Vor dem Hintergrund der Überschreitung der ökologischen und sozioökonomischen
Belastungsgrenzen der Erde wurde bereits 2011 durch den Wissenschaftlichen Beirat der
Bundesregierung Globale Umweltveränderungen auf die Notwendigkeit einer
„Großen Transformation“ hingewiesen. Hierbei wird vor allem dem Bildungssektor im
Zusammenhang mit einer Bildung für nachhaltige Entwicklung [BNE] eine zentrale Rolle
zugesprochen. Besonders Lehrpersonen werden dabei durch offizielle Rahmendokumente als
sogenannte „Change Agents“ charakterisiert. Durch das Bezugsfach der vorliegenden Arbeit ist
es daher das Ziel, die Perspektive von Geographielehrkräften zur „Großen Transformation“
anhand eines exemplarischen Unterrichtskontexts herauszuarbeiten. Hierfür wird das
lebensweltnahe Beispiel der Textil- und Bekleidungsindustrie [TBI] gewählt. Methodisch
gerahmt ist das Vorhaben durch das in der Bildungsforschung etablierte Forschungsprogramm
Subjektive Theorien mit der „Siegener Variante“. Mit leitfadengestützten
Expert*inneninterviews und einer begleitenden Struktur-Lege-Sitzung werden die Sichtweisen
von zwölf Lehrkräften erfasst und mittels zusammenfassender qualitativer Inhaltsanalyse
ausgewertet. Durch die Explikation der subjektiven Theorien der Lehrpersonen und mit der
Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden hinsichtlich struktureller und
inhaltlicher Merkmale können Erkenntnisse für die Planung und Durchführung von Unterricht
sowie für das professionelle Handeln von Lehrkräften im Kontext einer „Großen
Transformation“ abgeleitet werden. Dabei zeigt sich die besondere Relevanz des
Geographieunterrichts sowie von Fachlehrkräften für den Transformationsprozess. Auch wird
die generelle Eignung der TBI als exemplarisches Thema für transformatives Lernen
unterstrichen und die Bedeutung einer lösungs- und handlungsorientierten Gestaltung des
Unterrichts hervorgehoben. Ferner ergeben sich neue Erkenntnisse in Bezug auf eine
instrumentelle bzw. kritisch-emanzipatorische Ausrichtung von BNE. Es wird zudem deutlich,
dass persönlichen Sicht- und Verhaltensweisen von Lehrkräften verstärkt im Zusammenhang
mit einer „Großen Transformation“ Aufmerksamkeit zukommen sollte und wiederkehrende
Reaktionsmuster von Lernenden professionelles Handeln bei Lehrpersonen für transformative
Bildungsprozesse voraussetzen. Davon ausgehend werden acht Thesen aufgestellt und
weiterführende Forschungsdesiderata aufgezeigt.
Already in 2011, the German Advisory Council on Global Change pointed out the need for a
“great transformation” in the light of ecological and socio-economic limits to the earth system.
The education sector is particularly assigned a central role for this especially in connection with
education for sustainable development [ESD]. Therefore, official framework documents
characterise teachers as so-called “change agents”. Due to the reference subject of the present
study, the aim is to work out the perspective of geography teachers on the “societal
transformation”. For this purpose, the exemplary teaching context of the textile and clothing
industry [TCI] is chosen because it is close to everyday life. The project is methodologically
framed by the Research Programme of Subjective Theories with the “Siegener Variant”, being
an established method in educational research. The perspectives of twelve teachers are recorded
by the means of guideline-based expert interviews and accompanying structure laying sessions,
being evaluated by summarising qualitative content analysis. Through the subjective theories
of the teachers and the accentuation of similarities and differences with regard to structural and
content-related characteristics, insights for the planning and implementation of lessons as well
as for the professional action of teachers in the context of the “societal transformation” can be
derived. The results underline the particular relevance of geography lessons and specialist
teachers for a successful transformation process. The general suitability of the TCI as an
exemplary topic for transformative learning and the importance of a solution- and actionoriented
lesson design is additionally highlighted. Furthermore, new findings regarding an
instrumental or critical-emancipatory orientation of ESD will be presented. In this context it
also becomes clear that personal perspectives and behaviour of teachers should be given more
attention in connection with a “societal transformation” and recurring reaction patterns of
learners require professional action by teachers for transformative educational processes. Based
on this, eight theses are put forward and further research desiderata are presented in a discursive
manner.