetten im Bereich der Unterrichtssprache weisen in diesem Zusammenhang jedoch noch ein bedeutendes Erkenntnispotenzial für die internationale Lehrkräftebildung auf. Besonderer Forschungsbedarf besteht aus meiner Sicht auch hinsichtlich unterrichtssprachlicher Wirksamkeitsstudien. Welche interaktiven Verfahren erweisen sich als effektiv für den zweit- und fremdsprachlichen Erwerbsprozess? Inwiefern sind Wirkfaktoren situationsspezifisch, inwiefern lassen sie sich effektiv auf andere Unterrichtskontexte übertragen? Die Beantwortung derartiger Fragestellungen wiederum erfordert differenzierte methodologische Diskussionen: Wie kann Lernerfolg durch unterrichtssprachliche Verfahren operationalisiert und gemessen werden? Wann kann man von langfristigem Erwerb sprechen? Welche Rolle spielen hier introspektive - insbesondere lernerbezogene - Verfahren? Auch bezüglich des Kompetenzerwerbs von Lehrkräften in Aus-, Fort- oder Weiterbildungskontexten stellt die empirische Überprüfung der Wirksamkeit spezifischer didaktischer Formate ein fruchtbares, kaum bearbeitetes Forschungsfeld dar. Die bisherigen Überlegungen verdeutlichen die Relevanz und die Komplexität eines kompetenten lehrerseitigen Sprachgebrauchs im Zweit- und Fremdsprachenunterricht, der sich im Zusammenspiel verständlicher und gleichzeitig kognitiv anspruchsvoller sowie partizipationsfördernder Interaktion zeigt, die sowohl von zwischenmenschlicher Verbundenheit zeugt als auch geordnete Unterrichtsabläufe befördert. Derlei Kompetenzen repräsentieren - sowohl für muttersprachliche als auch für nicht-muttersprachliche Lehrkräfte - eine im Professionalisierungsprozess systematisch zu erwerbende Fähigkeit. Gleichwohl steht die lehrerseitige Interaktionskompetenz in fremd- und zweitsprachendidaktischen Studiengängen (bislang) kaum im Fokus. Die Ausbildung unterrichtssprachlicher Fähigkeiten und kompetenter Interaktionsgestaltung sollte jedoch nicht dem individuell unterschiedlich ausgeprägten Geschick einzelner Lehrpersonen überlassen werden, sondern systematisch in die Curricula der Lehrkräftebildung integriert werden. Breitgefächerte Forschungsergebnisse - bereits vorliegende sowie noch zu erzielende - bieten dafür einen fruchtbaren Nährboden. 205 Abendroth-Timmer, Dagmar/ Gerlach, David (2021): Handlungsorientierung im Fremdsprachenunterricht. Eine Einführung. Berlin: Springer. Becker, Tabea/ Stude, Juliane (2021): „du bist gekocht? das ist gAr nicht gut“. In: Zeitschrift für Interaktionsforschung in DaFZ 1/ 1, 93-112. Becker-Mrotzek, Michael/ Vogt, Rüdiger (2009): Unterrichtskommunikation: Linguistische Analysemethoden und Forschungsergebnisse. Berlin: de Gruyter. Bracker, Philip/ Polizio, Daniele (2021): „Selbstwahrnehmung Lehrender mit Deutsch L1 oder LX hinsichtlich ihres Verhaltens im DaF-Unterricht“. 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Allerdings würde ich den Betrachtungswinkel etwas erweitern und Berufssprache im Bereich ‚Unterrichten‘ als in einen bestimmten kommunikativen Kontext eingebettet verstehen wollen. Dem Erziehungswissenschaftler Peter Heinemann (1976) zufolge sind Lernprozesse kommunikative Prozesse. Dies gilt grundsätzlich für alle Schulfächer, für die Sprachen kommt allerdings hinzu, dass das Ziel dieser Kommunikationsprozesse der Erwerb kommunikativer Kompetenzen in den Bereichen Hör-, Seh- und Leseverstehen, Sprechen, Schreiben und Sprachmittlung ist. Die Lehrperson ist also im Unterrichtskontext in sprachlicher und kommunikativer Hinsicht Rollenmodell. Bei der Frage nach der berufsbezogenen Verwendung der Zielsprache kommt es daher nicht nur auf das rein sprachliche, sondern auf das gesamte kommunikative Verhalten der Lehrperson an. Werden Lernprozesse als kommunikative Prozesse angesehen, so beeinflussen nach Heinemann (1976, 93) die Bedingungen der Kommunikation auch die Bedingungen des Unterrichts. Dies bedeutet zunächst, dass im Unterricht alle Aspekte des Verhaltens von Lehrpersonen als kommunikativ anzusehen sind, da man sich nicht nicht verhalten, also nach Paul Watzlawick nicht nicht kommunizieren kann (vgl. Heinemann 1976, 61). Eine wichtige Rolle spielt dabei das Nonverbale: In auf Mündlichkeit beruhenden Kommunikationssituationen hängen verbale und nonverbale Aspekte insofern unmittelbar zusammen, als jeder Gesichtsausdruck, jede Geste und jede Positionierung im Raum Teil der Bedeutung einer Aussage ist und wir auch dann, wenn wir schweigen, Signale aussenden, die für die Kommunikation bedeutsam sind. Verbale und nonverbale Kommunikation können sich beispielsweise gegenseitig verstärken, wenn Fröhlichkeit, Traurigkeit oder Überraschung 209 zusätzlich zum Gesagten über die Mimik zum Ausdruck gebracht wird; sie können sich ergänzen, aber auch widersprechen. Da also ein nicht unerheblicher Teil von Kommunikation nonverbal abläuft, können sich kommunikative Kompetenzen nicht allein auf die korrekte bzw. situationsangemessene Verwendung verbalsprachlicher Mittel beziehen. Sprecher: innen haben kommunikative Ziele, die sie auch nonverbal verfolgen, und sie müssen sowohl verbale Äußerungen als auch nonverbale Signale ihrer Gesprächspartner: innen verstehen und auf diese reagieren. Mit ihrem eigenen nonverbalen Verhalten im Unterrichtskontext, das auch zum Thema gemacht bzw. auf das explizit verwiesen werden kann, kann die Lehrperson zum Erwerb körpersprachlicher Kompetenz der Lernenden als Teilbereich kommunikativer Kompetenzen beitragen (vgl. ebd., 95). Auch die Körpersprache fungiert demnach gleichzeitig als Medium und Gegenstand des Fremd- und Zweitsprachenunterrichts und sollte folglich als wichtiger Bestandteil der Berufssprache von Lehrenden aufgefasst werden. Doch was genau fällt alles unter den Begriff ‚Körpersprache‘? Der Psychologe Klaus Scherer (1980) unterscheidet nicht nur zwischen verbalen und nonverbalen Zeichen, sondern zusätzlich zwischen vokalen und nicht-vokalen. Zu vokalen nonverbalen Kommunikationsformen zählt er paralinguistische Phänomene wie individuelle stimmliche Merkmale (Stimmtyp und -qualität), die Sprachmelodie (Tonart, Intonation, Betonung), zeitliche Aspekte (Sprechtempo, Rhythmus, Pausen), Artikulationsweisen (z.B. Schreien oder Flüstern) und Nebengeräusche (wie Lachen oder Husten). Unter nicht-vokale Aspekte subsummiert er die äußeren Merkmale eines Sprechers bzw. einer Sprecherin (körperliche Eigenschaften, Kleidung), physische Reaktionen (wie Erröten oder Erblassen) und eine Vielzahl kinetischer Phänomene, die sich wiederum unterteilen lassen in makrokinetische (Gestik, Kopfbewegungen, Körperhaltung, Bewegung im Raum) und mikrokinetische Phänomene (Mimik, Blickverhalten) (vgl. auch Surkamp 2017). Im Hinblick auf die Einbeziehung von Körpersprache als Bestandteil der Berufssprache von Fremd- und Zweitsprachenlehrenden gilt es allerdings zu bedenken, dass nonverbale Zeichen nicht immer eindeutig kodiert sind, d.h. dass in nonverbaler Kommunikation keine 1: 1-Verknüpfung zwischen Zeichen und Bedeutung existiert (vgl. Scherer 1980, 227-228). Dies liegt darin begründet, dass ihr Einsatz individuell, kontextabhängig und gruppenspezifisch unterschiedlich ausfallen kann. Auch wenn der körpersprachliche Ausdruck bestimmter Emotionen wie Freude oder Ekel kulturübergreifend ähnlich ist, gibt es zudem kulturraumbedingte Unterschiede in der Verwendungsweise z.B. ein und desselben Zeichens (vgl. Reimann 2012). Ebenso werden die physische Distanz zwischen Sprechenden und deren Blickverhal- 210 ten kulturell unterschiedlich bewertet (vgl. Eßer 2007; Knabe 2007, 78f.). Besonders offensichtlich ist die Kulturbedingtheit nonverbaler Kommunikation im Falle sog. ‚Kultureme‘, d.h. bestimmter Umgangsformen wie der Behandlung von Gästen, Tischsitten oder der Übergabe bzw. Annahme von Geschenken, wenn diese durch unterschiedliches körpersprachliches Verhalten, sog. ‚Behavioreme‘, zum Ausdruck gebracht werden (vgl. die Kulturemtheorie von Oksaar 1988, beschrieben in Eßer 2007, 327). Außerdem werden nonverbale Zeichen nicht immer absichtlich produziert, d.h., mit ihrer Verwendung wird nicht automatisch eine bestimmte Bedeutung intendiert. Gerade in der nonverbalen Kommunikation läuft vieles unbewusst ab, obwohl Körpersprache natürlich auch gezielt eingesetzt werden kann, z.B. zur Herstellung von Nähe oder Distanz (vgl. Strasser 2008, 65f.). Ein weiteres Merkmal von Kommunikationsprozessen betrifft die Unterscheidung von Inhalts- und Beziehungsaspekt (vgl. Heinemann 1976, 61-62). Der Inhaltsaspekt einer Äußerung bezieht sich auf die vermittelten Informationen, der Beziehungsaspekt darauf, wie die Beziehung zwischen den Gesprächspartner: innen verstanden wird. Maßgeblich definiert wird der Beziehungsaspekt durch körpersprachliche Signale: Raymond Birdwhistell (1955), einem der Pioniere der nonverbalen Kommunikationsforschung, zufolge wird bis zu 65% des auf sozialer und interpersoneller Ebene Vermittelten nonverbal kommuniziert. Für den Unterrichtskontext ist dies insofern relevant, als die Beziehung zwischen Lehrperson und Lernenden die inhaltliche Arbeit bestimmt. Arbeitshaltung und Leistung von Schüler: innen sowie ihre Einstellung zu Schule und Unterricht werden z.B. durch zugewandtes Agieren und wertschätzendes Verhalten der Lehrperson positiv beeinflusst (vgl. Heinemann 1976, 68). Wie Heinemann (ebd.) darlegt, trägt der Beziehungsaspekt sogar mehr zum Lernerfolg von Schüler: innen bei als das inhaltliche oder unterrichtsorganisatorische Engagement der Lehrperson. Auch zur symmetrischen Gestaltung von Unterrichtskommunikation, die aufgrund des größeren fachlichen Wissens der Lehrperson auf der Inhaltsebene zunächst komplementär angelegt ist (vgl. ebd., 94), ist ein Fokus auf die Beziehungsebene und damit das nonverbale Verhalten von Lehrenden sinnvoll. Vor dem Hintergrund der Bedeutung von nonverbaler Kommunikation für Lernprozesse im Unterricht ist es offensichtlich, dass wir ein ganzheitliches Verständnis von Sprachkompetenz, von Kommunikation im Klassenzimmer und damit auch von der Berufssprache von Sprachlehrkräften benötigen (vgl. auch Schoffer 1977, 33). Neben verbalsprachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten bedürfen Fremd- und Zweitsprachenlehrkräfte deklarativen und pro- 211 zeduralen Wissens über nonverbale Aspekte von Kommunikation. Zum einen wird dadurch ein authentischer Sprachgebrauch gefördert, einschließlich der Kulturgebundenheit nonverbaler Kommunikation, der für die Funktion von Lehrpersonen als sprachliche und kommunikative Rollenmodelle wichtig ist. Denn wie Tselikas (1999, 1) hervorhebt, bedeutet, „[e]ine Sprache wirklich zu erlernen und zu beherrschen […], sie mit dem soziokulturellen Kontext, mit dem sie verbunden ist, in sich aufzunehmen. Dies geschieht nicht nur im Kopf, sondern auch über den Körper, die Stimme, die gesamte Sensomotorik“. Zum anderen sollten sich Lehrpersonen darüber im Klaren sein, dass sie im Unterricht über ihr nonverbales Verhalten - ob bewusst oder unbewusst - Signale senden und dadurch die Kommunikation in einer Lerngruppe entscheidend mitbestimmen (vgl. Heinemann 1976, 94). All dies erfordert eine Art ‚Körperkompetenz‘ bzw. ‚körpersprachliche Kompetenz‘ (vgl. Eßer 2007, 328) von Lehrpersonen. Als Antwort auf die Frage, was eine gute Fremd- oder Zweitsprachenlehrkraft ausmacht, wird allerdings in Bezug auf ihre Sprache das Körpersprachliche in der Regel nicht mitbedacht. Jana Sophia Finder (2015) definiert den Begriff ‚Körperkompetenz‘ nach Julia Košinár (2009) aus pädagogischer Sicht wie folgt: Dieser umfasst die Auftritts- und Interaktionskompetenzen auf der Außenwirkungsebene und auch die Fähigkeit zur Selbststärkung auf der Innenwirkungsebene. Des Weiteren sind es Fähigkeiten, die dabei helfen einen intensiven Kontakt mit Schülern herzustellen, um dadurch die Interaktions- und Beziehungsebene zu verbessern. Ist man sich als Lehrer der Kongruenz zwischen Körpersprache und innerer Klarheit bewusst, fällt es einem leichter Inhalte zu vermitteln und die Schüler zu deren Aufnahme zu motivieren (Finder 2015, 42). ‚Körperkompetenz‘ bezieht sich also nicht nur auf das Verstehen der Außenwirkung eigener körpersprachlicher Signale, sondern auch auf die Innenwirkung, die das Nonverbale auf unsere Gefühle hat (vgl. auch Košinár 2009, 16). Beim Erwerb von ‚Körperkompetenz‘ geht es daher nicht um ein einfaches Einstudieren bestimmter, verallgemeinerbarer Gesten und Posen oder die „Übernahme einer vermeintlich richtigen Körpersprache“ (ebd., 15), sondern vielmehr darum, ein Gefühl für den eigenen Körper und die ganz individuellen Ausdrucksweisen zu erlangen, z.B. indem eigenes nonverbales Verhalten beobachtet und reflektiert wird (vgl. ebd.). Um darüber hinaus diejenigen Teilkompetenzen zu bestimmen, derer es für eine Einbeziehung nonverbaler Aspekte speziell in die Berufssprache von Sprachlehrkräften bedarf, müsste die konkrete Unterrichtsinteraktion im fremdsprachlichen Klassenzimmer noch stärker in den Blick genommen werden. 212 Mit ‚Unterrichtsinteraktion‘ wird allgemein das bezeichnet, „was im Unterricht zwischen den teilnehmenden Akteur/ innen stattfindet“ (García 2017, 361). Die Unterrichtsinteraktion bestimmt, wie Lehr- und Lernaktivitäten gestaltet werden, und sie umfasst nach Marta García (ebd.) „nicht nur den gesprochenen Diskurs, sondern auch para- und nonverbale Phänomene wie Intonation und Lautstärke des Gesagten, Blicke und Gesten“ (vgl. auch Pratolo 2019). Eine sog. „classroom interactional competence (CIC)“ (Walsh 2012) ist sowohl für Lernende als auch für Lehrende notwendig, um den Fremd- und Zweitsprachenunterricht im Sinne des kommunikativen Ansatzes dialogisch, engagiert und partizipativ zu gestalten (vgl. ebd., 1). In Bezug auf die Lehrkraft spricht García (2017, 361) von einem „bewusste[n] Einsetzen der Lehrersprache“. Steve Walsh (2012) führt als zentralen Bestandteil von classroom interactional competence auf Seiten der Lehrkraft den Einsatz spezifischer interaktionaler Strategien auf, um Kommunikation im Klassenzimmer zu ermöglichen und aufrecht zu erhalten. Zu diesen Strategien zählt er „the need for teachers to create space for learning, the importance of jointly created understandings, the value of shaping learner contributions, the need to engage and involve learners in dialogue“ (ebd., 12). Nonverbales wird dabei allerdings nicht explizit mit bedacht, obwohl es - wie im Folgenden dargelegt wird - bei der sprachlichen Interaktion im Fremd- und Zweitsprachenunterricht wichtige Funktionen erfüllt. So wird der Ablauf von Interaktionen im Unterricht zu großen Teilen nonverbal geregelt (vgl. Heinemann 1976, 95). Nonverbale Signale unterstützen nicht nur die Präsentation von Informationen und die Anweisung von Arbeitsaufträgen, sondern sie erfüllen auch sog. phatische Funktionen, indem sie das Unterrichtsgespräch regulieren und die Interaktion strukturieren, wie bei der Anzeige eines Sprecher: innenwechsels durch Anschauen oder den Einsatz einer Handbewegung (vgl. Argyle 2002, 106; 117ff.). Für erfolgreiche Interaktionen ist es zudem wichtig, den Lernenden genug Zeit für Antworten zu geben und sie zum (Weiter)Sprechen zu animieren (vgl. Walsh 2012, 6). Dies kann durch eine abwartende und zugewandte Körperhaltung, durch Blickkontakt und entsprechende Mimik zum Ausdruck gebracht werden. Auch Verstehen kann nonverbal durch Nicken oder einen Laut wie ‚Mmh‘ signalisiert werden, so dass der für die Interaktion wichtige Flow nicht unterbrochen wird (vgl. ebd., 12). Schließlich ist die verhaltenssteuernde Funktion von nonverbaler Kommunikation zu nennen, um Störungen der Unterrichtsinteraktion entgegenzuwirken. Ebenso zuträglich für ein interaktionsanregendes Klassenklima ist es, wenn die Lehrperson durch nonverbale Mittel auf den Beziehungsaspekt der Kommunikation einwirkt. Durch den Gesichtsausdruck oder die Sprechweise kann den Lernenden Wertschätzung entgegengebracht, echtes Interesse an 213 den Kommunikationsinhalten gezeigt und insgesamt eine freundliche und aufmerksame Ausstrahlung erzielt werden (vgl. auch Heinemann 1976, 70- 72). Durch Blickkontakte und Positionierungen im Raum wiederum können persönliche, individualisierte Beziehungen hergestellt werden, was motivationsfördernd sein und Lernende aktivieren kann (ebd., 72). Friederike Klippel (2000) zufolge ist der Beziehungsaspekt gerade bei Interaktionen im fremdsprachlichen Klassenzimmer besonders relevant, da positive Emotionen beim Sprachenlernen zum Lernerfolg beitragen. Nonverbale Mittel erfüllen allerdings auch noch spezifischer fremdsprachendidaktische Funktionen in der Unterrichtsinteraktion. So kann eine besondere Betonung verwendet werden, um z.B. die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die Aussprache eines Wortes zu lenken. Die verbale Einführung einer neuen Vokabel bzw. eines neuen chunk kann insbesondere im Anfangsunterricht gestisch unterstützt werden (sog. „embodied vocabulary explanations“ nach Walsh 2012, 12), um sowohl das Verstehen als auch das Einprägen neuen Wortschatzes und neuer grammatikalischer Strukturen zu unterstützen (vgl. Knabe 2007; Hişmanoğlu/ Hişmanoğlu 2008, 170; 173-175). Gerade für Fremdsprachenlernende ist nonverbales Verhalten aber auch als Kommunikationsstrategie von Bedeutung, da fehlendes Vokabelwissen durch den Einsatz von Mimik und Gestik kompensiert werden kann. Ebenfalls kann es in sog. ‚Sprachnotsituationen‘ (vgl. Tselikas 1999, 29) hilfreich sein, dem Kommunikationspartner durch Mimik und/ oder Gestik Rückmeldung über den wahrgenommenen Gesprächsverlauf zu geben. Die Berufssprache von Sprachlehrpersonen spielt des Weiteren im Hinblick auf die Kulturspezifik nonverbaler Kommunikation eine wichtige Rolle für Interaktionsprozesse im Klassenzimmer. Aufgrund der Kontextgebundenheit nonverbaler Kommunikation kann es für das Gelingen von Interaktionen bedeutsam sein, den Einsatz nonverbaler Mittel auch in Abhängigkeit vom spezifischen Unterrichtskontext zu gestalten. Zumindest bedürfen Sprachlehrpersonen einer besonderen Sensibilität für die unterschiedlichen Wirkungen, die nonverbale Mittel wie z.B. das Nähe-Distanz-Verhältnis oder Blickkontakte bei Lernenden verschiedener Kulturräume ausüben können: In a foreign language classroom, the success of nonverbal communication that takes place between the teacher and the students is based on the assumption that both sides, the language teacher and the students, have a shared or at least identical body language system. However, this is not always probable, especially in multi-cultural, heterogeneous classroom contexts where there are students from different cultural backgrounds with different body language systems (Hişmanoğlu/ Hişmanoğlu 2008, 173). Dies gilt sowohl für heterogene Lerngruppen in Deutschland, in denen Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammen lernen, als auch für Sprachlehrtätigkeiten im Ausland. 214 Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass auch das Nonverbale ganz klar Teil der Berufssprache von Sprachlehrpersonen ist bzw. sein sollte. Wipperfürth (2009, 16) zählt die Fähigkeit, auch nonverbale Kommunikationsformen einzusetzen, „um den Schülern und Schülerinnen von Anfang an einen kommunikativ ausgerichteten Fremdsprachenunterricht zu ermöglichen“ (ebd.), zu den Kompetenzstandards professioneller Sprachlehrkräfte. Sowohl aus theoretisch-konzeptioneller als auch aus empirischer Perspektive gibt es allerdings Forschungsbedarf. Aus theoretisch-konzeptioneller Sicht stellt sich z.B. die Frage, welche Teilkompetenzen nonverbaler Kommunikationskompetenz Sprachlehrpersonen als Bestandteil ihrer Berufssprache benötigen. Neben einer, oben schon erwähnten, generellen Körperkompetenz wäre unter anderem das Folgende zu berücksichtigen (vgl. Surkamp 2016, 36): •• Wissen über verschiedene Mittel nonverbaler Kommunikation; • Wissen über die Funktionen, die nonverbales Verhalten in Interaktionssituationen und damit Sprachlernprozessen erfüllen kann; • Fähigkeit, nonverbale Mittel zur Gestaltung von Interaktionen im Klassenzimmer strategisch einzusetzen; • Erkennen nonverbalen (auch nicht-intentionalen) lernerseitigen nonverbalen Verhaltens in Interaktionssituationen und die Fähigkeit, lernförderlich darauf zu reagieren; • Wissen über konventionalisierte kulturspezifische nonverbale Ausdrucksweisen; • Bewusstsein für die kulturspezifische Bedingtheit körpersprachlicher Ausdrucksformen und für Unterschiede zwischen Kulturen (auch im Hinblick auf die eigene Verwendung nonverbaler Ausdrucksformen). Allerdings wissen wir noch zu wenig über die Funktionen nonverbaler Kommunikation in Interaktionssituationen und die Wirkungsweisen von verbalem und nonverbalem Agieren der Lehrperson auf das Sprachenlernen. In Arbeiten zu dramapädagogischen Ansätzen im Fremdsprachenunterricht wird die Bedeutung von nonverbalen Elementen für das Sprachenlernen zwar betont - insbesondere im Hinblick auf die Schaffung von möglichst authentischen Kommunikationssituationen, aber auch als Kompensationsstrategie beim Sprechen (vgl. z.B. Schewe 1993, 6f.; Culham 2002). Dennoch scheint nonverbalen Ausdrucksweisen selbst von Lehrkräften, die dramapädagogisch arbeiten, relativ wenig Beachtung geschenkt und der Fokus eher auf das rein verbale Agieren und Reagieren gelegt zu werden (vgl. Kao/ O’Neill 1998, 3). Wir benötigen daher auch noch mehr empirische Analysen von Interaktionsprozessen im Fremd- und Zweitsprachenunterricht, die vom Verhalten 215 der Lehrperson ausgehend insbesondere das Nonverbale berücksichtigen. Dies wurde von Heinemann (1976, 69), wenn auch nicht fachspezifisch, schon Ende der 1970er Jahre für Lehr-Lern-Prozesse gefordert, auch mit entsprechenden Vorschlägen für Beobachtungsmodelle und Analysekategorien (vgl. ebd., 77f.). Für den Fremd- und Zweitsprachenunterricht wären solche Untersuchungen vor allem deshalb wichtig, weil der Unterrichtsinteraktion in Spracherwerbs- und -lerntheorien ein hoher Stellenwert beigemessen wird und diese Interaktion zu einem Großteil aus nonverbalen Elementen besteht. In vorliegenden Interaktionsanalysen wird das Nonverbale jedoch nicht immer mit fokussiert. Die Studie von Leila Kääntä von 2015 ist hier eine Ausnahme. Sie geht von „embodied actions“ (ebd., 64) in der Unterrichtsinteraktion aus und betrachtet Unterrichtsinteraktion aus multimodaler Perspektive, untersucht also z.B., wie Lehrende ihr Blickverhalten, Kopfbewegungen oder Gesten einsetzen, um die Interaktion im fremdsprachlichen Klassenzimmer zu organisieren. Aus forschungsmethodologischer Sicht stellt sie allerdings fest, dass es noch keine etablierten Konventionen zur Beschreibung solcher „embodied actions“ gibt (ebd., 67). Da nonverbale Aspekte eine bedeutsame Rolle in Kommunikationssituationen spielen und in der Unterrichtsinteraktion wichtige Steuerungsfunktionen erfüllen können, sollte die Schulung der körpersprachlichen Ausdrucksfähigkeit inhaltlicher Bestandteil der Ausbildung von Sprachlehrpersonen sein (vgl. auch Kääntä 2015, 81). Für bestimmte Schulformen ist dies schon jetzt der Fall, wird doch der fremdsprachliche Unterricht in der Grundschule auch gebärdenbegleitend gedacht und im Förderschwerpunkt ‚Sprache‘ die Arbeit mit Gesten trainiert. Es sollten jedoch alle Lehramtsstudierenden für den Sprachunterricht im Rahmen ihrer Ausbildung Gelegenheit erhalten, sich beim Thema ‚Berufssprache‘ auch mit nonverbalen Phänomenen auseinanderzusetzen. Dafür sollte nicht nur Wissen über nonverbale Codes und deren Bedeutung speziell für den Fremd- und Zweitsprachenunterricht erworben werden. Darüber hinaus bedarf es schon an der Universität an Lerngelegenheiten, die es Studierenden erlauben, sich im Zusammenhang mit der Verwendung der Fremdsprache auch selbst als körpersprachlich agierend zu erfahren und Nonverbales in Interaktionssituationen aus der Lehrendenrolle heraus auszuprobieren und zu reflektieren, z.B. entlang der Fragen: „Wie wirke ich auf andere? “, „Wie kann ich nonverbale Mittel zielführend einsetzen? “. Neben der curricularen Frage stellt sich daher die methodische Frage danach, wie solche Lerngelegenheiten geschaffen werden können. Es bieten sich z.B. performative Zugänge in Anlehnung an Theatermethoden an. Natürlich kann die Körpersprache von Sprachlehrkräften anhand von videographiertem 216 Unterricht und durch entsprechende Beobachtungsaufgaben reflektiert werden, doch prozedurales Wissen muss durch eigenes Tun ganzheitlich erworben werden. Košinár (2009, 15) zufolge kann Körperkompetenz im Sinne der Wahrnehmung der eigenen Körperlichkeit und dem gezielten Einsatz nonverbaler Signale durch Übung professionalisiert werden. Übung ist auch deshalb wichtig, weil singuläres Fokussieren auf die eigene Körpersprache im konkreten Unterrichtskontext und ständige Selbst-Überwachung kontraproduktiv sein können (vgl. Kääntä 2015, 81). In dramapädagogischen Arbeiten innerhalb der Fremdsprachendidaktik wird die Frage nach dem Wie der Förderung „des eigenen Inszenierungspotenzials als Ausdrucks- und Kommunikationsmittel“ (Haack 2018, 9) von zukünftigen Sprachlehrenden ebenfalls adressiert. Den Einsatz nonverbaler Gestaltungsmittel sieht Haack (ebd., 62) als wichtigen Baustein der Selbstkompetenz von Sprachlehrpersonen an. Zu deren Förderung hat er die Wirkungsweisen unterschiedlicher dramapädagogischer Settings und Methoden (u.a. Improvisationen, Rollenspiele, Erspielen eines Stücks) für die Lehrkräftebildung empirisch untersucht. Dabei hat er festgestellt, dass hochschuldidaktische Methoden, die das Selbst als Akteur herausstellen - also als etwas, „das sich performativ und durch Körper und Sprache manifestiert“ (ebd., 313) -, Studierende für die Bedeutung von Körpersprache sensibilisieren und zu einer Art ‚Auftrittstraining‘ beitragen können (vgl. ebd., 314). 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Dr. Bärbel Diehr Bergische Universität Wuppertal Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften Anglistik / Amerikanistik Gaußstr. 20 42119 Wuppertal Prof. Dr. David Gerlach Bergische Universität Wuppertal Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften Anglistik / Amerikanistik Gaußstr. 20 42119 Wuppertal 220 Prof. Dr. Andreas Grünewald Universität Bremen Fachbereich 10 Didaktik der romanischen Sprachen Postfach 33 04 40 28334 Bremen Prof. Dr. Petra Kirchhoff Universität Augsburg Philosophisch-Historische Fakultät Lehrstuhl für Didaktik des Englischen Universitätsstraße 10 86159 Augsburg Prof. em. Dr. Dr. h.c. Friederike Klippel Department für Anglistik und Amerikanistik Ludwig-Maximilians-Universität München Schellingstr. 3 80799 München Prof. Dr. Jürgen Kurtz Justus-Liebig-Universität Gießen Institut für Anglistik/ Didaktik des Englischen Otto-Behaghel-Straße 10 B 35394 Gießen Prof. Dr. Hélène Martinez Justus-Liebig-Universität Gießen Institut für Romanistik/ Didaktik der romanischen Sprachen Karl-Glöckner-Straße 21 G 35394 Gießen Prof. Dr. Nicole Marx Universität zu Köln Philosophische Fakultät Institut für Deutsche Sprache und Literatur II Albertus-Magnus-Platz 50923 Köln 221 Prof. Dr. Grit Mehlhorn Universität Leipzig Institut für Slavistik Beethovenstr. 15 04107 Leipzig Prof. Dr. Claudia Riemer Universität Bielefeld Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft Department Deutsch als Fremd- und Zweitsprache/ Mehrsprachigkeit Postfach 10 01 31 33501 Bielefeld Prof. Dr. Jutta Rymarczyk Pädagogische Hochschule Heidelberg Institut für Fremdsprachen - Englisch Keplerstr. 87 69120 Heidelberg Prof. Dr. Birgit Schädlich Georg-August-Universität Göttingen Seminar für Romanische Philologie Didaktik der Romanischen Sprachen und Literaturen Humboldtallee 19 37073 Göttingen Prof. Dr. Michael Schart Friedrich-Schiller-Universität Institut für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache & Interkulturelle Studien Ernst-Abbe-Platz 8 07743 Jena Prof. Dr. Lars Schmelter Bergische Universität Wuppertal Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften Romanistik Gaußstr. 20 42119 Wuppertal 222 Prof. Dr. Kathrin Siebold Philipps-Universität Marburg Institut für Germanistische Sprachwissenschaft Deutsch als Fremd- und Zweitsprache Deutschhausstr. 3 35032 Marburg Prof. Dr. Carola Surkamp Universität Regensburg Institut für Anglistik und Amerikanistik Fremdsprachendidaktik Universitätsstraße 31 93053 Regensburg K.-R. 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Schulsprache(n) und weiteren Zweit- und Fremdsprachen inklusive non- und paraverbaler Botschaften angesehen werden. Spracherwerbs- und Lerntheorien stellen daher häufig die sprachliche Interaktion im Unterricht in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Während die Anforderungen an die Berufssprache der Lehrenden hoch sind, scheint die Berücksichtigung des Themas in der Lehrer: innenausbildung gering zu sein. Die in diesem Band versammelten Beiträge reflektieren und diskutieren u.a. die Besonderheiten der berufsbezogenen Sprache (auch „Lehrersprache“, „Berufssprache“ oder „teacher talk“) der Lehrenden im Fremd- und Zweitsprachenunterricht, deren Erforschung sowie mögliche Veränderungen im Rahmen der Lehrer: innenbildung. Der Band dokumentiert die überarbeiteten Stellungnahmen der Teilnehmer: innen der 43. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts zu diesen vielfältigen Fragen und damit verbundenen Perspektiven. ISBN 978-3-381-10501-4