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Stimmenvielfalt im Monolog

2022
978-3-8233-9557-7
Gunter Narr Verlag 
Anke Grutschus
10.24053/9783823395577

Redewiedergabe ist in Form von direkter oder indirekter Rede in unserem Alltag omnipräsent, auch von wissenschaftlicher Seite kann sie als umfassend beschrieben gelten. Die vorliegende Monographie stellt einerseits im deutschsprachigen Raum wenig rezipierte theoretische Modellierungen vor und nimmt andererseits Redewiedergabe speziell als Phänomen gesprochener Sprache in den Blick. Dabei werden prosodische, nonverbale und funktionale Charakteristika auf der Grundlage eines Korpus aus spanischen Stand-up-Acts, evangelikalen Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen herausgearbeitet. Der Fokus auf das Spanische erlaubt es auch, bislang nur unzureichend untersuchte einzelsprachliche Besonderheiten wie die Verwendung von spanischen redekennzeichnenden Verben und Zitatmarkern sowie die Markierung von Redewiedergabe auf prosodischer Ebene zu analysieren.

ISBN 978-3-8233-8557-8 Redewiedergabe ist in Form von direkter oder indirekter Rede in unserem Alltag omnipräsent, auch von wissenschaftlicher Seite kann sie als umfassend beschrieben gelten. Die vorliegende Monographie stellt einerseits im deutschsprachigen Raum wenig rezipierte theoretische Modellierungen vor und nimmt andererseits Redewiedergabe speziell als Phänomen gesprochener Sprache in den Blick. Dabei werden prosodische, nonverbale und funktionale Charakteristika auf der Grundlage eines Korpus aus spanischen Stand-up-Acts, evangelikalen Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen herausgearbeitet. Der Fokus auf das Spanische erlaubt es auch, bislang nur unzureichend untersuchte einzelsprachliche Besonderheiten wie die Verwendung von spanischen redekennzeichnenden Verben und Zitatmarkern sowie die Markierung von Redewiedergabe auf prosodischer Ebene zu analysieren. Grutschus Stimmenvielfalt im Monolog Anke Grutschus Stimmenvielfalt im Monolog Formale und funktionale Aspekte von Redewiedergabe in spanischsprachigen Stand-up-Acts, Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen Stimmenvielfalt im Monolog Studia philologica Monacensia Edunt Andreas Dufter et Bernhard Teuber Volumen 21 · 2022 Comité scientifique - Advisory Board - Wissenschaftlicher Beirat Lina Bolzoni (Scuola Normale Superiore di Pisa) Anthony Cascardi (University of California at Berkeley) Pedro Cátedra (Universidad de Salamanca) Victoria Cirlot (Universitat Pompeu Fabra, Barcelona) Marie-Luce Démonet (Université François Rabelais, CESR, Tours) Carlos Garatea Grau (Pontificia Universidad Católica del Perú, Lima) Barbara Kuhn (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) Frank Lestringant (Université Paris-Sorbonne) María Jesús Mancho Duque (Universidad de Salamanca) Wolfgang Matzat (Eberhard-Karls-Universität Tübingen) Paulo de Sousa Aguiar de Medeiros (University of Warwick) Wolfram Nitsch (Universität zu Köln) Uli Reich (Freie Universität Berlin) Maria Selig (Universität Regensburg) Elisabeth Stark (Universität Zürich) Collegium consultorum Anke Grutschus Stimmenvielfalt im Monolog Formale und funktionale Aspekte von Redewiedergabe in spanischsprachigen Stand-up-Acts, Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783823395577 © 2022 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2365-3094 ISBN 978-3-8233-8557-8 (Print) ISBN 978-3-8233-9557-7 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0385-5 (ePub) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® 9 1 11 2 15 2.1 16 2.2 20 2.2.1 20 2.2.2 21 2.3 23 2.3.1 23 2.3.2 28 2.3.3 41 2.3.4 54 3 67 3.1 68 3.1.1 68 3.1.2 77 3.1.3 83 3.1.4 87 3.1.5 90 3.2 96 3.2.1 96 3.2.2 108 3.2.3 115 3.3 118 3.3.1 119 3.3.2 121 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Redewiedergabe im Forschungsüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Untersuchungsgegenstand: ein Problemaufriss . . . . . . . . Redewiedergabe in Rhetoriken und Grammatiken . . . . . . . . . . Redewiedergabe und antike Rhetorik . . . . . . . . . . . . . . . Redewiedergabe in der (spanischen) Grammatikographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht . . . . . . . . Redewiedergabe und linguistische Teildisziplinen . . . . Sprachliche Reflexivität, Metasprache und Autonymie Dialogizität und Polyphonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesprächsanalytische und pragmatische Perspektiven Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen . . Typologie der Redewiedergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kanonische Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Misch- und Hybridformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rand- und Grenzbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternative Klassifizierungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . Redewiedergabe als Kontinuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprachliche Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Redekennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wiedergegebene Rede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verknüpfungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prosodische Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Typo)graphische Markierung vs. prosodische Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relevante Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 124 3.3.4 127 3.4 130 3.5 134 3.6 135 3.7 137 3.7.1 138 3.7.2 140 3.7.3 141 3.7.4 143 3.7.5 144 3.8 146 4 153 4.1 154 4.2 156 4.2.1 157 4.2.2 175 4.2.3 185 5 195 5.1 195 5.2 202 5.3 208 6 211 6.1 212 6.1.1 212 6.1.2 218 6.1.3 224 6.1.4 234 6.1.5 236 6.1.6 243 6.1.7 251 6.1.8 258 6.2 259 6.2.1 262 6.2.2 270 Unterschiedliche Grade prosodischer Markierung . . . . Funktionen prosodischer Markierung . . . . . . . . . . . . . . Nonverbale Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diasystematische Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionale Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Narrative Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Evaluierende Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Illustrierende Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Argumentative Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monologisches Sprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charakteristika monologischer Kommunikationssituationen Monologische Diskurstraditionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stand-up-Comedy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Predigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissenschaftliche Vorträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Korpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien der Korpuserstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbereitung der Korpusdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmerkungen zur statistischen Auswertung . . . . . . . . . . . . . . Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbale Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang der Redewiedergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Satztyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art der Redekennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Position der Redekennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verknüpfung von R 0 und R 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Redewiedergabe-Typ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beginn der Redewiedergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht berücksichtigte Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paraverbale Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finale Dehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt 6.2.3 273 6.2.4 286 6.2.5 292 6.2.6 298 6.3 300 6.3.1 301 6.3.2 311 6.3.3 322 6.4 328 6.4.1 329 6.4.2 339 6.4.3 350 6.5 352 6.5.1 352 6.5.2 356 6.6 363 6.6.1 363 6.6.2 368 6.7 379 6.7.1 380 6.7.2 386 6.7.3 390 6.7.4 391 7 397 405 441 A) 441 B) 445 447 453 Tonhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zitatkonturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pragmatische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Originaltreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nonverbale Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spontaneität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faktizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Identität S 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einbettungsebene der Wiedergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . Diasystematische Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionale Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wiedergabeprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direkte Rede, freie direkte Rede und indirekte Rede im Spiegel authentischer Korpora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prosodische und nonverbale Markierung im Lichte der Empirie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Se cierra el círculo: (un)geklärte Fragen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Analyseraster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Skript für die Extraktion der Pausendauer in Praat . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 7 Vorwort Dieses Buch ist die leicht überarbeitete und aktualisierte Fassung meiner Habi‐ litationsschrift zur Erlangung der Lehrbefähigung im Fach Romanische Philo‐ logie, die im Juli 2020 von der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theo‐ logie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angenommen wurde. Ich danke den Mitgliedern des Fachmentorats für ihre wertvollen Hinweise und Anregungen, allen voran Ludwig Fesenmeier, daneben auch Silke Jansen, Kay Kirchmann sowie Thomas Herbst als beratendem Mitglied. Andreas Dufter und Carolin Patzelt danke ich für die Übernahme der Gutachten, denen ich wesentliche Impulse für die Überarbeitung entnehmen konnte. Andreas Dufter danke ich außerdem sehr herzlich für die Aufnahme in die Reihe Orbis Romanicus. Katrin Heyng vom Narr-Verlag danke ich für ihr Engagement und die Geduld, mit der sie die Veröffentlichung begleitet hat. Vielen Dank auch an Lisa Thomas, die mich bei der Vorbereitung des Manuskripts für die Drucklegung tatkräftig unterstützt hat. Schließlich kann ich meiner Familie nicht genug danken für ihren verlässli‐ chen Rückhalt auf dem nicht immer geradlinigen Weg bis zur Fertigstellung der Arbeit, allen voran Samuel und natürlich Jonathan. Ihnen sei diese Arbeit gewidmet. Bonn, im Sommer 2022 Anke Grutschus 1 Einleitung „Auf Schritt und Tritt ist im Alltag von je‐ mandem, der spricht, und seinem Wort die Rede. Man kann geradezu sagen: im Alltag wird am meisten über das gesprochen, was andere sagen, - man übermittelt, erinnert, erwägt, erörtert fremde Wörter, Meinungen, Behauptungen, Informationen, entrüstet sich über sie, erklärt sich mit ihnen einverstanden, bestreitet sie, beruft sich auf sie usw.“ (Bachtin 1979, 225) Redewiedergaben, d. h. sprachliche Erscheinungen, in denen ein Äußerungsakt zum Gegenstand eines anderen Äußerungsaktes gemacht wird (vgl. Gather 1994, 104), sind im sprachlichen Alltag omnipräsent. Als eine mögliche Spielart der zahlreichen reflexiven Verwendungsmöglichkeiten von Sprache (vgl. Lucy 1993) hat Redewiedergabe universellen Charakter (vgl. Gather 1994). Äußerungstheoretisch betrachtet stellt sie ein höchst komplexes Phänomen dar, das darüber hinaus viele unterschiedliche Ebenen der Sprachbetrachtung betrifft: Diskursanalytische Fragen werden ebenso berührt wie prosodische, morphosyntaktische, semantische und pragmatische Aspekte. Angesichts ihrer Omnipräsenz insbesondere in der Alltagskommunikation und vor dem Hintergrund ihres universellen Charakters ist es nicht weiter verwunderlich, dass Redewiedergabe als Forschungsgegenstand bereits aus ganz unterschiedlichen Perspektiven sehr gründlich beleuchtet wurde (s. Kap. 2). Dennoch bestehen in verschiedenen Bereichen z. T. noch beträchtliche Forschungslücken, derer sich die vorliegende Arbeit annehmen möchte. Ein erstes Desideratum betrifft die theoretische Modellierung des Phänomens der Redewiedergabe. Zwar liegen hier bereits zahlreiche Modelle vor, die das Phä‐ nomen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Erkenntnisinteressen darstellen, jedoch wurde ein Großteil dieser Modelle im deutschsprachigen Raum bislang kaum rezipiert. Ihre systematische Aufarbeitung wird deshalb einen inhaltlichen Pfeiler dieser Arbeit bilden. Eine zweite Forschungslücke zeigt sich hinsichtlich der Betrachtung von Redewiedergabe als Phänomen gesprochener Sprache. Dass ihre zentrale Rolle in nähesprachlicher Kommunikation durchaus bereits wahrgenommen wurde, zeigt u. a. das Interesse von soziolinguistischer und gesprächsanalytischer Seite (s. Kap. 2.3.4), das sich jedoch hauptsächlich auf funktionale Aspekte von Redewiedergabe richtet. Auch Koch/ Oesterreicher (2011, 78-80) gehen in ihrem Standardwerk zur gesprochenen Sprache auf Besonderheiten der mündlichen Redewiedergabe ein, beschränken sich jedoch auf die Nennung einiger weniger formaler Eigenschaften, die die syntaktische Integration, die deiktische Anpassung sowie die Markierung auf verbaler Ebene betreffen und damit recht oberflächlich bleiben. Wichtige Aspekte, die entweder unmittelbar mit der phonischen Realisierung zusammenhängen oder die sich in anderer Hinsicht aus Charakteristika nähesprachlicher Kommunikation ergeben (etwa die Wichtigkeit des situativen und des nonverbalen Kontextes), standen bislang jedoch nicht im Fokus. Ganz grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Redewie‐ dergabe in gesprochener Sprache in vielerlei Hinsicht anders funktioniert als in - formal wie funktional bereits umfassend dokumentierter - schriftlicher Form. Ein zweiter inhaltlicher Pfeiler der vorliegenden Arbeit ist deshalb die systematische Betrachtung formaler Eigenschaften von medial mündlich reali‐ sierter Redewiedergabe. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Analyse der prosodischen und nonverbalen Markierung wiedergegebener Passagen. Eine dritte Forschungslücke steht eng mit den soeben diskutierten Aspekten in Zusammenhang: Wie bereits Schwitalla (1997) festgestellt hat, konzentrieren sich die bislang vorgelegten Analysen von (mündlich realisierter) Redewieder‐ gabe fast ausschließlich auf die Textsorte „Alltagserzählung“. Es kann jedoch mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, dass Redewiedergabe in anderen Textsorten sowohl formal wie auch funktional gesehen andere Besonderheiten aufweist als in Alltagserzählungen. Deshalb sollen im Rahmen der vorliegenden Arbeit drei unterschiedliche Textsorten analysiert werden, in denen Redewie‐ dergabe konstitutiven Charakter hat oder zumindest eine zentrale Rolle spielt und für die spezifische Gestaltungsprinzipien angenommen werden können. Insgesamt wurden drei Textsorten ausgewählt, die auf den ersten Blick sehr un‐ terschiedlich erscheinen mögen, tatsächlich jedoch relativ ähnlichen Kommuni‐ kationssituationen zuzuordnen sind: Gegenstand der korpusgeleiteten Analyse authentischer spanischsprachiger Korpora sind Vorträge von Stand-up-Come‐ dians (sog. Acts), evangelikale Predigten und wissenschaftliche Vorträge. Der Fokus liegt also auf Diskurstraditionen mit monologischem Charakter und damit auf einer Kommunikationssituation, der von sprachwissenschaftlicher Seite bislang vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Wäh‐ rend allen drei betrachteten Textsorten (nicht nur! ) der Parameter der „Mo‐ nologizität“ gemein ist, lassen sie sich auf der Achse zwischen den beiden Polen „kommunikative Nähe“ und „kommunikative Distanz“ (vgl. Koch/ Oester‐ 12 1 Einleitung reicher 2011) intuitiv jeweils an ganz unterschiedlichen Stellen einordnen: Als stark nähesprachlich geprägt können Stand-up-Acts gelten, wissenschaftliche Vorträge hingegen tendieren klar zum Pol der kommunikativen Distanz, und (evangelikale) Predigten nehmen eine noch genauer zu bestimmende mittlere Position ein. Ein letztes Desideratum betrifft schließlich die Beschäftigung mit einzel‐ sprachlichen Charakteristika von Redewiedergabe, die speziell das Spanische betreffen. Zwar ist die Problematik der vorliegenden Untersuchung angesichts des universellen Charakters von Redewiedergabe zunächst nicht einzelsprach‐ licher Natur. Jedoch kommen auf der Ebene der formalen Charakteristika von Redewiedergabe zahlreiche sprachspezifische Besonderheiten zum Tragen: Redeeinleitende Verben, Zitatmarker oder auch bestimmte prosodische Aspekte weisen eine spezifische einzelsprachliche Gestaltung auf, die im Rahmen der Analyse herausgearbeitet werden soll. Vor diesem Hintergrund stellt sich die vorliegende Arbeit einerseits die Auf‐ gabe, am Beispiel des Spanischen formale Besonderheiten von Redewiedergabe in gesprochener Sprache umfassend zu beschreiben. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der spezifischen Verwendung von Redewiedergabe im Rahmen be‐ stimmter Textsorten. In den Blick genommen werden nicht nur Charakteristika auf verbaler Ebene wie etwa unterschiedliche Möglichkeiten der Redeeinleitung oder verschiedene Typen der Wiedergabe, sondern auch para- und nonverbale Charakteristika wie beispielsweise prosodische Markierungen, mit deren Hilfe ein Wechsel der Äußerungsinstanz angezeigt wird. Andererseits steht die je nach Diskurstradition z. T. stark divergierende Funktion von Redewiedergabe im Mittelpunkt. Aus den skizzierten Desiderata ergeben sich verschiedene Forschungsfragen, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit beantwortet werden sollen: - Lassen sich bestimmte Eigenschaften von Redewiedergabe identifizieren, die charakteristisch sind für medial mündlich realisierte Kommunikation im Allgemeinen? - Welches sind spezifisch nähesprachliche Charakteristika von Redewieder‐ gabe? Welche distanzsprachlichen Charakteristika zeigen sich im Korpus? - Existieren textsortenspezifische Gestaltungsprinzipien von Redewieder‐ gabe? Welche funktionalen Besonderheiten lassen sich in den unterschied‐ lichen Textsorten nachweisen? Ein übergreifendes Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit wird schließ‐ lich darin bestehen, einen möglichen Zusammenhang aufzudecken zwischen dem Anteil, der Rolle und der Ausgestaltung von Redewiedergabe innerhalb 1 Einleitung 13 1 Wir stützen uns an dieser Stelle auf Bachtins Dialogizitäts-Konzept (s. Kap. 2.3.3.1). einer bestimmten Textsorte und der Positionierung dieser Diskurstradition auf dem Nähe-Distanz-Kontinuum. Dahinter steht die Hypothese, dass die Wiedergabe fremder Rede als „interne Dialogizität“ 1 aufgefasst werden kann, die eine Textsorte auf dem Nähe-Distanz-Kontinuum in Richtung des Pols kommunikativer Nähe verschieben könnte. Nachfolgend (s. Kap. 2) werden wir zunächst den Gegenstand der vor‐ liegenden Arbeit näher beleuchten. Wir beginnen mit einem ausführlichen Forschungsüberblick, der unterschiedliche äußerungstheoretische, pragmati‐ sche und gesprächsanalytische Konzeptionen von Redewiedergabe einander gegenüberstellt und auf diese Weise die Komplexität des Phänomens deutlich macht. Im Anschluss wird über formale wie funktionale Besonderheiten von Redewiedergabe (s. Kap. 3) zu sprechen sein. In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage nach unterschiedlichen Kategorisierungsmöglichkeiten der verschiedenen Spielarten von Redewiedergabe, bevor verbale, para- und nonverbale ebenso wie diasystematische Markierungen in den Blick genommen werden. Den Abschluss von Kap. 3 bildet eine operationalisierbare Definition von Redewiedergabe, die zugleich eine eindeutige Identifikation von Okkur‐ renzen im untersuchten Korpus ermöglicht. Kap. 4 liefert einen Einblick in die Besonderheiten monologischer Kommu‐ nikationssituationen (s. Kap. 4.1) und stellt die im Rahmen der nachfolgenden Korpusuntersuchung analysierten Textsorten vor (s. Kap. 4.2). Angesichts der Beschaffenheit des Korpus, das sich auf nicht eigens für die vorliegende Unter‐ suchung erhobene, sondern zu ganz unterschiedlichen Zwecken im Internet zur Verfügung gestellte Videoaufnahmen stützt, werden wir uns in diesem Zusammenhang auch mit Fragen der Mehrfachadressierung und der medialen Verfasstheit der untersuchten Diskurstraditionen befassen (s. Kap. 4.3). Kap. 5 ist der Beschreibung des analysierten Korpus gewidmet. Neben einer Erläuterung der Prinzipien der Korpuserstellung (s. Kap. 5.1) umfasst es Hin‐ weise zur Aufbereitung der Korpusdaten (s. Kap. 5.2) sowie kurze Anmerkungen zur statistischen Auswertung (s. Kap. 5.3). Das Herzstück der Arbeit schließlich bildet die Korpusuntersuchung in Kap. 6, in deren Rahmen zunächst Charakteristika der verbalen Ebene (s. Kap. 6.1), der paraverbalen Ebene (s. Kap. 6.2), der pragmatischen (s. Kap. 6.3) und der inhaltlichen Ebene (s. Kap. 6.4) betrachtet werden. Auf eine knapp gehaltene Analyse diasystematischer Markierungen (s. Kap. 6.5) folgt schließlich die Untersuchung verschiedener funktionaler Aspekte (s. Kap. 6.6). 14 1 Einleitung 2 Untersuchungen aus dem hispanophonen Raum haben bisweilen franko- oder anglo‐ phone Ansätze aufgegriffen (vgl. z. B. Reyes 1984, Reyes 2002a, Camargo Fernández 2007 oder Camargo Fernández 2010), jedoch sind uns keine originären Forschungsan‐ sätze bekannt. 3 An dieser Stelle sei auch verwiesen auf zwei Bibliographien zum Thema Redewieder‐ gabe: Einerseits die mehr als 1500 Titel umfassende und regelmäßig aktualisierte Online-Bibliographie der Forschergruppe ci-dit unter folgender Adresse: http: / / gro upe-cidit.com/ wordpress (letzter Zugriff am 12.08.2022) sowie andererseits die von Güldemann, von Roncador und van der Wurff zusammengestellte Bibliographie in Güldemann/ Roncador (2002). 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick Die folgenden Abschnitte enthalten begriffliche wie inhaltliche Vorüberle‐ gungen, die die theoretischen Grundlagen für die nachfolgende Korpusunter‐ suchung bilden. Unseren Überlegungen vorangestellt ist eine als Problemaufriss konzipierte Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes, die auch terminolo‐ gische Präzisierungen beinhaltet (2.1). Im Anschluss folgt eine Skizze der wich‐ tigsten Etappen wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Redewiedergabe, die eine grobe forschungsgeschichtliche Einordnung der Untersuchung erlaubt (2.2). Besonderes Gewicht liegt in diesem Zusammenhang auf der Darstellung äußerungslinguistischer Analysen von Redewiedergabe, die u. a. eine Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes von verwandten Phänomenen ermöglicht. Im Rahmen dieses Forschungsüberblicks werden - in erheblich größerer Zahl vorliegende - Forschungsansätze und Modelle aus dem frankophonen Raum flankiert von Untersuchungen aus dem englisch- und deutschsprachigen Raum. 2 Modelle, die bislang in der deutschsprachigen Forschung praktisch keine Beachtung gefunden haben, wie beispielsweise der praxematische Ansatz oder das Genfer Modell der Redewiedergabe, werden in diesem Zusammenhang ein wenig ausführlicher dargestellt. Zuvor möchten wir jedoch überblicksartig einige Konzepte vorstellen, die in Rhetoriken und Grammatiken eine wichtige Rolle bei der Darstellung von Redewiedergabe spielen und die bisweilen bis in aktuelle theoretische Diskussionen hinein nachwirken. 3 4 Mit Ausnahme von (3) stammen alle Belege aus dem Korpus EmoBase, frei zu‐ gänglich unter: http: / / phraseotext.univ-grenoble-alpes.fr/ emoBase (letzter Zugriff am 12.08.2022). 2.1 Zum Untersuchungsgegenstand: ein Problemaufriss Eingangs haben wir Redewiedergabe definiert als Sammelbegriff für all dieje‐ nigen sprachlichen Erscheinungen, in denen ein Äußerungsakt zum Gegenstand eines anderen Äußerungsaktes gemacht wird. Aus dieser bewusst weit gefassten Definition ergibt sich naturgemäß ein sehr heterogener Objektbereich, der neben „klassischen“ Ausprägungen wie direkter, indirekter oder freier indi‐ rekter Rede ([1]-[3]) auch unterschiedliche Spielarten der Redeerwähnung ([4]-[7]) und diverse andere sprachliche Formen ([8]-[11]) umfassen kann: 4 - (1) Im Juni 1963 stand John F. Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg und sagte: „Ich bin ein Berliner.“ (Tagesspiegel 2008) - (2) Ich habe ihm früh gesagt, daß er es auch mal akzeptieren muß, daß einer besser ist und er nicht immer alles gewinnen kann. (F.A.Z. 2002) - (3) Meine Zähne schlugen zusammen. Wo war er, wo war er denn nur? (A. Schnitzler, Mein Freund Ypsilon, 1889, zit. n. Brunner 2015, 63) - (4) In einer Krisensitzung in der Nacht zum Montag hatten die drei Regierungen ihre Hilfe versprochen. (Tagesspiegel 2008) - (5) Verbraucherschutzministerin Künast (Grüne) will die durch den Nitrofen‐ skandal geschädigten Bauern mit mehreren Millionen Euro unterstützen. Das hat sie am Freitag nach einem Treffen mit Vertretern von ökologischen und konventionellen Bauernverbänden angekündigt. (F.A.Z. 2002) - (6) Dann begannen wir zu essen, lobten uns gegenseitig für die vorzügliche Zubereitung, tranken uns zu und versuchten, aufkommende Animositäten zu überspielen. (I. Noll, Die Apothekerin, 1994) - (7) Erst stritt sie alles ab, dann gestand sie doch. (Hamburger Abendblatt 2008) - (8) Am Mittwoch, 9. Juli, soll die Dorfstraße wieder befahrbar sein. (Hamburger Abendblatt 2008) - (9) Ich sag Ihnen, die Sache ist hochgefährlich. (Hamburger Abendblatt 2008) - (10) Jetzt kann kein Athlet der Welt mehr sagen: Ich habe von nichts gewusst. (Tagesspiegel 2008) - (11) Solschenizyn hätte auf diese Frage vermutlich gesagt: „Eine neue Lebens‐ lage, ein neues Lebensalter, und der Mensch wird ein ganz anderer.“ (Tages‐ spiegel 2008) 16 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 5 Gather (1994, 122) spricht in diesem Zusammenhang von einer „naiven Konzeption“, die sich nicht selten insbesondere in schulgrammatischen Darstellungen (s. Kap. 2.2.2) wiederfindet. Diese Konzeption werden wir in Kap. 2.3.2.2 unter dem Stichwort ‚verbatim-Hypothese‘ eingehender vorstellen. Die Belege zeigen einerseits Formen, die einer intuitiven 5 Auffassung von Redewiedergabe als vollständiger Wiedergabe einer Äußerung, die zuvor von einem anderen Sprecher getätigt wurde, voll entsprechen. Ein typisches Beispiel für diese intuitive Auffassung stellt insbesondere die direkte Rede in (1) dar, bei der eine in der Vergangenheit liegende Originaläußerung wörtlich, als de dicto-Wiedergabe, zitiert wird. Bereits die indirekte Rede in (2) weicht hiervon dahingehend ab, dass der vorangegangene Äußerungsakt nicht wört‐ lich, sondern nur inhaltlich (de re) wiedergegeben wird. Während Okkurrenzen indirekter oder freier indirekter Rede (s. Beleg [3]) trotz des nicht-wörtlichen Charakters der Wiedergabe eine mehr oder weniger vollständige Rekonstruk‐ tion der Originaläußerung erlauben, ist dies in den Belegen (4) bis (7) nur mit zunehmender Einschränkung möglich. Über die Kennzeichnung des Sprechakts („versprechen“, „loben“ etc.) wird lediglich der Inhalt der Originaläußerung zweifelsfrei deutlich, es handelt sich demnach nur um de re-Wiedergaben, die in Bezug auf den Wortlaut jeweils eine gewisse Bandbreite an Realisierungsmög‐ lichkeiten eröffnen. Die Belege (10) und (11) weichen in anderer Hinsicht von der skizzierten intuitiven Auffassung ab: In beiden Fällen wurde der Äußerungsakt, der zum Redegegenstand gemacht wird, überhaupt nicht realisiert, sondern es werden hypothetische bzw. nur vorgestellte Äußerungen „wiedergegeben“. Zur Rede‐ wiedergabe in Beleg (8) ließe sich zwar als Originaläußerung „Ab Mittwoch, 9. Juli, ist die Dorfstraße wieder befahrbar“ rekonstruieren, jedoch bleibt der ursprüngliche Äußerungskontext unterspezifiziert, sodass beispielsweise der Originalsprecher nicht identifizierbar ist. Das Modalverb sollen verdeutlicht als Evidentialitätsmarker lediglich, dass die Äußerungsquelle nicht mit der wiedergebenden Äußerungsinstanz identisch ist. Wiederum anders gelagert ist die Situation in Bezug auf Beleg (9): Hier stellt sich die Frage, ob tatsächlich zwei Äußerungsakte vorliegen oder ob nicht einfach nur ein Äußerungsakt redundant markiert ist. Die aufgeworfenen Fragen machen deutlich, welche Aspekte im Hinblick auf die Konstituierung eines homogenen Gegenstandsbereichs geklärt werden müssen: 2.1 Zum Untersuchungsgegenstand: ein Problemaufriss 17 6 Der Begriff Redewiedergabe wird von zahlreichen Autoren verwendet, vgl. beispiels‐ weise Gülich (1978), Brünner (1991), Günthner (2002), Katelhön (2005), Volkmann (2005) oder Landvogt (2011). Vgl. entsprechend das englische Äquivalent reported speech, das sich (vgl. Rosier 1999, 46-47) zunächst nur auf indirekte Rede bezog; seit der Publikation von Coulmas (1986) wird der Begriff jedoch immer häufiger auch als Oberbegriff verwendet (vgl. u. a. Holt 1996 oder Reber 2021). Parallel dazu findet sich auch reported discourse (vgl. Sternberg 1982 und Güldemann/ Roncador 2002). Vgl. weiterhin sp. discurso referido bzw. discurso reproducido (vgl. Maldonado González 2000). Während beide Begriffe bisweilen synonym verwendet werden, differenziert die Gramática descriptiva zwischen discurso referido als bloßem Verweis darauf, dass eine „acción realizada verbalmente“ stattgefunden hat (dies entspräche dt. Redeerwähnung) und discurso reproducido andererseits, der eine „vollwertige“ de-dicto-Wiedergabe bezeichnet („reproduce, por tanto, cuál fue el enunciado original, quiénes fueron el hablante y el destinatario del mensaje, y dónde y cuándo tuvo lugar esa producción original del enunciado“ (Maldonado González 2000, 3556). Reyes (2002a, 57-58) hin‐ gegen bevorzugt den Oberbegriff representación de discurso, da dieser, im Unterschied zu discurso referido, nicht auf narrative Gattungen beschränkt ist und darüber hinaus, - Inwiefern ist die Existenz einer Originaläußerung relevant für das Vorliegen von Redewiedergabe? - Welche Rolle spielt der propositionale Gehalt der Originaläußerung bzw. in welchem Umfang muss dieser Gehalt erkenn- und rekonstruierbar sein? Oder, anders formuliert: Sind nur de dicto-Wiedergaben als „Redewiedergabe“ anzusehen oder sollen auch de re-Wiedergaben berücksichtigt werden? - Wie lässt sich Redewiedergabe von Phänomenen der „Metakommunika‐ tion“ abgrenzen bzw. inwieweit können performative Äußerungen (vgl. Beleg [9]) als Redewiedergabe angesehen werden? - Sind Phänomene der Redewiedergabe grundlegend zu unterscheiden von Evidentialitätsphänomenen? Wie lassen sich beide Konzepte gegeneinander abgrenzen? - Wie kann differenziert werden zwischen Redewiedergabe und Phänomenen der Reformulierung bzw. der Paraphrase? Eine eindeutige Abgrenzung des Objektbereichs kann nur innerhalb eines möglichst weitreichenden äußerungstheoretischen Rahmens erfolgen. Da wir die Wahl der Äußerungstheorie, auf der die vorliegende Untersuchung aufbaut, ausführlich begründen und in einen forschungsgeschichtlichen Kontext ein‐ ordnen möchten, werden wir die aufgeworfenen Fragen erst am Ende des vorliegenden Kapitels beantworten können. Wir möchten den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung jedoch nicht nur objektseitig eingrenzen, sondern gleichzeitig auch einige begriffliche Prä‐ zisierungen vornehmen: Neben dem Begriff Redewiedergabe  6 existieren nämlich 18 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick im Unterschied zu reproducción de discurso, keine originalgetreue Redewiedergabe impliziert. Vgl. schließlich das französische Äquivalent discours rapporté (vgl. Rosier 1999 stellver‐ tretend für viele andere), das in seltenen Fällen (beispielsweise bei Genette 1972, 191) ausschließlich direkte Rede bezeichnet, davon abgesehen jedoch den gebräuchlichsten Oberbegriff darstellt. Daneben existiert der fast ausschließlich von Peytard (1993) verwendete Begriff discours relaté. 7 Vgl. das ein wenig weiter gefasste englische Äquivalent quotation (vgl. u. a. Clark/ Gerrig 1990, Kotthoff 2002, Buchstaller 2011 und Fetzer 2012), dem die wiederum enger ge‐ fassten fr. citation (vgl. Tuomarla 2000, Perrin 2002 und Pršir 2012), sp. cita oder citación (vgl. u. a. Reyes 1984, Reyes 1994) entsprechen. Einige Autoren (vgl. u. a. Verine 2007, 169) nehmen darüber hinaus einen discours convoqué an, der Phänomene wie O-Töne im Fernsehen oder im Radio umfasst und sich damit auf Kommunikationssituationen bezieht, innerhalb derer Aufnahmen der Originaläußerungen in Form von Einspielern in die aktuelle Kommunikationssituation integriert werden. 8 Eine solch enge Definition von Redewiedergabe findet sich beispielsweise bei Gülich (1978). Bisweilen wird diese spezielle Form auch einschränkend als echte Redewieder‐ gabe bezeichnet (vgl. Fabricius-Hansen 1989). Authier-Revuz (2001, 192) schlägt eine Differenzierung zwischen Redewiedergabe im weiteren Sinne („discours rapporté au sens large“) und Redewiedergabe im engeren Sinne („discours rapporté au sens étroit“) vor. 9 Vgl. entsprechend engl. speech representation (vgl. Baynham/ Sembrouck 1999, Marnette 2005) oder fr. discours représenté (vgl. Rabatel 2001 und Roulet 2001). 10 Vgl. Katelhön (2005, 53) und Landvogt (2011, 65). einige alternative Bezeichnungen, die z. T. auf den ontologischen Status einer angenommenen Originaläußerung verweisen. Der Begriff Zitat  7 deutet etwa darauf hin, dass eine Originaläußerung möglichst vollständig und unverfälscht (de dicto) wiedergegeben wird; der Begriff Redewiedergabe selbst verweist zumindest auf die Existenz einer solchen Originaläußerung, 8 während die Verwendung des Begriffs Rededarstellung  9 offen lässt, ob eine solche Original‐ äußerung tatsächlich existiert bzw. den fiktiven Charakter des dargestellten Diskurses sogar hervorhebt. Bisweilen wird der Begriff Rededarstellung auch verwendet, um den besonders „theatralischen“ Charakter einer Wiedergabe zu unterstreichen, bei der nonverbale Elemente eine zentrale Rolle spielen. Neben diesen drei Begriffen findet sich noch eine Reihe weiterer Bezeichnungen, die weniger gebräuchlich und je nach Autor z. T. unterschiedlich definiert sind, so dass wir sie in der Folge nicht weiter verwenden möchten; hierzu zählen beispielsweise Redeerwähnung (vgl. Wunderlich 1976, 161-163, Schank 1989), Referat (vgl. Fabricius-Hansen 1989), referierte Rede (vgl. Gather 1994) und Textwiedergabe (vgl. Engel 1994). Angesichts der Tatsache, dass Redewiedergabe in der deutschsprachigen For‐ schung den gebräuchlichsten und neutralsten Oberbegriff darstellt, 10 werden wir ihn nachfolgend in eben dieser Funktion und damit unabhängig von der Existenz einer vorausgegangenen Originaläußerung als Oberbegriff gebrauchen. 2.1 Zum Untersuchungsgegenstand: ein Problemaufriss 19 11 Der Ursprung der Attribute direkt und indirekt lässt sich nicht eindeutig rekonstruieren. Roncador (1988, 32, Anm. 38) verweist auf eine mögliche terminologische Parallele zur Bezeichnung der Objekte im Kasussystem oder alternativ auf eine rhetorische Begriffsherkunft. 2.2 Redewiedergabe in Rhetoriken und Grammatiken 2.2.1 Redewiedergabe und antike Rhetorik Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Redewiedergabe lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Bereits Platon differenziert im dritten Buch der Politeia zwischen haple diegesis (‘reine Erzählung’) als Erzählerrede und mimesis (‘Nachahmung’) als Figurenrede. Eine wichtige Rolle spielt Redewiedergabe auch im Kontext der Figurenlehre. So steht beispielsweise die direkte Rede (häufig, jedoch in der Antike noch nicht systematisch als oratio recta bezeichnet) 11 bei der Beschreibung von Stilfiguren wie der Prosopopoiie oder der Sermocinatio im Mittelpunkt. Beide Figuren dienen der Wiedergabe von Figurenrede, wobei die Prosopopoiie auf die Rede „nicht personhafte[r] Dinge“ (Lausberg 1990, §826) oder abstrakter Instanzen spezialisiert ist (vgl. Rosier 1999, 19). Die Sermocinatio hingegen „ist die der Charakterisierung natürlicher […] Personen dienende Fingierung von Aussprü‐ chen, Gesprächen und Selbstgesprächen oder unausgesprochenen gedanklichen Reflexionen“ (Lausberg 1990, §820). Insgesamt ist die direkte Rede das in antiken Rhetoriken am häufigsten dargestellte Redewiedergabe-Phänomen; im Rahmen der Figurenlehre spielt dabei insbesondere ihre mimetische Funktion eine zentrale Rolle (vgl. Rosier 1999, 22). Im Gegensatz dazu ist die indirekte Rede (oratio obliqua) fest in der juristischen Rede verankert (vgl. Rosier 1999, 21) und hat klar diegetische Funktion. Eine weitere mit der Verwendung von Redewiedergabe verbundene Stil‐ figur - als Sententia bzw. Gnome bezeichnet - weist eine gewisse inhaltliche Schnittmenge mit dem modernen Begriff Zitat auf (vgl. Rosier 1999, 23); hierbei handelt es sich um „eine zum Weisheits- oder Sinnspruch verdichtete Erkenntnis von allgemeingültigem Charakter und einprägsamer Kürze, die einer anerkannten Persönlichkeit des öffentlichen Lebens zugeschrieben wird oder einem ihrer Werke entstammt […] und gemeinhin mit Namensnennung zitiert wird“ (Kalivoda/ Hummel 1996, 1014). Die Sententia hat insbesondere argumentative Funktion und unterstreicht die Auctoritas (vgl. Kalivoda/ Calboli Montefusco/ Zimmermann 1996). Im Unterschied zur direkten Rede im Rahmen 20 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 12 Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung in Rosier (1999). 13 Hierzu ließen sich - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - beispielsweise folgende Grammatiken zählen: Cascón Martín (2013), Alcina Franch/ Blecua (1975), Criado de Val (1976), Marcos Marín/ Satorre Grau/ Viejo Sánchez (1998), Gili Gaya (1993) sowie RAE (1973). 14 Die RAE-Grammatik formuliert dies folgendermaßen: „Llamase directo el estilo cuando el que habla […] reproduce textualmente las palabras con que se ha expresado el autor de ellas“ (RAE 1973, §3.19.4). einer Prosopopoiie, die klar fingierten Charakter hat, beziehen sich Sententia und Gnome ausdrücklich auf wörtliche, d.-h. „authentische“ Wiedergaben. Im Mittelpunkt der rhetorischen Beschäftigung stehen also funktionale Cha‐ rakteristika, die jeweils eng mit bestimmten Diskurstraditionen verknüpft sind. Im Rahmen der vorgestellten rhetorischen Figuren wird Redewiedergabe nicht exklusiv als Phänomen gesprochener oder geschriebener Sprache angesehen, sondern ist von der medialen Realisierung zunächst unabhängig. Die Vorzeichen der Betrachtung von Redewiedergabe - für die im Übrigen kein zeitgenössischer Oberbegriff existiert - ändern sich erst im Laufe des 17. Jahrhunderts mit Erscheinen der Grammatik von Port Royal: Nun stehen in erster Linie morphosyntaktische Besonderheiten im Vordergrund, die insbe‐ sondere aus der Dichotomie zwischen oratio recta und oratio obliqua erwachsen (vgl. Rosier 1999, 26-28). Die Betrachtung diskursiver Charakteristika von Redewiedergabe hingegen verlagert sich in Stilistiken (vgl. Aufray 2010, 54). Die Behandlung satzsyntaktischer Charakteristika von direkter und indi‐ rekter Rede in verschiedenen historischen Grammatiken ist für die vorliegende Untersuchung nicht relevant und soll deshalb hier nicht systematisch weiterver‐ folgt werden. 12 Stattdessen möchten wir den aktuellen Stand der Entwicklung in den Blick nehmen, indem wir die Darstellung von Phänomenen der Redewie‐ dergabe in einigen aktuellen spanischen Referenzgrammatiken betrachten. 2.2.2 Redewiedergabe in der (spanischen) Grammatikographie Die grammatikographische Behandlung von Redewiedergabe unterscheidet sich je nach Zielsetzung der jeweiligen Grammatik erheblich im Hinblick auf Umfang und Komplexität der diskutierten Fragestellungen. In präskriptiv aus‐ gerichteten Grammatiken 13 werden Phänomene der Redewiedergabe meist im Zusammenhang mit Komplement- oder Fragesätzen behandelt, die Darstellung beschränkt sich i. d. R. auf direkte und indirekte Rede und basiert auf der Annahme, dass den beiden Wiedergabe-Typen eine vorangegangene Äußerung zugrunde liegt. Dabei wird davon ausgegangen, dass direkte Rede die exakte Wiedergabe 14 dieser Originaläußerung ermöglicht, während indirekte Rede eine 2.2 Redewiedergabe in Rhetoriken und Grammatiken 21 15 Diese Auffassung liegt u. a. transformationsgrammatischen Analysen von Redewieder‐ gabe (vgl. z. B. und Ross 1970 und Sadock 1969) zugrunde, die davon ausgehen, dass in der Tiefenstruktur eines jeden Satzes der Matrixsatz ich sage dir angelegt ist, der lediglich bei Vorliegen von Redewiedergabe auch an der Oberfläche realisiert wird. Eine ausführliche Kritik dieser Hypothese und ein Alternativvorschlag finden sich bei Banfield (1973). Auch die freie indirekte Rede lässt sich als Ergebnis einer Transposition interpretieren - die Form ergibt sich nach Streichung der Konjunktion dass aus der entsprechenden indirekten Rede (vgl. Authier 1979, 212). 16 Diese Auffassung spiegelt sich in z. T. noch in aktuellen Lehrbüchern vorhandenen Übungen wider, in denen direkte Rede in indirekte Rede (nach dem Muster Il a dit: „Je viens.“ → Il a dit qu’il viendrait.) umgewandelt werden soll. Dass jeder Äußerung, die indirekte Rede enthält, tatsächlich eine Vielzahl vorangegangener Äußerungen zugeordnet werden kann, zeigt Authier-Revuz (2001, 198): So kann Il a dit qu’il venait zwar durchaus die Äußerung Je viens vorangegangen sein. Ebenso ist jedoch eine Wiedergabe von Äußerungen wie À demain! ; Je passe te prendre; Rendez-vous le 13; oder Pour rien au monde je ne manquerai ça etc. denkbar. 17 Hierzu zählen wir - wiederum ohne Anspruch auf Vollständigkeit - insbesondere die beiden aktuellsten Grammatiken der Real Academia: die Nueva gramática (RAE 2009) sowie die Gramática descriptiva de la lengua española (Bosque/ Demonte (Hgg.) 2000). 18 Die Gramática descriptiva erwähnt darüber hinaus noch die oratio quasi oblicua (vgl. Maldonado González 2000, 3553), bei der das Vorliegen einer von der wiedergebenden Instanz unterschiedenen Äußerungsquelle mit Hilfe von Evidentialitätsmarkern wie z.-B. dem condicional markiert wird. inhaltliche Wiedergabe aus der Perspektive des Erzählers darstellt. Insgesamt bilden morphosyntaktische Aspekte den Kern der Darstellung. Dabei zeichnet sich direkte Rede durch die Juxtaposition eines Kommunikationsverbs und eines Komplementsatzes aus, während bei indirekter Rede eine „subordinación sintáctica más fuerte“ (Criado de Val 1976, 67) vorliegt. Andererseits wird indirekte Rede systematisch als morphosyntaktische Variante bzw. als Ergebnis einer Transformation direkter Rede 15 beschrieben; dementsprechend stellen die Grammatiken die mit einer solchen Transformation einhergehenden Anpas‐ sungen deiktischer, temporaler und modaler Komponenten vor. Hierbei werden insbesondere die Regeln der consecutio temporum sehr ausführlich dargestellt. 16 Deskriptive Grammatiken 17 hingegen stützen sich in erheblichem Umfang auf Ergebnisse sprachwissenschaftlicher Überlegungen und betrachten neben den kanonischen Formen der direkten und der indirekten Rede auch die beiden freien Varianten (discurso/ estilo directo libre und discurso/ estilo indirecto libre). 18 Neben der z. T. sehr ausführlichen Beschreibung morphosyntaktischer Aspekte werden auch pragmatische Dimensionen hinsichtlich des Gebrauchs der einzelnen Typen betrachtet, die auch eine Differenzierung nach medialen Realisierungen einschließt. Der lange tradierte Gedanke, indirekte Rede stelle eine nach bestimmten Regeln vorgenommene Transposition direkter Rede dar, 19 wird einer kritischen Prüfung unterzogen und schließlich dahingehend 22 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 19 Auch von sprachwissenschaftlicher Warte aus wurde diese Auffassung lange vertreten. Das - ontogenetisch im Übrigen nicht belegte (vgl. Roncador 1988, 27) - Primat direkter Rede wurde insbesondere unter Verweis auf den universellen Charakter dieser Form der Redewiedergabe postuliert. 20 S.-Kap. 3.1.1. 21 Auf die literaturwissenschaftliche Beschäftigung mit Redewiedergabe können wir an dieser Stelle nur kurz hinweisen. Untersuchungen von Wiedergabephänomenen präzisiert, dass indirekte Rede das Vorliegen einer entsprechenden Äußerung in direkter Rede zumindest vorstellbar macht: Este paralelismo o relación de correspondencia [entre discurso directo y discurso indirecto, A.-G.] no quiere decir que, en el uso que un hablante hace del DI, toda cita indirecta sea transposición de un enunciado reproducido previamente en DD, pero sí que ha de ser posible, al menos, imaginar la cita directa correspondiente. (Maldonado González 2000, 3577) Der sicherlich gravierendste Unterschied zu präskriptiven Darstellungen be‐ steht darin, dass deskriptive Grammatiken im Hinblick auf den ontologischen Status einer der Redewiedergabe zugrunde liegenden Originaläußerung eine abweichende Ansicht vertreten: Ob eine solche Originaläußerung vorliegt oder nicht, ist ohne definitorische Relevanz für das Vorliegen von Redewiedergabe. Dies gilt insbesondere, jedoch nicht ausschließlich für direkte Rede: No importa que en la cita se reproduzcan palabras no emitidas realmente. Todo discurso citado, sea real o imaginario, supone necesariamente la reconstrucción de su situación de enunciación correspondiente. De hecho, ni siquiera una cita directa es siempre una cita real; ‚literalidad‘ no significa ‚autenticidad‘. (Maldonado González 2000, 3555) 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 2.3.1 Redewiedergabe und linguistische Teildisziplinen Das zu Beginn des 20. Jh.s aufkommende wissenschaftliche Interesse an Fragen der Redewiedergabe war zunächst philologischer Natur, es galt Phänomenen der Redewiedergabe in literarischer Sprache, wie etwa dem style indirect libre (vgl. Bally 1912) 20 oder ähnlichen Hybridformen. In den Fokus genuin sprach‐ wissenschaftlichen Interesses rückte der Themenkomplex erst deutlich später mit den generativistisch geprägten Arbeiten von Ann Banfield (1973), die sich ebenfalls auf literarische Texte stützte. 21 Banfield entwickelte in ihrer Pionier‐ 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 23 finden hier meist im Kontext umfassender Erzähltheorien statt (vgl. z. B. Genette 1972, Leech/ Short 1981, 318-351 oder Stanzel 2001); einen zentralen Aspekt stellt u. a. die erzählerische Wirkung unterschiedlicher Wiedergabetechniken dar, die häufig in Verbindung gebracht werden mit Figurendarstellung und Erzählweise. 22 Vgl. Declerck/ Tanaka (1996) zum Tempusgebrauch bzw. zu Fragen der consecutio temporum im Kontext von Redewiedergabe. 23 Vgl. beispielsweise Dendale (1993) zum französischen conditionnel, Reyes (1990a), Reyes (1990b) und Reyes (1996) zum imperfecto citativo oder Böhm/ Hennemann (2014) zu evidentiellen Funktionen von imperfecto und condicional in spanischen Pressetexten. 24 Vgl. hierzu die Untersuchung von Lamiroy/ Charolles (2008), die auch semantische Aspekte einbeziehen. 25 Bei der Frage nach dem Grad der syntaktischen Integration von redeeinleitendem Satz und wiedergegebenem Satz wird besonders häufig die syntaktische Autonomie der beiden Sätze im Falle direkter Rede diskutiert. Andere Untersuchungen zum Thema „Subordination“ sind an der Schnittstelle zwischen Syntax und Prosodie angesiedelt; so stellt beispielsweise Hanote (2015) einen Vergleich zwischen Redewiedergabe und Parenthesen an, um zu überprüfen, inwieweit wiedergegebene Passagen tatsächlich als subordiniert gelten können. 26 Vgl. z. B. Bonami/ Godard (2008). Sprachvergleichend (Französisch/ Spanisch/ Portugie‐ sisch) und historisch ausgerichtet ist die Untersuchung von Haßler (2014), während die Analyse von Danlos/ Sagot/ Stern (2010) auch die diskursive Ebene in den Blick nimmt. 27 Vgl. aber die sprachvergleichend (Spanisch/ Englisch) angelegte Analyse von Suñer (2000). arbeit eine formale Theorie zur Beschreibung syntaktischer und semantischer Charakteristika unterschiedlicher Typen von Redewiedergabe und entwarf gleichzeitig ein semantisches Modell zur Analyse von Deiktika im Kontext von Redewiedergabe. Mit Banfields Arbeiten traten direkte und indirekte Rede aus dem Schatten der freien indirekten Rede und rückten ins Zentrum des sprachwissenschaftlichen Erkenntnisinteresses. In der Folge verlagerte sich die linguistische Auseinandersetzung mit dem Thema in weitere Teildisziplinen, deren Beitrag zur Redewiedergabeforschung wir an dieser Stelle kurz umreißen möchten. Einzelne Aspekte werden wir im Abschnitt zu den formalen und funktionalen Besonderheiten von Redewiedergabe (s. Kap. 3.) wieder aufgreifen. In der Nachfolge der Arbeiten von Banfield konzentrieren sich syntaktisch perspektivierte Untersuchungen v. a. auf die Struktur eingebetteter Sätze, die Verwendung unterschiedlicher Tempora 22 und Modi 23 sowie auf die Valenz der redeeinleitenden Verben 24 (vgl. Brendel/ Meibauer/ Steinbach 2007). Besonders häufig geht es dabei um Fragen der Subordination 25 bzw. um den Grad der syntaktischen Integration von redeeinleitendem und redewiedergebendem Satz. In diesen Bereich fallen auch syntaktische Analysen von parenthetischen Ein‐ schüben redeeinleitender Verben. 26 Im Unterschied zur syntaktisch mehr oder weniger transparenten Struktur von direkten 27 oder indirekten Wiedergaben ist die Struktur parenthetischer Zitate nämlich besonders komplex, da der 24 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 28 Pafel (2007) spricht in diesem Zusammenhang auch von Anführungen. 29 Vgl. beispielsweise Güldemann (2008, 264-294) mit einem Überblick zu Grammatikali‐ sierungswegen von Zitatmarkern oder Dimmendaal (2001) zu logophorischen Markie‐ rungen in verschiedenen afrikanischen Sprachen. Sprachvergleichend ausgerichtet ist beispielsweise der Sammelband von Janssen/ van der Wurff (1996) mit verschiedenen Fallstudien auch zur Redewiedergabe in den romanischen Sprachen. Wald (1987) untersucht die Auswirkungen von Sprachkontakt auf Strukturen der Redewiedergabe am Beispiel des Sprachenpaars Spanisch und Englisch in Los Angeles. 30 Zu beiden Aspekten vgl. Kap.-1 in Güldemann/ Roncador (2002). 31 Vgl. beispielsweise die Untersuchungen von Lamiroy/ Charolles (2008), Hernández Eduardo (1993) oder Escobedo Rodríguez (1992). Einschub auf unterschiedliche Weise mit dem Matrixsatz interagieren kann (vgl. Brendel/ Meibauer/ Steinbach 2007, 11). Einen Sonderfall stellt in dieser Hinsicht auch der von Brendel/ Meibauer/ Steinbach (2007, 6) als „reines Zitat“ eingestufte Typus dar, der mit Hilfe des Beispiels „Diese Theorie ist schwer zu verstehen“ ist ein Satz illustriert wird und damit eine metasprachliche Verwendung 28 der Ori‐ ginaläußerung Diese Theorie ist schwer zu verstehen darstellt. Die distributionelle Besonderheit reiner Zitate beschreibt Pafel (2007, 201) folgendermaßen: „[Sie haben] nicht die Distribution von Nominalphrasen bzw. singulären Termen […], sondern von Nomen […], die alleine eine Nominalphrase bilden können.“ Sprachtypologische Untersuchungen beschäftigen sich zunächst mit den morphosyntaktischen und lexikalischen Mitteln zur Markierung von Redewie‐ dergabe, die in unterschiedlichen Sprachen existieren. 29 Ein weiterer Schwer‐ punkt liegt auf der Frage, welche Formen von Redewiedergabe sich in verschie‐ denen Sprachen unterscheiden lassen. 30 Weiterhin sind sowohl die historische Entwicklung verschiedener Formen von Redewiedergabe wie auch der Zusam‐ menhang zwischen Redewiedergabe und Evidentialität (vgl. Haßler 2002) von besonderem Interesse. Semantische Analysen des Phänomens Redewiedergabe konzentrieren sich einerseits auf die Untersuchung der Bedeutung der zur Redeeinleitung einge‐ setzten Verben. 31 Andererseits kann der Fokus auch auf der wiedergegebenen Passage und dort insbesondere auf Fragen der Referenz liegen. Wiedergegebene Passagen zeichnen sich referenzsemantisch gesehen dadurch aus, dass sie ausschließlich auf sprachliche Referenten verweisen (s. Kap. 2.3.2.2). Aber auch die Referenz der im Rahmen einer Redewiedergabe verwendeten (deiktischen) 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 25 32 Vgl. Wierzbicka (1974). Vgl. weiterhin Plank (1986), der sich auf die Betrachtung von Personalpronomina konzentriert, um das Kontinuum zwischen den Polen indirekter und direkter Rede genauer zu beschreiben. Fragen der Origo-Verschiebung spielen auch bei der Betrachtung von Redewiedergabe in Gebärdensprachen eine zentrale Rolle, vgl. hierzu Metzger (1996), Quer (2011), Herrmann/ Steinbach (2012) sowie Lillo-Martin (2012). 33 Ausführlicher zur Semantik-Pragmatik-Schnittstelle vgl. Gutzmann (2007), der sich insbesondere auf Recanati (2001) bezieht. 34 Gülich beschäftigt sich darüber hinaus auch mit Indikatoren, die eine Äußerung als Redewiedergabe kennzeichnen. Zu konversationsanalytisch geprägten Überlegungen von Gülich s.-Kap. 2.3.4.1. 35 Bereits John L. Austin (1963, 95-97) zieht im Rahmen seiner Sprechakttheorie ver‐ schiedene Typen von Redewiedergabe zur Illustration des lokutiven Teilaktes einer sprachlichen Handlung heran. Er weist u. a. darauf hin, dass sich direkte Rede auf den „phatischen Akt“ und damit auf die sprachliche Form einer Äußerung bezieht, während sich indirekte Rede auf den „rhetischen Akt“ stützt, also die Bedeutung bzw. den Inhalt einer Äußerung wiedergibt. Darüber hinaus versteht er Redewiedergabe, vor allem in ihrer direkten Form, als eingebetteten Sprechakt und damit „als mögliche explizite Charakterisierung der bei jedem Sprechakt implizit vollzogenen Handlungen“ (Roncador 1988, 23). 36 Vgl. z. B. De Gaulmyn (1996) im Hinblick auf die persuasive Funktion von Redewie‐ dergabe. Constantin de Chanay (2011) illustriert die Illokutionsverschiebung, die den Sprecher in Kontexten der Redewiedergabe von seiner kommunikativen Regresspflicht befreit. Álvarez-Cáccamo (1996) wiederum untersucht Implikaturen, die durch Codeswitching innerhalb wiedergegebener Äußerungen ausgelöst werden. Die ausschließ‐ Pronomina ist von besonderem Interesse, da sie sich - je nach Wiedergabetyp - zwischen Original- und wiedergegebener Äußerung verschieben kann. 32 Deiktika in der Redewiedergabe gehören zu den klassischen Schnittstellen‐ phänomenen im Grenzbereich zwischen Semantik und Pragmatik. 33 Brendel/ Meibauer/ Steinbach (2007) nennen als weitere übergreifende Aspekte einerseits modalisierende Zitate wie Lena sagte, die „Theorie“ sei/ ist schwer zu verstehen, die die Einstellung des (wiedergegebenen oder wiedergebenden) Sprechers zum Ausdruck bringen. Andererseits zählen dazu auch emphatisierende Zitate (bisweilen auch als Greengrocer’s Quote/ Gemüsehändler-Zitat bezeichnet, vgl. Meibauer 2007) wie Hier gibt es „frischen“ Kaffee. Für eine genuin pragmatische Betrachtung von Redewiedergabe spricht unter anderem, dass es sich hierbei nicht um ein einzelsprachliches, sondern vielmehr um ein universelles Phänomen handelt (vgl. Capone 2013). Im Rahmen pragma‐ tischer Untersuchungen wird Redewiedergabe als „kommunikative Handlung“ angesehen (vgl. Gülich 1978, Clark/ Gerrig 1990), 34 die auf der Grundlage der Sprechakttheorie 35 betrachtet werden kann. Hierbei geht es mehrheitlich darum, neben weiteren Funktionen den illokutiven Wert wiedergegebener Äußerungen zu bestimmen, 36 die Zugehörigkeit von Redewiedergabe zu bestimmten Sprech‐ 26 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick lich auf schriftlich realisierte Redewiedergabe zugeschnittene Untersuchung von Gutzmann/ Stei (2011) interpretiert Anführungszeichen als „minimale pragmatische Indikatoren“, die konversationelle Implikaturen auslösen: „All they do is block the stereotypical interpretation of an expression, and thereby indicate that some alternative meaning ought to be inferred“ (Gutzmann/ Stei 2011, 2651). 37 Vgl. aber den Vergleich typographischer und prosodischer Kennzeichnung von Rede‐ wiedergabe in Klewitz/ Couper-Kuhlen (1999). In Kap. 3.3 und 3.4 werden wir uns ausführlich mit der para- und nonverbalen Markierung von Redewiedergabe auseinan‐ dersetzen. 38 Vgl. Köder (2013) und Champaud/ Bassano/ Hickmann (1993). 39 Vgl. z. B. Ferrara/ Bell (1995), Blyth/ Recktenwald/ Wang (1990) oder Buchstaller (2014). Mit Ausnahme der Untersuchung von Vincent/ Dubois (1997), die sich mit Redewie‐ dergabe im kanadischen Französisch befasst, liegen soziolinguistisch perspektivierte Analysen hauptsächlich zum Englischen vor (vgl. aber die variationistische Analyse direkter Rede im puerto-ricanischen Spanisch von Cameron 1998). aktklassen zu klären, Glückensbedingungen zu formulieren oder indirekte und performative Realisierungsmöglichkeiten (z. B.: Hiermit sage ich, dass…) zu erörtern (vgl. Brendel/ Meibauer/ Steinbach 2007). Besonders eingehende Überle‐ gungen zur Redewiedergabe stellt Wilson (2000) im Kontext der Relevanztheorie an (s. Kap. 2.3.4.5). Bislang kaum untersucht ist der Bereich der Graphematik, der sich mit der formalen Kennzeichnung von Redewiedergabe mit Hilfe von Anführungszei‐ chen und anderer graphematischer Marker (vgl. Brendel/ Meibauer/ Steinbach 2007, 9) beschäftigt. Entsprechend existiert für medial mündlich realisierte Redewiedergabe eine Reihe von mimischen, gestischen und intonatorischen Mitteln, die das Vorliegen von Redewiedergabe anzeigen. Auch hierzu liegen bislang kaum systematische Untersuchungen vor. 37 Im Rahmen ebenfalls nur in bescheidenem Umfang vorliegender psycho- und neurolinguistischer Ansätze liegt der Schwerpunkt auf unterschiedlichen Aspekten, die für den Erwerb, 38 die Produktion und die Verarbeitung von Redewiedergabe relevant sind. Entsprechende Untersuchungen könnten uns Aufschluss darüber geben, ob es Unterschiede in der Verarbeitung von unterschiedlichen Arten von Zitaten gibt, die mit der Semantik/ Pragmatik-Un‐ terscheidung zusammenhängen, und ob die Zitatverarbeitung im Gehirn lokalisiert werden kann. (Brendel/ Meibauer/ Steinbach 2007, 14) Schließlich existieren auch soziolinguistische Untersuchungen, die beispiels‐ weise die Verwendung bestimmter Zitatmarker durch bestimmte Spre‐ cher(-gruppen) analysieren. Hier liegen insbesondere Studien zum Englischen vor, die sich auf den Zitatmarker be-+-like konzentrieren. 39 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 27 40 Rosier (1999, 108) spricht in diesem Zusammenhang von théories globalisantes (im Unterschied zu sog. théories particularisantes, die speziell zur Beschreibung von Rede‐ wiedergabe entwickelt wurden). 41 In Anlehnung an die vorangegangene sprachphilosophische Begriffsbildung stützt sich Jakobson auf die Dichotomie von Metasprache und Objektsprache, wobei sich Objekt‐ sprache auf Äußerungssituationen bezieht, in denen Äußerungen auf außersprachliche „Objekte“ ( Jakobson 1971 [1960], 150) referieren. Die nachfolgenden Abschnitte sind der Erarbeitung einer Theorie der Rede‐ wiedergabe gewidmet. Sie bieten zunächst einen Überblick über verschiedene „Schulen“ der Betrachtung von Redewiedergabe, auf dessen Basis im Anschluss eine theoretische Grundlage für unsere Korpusuntersuchung erarbeitet werden soll. Angesichts der Tatsache, dass wir uns für Redewiedergabe in gespro‐ chener Sprache interessieren und korpusgeleitet vorgehen möchten, stehen insbesondere äußerungslinguistische und konversationsanalytisch orientierte Theorien im Fokus. Insgesamt konzentrieren wir uns auf drei theoretische Perspektiven, denen gemein ist, dass sie nicht ausschließlich zur Beschreibung von Phänomenen der Redewiedergabe entwickelt wurden, sondern vielmehr ein bestimmtes Verständnis von Sprache widerspiegeln, das letztlich auch eine spezifische Interpretation von Redewiedergabe nach sich zieht. 40 Den Anfang macht eine Perspektive, die die Reflexivität von Sprache in den Blick nimmt (2.3.2); hier wird Redewiedergabe in Zusammenhang gebracht mit den Kon‐ zepten der Autonymie und der Metasprache. Im Anschluss daran stellen wir eine Perspektive vor, die eng mit den Konzepten der Polyphonie und der Dialogizität verknüpft ist und bei der insbesondere das argumentative Potenzial von Rede‐ wiedergabe im Vordergrund steht (2.3.3). Den Abschluss bilden pragmatische und gesprächsanalytische Theorien der Redewiedergabe, die sich hauptsächlich auf Redewiedergabe in gesprochener Sprache konzentrieren (2.3.4). 2.3.2 Sprachliche Reflexivität, Metasprache und Autonymie Beschreibungsansätze, die Redewiedergabe als eine Erscheinungsform sprach‐ licher Reflexivität betrachten, gründen zunächst auf sprachphilosophischen und auf semiotischen Fragestellungen. Dabei stützen sie sich auf zwei miteinander verwandte Konzepte: das Konzept der Metasprache bzw. der metasprachlichen Komponente von Kommunikation und das Konzept der Autonymie. - 2.3.2.1 Jakobsons metasprachliche Funktion von Kommunikation Roman Jakobsons Überlegungen zur reflexiven bzw. metasprachlichen  41 Funk‐ tion von Kommunikation haben die sprachwissenschaftliche Betrachtung von 28 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 42 Jakobson (1971, 130) spricht hier von „reported speech“, die er mit Verweis auf Bachtin/ Volochinov (1977) folgendermaßen definiert: „reported speech is speech within speech, a message within a message and at the same time it is also speech about speech, a message about a message.“ Redewiedergabe entscheidend beeinflusst. Je nachdem, ob eine Nachricht (mes‐ sage) oder ein sprachlicher Kode (code) sich auf eine andere Nachricht oder auf einen anderen Kode bezieht, nimmt Jakobson insgesamt vier unterschiedliche Typen von metasprachlicher Referenz bzw. von Reflexivität an (vgl. Jakobson 1971, 130-131): (i) Ein Bezug einer Nachricht auf eine andere Nachricht liegt ins‐ besondere bei Phänomenen der Redewiedergabe 42 vor. (ii) Eigennamen zeichnen sich durch einen spezifischen Typ metasprachlicher Referenz aus, bei dem sich ein Kode auf einen anderen Kode bezieht. Jakobson illustriert diesen Fall am Beispiel des Eigennamens Jerry wie folgt: „the name means anyone to whom this name is assigned“ ( Jakobson 1971, 131). (iii) Bezieht sich eine Botschaft auf den Kode, liegt eine autonyme Sprachver‐ wendung wie in „Baum hat vier Buchstaben“ vor. Unter Berufung auf Bloomfield weist Jakobson auf die enge Verwandtschaft zwischen Autonymie und Zitat („quotation“, s. u.) hin, die wir nachfolgend noch näher ausführen werden: „Such a hypostasis - as Bloomfield pointed out - ‚is closely related to quotation, the repetition of speech‘ […]“ ( Jakobson 1971, 131). (iv) Schließlich entsteht aus der Bezugnahme von sprachlichem Kode auf eine Nachricht eine Konstellation, wie sie indexikalische Sprachzeichen wie z. B. Deiktika (vgl. Jakobson 1971, 132) auszeichnet. Für unsere weiteren Überlegungen ist insbesondere interessant, dass Ja‐ kobson - trotz Verweis auf ihre Verwandtschaft - eine systematische Trennung zwischen Redewiedergabe und Autonymie vornimmt. Hierbei bleibt jedoch unklar, warum eine wiedergegebene Passage als „Nachricht“ interpretiert wird, also „bedeutet“, während eine wiederholte, autonymische Passage als „Kode“ betrachtet wird und damit lediglich „bezeichnet“. Dass zwischen Wiedergabe und Wiederholung ein systematischer Unterschied besteht, der semiotischer Natur sein soll, ist mitnichten einleuchtend und bedarf deshalb einer eingehen‐ deren Betrachtung. - 2.3.2.2 Sprachphilosophische Betrachtungen autonymer Sprachverwendung Bevor wir linguistische Überlegungen zum Thema sprachlicher Reflexivität vorstellen, möchten wir uns zunächst dem Begriff der Autonymie widmen. Die Betrachtung autonymer Sprachverwendung hat (wenn auch zunächst nicht unter dem Begriff Autonymie, s.-u.) eine lange sprachphilosophische Tradition. 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 29 43 Vgl. u. a. De Brabanter (2005, 19-23), Brendel/ Meibauer/ Steinbach (2007) und Capone (2013). 44 De Brabanter (2005, 18) weist darauf hin, dass insbesondere im anglophonen Sprach‐ raum der Begriff mention wesentlich populärer ist als der - im Übrigen auch in So differenziert bereits Frege (1892, 28) zwischen „gewöhnlicher“, nämlich auf Bedeutung i. w. S. bezogener Sprachverwendung und solcher, die sich auf die „Wort[e] selbst“ bezieht. Er bringt autonymen Sprachgebrauch in Verbindung mit direkter („gerader“) Rede: Jenes [dass man von den „Worten [sic] selbst“ redet, A. G.] geschieht z. B., wenn man die Worte eines Andern in gerader Rede anführt. Die eigenen Worte bedeuten dann zunächst die Worte des Andern und erst diese haben die gewöhnliche Bedeutung. Wir haben dann Zeichen von Zeichen. (Frege 1892, 28) Frege - und mit ihm fast alle Sprachphilosophen bis in die jüngste Gegenwart hinein - konzentriert sich bei seiner Betrachtung des autonymen Gebrauchs sprachlicher Zeichen auf die Schriftsprache und weist in diesem Zusammenhang den Anführungszeichen eine entscheidende Rolle bei der Kennzeichnung von Autonymen zu: „Es darf also ein in Anführungszeichen stehendes Wortbild nicht in der gewöhnlichen Bedeutung genommen werden.“ (Frege 1892, 28). Der Begriff autonym entsteht erst Mitte der 1930er Jahre und geht auf Rudolf Carnap zurück, der ihn folgendermaßen einführt: „Tritt ein Zeichen in dieser Weise als Name für sich selbst (genauer: für seine eigene Gestalt) auf, so nennen wir es autonym […]“ (Carnap 1968 [1934], 16). Carnaps Wortschöpfung unterstreicht zugleich auch seine Interpretation autonymer Sprachverwendung: Autonyme sind Ausdrücke, die als „Bezeichnung für sich selbst“ (Carnap 1968 [1934], 109) verwendet werden, bzw. Zeichen, die „Namen für […] [ihre] eigene Gestalt“ sind. Die Gleichsetzung von Autonymen mit (Eigen-)Namen findet sich beispielsweise auch bei Tarski (1935) und Quine (1940), sie ist jedoch aus verschiedenen Gründen nicht unproblematisch. 43 Angesichts der Tatsache, dass Redewiedergabe meist (mehr als nur Eigennamen enthaltende) ganze Sätze oder zumindest Teilsätze betrifft, scheint diese Eigennamentheorie für unsere Zwecke nicht weiter hilfreich. Für die Betrachtung von Redewiedergabe wesentlich nützlicher ist hingegen das von Quine (1940) geprägte Begriffspaar mention („Erwähnung“) und use („Gebrauch“): Use bezeichnet den „normalen“ Gebrauch von Sprachzeichen, die auf außersprachliche Referenten verweisen, wie beispielsweise Boston in Boston ist die Hauptstadt von Massachusetts. Mention dagegen bezeichnet die autonyme Sprachverwendung, wie sie Quines Beispiel „Boston“ ist zweisilbig illustriert. 44 30 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick seiner deutschen Entsprechung Autonymie nicht sonderlich gebräuchliche - Begriff autonymy. 45 Die Bezeichnung stammt von Davidson (1979, 31). Vgl. auch De Brabanter (2005, 24). Capone (2013) präsentiert den letztlich auf Frege zurückgehenden und von Washington (1992) weiter ausgearbeiteten Ansatz als identity theory. Aktuell wird die picture theory in leicht abgewandelter Form vertreten von García Carpintero (2004) sowie von Harth (2011). 46 Vgl. De Brabanter (2005, 24). Im Unterschied dazu geht Quine vom Vorliegen zweier unterschiedlicher Sprachzeichen (Boston und „Boston“) aus. 47 Statt des Konzeptes der Kopie birgt ggf. auch die Metapher des Links ein gewisses Erklärungspotential (bei Beschränkung auf Kontexte direkter Rede, die Existenz einer Originaläußerung wiederum vorausgesetzt): Die wiedergegebene Passage fungiert als Link bzw. als „Weiterleitung“ zur Originaläußerung, nur die Originaläußerung verfügt über außersprachliche Referenz. 48 Zu einer kritischen Würdigung der unterschiedlichen Ansätze vgl. De Brabanter (2005, 25) sowie Capone (2013). 49 Bzw. die das Autonym erst zum Autonym machen. 50 Davidson (1979, 37) formuliert etwas weniger klar: „Rather [than the inscription inside the quotation marks, A. G.] it is the quotation marks that do all the referring, and they help refer to a shape by pointing out something that has it.“ Eine Alternative zur Eigennamentheorie autonymer Sprachverwendung stellt die u. a. von Searle (1969) vertretene picture theory of quotation  45 dar, die davon ausgeht, dass bei autonymer Sprachverwendung ein Sprachzeichen zugleich gebraucht (i. S. v. Quines use) und erwähnt (i. S. v. Quines mention) wird. Anders ausgedrückt wären die beiden Okkurrenzen von Boston in Boston ist die Hauptstadt von Massachusetts und „Boston“ ist zweisilbig zwei tokens desselben type. 46 Übertragen auf Kontexte der Redewiedergabe würde dies bedeuten, dass wiedergegebene Passagen als eine Art „Abbild“ oder eine „Kopie“ einer Originaläußerung aufzufassen wären. 47 Dies setzt wiederum die Annahme voraus, dass zu jeder Redewiedergabe eine Originaläußerung existiert, die darüber hinaus identisch wiedergegeben wird. Eine Modellierung indirekter oder freier indirekter Rede ist mit Hilfe der picture theory nicht möglich, weshalb sie hier nicht weiter berücksichtigt werden soll. 48 Als explizite Alternative zur Eigennamentheorie versteht sich die von Donald Davidson (1979, 37) entwickelte Demonstrativtheorie (demonstrative theory). Davidson geht davon aus, dass die Anführungszeichen, die das Autonym umgeben, 49 als eine Art Demonstrativpronomen fungieren. 50 Er illustriert dies mit Hilfe des folgenden Beispiels, das die logische Form der Äußerung Alice swooned darstellt: „Alice swooned. The expression of which this is a token is a sentence“ (Davidson 1979, 38). Im Unterschied zu den zuvor dargestellten Au‐ tonymietheorien bietet diese Theorie auch Erklärungspotential für satzwertige Autonyme. Jedoch ist sie aufgrund ihrer - im Übrigen umfassend kritisierten 51 - 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 31 51 Zu kritisieren wäre hier einerseits, dass Autonyme sehr häufig auch ohne Anführungs‐ zeichen verwendet werden, oder dass andere Autonymie-Marker wie Kursivsetzung, Gedankenstriche oder kompletive Konjunktionen eingesetzt werden. Überdies kann die Verwendung von Anführungszeichen auch andere Funktionen haben und beispiels‐ weise die uneigentliche oder ironische Verwendung eines Wortes anzeigen. Vgl. hierzu Rosier (1999, 114) und Brendel/ Meibauer/ Steinbach (2007). Eine revidierte Version der Demonstrativtheorie findet sich bei Cappelen/ Lepore (1997) und bei Cappelen/ Lepore (1999), weiterführende Kritik bei Capone (2013). 52 Die Bezeichnung stammt nicht von Recanati selbst, sondern geht auf De Brabanter (2005, 29) zurück. 53 Dieser Aspekt von Recanatis Theorie ist häufig kritisiert worden, vgl. beispielsweise Capone (2013). 54 Vorstellbar als Ähnlichkeit mit einer hypothetischen Äußerung. Fixierung auf das Vorhandensein von Anführungszeichen auf die Beschreibung geschriebener Sprache beschränkt und scheint (nicht nur) deshalb als Grundlage für die vorliegende Untersuchung ungeeignet. Schließlich stellt die von François Recanati (2001, 2008) entwickelte Illustrationstheorie  52 die bislang aktuellste, stark pragmatisch geprägte sprachphi‐ losophische Theorie autonymen Sprachgebrauchs dar. Bezug nehmend auf die Überlegungen der Psychologen Clark und Gerrig (1990) versteht Recanati autonymen Sprachgebrauch als Vorführung („demonstration“), im Sinne einer „illustration by exemplification“: In quotation, what we demonstrate is a piece of verbal behaviour—a way of speaking. We demonstrate it by producing an instance of that behaviour, that is, by speaking in the relevant way. (Recanati 2001, 640) Die pragmatische Komponente von Recanatis Theorie besteht darin, dass seiner Ansicht nach autonyme Äußerungen eine konventionelle Implikatur enthalten, die jedoch nicht mit einem tatsächlich in der Äußerung enthaltenen Element verknüpft ist. 53 Davon abgesehen hat Recanatis Theorie den Vorteil, dass sie nicht auf Schriftsprache beschränkt ist, sondern auch auf mündlichen Sprach‐ gebrauch (ebenso wie auf nonverbales Verhalten) anwendbar ist. Da lediglich eine Ähnlichkeit zwischen Autonymie und „vollwertigem“ Sprachzeichen (bzw. der Originaläußerung) postuliert wird, nicht jedoch Identität, ist auch die Anwendung auf Fälle denkbar, in denen keine Originaläußerung existiert. 54 Jedoch scheint die Theorie ausschließlich auf direkte Rede anwendbar, nicht hingegen auf indirekte oder freie indirekte Rede. Die vorgestellten sprachphilosophischen Überlegungen zur Autonymie ver‐ deutlichen den spezifischen semiotischen Status reflexiven Sprachgebrauchs, jedoch erlauben sie weder eine Aussage darüber, ob wiedergegebenen Passagen grundsätzlich Autonymstatus zugewiesen werden sollte, noch ermöglichen sie 32 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 55 Obwohl sich Rey-Debove nur am Rande auf Frege beruft (vgl. Rey-Debove 1978), weist ihre Konzeption deutliche Parallelen zur picture theory/ identity theory (s.-o.) auf. 56 Zu einer Kritik an dieser Auffassung vgl. Lyons (1980). 57 Vgl. die Argumentation in Rey-Debove (1978, 213-217). Übereinstimmend kritisch äußert sich hierzu auch Aufray (2010, 63). eine Modellierung von Redewiedergabe in der Gesamtheit ihrer Formen (dies gilt in verstärktem Maße für indirekte Rede sowie für hybride Formen). Deshalb möchten wir in der Folge einige genuin sprachwissenschaftliche Theorien zum reflexiven Sprachgebrauch vorstellen, die in diesem Zusammenhang passge‐ nauere Differenzierungen vornehmen. - 2.3.2.3 Rey-Deboves Métalangage Roman Jakobsons eingangs vorgestellte Überlegungen zum reflexiven Cha‐ rakter sprachlicher Kommunikation haben zwar systematischen Charakter, stellen aber letztlich nur Vorüberlegungen dar, die seine Analyse indexikalischer Sprachzeichen (sog. shifters, vgl. Jakobson 1971) in einen größeren Kontext einbetten sollen. Im Unterschied dazu setzt sich Josette Rey-Debove (1978) erstmals explizit und umfassend mit dem Thema der sprachlichen Reflexivität auseinander. Im Zentrum ihrer Überlegungen zur Redewiedergabe steht die These vom autonymen Charakter direkter Rede. Dies impliziert eine absolute Übereinstimmung 55 zwischen wiedergegebener Äußerung und Originaläuße‐ rung, die sie folgendermaßen beschreibt: Les paroles rapportées en style direct sont exactement rapportées: non seulement elles ne subissent aucune modification dans leurs termes et l’ordre de leurs termes, mais de plus, elles se doivent, en principe, d’en être l’icône intégrale […]. (Rey-Debove 1978, 211) Autonym gebrauchte Zeichen versteht Rey-Debove (1978, 210-212) als Homo‐ nyme nicht-autonymer Zeichen. 56 Dabei antizipiert sie selbst den Einwand, eine autonymische Interpretation von Redewiedergabe sei kontraintuitiv, da der Status von je pars demain in einer Äußerung (a) „je pars demain est vrai“ sich deutlich unterscheide von (b) „Il a dit: Je pars demain“. 57 Letztlich wird jedoch weder deutlich, was genau sie unter „Status“ versteht, noch verfängt die Argumentation zur Entkräftung ihres eigenen Einwands. - 2.3.2.4 Redewiedergabe als Autonymie? Die autonymische Interpretation von Redewiedergabe wird bisweilen auch in Frage gestellt. Ein häufig vorgebrachtes Argument lautet dabei, wiedergegebene Äußerungen referierten durchaus auch auf Außersprachliches und könnten 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 33 58 Beispiele und Argumentation sind Charlent (2003, 154-155) entnommen. deshalb nicht als Autonyme angesehen werden. Dahingehend äußert sich etwa Robert Martin: Impossible, à mon sens, d’utiliser dans la définition du D[iscours]D[irect] la notion d’autonymie (Rey-Debove) ou celle, apparentée, de réflexivité (Récanati [sic]). Le DD, tout en étant présenté comme un dire, ne cesse à aucun moment de renvoyer à l’univers. Aucun des signes qu’il comporte ne peut être considéré comme renvoyant à lui-même. (Martin 1983, 94) Dieser Einwand lässt sich an einem Beispiel überprüfen: 58 - (12) Soit une phrase passive telle que L’ascenseur a été réparé. - (13) Le gardien m’a dit: „L’ascenseur a été réparé.“ Vergleicht man eine „klassische“ autonymische Verwendung von Sprachzeichen in (12) mit der Verwendung derselben Zeichen in direkter Rede in (13), so ergibt sich der vermeintlich semiotisch relevante Unterschied, dass ascenseur in (12) kein konkreter Referent zugeordnet werden kann. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass ascenseur auch in (12) in dem Sinne als transparent anzusehen ist, dass es auf ein Sprachzeichen verweist, das wiederum über eine Bedeutung (‘appareil permettant la montée ou la descente […]’, TLFi s. v. A S C E N S E U R II.) verfügt. Charlent (2003, 154) formuliert dieses Prinzip folgendermaßen: Un autonyme est un signe qui signifie un signe qui, lui, signifie le monde. Tout ce qui est signifié par le signe ordinaire est signifié par son autonyme, le signifié du premier étant inclus dans celui du second. Ainsi dans / Ascenseur est un nom/ , l’autonyme / Ascenseur/ signifie „le signe Ascenseur qui signifie ‚Appareil qui sert à monter…‘“. Das Autonym ascenseur verweist auf ein auf der langue-Ebene angesiedeltes Sprachzeichen, das referentiell nicht aktualisiert werden kann und deshalb in (12) lediglich virtuell auf einen Referenten verweist. Der Unterschied zur Verwendung in (13) besteht demnach darin, dass ascenseur hier im Rahmen einer Äußerung gebraucht wird und damit auf der parole-Ebene angesiedelt ist. Eine Aktualisierung, die die Verknüpfung mit einem konkreten Referenten ermöglicht, ist hier jedoch auch nur dann gewährleistet, wenn (wie in [13] der Fall) der Äußerungskontext hinreichend explizit ist und damit deutlich wird, welcher Hausmeister mit wem über welchen Aufzug spricht. Damit besteht 34 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 59 Vgl. beispielsweise Ducrot (1984, 196-199) oder Rosier (1999, 113-115). 60 Charlent (2003) versucht zu zeigen, dass diese Schlussfolgerung nicht zwingend zutrifft, vermischt in ihrer Argumentation jedoch semiotische und pragmatische Aspekte, wenn sie davon ausgeht, dass ein Sprecher mit der Verwendung direkter Rede zwar eine strikte de dicto-Wiedergabe vorgibt, diese Vorgabe jedoch keinesfalls den Tatsachen entsprechen müsse: „Il est alors bien sûr possible que ce supposé gardien ait dit exactement cette phrase [L’ascenseur a été réparé, vgl. (13), A. G.], tout comme il est possible, et même en fait assez probable, qu’il ait dit en réalité quelque chose d’un peu différent ayant globalement le même sens. Mais cela ne change rien à la structure que j’ai utilisée: il se trouve simplement que mon affirmation est un peu fausse, et ceci n’est plus un problème de linguistique.“ (Charlent 2003, 159) 61 Dementsprechend plädiert Roncador (1988, 39) dafür, die Frage der Zitiergenauigkeit gerade nicht an die Wiedergabe solcher Performanzerscheinungen zu koppeln. 62 Vgl. Clark/ Gerrig (1990, 796) sowie Lehrer (1989) für weiterführende Literaturhinweise. 63 Dass dies eher die Ausnahme ist, belegen Vincent/ Dubois (1997, 53) empirisch: In ihrem Korpus von Alltagserzählungen lassen lediglich 56 % der belegten Okkurrenzen von Redewiedergabe überhaupt den Schluss zu, dass sie sich auf eine Originaläußerung beziehen könnten. Alle übrigen Okkurrenzen beziehen sich auf negierte, zukünftige oder im weiteren Sinne hypothetische Äußerungen. kein grundlegender semiotischer Unterschied zwischen der „klassischen“ auto‐ nymischen Verwendung von Sprachzeichen und ihrer Verwendung im Kontext direkter Rede. Ein weiterer häufig geäußerter Kritikpunkt 59 betrifft den wörtlichen Cha‐ rakter direkter Rede: Wird direkte Rede als autonyme Sprachverwendung an‐ gesehen, so impliziert dies gleichzeitig eine exakte Übereinstimmung zwischen wiedergegebener Passage und Originaläußerung. 60 Die Annahme, Redewieder‐ gabe im Rahmen direkter Rede entspreche einer wortwörtlichen Übernahme einer Originaläußerung, möchten wir als verbatim-Hypothese bezeichnen. Sie wird insbesondere in präskriptiven Grammatiken systematisch vertreten (s. Kap. 2.2.2), obwohl zumindest in Bezug auf gesprochene Sprache (nicht nur) kognitive Aspekte es unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass eine wiederge‐ gebene Äußerung exakt der zugehörigen Originaläußerung entspricht: Das menschliche Gedächtnis ist selbst unter idealen Bedingungen nicht in der Lage, den exakten Wortlaut (also einschließlich von „Performanzerscheinungen“ 61 wie Sprechfehlern, hesitation phenomena etc.) einer kompletten Äußerung zu spei‐ chern. 62 Im Übrigen würde eine absolut identische Wiedergabe voraussetzen, dass eine solche Originaläußerung überhaupt existiert. 63 Schließlich lässt sich gegen die Autonymie-These einwenden, dass eine au‐ tonymische Interpretation von Redewiedergabe nur auf direkte Rede anwendbar ist. Charlent (2003, 160) schlägt in diesem Zusammenhang vor, auf der einen Seite von syntaktischer, auf die äußere Form bzw. das Lautbild eines Sprach‐ zeichens bezogener Autonymie zu sprechen und auf der anderen Seite eine 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 35 64 Rey-Debove spricht in diesem Kontext von nom de signifié: „Le nom de signifié est un autonyme syntaxique qui ne signifie pas un signe, mais son contenu, ce qui répond bien à la situation de l’objet du verbe signifier“ (Rey-Debove 1978, 192). Entsprechend wären joli und gentil im folgenden Beispiel als noms de signifié einzuordnen: „Mignon, ça veut dire ‚joli‘ ou ‚gentil‘“ (Charlent 2003, 158). semantische, also auf die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens bezogene Autonymie 64 anzunehmen. Als „unmarkierter“ Fall im Zusammenhang mit direkter Rede wäre dann davon auszugehen, dass der wiedergebende Sprecher sich sowohl auf signifiant wie auf signifié einer wiedergegebenen Äußerung beziehen möchte bzw. vorgibt, dies zu tun. Möglich sind jedoch auch solche Fälle, in denen ausschließlich der signifiant fokussiert wird, wie im folgenden Beispiel spécial bzw. spéchiol: - (14) On toque à la porte. […] Le Ricain? […] - - - Écoutez-moi. C’est spécial, très spécial… - - Il chuinte le ch [sic], ça devient „spéchiol“. […] (T. Benacquista [1989], La Maldonne des sleepings, zit. n. Charlent 2003, 158) Andererseits kann der wiedergebende Sprecher auch den signifié der wiederge‐ gebenen Äußerung in den Vordergrund stellen. Dies wäre beispielsweise der Fall bei einer Passage direkter Rede, die mit „Er sagte so etwas wie: …“ eingeleitet wird. Hier ergibt sich eine Parallele zur indirekten Rede, die ja ebenfalls lediglich den Inhalt der wiedergegebenen Äußerung fokussiert (vgl. Charlent 2003, 160). Die Differenzierung zwischen syntaktischer und semantischer Autonymie scheint uns in diesem Zusammenhang vor allem deshalb nicht zielführend, weil sie einerseits den Autonymie-Begriff aufweicht und andererseits prag‐ matische Aspekte in rein semiotische Überlegungen mit einfließen lässt. Da uns im Rahmen der durchzuführenden Korpusstudie einerseits alle formalen Ausprägungen von Redewiedergabe interessieren und wir andererseits auch funktionale Gesichtspunkte in die Analyse einbeziehen möchten, erscheint uns der Rückgriff auf eine semiotisch perspektivierte Definition von Redewieder‐ gabe wenig sinnvoll. Ohne damit die Frage nach dem Autonymiestatus von Redewiedergabe beantworten zu wollen, soll die theoretische Modellierung unseres Untersuchungsgegenstandes gänzlich unabhängig vom Konzept der Autonymie erfolgen. Unsere Darstellung der ersten „Schule“ der Betrachtung von Redewiedergabe möchten wir abschließen mit Jacqueline Authier-Revuz’Modellierung „fremder Rede“, die sich ebenfalls auf die Autonymie-These stützt, jedoch darüber hinaus‐ 36 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 65 Authier-Revuz beruft sich insbesondere auf Benveniste und seine in den Problèmes de linguistique générale (vgl. Benveniste 1966 insbesondere Kap. V: L’homme dans la langue) skizzierte théorie de l’énonciation. 66 Vgl. Authier (1978) als früheste Darstellung. Ein stark kondensierter Überblick findet sich in Authier-Revuz (2001). 67 Der Begriff discours autre (im Unterschied zum discours propre) orientiert sich an Bachtins Dichotomie mots à soi vs. mots d’autrui (Bachtin 1984, 295-296). gehende Überlegungen und wertvolle Ergänzungen bislang nicht abschließend geklärter Fragen liefert. - 2.3.2.5 Authier-Revuz’Représentation du discours autre Auf der Grundlage äußerungslinguistischer Theorien 65 hat sich Jacqueline Authier-Revuz 66 seit Ende der 1970er Jahre intensiv mit der Darstellung „fremder Rede“ 67 auseinandergesetzt. Ausgehend von einem zunächst sehr weiten Ver‐ ständnis „fremder Rede“ nimmt sie verschiedene Differenzierungen vor, aus denen sich schließlich ein klar umrissener Gegenstandsbereich ergibt: Zunächst unterscheidet sie zwischen Redewiedergabe im engeren Sinne ([15a] und [15b]) und einer Verwendung „fremder Rede“, die sie als „modalisation par discours autre“ bezeichnet ([16a] und [16b]): - (15) a. X a dit qu’il comprenait. - - b. X a dit: „Bien sûr que je passerai.“ - (16) a. Il va, selon X, faire beau. - - b. Elle a „déjanté“, comme dirait X. (Authier-Revuz 2001, 195) Die Beispiele zeigen, dass unter „modalisation par discours autre“ solche sprach‐ lichen Erscheinungen zusammengefasst sind, in denen ein „modalisierendes Element“ wie selon oder comme dirait die vom wiedergebenden Sprecher präsentierte Äußerung als „fremd“ markiert. Authier-Revuz erläutert den Un‐ terschied zwischen den beiden Ausprägungen von Redewiedergabe mit dem unterschiedlichen informationsstrukturellen Status der „fremden Rede“: Wäh‐ rend die fremde Rede in Kontexten direkter oder indirekter Redewiedergabe als 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 37 68 Authier-Revuz arbeitet nicht mit den Begriffen Thema und Rhema, beschreibt jedoch die „fremde Rede“ im Kontext direkter bzw. indirekter Redewiedergabe als „objet même de l’assertion“, […] ‚ce dont‘ parle le locuteur-rapporteur“ (Authier-Revuz 2001, 194). Im Unterschied dazu ordnet sie die in (16) illustrierten Konstruktionen als „modalisation, ce ‚avec quoi‘, d’après quoi, se fait le dire du locuteur-rapporteur“ (Authier-Revuz 2001, 194-195). Ähnlich argumentieren auch Lampert/ Lampert (2010, 311) im Rahmen ihrer Unter‐ scheidung zwischen unpersönlichen Konstruktionen des Typs they say/ it is said und Redewiedergabe, die mit Hilfe von according to N eingeleitet wird: „[…] there is, however, a difference in the windowing of attention […]): according to somebody/ something will, due to its overt representation, regularly foreground the source as an obligatory component of the expression’s direct reference and attentionally background the mode, while the reverse qualification will hold for it is said, highlighting the mode and leaving the source unexpressed […].“ 69 Bezugnehmend auf die oben vorgestellten Überlegungen zur Autonymie bedeutet dies, dass Authier-Revuz das Vorliegen von Autonymie an der „vollständigen“ Integration des Sprachzeichens (also von signifiant und signifié) in die Sprachhandlung festmacht und Fälle rein inhaltlicher (d.-h. auf den signifié beschränkter) Integration ausschließt. rhematisch präsentiert wird, ist sie in Kontexten der „modalisation par discours autre“ als thematisch interpretierbar. 68 Weiterhin übernimmt Authier-Revuz den Begriff der Autonymie von Rey-De‐ bove und nimmt eine quer zu den beiden soeben vorgestellten Kategorien liegende Differenzierung vor: Fremde Rede kann entweder nur inhaltlich (d.-h. ohne Autonymie) in eine Sprachhandlung integriert werden, wie dies in den Beispielen (15a) und (16a) der Fall ist. In den Beispielen (15b) und (16b) hingegen wird fremde Rede auch unter Beibehaltung der „originalen sprachlichen Form“ (d.-h. mit Autonymie) in eine Sprachhandlung einbezogen. Innerhalb der Kate‐ gorie „Redewiedergabe“ (vgl. die Beispiele in [15]) ermöglicht also das Vorliegen bzw. das Fehlen von Autonymie eine Differenzierung zwischen direkter und indirekter Rede. 69 Authier-Revuz (2001, 197) unterstreicht im Übrigen, dass das Vorliegen von Autonymie keine wörtliche Übereinstimmung mit einer (nicht zwangsläufig überhaupt existenten, s.-o.) Originaläußerung bedeutet. Schließlich differenziert Authier-Revuz zwischen unterschiedlichen Graden der Markierung von Redewiedergabe. Hierbei nimmt sie ein Kontinuum an zwischen den Polen „maximale Markierung“ (z. B. auf syntaktischer, lexikali‐ scher, typographischer oder prosodischer Ebene) und „fehlende Markierung“. Okkurrenzen von Redewiedergabe ohne jegliche Markierung an der Oberfläche (dies wären beispielsweise Fälle freier direkter oder indirekter Rede) bezeichnet 38 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 70 Obwohl Authier-Revuz nicht darauf Bezug nimmt und ihre Verwendung des Attributs interprétatif anders begründet, ergeben sich hier gewisse terminologische Parallelen zur von Sperber/ Wilson (1995) erarbeiteten Dichotomie von metalinguistic/ descriptive vs. interpretive resemblance (s. Kap. 2.3.4.5). 71 Diese Form der Redewiedergabe wird in englischbzw. deutschsprachigen Publika‐ tionen als mixed quotation bzw. als gemischtes Zitat bezeichnet (vgl. Meibauer 2007). S.-a. Kap. 3.1.2. sie als „formes interprétatives“ 70 (Authier-Revuz 2001, 195), da hier das Vorliegen „fremder Rede“ lediglich aus dem Ko(n)text inferierbar ist. Authier-Revuz’ Definition der indirekten Rede als „représentation du dis‐ cours autre située au plan du sens de l’acte de l’énonciation“ (Authier-Revuz 2001, 199) wirft die Frage nach den Grenzen des Begriffs Redewiedergabe auf. Für Authier-Revuz verläuft die Grenze zwischen Beleg (17), der den Inhalt der ursprünglichen Äußerung noch erkennen lässt, und Beispielen wie (18), die den Inhalt der Originaläußerung nicht wiedergeben. - (17) Il a annoncé son retour. - (18) Ils ont évoqué leur jeunesse. (Authier-Revuz 2001, 199) Während der Unterschied zwischen (17) und (18) kaum operationalisierbar scheint, setzt sich das Beispiel in (19) insofern deutlich von Verwendungen indirekter Rede ab, als es keinerlei Hinweis auf den Inhalt der Äußerung enthält, auf die dort Bezug genommen wird: - (19) Ils ont bavardé pendant deux heures. (Authier-Revuz 2001, 199) Darüber hinaus nimmt Authier-Revuz zwei besondere Formen der Darstellung „fremder Rede“ an, die einen eigenen Typ der Redewiedergabe ausmachen: die sog. „modalisation autonymique d’emprunt“ (Authier-Revuz 2001, 199). Es handelt sich dabei einerseits um Fälle indirekter Rede mit sogenanntem îlot textuel wie in (20): 71 - (20) Le chef du MRG a annoncé qu’il y avait „de grandes chances“ qu’il soit candidat à la mairie. (Authier-Revuz 2001, 199) Andererseits zählt hierzu der „discours indirect quasi textuel“, der ebenfalls sehr häufig in Pressetexten verwendet wird: 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 39 72 „Métadiscursif “ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf discours i.-S.-v. Benveniste, der es in seiner théorie de l’énonciation als „le langage mis en action, et nécessairement entre partenaires“ (Benveniste 1966, 258) definiert und dem Konzept der histoire gegen‐ überstellt. Die Dichotomie von discours und histoire (vgl. Benveniste 1966, 238) kann - sehr stark vereinfacht-- als Erweiterung der Saussureschen langue-parole-Dichotomie angesehen werden, wobei das Konzept des discours gegenüber dem Konzept der parole den „Mehrwert“ aufweist, dass es auch Charakteristika der Kommunikationssituation wie z. B. die Identität der Gesprächspartner mit einschließt. Benveniste definiert discours dementsprechend als „toute énonciation supposant un locuteur et un auditeur, et chez le premier l’intention d’influencer l’autre en quelque manière“ (Benveniste 1966, 242). Den zentralen Begriff der énonciation wiederum versteht Benveniste als „mise en fonctionnement de la langue par un acte individuel d’utilisation“ (Benveniste 1966, 80). Énonciation hat im Übrigen eine soziale Komponente, da das Konzept das Vorhandensein eines Sprechers und eines Hörers impliziert. Énoncé hingegen bezeichnet das „Geäußert[e] als Ergebnis dieses Kommunikationsaktes“ (Gévaudan 2008, o. P.). Eine aktuelle und ausführliche Darstellung der „Linguistik der Enunziation“ findet sich bei Landvogt (2011, 21-63). (21) Rocard qui dit „avoir pesé de tout [son] poids pour la vente des frégates et de Mirages à Taïwan“, jure qu’il était „fort loin d’imaginer […]“. (Authier-Revuz 2001, 199) Die Grundlage von Authier-Revuz’ äußerungslinguistischer Modellierung von Redewiedergabe bildet die Auffassung, Redewiedergabe sei als metadiskursive Handlung („opération métadiscursive“, Authier-Revuz 2001, 194) 72 zu inter‐ pretieren, bei der eine Sprachhandlung („acte d’énonciation“, Authier-Revuz 2001, 193) zum Gegenstand einer anderen Sprachhandlung gemacht wird. Die folgende graphische Darstellung zeigt die unterschiedlichen Instanzen der Sprachhandlung und der zugehörigen Kommunikationssituation: Abb. 1: schematische Darstellung von Redewiedergabe, adaptiert nach Authier (1978, 48) 73 40 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 73 Die deutsche Terminologie orientiert sich an Katelhön (2005, 27); Sprachhandlung entspricht dabei „acte d’énonciation“ und Rede „énoncé“. Landvogt (2011, 26 u. passim) übersetzt énonciation hingegen mit „Äußerungsakt“ - dieses Äquivalent gibt unserer Meinung nach jedoch die pragmatische Komponente von Authier-Revuz’ Ausdruck nicht deutlich genug wieder. Auch Angermüller (2007, 125) äußert sich zu Fragen der Übertragung der auf Benveniste zurückgehenden Terminologie (nicht nur) ins Deutsche und nennt als häufige deutsche Äquivalente zu énonciation und énoncé „Äußerung“ und „Aussage“. Beide - im Übrigen bereits von Angermüller (2007, 125) problematisierten - Äquivalente erscheinen uns aus o.-g. Gründen als ungeeignet. 74 Dieser letzte Aspekt ist für die Eingrenzung des Objektbereiches von zentraler Bedeu‐ tung, weshalb wir ihn in Kap. 3.8 noch einmal aufgreifen werden. Redewiedergabe ist damit vorstellbar als Oberbegriff für alle Sprachhandlungen (SH), in denen ein Sprecher (S 0 ) einem Empfänger (E 0 ) in einem (graphischen oder phonischen) Code C 0 eine Rede R 0 übermittelt, die in der Kommunikations‐ situation KS 0 (charakterisiert durch die Parameter T 0 , L 0 etc.) verortet ist. Die Rede R 0 referiert dabei auf eine Sprachhandlung SH 1 , deren Parameter sich in mindestens einem Punkt von SH 0 unterscheiden müssen. 74 Mit Hilfe von Authier-Revuz’ Modell können alle Typen von Redewiedergabe beschrieben werden, da es den propositionalen Gehalt sowohl der Rede R 0 als auch der Rede R 1 offenlässt. Damit lassen sich sowohl Sprachhandlungen erfassen, bei denen der propositionale Gehalt identisch ist (also Fälle direkter oder freier indirekter Rede), als auch Sprachhandlungen, in denen sich der pro‐ positionale Gehalt je nach Rede-Instanz unterscheidet (dies wäre bei indirekter oder freier indirekter Rede der Fall). 2.3.3 Dialogizität und Polyphonie Ähnlich wie die voranstehenden Überlegungen zur sprachlichen Reflexivität sind die ebenfalls äußerungslinguistisch bzw. diskursanalytisch geprägten Konzepte der Dialogizität und der Polyphonie nicht nur auf Phänomene der Redewiedergabe anwendbar, sondern beschreiben gleichzeitig auch grundle‐ gende Mechanismen ihrer Verwendung sowie deren Voraussetzungen. Unsere Darstellung orientiert sich in ihrem Aufbau an der Chronologie der Entwick‐ lung verschiedener Schulen: Michael Bachtins programmatische Überlegungen bilden den Ausgangspunkt (s. Kap. 2.3.3.1); im Anschluss stellen wir zunächst Oswald Ducrots Polyphonie-Theorie (s. Kap. 2.3.3.2) und das unabhängig und parallel dazu von Erving Goffman entwickelte Konzept des footing vor (s. Kap. 2.3.3.3). Den Abschluss bildet ein kurzer Überblick über das von Eddy Roulet geprägte „Genfer Modell“ der Dialogizität (s. Kap. 2.3.3.4) sowie über praxematische Analysen von Redewiedergabe (s. Kap. 2.3.3.5). 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 41 75 Das Konzept der Dialogizität wird in Bachtin (1979) (insbesondere Kap. III: „Die Redevielfalt im Roman“) sowie in Bachtin (1984) (v. a. im Essai „Les genres du discours“) eingeführt. Der Begriff der Polyphonie erscheint erstmals in Bachtin (1971) (vgl. Bres 2005, 48 und Anscombre 2009, 12). 76 Vgl. u.-a. Günthner (1999), Rosier (1999) oder Authier-Revuz (1984). 77 Vgl. den Untertitel von Bachtin/ Volochinov (1977). 78 Aufray (2010, 59) weist beispielsweise auf den sehr geringen Umfang der zugrunde gelegten Korpora hin sowie auf die Tatsache, dass Bachtin vom Sprachgebrauch in Romanen auf den tatsächlichen Sprachgebrauch schließt. 79 In der frankophonen Bachtin-Rezeption wird Dialogizität mit dialogisme wiederge‐ geben, obwohl dieser Begriff in der französischen Übersetzung von Bachtins Schriften nur selten als Äquivalent zu russ. dialogichnost’ (vgl. Bres 2005, 49 und Anscombre 2009, 12) gebraucht wird - wesentlich häufiger verwenden die Übersetzer dialogisation (vgl. Rabatel 2006a, 64). Dialogizität als deutsches Äquivalent verwendet beispielsweise Gévaudan (2008). Daneben findet sich in deutschen Bachtin-Übersetzungen auch der Begriff Zweistimmigkeit (vgl. Bachtin 1979, 213-218). 2.3.3.1 Bachtins principe dialogique Michael Bachtins bereits in den 1920er und 1930er Jahren entstandene und erst in den 1960er Jahren in Westeuropa rezipierte Schriften 75 haben - nicht nur im Zusammenhang mit der Analyse von Redewiedergabe - wegweisenden Charakter. Dies unterstreicht nicht zuletzt die Tatsache, dass auch moderne Analysen von - insbesondere mündlich realisierter - Redewiedergabe regel‐ mäßig auf Bachtins Arbeiten verweisen und auf ihn zurückgehende Konzepte verwenden. 76 Bachtins Überlegungen verfolgen das übergeordnete Ziel, den sozialen Aspekt von Sprache anhand konkreter sprachlicher Phänomene auf‐ zuzeigen, eine Vorgehensweise, die er selbst als „méthode sociologique“ 77 be‐ zeichnet. Dabei versucht er, mit Hilfe literaturwissenschaftlicher Methoden und auf der Grundlage von Romantexten ideologische Tendenzen herauszuarbeiten, die sich aus dem Umgang einer bestimmten Gesellschaft mit fremder Rede ergeben. Obwohl Bachtins Arbeiten methodologisch gesehen aktuellen (korpus)lingu‐ istischen Standards nicht entsprechen, 78 haben zwei der auf ihn zurückgehenden Konzepte bis heute weitreichenden Einfluss: das Konzept der Dialogizität  79 und das Konzept der Polyphonie. Beide Konzepte verbindet das Prinzip der Verdopp‐ lung der Sprachhandlung („dédoublement énonciatif “, Bres/ Verine 2002, 162), das implizit (z. B. bei indirekter Rede) oder explizit (z. B. in Passagen direkter Rede) realisiert werden kann. Bachtin versteht Dialogizität als grundlegendes Merkmal von Sprache im All‐ gemeinen; das principe dialogique von Sprache zeigt sich für ihn beispielsweise in Paarsequenzen wie Frage/ Antwort oder Versprechen/ Dank (vgl. Tuomarla 2000, 49). Bachtin definiert dieses Prinzip folgendermaßen: 42 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 80 Rosier (2005, 35) weist darauf hin, dass der Begriff vielmehr Bachtins französischen Übersetzern zu verdanken sei. 81 Bachtin (1971) beschreibt insbesondere Dostojewskis Romane als polyphon. An anderer Stelle bezeichnet er Romane im Allgemeinen als polyphone Gattungen, beispielsweise im Unterschied zur Lyrik (vgl. Rabatel 2006a, 62). Aucun énoncé en général ne peut être attribué au seul locuteur: il est le produit de l’interaction des interlocuteurs et plus largement, le produit de toute situation sociale complexe dans lequel il a surgi. (Bachtin, zit. n. Todorov 1981, 50; Herv. i.-O.) Der Begriff der Dialogizität beschreibt damit die sprachliche Verfasstheit von Äußerungen, die mit vorangegangenen oder nachfolgenden Äußerungen in Verbindung stehen. Die Dialogizität einer Äußerung kann entweder extern (d. h. an der Oberfläche, wie z. B. in Form eines Dialoges zwischen zwei Sprechern) oder intern (d.-h. häufig nicht explizit markiert) sein. Dieses zunächst nur sehr grobe Ausgangskonzept lässt sich zu einer dif‐ ferenzierteren Typologie weiterentwickeln, wenn man die unterschiedlichen Sprachebenen einbezieht, die im Rahmen einer dialogischen Äußerung mitein‐ ander in Verbindung stehen. Insgesamt können so drei Typen von Dialogizität unterschieden werden (vgl. Bachtin 1978 und Bres 2005, 52-53): (i) interdiskur‐ sive Dialogizität („dialogisme interdiscursif “) liegt vor, wenn eine Äußerung mit vorangegangenen Diskursen zum selben Thema in Verbindung steht; (ii)-interlokutive Dialogizität („dialogisme interlocutif “) beschreibt die wechsel‐ seitige Bezugnahme von Standpunkten bzw. „Stimmen“ verschiedener Sprecher; (iii) intralokutive Dialogizität („dialogisme intralocutif “) liegt schließlich vor, wenn unterschiedliche Standpunkte desselben Sprechers in einer Äußerung interagieren. Der der musikalischen Fachsprache entlehnte Begriff der Polyphonie im Sinne einer „Stimmenvielfalt“ beschreibt eine literarische Praxis, die schon lange vor der Übertragung des Begriffs auf literarische Phänomene existierte. Michail Bachtin gilt gemeinhin als „Schöpfer“ dieser Lesart, 80 obwohl polifonija in seinen Schriften nur marginal Verwendung findet (vgl. Anscombre 2009, 12). Bachtins Begriffsverständnis lässt sich deshalb lediglich grob umreißen: Polyphonie bezeichnet hier die Tatsache, dass in Romanen 81 eine Erzählinstanz unterschied‐ liche „Stimmen“ bzw. Standpunkte gleichberechtigt „zu Wort kommen“ lässt. Bachtins Verwendung des Begriffspaars erlaubt keine trennscharfe Unter‐ scheidung, sondern lediglich die Zuordnung beider Begriffe zu unterschiedli‐ chen Gegenstandsbereichen: Während Polyphonie für die Beschreibung von Erzählinstanzen im Roman reserviert bleibt (vgl. Rabatel 2006a, 62-63), be‐ schreibt Dialogizität eine grundlegende Eigenschaft sprachlicher Äußerungen 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 43 82 Vgl. Bres (2005, 57) und Gévaudan (2008, o. P.). Angermüller (2007, 127) bezeichnet Ducrot dementsprechend als „paradigmatische[n] Vertreter eines logisch-semantischen Pols im Feld der Äußerungstheorie“. im Allgemeinen (vgl. Rabatel 2006a, 64). Bachtins fehlende Differenzierung hat sicherlich dazu beigetragen, dass das Begriffspaar häufig zur Beschreibung der gleichen Phänomene eingesetzt wird; hierzu gehören neben Redewiedergabe auch Präsuppositionen, Frage- und konzessive Strukturen, Ironie und Negation (vgl. Rabatel 2006b, 166). Eine klare Differenzierung beider Konzepte entwickelt sich erst im Laufe der 1980er Jahre: Während Oswald Ducrot den Begriff der Polyphonie aufgreift und zum zentralen Konzept seiner Argumentationstheorie ausbaut, entwickelt sich das Konzept der Dialogizität zum Herzstück der praxematischen bzw. pragmatischen Arbeiten von Jacques Bres (2005) und Eddy Roulet et al. (1985) (s.-u.). - 2.3.3.2 Ducrots Polyphonie-Konzept Oswald Ducrots Interpretation des Polyphonie-Konzepts stützt sich auf die Überlegungen von Bally und Bachtin (vgl. Rosier 1999, 116), die er für die sprachwissenschaftliche Forschung nutzbar gemacht und weiterentwickelt hat. Anders als Bachtin, für den Polyphonie die Struktur ganzer Texte kennzeichnet, wendet Ducrot das Konzept auf die Semantik einzelner Äußerungen an. 82 Innerhalb der gemeinsam mit Jean-Claude Anscombre entwickelten Argu‐ mentationstheorie (vgl. Anscombre/ Ducrot 1983) fungiert das Polyphonie-Kon‐ zept als Instrumentarium, das eine präzise Erfassung und Beschreibung der an einer Äußerung beteiligten Kommunikationsinstanzen ermöglicht (vgl. Rabatel 2005, 95-96). Ausgangspunkt von Ducrots Überlegungen ist die Abkehr vom Postulat einer einheitlichen Sprechinstanz, das er gleich zu Beginn seiner Skizze einer polyphonen Äußerungstheorie in Frage stellt: „L’objectif de ce chapitre est de contester […] [le] postulat […] [de] l’unicité du sujet parlant“ (Ducrot 1984, 171). Stattdessen geht Ducrot von der Existenz mehrerer Sprechinstanzen aus („hétérogénéité énonciative“, Anscombre 2009, 16), die insbesondere im Zu‐ sammenhang mit bestimmten sprachlichen Phänomenen sichtbar werden. So verdeutlicht die Verwendung von sollen in Der Film soll sehr gut sein die Existenz einer vom aktuellen Sprecher zu unterscheidenden „Stimme“. Ducrot verwendet jedoch nicht den Begriff Stimme („voix“), sondern versteht Polyphonie vielmehr als eine Vielfalt von Standpunkten („points de vue“), die von den unterschiedli‐ chen Sprechinstanzen vertreten werden (vgl. Rosier 2008, 38). 44 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 83 Angermüller (2007, 129) und Gévaudan (2008, o. P.) schlagen eine latinisierende deutsche Übersetzung mittels Lokutor (Enunziator etc.) vor. 84 Ducrot (1984, 199) spricht von einem „être de discours“. 85 Ducrot (1984) spricht von einem „être empirique“ (S. 199) bzw. von einem „être du monde“ (S.-201). 86 Ducrots Äußerungstheorie ist asymmetrisch aufgebaut, da hier lediglich die Produkti‐ onsseite modelliert wird. Jedoch wäre ebenso auf der Rezeptionsseite von mehreren Instanzen - „empirischer Hörer“ („auditeur“), Allokutor („allocutaire“) und „figurativer Hörer“ („destinataire“) - auszugehen. Vgl. hierzu Anscombre (2009, 16, Anm. 19), der an selber Stelle darauf hinweist, dass eine detaillierte Beschreibung der Rezeptionsseite ein Desideratum darstellt. Insgesamt unterscheidet Ducrot drei Sprechinstanzen: zunächst den locu‐ teur,  83 eine auf der Diskursebene angesiedelte Sprechinstanz, 84 die die kommu‐ nikative Regresspflicht für die jeweilige Äußerung übernimmt: „Par définition, j’entends par locuteur un être […] à qui l’on doit imputer la responsabilité de cet énoncé“ (Ducrot 1984, 193). Auf den locuteur beziehen sich die Pronomina der ersten Person, er ist sozusagen der Ursprung (i. S. der Origo) der Äußerung. Als zweite Sprechinstanz führt Ducrot den énonciateur ein, dem der in der Äußerung zum Ausdruck gebrachte Standpunkt („point de vue“, s. o.) zugeordnet wird. Ducrot (1984, 204) definiert diese Instanz folgendermaßen: J’appelle „énonciateurs“ ces êtres qui sont censés s’exprimer à travers l’énonciation, sans que pour autant on leur attribue des mots précis; s’ils „parlent“, c’est seulement en ce sens que l’énonciation est vue comme exprimant leur point de vue, leur position, leur attitude, mais non pas, au sens matériel du terme, leurs paroles. Der locuteur hat zwei Möglichkeiten der Positionierung gegenüber dem énon‐ ciateur bzw. gegenüber dem ausgedrückten Standpunkt: Er kann sich entweder damit identifizieren oder aber sich davon distanzieren. Schließlich nimmt Ducrot mit dem sujet parlant eine dritte Sprechinstanz an, die sich auf den „empirischen Sprecher“ 85 (Gévaudan 2008, o. P.) bezieht. Hierbei handelt es sich um den „physischen Produzenten“ einer Äußerung. Folgender von Ducrot konstruierte ironische Dialog illustriert die soeben vorgestellten Sprechinstanzen: 86 - (22) Pierre: „Qu’est-ce que tu as fait hier soir? “ - - Jean: „De quoi je me mêle! “ (Tuomarla 2000, 44) Der Dialog zeigt zunächst zwei empirische Sprecher, Pierre und Jean, die scheinbar auch als locuteurs für ihre jeweilige Äußerung einzustufen sind. 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 45 Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass lediglich in der Äußerung von Pierre die drei Sprechinstanzen sujet parlant, locuteur und énonciateur konvergieren. Die zweite Äußerung, in der Jean die Rolle des sujet parlant übernimmt, illustriert eine Dissoziation der drei Sprechinstanzen: Das Klitikon je bezieht sich nicht auf Jean, sondern auf Pierre, dessen Äußerung Jean sich hier quasi selbst „in den Mund legt“. Damit fungiert Pierre auch in der zweiten Äußerung als locuteur. Énonciateur der zweiten Äußerung ist ebenfalls Pierre, dessen Standpunkt jedoch von Jean ironisch gebrochen präsentiert wird. Inwiefern ist Ducrots Polyphonie-Konzeption relevant für die theoretische Modellierung von Redewiedergabe? Zunächst ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Ducrots und Anscombres Argumentationstheorie nicht mit dem Ziel konzipiert wurde, ein Instrumentarium zur Beschreibung von Rede‐ wiedergabe zu entwickeln (vgl. Bres/ Verine 2002, 161). Dennoch greift Ducrot im Rahmen seiner Erläuterungen häufig zu Beispielen von Redewiedergabe, wie beispielsweise im folgenden Beleg, auf dessen Grundlage unterschiedliche Sprechinstanzen diskutiert werden (Ducrot 1984, 196): - (23) Pierre : „Jean m’a dit: ‚Je viendrai.‘“ Hier finden sich zwei Pronomina der ersten Person, von denen sich me auf einen locuteur (Pierre) und je auf einen wiedergegebenen énonciateur ( Jean) zu beziehen scheint. Ducrot verwirft jedoch diese Interpretation zugunsten der Annahme, dass beide Pronomina auf zwei unterschiedliche locuteurs verweisen, so dass sich folgende Analyse ergibt: - (23’) Pierre [= L1]-: „Jean [= L2] m L1 ’a dit: ‚Je L2 viendrai.‘“ Die Tatsache, dass eine Sprechinstanz „in doppelter Ausführung“ vorliegt, bedeutet jedoch nicht, dass die zugehörige Äußerung als polyphon einzustufen ist. Vielmehr ist genau das Gegenteil der Fall: Das für Redewiedergabe cha‐ rakteristische „dédoublement énonciatif “ (vgl. Ducrot 1984, 197) scheint das Vorliegen von Polyphonie praktisch auszuschließen (vgl. Jacob 1987, 75). Dies gilt jedoch nur für den von Ducrot als prototypisch angesehenen Fall, dass ein Sprecher L in seiner Äußerung die Äußerung eines Sprechers L’ lediglich wiedergeben möchte: On a discours rapporté si le but attribué à L, quand on interprète son énoncé, est de faire savoir ce qu’a dit L’; dans ce cas, c’est L’ qui est le thème de l’énoncé de L, et 46 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 87 Damit vertritt Ducrot ein sehr enges Verständnis von Redewiedergabe im Sinne einer Wiederholung einer in der Vergangenheit getätigten Äußerung. le propos est constitué par l’ensemble de paroles attribuées à L’: on qualifié L’ par ce qu’il a dit. (Ducrot/ Bourcier 1980, 44) Ducrot zieht folgenden Beispielsatz zur Illustration heran (Ducrot/ Bourcier 1980, 44): - (24) Pierre m’a dit: „Le temps va s’améliorer.“ Eine „monophone“ Interpretation dieser Äußerung entspräche der Sprecherab‐ sicht, eine Aussage über Pierre zu treffen. Ducrot (Ducrot/ Bourcier 1980, 44) schlägt als Illokution beispielhaft „Pierre est un optimiste invétéré“ oder „Pierre ne connaît rien en météorologie“ vor. Redewiedergabe kann nur dann als polyphon interpretiert werden, wenn die wiedergebende Sprechinstanz keine Aussage über die wiedergegebene Instanz treffen möchte, sondern hinter die wiedergegebene Instanz zurücktritt und lediglich die wiedergegebene Aussage „präsentiert“. Die zugehörige Illokution bezöge sich damit nicht auf Pierre, son‐ dern auf den Inhalt von Pierres Äußerung. Ducrot erläutert diese Interpretation folgendermaßen: [L]e thème de l’énoncé, dans cette seconde interprétation, est constitué par le temps actuel et non pas par Pierre, le propos étant l’amélioration de ce temps et non pas les paroles de Pierre. Il s’agit ainsi d’une assertion dont le responsable est Pierre, alors que dans la première lecture le responsable était le locuteur L. Une telle interprétation s’imposerait si, après les énoncés cité [sic], on enchaînait J’irai à la campagne demain […]. (Ducrot/ Bourcier 1980, 45) Damit schließen für Ducrot „echte“ Redewiedergabe (im Sinne einer bloßen „Re-präsentation“ einer Äußerung) und Polyphonie einander aus. Ducrot ver‐ wirft weiterhin auch die These, Redewiedergabe habe Autonymie-Status. Er argumentiert dabei, dass der Sprecher im Rahmen einer Redewiedergabe zwar über einen Diskurs informieren wolle, der tatsächlich stattgefunden hat, 87 dies könne jedoch auch gewährleistet werden, ohne dass die wiedergegebene Äußerung im Wortlaut mit dem Original übereinstimme. Entscheidend sei lediglich, dass einige saliente Elemente der Originaläußerung wiedergegeben würden: Mais plus rien ne force à soutenir que les occurrences mises entre guillemets constituent une mention et qu’elles désignent des entités linguistiques, celles qui ont 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 47 été réalisées dans le discours original. […] l’auteur du rapport, pour renseigner sur le discours original, met en scène, fait entendre, une parole dont il suppose simplement qu’elle a certains points communs avec celle sur laquelle il veut informer. La vérité du rapport n’implique donc pas […] une conformité matérielle des paroles originales et des paroles qui apparaissent dans le discours du rapporteur. (Ducrot 1984, 199) Einige Aspekte von Ducrots Theorie sind - insbesondere vor dem Hintergrund unserer Zielsetzung: der theoretischen Modellierung von Redewiedergabe - durchaus kritisch zu betrachten. Hierzu gehört einerseits die Tatsache, dass man eine nähere Beschreibung des sujet parlant vergeblich sucht - Ducrot blendet diese Sprechinstanz praktisch aus (vgl. Rosier 1999, 120), da sie im Kontext seiner Argumentationstheorie nur begrenzt relevant ist. Dies bedeutet jedoch, dass Fragen der materiellen Realisierung, beispielsweise der sprachlichen Markie‐ rung unterschiedlicher Sprechinstanzen durch den „empirischen Sprecher“, die uns im Rahmen der vorliegenden Korpusuntersuchung besonders interessieren, mit Hilfe der Polyphonie-Konzeption nicht modelliert werden können. Weiterhin ist die Differenzierung insbesondere zwischen locuteur und énon‐ ciateur nicht ohne Weiteres operationalisierbar - dies wäre jedoch unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des Modells im Rahmen einer Korpusun‐ tersuchung. Darüber hinaus scheint vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Ducrots Instrumentarium eigentlich nicht für die Analyse von Redewiedergabe ausgelegt ist, die häufig nur schwer zu treffende Differenzierung zwischen den verschiedenen Sprechinstanzen wenig zielführend. - 2.3.3.3 Goffmans Footing Im Unterschied zu Ducrot stellt der Soziologe Erving Goffman den „empirischen Sprecher“ in den Mittelpunkt seines footing-Modells, das im Übrigen zahlreiche Parallelen zum Konzept der Polyphonie aufweist. Goffman (1981, 128) definiert footing als „alignment we take up to ourselves and the others present as expressed in the way we manage the production or reception of an utterance“. 48 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 88 Im Gegensatz zur Polyphonie-Theorie leistet das von Goffman entworfene participa‐ tion framework (Goffman 1981, 137) eine symmetrische Modellierung sowohl der Produktionswie auch der Rezeptionsseite. In diesem Zusammenhang unterscheidet Goffman zunächst zwischen „autorisierten“ Gesprächsteilnehmern („ratified partici‐ pants“, Goffman 1981, 131) und solchen, die keinen „offiziellen“ Teilnehmerstatus haben. Auf der Rezipientenseite kann weiterhin unterschieden werden zwischen „autorisierten“ Teilnehmern, die direkt angesprochen werden („addressed hearer“, Goffman 1981, 132) - dies entspräche Anscombres allocutaire (vgl. Anscombre 2009, 16, Anm. 19) - und solchen, die lediglich physisch präsent sind. „Unautorisierte“ Zuhörer, sog. bystanders (Goffman 1981, 132), können ein Gespräch entweder „belauschen“ („eavesdrop“, vgl. Goffman 1981) oder zufällig und unbeabsichtigt „mithören“ („over‐ hear“, vgl. Goffman 1981, 132). Damit beschreibt der Begriff die unterschiedlichen Rollen, die ein Sprecher bei der Produktion 88 einer Äußerung einnehmen kann. Wie Ducrot geht auch Goffman insgesamt von drei möglichen Rollen aus: Der animator entspricht dem „empirischen Sprecher“, er ist eine Art „Resonanz‐ körper“ („sounding box“) und fungiert als „individual active in the role of utterance production“ (Goffman 1981, 144). Der author hingegen ist verantwort‐ lich für die „inhaltliche und formale Gestaltung der Äußerung“ (Ehmer 2011, 64); Goffman (1981, 144) definiert ihn als „someone who has selected the sentiments that are being expressed and the words in which they are encoded.“ Schließlich ist die Rolle des principal vergleichbar mit Ducrots énonciateur; hierbei handelt es sich um diejenige Instanz, deren Standpunkt in einer Äußerung vertreten wird, also um „someone whose position is established by the words that are spoken, someone whose beliefs have been told, someone who is committed to what the words say“ (Goffman 1981, 144). Alle drei Rollen können selbstverständlich mit demselben Referenten „be‐ setzt“ sein; der große Vorteil von Goffmans Modell besteht jedoch gerade darin, dass es die Beschreibung von Äußerungskontexten ermöglicht, in denen jeder Rolle ein anderer Referent zuzuordnen ist. Ein solcher Äußerungskontext liegt beispielsweise bei der Wahlkampfrede eines Politikers vor: Der die Rede vortragende Politiker übernimmt die Rolle des animators; er bringt dabei die von seinem Redenschreiber als author verfasste Rede „zu Gehör“. Der Reden‐ schreiber wiederum hat den Standpunkt der Partei, der der Politiker angehört und die hier die Rolle des principal einnimmt, in Worte gefasst. - 2.3.3.4 Das Genfer Modell der Diskursanalyse Seit den 1980er Jahren arbeitet die Genfer Forschergruppe um Eddy Roulet an einem diskursanalytischen Modell, das speziell auf die Untersuchung von Redewiedergabe ausgerichtet ist. Ausgangspunkt dieses „Genfer Modells“ ist 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 49 89 Roulet (2001, 278, Anm. 273) verwendet ganz bewusst nicht den Begriff discours rapporté, da dieser für ihn die Existenz einer Originaläußerung, die im Rahmen der Redewiedergabe rekonstruiert wird, impliziert. Darüber hinaus kann der Begriff Bachtins These, dass menschliche Kommunikation grundsätzlich dialogischen Charakter hat (vgl. Auchlin/ Grobet 2006, 78). Um Bachtins dialogisme-Konzept (s. o.) begrifflich präziser zu fassen, differenzieren Roulet et al. (1985, 60) zwischen extern dialogischen Äußerungen („énoncés dialogaux“) und intern dialogischen Äußerungen („énoncés dialogiques“): [N]ous proposons d’ajouter à la distinction traditionnelle entre un discours produit par un seul locuteur/ scripteur, appelé monologal, et un discours produit par deux locuteurs/ scripteurs, au moins, appelé dialogal, la distinction entre un discours à structure d’intervention, dont les constituants immédiats sont liés par des fonctions illocutoires initiative et réactive, que nous appelons dialogique. Die Existenz von Diskursen mit strikt monologischer („monologique“) Äußerungsstruktur, die also nur eine einzige „Stimme“ bzw. einen einzelnen „Stand‐ punkt“ aufweisen, ist nach Roulets Auffassung ausgeschlossen, da jede verbale Interaktion zumindest indirekt in Verbindung steht zu mindestens einer anderen Interaktion. Daneben spielt auch der Polyphonie-Begriff Ducrotscher Prägung eine wich‐ tige Rolle; insbesondere Ducrots Analysen polyphoner Phänomene wie z. B. ironischer oder negierter Äußerungen gehen unmittelbar in die Genfer Arbeiten ein. Das Modell geht jedoch über die Vorarbeiten von Bachtin und Ducrot dergestalt hinaus, dass es nicht nur einzelne polyphone Diskursfragmente analysiert, sondern sich vielmehr als integrative Theorie versteht, die polyphone Sequenzen in Bezug setzt zu anderen Aspekten der Diskursstruktur wie z. B. der Informationsstruktur, der Kommunikationssituation und der textlinguistischen Gestaltung (vgl. Roulet 2001, 278). Das Modell setzt zwei Schwerpunkte: Zunächst bietet es einen theoretischen Rahmen für die detaillierte Bestimmung und Beschreibung von Aufbau und Struktur polyphoner Sequenzen („organisation énonciative“, vgl. Roulet 2001). Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf funktionalen Aspekten („organisation poly‐ phonique“, s.-o.). Innerhalb des deskriptiven Moduls sieht das Genfer Modell eine Reihe von Differenzierungen vor, die eine präzise Beschreibung unterschiedlichster Typen von Redewiedergabe ermöglichen. Damit verbunden ist ein Notationssystem, das die Kodierung verschiedener polyphoner Sequenzen erlaubt. Roulet et al. unterscheiden zunächst zwischen discours produit als tatsächlich realisierter Rede und discours représenté  89 als lediglich „erwähnter“ 90 Rede. Diese grundle‐ 50 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick discours représenté Roulets Ansicht nach auch Äußerungen ohne propositionalen Gehalt einschließen. 90 Damit orientiert sich das Genfer Modell an der Autonymie-These (s.-o.). 91 Roulet (2001, 282) nimmt auch innerhalb der Erzählerrede eine dialogische Struktur an, in deren Rahmen ein Schreiber („narrateur“) mit nicht näher spezifizierten Rezipienten („narrataires“) interagiert. 92 Lediglich ironische polyphone Sequenzen weisen keine formale Markierung auf, die polyphone Struktur muss hier aus dem Äußerungsinhalt inferiert werden. 93 Roulet ordnet diese Form ganz bewusst als „dargestellte Rede“ ein, da sie in argu‐ mentativen Kontexten ganz ähnlich funktioniert wie „prototypischere“ Formen der Redewiedergabe. Darüber hinaus sind die Übergänge zwischen discours désigné und de dicto-Redewiedergabe fließend; auch existieren hybride Äußerungen, die beide Typen miteinander kombinieren (vgl. Auchlin/ Grobet 2006, 81-82). 94 Das Kürzel J im nachfolgenden Beispiel steht für „Journalist“, V steht für „Verdächtige“. gende Dichotomie lässt sich unter Rückgriff auf narrative Texte illustrieren: Hier ist die Erzählerrede 91 als discours produit einzustufen, während die Figurenrede als discours représenté eingeordnet werden kann. Die Einstufung einer Äußerung in eine dieser beiden Kategorien hat jedoch relativen Charakter, da ein discours produit ohne Weiteres zum discours représenté werden kann (vgl. Roulet 2001, 282). Auf der Grundlage formaler Kriterien (meist handelt es sich hier um spezifi‐ sche sprachliche Marker), 92 lassen sich insgesamt drei verschiedene Typen von discours représenté unterscheiden: erstens der discours représenté désigné, der häufig nicht als Redewiedergabe eingestuft wird, 93 da der dargestellten Rede kein propositionaler Gehalt zugeordnet werden kann. Der „Redehinweis“ hat die Form eines Nominalsyntagmas oder eines Kommunikationsverbs wie abstreiten oder gestehen in Beispiel (7’). Roulet (2001, 283) schlägt für diesen Typus eine Kodierung mit Hilfe leerer eckiger Klammern vor, die der Bezeichnung der Äußerungsinstanz(en) 94 folgen; die Kodierung folgt jeweils dem hier kursiv gesetzten discours désigné: - (7’) J [Erst stritt sie alles ab V [-], dann gestand V [-] sie doch.] Der zweite Typ „dargestellter Rede“ zeichnet sich durch die Präsenz eines explizit formulierten propositionalen Gehalts aus; Roulet et al. bezeichnen ihn dementsprechend als discours représenté formulé. Hierunter fallen die tra‐ ditionellen Kategorien der direkten, indirekten und freien indirekten Rede. Auch hier verwenden Roulet et al. zur Kodierung eckige Klammern, die die explizit wiedergegebene Passage umschließen; die unmittelbar voranstehende „zitierende Rede“ 95 ist kursiviert: 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 51 95 Auchlin/ Grobet (2006, 79) sprechen hier von „segments introducteurs de parole“. (1’) J [Im Juni 1963 stand John F. Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg und sagte: JFK-[„Ich bin ein Berliner.“]] Ähnlich wie der erste Typus wird auch Roulets dritter Typ von discours représ‐ enté üblicherweise nicht als „Redewiedergabe“ eingestuft. Roulet bezeichnet ihn als discours représenté implicité und beschreibt damit polyphone Sequenzen, in denen lediglich vereinzelte Marker auf das Vorhandensein einer anderen „Stimme“ bzw. eines anderen „Standpunktes“ hinweisen. Als Marker kommen beispielsweise Konnektoren wie mais oder eh bien in Frage, die einen turn innerhalb eines Dialogs einleiten. Da auch hier kein propositionaler Gehalt vorhanden ist, kodiert Roulet diesen Typus ebenfalls mittels leerer eckiger Klam‐ mern, die dem entsprechenden Marker vorangestellt sind. Wir übernehmen an dieser Stelle Roulets Beispiel aus Prousts À la recherche du temps perdu (vgl. Beleg [25]), in dem der Protagonist (N’) in seiner mit mais eingeleiteten Replik auf eine Äußerung der Figur Albertine (A) anspielt, deren Inhalt (etwa: „je ne peux en aucun cas manquer la visite chez cette dame“) nur aus dem Kontext abgeleitet werden kann. - (25) N [N’ [A [ ] „Mais on peut bien manquer une visite“.]] (zit. n. Roulet 2001, 284) Je nachdem, ob im Rahmen des discours représenté eine tatsächlich bereits geäußerte Passage wiedergegeben wird, oder ob es sich um eine lediglich antizipierte oder negierte Sequenz handelt, unterscheidet Roulet (2001, 285) zwischen discours représenté effectif (vgl. Beleg [3’]) und discours représenté potentiel (vgl. Beleg [10’]): - (3’) N [Meine Zähne schlugen zusammen. N’ [Wo war er, wo war er denn nur? ]] - (10’) J [Jetzt kann kein Athlet der Welt mehr sagen: A [Ich habe von nichts gewusst.]] Weiterhin führt Roulet (2001, 286) eine begriffliche Differenzierung je nach Sprecherinstanz ein, deren „Stimme“ bzw. „Standpunkt“ wiedergegeben wird: Gibt ein Sprecher seine eigene Rede wieder, spricht Roulet von einem discours représenté autophonique. 96 Eine Redewiedergabe, in deren Kontext ein Sprecher die Äußerung seines Gesprächspartners wiedergibt, bezeichnet er als discours 52 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 96 Vgl. Verine (2006) für eine weiterführende Analyse formaler und funktionaler Beson‐ derheiten sogenannter „citations autophoniques“ des Typs je me suis dit. Perrin (2006) nimmt die im Rahmen dieser Konstruktionen verwendeten Verben in den Blick. 97 Der von Robert Lafont in den 1970er Jahren entwickelte praxematische Ansatz versteht sich als Sprachtheorie, die sich auf der Grundlage authentischer Sprachdaten mit der Konstitution von Bedeutung auf sprachlicher wie auf sozialer Ebene auseinandersetzt (vgl. Charaudeau/ Maingueneau 2002, s.-v. P R A X É M A T I Q U E ). 98 Bres/ Verine (2002, 162) verweisen beispielsweise darauf, dass in direkter Rede die représenté diaphonique. Alle übrigen Konstellationen bezeichnet er als discours représenté polyphonique. Schließlich erlaubt die Differenzierung zwischen discours représenté local und discours représenté à distance, der aktuellen Kommunikationssituation entstammende Redewiedergaben von zeitlich versetzt wiedergegebenen Äuße‐ rungen zu unterscheiden. Auchlin/ Grobet (2006, 85) weisen darauf hin, dass zeitlich versetzte Wiedergaben meist explizit markiert sind, während „lokale“ Wiedergaben eine minimale, bisweilen ausschließlich prosodische Markierung aufweisen. Das Genfer Modell stellt dank seines breiten Verständnisses von Redewie‐ dergabe und der unmittelbar operationalisierbaren Typologie ihrer unterschied‐ lichen Formen ein wertvolles Analyseraster dar, das sowohl auf mündliche wie auch auf schriftliche Realisierungen von Redewiedergabe anwendbar ist und darüber hinaus auch funktionale Aspekte berücksichtigt (s. Kap. 3.7). Einzig die Konzentration auf bestimmte Textsorten (hauptsächlich Romane und Alltagserzählungen) lässt vermuten, dass die funktionale Ebene ggf. erweitert und weiter differenziert werden muss, um der Vielfalt an Funktionen gerecht werden zu können, die Redewiedergabe in anderen Textsorten auszeichnet. - 2.3.3.5 Dialogizität aus praxematischer Perspektive Praxematische 97 Untersuchungen stützen sich auf Bachtins Konzept der Dialogizität, das hier auf die Verschränkung zweier „Stimmen“ im Rahmen einer Äußerung bezogen wird: Le courant praxématique […] définit le dialogisme comme la capacité de l’énoncé à faire entendre, outre la voix de l’énonciateur, une (ou plusieurs) autre(s) voix qui se hiérarchise(nt) du point de vue énonciatif. (Rosier 2008, 39) Damit gilt das praxematische Interesse solchen Äußerungen, in denen die Äußerungsinstanz in doppelter Ausführung vorliegt („dédoublement énonciatif “). Diese Doppelung ist auch für Redewiedergabe charakteristisch; wäh‐ rend jedoch im Falle von Redewiedergabe beide Äußerungsinstanzen mehr oder weniger explizit markiert sind, 98 konzentrieren sich praxematische Betrach‐ 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 53 (wiedergegebene) Äußerung der zweiten Instanz typographisch (bei mündlicher Rea‐ lisierung auch prosodisch) von der Äußerung der ersten, wiedergebenden Instanz abgesetzt ist. 99 Hierzu gehören beispielsweise Äußerungen wie Le président serait malade oder Hans soll im Lotto gewonnen haben, in denen conditionnel épistémique und sollen jeweils auf eine zweite Äußerungsinstanz hindeuten. 100 Goffmans Modell des footing stellt in diesem Zusammenhang eine Ausnahme dar. 101 Vgl. Roulet (2011, 208) zu möglichen Gründen für die einseitige Rezeption. 102 So finden beispielsweise konversationsanalytische Theorien der Redewiedergabe in den beiden Überblicksdarstellungen von Rosier (1999, 2008) keinerlei Erwähnung. tungen vorrangig auf Äußerungen mit „interner Dialogizität“ (dialogisation interne), in denen diese Verdoppelung implizit ist und erst analytisch expliziert werden muss (vgl. Bres/ Verine 2002, 162). 99 „Explizitheit“ und „Implizitheit“ sind jedoch lediglich zwei Pole eines Kontinuums sprachlicher Markierung von Äußerungsinstanzen. Dass dieser Parameter keine klare Grenzziehung zwischen Redewiedergabe auf der einen und intern dialogischen Äußerung auf der anderen Seite erlaubt, wird nicht zuletzt am Beispiel von freier direkter oder indirekter Rede deutlich: Auch hier muss die Existenz einer zweiten Äußerungsinstanz inferiert und rekonstruiert werden. In Ermangelung einer klaren Dichotomie betrachten Bres/ Verine (2002, 159) Redewiedergabe deshalb als eine mögliche Ausprägung von Dialogizität. Über diese sehr grundlegende Einordnung hinaus trägt der praxematische Ansatz nicht zur theoretischen Modellierung von Redewiedergabe bei. 2.3.4 Gesprächsanalytische und pragmatische Perspektiven Während die bislang vorgestellten Theorien der Redewiedergabe fast aus‐ schließlich aus dem frankophonen Raum stammen 100 und international wenig rezipiert 101 wurden, sind die gesprächsanalytischen Überlegungen, die wir im Anschluss überblicksartig vorstellen, im englisch- und deutschsprachigen Raum entstanden. Sie sind auch dahingehend als komplementär zu den Theorien frankophoner Provenienz zu betrachten, als sie in Frankreich bislang kaum Beachtung finden. 102 Die nachfolgende Überblicksdarstellung spiegelt in etwa die Chronologie der Theoriebildung wider. Ihre Binnengliederung zeigt jedoch gleichzeitig die beiden wichtigsten Perspektiven: Ausgehend von Austins Sprechakttheorie stellen wir zunächst die pragmatisch ausgerichtete Untersuchung von Gülich vor, die bereits Ende der 1970er Jahre entstand. Zu Beginn der 1990er Jahre entwickelten Clark/ Gerrig und Brünner eine ebenfalls pragmatisch perspekti‐ vierte Theorie. Ein wenig zeitversetzt - seit Mitte der 1980er Jahre - entstanden 54 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 103 Gülichs Untersuchung stellt im Übrigen die erste Auseinandersetzung mit dem Phä‐ nomen der Redewiedergabe aus romanistischer Perspektive dar. mit den Arbeiten von Deborah Tannen erste gesprächsanalytisch ausgerichtete Untersuchungen von Redewiedergabe, deren Grundideen Ende der 1990er Jahre von Susanne Günthner aufgegriffen wurden. - 2.3.4.1 Redewiedergabe als Texteinbettung Während äußerungslinguistische Theorien Redewiedergabe unter Rückgriff auf außersprachliche Faktoren (u. a. bestimmte Parameter der Kommunikationssi‐ tuation, in der der Äußerungsakt stattfindet) modellieren, konzentriert sich Gülich in ihrer Analyse 103 auf die sprachliche Ebene. Im Mittelpunkt ihrer Definition von Redewiedergabe steht das Konzept der Texteinbettung: Unter „Redewiedergabe“ werden […] eingebettete Kommunikationsakte bzw. Kom‐ munikationsakte auf einer zweiten, ggf. weiteren Ebenen verstanden. Die eingebettete Kommunikationsebene fungiert jeweils als Redegegenstand auf der übergeordneten Ebene; die Kommunikation auf der zweiten Ebene ist also Redegegenstand auf der zweiten Ebene und zugleich auf der ersten Ebene. Die übergeordnete Ebene ist jeweils Meta-Ebene zur eingebetteten Ebene, das heißt die erste Ebene der Kommunikation ist Meta-Ebene für die zweite, die zweite für die dritte usw. (Gülich 1978, 53) Diese Definition ist zunächst sehr weit gefasst und würde damit auch zahlreiche Phänomene (z. B. Metakommunikation, Paraphrasen etc.) als Redewiedergabe einstufen, die von anderen Theorien explizit ausgeschlossen werden. In einem zweiten Schritt schränkt Gülich deshalb ihre Konzeption dahingehend ein, dass auf der zweiten Kommunikationsebene nur Äußerungen berücksichtigt werden sollen, die in der Vergangenheit liegen (vgl. Gülich 1978, 58-59). Gülich (1978, 51) betrachtet Redewiedergabe als „redeorganisierenden Sprechak[t]“. Ihre Untersuchung konzentriert sich deshalb auf sprachliche Indikatoren, die ein Vorliegen von Redewiedergabe anzeigen; der Sprechakt Redewiedergabe glückt unter der Bedingung, dass der Kommunikationspartner dank hinreichender (sprachlicher) Markierung eine Äußerung als Redewieder‐ gabe erkennt. Die Indikatoren entsprechen dabei unterschiedlichen Komponenten des Kommunikationsaktes. Die am häufigsten verwendeten - jedoch weder not‐ wendigen noch hinreichenden - Indikatoren sind die Sprecherkennzeichnung und das sprechaktkennzeichnende Verb. Darüber hinaus kann das Vorliegen von Redewiedergabe über eine Kennzeichnung des Adressaten, Angaben zur Kommunikationssituation (z. B. Ort oder Zeit) oder zum Redegegenstand, über 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 55 104 Gülich (1978, 77) präsentiert eine äußerst detaillierte Indikatorenmatrix auf der Grund‐ lage eines Pressetextes. Im Unterschied dazu entwickelt Gülich (1990, 96) eine Typologie der Redewiedergabe im ersten Buch von À la recherche du temps perdu, die sie zwischen den beiden Polen der Narrativisierung und der Dramatisierung einordnet. 105 Davidson (1979) vertritt die oben vorgestellte demonstrative theory autonymen Sprach‐ gebrauchs. Die sehr ähnliche Bezeichnung der Theorie ist irreführend, da Davidson unter demonstrative etwas völlig anderes versteht (s.-o.) als Clark und Gerrig. 106 Obwohl sich Wierzbicka (1974) vorrangig für Fragen der Referenzverschiebung inter‐ essiert, betrachtet sie Zitate als Demonstrationen. graphische Indikatoren wie Anführungszeichen oder syntaktische Indikatoren (z. B. Konjunktionen und bestimmte Modi) markiert werden. Für Gülich ist ins‐ besondere der Redegegenstand als Indikator optional, da Redewiedergabe auch nur als Illokution vorliegen kann. Damit wäre die Äußerung in (4’) über drei Indikatoren (A: Kommunikationssituation, B: Sprecher und C: Sprechaktkenn‐ zeichnung) als Redewiedergabe gekennzeichnet, obwohl der propositionale Gehalt der wiedergegebenen Äußerung nicht erkennbar ist: - (4’) In einer Krisensitzung [in der Nacht zum Montag] A hatten [die drei Regie‐ rungen] B ihre Hilfe [versprochen] C . Aufbauend auf dem Vorliegen bestimmter Indikatorenbündel entwirft Gülich schließlich eine weit über die üblichen Kategorien (direkte/ indirekte Rede etc.) hinausgehende Typologie von Redewiedergabe, die auch eine Differenzierung nach Textsorten erlaubt. 104 Der Gedanke der textsortenspezifischen Erfassung bestimmter Indikatoren von Redewiedergabe scheint uns für die durchzuführende Analyse sehr hilf‐ reich. Da sich Gülich auf die Analyse schriftlich realisierter Redewiedergabe beschränkt, müssten hier jedoch suprasegmentale Indikatoren ergänzt werden. Weniger zielführend hingegen erscheint die Beschränkung auf in der Vergan‐ genheit realisierte Äußerungen; im Kontext der vorliegenden Untersuchung erscheint es ferner problematisch, Redewiedergabe nicht an das Vorliegen eines Redegegenstandes zu knüpfen. - 2.3.4.2 Redewiedergabe als Demonstration einer Handlung Die vom Psycholinguisten Herbert H. Clark und dem Psychologen Richard J. Gerrig entwickelte demonstration theory von Redewiedergabe (vgl. Clark/ Gerrig 1990) greift Überlegungen von Davidson 105 und von Wierzbicka (1974) 106 auf. Im Mittelpunkt der Theorie steht der semiotische Status von Zitaten („quotations“), die als Demonstrationen („demonstrations“) interpretiert werden. 56 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 107 Clark und Gerrig führen kein Beispiel aus dem Bereich der Redewiedergabe an, das indexikalische Kommunikation im Sinne eines „pointing at direct experience“ (Clark/ Gerrig 1990, 765) illustrieren könnte. Denkbar wäre jedoch Redewiedergabe in Form eines discours convoqué im Sinne von Verine (2007, 169) (s.-o., Anm. 9). 108 Ein für Clark und Gerrig zentrales Charakteristikum von Zitaten, das uns im Rahmen der vorliegenden Untersuchung jedoch weniger relevant erscheint, ist ihre an Goffman (1974) orientierte Einstufung als „nonserious actions“, die Teil einer übergeordneten „serious action“ darstellen: „[…] demonstrations are nonserious actions. When Alice demonstrates George’s limp, she isn’t ‚really or actually or literally‘ limping. […] Demonstrations belong to a family of nonserious actions that includes practicing, playing, acting, and pretending“ (Clark/ Gerrig 1990, 766). 109 Gemeint ist z. B. die Perspektive des wiedergebenden Sprechers oder des wiedergege‐ benen Sprechers; Clark/ Gerrig (1990, 770) sprechen hier vom „vantage point“. „Demonstrieren“ ist hier im Sinne von „illustrate by exemplification“ (Clark/ Gerrig [1990, 764, Anm. 2]) zu verstehen; damit sind Zitate Vorführungen von Sprachhandlungen, vergleichbar mit der pantomimischen Darstellung nichtsprachlicher Handlungen. Clark und Gerrig nehmen in ihrer Theorie einerseits Bezug auf die Aristote‐ lische Dichotomie von Mimesis und Diegesis („to depict“ vs. „to describe“, Clark/ Gerrig 1990, 764). Andererseits berufen sie sich auf die auf Peirce zurückgehende Unterscheidung zwischen indexikalischen, symbolischen und ikonischen Zeichen, um zwischen drei Kommunikationsarten zu differenzieren: Zeigen („indicate“) entspricht dabei indexikalischer, Beschreiben („describe“) symbolischer und Demonstrieren („demonstrate“) ikonischer Kommunikation. Direkter Rede, der auch ihr Hauptinteresse gilt, schreiben Clark und Gerrig dabei ikonischen Charakter zu, während sie indirekte Rede als symbolisch einstufen. 107 Der ikonische Charakter direkter Rede präsupponiert das Vorliegen einer Ähnlichkeit zwischen der wiedergegebenen und der Originaläußerung - auf diesen Punkt kommen wir in der Folge noch einmal zurück (s. Kap. 3.8). Auf theoretischer Ebene bietet die demonstration theory nicht viel Neues: 108 Ebenso wie verschiedene äußerungslinguistische Theorien beschreiben Clark und Gerrig Redewiedergabe als das Ergebnis einer Verknüpfung zweier „Do‐ mänen“ („current domain“ vs. „source domain“) bzw. die Verbindung zweier Kommunikationssituationen, die sich jeweils anhand von (mindestens) sechs Parametern beschreiben lassen: Sprecher, Adressat, Ort, Zeit, Perspektive 109 und (Sprach-)Handlung. Die Autonymie-These („mention theory“) lehnen Clark/ Gerrig (1990, 800-801) mit der Begründung ab, sie setze die Existenz einer Originaläußerung voraus, deren Wortlaut rekonstruiert würde („verbatim as‐ sumption“). Die verbatim-Hypothese wiederum verwerfen sie unter Verweis auf zahlreiche empirische Untersuchungen zur Behaltensleistung nur einmalig gehörter Äußerungen: 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 57 110 Vgl. hierzu auch Auer (2009, 2): „Remembering what has been said is an interactive process which in itself is costly and prone to error and disagreement. […] [o]ur memory is poorly adapted to the storage of speech, and is subject to quite evident limitations even for the content of what has been heard, but certainly for its form […].“ Empirical research shows that people can’t recall an utterance word for word, even after a few seconds, without taking special pains to rehearse and memorize it […]. People’s performance is even worse when they try to reproduce not just the sentence uttered […] but the utterance issued […] with all its pauses and self-corrections […]. (Clark/ Gerrig 1990, 796) 110 Für die vorliegende Untersuchung wesentlich wertvoller ist die deskriptive Ebene der demonstration theory, da sie ein äußerst differenziertes - allerdings auf die Beschreibung direkter Rede beschränktes - Instrumentarium zur Analyse insbesondere gesprochen realisierter Redewiedergabe bietet. Von zentraler Bedeutung ist hier die Annahme, dass der wiedergebende Sprecher ganz be‐ wusst auswählt, welche Elemente einer (realen oder hypothetischen) Äußerung er als relevant beurteilt („selectivity principle“, Clark/ Gerrig 1990, 774) und sich deshalb entscheidet, sie entsprechend explizit wiederzugeben. Hierbei gilt das sogenannte „markedness principle“, das sich letztlich an den Griceschen Maximen der Quantität und der Modalität orientiert: „To mark an aspect [in a quotation] is to imply that it has a recognizable purpose and, therefore, isn’t incidental“ (Clark/ Gerrig 1990, 774). Der wiedergebende Sprecher kann bei der Wiedergabe insgesamt drei As‐ pekte berücksichtigen: Erstens die sog. delivery (vgl. Clark/ Gerrig 1990, 775- 776), die einerseits bestimmte Stimmeigenschaften wie Tonhöhe, Alter der Stimme oder Stimmqualität umfasst. Andererseits zählen Clark und Gerrig hierzu auch Gefühle und Gesten, die die Äußerung begleiten. Der zweite Aspekt betrifft die sprachliche Realisierung der Äußerung, bei der der wiedergebende Sprecher die Wahl hat zwischen unterschiedlichen diatopischen, diastratischen und diaphasischen Varietäten. Schließlich entscheidet der wiedergebende Spre‐ cher auch, welche Aspekte des eigentlichen Sprechakts er wiedergeben möchte. Hier unterscheiden Clark und Gerrig insgesamt fünf Teilakte, die u. a. Austin und Searles Dimensionen von Sprechakten aufgreifen: (i) der wiedergebende Sprecher kann lediglich die Illokution einer Äußerung wiedergeben; (ii) er kann den propositionalen Gehalt bzw. den (vom Wortlaut unabhängigen) Inhalt einer Äußerung auswählen; (iii) die Wiedergabe kann der Lokution („what remains after all the self-corrections and completions have been made“, Clark/ Gerrig 1990, 778) entsprechen; (iv) der Sprecher kann den Äußerungsakt im Wortlaut wiedergeben; (v) die Wiedergabe kann den Äußerungsakt als „collaborative 58 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 111 Da ihrer Meinung nach sowohl auf formaler wie auch auf funktionaler Ebene zu große Unterschiede zwischen direkter und indirekter Rede bestehen, lehnt sie ein beide Typen einschließendes Modell ab. act“ (Clark/ Gerrig 1990, 779) wiedergeben, der beispielsweise auch Reaktionen des Gesprächspartners enthält. Während in der Mehrzahl der Fälle lediglich Illokution und propositionaler Gehalt zur Wiedergabe ausgewählt werden, sind auch Wiedergaben denkbar, die ohne diese beiden Dimensionen auskommen und lediglich „Platzhalter“ wie bla, bla, bla o.ä. enthalten. Im Zusammenhang mit der Verwendung von Platzhaltern in Passagen di‐ rekter Rede muss die Frage nach der Ähnlichkeit zwischen (auch fingierter oder hypothetischer) Original- und wiedergegebener Äußerung ein wenig grundlegender gestellt werden: Lässt sich eine minimale Ähnlichkeit festlegen, deren Existenz das Vorliegen direkter Rede eindeutig macht? Ließe sich diese Ähnlichkeit darüber hinaus auch quantifizieren? Clark und Gerrig bieten keine Antwort auf diese Fragen, jedoch ergeben sich Lösungsvorschläge aus relevanztheoretischen Betrachtungen von Redewiedergabe (s.-u.) . Über die detaillierte Beschreibung der formalen Aspekte von Redewiedergabe hinaus nehmen Clark und Gerrig auch eine funktionale Einordnung von (ver‐ balen oder auch nonverbalen) Demonstrationen vor, die wir an dieser Stelle nur kurz skizzieren (vgl. aber Kap. 3.7): Insbesondere nonverbale Demonstrationen bieten zunächst die Möglichkeit, schwer in Worte zu fassende Ereignisse (beispielsweise bestimmte Bewegungen) zu kommunizieren. Darüber hinaus ermöglichen Demonstrationen eine wesentlich lebendigere Darstellung, die die an der Kommunikationssituation Beteiligten stärker involviert. Sehr ähnliche Aspekte nehmen Gisela Brünners Arbeiten in den Blick, obwohl sie offenbar ohne Kenntnis der Überlegungen von Clark und Gerrig entstanden sind. Ihre diskursanalytisch perspektivierte Analyse untersucht vor allem pragmatische Aspekte von Redewiedergabe und konzentriert sich dabei auf mündlich realisierte direkte Rede. 111 Sie beschreibt Redewiedergabe als „Fenstertechnik“, bei der eine Sprachhandlung „demonstriert“ wird: In einer laufenden Kommunikation wird ein Fenster eröffnet und dort eine andere Kommunikation eingeblendet […]. […] eine kommunikative Handlung [wird] in Inhalt und Form vorgeführt, demonstriert. Der aktuelle Sprecher übernimmt die Perspektive des wiedergegebenen Sprechers und macht die wiedergegebene Kommu‐ nikationssituation zum deiktischen Bezugsrahmen seines Handelns. Er handelt, als ob er der wiedergegebene Sprecher wäre. (Brünner 1991, 2) Die Modellierung von Redewiedergabe als Demonstration rückt auch nonbzw. paraverbale Aspekte wie die Darstellung von Gestik, Mimik und Prosodie in 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 59 112 Brünner (1991, 3-4) geht davon aus, dass „im Gedächtnis nicht der Wortlaut, sondern Bedeutungen festgehalten werden“, liefert jedoch keine Belege für diese Annahme. 113 In diese Richtung argumentiert auch Ehmer (2011, 68), der stattdessen die Annahme einer Origoverschiebung in ein (Bühlersches) Phantasma anregt (vgl. Bühler 1934, 125). 114 Tannen übernimmt dieses Konzept von John Gumperz (1982) und Wallace Chafe (1985), die den Begriff jeweils unterschiedlich verwenden. Chafe unterscheidet insgesamt drei Typen von involvement in Gesprächen, die an die drei Bühlerschen Funktionen sprachlicher Zeichen erinnern: „self-involvement of the speaker, interpersonal involvement between speaker and hearer, and involvement of the speaker with what is being den Blick. Die Funktionsweise der Fenstertechnik lässt sich graphisch folgen‐ dermaßen illustrieren: Abb. 2: Wiedergabe direkter Rede als „Fenstertechnik“ (nach Brünner 1991, 2) Brünner unterstreicht weiterhin, dass die Annahme einer Fenstertechnik nicht das Vorliegen einer Originaläußerung impliziert, die der wiedergebende Spre‐ cher rekonstruiert. Vielmehr sind auch „Fenster in die Vergangenheit“ sowie „Fenster in die Zukunft und in mögliche Welten“ (Brünner 1991, 3) möglich. Selbst wenn eine Originaläußerung vorliegen sollte, geht Brünner jedoch nicht von einer „authentischen“, d. h. exhaustiven und originalgetreuen Re‐ konstruktion aus, da dies nicht der kognitiven Verarbeitung von Sprachdaten entspräche; 112 wesentlich wahrscheinlicher sei eine selektive Rekonstruktion. Da in zahlreichen Redewiedergabe-Kontexten Sprachhandlungen von nicht näher identifizierten Sprechern wiedergegeben werden, scheint es wenig ziel‐ führend, der Instanz des wiedergegebenen Sprechers eine derart zentrale Rolle einzuräumen. 113 Problematisch erscheint weiterhin, dass sich Brünners Modell ausschließlich auf die Gesprächspartner konzentriert und alle übrigen Para‐ meter der wiedergegebenen Kommunikationssituation ausblendet. - 2.3.4.3 Redewiedergabe als constructed dialogue Den theoretischen Rahmen von Deborah Tannens Arbeiten zur Redewiedergabe bilden einerseits die interaktionale Soziolinguistik und andererseits die Ge‐ sprächsforschung. Tannens Hauptinteresse gilt dabei dem Konzept des involvement, 114 das sie als „an internal, even emotional connection individuals feel 60 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick talked about“ (Tannen 2 2007, 27). Gumperz hingegen versteht involvement als „an observable, active participation in conversation“ (Tannen 2 2007, 27). Tannen stellt die Gemeinsamkeiten beider Lesarten in den Vordergrund, orientiert sich jedoch insgesamt enger an Chafes Interpretation. 115 Insbesondere direkte Rede stellt Tannens Meinung nach eine wirkungsvolle involve‐ ment-Strategie dar. 116 Das Konzept der Dialogizität ist für Tannen lediglich eine Ausprägung einer umfassen‐ deren Intertextualität (vgl. Tannen 2 2007, 8-17). which binds them to other people as well as to places, things, activities, ideas, memories, and words“ (Tannen 2 2007, 27) definiert. Sie untersucht die Verwen‐ dung von Redewiedergabe als eine von mehreren involvement-Strategien, zu denen sie u. a. auch Phänomene wie Wiederholungen oder die Verwendung von Metaphern zählt. 115 Tannen stützt sich weiterhin auf Bachtins Annahme einer universellen Dialogizität 116 menschlicher Kommunikation: What may seem at first like the self-evident claim that it takes more than one person to have a conversation, is actually a more subtle and significant one: that conversation is not a matter of two (or more) people alternately taking the role of speaker and listener, but rather that both speaking and listening include elements and traces of the other. Listening, in this view, is an active not a passive enterprise, requiring interpretation comparable to that required in speaking, and speaking entails simultaneously projecting the act of listening: In Bakhtin’s sense, all language use is dialogic. (Tannen 2 2007, 27) Ausgangspunkt von Tannens Betrachtung der Redewiedergabe ist die These, dass es sich hierbei keinesfalls um die authentische Wiedergabe einer tatsächlich realisierten Äußerung handeln kann: „My main point in this chapter is to argue that ‚reported speech‘ is not reported at all but is creatively constructed by a current speaker in a current situation“ (Tannen 1989, 105). Sie verzichtet deshalb auf den Begriff reported speech zugunsten der Bezeich‐ nung constructed dialogue. Insbesondere zwei Argumente stützen ihre These: Einerseits existiert häufig keine Originaläußerung, auf die sich die Redewieder‐ gabe beziehen könnte. Tannen führt zahlreiche Belege aus ihrem Korpus von Alltagserzählungen an, in denen constructed dialogue etwa in negierter Form („you can’t say: …“, Tannen 2 2007, 113), in chorischen Äußerungen („all the Americans said: …“, Tannen 2 2007, 115) oder in Form „innerer Rede“ („and I thought: …“, Tannen 2 2007, 115) auftritt. Sollte andererseits dennoch eine Originaläußerung vorliegen, so geht Tannen davon aus, dass der wiedergebende Sprecher sich diese Äußerung „zu eigen“ macht und damit eine neue Äußerung 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 61 117 Damit verwirft Tannen auch das von Goffman entwickelte Konzept des animator (s. o.): Für sie ist der wiedergebende Sprecher keinesfalls nur ein neutraler Überbringer der Originaläußerung. entstehen lässt. 117 Die Gestaltung der Äußerung richtet sich vor allem am Adressaten aus: [T]he construction of the dialogue represents an active, creative, transforming move which expresses the relationship not between the quoted party and the topic of talk but rather the quoting party and the audience to whom the quotation is delivered. (Tannen 2 2007, 111) Hier wird deutlich, dass sich der Schwerpunkt von Tannens Arbeiten deutlich von demjenigen äußerungslinguistischer Analysen unterscheidet: Im Vorder‐ grund steht hier nicht der Umgang des wiedergebenden Sprechers mit „fremder Rede“. Der Fokus liegt vielmehr auf den Inhalten, die in Form von constructed di‐ alogues versprachlicht werden. Damit rücken insbesondere funktionale Aspekte der Redewiedergabe in den Blick, die wir später noch näher betrachten werden (s.-Kap. 3.7). Tannens Annahme eines constructed dialogue geht deutlich über die bislang diskutierte verbatim-Hypothese hinaus. Tatsächlich erscheint uns Tannens auf der Grundlage von mündlich und schriftlich realisierten Erzählungen formu‐ lierte These zu radikal, da sie die Originaläußerung systematisch ausblendet. In Bezug auf bestimmte Textsorten wie beispielsweise politische Reden kann es jedoch durchaus relevant sein, das Verhältnis zwischen Original- und wieder‐ gegebener Äußerung genauer zu beleuchten. - 2.3.4.4 Stilisierung fremder Rede und Überlagerung von Stimmen Ähnlich wie Elisabeth Gülich nimmt auch Susanne Günthner in ihren Untersu‐ chungen zur Redewiedergabe vor allem die sprachliche Ebene in den Blick. Methodologisch gesehen beruft sich Günthner, ebenso wie Tannen, neben der Gesprächsforschung auf die auf John Gumperz zurückgehende interpreta‐ tive Soziolinguistik. Darüber hinaus stützt sie sich auf die von Selting und Couper-Kuhlen entwickelte interaktionale Linguistik. Diese Schwerpunktset‐ zung macht bereits deutlich, dass Günthner sich vor allem für die funktionalen Aspekte von Redewiedergabe interessiert. Ihre Überlegungen sind jedoch insbesondere deshalb für die theoretische Modellierung von Redewiedergabe hilfreich, weil sie sich auf Korpora von Alltagsgesprächen stützen. Dabei scheinen uns insbesondere zwei Aspekte von Belang: Zunächst lehnt auch Günthner die verbatim-Hypothese ab. In diesem Zusammenhang führt sie dieselben Argumente an wie Tannen: Einerseits wird 62 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 118 Günthner interessiert sich insbesondere für die prosodische Realisierung der Überla‐ gerung von Stimmen (vgl. Kap. 3.3). meist bereits aus der Verwendung von Redewiedergabe deutlich, dass keine Originaläußerung existiert. Andererseits, und hier argumentiert Günthner (1997b, 228) präziser als Tannen, wird die wiedergegebene Äußerung von ihrem ursprünglichen Kontext abgekoppelt (dekontextualisiert) und anschließend rekontextualisiert. So kann zumindest in funktionaler Hinsicht keine Identität bestehen zwischen der Originaläußerung und der wiedergegebenen Äußerung. Redewiedergabe ist für Günthner deshalb eng mit den Konzepten der Stili‐ sierung und der Inszenierung verbunden: Der wiedergebende Sprecher nimmt häufig eine „punktuelle Überhöhung bestimmter Gestaltungsverfahren zur Kontextualisierung einer spezifischen sozialen Orientierung auf die porträtierte Figur beziehungsweise deren (kommunikative) Handlung“ (Günthner 2002, 61) vor. In diesem Zusammenhang spricht Günthner - unter Berufung auf Bachtins Polyphonie-Konzept - von einer „Überlagerung von Stimmen“, und zwar in dem Sinne, dass „Sprechende bei der Rekonstruktion vergangener Äußerungen diese nicht nur inszenieren, sondern durch die Art der Stilisierung das porträtierte Verhalten beziehungsweise die Rede bewerten“ (Günthner 2002, 63). 118 - 2.3.4.5 Redewiedergabe aus relevanztheoretischer Sicht Abschließend möchten wir mit den Arbeiten von Wilson (2000) und Noh (2000) zwei pragmatische Analysen von Redewiedergabe-Phänomenen vorstellen, die sich auf die von Sperber und Wilson entwickelte Relevanztheorie (vgl. Sperber/ Wilson 1995) stützen. Während sich die Mehrzahl der semantischen und sprach‐ philosophisch perspektivierten Arbeiten auf direkte Rede konzentriert und er‐ zähltheoretisch bzw. stilistisch ausgerichtete Untersuchungen vorrangig (freie) indirekte Rede in den Blick nehmen, berücksichtigt Wilsons Theorieentwurf ganz explizit alle Typen von Redewiedergabe. Im Unterschied beispielsweise zu Grice, der hauptsächlich Inferenzprozesse betrachtet, konzentriert sich Wilson auf den Verstehensprozess, in dessen Rahmen der Hörer die Redewiedergabe auf ihre Ähnlichkeit mit der zugehörigen Originaläußerung abgleicht und daraus Schlüsse auf die pragmatische Bedeutung der wiedergegebenen Äußerung zieht: Während bei direkter Rede insbesondere formale bzw. sprachliche Ähnlichkeit zwischen Original und Wiedergabe besteht, betrifft die Ähnlichkeit bei indi‐ rekter Rede oder im Falle von Gedankenwiedergabe semantische und logische Eigenschaften. Original und Wiedergabe lösen dann identische Implikaturen aus (vgl. Wilson 2000). 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 63 119 Relevanztheoretischen Prinzipien folgend liegt der Fokus von Wilsons Betrachtung auf der hörerseitigen Dekodierung von Äußerungen. 120 Damit verwirft sie zugleich die verbatim-Hypothese, die ja eine Identität zwischen Original- und wiedergegebener Äußerung postuliert. Im Mittelpunkt von Wilsons Überlegungen 119 steht die These, dass sich jede Art der Redewiedergabe unter Rückgriff auf das Kriterium der Ähnlichkeit näher untersuchen lässt: „[…] all varieties of metarepresentation […] can be analyzed in terms of a notion of representation by resemblance, leaving the way open to a unified account“ (Wilson 2000, 425). 120 Direkte und indirekte Rede unterscheiden sich hauptsächlich durch die Art der Ähnlichkeit zwischen wiedergegebener und „Originaläußerung“, die der Sprecher als salient markiert: Im Falle direkter Rede ist die Ähnlichkeit auf formaler Ebene („metalinguistic resemblance“, Wilson 2000, 426) stärker ausgeprägt, während bei indirekter Rede die Ähnlichkeit auf inhaltlicher Ebene („interpretive resemblance“, Wilson 2000, 426) in den Vordergrund gerückt wird. Das Kriterium der Relevanz erlaubt es auch, den Grad der Ähnlichkeit zwischen Original- und wiedergegebener Äußerung besser zu erklären, als dies beispielsweise im Rahmen der demonstration theory von Clark/ Gerrig (1990) möglich ist (s. o.): Ausschließlich die Relevanz bestimmt, welche Aspekte eines Sprechaktes möglichst ähnlich zum (auch hypothetischen bzw. fingierten) Original dargestellt werden. Noh (2000, 90) illustriert dies am Beispiel direkter Rede, die sich auf eine Äußerung in einer anderen Sprache bezieht: Wenn es der Sprecher mit Blick auf seine kommunikativen Ziele nicht als relevant einstuft, in welcher Sprache die Originaläußerung getätigt wurde, wird er auf eine entsprechende Markierung verzichten (vgl. Beleg [26a]). - (26) a. Wolfgang asked „Are you hungry? “ and I answered „Yes, I am“. - - b. Wolfgang asked „Hast du Hunger? “ and I answered „Ja“. (Clark/ Gerrig 1990, 777) Dies erleichtert einerseits die hörerseitige Verarbeitung der Äußerung, ande‐ rerseits geht auch kein kognitiver Effekt verloren. Auf der Hörerseite laufen ähnliche Prozesse ab: Während ein Hörer der Äußerung in (26a) davon ausgeht, dass die Originalsprache entweder Englisch war oder aber in diesem Kontext für den Sprecher keine Rolle spielt, wird er aus Beleg (26b) schlussfolgern, dass die dargestellte größere Ähnlichkeit mit der Originaläußerung, die die Verwendung der Originalsprache suggeriert, für das Verständnis der Äußerung relevant ist. 64 2 Redewiedergabe im Forschungsüberblick 121 Die Sprechereinstellung kann dabei drei Ausprägungen annehmen: Der wiederholende Sprecher kann der wiederholten Äußerung Nachdruck verleihen, sie in Frage stellen oder sich von ihr distanzieren. Darüber hinaus grenzt Wilson mit Hilfe funktionaler Kriterien Phänomene der Redewiedergabe von reinen Wiederholungen ab, wie sie etwa bei Echo‐ konstruktionen vorliegen: Während eine wiedergegebene Äußerung vom Hörer immer dann als relevant eingestuft werden kann, wenn er sich über den Inhalt der Originaläußerung informiert fühlt, sind reine Wiederholungen vor allem dann relevant, wenn für den Hörer die Einstellung des wiederholenden Sprechers zur wiederholten Äußerung deutlich wird. 121 Aus dem voranstehenden Überblick über unterschiedliche sprachwissen‐ schaftliche Theorien zum Phänomen der Redewiedergabe lässt sich im Hinblick auf die durchzuführende Korpusuntersuchung an dieser Stelle folgende Zwi‐ schenbilanz ziehen: In Anbetracht der Natur der zu untersuchenden Korpora und angesichts der Zielsetzung der vorliegenden Analyse erscheint uns die Wahl einer pragmatisch ausgerichteten Theorie der Redewiedergabe am sinnvollsten. Aufgrund ihrer äußerst detailliert ausgearbeiteten deskriptiven Ebene ist die demonstration theory von Clark/ Gerrig (1990) grundsätzlich am besten geeignet. Die relevanztheoretischen Überlegungen von Wilson (2000) bieten insofern eine passende Ergänzung, als sie eine Einbeziehung auch indirekter Rede erlauben und das Kriterium der Ähnlichkeit unter Rückgriff auf das Konzept der Relevanz plausibel machen. Die nachfolgenden Abschnitte sollen das deskriptive Instrumentarium der durchzuführenden Untersuchung dahingehend ergänzen, dass sie Aufschluss geben über unterschiedliche (formale) Typen von Redewiedergabe sowie über Möglichkeiten, diese Typen zu modellieren. 2.3 Redewiedergabe aus sprachwissenschaftlicher Sicht 65 122 Die Monographie von Volkmann (2005), die sich neben der Redewiedergabe jedoch auch anderen verwandten Phänomenen widmet, stellt hier eine der wenigen Ausnahmen dar. 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen Obwohl es sich bei Redewiedergabe nicht um ein einzelsprachliches Phänomen handelt, finden sich dennoch insbesondere auf formaler Ebene eine ganze Reihe sprachspezifischer Besonderheiten, die im Folgenden am Beispiel des Spani‐ schen näher beleuchtet werden sollen. Dem an sprachlichen Merkmalen ausge‐ richteten Überblick vorangestellt ist ein Kapitel zur Typologie der Redewieder‐ gabe (3.1), das einen Überblick über verschiedene Klassifizierungsmöglichkeiten bietet. Die Betrachtung der sprachlichen Markierung von Redewiedergabe (3.2) nimmt mit Charakteristika der Redekennzeichnung (3.2.1), Eigenschaften der wiedergegebenen Passage (3.2.2) sowie Fragen der Verknüpfung zwischen beiden (3.2.3) zentrale Elemente des Wiedergabekontextes in den Blick. Neben der sprachlichen Ebene existieren auch auf prosodischer (3.3) und auf nonverbaler Ebene (3.4) spezifische Markierungsmuster von Redewiedergabe. Bestimmte inhaltliche Charakteristika von Redewiedergabe (3.5) sind insbeson‐ dere für die funktionale Analyse relevant. Diasystematische Markierungen (3.6) wiedergegebener Passagen wurden bislang auch vorwiegend vor dem Hintergrund ihrer kommunikativen Funktion betrachtet, obwohl hier auch die Untersuchung formaler Besonderheiten wie z. B. die Auswahl bestimmter Varianten von großem Interesse wäre. Den Abschluss bildet ein Überblick über verschiedene Funktionen von Redewiedergabe (3.7). Da es sich beim Phänomen der Redewiedergabe - insbesondere im Vergleich zum französistischen und, mit Abstrichen, zum germanistischen Kontext - um ein im deutschsprachigen hispanistischen Kontext bislang nur selten beleuch‐ tetes Problemfeld handelt, 122 ist der nachfolgende Forschungsüberblick bewusst ausführlich gestaltet und bietet damit die Synthese einer großen Zahl von Einzeldarstellungen. 123 Brunner (2015, 33) und Reyes (2002b) gehen ebenfalls von drei Haupttypen aus. 124 Vier Haupttypen der Redewiedergabe nehmen beispielsweise Rosier (2008) und Reyes (2002a) an. Darüber hinaus betrachten Leech/ Short (1981, 323-324)-- aus literaturwis‐ senschaftlicher Perspektive - noch einen fünften Typ als kanonisch: den andernorts auch als „Redeerwähnung“ bezeichneten „narrative report of speech acts“ in He promised to return. 125 Ein Inventar möglicher Kommunikationsverben findet sich in Kap. 3.2.1. 126 Rosier (1999, 208-209) präsentiert anhand französischer Beispiele insgesamt 16 mög‐ liche Unterformen der direkten Rede, die sich aus der Kombination unterschiedlicher formaler Markierungen ergeben. 3.1 Typologie der Redewiedergabe Nachfolgend möchten wir zunächst die als „kanonisch“ eingestuften Formen zusammenstellen - Kap. 3.1.1 ist insofern komplementär zu Kap. 2.2.2 ange‐ legt, als dort eher meta-grammatikographische Fragestellungen problematisiert wurden, während wir nachfolgend zentrale formale und funktionale Eigen‐ schaften der unterschiedlichen Wiedergabetypen zusammenstellen. Anschlie‐ ßend gehen wir auf Mischbzw. Hybridformen ein (3.1.2) und diskutieren einige eher randständige Redewiedergabe-Phänomene (3.1.3). In diesem Zusammen‐ hang werden wir auch auf Möglichkeiten der Abgrenzung zwischen Redewie‐ dergabe und Evidentialität eingehen. Weiterhin stellen wir alternative, von den kanonischen Typologien abweichende Kategorisierungen von Redewiedergabe vor (3.1.4), bevor wir schließlich eine alternative Möglichkeit der Modellierung von Redewiedergabe präsentieren, die den Phänomenbereich nicht mit Hilfe diskreter Kategorien erfasst, sondern als Kontinuum modelliert (3.1.5). 3.1.1 Kanonische Formen Als „kanonisch“ eingestuft werden üblicherweise drei, bisweilen auch vier Formen der Redewiedergabe. Uneingeschränkter Konsens besteht in Bezug auf das „triptyque“ (Rosier 1999, 34) bzw. die „trichotomie“ (Strauch 1975, 424) von direkter, indirekter und freier indirekter Rede. 123 Darüber hinaus wird bisweilen auch die freie direkte Rede zu den kanonischen Formen gezählt. 124 - 3.1.1.1 Direkte Rede Auf formaler Ebene zeichnet sich direkte Rede aus durch eine Rahmenformel mit einem Kommunikationsverb (auch als Inquit-Formel oder Redekennzeichnung bezeichnet), 125 gefolgt von einer direkten Redewiedergabe (vgl. Beleg [27]) und [28]), die typographisch (mittels Doppelpunkt und/ oder Anführungszeichen bzw. Gedankenstrichen) 126 markiert sein können: 68 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 127 Maldonado González (2000, 3565-3571) diskutiert vier mögliche Ausgestaltungen dieser Gleichordnung. 128 Vgl. in diesem Zusammenhang auch das verbum cogitandi pensar in (28). 129 Maldonado González (2000, 3554) spricht in diesem Zusammenhang von einem „efecto monótono y de pobre valor estético“, den es insbesondere in literarischen und journa‐ listischen Kontexten nach Möglichkeit zu vermeiden gelte. 130 Zu Grammatikalisierungsbzw. Pragmatikalisierungsprozessen von Sprechaktverben zu Zitatpartikeln vgl. Roncador (1988, 29). (27) Y cuando íbamos hacia la cafetería, vimos a un señor que estaba pegando a una chica. Mi padre le dijo: „¿Qué estás haciendo? “ (El Mundo 2008) - (28) Cuando Tasso conoció a Llorens pensó: „Es la chica ideal“. (El Mundo 2008) In mündlicher Realisierung kann diese Markierung auch auf prosodischer oder nonverbaler Ebene erfolgen (s. Kap. 3.3). Rahmenformel und Wiedergabe stehen syntaktisch gesehen nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis, sondern sind gleichgeordnet. 127 Die Rahmenformel kann im Übrigen auch nachgestellt sein: - (29) „Yo no tengo nada que ver en esto. Yo no lo hice“, dijo. (El País 2000) Insbesondere in literarischen Texten verweist dabei das Verb in der Rahmen‐ formel nicht immer auf eine Sprachhandlung, sondern kann auch auf gleich‐ zeitig zur Sprachhandlung vollzogene bzw. der Sprachhandlung unmittelbar vorausgehende Handlungen (im weiteren Sinne) 128 referieren: - (30) „Ésos eran Papas“, se alegró don Rigoberto. (M. Vargas Llosa: Los cuadernos de Don Rigoberto, 1997) Umgekehrt zeichnen sich insbesondere konzeptionell wie medial mündliche direkte Redewiedergaben dadurch aus, dass die Rahmenformel beinahe aus‐ schließlich das Verb decir enthält. Den stereotypen Charakter einer solchen Verwendung 129 kann die z. T. mehrmalige Wiederholung von decir unterstrei‐ chen, die insbesondere die Verwendung des Verbs in der ersten Person Singular Präsens in die Nähe eines Zitatmarkers rückt: 130 - (31) Dice: „¿A ti te gusta? Si te gusta, te lo coges y ya está“ y digo y digo: „¿Pues cuánto cuesta? “ y dice: „Hombre, es más caro“. (Corpus CREA: Conversación 2, Universidad de Alcalá de Henares) - 3.1 Typologie der Redewiedergabe 69 131 Brunner (2015, 55) weist darauf hin, dass eine klare Abgrenzung zwischen direkter Rede und freier direkter Rede streng genommen nur dann möglich ist, wenn Rahmenformel und Wiedergabe im selben Satz erscheinen. 132 Vgl. supra zur verbatim-Hypothese. 133 Hiermit eng verbunden ist die „dramatisierende“ bzw. „theatralisierende“ Funktion direkter Rede (vgl. u. a. Reyes 2002b, 45), die wir - zusammen mit weiteren Funktionen aller nachfolgend besprochenen Typen der Redewiedergabe - in Kap. 3.7 in den Blick nehmen. 134 Im Unterschied dazu existiert in einigen Sprachen keine Konstruktion zum Ausdruck indirekter Rede, vgl. Aikhenvald (2004, 132). 135 S. beispielsweise Pascual Olivé (2014, 126) und Miller/ Weinert (1998) mit Bezug auf verschiedene Varietäten des Englischen oder Estellés-Arguedas (2015, 145) in Bezug auf spanische Sprachdaten. Die Rahmenformel kann auch in Form eines parenthetischen Einschubs („in‐ ciso“) erscheinen - diese Verwendungsmöglichkeit ist jedoch größtenteils auf schriftliche Realisierungen wie die folgende beschränkt: 131 - (32) „Sin embargo“, dijo, „cada mañana debemos volver a empezar para conseguir la unidad entre los demócratas“. (El País 2000) Formales Kennzeichen der direkten Redewiedergabe ist weiterhin, dass der wiedergegebene Sprecher als deiktisches Zentrum fungiert, an dem sich alle deiktischen Ausdrücke ausrichten. Inhaltlich gesehen wird im Rahmen einer direkten Redewiedergabe eine „Ori‐ ginaläußerung“ als wörtlich reproduziert dargestellt. 132 Neben der Wiedergabe der Proposition einer Originaläußerung erlaubt direkte Rede auch die Wieder‐ gabe ihres affektiven Gehalts, 133 der beispielsweise aus der Wiedergabe von Interjektionen, Diskursmarkern oder Lexemen mit emotiver Konnotation her‐ vorgeht. Reyes (2002b, 28) illustriert diesen Aspekt anhand des nachfolgenden Ausschnitts aus einer Alltagserzählung, der die Verzweiflung der Protagonistin nicht beschreibt (etwa: „entonces di un grito terrible“), sondern stattdessen ihre verzweifelten Schreie selbst wiedergibt: - (33) …Y entonces qué hice: grité. Grité: „Aaaahhhh“. Y se paró, se paró. Grité: „Aaaahhh, aaaaahhh“. (Reyes 2002b, 28) Obwohl direkte Rede eine Sprachuniversalie 134 ist und grundsätzlich in jeder Kommunikationssituation verwendet werden kann, gibt es vereinzelt Hinweise auf Affinitäten zu bestimmten Realisierungskontexten. So gibt es beispielsweise Hinweise darauf, dass in mündlich realisierter informeller Kommunikation direkte Rede wesentlich häufiger ist als indirekte Rede. 135 70 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 136 Während Landvogt (2011, 175) für das Französische die Konjunktion que als „typisches Wiedergabesignal für den discours indirect“ ansieht, gilt dies für das Spanische mit der Einschränkung, dass in distanzsprachlichen Kontexten auf die Subjunktion nach Verben, die Wünsche oder Befürchtungen ausdrücken (u. a. rogar, temer oder proponer) verzichtet werden kann, vgl. etwa: „Nos rogó la acogiésemos por esa noche“ (Beispiel aus: Maldonado González 2000, 3575). 137 In Verbindung mit einigen wenigen Verben (v. a. decir und preguntar) können die Subjunktion und ein Interrogativpronomen auch gleichzeitig verwendet werden, wie beispielsweis im folgenden Beispiel: „[…] después nos fuimos al a un bar, o sea, porque A. dijo que por qué no íbamos a cenar por ahí […]“ (Corpus CREA). 3.1.1.2 Indirekte Rede Indirekte Rede zeichnet sich ebenfalls durch das Vorhandensein einer Rahmen‐ formel mit Kommunikationsverb aus, die jedoch eine syntaktisch abhängige indirekte Wiedergabe einleitet. Formal gesehen fungiert das Wiedergegebene, sofern es sich um eine „vollständige“, insbesondere ein Verb enthaltende Äuße‐ rung handelt, als direktes Objekt des Kommunikationsverbs und entspricht damit funktional einem Nominalsyntagma, was sich auch in der Bezeichnung des mit que eingeleiteten Nebensatzes als oración subordinada sustantiva spiegelt (vgl. Maldonado González 2000, 3575). Die Wiedergabe selbst muss jedoch keine „vollständige“ Äußerung umfassen, sondern kann auch lediglich aus elliptisch verwendeten Elementen wie cuándo, cómo und dónde wie im nachfolgenden Beleg bestehen: - (34) No me haga usted lo de siempre: que, igual que en la canción de Nat King Cole, cuando le pregunto que cuándo, cómo y dónde, siempre me responde: perhaps, perhaps, perhaps. (El País 2000) In den meisten Fällen wird die Wiedergabe mit Hilfe der Konjunktion que eingeleitet: 136 - (35) Con su característica suavidad me dijo que contaba con mi compañía […]. (El País 2000) Nur in indirekten Fragesätzen erscheint die Konjunktion si (vgl. [36]) bzw., sofern es sich um Ergänzungsfragen handelt, das entsprechende Interrogativ‐ pronomen (vgl. [37]): 137 - (36) En un momento dado, Carter le preguntó si sabía cocinar con el microondas. ( J.-C. Somoza: Zig Zag, 2006) 3.1 Typologie der Redewiedergabe 71 138 Im Unterschied dazu kann mündlich realisierte indirekte Redewiedergabe auf proso‐ discher Ebene durchaus markiert sein (s. Kap. 3.3). Es existieren jedoch auch Hybrid‐ formen, in denen indirekte Rede typographisch markiert ist (s. Kap. 3.3.1). 139 Leech/ Short (1981, 320) stellen deshalb den wiedergebenden Sprecher als „Übersetzer“ dar: „The effect that is produced when I[ndirect] S[peech] is used to report speech is one whereby the person who is reporting the conversation intervenes as an interpreter between the person he is talking to and the words of the person he is reporting […].“ (37) Lo jodido fue que el viejo me preguntó qué me había pasado […]. (A. Skarmeta: No pasó nada, 1980) Werden mehrere Äußerungen unmittelbar hintereinander wiedergegeben, kann - im Sinne einer Redundanzvermeidung - eine Rahmenformel bisweilen auch mehrere Nebensätze einleiten: - (38) „Nos prohibió salir por la puerta principal porque decía que aquello era una vergüenza, que habíamos llenado su cine de sudacas de mierda y de maricones“, señala el portavoz. (El País 2000) Da in der Regel indirekte Wiedergaben typographisch nicht gesondert markiert sind, 138 ist nicht immer klar, an welcher Stelle die Wiedergabe endet. In seltenen Fällen kann die Rahmenformel auch einen (erweiterten) Infinitivsatz einleiten: - (39) Todos cuantos aseguran querer darles algo más, lo único que buscan es con‐ seguir algo más replicó Baltasar Garrote convencido. (A. Vazquez-Figueroa, Cienfuegos 6 - Xaragua, 1993) Im Unterschied zur direkten Rede richten sich Pronomina, deiktische Ausdrücke und Tempora am Referenzrahmen des wiedergebenden Sprechers aus. Auf inhaltlicher Ebene wird die indirekte Wiedergabe als Äußerung des wiedergebenden Sprechers dargestellt, der in „eigenen“ Worten den Inhalt einer fremden Äußerung wiedergibt. 139 Das Verhältnis zur (nicht zwangsläufig tatsächlich existenten) Originaläußerung gestaltet sich dabei durchaus variabel: Die Bandbreite reicht von einer stark kondensierten Zusammenfassung, die sich bisweilen auf den illokutionären Inhalt der Originaläußerung beschränkt, bis hin zu einer mimetischen Wiedergabe, die zahlreiche stilistische Besonderheiten der Originaläußerung beibehält. 72 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 140 Die Bezeichnung erlebte Rede „bezieht sich auf die Annahme, dass diese Wiedergabe‐ form das unmittelbare ‚Erleben‘ des Bewusstseins der Figur erlaube“ (Brunner 2015, 35). In literaturwissenschaftlichen Kontexten finden sich bisweilen alternative Termini wie „innerer Monolog“ bzw. „indirekter innerer Monolog“ (vgl. Roncador 1988, 131). Die Bezeichnung erlebte Rede geht auf Etienne Lorck (1921) zurück, als ihre „Entdecker“ gelten Behaghel (1877) und Tobler (1906 [1887]). Ihre im Vergleich zur direkten und indirekten Rede späte „Entdeckung“ ist u. a. auf die große Häufigkeit der Verwendung freier indirekter Rede im modernen Roman des 18. und 19. Jh.s zurückzuführen. Dies entspricht jedoch keinesfalls der frühesten Verwendung des Phänomens, das bereits in mittelalterlicher Dichtung belegt ist (vgl. etwa Stempel 1972). Eine ausführliche Darstellung findet sich in Steinberg (1971). 141 Vgl. beispielsweise Maldonado González (2000, 3551), Sharvit (2008), Banfield (1973) oder Bally (1912, 552). 142 In selteneren Fällen liegt Redekennzeichnung in parenthetischer Stellung vor (vgl. Roncador 1988, 145). Landvogt (2011, 222-235) nimmt für Äußerungen dieser Art eine eigene Analysekategorie („discours indirect semi-libre“) an. Die Bezeichnung soll ausdrücken, „dass der Passus, der als discours cité anzusehen ist, zwar nicht syntaktisch abhängig ist wie das etwa bei einer Wiedergabe im discours indirect der Fall wäre, aber dass er auch nicht als völlig frei bewertet werden kann, da im Rahmen der Inzise ja eine Zuschreibung erfolgt - und damit immerhin eine semantische Abhängigkeit aus‐ gedrückt wird“ (Landvogt 2011, 223). Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung scheint die Annahme einer solchen zusätzlichen Kategorie wenig sinnvoll, da die Verwendung von parenthetischen inquit-Formeln im Kontext von freier indirekter Rede in mündlich realisierter Sprache praktisch ausgeschlossen werden kann (vgl. Landvogt 2011, 231, Anm. 818, in deren Romankorpus sich im Kontext von fingierter Mündlichkeit kein Beleg eines discours indirect semi-libre findet). 143 Vgl. Roncador (1988, 129), der sich seinerseits auf Bally beruft. 144 Vgl. Brunner (2015, 35) und Leech/ Short (1981, 325). Jedoch kann freie indirekte Rede durchaus präsentische Tempora aufweisen oder auch in der ersten Person formuliert sein. 3.1.1.3 Freie indirekte Rede Die im Deutschen auch als erlebte Rede  140 bezeichnete freie indirekte Rede wird häufig als Mischform aus direkter und indirekter Rede charakterisiert. 141 Formal zeichnet sie sich zunächst dadurch aus, dass ihr bestimmte - für andere Formen typische - Elemente fehlen: Dies betrifft sowohl die inquit-Formel 142 als auch typographische Markierungen wie z. B. Anführungszeichen. Im Unterschied zur indirekten Rede sind Äußerungen in der freien Variante syntaktisch unab‐ hängig, das Fehlen einer Subjunktion gilt häufig auch als ihr Hauptmerkmal. 143 Tempora und Personaldeixis richten sich, wie in der indirekten Rede, am Referenzrahmen der wiedergebenden Sprechinstanz aus - i. d. R. überwiegen Vergangenheitstempora und Pronomina der dritten Person. 144 Räumliche und zeitliche Deiktika wie allí oder ahora in Beleg (40) hingegen orientieren sich am wiedergegebenen Sprecher. 3.1 Typologie der Redewiedergabe 73 145 Vgl. Maingueneau (2001, 144): „Mais sa parfaite intégration dans le fil du récit a pour conséquence que bien souvent il est difficile, voire impossible de déterminer exactement où il [le discours indirect libre, A.-G.] commence et où il finit“. 146 Vgl. z. B. Schank (1989) für das Deutsche, Fludernik (1993) für das Englische oder Marnette (2005) für das Französische. 147 Neben zahlreichen anderen Autoren (u. a. Reyes 2002b, 46) unterstreicht auch Verdín Díaz (1970, 125) diese Tendenz in der Verwendung der freien indirekten Rede: „Tiene una fuerza especial para descubrirnos los más diversos estados anímicos al borde muchas veces de lo subconsciente.“ Dabei geht es seiner Meinung nach häufiger um negative als um positive Bewusstseinsinhalte: „Es curioso observar que el estilo indirecto libre tiene una marcada tendencia a expresar, si no la parte negativa de los estados anímicos, sí los estados desagradables o llenos de preocupación de los hablantes“ (Verdín Díaz 1970, 125). (40) Nerviosa se dijo: „¿Dónde habré puesto la carta? “. La había dejado allí encima, estaba segura. Quizá él la había descubierto y había leído lo que allí estaba escrito. ¡Con lo comprometedoras que eran aquellas palabras…! ¿Qué iba a hacer ahora? (M. Rodoreda, Espejo roto, 1991, zit. n. Maldonado González 2000, 3552; Hervorhebungen im Original) Auf eine Präsenz des wiedergegebenen Sprechers können darüber hinaus idiolektale Merkmale im lexikalischen oder syntaktischen Bereich verweisen; insgesamt scheint in der freien indirekten Rede im Vergleich zu ihrer abhän‐ gigen Variante fingierte Mündlichkeit stärker ausgeprägt. Auch Diskurs- und Modalitätsmarker können auf das Vorhandensein einer zweiten Sprechinstanz hinweisen. Freie indirekte Rede ist meist nur unter Berücksichtigung des Kontexts zweifelsfrei als solche zu identifizieren, was ihre Einordnung auf der Grundlage formaler Kriterien erschwert. Insbesondere eine eindeutige Bestimmung von Anfang und Ende einer Passage freier indirekter Rede ist so praktisch unmög‐ lich. 145 Gemeinhin gilt freie indirekte Rede als Kennzeichen literarischer Prosa, jedoch gibt es verschiedentlich Hinweise darauf, dass sie auch in anderen, z.-T. mündlich realisierten Textsorten auftreten kann. 146 Reyes (2002a, 70) geht davon aus, dass freie indirekte Rede im español coloquial deutlich seltener verwendet wird als in der entsprechenden englischen Varietät; diese Annahme konnte jedoch bislang nicht empirisch bestätigt werden. Inhaltlich gesehen legt bereits die Bezeichnung erlebte Rede nahe, dass häufiger Gedanken oder Bewusstseinsinhalte denn „äußere“ Rede dargestellt werden (vgl. Brunner 2015, 59). 147 Die auch auf der Ebene der Personaldeixis deutlich werdende starke Orientierung an der Perspektive des wiedergebenden Sprechers (s. o., vgl. Landvogt 2011, 213) führt stilistisch gesehen dazu, dass „die 74 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 148 Ebenso äußert sich Reyes (2002b, 49): „Percibimos esas palabras no como pronunciadas, sino como oídas por alguien: lo que el narrador literario reproduce es el reflejo de un discurso en una conciencia.“ 149 Landvogt (2011, 187-188) führt die fehlende Präsenz des discours direct libre in franzö‐ sischen Grammatiken sowie das späte Einsetzen einer theoretischen Diskussion auf die Tatsache zurück, dass es sich hierbei um eine vergleichsweise „junge“ Kategorie der Redewiedergabe handelt, die erst zu Beginn des 20. Jh.s erstmals eingesetzt wurde und deren „Montage-Effekt“ beispielsweise in Döblins Roman Berlin Alexanderplatz exemplarische Verwendung fand. Vergleichbares kann sicherlich für spanische Gram‐ matiken gelten. erlebte Rede, wenn sie sich auf Gesprochenes bezieht, dieses als wahrgenommen darstellt, sozusagen, als ob der Held sich oder andere sprechen hörte“ (Roncador 1988, 147). 148 Durch die bereits angedeutete Präsenz - bisweilen ist auch von Überlagerung oder von Verschmelzung die Rede (vgl. Landvogt 2011, 214) - zweier Standpunkte wird andererseits auch eine Distanzierung gegenüber dem in der Redewieder‐ gabe ausgedrückten Standpunkt möglich. Dass dies häufig in ironischer Form geschieht, unterstreichen u.-a. Leech/ Short (1981, 336): […] F[ree] I[ndirect] S[peech] is often used as a vehicle for irony because its occurrence on the indirect side of the D[irect] S[peech] norm on the speech presentation scale allows for the introduction of two points of view. - 3.1.1.4 Freie direkte Rede Im Unterschied zu den drei zuvor vorgestellten Formen der Redewiedergabe wird die freie direkte Rede nicht immer zu den „kanonischen“ Formen ge‐ rechnet; 149 Rosier (1999) zählt sie beispielsweise zu den hybriden Formen der Redewiedergabe, während Semino/ Short (2004) sie nicht als eigene Kategorie ansehen, sondern sie in Ermangelung trennscharfer formaler Kriterien nur im Verbund mit direkter Rede betrachten. Auch die freie direkte Rede wird meist mit Hilfe einer Negativdefinition von ihrer „nicht-freien“ Variante abgegrenzt: Im Unterschied zur direkten Rede fehlt ihr die inquit-Rahmenformel; (typo)graphische Hervorhebungen mit Hilfe von Anführungszeichen, Klammern, Kursivierungen oder Absätzen sind selten (vgl. Landvogt 2011, 183). Fehlt diese explizite Markierung, so können die Grenzen der Redewiedergabe ebenso wie die Sprechinstanz ausschließlich aus dem Kontext abgeleitet werden. Maldonado González (2000, 3552) unterscheidet neben dem discurso directo libre einen discurso directo no regido, der nicht mit Hilfe eines Kommunikati‐ onsverbs eingeleitet wird, jedoch typographisch (bei mündlicher Realisierung 3.1 Typologie der Redewiedergabe 75 150 Ähnlich argumentiert auch Verdín Díaz (1970, 39), der von einem bewussten Verzicht auf redeeinleitende Verben aus stilistischen Gründen ausgeht: „[…] no es necesario que haya verbo introductor para que haya estilo directo. […] El empleo constante y abusivo de los verbos introductores da rigidez a la acción. […] La supresión de los introductores supone libertad expresiva y facilidad en el manejo del lenguaje […].“ auch prosodisch) von den ihn umgebenden Äußerungen abgesetzt ist und eine explizite Markierung der Sprecherrollen (vgl. yo und ella in [41]) aufweist: - (41) Estuvimos discutiendo hasta las tantas. Yo: „Me apetece el blanco“. Y ella: „Pues a mí, el negro“. Y yo: „¿Pero por qué? “. Y ella: „Pues por incordiar, ¿por qué va a ser? “. (Maldonado González 2000, 3552) Die Annahme einer solchen zusätzlichen Unterkategorie erscheint uns wenig sinnvoll, weil sie dem Kommunikationsverb zu viel Gewicht beimisst und zugleich die Frage nach dem Status verbloser Zitatmarker des Typs und ich so nicht zufriedenstellend beantwortet. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob tatsächlich jede Okkurrenz von direkter Rede, bei der keine Rahmenformel im selben Satz auftritt, automatisch als freie direkte Rede eingestuft werden sollte. Auf diese Weise würde beispiels‐ weise der kursivierte Teil der wiedergegebenen Äußerung in (42) als freie direkte Rede kategorisiert und, u. a. aufgrund der Interpunktion, nur der erste Teil der wiedergegebenen Äußerung als direkte Rede angesehen, obwohl eine intuitive Interpretation nur von einer einzigen (fiktiven) Originaläußerung ausginge: - (42) „Thank you“, said Honor Klein. „Now would you mind helping me stack these boxes on top of each other? I shall need the space.“ (I. Murdoch, A Severed Hand, 79, zit. n. Brunner 2015, 55) In diesem Zusammenhang wäre weiterhin zu bedenken (vgl. Brunner 2015, 56), dass bei der Wiedergabe dialogischer Sequenzen sogar sehr häufig auf die Rahmenformeln verzichtet wird, sobald die Sprecherrollen eindeutig zu‐ zuordnen sind. Ob ein der Redundanzvermeidung geschuldeter Verzicht auf die Wiederholung von inquit-Formeln immer auch den Statuswechsel einer dialogischen Äußerung nach sich zieht, ist zumindest fraglich. 150 Weitere Indikatoren für das Vorliegen freier indirekter Rede sind beispiels‐ weise Eigennamen, Interjektionen oder (unmittelbar an Dialogsituationen ge‐ knüpfte) Imperative. Darüber hinaus lässt die freie direkte Rede - ebenso wie ihre indirekte Variante (s. o.) - eine Affinität zur Realisierung fingierter Mündlichkeit erkennen (vgl. Landvogt 2011, 186). 76 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 151 Dies entspricht beispielsweise v. Roncadors (1988, 14) Auffassung, der zufolge die prototypischen Ausprägungen direkter und indirekter Rede lediglich „Extreme einer Skala von verschiedenen Realisierungsmöglichkeiten“ darstellen. Weiterhin ist die Verwendung freier direkter Rede stark textsortenabhängig. So stellt beispielsweise Tannen ( 2 2007) in ihrer Untersuchung von Redewieder‐ gabe in Alltagsgesprächen fest, dass etwa ein Viertel der Wiedergabe-Belege in Form freier direkter Rede erfolgen. In literarischen Werken, in denen man diesen Typ von Redewiedergabe intuitiv häufiger vermuten würde, kommt sie lediglich in 16 % der Okkurrenzen zur Anwendung (vgl. Clark/ Gerrig 1990, 772). Damit ist auch dieser Typus durchaus relevant für die nachfolgende Korpusstudie. Auf inhaltlicher Ebene wird auch die freie direkte Rede (ähnlich wie ihre indi‐ rekte Variante) häufig zur Wiedergabe von Gedanken und Bewusstseinsinhalten verwendet; dies gilt insbesondere für die Erzählform des inneren Monologs, der bisweilen als Untertyp der freien direkten Rede eingestuft wird. Daneben kann freie direkte Rede auch der Präsentation von Platitüden, Klischees, lieux communs und anderer stereotyper Formeln dienen (vgl. Landvogt 2011, 191- 192). 3.1.2 Misch- und Hybridformen Neben diesen kanonischen Formen der Redewiedergabe existieren auch zahl‐ reiche Misch- und Hybridformen, die häufig eine Mischung aus direkter und indirekter Rede darstellen. 151 Die Hybridisierung betrifft einerseits Elemente der zitierenden Rede wie die Subjunktion im Falle der direkten Rede mit que oder der indirekten Rede ohne que. Andererseits kann sie auch die typographi‐ sche Markierung betreffen, so z. B. bei indirekter Rede mit typographischer Markierung, Kursivierung oder Doppelpunkt. Darüber hinaus vermischen sich Aspekte direkter und indirekter Rede auch in der zitierten Passage selbst: So können innerhalb einer indirekten Wiedergabe deiktische Personalpronomen in die dritte Person „transponiert“ sein, die Tempora der Originaläußerung jedoch beibehalten werden-- oder umgekehrt (vgl. Rosier 1999, 207). Weder eindeutig zur direkten noch zur indirekten Rede gehören Formen, die Marnette (2005) als neutral discourse und Rosier (2008, 94-95) als discours rapporté neutre bezeichnen. Gemeint sind all jene Okkurrenzen der Redewie‐ dergabe, bei denen die Grenze zwischen direkter und indirekter Rede v. a. deshalb verschwimmt, weil die zitierte Rede keine Deiktika enthält und deshalb nicht erkennbar ist, ob es sich um eine in die indirekte Rede „transponierte“ Originaläußerung handelt oder nicht. Obwohl die einbettende Subjunktion 3.1 Typologie der Redewiedergabe 77 152 Zur spanischen Variante dieser Form liegen lediglich vereinzelte Beobachtungen vor. So geht Reyes (1984, 190) davon aus, diese Mischform sei nur schwer verständlich und käme deshalb allenfalls in literarisch fingierter Mündlichkeit oder „versehentlich“ in der Umgangssprache vor: „Por razones de inteligibilidad, no encontraremos articulaciones sintácticas semejantes en textos no literarios; sí en la lengua hablada coloquial, pero, las más de las veces, por descuido.“ Maldonado González (2000, 3553) spricht mit Verweis auf ähnliche selbst konstruierte Beispiele (die sie jedoch mittels # als „eingeschränkt akzeptabel“ markiert) von einem discurso indirecto mimético. 153 Rosier (1999, 221) unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen „que endocitationnel“ und „que exocitationnel“. fehlt, ist im Verwendungskontext eine indirekte Lesart nicht ausgeschlossen, so auch im folgenden Beispiel. - (43) [der Sprecher spricht über seinen Sohn (il) und sein auf einer Anhöhe gelegenes Haus (elle)] moi je trouve qu’il est elle est bien il me dit il est bien la-haut hé bon (zit. n. Marnette 2005, 156, Herv. A.-G.) Zur Vorkommenshäufigkeit der mit que eingeleiteten direkten Rede (DR) gibt es - ausschließlich das Französische betreffende 152 - widersprüchliche Angaben: Während Rosier (1999, 217) davon ausgeht, die Form sei im modernen Franzö‐ sisch nicht (mehr) gebräuchlich, spricht Bruña-Cuevas (1996, 48) von einer „forme pleinement développée et vivante“. In medial schriftlicher Realisierung kann die typographische Markierung die Subjunktion wahlweise als zur zitierten Rede (decir „que DR“) oder zur zitierenden Rede (decir que: „DR“) 153 gehörig ausweisen. Letztere Variante, die sich nachfolgend illustriert findet, ist auch für das Spanische insgesamt häufiger belegt: - (44) Por su parte, el ministro de Industria, Miguel Sebastián afirmó que „cada uno es libre de hacer la interpretación de las palabras de otro, pero yo entiendo que la interpretación de la palabra paréntesis es un fallo de mercado y creo que es compartida por todo el mundo“. (El Mundo 2008) Es wäre zu überprüfen, ob sich diese Ambiguität bei mündlicher Realisierung in ähnlicher Form auch auf prosodischer Ebene darstellt. Abgesehen von der typographischen Markierung zeigen die Pronomina bzw. die Personenmarkie‐ rungen der wiedergegebenen Passage (vgl. yo bzw. creo in [44]) ebenso wie die fehlende Konkordanz der Tempora (vgl. afirmó vs. es in [44]) deutlich das Vorliegen direkter Rede an; dies erlaubt im Übrigen auch eine Abgrenzung 78 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen gegenüber der Hybridform „indirekte Rede mit typographischer Markierung“ (s.-u.). Stilistisch gesehen unterstreicht die Wahl dieser Wiedergabeform den wört‐ lichen Charakter der Wiedergabe. Diese stellt sich einerseits als besonders „authentisch“ dar (vgl. Marnette 2001, 300), insbesondere, wenn die zitierte Passage deutlich nähesprachlichen Charakter hat wie im folgenden Beleg: - (45) Eso y el trabajo, que se lo hice bastante bien, con dibujitos, porque sé que a él le gustan los dibujitos, que el año pasado hice uno con dibujitos y dijo que qué bonito los dibujitos y y Y como a ti te gusta dibujar y como a mí me gusta hacer dibujitos bueno, pues se lo llevé y le dije: „Mira“. (Corpus CREA: conversación familiar/ Segovia, Herv. A.-G.) Andererseits wird diese Form auch häufig gewählt (vgl. Rosier 2008, 95-97), um Äußerungen von Autoritäten (vgl. [46]) oder Vertretern von Institutionen (vgl. [44]) möglichst „unverfälscht“ zu reproduzieren. In beiden Fällen spielt also der Aspekt der (inszenierten oder tatsächlichen) Ähnlichkeit mit der Originaläußerung eine zentrale Rolle. - (46) El Rey afirma que „el Estado de derecho no cederá al Estado de la violencia“. (El País 2000) Beispiele wie in (47), bei denen innerhalb der zitierten Passage weder Deiktika noch consecutio temporum auftreten, sind eher der Kategorie „indirekte Rede mit typographischer Markierung“ zuzurechnen: - (47) A esta tesis también se apunta el Gobierno canario, afirmando „que el obispado tiene la facultad libérrima que le permite renovar o no, aunque se vulneren derechos fundamentales“. (El País 2008) Auch hier hat die Redewiedergabe meist stark mimetischen Charakter (vgl. Rosier 2008, 97-98), der beispielsweise über Interjektionen wie uy ausgedrückt werden kann: - (48) El pretendiente, muy sincero, le dijo que „Uy, eso vamos a dejarlo, porque si te digo la verdad, me toco el amor propio, tela“. (http: / / www.telecinco.es/ mujeresyhombres [letzter Zugriff am 16.08.22]) 3.1 Typologie der Redewiedergabe 79 154 Insbesondere in jüngerer Zeit hat diese Mischform viel Aufmerksamkeit erfahren (vgl. Clark/ Gerrig 1990, Cappelen/ Lepore 2007, 53-66 oder McCullagh 2007), obwohl sie be‐ reits deutlich früher erstmals beschrieben wurde (vgl. Behaghel 1877 oder Plank 1986). Das (nicht systematisch) in Anführungszeichen zitierte Element wird in frankophonen Publikationen auch als îlot textuel bezeichnet (vgl. Authier-Revuz 2001, 199). S.-a. Kap. 2.3.2.5. 155 Gleiches gilt für das Deutsche, wo der Nebensatz mit Verbzweitstellung (Er hat gesagt, er kommt) neben dem Nebensatz mit Konjunktion und dem (ggf. erweiterten) Infinitivsatz ein typisches Muster indirekter Rede darstellt (vgl. Brunner 2015, 64 sowie Günthner 2000b, 10-11). 156 Vgl. beispielsweise: „alors j’ai dit / je les avais vues la veille chez l’épicière à 17 F“ (zit. n. Rosier 2008, 98). Aufgrund der großen Vorkommenshäufigkeit dieser Mischform sieht Rosier (a. a. O.) die Subjunktion que im gesprochenen Französisch sogar nicht mehr als typisches Merkmal indirekter Rede an. Marnette (2001, 306) zufolge muss das Fehlen der Subjunktion nicht automatisch eine Gleichordnung von zitierender und zitierter Passage nach sich ziehen; vielmehr könne die Subordination auch auf der Grundlage suprasegmentaler oder nonverbaler Marker (z.-B. mit Hilfe von Gesten) erfolgen. Die indirekte Rede ohne que existiert bereits im Altfranzösischen, wo sie jedoch selten auftritt und mehrheitlich in Versdichtungen belegt ist (vgl. Marnette 2001, 303, in deren Korpus indirekte Rede lediglich in 3 % der Fälle ohne Subjunktion verwendet wird - Glikman [2011, 171] verzeichnet in ihrem Korpus hingegen einen etwas größeren Anteil sog. asyndetischer Konstruktionen mit dire). 157 Ein Verzicht auf die Subjunktion ist nur dann möglich, wenn die Verben im Matrixsatz eine prospektive Lesart aufweisen, vgl. Maldonado González (2000, 3575) und Maldo‐ nado González (1991, 113-114). Als Sonderform dieser Kategorie lässt sich auch die sog. mixed quotation  154 interpretieren, bei der ein syntaktisch in den Komplementsatz integriertes wörtlich zitiertes Element-in Anführungszeichen wiedergegeben wird: - (49) La profesora dijo que el examen va a ser „muy fácil“. (Reyes 2002b, 8) Eine weitere Mischform stellt die indirekte Rede ohne que dar. Sprachverglei‐ chend zeigen sich hier große Unterschiede. So wird diese Form beispielsweise im Französischen 155 in nähesprachlichen Kontexten sehr häufig und systematisch verwendet, 156 im Spanischen hingegen tritt sie nur äußerst selten auf und ist auf mit rogar oder temer eingeleitete Passagen in distanzsprachlichen Kontexten wie in (50) beschränkt: 157 - (50) Como este espectáculo realmente tercermundista parece ser habitual en la zona, […] ruego a la concejalía correspondiente tome cartas en el asunto a la mayor brevedad. (El País 2000) 80 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 158 Vgl. Gras (2016, 207) und Gras (2011, 521-523). Als letzte Mischform soll an dieser Stelle die mit que eingeleitete freie indirekte Rede betrachtet werden, die bisweilen auch als discurso indirecto independiente  158 bezeichnet wird und deren Existenz nur für das Spanische belegt ist. Die Konstruktion ist als nähesprachlich einzustufen, wie aus den konstruierten Beispielen in (51) und (52) hervorgeht. - (51) Ha llamado tu hijo. Que viene a cenar. (Gras 2016, 202) - (52) Si viene mi madre, que el tabaco es tuyo. (Etxepare 2010, 618) Der nachfolgende Beleg (53) zeigt jedoch, dass sich die Konstruktion durchaus auch in Korpora nachweisen lässt; im vorliegenden Beispiel berichtet die Sprecherin B von einem Telefonstreich, den sie mit Hilfe der Konstruktion noch einmal in kondensierter Form („que se espere…“) zusammenfasst: - (53) B: y mi madre-/ a mí una de mis amigas (( )) sus hermanas↑ le llamaron dice es de la policía y dice un momentito↑ [(( )) y digo ¡ay madre mía! =] - - C: [sí/ menudo susto/ menudo susto/ menudo susto (( ))] - - B: = hasta que se ve que se [puso otra persona y dice mire↓ es de aquí de jefatura dice preguntando ¿fulano de tal? digo pues no↓ aquí no es=] - - C: [sí/ sí sí/ / sí/ sí/ no/ sí] - - B: = pero [claro↓ esos momentitos ¿eh? la policía↓ que se espere↓ que se ponga el otro↑] (Corpus Val.Es.Co., zit.-n. Gras 2016, 214) Diese Mischform weist einerseits Charakteristika indirekter Rede auf: Wo in einer entsprechenden Konstruktion in direkter Rede ein Imperativ erschiene, wird hier der Subjuntivo verwendet. Ebenso orientieren sich die Deiktika an der Origo des wiedergebenden Sprechers. Andererseits unterscheidet sich die mit que eingeleitete freie indirekte Rede auf syntaktischer Ebene von der „klassischen“ indirekten Rede: Zwar bildet auch hier eine binäre Struktur (vgl. [51’] und [53’]) die Grundlage der Konstruktion, die in der Binarität von Matrix- und Komplementsatz indirekter Redewiedergabe eine Parallele findet (vgl. Gras 2016, 215): - (51’) [tu hijo] wiedergegebener Sprecher [que viene a cenar] Aussage in indirekter Rede 3.1 Typologie der Redewiedergabe 81 159 Etxepare (2013, 118) nimmt in seiner generativ perspektivierten Analyse nicht an, dass es sich bei dem elidierten Prädikat um ein „ordinary verb of saying“ handelt, sondern geht vielmehr von einer Konstruktion aus „light verb“ und „quotative dependent“ (Etxepare 2008, 35) aus. Das syntaktische Grundgerüst, auf dem Äußerungen wie „Que el Barcelona ha ganado la Champions“ basieren, beschreibt er unter Verweis auf Davidson (1979) mit folgender Formel: „[ CP/ DP que [ RelP [Force Phrase] [Relator 0 [Quotative Predicate]]]“ (Etxepare 2010, 619). 160 Die Darstellung macht nicht ganz deutlich, warum die verba dicendi mitsamt der Sub‐ junktion ergänzt wurden, so dass diese doppelt vertreten ist. Unklar bleibt weiterhin, ob die Autorinnen die Konstruktion mit nur einfach realisierter Subjunktion ebenfalls als agrammatisch eingestuft hätten. (53’) [la policía] wiedergegebener Sprecher [que se espere, que se ponga el otro] Aussage in indirekter Rede Im Unterschied zur indirekten Rede besteht hier jedoch keinerlei syntaktische Abhängigkeit zwischen der auf den Sprecher referierenden NP und der mit que eingeleiteten Äußerung. Die Interpretation dieser Konstruktion als Hybridform indirekter Rede ist jedoch nicht unproblematisch, denn sie setzt das Vorliegen einer Ellipse des verbum dicendi  159 voraus. Eine solche Interpretation findet sich beispielsweise in der Nueva gramática de la lengua española, die für Konstruktionen wie in (54) feststellt: „se asimilan a las expresiones características del discurso indirecto […], puesto que se sobreentienden formas verbales con decir, pedir o mandar“. (RAE/ ASALE 2009, §42.4q). - (54) Eva, que no la esperemos. (RAE 2009, §42.4q) Demonte/ Fernández Soriano (2013, 53) hingegen schließen das Vorliegen einer Ellipse aus und erklären um ein verbum dicendi ergänzte Varianten ([55b] und [56b]) 160 der que-Konstruktion für agrammatisch. - (55) a. (Oye), que el paquete no ha llegado. (Demonte/ Fernández Soriano 2013, 52) - - b. *Dijo/ Señaló que [(oye), que el paquete no ha llegado]. (Demonte/ Fernández Soriano 2013, 53) - (56) a. Que el Barcelona ha ganado la Champions. (Demonte/ Fernández Soriano 2013, 52) - - b. *Dijo/ Señaló que [que el Barcelona ha ganado la Champions]. (Demonte/ Fernández Soriano 2013, 53) 82 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 161 Dabei ist die Rahmenformel - im Falle freier direkter oder indirekter Rede - bereits fakultativ. 162 Ausführlich zu evidentiellen Aspekten von sp. parecer s. Cornillie (2008). Die Annahme einer elliptischen Konstruktion erscheint uns ebenfalls wenig überzeugend, deshalb plädieren wir für die Einstufung von que als Zitatmarker, dessen pragmatische wie stilistische Besonderheiten wir an anderer Stelle (vgl. Kap. 3.2.1) genauer betrachten. 3.1.3 Rand- und Grenzbereiche Nach der Betrachtung von Misch- und Hybridformen der Redewiedergabe stellt sich im vorliegenden Kapitel die Frage nach den Grenzen des Phänomens „Redewiedergabe“. Abhängig von den Kriterien, die zur Definition und damit zur Eingrenzung des Phänomens verwendet werden, ergeben sich insgesamt zwei unterschiedliche Antworten auf diese Frage und damit zwei Typen von Grenzbereichen. Eine erste Möglichkeit besteht darin (vgl. Rosier 2008, 99), Redewiedergabe auf der Grundlage formaler Kriterien als Kombination einer Rahmenformel mit zitierender Rede und einer Phrase mit zitierter Rede zu definieren. 161 Damit werden all diejenigen Formen zu „Randphänomenen“, die formal gesehen nicht diesem Prototyp entsprechen, jedoch in ähnlichen Kontexten auftreten bzw. inhaltlich oder funktional vergleichbar sind. Hierzu gehören zunächst alle sprachlichen Phänomene aus dem Bereich der epistemischen Modalität, mit deren Hilfe Sprecher die kommunikative Verantwortung für „fremde Rede“ übernehmen (vgl. parecer in [57]) oder die im Gegenteil der Einschränkung der kommunikativen Regresspflicht (vgl. supuesta und die condicional-Form habría in [58]) dienen. 162 - (57) Este hecho parece confirmar que el sector tecnológico es uno de los pocos que tiene potencial de crecimiento en este entorno de crisis económica. (El Mundo 2008; Herv. A.-G.) - (58) En la sede central de la Dirección de Investigación Criminal […] perma‐ nece detenida María Mendoza García, la supuesta cosmiatra que habría causado la muerte de la ingeniera […]. (www.rpp.pe/ lima/ policiales-crimen es, 05.11.2015; Herv. A.-G.) Weiterhin zählen hierzu evidentielle Markierungen, die die Herkunft einer Äußerung anzeigen, strukturell jedoch nicht der klassischen Rahmenformel 3.1 Typologie der Redewiedergabe 83 163 Vgl. beispielsweise die u. a. von Roncador (1988) untersuchten logophorischen Prono‐ mina in verschiedenen afrikanischen Sprachen. 164 Hierzu gehören auch alle Phänomene, die Authier-Revuz (2001, 199) als modalisation en discours second einordnet (vgl. Kap. Authier-Revuz’Représentation du discours autre). 165 Vgl. hierzu Komur-Thilloy (2010) sowie Katelhön (2005, 173-175). 166 Vgl. Estellés-Arguedas (2015, 141), Volkmann (2005, 107-108) oder Aikhenvald (2004, 132-142). 167 Eine der wenigen Ausnahmen stellen das imperfecto citativo und der Zitatmarker dizque (vgl. Kap. 2.3.2.1) dar. 168 Eine grammatische und damit deutlich enger gefasste Definition von Evidentialität vertritt beispielsweise Aikhenvald (2004), die den Begriff evidential ausschließlich zur Bezeichnung grammatikalisierter Evidentialitätsmarker wie z. B. logophorischer Pronomen verwendet. entsprechen. Diese Markierungen können morphosyntaktischer 163 oder lexika‐ lischer Natur (vgl. según in [59]) 164 sein. - (59) Según los expertos policiales, siempre se trata de chicos muy jóvenes, de apenas 20 años, que proceden de las zonas más humildes de Madrid […]. (El Mundo 2008; Herv. A.-G.) Zum Zusammenhang zwischen verschiedenen Formen der Redewiedergabe und Evidentialitätsphänomenen 165 gibt es unterschiedliche Ansichten, die wir nachfolgend in Form eines kurzen Exkurses darstellen möchten. Während in der Mehrzahl der Untersuchungen die große Schnittmenge zwischen beiden Bereichen betont wird, 166 führen einige Autoren (z. B. Clift 2006, 572) diese Schnittmenge auf unzureichende Differenzierungskriterien zurück. Da Evidentialität im Spanischen fast ausschließlich lexikalisch 167 ausgedrückt wird (vgl. Volkmann 2005, 86), möchten wir unsere Überlegungen auf der Grundlage einer semantischen Definition von Evidentialität 168 anstellen und letztere verstehen als „jede sprachliche Markierung, mit der ein Sprecher auf die Herkunft seines mitgeteilten Wissens verweist“ (Volkmann 2005, 86, Herv. i. O.). Meist werden drei Arten der Kenntnisnahme unterschieden (vgl. Willet 1988, 57): Der Sprecher kann sein Wissen als selbst (sinnlich) wahrgenommen prä‐ sentieren, das Wissen kann ihm sprachlich vermittelt worden sein oder er stellt es als Ergebnis eines Inferenzprozesses dar. Möchte ein Sprecher sein Wissen als sprachlich vermittelt kennzeichnen, so kann er dies über die Verwendung von Redewiedergabe tun-- Redewiedergabe wäre damit eine mögliche Eviden‐ tialitätsmarkierung (vgl. Haßler 2002, 169). In diesem Zusammenhang gibt Clift (2006, 572) jedoch zu bedenken, dass Redewiedergabe insbesondere dann keine evidentielle Relevanz zugeschrieben werden kann, wenn der Sprecher seine eigene Äußerung wiedergibt, 169 - das Sprecherwissen muss sich aus einer vom 84 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 169 Clift (2006, 572) plädiert vielmehr dafür, Redewiedergabe epistemische Funktion zuzu‐ schreiben, wenn sie unter Verweis auf Holt (1996) feststellt: „reported speech ‚lends an air of objectivity to the account‘“. 170 Vgl. Brunner (2015, 68-71). Bisweilen verweisen auch die Begriffe Redeerwähnung (Landvogt 2011, 161), discours narrativisé (Landvogt 2011, 163) oder narrative report of speech acts (Leech/ Short 1981, 323-324) auf Formen dieses Typs. 171 Anders formuliert stellt sich hier die Frage, ob Phänomene „wiederholter Rede“ in Coserius Sinne (vgl. Coseriu 1978, 219) als Redewiedergabe anzusehen sind oder Sprecher unterscheidbaren Informationsquelle speisen, andernfalls erscheint ein Verweis auf seinen Erwerb wenig sinnvoll. Neben dieser funktionalen Analogie zwischen Redewiedergabe und Eviden‐ tialität konstatiert Aikhenvald (2004, 137-139) einen zweifachen Mehrwert von Redewiedergabe: Einerseits erlaubt Redewiedergabe eine Fokussierung des wiedergegebenen Inhalts und ermöglicht es damit, Bewertungen völlig auszublenden. Andererseits kann im Rahmen von Redewiedergabe die Informa‐ tionsquelle wesentlich genauer gekennzeichnet werden. Unter formalen Vorzeichen sind auch Formen erzählter bzw. berichteter Wiedergabe  170 als Grenzphänomene einzustufen, da sie zwar auf eine Rede Bezug nehmen, deren propositionaler und illokutionärer Gehalt jedoch unklar bleiben kann. Im Abgleich mit dem Prototyp fehlt hier also die Phrase mit der zitierten Rede. Die erzählte Wiedergabe kann entweder als verbaler Bezug (vgl. [60]) oder in Form einer Nominalphrase (vgl. [61]) erfolgen. - (60) El primer día habló Laín. Habló durante dos horas. (A. Trapiello, Una caña que piensa, 1998; Herv. A.-G.) - (61) Y, cuando no hay explicación, surgen los comentarios sin fundamento, los rumores y las conjeturas más descabelladas. (El País 2000; Herv. A.-G.) Schließlich weicht noch eine letzte Gruppe von Phänomenen in formaler Hinsicht vom oben formulierten Prototyp ab: Hierbei handelt es sich um Formen syntaktisch integrierter Wiedergabe fremder Rede in völlig unmarkierter Form, die bisweilen auch als discours absorbé (vgl. Landvogt 2011, 192-197) bezeichnet werden. Für den Adressaten ist das Vorliegen von Redewiedergabe hier lediglich unter Rückgriff auf sein Weltwissen erkennbar. Alternativ kann ein discours absorbé auch typographisch oder lexikalisch (etwa mit Hilfe von soi-disant, pré‐ sumé oder prétendu, vgl. Landvogt 2011, 195) minimal als fremde Rede markiert sein. Landvogt (2011, 193) sieht insofern eine inhaltliche Parallele zwischen discours absorbé und freier direkter Rede, als auch im discours absorbé „zumeist weit verbreitete Floskeln, Redewendungen, geflügelte Worte, Sprichwörter oder Gemeinplätze absorbiert [werden]“, 171 so beispielsweise die Redewendung 3.1 Typologie der Redewiedergabe 85 nicht. Brunner (2015, 59) ordnet Zitate, Sprichwörter und „geflügelte Worte“ ebenfalls als Grenzphänomene ein und annotiert sie in ihrer Korpusuntersuchung nicht als Redewiedergabe, weil sie „nicht das Referat dessen sind, was eine Figur der Erzählung von sich gegeben hat.“ 172 Vgl. Dirscherl/ Pafel (2015, 36). Dies gilt nicht für neuere Untersuchungen wie z. B. Brunner (2015). Analysen aus dem anglophonen und frankophonen Raum hingegen (vgl. z. B. Marnette 2005 oder Leech/ Short 1981) schließen Phänomene der Gedanken‐ wiedergabe explizit in die Betrachtung ein. jusqu’à ce que la mort les sépare in folgender Passage aus Michel Houellebecqs Roman La carte et le territoire: - (62) Ils avaient été heureux ensemble; ils étaient encore heureux ensemble, et le seraient encore probablement, jusqu’à ce que la mort les sépare. (M. Houellebecq, La carte et le territoire, 2010, 299; Herv. i.-O.) Eine zweite Möglichkeit, das Phänomen der Redewiedergabe einzugrenzen, ist der Rückgriff auf semantische Faktoren. Aus dieser Perspektive sind all jene Formen als Grenzphänomene anzusehen, „die Handlungen ausdrücken, welche an der Grenze der Definition von Rede, Gedanken oder Geschriebenem liegen“ (Brunner 2015, 82). Untrennbar verknüpft mit dieser inhaltlichen Ab‐ grenzung ist die Frage nach dem Status der Gedankenwiedergabe: Obwohl durch verba cogitandi eingeleitete Wiedergabepassagen auf formaler Ebene nicht zu unterscheiden sind von prototypischer Redewiedergabe (vgl. [63]), berücksichtigen zahlreiche Studien insbesondere aus dem deutschsprachigen Raum ausschließlich wiedergegebene Sprachhandlungen. 172 - (63) Se dice que en aquella época, el president [sic] empezó a pensar: „¿Qué dirán de mí, qué he hecho? “ (El Mundo 2008) Schließt man die Wiedergabe von Gedanken explizit in die Betrachtung ein, so lassen sich insgesamt drei Gruppen von Randphänomenen unterscheiden (vgl. Brunner 2015, 82-89), deren Abgrenzung sich v. a. aus der Analyse der einleitenden Verben ergibt: Einerseits gibt es Fälle, die nicht dem prototypischen Verständnis von „Rede“ als „lautliche[r], kohärente[r] Äußerung zum Zweck der Kommunikation“ (Brunner 2015, 82) entsprechen. Hierzu gehören beispiels‐ weise „Sonderformen des Sprechens“ (Brunner 2015, 82) wie beten, segnen oder singen sowie Fälle, in denen es lediglich um die Qualität der Lautäußerung geht; Brunner (2015, 83) nennt hier Beispiele wie ächzen, jammern oder kreischen. Andererseits lassen sich sehr ähnlich gelagerte „Grenzfälle von Geschrie‐ benem“ (Brunner 2015, 84) ausmachen, in deren Rahmen entweder Titel, Über- 86 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen oder Unterschriften wiedergegeben werden oder aber auf Schreibhandlungen wie unterzeichnen referiert wird, die nur in begrenztem Maße kommunikativen Zwecken dienen. Schließlich existiert mit „Grenzfälle[n] von Gedanken“ (Brunner 2015, 84- 89) eine sehr heterogene Gruppe von Randphänomenen, die Wahrnehmungen (erkennen, merken), kognitive Zustände (wissen, der Ansicht sein) oder Gefühls‐ regungen (hoffen, betrüben) umfasst. Bei einer inhaltlichen Eingrenzung des Phänomens der Redewiedergabe er‐ geben sich darüber hinaus immer dann Grenzfälle, wenn aus dem Kontext nicht zweifelsfrei hervorgeht, ob die beschriebene Handlung verbal oder nonverbal ausgeführt wurde. Dies trifft beispielsweise auf eine Handlung wie befehlen zu, die einerseits klar verbaler Natur sein kann wie in (64), der jedoch kein propositional klar fasslicher Befehl zugrunde liegen muss wie in (65): - (64) Agrega Espinoza que Orozco le ordenó „culpabilizar solamente a mi jefe directo, no permitiéndose que responsabilizara también al presidente de la República“. (El País 2000) - (65) Der Kalif, der seinem Großvezier schon lange gern eine Freude gemacht hätte, schickte seinen schwarzen Sklaven hinunter, um den Krämer heraufzu‐ holen. (W. Hauff, Die Geschichte von Kalif Storch, 1826, zit. n. Brunner 2015, 80) 3.1.4 Alternative Klassifizierungsmöglichkeiten Traditionelle Typologien der Redewiedergabe, denen die oben vorgestellten „ka‐ nonischen“ Formen angehören, konzentrieren sich hauptsächlich auf formale Aspekte. Daneben existieren jedoch auch alternative Beschreibungsansätze, die Redewiedergabe einerseits auf der Grundlage funktionaler Besonderheiten und andererseits auf der Grundlage semantischer Charakteristika kategorisieren. Funktional gesehen lassen sich, ausgehend von der Aristotelischen Dichotomie von de re- und de dicto-Wiedergabe, mit Landvogt (2011, 153-156) insgesamt drei Typen der Redewiedergabe differenzieren, die sich in Qualität, Funktion und Wiedergabemodus unterscheiden: 3.1 Typologie der Redewiedergabe 87 173 Landvogt differenziert an anderer Stelle (Landvogt 2011, 166-179) diese etwas zu stark verkürzte Darstellung, indem sie zwischen discours résumé und discours indirect als Untertypen des Redeberichts unterscheidet. Abb. 3: Funktionale Typologie der Redewiedergabe, adaptiert nach Landvogt (2011, 154-155) Redeerwähnung, die hier als de facto-Wiedergabe eingestuft wird, bezieht sich dabei auf Äußerungen des Typs Er hatte es ihr versprochen, in denen eine Sprachhandlung erwähnt wird, deren propositionaler Gehalt und konkrete Form jedoch ausgeblendet werden. Die beiden übrigen Typen liegen sozusagen quer zu den „kanonischen“ Kategorien der Redewiedergabe, lassen sich jedoch mit ihnen in Beziehung setzen: Der Redebericht entspricht in etwa dem Wieder‐ gabetyp der indirekten Rede; auch wenn letztere immer eine Transformation einer (angenommenen) Originaläußerung in dem Sinne darstellt, dass eine Äußerung in indirekter Rede die Rekonstruktion mehrerer Originaläußerungen erlaubt, kann indirekte Rede nicht systematisch als Zusammenfassung einer Originaläußerung eingestuft werden. 173 Die Rededarstellung schließlich leistet eine wörtliche Wiedergabe der Originaläußerung und entspricht damit teilweise den kanonischen Formen der direkten wie der freien direkten Rede. Einige kanonische Formen der Redewiedergabe stuft Landvogt (2011, 199) als grundlegend polyfunktional ein: So weist die direkte Rede mit ihrer Kom‐ bination aus zitierender Rahmenformel und zitierter (wörtlicher) Äußerung sowohl erwähnende als auch darstellende Aspekte auf; die freie indirekte Rede verknüpft berichtende mit darstellenden Elementen. Grundsätzlich teilen wir Landvogts Einschätzung der Wichtigkeit funktio‐ naler Aspekte von Redewiedergabe. Jedoch scheint uns eine Kategorisierung alleine auf der Grundlage funktionaler Aspekte nur schwer operationalisierbar. Darüber hinaus greifen die genannten Funktionen ein wenig kurz: Die Funktion 88 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 174 Dirscherl/ Pafel (2015, 6) wählen Rededarstellung anstelle von Redewiedergabe als Oberbegriff, „da nicht alle Rededarstellungen wirklich Rede wiedergeben“, sondern beispielsweise auch häufig Gedanken wiedergegeben werden. 175 Zur Hybridform der mixed quotation vgl. Kap. 3.1.2. 176 Diese Variante gleicht dem an anderer Stelle als Redebericht bezeichneten Phänomen, dem Redewiedergaben wie in „Sie zeigte sich erleichtert“ (Dirscherl/ Pafel 2015, 22) entsprechen. einer wörtlichen Form der Redewiedergabe wird in den meisten Fällen sicherlich über ein reines Repräsentieren hinausgehen. Auch scheinen uns bestimmte Funktionen nicht zwingend nur an einen Typ von Redewiedergabe geknüpft zu sein, wohingegen Landvogt (2011, 161-197)) die drei Typen Redeerwähnung, Redebericht und Rededarstellung als monofunktionale Wiedergabeverfahren be‐ zeichnet. In jedem Fall bietet Landvogts Typologie eine sehr gute Ausgangsbasis für weitergehende Überlegungen zur Funktion von Redewiedergabe (s. Kap. 3.7). Eine auf semantischen Kriterien basierende Taxonomie der Rede- und Gedan‐ kendarstellung 174 haben Dirscherl/ Pafel (2015) entwickelt. Grundlage ihres Mo‐ dells sind zwei binäre semantische Merkmale: erstens das Merkmal [zitierend], das auf Rededarstellungen zutrifft, in denen der propositionale Gehalt einer „Originaläußerung“ mit Hilfe eines direkten Zitats wiedergegeben wird; zwei‐ tens das Merkmal [referierend], das solche Rededarstellungen beschreibt, die propositionale Inhalte ohne Rückgriff auf Zitate wiedergeben. Die nachfolgende Überblicksdarstellung zeigt, wie sich aus der unterschiedlichen Kombination dieser beiden Merkmale insgesamt vier Typen der Rededarstellung ergeben: Abb. 4: Matrix semantischer Merkmale der Rededarstellung (Dirscherl/ Pafel 2015, 14) Dementsprechend beinhalten „gemischte“ Rededarstellungen 175 sowohl zitie‐ rende als auch referierende Wiedergaben des propositionalen Gehalts einer entsprechenden Originaläußerung, während im Rahmen „unspezifischer“ Re‐ dedarstellungen kein propositionaler Gehalt wiedergegeben wird. 176 Darüber hinaus kann jeder Typ eine explizite Redekennzeichnung (z. B. mittels eines verbum dicendi) aufweisen oder nicht. 177 Den verschiedenen semantischen Typen der Rededarstellung entsprechen ganz unterschiedliche syntaktisch definierbare Realisierungsformen. Wie die nachfolgende Über‐ 3.1 Typologie der Redewiedergabe 89 177 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Taxonomie von De Gaulmyn (1992, 29-31), die explizit markierte Formen der Redewiedergabe auch als formes univoques (im Unterschied zu lediglich implizit gekennzeichneten formes ambigües) bezeichnet. 178 Eine analog aufgebaute Taxonomie entwerfen Dirscherl und Pafel auch für die Ge‐ dankendarstellung. Hierbei ergeben sich teilweise andere Realisierungsformen: So wird beispielsweise implizite zitierende Gedankendarstellung häufig in Form eines Gedankenzitats, eines inneren Monologs oder eines Bewusstseinsstroms realisiert. 179 So ordnen beispielsweise Dirscherl/ Pafel (2015, 41) in der gesprochenen Umgangs‐ sprache sehr häufig vorkommende Fälle nicht-zitierender Rededarstellung, die proso‐ disch oder mit Hilfe von Diskursmarkern besonders markiert sind, in die Kategorie der „gemischten Rededarstellung“ ein. blicksdarstellung zeigt, greifen Dirscherl und Pafel zur Bezeichnung dieser Realisierungsformen z. T. auf etablierte Konzepte wie direkte Rede, indirekte Rede oder erlebte Rede zurück: Abb. 5: semantische Taxonomie der Rededarstellung nach Dirscherl/ Pafel (2015, 23) 178 Für die Zwecke der vorliegenden, auf verschiedene Textsorten ausgerichteten Untersuchung besonders interessant ist die Tatsache, dass Dirscherl/ Pafel (2015) ihre Taxonomie ebenso an mündlich realisierten Formen der Redewiedergabe überprüfen wie an für bestimmte Textsorten charakteristischen Formen wie beispielsweise dem Voice-over im Radio, dem Retweet auf Twitter oder auch an Formen der Rededarstellung in der deutschen Gebärdensprache. Ihre leider je‐ weils nur sehr oberflächliche Darstellung dieser spezifischen Formen kommt zu dem Ergebnis, dass die Taxonomie auch eine Einordnung dieser Sonderformen ermöglicht. 179 3.1.5 Redewiedergabe als Kontinuum Alle bislang vorgestellten Klassifikationen von Redewiedergabe haben eine Modellierung in unterschiedlich viele diskrete Klassen vorgenommen, deren 90 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 180 Sehr ähnliche, ebenfalls auf Erzähltexte bezogene Modelle finden sich bei Genette (1983) und bei Gülich (1990, 96). Gülich modelliert unterschiedliche Typen der Rede‐ wiedergabe bei Proust auf einer Achse zwischen den Polen „Dramatisierung“ und „Narrativisierung“. Casado Velarde (2008, 75) nimmt ein entsprechendes Kontinuum für journalistische Texte an. 181 Dirscherl/ Pafel (2015, 37) weisen darauf hin, dass eine inverse Korrelation zwischen Erzählerinterferenz und „Verbatimität“ in Bezug auf die Originaläußerung besteht. Ausgangspunkt meist die Dichotomie von direkter und indirekter Rede darstellt. Daneben existieren jedoch auch nicht wenige Klassifikationen, in denen Rede‐ wiedergabe als Kontinuum modelliert wird. Eine kontinuierliche Modellierung erlaubt nicht nur die Abkehr von der Idee einer mechanischen Transposition eines Redetyps in einen anderen (s. o.), sondern ermöglicht durch die Annahme von Zwischenstufen auch eine insgesamt feinkörnigere Analyse (vgl. Rosier 2008), bei der z. T. auch voneinander unabhängige Parameter zur Verortung konkreter Okkurrenzen zur Anwendung kommen (s.-u.). Die frühesten Darstellungen von Redewiedergabe als Kontinuum finden sich bei Kurz (1966) und Wunderlich (1969). Für beide bildet direkte Rede als „primäre und genaueste Art der Wiedergabe“ (Wunderlich 1969, 100) den Ausgangspunkt, von dem aus sich durch schrittweise Abstraktion indirekte Rede und Redeerwähnung ableiten lassen. Ein genau umgekehrt gereihtes Kontinuum ergibt sich, stellt man das Kriterium der Aktualisierung „fremder Rede“ in den Vordergrund (vgl. Pérennec 1992, 324): Aus dieser Perspektive bilden indirekte Rede und direkte Rede zwei Pole, die jeweils einer minimalen bzw. maximalen Aktualisierung entsprechen; freie indirekte Rede nimmt dies‐ bezüglich eine mittlere Position ein. Die von Leech und Short entwickelte Modellierung von Redewiedergabe in Erzähltexten 180 (s. Abb. 6) wiederum sieht die Interferenz des Erzählers mit den wiedergegebenen Äußerungen oder Gedanken als zentralen Aspekt an: 181 Während Redeerwähnung dem Erzähler maximale Kontrolle über den Wieder‐ gabevorgang ermöglicht, scheinen sich als freie direkte Rede wiedergegebene Äußerungen der Kontrolle des Erzählers vollständig zu entziehen. 3.1 Typologie der Redewiedergabe 91 182 NRA steht hier für narrative report of action, NRSA für narrative report of speech acts (und entspricht damit der Redeerwähnung), IS für indirect speech, FIS für free indirect speech, DS für direct speech und FDS für free direct speech. 183 Ganz offensichtlich hat Rosier das sehr ähnliche, am Beispiel des Deutschen entwickelte Modell von Plank (1986) nicht zur Kenntnis genommen. 184 Vor dem Hintergrund der nur sehr eingeschränkten Übertragbarkeit der französischen Beispiele ins Spanische werden an dieser Stelle die französischen Beispielsätze beibe‐ halten. Abb. 6: Matrix der Redewiedergabe bei Leech/ Short (1981, 324) 182 Das von Rosier (2008) entworfene Kontinuum (s. Abb. 7) ist insbesondere des‐ halb als innovativ anzusehen, weil hier nicht funktionale, sondern hauptsächlich formale Charakteristika Berücksichtigung finden. 183 Abb. 7: Kontinuum der Redewiedergabe nach Rosier (2008) Folgende Konstruktionen entsprechen den einzelnen Stufen in der Graphik (Rosier 2008, 53): 184 - (1) Il n’arrêtait pas de parler de sa maladie, qui le hantait. (freie indirekte Rede im Relativsatz) - (2) Il n’arrêtait pas de parler: sa maladie le hantait. (narrative freie indirekte Rede) 92 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 185 Die kontraintuitiv erscheinende Alternanz von dire und parler wird nicht explizit begründet. 186 Katelhön (2005, 107) wendet Günthners Modell im Sprachvergleich Deutsch-Italienisch an. Eine Anwendung auf spanische Sprachdaten ist uns nicht bekannt geworden. (3) Il n’arrêtait pas de parler: nom de nom, comme sa maladie le hantait! (mimetische freie indirekte Rede) - (4) Il n’arrêtait pas de dire que sa maladie le hantait. (indirekte Rede) - (5) Sa maladie le hantait, ne cessait-il de répéter. (indirekte Rede mit Einschub) - (6) Il n’arrêtait pas de dire que „sa maladie le hantait! “ (mimetische indirekte Rede) - (7) Il n’arrêtait pas de dire „sa maladie le hantait! “ (indirekte Rede ohne que) - (8) Il n’arrêtait pas de dire que „ma maladie me hante! “ (direkte Rede mit que) - (9) Il n’arrêtait pas de parler: „ma maladie me hante! “ (direkte Rede) 185 - (10) Il n’arrêtait pas de parler ma maladie me hante! (direkte Rede ohne typo‐ graphische Markierung) - (11) Il la regarda. Ma maladie me hante! (freie direkte Rede) Das Modell zeichnet sich einerseits durch eine zunehmende äußerungsseitige Aktualisierung aus („du délocutif vers l’interlocutif “, Rosier 2008, 52), die mit zwei auf syntaktischer Ebene relevanten Prozessen korreliert: An die zunächst zunehmende (vgl. [1]-[4]) syntaktische Integration der wiedergegebenen Äu‐ ßerung in den Matrixsatz schließt sich eine zunehmende Emanzipation des Komplementsatzes an, die schließlich in [11] in eine Juxtaposition mündet. Parallel dazu zeigt die Veränderung der Possessivartikel (sa in [1] bis [7] steht ma in [8] bis [11] gegenüber) die Herausbildung einer zweiten Sprecherinstanz an. Andererseits behält das Modell die zentrale Dichotomie zwischen direkter Rede und indirekter Rede bei. Ausgehend von der Feststellung, dass eine dichotomische Struktur der For‐ menvielfalt von Redewiedergabe in der Alltagskommunikation nicht gerecht wird, entwirft auch Günthner (2000b) ein kontinuierliches Modell (vgl. Abb. 8). Das speziell für Redewiedergabe im Deutschen 186 entworfene Kontinuum spannt sich zwischen den Polen „maximale Indirektheit“ und „maximale Direktheit“, die jeweils prototypischen Realisierungen von indirekter und direkter Rede entsprechen. 3.1 Typologie der Redewiedergabe 93 187 In ihrer oben vorgestellten Taxonomie nehmen Dirscherl/ Pafel (2015) die Anbzw. Abwesenheit von Redeeinleitung als unabhängigen Parameter an. Abb. 8: Kontinuum der Redewiedergabe nach Günthner (2000b, 20) Zwischen diesen beiden Polen existiert eine Vielzahl an - leider nicht systema‐ tisch beschriebenen - Hybridformen, die sich aus der unterschiedlichen skalaren Position der verschiedenen Parameter ergeben. Eine gewisse Unstimmigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass Günthner für den Pol „maximale Direktheit“ einerseits davon ausgeht, dass keine Redeeinleitung vorliegt, andererseits je‐ doch ein syntaktisch „gesättigtes“ verbum dicendi annimmt. In diesem Zusam‐ menhang stellt sich die Frage, inwiefern das Vorliegen einer Redeeinleitung überhaupt sinnvoll in ein Modell der Redewiedergabe integriert werden sollte. 187 Insgesamt gesehen bietet der Entwurf von Günthner jedoch im Vergleich zu den bereits vorgestellten Modellen den großen Vorteil, dass es nicht nur mor‐ phosyntaktische Aspekte berücksichtigt, sondern auch deiktische, diskursive, prosodische und variationelle Parameter in die Betrachtung einbezieht. Mit dem Modell von Reyes (2002a) liegt schließlich auch eine am Beispiel des Spanischen entwickelte Typologie vor, die jedoch nicht als sprachspezifisch einzustufen ist, da einzelsprachlich potentiell unterschiedlich realisierte (v. a. morphosyntaktische) Parameter hier keine Rolle spielen. Reyes entwirft viel‐ mehr eine pragmatische Typologie unterschiedlicher Formen von reflexivem Sprachgebrauch; ihr Modell bezieht damit nicht nur „kanonische“ Formen der Redewiedergabe mit ein. Der Grad der Reflexivität unterschiedlichster Sprachhandlungen bildet die zentrale Achse ihres Kontinuums. Dieser kann 94 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 188 Soweit nicht anders vermerkt, sind die Beispiele aus Reyes (2002a) übernommen. insgesamt drei Abstufungen aufweisen, die in der nachfolgenden Abb. 9 in unterschiedlichen Grautönen markiert sind. Die in der Folge angeführten Beispiele (1)-(8) illustrieren die einzelnen Instanzen innerhalb der Stufen: 188 Abb. 9: Typologie reflexiven Sprachgebrauchs nach Reyes (2002a, 773) - (1) ‚Can‘ significa ‚perro‘. - (2) Llegados a tal situación, no les quedó escapatoria. - (3) Paco se despidió. - (4) Bérénice le dijo: „Pour la dernière fois, adieu, Seigneur.“ - (5) - ¿Lo llamaste? - ¿Que si lo llamé? - (6) ¿Qué iba a hacer ahora? (M. Rodoreda, Espejo roto, 1991, zit. n. Maldonado González 2000, 3552) - (7) Bérénice le dijo que se despedía de él por última vez. - (8) Hablé de mi operación con el médico. Ahora operan con láser. Ein nur gering ausgeprägter Grad an Reflexivität kennzeichnet metasprachliche Verweise wie die Glosse in (1), da diese keinen Bezug zu einer vorangegangenen Sprachhandlung beinhalten. Über einen mittleren Grad an Reflexivität ver‐ fügen metapragmatische Verweise, die in Form von intrabzw. intertextuellen Verweisen (vgl. [2]) oder komprimierten Redeberichten (vgl. [3]) auftreten können. Hier wird jeweils ein Bezug hergestellt zu einer mehr oder weniger konkreten vorangegangenen Äußerung, deren Inhalt jedoch nicht thematisiert wird. Den höchsten Grad an Reflexivität schließlich weisen „mimetische Re‐ konstruktionen“ (vgl. [4] und [5]) und Paraphrasen (vgl. [6]-[8]) auf, da diese sowohl auf eine vorangegangene Äußerung verweisen als auch den Inhalt dieser Äußerung wiedergeben. 3.1 Typologie der Redewiedergabe 95 Auch wenn das Kriterium der sprachlichen Reflexivität zur Abgrenzung un‐ terschiedlicher Typen von Redewiedergabe grundsätzlich gut geeignet scheint, erweist es sich für eine feinkörnigere Analyse als nicht hinreichend trennscharf. Dies zeigt insbesondere die Binnenstruktur der dritten Reflexivitätsstufe: Hier wird nicht deutlich, warum den Verfahren der mimetischen Rekonstruktion nicht ein höherer Grad an Reflexivität zugeschrieben wird als den Verfahren der Paraphrase, obwohl sie eine deutlich stärker ausgeprägte formale Ähnlichkeit (und damit eine stärkere Reflexivität) zur originären Sprachhandlung simu‐ lieren. Im Hinblick auf die durchzuführende Korpusuntersuchung erscheint weiterhin problematisch, dass die Klassifikation aufgrund der fehlenden Be‐ rücksichtigung formaler Parameter nur sehr eingeschränkt operationalisierbar sein dürfte. 3.2 Sprachliche Markierung Die vorgestellten theoretischen Modellierungen von Redewiedergabe konzen‐ trieren sich mehrheitlich auf außersprachliche oder funktionale Aspekte. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung soll jedoch auch die sprachliche Form von Redewiedergabe eine wichtige Rolle spielen. Deshalb bieten die nachfol‐ genden Abschnitte einen systematischen Überblick über Möglichkeiten der sprachlichen Markierung von Redewiedergabe im Spanischen. Wir betrachten zunächst Charakteristika der Redekennzeichnung (3.2.1), bevor wir uns ver‐ schiedenen Möglichkeiten der sprachlichen Ausgestaltung von wiedergege‐ bener Rede widmen (3.2.2). Damit orientiert sich die Gliederung der nachfolgenden Abschnitte an einer prototypischen bzw. kanonischen Realisierung von Redewiedergabe, die sich aus einer zitierenden Passage („Redekennzeichnung“) und einer zitierten bzw. wiedergegebenen Passage zusammensetzt. Dieses Grundraster soll jedoch nicht den Blick verstellen auf weniger prototypische Realisierungsformen, wie sie insbesondere in der gesprochenen Sprache sehr häufig auftreten. Abschließend wird es um Fragen der Einbettung von Redekennzeichnung und wiedergege‐ bener Rede gehen (3.2.3). 3.2.1 Redekennzeichnung Häufig wird Redekennzeichnung als „metapragmatischer Ankündigung“ (Morel 1996, 62) ein äußerungslinguistischer „Zwitterstatus“ attestiert, den Gather 96 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 189 Nachfolgend bevorzugen wir den Begriff Redekennzeichnung, da die häufig in vergleich‐ baren Kontexten verwendete Bezeichnung Redeeinleitung impliziert, die Kennzeich‐ nung müsse der wiedergegebenen Passage vorausgehen (s.-a. Kap. 3.2.3). 190 D. h. sobald typographische Grenzmarkierungen fehlen - dies gilt umso mehr für mündlich realisierte Redewiedergabe. 191 Die Beispiele zeigen lediglich direkte Rede. Die ersten beiden Formen der Redekenn‐ zeichnung existieren jedoch gleichermaßen auch für indirekte Rede. (1994, 110) folgendermaßen beschreibt: „Das Einleitungssyntagma 189 gehört qua Äußerung zur Kommunikationsebene 1. Grades, repräsentiert aber Faktoren der Kommunikationsebene 2. Grades.“ Unmittelbar hiermit in Zusammenhang steht die Frage nach dem Umfang der Redekennzeichnung bzw. nach der Grenzzie‐ hung zwischen zitierender und zitierter Passage, die v. a. im Falle indirekter Rede 190 weniger eindeutig zu beantworten ist, als dies auf den ersten Blick den Anschein hat: Soll beispielsweise die Subjunktion der Redekennzeichnung oder der zitierten Passage zugeordnet werden? Oder ist sie keiner Passage eindeutig zugehörig und fungiert stattdessen als Bindeglied zwischen beiden? Einige Autoren gehen lediglich von der Existenz zweier (vgl. Verdín Díaz 1970, 39) bzw. dreier (vgl. Cameron 1998, 44) Alternativen der Redekennzeich‐ nung aus; die zitierende Rede enthält demnach ein verbum dicendi (vgl. [27’]), ein anderes Verb (vgl. [28’]) oder besteht lediglich aus einer Nominalphrase (vgl. [66]): 191 - (27’) Mi padre le dijo: „¿Qué estás haciendo? “ (El Mundo 2008) - (28’) Cuando Tasso conoció a Llorens pensó: „Es la chica ideal“. (El Mundo 2008) - (66) Y yo, „Ay que hago? ! “ (Cameron 1998, 44) Tatsächlich sind die Realisierungsmöglichkeiten jedoch wesentlich vielfältiger: Die Redekennzeichnung mit Hilfe von verba dicendi stellt zwar die prototypi‐ sche Realisierungsform dar, daneben existiert jedoch eine große Zahl weiterer Gestaltungsmöglichkeiten, angefangen von deverbalen Zitatmarkern über un‐ terschiedliche Evidentialitätsmarker bis hin zu epistemischen Partikeln. Im Falle freier direkter oder indirekter Rede schließlich kann die Redekennzeichnung auch ganz fehlen. Die Einleitung der wiedergegebenen Passage enthält in ihrer prototypischen Ausgestaltung ein verbum dicendi bzw. ein Sprechaktverb als zentrales Element. Das mit großem Abstand in allen Kontexten am häufigsten verwendete Verb zur Wiedergabe von Aussagesätzen ist naturgemäß decir (vgl. Haverkate 1996, 100). Je nach medialer Realisierung steht das Sprechaktverb mehrheitlich im 3.2 Sprachliche Markierung 97 192 Vgl. Haverkate (1996, 100) und Palacios Martínez (2014, 106). Dass über die Tempus‐ verwendung auch der wiedergegebene Sprecher charakterisiert werden kann, zeigt Johnstone (1987): In ihrem Korpus englischer Alltagserzählungen werden Äußerungen von Autoritätsfiguren systematisch von verba dicendi im historischen Präsens einge‐ leitet, während die Redekennzeichnung bei anderen Figuren im past simple tense erfolgt. Für das Spanische gibt es keine Hinweise auf eine vergleichbare Differenzierung. 193 Hernández Eduardo (1993) bietet eine ausführliche Wortfeldstudie spanischer verba dicendi. Ergänzend vgl. auch Estévez Rionegro (2010). indefinido (medial schriftlich) oder im Präsens (medial mündlich). 192 Zu den spanischen Kommunikationsverben im engeren Sinne (vgl. Reyes 2002b, 17) zählen darüber hinaus die - ebenfalls assertive Sprechakte einleitenden - verbos declarativos comunicar, mencionar, asegurar, afirmar, responder, señalar und no‐ tificar. 193 Weisen Kommunikationsverben zusätzliche spezifische Bedeutungen auf, werden sie nicht nur vergleichsweise seltener zur Redekennzeichnung eingesetzt, sondern bleiben bisweilen auch nur auf einzelne Typen der Rede‐ wiedergabe beschränkt. So kennzeichnen Verben mit der Bedeutung „wortwört‐ liche Wiedergabe“ wie declamar, recitar oder pronunciar ausschließlich direkte Rede. Hingegen leitet contar typischerweise indirekte Rede ein. Verben mit der Bedeutung „besondere lautliche Gestaltung der Äußerung“ wie susurrar, suspirar, gritar oder tartamudear wiederum finden ausschließlich in medial schriftlicher Realisierung Verwendung. Kommunikationsverben wie opinar, juzgar oder considerar, die eine Meinungsäußerung beschreiben, bleiben auf die Kennzeichnung indirekter Rede beschränkt. Ebenfalls ausschließlich in der Einleitung indirekter Rede finden sich Kommunikationsverben, die eine positive (z. B. alabar, elogiar, aprobar) bzw. eine negative Bewertung (z. B. reprochar, criticar, desaprobar) beinhalten. Neben assertiven Verben werden auch Verben zur Redekennzeichnung eingesetzt, die direktive Sprechakte einleiten. Hierzu zählen unter anderen ordenar, mandar, pedir, suplicar oder prohibir. Insbesondere in medial mündlich realisierter Sprache erfolgt die Redekenn‐ zeichnung jedoch nicht nur über verba dicendi, sondern auch über Bewegungsv‐ erben wie saltar oder soltar, reflexive Verben wie ponerse oder Passepartoutv‐ erben wie hacer (vgl. Palacios Martínez 2013, 449). Bisweilen können auch die Kopulaverben ser (vgl. [67]) und estar (vgl. [68]) Redewiedergabe einleiten, wie Cameron (1998, 53-54) am Beispiel des puerto-ricanischen Spanisch zeigt: - (67) Pasamos una papa, y éramos „¡Papa caliente! ¡Papa caliente! ¡Papa caliente! ¡Ya! “ (Cameron 1998, 54) - (68) Pero tú dices algo, y ya están „¡Ay perate! Te voy hacer… Ella es de Villa Nueva.“ (Cameron 1998, 54) 98 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 194 Vgl. Imo (2007) und Imo (2009). 195 García (1996) weist darauf hin, dass diese Konstruktion in ihrem Korpus volkstümlicher argentinischer, mexikanischer und chilenischer Erzählungen wesentlich häufiger von älteren Sprechern verwendet wird. 196 Auch nachgestelltes digo yo, dem Schwenter (1995, 865, Anm. 12) epistemische Qualität zuschreibt, könnte als eine solche Konstruktion interpretiert werden. 197 Die früheste Beschreibung findet sich bei Kany (1944). Vgl. auch Travis (2006) und Grajales (2017) zum kolumbianischen, Babel (2009) zum bolivianischen, Muysken (2004) zum chilenischen, Olbertz (2007) und De la Mora/ Maldonado (2015) zum mexikani‐ schen, Olbertz (2005, 2022) zum ecuadorianischen und Chang (2018) zum argentinischen Spanisch sowie Company Company (2006, 107-110) und López Couso/ Méndez Naya (2015) zur Grammatikalisierung von dizque. Bisweilen treten die zur Redekennzeichnung verwendeten verba dicendi auch im Rahmen von Konstruktionen auf, deren Vorkommenshäufigkeit sprachspe‐ zifisch ist: Während im Deutschen Redekennzeichnungen des Typs: Ich sag mal (so): „…“  194 relativ häufig auftreten, sind entsprechende spanische Äquivalente wie que le dice in (69) diatopisch und diastratisch markiert 195 und damit wesent‐ lich seltener. 196 - (69) ¡Ay, mama vieja! —que le dice--. (García 1996, 67) Häufiger als über Konstruktionen erfolgt Redekennzeichnung im Spanischen mit Hilfe unterschiedlicher Typen von Zitatmarkern bzw. „Quotativ-Partikeln“ (Auer 2006, 295). Nachfolgend möchten wir zunächst einige von verba dicendi und anderen Verben abgeleitete Evidentialitätsmarker betrachten, bevor wir im Anschluss einige Zitatmarker adverbialen bzw. konjunktionalen Ursprungs in den Blick nehmen. Abschließend widmen wir uns einigen Quotativ-Partikeln, die sich aus Approximationsmarkern entwickelt haben. Unter den deverbalen Zitatmarkern bislang am besten untersucht ist der von decir abgeleitete Evidentialitätsmarker dizque, 197 der im peninsularen Spanisch nicht (mehr) gebräuchlich ist, dafür jedoch in verschiedenen Regionen Latein‐ amerikas häufig verwendet wird. Beleg (70) zeigt eine Verwendung im Rahmen einer mündlich realisierten Alltagserzählung im kolumbianischen Spanisch: - (70) Nos dijo a Beatriz y a mí que la acompañáramos al cementerio Campos de Paz, porque dizque iba a enterrar a una persona. (Travis 2006, 1276) Neben dem Andenspanischen findet sich der Marker auch im mexikanischen Spanisch, 198 wo er sowohl direkte als auch indirekte Rede einleiten kann. Neben dieser evidentiellen Bedeutung kann dizque auch Epistemizität ausdrücken und 3.2 Sprachliche Markierung 99 198 Möglicherweise wurde die Verwendung des bereits im mittelalterlichen Spanisch belegten Markers in einigen der genannten Länder durch den Kontakt mit indigenen Sprachen mit obligatorischer Evidentialitätsmarkierung befördert (vgl. López Couso/ Méndez Naya 2015). Vereinzelt gibt es auch Hinweise darauf, dass dizque speziell im Andenspanischen deutlich stärker grammatikalisiert ist (vgl. Olbertz 2005) Darüber hinaus weist u. a. Chang (2018, 161) darauf hin, dass sich insbesondere in Regionen mit einem Sprachkontakt Quechua-Spanisch die epistemische Funktion des Zurückweisens einer kommunikativen Regresspflicht bei der Wiedergabe „fremder“ Äußerungen für dizque nicht nachweisen lässt, sondern dass der Marker dort lediglich Äußerungen als „aus externer Informationsquelle stammend“ markiert: „[E]n dialectos en los que el español está en contacto con el quechua, [dizque] parece estar actuando únicamente como marcador reportativo.“ 199 Vgl. Palacios Martínez (2013, 442) und Schwenter (1995, 866). 200 Darüber hinaus existiert offenbar eine diatopische Markierung: Palacios Martínez (2013, 442) weist darauf hin, dass o sea insbesondere im venezolanischen Spanisch als Zitatmarker belegt ist. entspricht dann dem Deutschen angeblich (vgl. López Couso/ Méndez Naya 2015, 141, Aikhenvald 2004). Schließlich verzeichnet beispielsweise Travis (2006, 1275) unter Verweis auf Aikhenvald (2004) auch „overtones of mirativity“. Ein weiteres deverbales Element, das zur Markierung von Redewiedergabe eingesetzt wird, ist der Diskursmarker o sea. Neben einer (insgesamt häufigeren) konnektiven Funktion verfügt der Marker auch über eine epistemische Lesart, die insbesondere in Kontexten von Redewiedergabe zum Tragen kommt. Dort fungiert o sea zunächst als Evidentialitätsmarker und macht deutlich, dass die markierte Äußerung ursprünglich nicht auf den Sprecher zurückgeht, sondern einer anderen Quelle entstammt. Darüber hinaus kann o sea jedoch auch als Approximationsmarker bzw. hedge angesehen werden, der nachfolgende Äuße‐ rungen als „nur ungefähr“ wiedergegeben kennzeichnet. 199 Aus der Verwendung des Diskursmarkers in (71) wird jedoch deutlich, dass o sea für sich alleine nur eingeschränkt als Zitatmarker angesehen werden kann, da er fast ausschließlich in Verbindung mit einem verbum dicendi auftritt (vgl. Schwenter 1995, 867). - (71) A: pero, qué ha pasado? - - B: que ha: sonado el teléfono y: cuando he contestado,= la mujer dice, o sea: : . ‚está, está Paco? ‘ (Schwenter 1995, 866-867) Dass diese Verknüpfung von o sea mit einem verbum dicendi keinesfalls syste‐ matisch sein muss, zeigt die jugendsprachlich markierte Verwendung in (74). 200 Ein weiteres Element der Redekennzeichnung stellt der Zitatmarker que dar, der in dieser Funktion 201 mit unterschiedlichen Attributen versehen wird; 100 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 201 Einen Überblick über andere Funktionen von äußerungsinitialem que, die häufig in die Nähe der Zitatfunktion gerückt und bisweilen sogar mit ihr verwechselt werden, liefern Gras/ Sansiñena (2015). Hierzu gehört beispielsweise eine informationsstrukturelle Funktion, innerhalb derer que als „marker of background information“ (Gras/ Sansiñena 2015, 505) eingesetzt wird. 202 Vgl. Spitzer (1942) in der frühesten Untersuchung von que, das er scherzhaft auch als que charlativo (Spitzer 1942, 153) bezeichnet. Ebenso García (1996) und Porroche Ballesteros (2000). 203 Rodríguez Ramalle (2008, 287) unterscheidet in ihrer - allerdings nicht empirisch fundierten-- Untersuchung insgesamt vier verschiedene Typen von que citativo. u. a. wird er als que narrativo, 202 que citativo (vgl. Demonte/ Fernández Soriano 2013) oder que enunciativo (vgl. Rodríguez Ramalle 2008) bezeichnet. Kany (1944) und García (1996) sind - allerdings als Einzige - der Ansicht, que stelle die aphäresierte Form von dizque dar. Auch bezüglich der kategoriellen Zugehörigkeit des Markers gibt es unterschiedliche Einschätzungen: Während Porroche Ballesteros (2000) que als Diskursmarker einstuft, Pons Bordería (2003) es hingegen als Modalpartikel einordnet und Rodríguez Ramalle (2008) als Konjunktion, legt sich Gras (2016) insoweit nicht fest, als er mit que eingeleitete Äußerungen als „Konstruktionen“ ansieht. Mit Gras (2016, 208) lassen sich insgesamt drei typische Verwendungskon‐ texte des que citativo identifizieren: 203 Erstens leitet que Äußerungen ein, in denen eine Äußerung des Gesprächspartners - meist wörtlich - wiederholt wird. Eine solche „construcción eco“ (vgl. auch Escandell Vidal 1999) illustriert beispielsweise der folgende Beleg: - (72) A: § rezaré que te- que te- te salgan bien§ - - C: § que-/ que ¿rezarás? (Corpus Val.Es.Co., zit. n. Gras 2016, 208) Zweitens kann que eine Äußerung einführen, in der der Sprecher seine eigene Äußerung noch einmal wiederholt. In der Regel hat eine solche „construcción de copia“ bzw. „intervención reiniciativa“ (Gras 2016, 208) intensivierende Funktion, die, wie in (73), dazu dienen kann, die akustische Verständigung zu sichern: - (73) C: ¡oy! / el abuelo está caviloso - - A: (( )) ¿qué? - - C: QUE ESTÁS CAVILOSO/ ABUELO - - A: noo/ / / (6’’) (( )) (Corpus Val.Es.Co., zit. n. Gras 2016, 210) 3.2 Sprachliche Markierung 101 204 Palacios Martínez (2013, 441) weist die beiden Marker in seinem Korpus zur Madrider Jugendsprache nach. Darüber hinaus geht Sánchez Muñoz (2007, 157-165) davon aus, dass die Verwendung von como als Zitatmarker durch den Einfluss von engl. (be) like befördert wurde. Said-Mohand (2008, 84) dagegen schließt das Vorliegen einer Lehnübersetzung aus. 205 S. Grutschus (2021) zur Verwendung von en plan und como als Zitatmarker. Drittens kann que auch eine Äußerung aufgreifen bzw. aktualisieren, die einer anderen als der aktuellen Äußerungssituation entstammt. Nur in diesem Zusam‐ menhang verwendet Gras (2016) die Bezeichnung que narrativo oder discurso indirecto independiente. Zur Illustration greifen wir Beleg (53) in verkürzter Form noch einmal auf, in dem B von einem zurückliegenden Telefonstreich berichtet: - (53’) B: = pero [claro↓ esos momentitos ¿eh? la policía↓ que se espere↓ que se ponga el otro↑] (Corpus Val.Es.Co., zit.-n. Gras 2016, 214) Neben o sea (s. o.) existieren mit en plan (vgl. [74]) und (ser) como (vgl. [75] und [76]) noch weitere Approximationsmarker, die in bestimmten Kontexten 204 zur Redekennzeichnung eingesetzt werden. 205 - (74) qué horror y yo en plan ‚me quiero ir de aquí‘ o sea ‚socorrooo‘. (Palacios Martínez 2013, 441) - (75) tía me he casado hace dos días es como ‚pero ¿qué dices? no me has informado de nada‘. (Palacios Martínez 2013, 441) - (76) Me dijo que preguntó algo y ellos como ‚de qué estás hablando.‘ (Sánchez Muñoz 2007, 157) Dass die Verbindung zwischen Approximation und Redekennzeichnung keine sprachspezifische und damit nicht auf das Spanische beschränkt ist, zeigen u. a. die Untersuchung von Fleischman/ Yaguello (2004) zu engl. like und fr. genre bzw. comme, die Analyse von Said-Mohand (2008) zu engl. like und sp. como, der Vergleich zwischen engl. like und sp. en plan von de la Torre García/ Seibold (2020) sowie die Überblicksdarstellung von Mihatsch (2010) zu fr. genre, port. género, it. und (bras.) port. tipo, port. estilo und sp. como. Zur Brücke zwischen Approximations- und Quotativfunktion gibt es unterschiedliche Hypothesen: Während für Mihatsch (2010, 255-256) wiederholte Rede grundsätzlich appro‐ ximativen Charakter hat, rückt für Fleischman/ Yaguello (2004, 140) eher der Vergleichsaspekt in den Vordergrund. In ihrem Korpus leiten genre und like meist exemplarische Äußerungen ein, die der wiedergegebene Sprecher in dieser Form getätigt haben könnte: 102 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen […] the quote segments are offered not as faithful reports of words actually uttered but as paradigmatic exemplars: one statement among others, similar in form and content, that might have been produced in the circumstances in question. Während mit den Untersuchungen von Said-Mohand (2008, 2014) und Sánchez Muñoz (2007) erste Beobachtungen zum Zitatmarker (ser) como vorliegen, wurde die entsprechende Verwendung von en plan bislang kaum analysiert. Eine bislang lediglich für Englisch-Spanisch bilinguale Sprecher beschriebene Quotativfunktion weist offenbar auch entonces auf, mit dem in (77) die Antwort „que el avión chocó con los Twin Towers“ eingeleitet wird (vgl. Said-Mohand 2014, o.-P.): - (77) ah, estaba ahí y „¿sabes lo que pasó? “ I am like „no, ¿qué es lo que pasó? “, ‚entonces‘ „que el avión chocó con los Twin Towers“, yo no sabía qué eran los Twin Towers nada, like, lo juro, like, en los Estados Unidos no sé nada…. (Said-Mohand 2014, o.-P.) Bisweilen erfolgt die Kennzeichnung von Redewiedergabe weder über ein Verb noch über einen Zitatmarker, sondern lediglich über eine Nominalphrase, die auf den zitierten Sprecher verweist. Palacios Martínez’ Korpusuntersuchungen (vgl. Palacios Martínez 2013 und Palacios Martínez 2014) deuten darauf hin, dass diese Konstruktion im Spanischen insbesondere in der peninsularen Jugendsprache zum Einsatz kommt. In der Regel tritt die Konstruktion im Rahmen einer dialogischen Sequenz auf, in der - wie auch im nachfolgenden Beleg - typischerweise der Sprecher zunächst eine eigene Äußerung mit y yo: einleitet, an die sich eine mit y el otro eingeleitete Erwiderung des Gesprächspartners anschließt. - (78) una foto <imitando> ‚que me quiero reir‘ [sic] y yo ‚pero‘ y el otro ‚tú no seas cabrona no sé qué‘ y tú ‚cállate‘. (Palacios Martínez 2013, 441) Schließlich gibt es auch Formen der Redewiedergabe, die gänzlich ohne Rede‐ einleitung auskommen und die damit syntaktisch autonom sind. Hierzu gehören in erster Linie die freien Varianten der direkten und indirekten Rede. Jedoch existiert noch eine Reihe weiterer Bezeichnungen für dieses Phänomen: So sprechen etwa Clark/ Gerrig (1990, 772) von „freestanding quotes“, Mathis/ Yule (1994) verwenden den Begriff „zero quotatives“, Tannen (1986, 318) wiederum spricht von „unintroduced dialogue“. Beispiel (79) zeigt eine Verwendung dieser Form in der Erzählung einer Jugendlichen, die über den sehr festen Händedruck eines Freundes spricht. Bereits das beim Händedruck entstehende Geräusch 3.2 Sprachliche Markierung 103 206 Maldonado González (1991, 22) geht davon aus, dass im Falle fehlender expliziter Redekennzeichnung immer eine spezifische prosodische Markierung existiert. Ob der Zusammenhang tatsächlich so systematisch ist wie behauptet, wird die Korpusunter‐ suchung zeigen. 207 Aktuellere soziolinguistische Untersuchungen zum britischen Englisch finden sich bei Buchstaller (2011, 2014) sowie bei Fuchs (2013). Vgl. auch Tagliamonte/ D’Arcy (2004) zum kanadischen Englisch, Winter (2002) zum australischen Englisch und Vincent/ Du‐ bois (1997) zum kanadischen Französisch. Buchstaller/ D’Arcy (2009) vergleichen die („crac“) wird ohne entsprechendes Verb eingeführt; auch die darauf folgende Schmerzreaktion („ay ay ay“) wird nicht explizit gekennzeichnet: - (79) es y esta es la que es de hierro y Ø ‚crac‘ y le aprietas mazo sabes / y Ø ‚ay ay ay‘ ves como es de… (Palacios Martínez 2013, 444) Zur Frequenz von Redewiedergabe ohne explizite Redeeinleitung existieren nur vereinzelte, kaum systematisch nach Textsorten und Kommunikationssitu‐ ationen differenzierende Angaben. Die auf uneingeleitete direkte Rede und verschiedene Varietäten des Englischen beschränkte Synopse unterschiedlicher Korpusstudien in Palacios Martínez (2013, 442) beziffert den Anteil von Zero quotatives an der Gesamtheit der belegten Redewiedergaben auf zwischen 8 % und 20 %. Darüber hinaus liefert die - allerdings sehr kleine - Korpusstudie von Sánchez Muñoz (2007, 163) Hinweise darauf, dass nicht nur in informellen Kommunikationssituationen auf explizite Redekennzeichnung verzichtet wird. Die nachfolgende Korpusuntersuchung wird hier noch genauer zeigen, inwie‐ fern auch die Textsorte eine Rolle spielen kann. In diesem Zusammenhang wird auch zu klären sein, ob zero quotatives bevorzugt parasprachliche Elemente (vgl. [79]) einleiten. Aus Gründen der Verständnissicherung ist Redewiedergabe ohne explizite Redekennzeichnung meist auf anderen Ebenen als solche markiert. Diese Markierung kann prosodischer Natur sein (s. Kap. 3.3) 206 oder auch innerhalb der zitierten Rede (z. B. über Tempus, Modus, Diskursmarker oder Interjektionen, vgl. Palacios Martínez 2013, 447) angesiedelt sein. Letzteren Aspekt werden wir in Kap. 3.2.2 näher beleuchten. Zuvor möchten wir jedoch auf verschiedene Rückschlüsse eingehen, die die sprachliche Gestaltung der Redekennzeichnung zulässt. In diesem Zusammen‐ hang möchten wir zunächst die diastratische Markierung einiger Einleitungs‐ sequenzen näher beleuchten. Inwiefern soziale Faktoren die Gestaltung der Redeeinleitung beeinflussen, ist insbesondere für das US-amerikanische Eng‐ lisch sehr gut untersucht. 207 Hier werden beispielsweise redeeinleitendes go oder die Verbalperiphrase be + like häufiger von jüngeren Sprechern verwendet. 208 104 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen Verwendung von be + like im US-amerikanischen, britischen und neuseeländischen Englisch. 208 Vgl. Cukor-Avila (2002, 3) und Dailey-O’Cain (2000, 75), die eine gehäufte Verwendung insbesondere bei Teenagern und jungen Erwachsenen feststellen - in Anbetracht der Tatsache, dass beide Studien bereits über 15 Jahre alt sind, dürfte sich die Altersgrenze mittlerweile ein wenig nach oben verschoben haben. Im Unterschied dazu stellen Blackwell/ Perlman/ Fox Tree (2015, 2) fest, dass die Verwendung verschiedener rede‐ einleitener Konstruktionen unmittelbar mit dem Status des wiedergegebenen Sprechers zusammenhängt. So kennzeichnet to say häufiger wiedergegebene Äußerungen sozial höher gestellter Sprecher, während to be like i. d. R. Äußerungen von Sprechern mit niedrigerem sozialen Status einleitet (vgl. a. Blackwell/ Fox Tree 2012). 209 Vgl. einerseits Dailey-O’Cain (2000, 75), die eine etwas höhere Verwendungshäufigkeit bei ihren männlichen Versuchspersonen feststellt, obwohl die anschließende Befragung der Studienteilnehmer ergab, dass die Mehrheit der Befragten die Verwendung der Konstruktion eher weiblichen Sprechern zuschreibt. Ferrara/ Bell (1995, 278) wiederum stellen keinerlei gender bias fest. 210 Vgl. Cukor-Avila (2002, 4) und Ferrara/ Bell (1995). Ähnliches gilt für das deutsche Äquivalent und ich/ er so (vgl. Cukor-Avila 2002, 3). Zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Verwendung von be + like gibt es widersprüchliche Angaben; 209 Einigkeit hingegen besteht bezüglich der Verwendung der Konstruktion in unterschiedlichen ethnischen Gruppen: Afroamerikanische Sprecher und Latinos scheinen be + like insgesamt häufiger zu verwenden als andere Sprechergruppen. 210 Umgekehrt werden verba dicendi mit vergleichsweise größerer Intension wie to scream, to holler oder to wonder häufiger von älteren Sprechern verwendet. Zur Verwendung von Redewiedergabe ohne Redekennzeichnung finden sich wiederum widersprüch‐ liche Hinweise: Während Cukor-Avila (2002, 11) ein häufigeres Auftreten bei älteren Sprechern feststellt, unterstreicht Palacios Martínez (2013, 443) eine „high presence in the teenagers’ conversations“. Vereinzelt existieren auch Hinweise auf Affinitäten zwischen Diskursmar‐ kern und bestimmten Textsorten bzw. Kommunikationssituationen: So stellt beispielsweise Sánchez Muñoz (2007, 162) fest, dass sp. como in Gesprächs- oder Interviewsituationen wesentlich häufiger als Zitatmarker verwendet wird als in wissenschaftlichen Vorträgen. Dabei besteht kein direkter Zusammenhang mit der allgemeinen Vorkommenshäufigkeit von Redewiedergabe in einer bestimmten Textsorte: In my data, the lack of quotative como is not due to a lack of possible contexts in which como as quotative could have occurred since there are several instances of direct quotations in the presentations. However, speakers choose other ways to introduce direct quotations in the presentations such as the verb decir ‚say‘. (Sánchez Muñoz 2007, 162-163) 3.2 Sprachliche Markierung 105 211 Vgl. jedoch Palacios Martínez (2013) Analyse von Einleitungssequenzen direkter Rede in der Madrider Jugendsprache und die Untersuchung von sp. como bei jungen Englisch-Spanisch bilingualen Sprechern bei Said-Mohand (2008). 212 Vgl. Cameron (1998, 47), Palacios Martínez (2013, 452) und Palacios Martínez (2014, 108). 213 Vgl. Golato (2000, 29) und Streeck (2002). 214 Vgl. Spitzer (1961, 226) zu dt. machen und seinen romanischen Äquivalenten, die seiner Ansicht nach eine große Ähnlichkeit zur Originaläußerung simulierende Redewieder‐ gaben einleiten: „So haftet denn dem ‚machen‘ für ‚sagen‘ stets etwas Unwillkürliches, Emotionales, Eruptives, Erregtes, Seelisches an und vielleicht etwas Unfeines, indem der diese Äußerungen nachahmende Berichterstatter seinen Nebenmenschen ursprünglich kopiert.“ 215 Buchstaller/ D’Arcy (2009, 296) stellen allerdings fest, dass be + like mehrheitlich in der ersten Person Singular verwendet wird. Grutschus (2021, 420) konnte in ihrer Korpusstudie diesbezüglich keine klare Tendenz für sp. como und en plan ermitteln. 216 Vgl. Buchstaller (2003), Cukor-Avila (2002), Ferrara/ Bell (1995, 285) und Barbieri (2005) zu verschiedenen Funktionen von be + like und go. Vgl. a. Pascual Olivé (2014). Grutschus (2021, 422) weist nach, dass como im Vergleich zu en plan deutlich häufiger Onomatopoetika einleitet. Da diastratische und diaphasische Markiertheit naturgemäß an einzelsprach‐ liche Formen geknüpft ist, fällt an dieser Stelle besonders ins Gewicht, dass entsprechende empirische Untersuchungen für das Spanische bislang nur in unzureichendem Umfang vorliegen. 211 Im Rahmen der nachfolgenden Korpus‐ untersuchung soll dieses Desideratum deshalb nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Schließlich möchten wir auch funktionale Aspekte bestimmter Arten der Redekennzeichnung in den Blick nehmen. Dabei stehen insbesondere Wechsel‐ beziehungen zwischen der Einleitungssequenz und dem Inhalt der zitierten Rede im Mittelpunkt, die bislang ebenfalls hauptsächlich für das Englische herausgearbeitet wurden. Auffällig ist hier zunächst, dass einige Typen der Redeeinleitung besonders flexibel in Bezug auf die nachfolgende zitierte Rede sind, während andere Redekennzeichnungen nur einen ganz bestimmten Typ zitierter Rede einleiten können. So können beispielsweise verba dicendi wie to say oder decir ausschließlich verbale Äußerungen mit mehr oder weniger klar fassbarem propositionalen Gehalt einleiten. Im Unterschied dazu sind einleitende Sequenzen mit engl. be + like, go, sp. hacer (así), (ser) como (vgl. [80]), 212 dt. und ich/ er so  213 sowie mit fr. faire  214 sehr flexibel, was die Natur der wiedergegebenen Passage betrifft und können sowohl in der ersten wie auch in der dritten Person wiedergegebene Gedanken, 215 verbale Äußerungen, Onoma‐ topoetika oder (mimisch oder gestisch vermittelte) nonverbale Kommunikation einleiten. 216 106 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 217 Vgl. Cukor-Avila (2002, 11). In Palacios Martínez (2013, 453) jugendsprachlichem Korpus leiten „zero quotatives“ besonders häufig Imitationen dritter Sprecher ein. Anders als Palacios Martínez (2013, 453) stufen wir jedoch Imitationen nicht als „feature typical of the youth speech“ ein, sondern gehen im Rahmen der nachfolgenden Korpusuntersuchung vielmehr von einer Affinität zwischen Imitation und bestimmten Textsorten aus. (80) eso es como es como ‚puff puff ‘. (Palacios Martínez 2013, 452) Eine klare Spezialisierung auf paraverbale Inhalte hingegen stellt Cukor-Avila (2002, 12) für „zero quotatives“ fest: „[…] zero quotatives are common […] where speakers are imitating or mimicking the person whose speech is reported in the constructed dialogue.“ Ähnliches gilt für Onomatopoetika wie sp. plas (‚platsch‘): - (81) y de repente se tira un gordo Ø ‚plas‘ y los dos al agua y yo me partía la risa (Palacios Martínez 2013, 452) Ein anderer funktionaler Aspekt ist eher auf der Diskursebene relevant, da er die „dramaturgische“ Gestaltung der gesamten Erzählung bzw. Textpassage betrifft. Hier liefern die hauptsächlich zum Englischen vorliegenden Untersuchungen Hinweise darauf, dass vor allem „zero quotatives“ in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle spielen. So fehlt eine explizite Redekennzeichnung häufig dann, wenn der wiedergegebene Sprecher wechselt - dies setzt natürlich voraus, dass der „neu einsetzende“ Sprecher auf prosodischer Ebene hinreichend mar‐ kiert ist (vgl. Mathis/ Yule 1994, 76). Darüber hinaus wird durch den Verzicht auf explizite Redekennzeichnung ein besonderer „dramatischer Effekt“ 217 erzeugt, weil so das Erzähltempo beschleunigt werden kann und die Erzählung damit dichter wird. Eine vergleichbare Funktion stellt Golato (2000, 29) für den deutschen Zitatmarker (und ich/ er) so fest, der häufig Pointen einleitet: „This particular quotative is used in storytellings to convey the punchline or materials contributing to the climax of a story.“ Der spanische Zitatmarker ser como erlaubt sogar eine argumentative Einord‐ nung der nachfolgenden Äußerung (vgl. auch Beleg [75]), die Palacios Martínez (2013, 442) folgendermaßen beschreibt: [Q]uite frequently, the speakers introduce this [the impersonal expression es como, A. G.] when they intend to draw a contrast with a point made previously by the interlocutor or they want to clarify something said by the interlocutor. 3.2 Sprachliche Markierung 107 218 Lediglich die Untersuchung von Barbieri (2005) berücksichtigt auch andere Kommu‐ nikationssituationen wie z. B. Beratungsgespräche im Rahmen universitärer Sprech‐ stunden. 219 Vgl. beispielsweise Banfield (1982, 72-98) oder Bally (1914). 220 Eckardts Übersicht stützt sich ihrerseits auf die von Lahn/ Meister ( 2 2013, 130-131) erarbeitete Aufstellung von Merkmalen zur Differenzierung zwischen Erzählerrede und Figurenrede in Erzähltexten. Die dargestellten Beobachtungen zu den einzelnen Funktionen betreffen fast ausschließlich die Textsorte „Alltagserzählung“. 218 Unsere Korpusuntersuchung eröffnet damit die Möglichkeit, ggf. weitere Funktionen der Redekennzeichnung zu erarbeiten, die in anderen Textsorten zum Tragen kommen bzw. unterschied‐ liche Kommunikationssituation auch funktional zu differenzieren. 3.2.2 Wiedergegebene Rede Ein zentraler Aspekt bei der Beschäftigung mit den Charakteristika wiederge‐ gebener Rede betrifft die Frage, in welcher Hinsicht sie sich von ihrem Kotext unterscheidet, bzw. woran ein Leser oder Hörer das Vorliegen einer wiederge‐ gebenen Passage erkennen kann. Diese Frage stellt sich umso deutlicher, wenn eine explizite Redekennzeichnung fehlt; es ist deshalb nicht überraschend, dass sich Hinweise zu diesbezüglichen Indikatoren vorrangig in Untersuchungen zur freien direkten und indirekten Rede finden. 219 Unsere nachfolgenden Aus‐ führungen orientieren sich vornehmlich an der von Eckardt (2015, 8-10) in ihrer Untersuchung zur freien indirekten Rede verwendeten Indikatorenliste. 220 Dabei konzentrieren wir uns auf sprachliche Merkmale im engeren Sinne - para- und nonverbale Indikatoren werden wir in den Abschnitten 3.3 und 3.4 betrachten. Eckardt (2015) unterscheidet zunächst zwei Hierarchieebenen und differen‐ ziert zwischen Indikatoren zitierter Rede auf der Mikroebene und Indikatoren auf der Makroebene. Zur Mikroebene gehören beispielsweise Deiktika, Prono‐ mina und Verbtempora. Darüber hinaus zählen hierzu auch stilistische Unter‐ schiede, die auf lexikalischer oder syntaktischer Ebene deutlich werden können. Der Beginn einer wiedergegebenen Passage kann damit über eine Origo-Ver‐ schiebung oder über einen Registerwechsel markiert sein. Zur Makroebene gehören erstens inhaltliche Indikatoren: Wiedergegebene Rede kann sich von ihrem Kotext in der Themenwahl unterscheiden. Auch kann die wiedergegebene Passage andere Funktionen erfüllen als der Kotext. Schließlich können sich zitierte Rede und ihre Umgebung in Bezug auf ihren „ideologischen Horizont“ (Lahn/ Meister 2 2013, 130) unterscheiden, was eine z. T. abweichende Bewertung bestimmter Ereignisse oder Personen impliziert. 108 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 221 Das imperfecto citativo findet jedoch häufig in Pressetexten Verwendung (vgl. Böhm 2015). Da uns insbesondere die sprachliche Gestaltung der zitierten Rede interes‐ siert, konzentrieren wir uns in der Folge auf Phänomene, die auf der Mikroebene angesiedelt sind. In diesem Zusammenhang betrachten wir zunächst die Markie‐ rung von Redewiedergabe über eine spezifische Tempusverwendung innerhalb der zitierten Passage. Grundsätzlich existieren hier keinerlei Beschränkungen für die Verwendung von Tempora. So halten Lahn/ Meister ( 2 2013, 130) in Bezug auf deutschsprachige Erzähltexte fest: Um Vorgänge in der erzählten Welt zu beschreiben, verwendet der Erzähler in der Regel das Präteritum, selten auch das historische Präsens. Die Figur verwendet prinzipiell alle drei Zeitstufen. Der Beginn einer zitierten Passage kann also über den Wechsel aus einem Ver‐ gangenheitstempus ins Präsens oder ins Futur markiert werden. Ebenso kann der Wechsel von einem perfektiven Vergangenheitstempus in ein imperfektives Vergangenheitstempus das Vorliegen von Redewiedergabe (speziell von freier indirekter Rede, vgl. Vuillaume 2000) anzeigen. Darüber hinaus können auch Tempora mit evidentieller Funktion Hinweise auf die Existenz einer zweiten Kommunikationsebene liefern, deren Charak‐ teristika (u. a. Identität des wiedergegebenen Sprechers, Kommunikationssi‐ tuation etc.) jedoch nicht näher spezifiziert werden. Alle vier in der Folge vorzustellenden spanischen Tempora treten insgesamt nur selten als Evidenti‐ alitätsmarker in Erscheinung. Zunächst möchten wir das pretérito imperfecto in seiner Funktion als Zitat‐ marker betrachten - Reyes (1990b, 17) spricht im Zusammenhang mit Verwen‐ dungen wie in (82) und (83) auch vom imperfecto citativo, das insgesamt zwar relativ selten gebraucht wird (Reyes 1990b, 19), jedoch weder diatopisch noch diastratisch markiert ist. 221 - (82) Mañana se iba Jorge a Chile. (Reyes 1990b, 17, Herv.: A.-G.) - (82’) Me dijeron que mañana se iba Jorge a Chile. (a.-a.-O.) - (83) [Gespräch am Nachmittag] - - A: ¿Qué tal sigue Ana? - - B: Mejor, me parece. No la vi, porque cuando llegué dormía. Pero había comido algo, y tenía menos fiebre. Esta noche la veía el médico de nuevo. (Reyes 1990b, 34, Herv.: A.-G.) 3.2 Sprachliche Markierung 109 222 Vgl. Escandell Vidal/ Leonetti (2005, 447) und Böhm/ Hennemann (2014). 223 Laprade (1981, 222) geht davon aus, dass diese Verwendungsmöglichkeit des Plusquam‐ perfekts ein Ergebnis des Sprachkontakts mit dem Aymara ist, das die Herkunft des Sprecherwissens u.-a. mit Hilfe eines Vergangenheitstempus markiert. (83’) Alguien me dijo que esta noche, el médico va a verla de nuevo. Wie die Umformung in explizite Redewiedergaben in (82’) und (83’) zeigt, bleibt das mit modalen Funktionen des pretérito imperfecto verwandte (vgl. Reyes 1990b, 37) imperfecto citativo auf Kontexte indirekter Rede beschränkt. Auch das condicional kann bisweilen als Zitatmarker fungieren. Reyes (1990b, 44-45) spricht hier analog vom condicional citativo, das insbesondere in Presse‐ texten häufig verwendet wird: 222 - (84) Sufrirían de cáncer más del 10-% de los obreros de una compañía química. (Reyes 1990b, 44) - (84’) Denunciaron que más del 10-% de los obreros de una compañía química sufren de cáncer. Die Verwendung des condicional verweist hier auf eine implizit bleibende Äußer‐ ungsquelle. Eine Umformung wie in (84’) zeigt, dass auch dieser Konstruktion ausschließlich eine indirekte Redewiedergabe zugrunde liegen kann. Auch das futuro simple kann in bestimmten Kontexten evidentielle Funk‐ tion haben und in diesem Zusammenhang das Vorliegen einer zitierten Rede markieren. Diese Funktion tritt ausschließlich innerhalb von dialogischen Verwendungen wie der folgenden auf: - (85) A: Es un buen escritor. - - B: Será bueno, pero a mí su novela no me ha gustado nada. (Reyes 1990b, 43-44) Das Futur wird also im Rahmen einer konzessiven Äußerung verwendet, die eine unmittelbar vorausgegangene Äußerung aufnimmt, um sie zu widerlegen (vgl. Reyes 1990b, 44). In der Wiederholung wird die Äußerung jedoch häufig so stark verkürzt, dass hier nur sehr eingeschränkt das Vorliegen von Redewiedergabe angenommen werden kann. Schließlich kann unter sehr spezifischen Umständen auch das Plusquamper‐ fekt evidentielle Funktion haben: Laprade (1981, 223) weist für das Spanische in La Paz 223 nach, dass das Plusquamperfekt zur Distanzierung von der kommu‐ 110 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 224 Für Haverkate (1996, 108) ist die subjuntivo-Verwendung eine unmittelbare Konsequenz der Welt-auf-Wort-Ausrichtung direktiver Sprechakte: „Clauses subordinated to direc‐ tive matrix predicates express an unreal state of affairs, which is due to the fact that, at coding time, the world in which that state of affairs is supposed to hold does not actually exists [sic].“ Hier besteht ein direkter Zusammenhang mit der Wiedergabe von Äußerungen, die in direkter Rede einen Imperativ enthalten (a), jedoch im Kontext indirekter Rede mit Hilfe des subjuntivo konstruiert werden (b): (a) Silvia me ha dicho: „Come más.“ (b) Silvia me ha dicho que coma más. (Vera Morales 1995) 225 Vgl. hierzu RAE/ ASALE (2009, §25.24d). Bisweilen werden die beiden Lesarten auch als Homonyme eingestuft (vgl. RAE/ ASALE 2009, §25.24c). nikativen Regresspflicht verwendet werden kann. So drückt das Tempus im Rahmen der Äußerung in (86) aus, dass der Sprecher erst über eine dritte Person von der Hochzeit erfahren hat und dementsprechend überrascht ist (vgl. Laprade 1981, 223). - (86) ¡Te habías casado! (Laprade 1981, 223) - (86’) No sabía que te habías casado. Alguien me lo dijo. Auch hierbei handelt es sich also um eine implizite Form, die nur über substan‐ tielle Ergänzungen (vgl. 86’) in die Nähe einer prototypischen Redewiederga‐ bestruktur rückt und damit für die Zwecke der nachfolgenden Korpusuntersu‐ chung weniger relevant scheint. Das Vorliegen einer zitierten Passage kann auch über einen Wechsel vom Indikativ in den subjuntivo markiert sein - dies gilt allerdings ausschließlich für Fälle indirekter Rede. In der Mehrzahl der Fälle steht das Verb des Komple‐ mentsatzes im Indikativ. Allerdings existieren zwei Kontexte, in denen das Verb zwischen Indikativ und subjuntivo alternieren kann. Beide stehen jedoch zunächst nicht unmittelbar in Verbindung mit einer Zitatfunktion. Erstens verläuft eine Alternanz zwischen Indikativ und subjuntivo entlang assertiver und direktiver Sprechaktverben im Matrixsatz: Während assertive Kommunika‐ tionsverben einen Komplementsatz im Indikativ nach sich ziehen, sind direktive verba dicendi mit einem Komplementsatz im subjuntivo verknüpft. 224 Dies bedeutet gleichzeitig, dass durch die Modusalternanz zwischen entsprechenden assertiven und direktiven Lesarten 225 von Verben wie decir (‘sagen’ vs. ‘befehlen’, vgl. [87]) oder advertir (‘auf etw. hinweisen’ vs. ‘auf etw. drängen’ [vgl. 88]) differenziert werden kann. 3.2 Sprachliche Markierung 111 226 Escandell Vidal/ Leonetti (2005, 427) bezeichnen diese Verwendung als indicativo cita‐ tivo, weil auch diese Äußerung - wie grundsätzlich alle negierten Äußerungen - als polyphon angesehen werden kann. 227 Nicht ohne Grund firmiert diese Funktion des subjuntivo auch unter Bezeichnungen wie subjuntivo temático, subjuntivo presuposicional oder subjuntivo polémico (vgl. Escandell Vidal/ Leonetti 2005, 426). (87) a. Dijo que parecía mucho más viejo de lo que era realmente. (Panero, Lugar, zit. n. RAE/ ASALE 2009, §25.4d) - - b. Simplemente me dijeron que firmara en una hoja. (Palou, Carne, zit. n. RAE/ ASALE 2009, §25.4d) - (88) a. Te advierto que soy acuario. - - b. El policía nos advirtió que no entráramos en la cueva. (Vera Morales 1995, V34G12a) Zweitens ziehen negierte Kommunikationsverben im Matrixsatz systematisch den subjuntivo nach sich (vgl. [89]). Dies gilt allerdings nicht für Fälle, in denen der Sprecher lediglich den Wortlaut seiner Äußerung berichtigen möchte oder die Illokution des Sprechakts an sich negieren möchte, wie in (89’). - (89) No digo que tu marido sea un embustero. (Haverkate 1996, 104) - (89’) No digo que tu marido es un embustero. (a.-a.-O.) 226 Einem ähnlichen Muster folgen performative (Kommunikations-)Verben, die im konzessiven Kontext den subjuntivo nach sich ziehen (vgl. [90]), da die Aussage im Komplementsatz präsupponiert ist. 227 Im Gegensatz dazu hat der Inhalt des Komplementsatzes in (91) rhematischen Charakter, weshalb das Verb im Indikativ steht. - (90) Admito que el libro sea bueno, pero es pesado. (Reyes 1990b, 47) - (91) Admito que tienes razón. Yo me he equivocado. (zit. n. Haverkate 1996, 103) Die beschriebenen Fälle von Alternanz zwischen Indikativ und subjuntivo treten zwar ausschließlich im Kontext indirekter Rede auf, sie können jedoch im engeren Sinne nicht als Zitatmarker angesehen werden - diese Rolle fällt in den vorgestellten Fällen ohnehin vorrangig dem verbum dicendi zu. Jedoch kann der subjuntivo in bestimmten Konstellationen tatsächlich auch die Rolle eines Zitat‐ 112 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 228 Die genannte Publikation von Reyes stellt im Übrigen die einzige Untersuchung zur Zitatfunktion des subjuntivo dar, wie u.-a. Haverkate (1996, 105) unterstreicht. 229 Vgl. Haverkate (1996, 104-105), der darauf hinweist, dass die polyphone Struktur der Äußerung im Englischen ausschließlich prosodisch markiert ist. 230 Auf der Grundlage der Relevanztheorie beschreiben Escandell Vidal/ Leonetti (2005) verschiedene Inferenzprozesse, die durch temporale oder modale Markierungen wie das imperfecto citativo, den indicativo citativo oder den substantivo citativo ausgelöst werden. 231 Einzig Cameron (1998, 46) erwähnt die spanische Partikel oy, die häufig in Verbindung mit einem „sharp rise of pitch and volume“ realisiert wird und dadurch vergleichbar ist mit einem „change of state token“ wie dem engl. oh. 232 Vgl. Morel (1996), Grutschus/ Diwersy (2014), Fauré/ Verine (2004), Verine (2005) oder Vuillaume (2000, 123-128). Vgl. a. Bolden (2004, 1084) für entsprechende Marker im markers übernehmen. Reyes (1990b, 48) 228 spricht in diesem Zusammenhang von einem insgesamt selten in dieser Funktion beschriebenen 229 subjuntivo citativo, den der nachfolgende Dialog illustriert: - (92) A: No quiero salir, que hace mucho frío. - - B: Porque haga frío no nos vamos a quedar en casa. (Escandell Vidal/ Leonetti 2005, 433) Die Verwendung des subjuntivo in der Erwiderung von Sprecher B verdeutlicht die polyphone Grundstruktur der Äußerung: Der Standpunkt von Sprecher A wird einerseits aufgenommen, andererseits wird auch der Standpunkt von Sprecher B deutlich, der ihn zu widerlegen versucht (vgl. Reyes 1990b, 48). 230 Eine insbesondere in medial mündlich realisierter Sprache sehr häufig ge‐ nutzte Markierung direkter Rede ist für das Spanische bislang nicht beschrieben worden: 231 Der Beginn einer wiedergegebenen Passage kann über die Verwen‐ dung bestimmter Diskursmarker (vgl. „oye“ und „mira“ in [93]) oder Interjekti‐ onen (vgl. „uy“ in [94]) markiert sein. - (93) Yo no entiendo cómo los hospicios están tan vacíos, vamos, yo creo que tendría que que la gente dar un tal, sentirse más fracasado en eso, decir: „oye, mira, este niño no me gusta, pues al hospicio“, tan contentos, ¿no? (Corpus CREA) - (94) Pero, como siempre ha dicho mi madre, nosotros tenemos el oído viciado porque siempre que oímos a otra cantante, pensamos ‚uy, mamá no hubiera hecho esto así‘. (Corpus CREA) Im Unterschied zum Spanischen ist das Phänomen für das Französische bereits gut untersucht: 232 So beschreibt beispielsweise Rosier (2008, 78-80) Marker 3.2 Sprachliche Markierung 113 Russischen sowie Holt (1996) zur Funktion sog. turn initials wie oh oder well in englischen Korpora. 233 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Trester (2009), die die Rolle von engl. oh bei der Markierung persönlicher Einstellungen zur wiedergegebenen Äußerung untersucht. 234 Vgl. Bolden (2004, 1096-1106) zum Russischen und Golato (2000, 31) zum Deutschen. Zum Spanischen liegen in diesem Zusammenhang noch keine Untersuchungen vor. 235 Vgl. Stec/ Huiskes/ Redeker (2015, 531) sowie Sidnell (2006). 236 Vgl. Bolden (2004), die verschiedene Varianten der Beendigung von Redewiedergabe vorstellt, darunter auch ein allmähliches fading out, das hauptsächlich auf prosodischer Ebene angesiedelt ist. 237 Vgl. Bolden (2004, 1096) und Golato (2000, 31). wie ah, eh bien, oui oder auch mais, die einen Wechsel der Äußerungsinstanz anzeigen, als discordantiels, Vincent/ Dubois (1996, 21) hingegen sprechen von marqueurs d’attaque als „ensemble des manifestations verbales que le locuteur émet lorsqu’il prend la parole: ah, oui, ben, mais, etc.“ Verine (2005, 501) wiederum weist auf die Scharnierfunktion der Marker hin, die er als vocalisations bezeichnet: La perspective bakhtinienne […] me conduit à supposer à ces morphèmes un triple rôle de pivot dialogique: celui d’articuler l’énoncé enchâssé à son co(n)texte spécifique, de baliser le type de rapport dialogique, […] mais aussi de fournir au destinataire actuel des indices sur le statut assigné au D[iscours]D[irect]. Neben der indexikalischen Funktion der Markierung von Redewiedergabe schreibt Verine (2005) einigen Markern auch eine semantische Nuance zu: So lässt oh  233 beispielsweise eine „atténuation de la représentation du dissensus“ (Verine 2005, 502) erkennen, während er ah als „kooperativ“ bezeichnet: Ah est la Voc[alisation] la plus coopérative et marque, en interaction vive, la prise en compte du dit antérieur et le prolongement de la thématique conversationnelle. (Verine 2005, 502) Auch das Ende der wiedergegebenen Passage kann auf unterschiedliche Arten markiert sein, 234 selbst wenn die Beendigung der Wiedergabe nicht immer so deutlich angezeigt wird wie ihr Beginn 235 - auf diese Asymmetrie werden wir im Zusammenhang mit der paraverbalen Markierung von Redewiedergabe (s. Kap. 3.3) noch näher eingehen. 236 Einerseits kommen hier verschiedene unquote-Elemente 237 zum Einsatz, die auch in anderen Kontexten das Ende eines Redebeitrags anzeigen können: Golato (2000, 31) nennt für das Deutsche Partikel wie z. B. ne, die das Vorliegen einer übergaberelevanten Passage markieren und üblicherweise einen Sprecherwechsel nach sich ziehen. Andererseits existieren auch verschiedene Strategien, die Bolden (2004, 1100) unter dem Begriff reposi- 114 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 238 In der Untersuchung von Bolden (2004) enthält das - relativ umfangreiche und auch indirekte Redewiedergabe enthaltende - russische Korpus allerdings keine Rede‐ wiedergabe, die diesem Umfang entspräche. Zum Spanischen liegen entsprechende Beobachtungen nicht vor. tioning zusammenfasst, und die drei unterschiedliche Phänomene umfassen: Erstens kann eine Redewiedergabe mit Hilfe eines metasprachlichen Kom‐ mentars beendet werden. Zweitens können verschiedene Verzögerungen im Sprachfluss (von Bolden 2004, 1101 als disfluencies bezeichnet) die Beendigung der Redewiedergabe anzeigen. Hierzu gehören hesitation phenomena ebenso wie Pausen und Wiederholungen. Drittens können auch Deiktika eine Origo-Ver‐ schiebung und damit einen Wechsel der Äußerungsebene signalisieren. Die wiedergegebenen Passagen können jeweils unterschiedlich lang sein. Eine Möglichkeit der Kategorisierung besteht darin, auf das von Sacks/ Scheg‐ loff/ Jefferson (1974, 702) entwickelte System zur Beschreibung der Mikro‐ struktur von (nicht nur wiedergegebenen) Redebeiträgen zurückzugreifen (vgl. Bolden 2004) und verschiedene Typen von turn constructional units anzunehmen: Als Minimalumfang lässt sich ein einzelnes Lexem annehmen (lexical turn constructional unit). Die nächstgrößere Einheit entspricht einem Syntagma (phrasal turn constructional unit), an die sich zunächst eine Einheit vom Umfang eines Teilsatzes (clausal turn constructional unit) 238 und schließlich ein vollständiger Satz (sentential turn constructional unit) anschließt. Der Umfang einer Redewiedergabe kann jedoch durchaus über eine einzelne Äußerung hinausgehen. In diesem Fall kann der Sprecher mit Hilfe unterschied‐ licher Strategien (vgl. Bolden 2004, 1088-1096) deutlich machen, dass auch die nachfolgenden Äußerungen noch als wiedergegeben zu interpretieren sind: Erstens kann die Redekennzeichnung - meist in verkürzter Form - einfach wiederholt werden; Bolden (2004, 1088-1091) spricht in diesem Zusammenhang von re-framing. Zweitens kann bei Vorliegen direkter Rede die Verwendung von Deiktika in den nachfolgenden Äußerungen anzeigen, dass die Origo unverän‐ dert ist und sich damit die Wiedergabesituation fortsetzt. Bolden (2004, 1091- 1094) bezeichnet dies als re-anchoring. Schließlich kann drittens die Fortdauer der Wiedergabe auch auf prosodischer Ebene markiert werden. 3.2.3 Verknüpfungsfragen Nachdem wir unterschiedliche Varianten der Redekennzeichnung und der Mar‐ kierung wiedergegebener Äußerungen betrachtet haben, möchten wir abschlie‐ ßend verschiedene Möglichkeiten der Verknüpfung von zitierender und zitierter Rede beleuchten. Rosiers Überblicksdarstellung zeigt (vgl. Rosier 1999, 126-127), 3.2 Sprachliche Markierung 115 239 Obwohl zitierte Passagen bisweilen keine „prototypischen“ direkten Objekte darstellen (Lamiroy/ Charolles 2008, §20 sprechen von „c.o.d. [peu] orthodoxes“), lässt sich mit Hilfe unterschiedlicher Testverfahren der Argumentstatus wiedergegebener Rede sogar dann bestätigen, wenn sie mit einem intransitiven Verb auftritt. Allerdings können intransitive Verben i. d. R. nur dann eine wiedergegebene Passage markieren, wenn sie im Rahmen eines parenthetischen Einschubs erscheinen (zur „échelle de transitivité“ der Kommunikationsverben vgl. Lamiroy/ Charolles 2008, §23). Lamiroy/ Charolles (2008) illustrieren dies am Beispiel von fr. médire (‚lästern‘), das sich nur im Rahmen einer Parenthese mit der vorangestellten Wiedergabe verbinden kann: „‚On peut être amoureux tout un jour de Mme Tallien‘, médisent les uns.“ Obwohl der Argumentstatus der zitierten Passage die mehrheitlich vertretene For‐ schungsmeinung darstellt (vgl. zum Spanischen u. a. Suñer 2000 oder Fuentes Rodríguez 1998), existieren auch abweichende Positionen. So nehmen beispielsweise Danlos/ Sagot/ Stern (2010) statt eines systematischen morphosyntaktischen Zusammenhangs lediglich eine Verbindung auf semantischer bzw. diskursiver Ebene an. 240 Maldonado González (1991, 102-103) geht hier vom Vorliegen einer Juxtaposition bzw. einer asyndetischen Koordination aus. 241 Rosier (1999, 257-265) weist hingegen für das Französische parenthetisch realisierte Redekennzeichnung auch für indirekte Rede nach, wie folgendes Beispiel aus Madame dass solche Verknüpfungen gleich auf mehreren Ebenen bestehen: Zunächst können beide Passagen auf morphosyntaktischer Ebene miteinander verbunden bzw. voneinander abhängig sein. Dies betrifft insbesondere Konstruktionen mit einem verbum dicendi in der Redekennzeichnung - die wiedergegebene Passage ist hier als direktes Objekt des Kommunikationsverbs einzustufen. 239 Dass bei direkter Rede die wiedergegebene Passage syntaktisch autonom 240 ist, stellt in diesem Zusammenhang keinen Widerspruch dar. So analysiert beispielsweise Suñer (2000) die morphosyntaktische Struktur direkter Rede dahingehend, dass das verbum dicendi sich hier mit einem als Platzhalter fungierenden Nullelement verbindet, das die Argumentstruktur der redekennzeichnenden VP komplettiert. Weiterhin können zitierende und zitierte Passage auch auf der Ebene der Äußerung miteinander verbunden sein - dies gilt hauptsächlich für Konstruk‐ tionen des Typs según N. Darüber hinaus können beide Passagen lediglich auf logisch-semantischer Ebene verknüpft sein, wie dies (95) illustriert: - (95) Il avoua son crime. „C’est moi qui ai tué Jean.“ (zit. n. Rosier 1999, 126) Schließlich besteht auch eine Verbindung auf der Ebene der Textkohärenz, die sich u.-a. in der Temporal- und Personaldeixis spiegelt. Zitierende und zitierte Passage können unterschiedlich zueinander positio‐ niert sein: Während bei indirekter Rede im Spanischen die Redekennzeichnung durchgängig vorangestellt ist (vgl. Suñer 2000, 527), 241 existieren bei direkter 116 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen Bovary illustriert: „Quant à Emma, elle ne s’interrogea point pour savoir si elle l’aimait. L’amour, croyait-elle, devait arriver tout à coup, avec de grands éclats et des fulgurations“ (Rosier 1999, 257). 242 Suñer (2000, 532) weist darauf hin, dass bei nachgestellter Redekennzeichnung im Spanischen ein präverbales Subjekt agrammatisch ist, wie sie am nachfolgenden Beispiel illustriert: „No, no es un enanito“, rectifica el viejo. *el viejo rectifica. 243 Bisweilen wird die parenthetisch eingeschobene Redekennzeichnung als inciso be‐ zeichnet. Wie unterschiedlich sich die Verwendung dieses Begriffs gestaltet, verdeut‐ licht Maldonado González (1991, 91), die inciso charakterisiert als „termino preteórico con el que se suelen designar construcciones muy dispares con la característica común de poseer una entonación independiente e ir adjuntas directamente a la oración principal“. Dieses sehr weite Verständnis steht im Kontrast zu Maldonados eigener, wiederum sehr enger Begriffsverwendung, die sie auf weder im Präsens noch in der ersten Person verwendete Kommunikationsverben in Mittel- oder Endposition beschränkt (vgl. Maldonado González 1991, 96-97). Ähnlich uneinheitlich ist die Begriffsverwendung von fr. incise (vgl. Lacaze 2011, 31-32 und Barra Jover 2003). Vor diesem Hintergrund werden wir den Begriff inciso nachfolgend nicht verwenden. Rede drei Varianten. Die Redekennzeichnung kann der wiedergegebenen Äu‐ ßerung vorausgehen (vgl. [96a]), ihr nachgestellt sein (vgl. [96b]) oder als parenthetischer Einschub inmitten der zitierten Passage realisiert werden (vgl. [96c]): - (96) a. Dijo entusiasmada: „La idea me parece genial.“ - - b. „La idea - dijo entusiasmada - me parece genial“. - - c. „La idea me parece genial“, dijo entusiasmada. 242 (Maldonado González 1991, 92) Morel (1996, 81) schließt - zumindest für das gesprochene Französisch - aus, dass diese drei Varianten auch in medial mündlicher Kommunikation realisiert werden: In ihrem Korpus ist die Redekennzeichnung durchgängig vorangestellt. Parenthetische Einschübe 243 finden sich ausschließlich zwischen einer Interjek‐ tion (vgl. „oh“ in [97]) und dem Rest der wiedergegebenen Äußerung, wie etwa im folgenden Beispiel: - (97) oh j’lui dis non: je vais pas, (h) pas rester à Rumilly […] (Morel 1996, 80) 3.2 Sprachliche Markierung 117 244 Der Korpusstudie von Schneider (2007, 132) ist lediglich zu entnehmen, dass Redekenn‐ zeichnung in Form parenthetischer Einschübe offenbar ausschließlich mit decir gebildet wird. Nachgestellte Redekennzeichnungen sind in ihrem Korpus ebenfalls sehr selten belegt und haben, wie Beleg (98) illustriert, hauptsächlich epistemischen Wert - sie unterstreichen die Authentizität der wiedergegebenen Passage. - (98) Il a mis des barbelés autour de sa maison voilà j’suis en prison c’est ce qu’il a dit le mec (Morel 1996, 81) Die Vermutung liegt nahe, dass die Bevorzugung vorangestellter Redekenn‐ zeichnung durch die lineare Realisierung und Rezeption gesprochener Sprache bedingt ist und damit übereinzelsprachlichen Charakter hat - die nachfolgende Korpusstudie soll zur Überprüfung dieser Hypothese beitragen. 244 Gleicher‐ maßen soll anhand des Korpus untersucht werden, ob im Spanischen ähnliche Fälle verdoppelter Redekennzeichnung vorliegen, wie sie De Gaulmyn (1992, 27) unter der Bezeichnung double bornage für das Französische beschreibt und folgendermaßen illustriert: - (99) puis j’ai mon fils qui m’a dit ouh là là mais tu vas pas aller là i=m’a eh i=m’a dit. […] 3.3 Prosodische Markierung Das vorliegende Kapitel ist der Analyse paraverbaler und speziell prosodischer Eigenschaften von Redewiedergabe gewidmet, es ergänzt damit die voranste‐ henden Überlegungen zur sprachlichen Kennzeichnung „fremder Rede“. Da Redewiedergabe über lange Zeit anhand konstruierter Beispielsätze oder auf der Grundlage schriftlicher Korpora literarischer oder journalistischer Texte untersucht wurde, spielten Markierungen auf suprasegmentaler Ebene natur‐ gemäß keine nennenswerte Rolle. Auch die in den 1990er Jahren einsetzende Untersuchung von Redewiedergabe in gesprochener Sprache brachte hier keine grundlegende Veränderung: Obwohl mittlerweile nicht wenige empirische Ar‐ beiten zu verschiedenen Einzelaspekten der prosodischen Markierung direkter 118 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 245 Die meisten Untersuchungen liegen zum Französischen vor, vgl. u. a. Jacob (1987), Léon (1988), Léandri (1993), Morel (1996), Demers (1998), Bertrand/ Espesser (1999), Bertrand/ Espesser (2002), Grobet (2004), Auchlin/ Grobet (2006), Verine (2007) oder Pršir (2012). Zum Spanischen vgl. Kvavik (1986), Cabedo Nebot (2007) und Estellés-Ar‐ guedas (2015); zum Deutschen vgl. Günthner (1997b), Günthner (1999) und Rühmann (1999); schließlich zum Englischen vgl. Bolinger (1946), Klewitz/ Couper-Kuhlen (1999), Couper-Kuhlen (1998), Jansen/ Gregory/ Brenier (2001) und Tyler (2014) sowie Lampert (2018). 246 Kasimir (2008) untersucht, ob Anführungszeichen beim Vorlesen in entsprechende prosodische Äquivalente „übersetzt“ werden und nimmt damit eine genau umgekehrte Perspektive ein. 247 Zu einem Zusammenhang auf anderer Ebene vgl. Cabedo Nebot (2011, 88), der davon ausgeht, dass die Annahme einer prosodischen Markierung skriptizistisch bedingt ist und nicht der prosodischen Realität entspricht: „[…] esa inercia explica que se espere una pausa u otro fenómeno prosódico (inflexión, reajuste de la F0, cambio de tono…) entre un verbo dicendi y un fragmento en estilo directo de habla […]“. Rede vorliegen, 245 stellt eine - selbst einzelsprachlich perspektivierte - Über‐ blicksdarstellung weiterhin ein Desideratum dar. Nachfolgend werden wir zunächst einige sehr grundlegende Betrachtungen zu (typo)graphischer und prosodischer Markierung von Redewiedergabe an‐ stellen (3.3.1). Im Anschluss bietet Kap. 3.3.2 einen Überblick über relevante prosodische Merkmale, während Kap. 3.3.3 unterschiedliche Ausprägungen prosodischer Markierung darstellt. Abschließend skizziert Kap. 3.3.4 mögliche Funktionen der prosodischen Markierung von Redewiedergabe. 3.3.1 (Typo)graphische Markierung vs. prosodische Markierung Eine erste systematische Annäherung an die Problematik erlaubt ein Vergleich zwischen prosodischer Markierung und (typo)graphischer Kennzeichnung von Redewiedergabe (vgl. u. a. Klewitz/ Couper-Kuhlen 1999). Typographische Kon‐ ventionen, die anzeigen, dass „fremde Rede“ folgt, sind zunächst Anführungs‐ zeichen oder Geviertstriche, die insbesondere in dialogischen Passagen häufig verwendet werden. Daneben kann ein Wechsel der Sprechinstanz auch über einen Zeilenwechsel oder mittels Kursivierung verdeutlicht werden (vgl. Verine 2007, 160). Die typographischen Merkmale stellen jedoch keinesfalls einen Ersatz oder eine einfache „Übersetzung“ der prosodischen Markierung dar 246 -- die nachfolgenden Abschnitte werden verdeutlichen, dass die Unterschiede wesentlich komplexer sind. 247 Ein erster Unterschied zwischen typographischer und prosodischer Markie‐ rung besteht darin, dass Anführungszeichen - im Kontext von Redewieder‐ gabe - lediglich zur Kennzeichnung direkter Rede verwendet werden, nicht 3.3 Prosodische Markierung 119 248 Mischformen wie die in Kap. 3.1.2 vorgestellten Fälle indirekter Rede mit Anführungs‐ zeichen stellen auf journalistische Texte beschränkte Ausnahmen dar. 249 Klewitz/ Couper-Kuhlen (1999, 20) sprechen in diesem Zusammenhang von prosodic framing. 250 In verschiedenen, graphisch stärker dominierten Textsorten wie beispielsweise Comics ist eine solche kontinuierliche Markierung durchaus üblich. Darüber hinaus bestehen hier natürlich wesentlich vielfältigere Darstellungsmöglichkeiten, die jedoch bislang noch nicht eingehend analysiert wurden. Einige grundlegende Überlegungen finden sich bei Schüwer (2012). jedoch in indirekter Rede. 248 Im Gegensatz dazu findet die prosodische Markie‐ rung auch in (freier) indirekter Rede Verwendung (vgl. Günthner 1997b, 244) und bietet insgesamt vielfältigere Einsatzmöglichkeiten: Während in medial schriftlicher Realisierung „expressive Momente in der indirekten Rede nur in der Redeeinleitung zum Ausdruck gebracht werden kön[ne]n“ (Günthner 1997b, 240), etwa mit Hilfe von Adverbialkonstruktionen oder bestimmter verba dicendi, erlaubt die prosodische Markierung eine wesentlich flexiblere Kennzeichnung auch innerhalb der wiedergegebenen Passage. Ein zweiter Unterschied liegt in der Natur der Markierung selbst: Während An- und Abführungszeichen Anfang und Ende der wiedergegebenen Passage exakt kennzeichnen, existieren auf prosodischer Ebene mehrere unterschied‐ liche Muster: Einerseits ist selbstverständlich eine der typographischen Kenn‐ zeichnung genau entsprechende prosodische Markierung unmittelbar vor dem Beginn und ggf. unmittelbar nach dem Ende des wiedergegebenen Abschnitts möglich. 249 Andererseits kann die prosodische Markierung auch asymmetrisch angelegt sein, d. h. lediglich der Beginn der wiedergegebenen Passage ist markiert, eine Kennzeichnung des Endpunktes hingegen fehlt. Eine vergleich‐ bare Asymmetrie existiert im Übrigen auch auf sprachlicher Ebene, da die Redekennzeichnung über verba dicendi oder Zitatmarker mehrheitlich den linken Rand der wiedergegebenen Äußerung markiert, der rechte Rand jedoch unmarkiert bleibt: […] si le début des séquences de discours rapporté est souvent marqué par la présence de verbes introducteurs de parole et de marques lexicales (interjections, marques de prise de parole, connecteurs, etc.), il n’en va pas toujours de même pour la frontière finale, dont le repérage peut parfois s’avérer problématique. (Grobet 2004, 307) Über die Kennzeichnung von Anfangs- und Endpunkt hinaus kann auch die gesamte wiedergegebene Passage durchgängig prosodisch markiert sein - aus sprachökonomischen Gründen bleibt diese Variante jedoch auf kürzere Rede‐ wiedergaben beschränkt. 250 Grundsätzlich kann die prosodische Markierung auch von den exakten Grenzen der wiedergegebenen Passage abweichen und 120 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 251 Zwar fallen einzelsprachliche Besonderheiten im Rahmen der hier noch sehr allge‐ mein gehaltenen Überlegungen nicht ins Gewicht. Aus Gründen der Übersichtlichkeit möchten wir uns dennoch nachfolgend auf Grammatiken des Spanischen konzen‐ trieren. beispielsweise ein wenig später einsetzen und bereits vor dem Abschluss der zitierten Äußerung wieder enden. Diese Form der Kennzeichnung bezeichnen Klewitz/ Couper-Kuhlen (1999, 25) als prosodic flagging, das sie folgendermaßen beschreiben: […] the prosodic shifts being comparable to flags set up in the vicinity of the phenomenon to be signalled. The flags, however, need not mark the whole of the territory in question, nor even its precise boundaries. Instead they seem to say ‚Watch out for something in my vicinity‘. In this sense they are not iconic but indexical of a deictic shift in reported speech. (Klewitz/ Couper-Kuhlen 1999, 25-26) Eine antizipierende, d. h. vor Beginn der wiedergegebenen Passage einsetzende prosodische Markierung bezeichnen Klewitz/ Couper-Kuhlen (1999, 25) in An‐ lehnung an Rühmann (1999) als pre-voicing, eine über das Ende der Redewie‐ dergabe hinaus „nachhallende“ Markierung entsprechend als post-voicing. Schließlich bieten typographische und prosodische Kennzeichnung von Re‐ dewiedergabe unterschiedliche Differenzierungsmöglichkeiten: Während auf typographischer Ebene verschiedene Sprecher immer identisch - beispielsweise über systematisch gesetzte An- und Abführungszeichen - markiert werden, erlaubt eine mündliche Realisierung individuell unterschiedliche prosodische Gestaltungsmuster. Dies ermöglicht etwa die Disambiguierung unterschiedli‐ cher wiedergegebener Sprecher und macht mehrmalige Sprechernennungen überflüssig. Auf diese Weise können bisweilen sogar Sprecher evoziert werden, ohne dass eine ihnen zugeschriebene Äußerung wiedergegeben würde: […] the attribution of reported speech passages to the appropriate figures is facilitated in spoken discourse by the use of individualized prosodic formats. These individua‐ lized prosodic designs may occur with or without a verbal projection of the speech being reported. (Klewitz/ Couper-Kuhlen 1999, 27) 3.3.2 Relevante Parameter Erste Hinweise auf relevante Parameter der prosodischen Markierung von Redewiedergabe finden sich in verschiedenen Grammatiken. 251 Obwohl sich die grammatikographische Beschreibung von Redewiedergabe in erster Linie auf die geschriebene Realisierung konzentriert, finden sich hier auch - allerdings 3.3 Prosodische Markierung 121 252 Vgl. Maldonado González (2000, 3567), Marcos Marín/ Satorre Grau/ Viejo Sánchez (1998, 417) und Criado de Val (1976, 67). 253 Vgl. beispielsweise Neuhauser (2008) oder Künzel (2000). 254 Vgl. Neuhauser (2008, 132) und Künzel (2000, 151). 255 Künzel (2000, 151) nennt beispielsweise die monotone robotic voice als typische Variante, die allerdings in Kontexten der Redewiedergabe kaum zu erwarten ist. 256 Eine Überblicksdarstellung findet sich bei Dehé/ Kavalova (2007, 12-15). 257 Vgl. Hanote (2015) zu einem umfassenden Vergleich zwischen Parenthesen und Rede‐ wiedergaben. durchaus als „impressionistisch“ (vgl. Kvavik 1986, 355) zu bezeichnende - Anmerkungen zur mündlichen Realisierung. Insbesondere zwei Parameter stehen dabei im Mittelpunkt: eine Pause zwischen verbum dicendi und der wiedergegebenen Passage 252 und eine nicht näher spezifizierte „entonación característica“ (Marcos Marín/ Satorre Grau/ Viejo Sánchez 1998, 417) bzw. „en‐ tonación peculiar“ (Maldonado González 2000, 3567). Aufschlussreiche Antworten auf die Frage, welche Parameter über diese beiden Merkmale hinaus für die Markierung von Redewiedergabe relevant sein könnten, liefern Untersuchungen aus dem Bereich der forensischen Linguistik, die sich dem Phänomen des Stimme-Verstellens widmen. 253 Sie stellen insbe‐ sondere deshalb einen geeigneten Ausgangspunkt dar, weil sie zeigen, welche Parameter der Stimme Sprecher überhaupt beeinflussen können bzw. welche Merkmale sie bevorzugt verändern. Auf dieser sehr grundlegenden Ebene lassen sich drei Typen von Merkmalen unterscheiden: 254 Erstens können Eigenschaften der Stimme selbst - v. a. Tonhöhe und Stimmqualität - verändert werden, etwa durch Wechsel in creaky voice oder einsetzendes Flüstern. Zweitens können Veränderungen der Reso‐ nanzmerkmale auftreten, die die Stimme beispielsweise nasaler wirken lassen. Schließlich sind drittens auch verschiedene Eigenschaften der Sprechweise ver‐ änderbar: So kann die Amplitude der Tonhöhe (pitch range) größer oder kleiner werden, das Sprechtempo kann beschleunigt oder verlangsamt werden, die Lautstärke kann verringert bzw. gesteigert werden oder die Betonungsmuster variieren. 255 Wertvolle Einblicke liefern darüber hinaus Studien zur prosodischen Realisie‐ rung von Parenthesen, 256 die eine eigenständige Intonationsphrase bilden - auch hier zeigen sich deutliche Parallelen zur Markierung von Redewiedergabe. 257 So werden einerseits Ähnlichkeiten zu den bereits erwähnten Charakteristika des Stimme-Verstellens deutlich: Parenthesen können sich durch Veränderungen in den Bereichen Lautstärke, (absolute) Tonhöhe und Sprechtempo auszeichnen. 258 Da sie andererseits vergleichsweise kurzen Äußerungseinheiten entsprechen, weisen Parenthesen darüber hinaus suprasegmentale Merkmale auf, die charak‐ 122 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 258 Dehé/ Kavalova (2007, 12) weisen darauf hin, dass Parenthesen i. d. R. eine verminderte Lautstärke, eine niedrigere Tonhöhe und ein schnelleres Sprechtempo aufweisen als die sie umgebenden Äußerungen. 259 So beispielsweise Jansen/ Gregory/ Brenier (2001), Bolden (2004), Mora Gallardo/ Mar‐ tínez/ Álvarez (2009), Mora Gallardo/ Álvarez (2003), Cabedo Nebot (2007) und Es‐ tellés-Arguedas (2015), wobei letztere nicht auf einzelne Merkmale eingeht, sondern lediglich festhält, ob eine wiedergegebene Äußerung im untersuchten Korpus als prosodisch markiert anzusehen ist oder nicht. 260 Vgl. Grosz/ Hirschberg (1992), Hirschberg/ Grosz (1992) und Léandri (1993). 261 Vgl. Bertrand/ Espesser (1999) und Bertrand/ Espesser (2002). 262 Vgl. Cabedo Nebot (2007) und Estellés-Arguedas (2015), die sich jeweils auf unterschied‐ lich große Ausschnitte des Val.Es.Co.-Korpus stützen. 263 Vgl. Mora Gallardo/ Álvarez (2003) und Mora Gallardo/ Martínez/ Álvarez (2009). teristisch für größere Phrasengrenzen sind: Meist sind sie umgeben von Pausen und steigend-fallende Intonationskonturen gehen ihnen unmittelbar voran. Zur prosodischen Realisierung von Redewiedergabe liegen lediglich verein‐ zelte empirische Fallstudien vor, die jedoch einen ersten Überblick darüber ermöglichen, welche Merkmale systematisch zur Kennzeichnung wiederge‐ gebener Passagen eingesetzt werden. Nur wenige instrumentalphonetische Analysen mit statistischer Auswertung stützen sich dabei auf Korpora spontan‐ sprachlicher Äußerungen, 259 die übrigen Untersuchungen verwenden Korpora vorgelesener Texte 260 oder elizitierter Einzeläußerungen. 261 Zum Spanischen liegen Studien zur peninsularen 262 und zur venezolanischen 263 Varietät vor. Alle Analysen berücksichtigen ausschließlich die Wiedergabe direkter Rede in dialogischen Kommunikationssituationen. Obwohl sich die Untersuchungen auf unterschiedliche indoeuropäische Spra‐ chen beziehen, ergeben sich deutliche Parallelen zwischen den relevanten prosodischen Merkmalen. So verzeichnen alle Analysen zu Beginn der wieder‐ gegebenen Passage einen deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Tonhöhe ebenso wie eine z. T. erhebliche Erweiterung der pitch range, meist nach oben. Mehrheitlich stellen die Untersuchungen außerdem das Vorliegen markanter, der wiedergegebenen Passage unmittelbar vorausgehender Grenztöne fest. Zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen die einzelnen Studien in Bezug auf das Vorhandensein einer Pause, die einzig in den venezolanischen Korpora von Mora Gallardo/ Álvarez (2003) und Mora Gallardo/ Martínez/ Álvarez (2009) nachgewiesen werden kann. Uneinigkeit besteht weiterhin in der Frage, ob sich die wiedergegebene Passage durch Veränderungen der Lautstärke auszeichnet: Hirschberg/ Grosz (1992, 444) verzeichnen eine Abnahme der Lautstärke beim Einsetzen der Wiedergabe, während Mora Gallardo/ Martínez/ Álvarez (2009, 247) ein genau gegenteiliges Ergebnis erzielen. Auch Unterschiede in der rhythmischen Realisierung werden anders gewichtet: Während Cabedo Nebot 3.3 Prosodische Markierung 123 (2007) und Mora Gallardo/ Álvarez (2003) keine nennenswerten Unterschiede feststellen, die die Sprechgeschwindigkeit betreffen, verzeichnen Mora Gal‐ lardo/ Martínez/ Álvarez (2009, 247) dahingehende Abweichungen in der Silben‐ länge, dass die Redeeinleitung sich durch kürzere Silben auszeichnet, während die Silben mit Beginn der wiedergegebenen Passage deutlich länger werden. Da es sich bei den referierten Untersuchungen lediglich um Fallstudien handelt, die z. T. die Äußerungen eines einzigen Sprechers analysieren, ist die Aussagekraft der Ergebnisse natürlich begrenzt. Als Desideratum ergibt sich hieraus eine Korpusstudie, die sich nicht nur auf ein Korpus belastbaren Umfangs stützt, sondern darüber hinaus auch die hierarchische Komponente berücksichtigt, indem sie auch privilegierte Kombinationen der jeweiligen Parameter erfasst. So kann beispielsweise mit Klewitz/ Couper-Kuhlen (1999, 13) angenommen werden, dass Veränderungen im Bereich der Tonhöhe häufig mit einer modifizierten Stimmqualität einhergehen - hier ergibt sich etwa ein Cluster mit den Merkmalen hohe Stimmlage, gepresste Stimmqualität und große Lautstärke. 3.3.3 Unterschiedliche Grade prosodischer Markierung Die prosodische Markierung von Redewiedergabe kann - je nach Textsorte, aber auch in Abhängigkeit von den Intentionen des wiedergebenden Sprechers - unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Constantin de Chanay (2006, 54-55) liefert einen ersten Einblick in die Problematik, indem er von der Existenz un‐ terschiedlicher Ikonizitätsgrade ausgeht, die sich zwischen einem „silhouettage“ und einer regelrechten Karikatur des wiedergegebenen Sprechers bewegen: L’incarnation transitoire d’un parleur différent de soi, dont on mime la ‚signature corporelle‘, présente des degrés d’iconicité, proportionnels au dosage de ce que l’on garde de soi et de ce que l’on montre de l’autre. Ces degrés peuvent varier en cours de ‚représentation‘, le taux maximal étant atteint lorsque l’on joue le discours comme un acteur campe un personnage. Le plus souvent toutefois, cette mimésis se fait à un moindre degré: sauf volonté de caricature délibérée, le locuteur se limite à un ‚silhouettage‘ - il conserve son propre timbre de voix comme base de mimésis voco-prosodique, et une partie de sa gestuelle propre, comme de ses mimiques, se mêle à la figuration de celles d’autrui. Maury-Rouan (2011, 309) unterscheidet insgesamt drei Grade prosodischer bzw. im weiteren Sinne nonverbaler Markierung von Redewiedergabe und differenziert zwischen „underplayed reported speech“ als auf nonverbaler Ebene nicht markierter Variante, „animated reported speech“ als mittlerer Ausprägung 124 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen und schließlich „lively reported speech“ als nonverbal stark markierter Rede‐ wiedergabe. Eine noch systematischere Modellierung des prosodischen Markiertheitsgrades erlaubt die Annahme eines Kontinuums zwischen den Polen „keine prosodische Markierung“ und „Imitation“, wie es in Abb. 10 dargestellt ist. Abb. 10: Grade prosodischer Markierung von Redewiedergabe Ein vollständiges Ausbleiben prosodischer Markierung von Redewiedergabe ist zwar grundsätzlich vorstellbar und könnte durch eine Anzeige des Sprecherwechsels auf sprachlicher oder nonverbaler Ebene kompensiert werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass jede mündlich realisierte Redewiedergabe zumindest von einer minimalen prosodischen Markierung begleitet wird. Diese Annahme soll in der Korpusstudie überprüft werden. Die nur minimale Veränderungen implizierende zweitniedrigste Stufe pro‐ sodischer Markierung umfasst Fälle von Redewiedergabe, die sich durch die Modifikation eines einzelnen oder einiger weniger prosodischer Parameter auszeichnen. Wir gehen davon aus, dass es sich hierbei um „unspezifische“ Parameter wie z. B. Pausen oder eine - nicht zwingend mit der Prosodie des zitierten Sprechers korrelierende - Veränderung der Tonhöhe handelt. Die nachfolgende Untersuchung wird zeigen, ob noch weitere Parameter beteiligt sind. Diese minimale prosodische Markierung dient zunächst lediglich dazu, die Aufmerksamkeit des Hörers auf den Wechsel der Sprechinstanz zu lenken (vgl. Pršir 2010, 146). Damit ist sie dahingehend als „neutrale“ Markierung einzustufen, als sie grundsätzlich in allen Textsorten vorkommen kann und zugleich die häufigste Form der Markierung darstellt - auch dies ist jedoch im Rahmen der Korpusstudie zu überprüfen. 3.3 Prosodische Markierung 125 264 Unsere Begriffsverwendung ist angelehnt an die bereits in Kap. 2.3.4.4 eingeführte Definition von Günthner (2002, 61). 265 Palacios Martínez (2013, 455-456) unterscheidet beispielsweise folgende Sprechertypen („mimicry types“): „stupid person’s voice“, „girlie voice“, „voice expressing indiffe‐ rence“, „posh Spanish accent“, „drunken voice“ oder „smoker’s voice“. 266 Couper-Kuhlen (1996, 389) bezeichnet diesen Wiedergabetyp als prosodic mimicry, die sie der hier als Stilisierung bezeichneten prosodic quotation gegenüberstellt. 267 Zu prosodischen und paraverbalen Merkmalen idiolektalen Sprechens vgl. Blum (2013, 37-38). 268 Verine (2007, 171-173) spricht in diesem Zusammenhang von einem discours direct parodique. In einem mittleren Bereich zwischen beiden Polen setzen wir Phänomene der Stilisierung an. 264 Hier wählt der wiedergebende Sprecher (bewusst oder unbe‐ wusst) bestimmte prosodische Merkmale aus, die ihm für die Darstellung eines bestimmten Sprechertyps oder einer bestimmten Sprechhandlung besonders relevant bzw. salient erscheinen. Neben suprasegmentalen Merkmalen betrifft dies natürlich auch Segmentalia. Diese als prototypisch zu wertenden Merk‐ male werden dem wiedergegebenen Sprecher als Vertreter einer bestimmten (sozialen, regionalen usw.) Gruppe zugewiesen und kennzeichnen ihn als solchen. 265 Ergänzend hinzukommen können prosodische Charakteristika be‐ stimmter wiedergegebener Sprechakte (z. B. Vorwürfe, Entschuldigungen oder Beschwerden). Die vom wiedergebenden Sprecher ausgewählten Merkmale sind für den zitierten Sprechertyp bzw. die zitierte Sprachhandlung charakteristisch, dies bedeutet jedoch gleichzeitig, dass sie in der ursprünglichen Kommunika‐ tionssituation in dieser Form nicht realisiert worden sein müssen. Auch die Stilisierung ist mit einer bestimmten Funktion verbunden: Der wiedergebende Sprecher rekontextualisiert die wiedergegebene Äußerung, indem er seine Einstellung zum Äußerungsinhalt und/ oder zum wiedergegebenen Sprecher deutlich macht. Noch stärker ausgeprägt ist die prosodische Markierung von Redewieder‐ gabe im Falle einer Imitation, 266 die zunächst nach ähnlichen Prinzipien zu funktionieren scheint wie die Stilisierung: Der aktuelle Sprecher greift ihm salient erscheinende prosodische Merkmale der ursprünglichen Kommunikati‐ onssituation heraus und überträgt sie auf die aktuelle Kommunikationssitua‐ tion. Im Unterschied zum Verfahren der Stilisierung handelt es sich bei den ausgewählten Parametern jedoch um idiolektale Merkmale, die einen ganz bestimmten, individuellen Sprecher auszeichnen. 267 Hiermit verbunden ist ein funktionaler Unterschied (vgl. Günthner 1997a, 2): Mit der Imitation rückt die Form der Wiedergabe in den Vordergrund, der Äußerungsinhalt wird zur Nebensache und die Redewiedergabe damit zur Parodie. 268 126 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 269 Vgl. Podesva (2007, 490) und Selting (1994, 381). Wie eingangs bereits angedeutet, hängt der Grad der prosodischen Markie‐ rung wiedergegebener Rede insbesondere ab von den Intentionen des wiederge‐ benden Sprechers und von der Textsorte, in die die Redewiedergabe eingebettet ist. Wir nehmen deshalb an, dass in Textsorten, in denen die möglichst objektive Wiedergabe von Redeinhalten im Vordergrund steht, beispielsweise in Vorle‐ sungen, möglicherweise jedoch auch in Predigten, die prosodische Markierung insgesamt geringer ausgeprägt ist als in Textsorten, in denen die Bewertung fremder Äußerungen eine zentrale Rolle spielt und in denen deshalb Methoden der Stilisierung zur Anwendung kommen. Eine derartige Gewichtung scheint beispielsweise charakteristisch zu sein für Alltagsgespräche, wie Vincent/ Du‐ bois (1997, 20) für ihr Korpus des kanadischen Französisch feststellen: On trouve, dans nos données, assez peu de traces des accents, des voix et des ‚tics‘ de l’énonciateur. Les propos sont mis en évidence, mais l’auteur perd ses caractéristiques individuelles et physiques, sauf si le locuteur veut mettre l’accent précisément sur ces caractéristiques, ce qui se fait alors au détriment du contenu. Der Grad prosodischer Markierung von Redewiedergabe ist jedoch nicht nur textsorten-, sondern auch kulturspezifisch, wie Couper-Kuhlen (1996, 366) unter Verweis auf Goffman feststellt: Goffman has pointed out that, in quoting a person, we quite naturally ‚quote‘ the overlay of accent and gesture as well. […] However, at some point, […] the quoter becomes ‚suspect’, a mimic with presumably disaffiliatory intentions. How much copying is socially acceptable in a given culture or speech community? Angesichts der Tatsache, dass wir im Rahmen der nachfolgenden Korpusun‐ tersuchung nicht nur spanische, sondern auch lateinamerikanische Varianten der verschiedenen Textsorten betrachten werden, soll dieser Aspekt ebenfalls Berücksichtigung finden. 3.3.4 Funktionen prosodischer Markierung Geht es um die Funktionen prosodischer Markierung, fällt in der Regel zunächst der recht unscharfe Begriff der „Expressivität“, 269 mit dessen Hilfe ausgedrückt werden soll, dass Sprecher wiedergegebene Rede prosodisch markieren, um ihrer Äußerung mehr „Lebendigkeit“ zu verleihen, sie zu „dramatisieren“ oder eine besondere Emphase auszudrücken. Dieser Faktor ist von entscheidender Bedeutung, sollte jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass darüber hinaus 3.3 Prosodische Markierung 127 270 Vgl. hierzu Auchlin/ Grobet (2006, 91), die von „bornage“ bzw. von „guillemets oraux“ sprechen. Vgl. weiterhin Verine (2007, 174), Günthner (1999, 687) sowie Günthner (2002, 66). Estellés-Arguedas (2015, 144) bezeichnet diese Funktion als „syntagmatisch“. 271 Estellés-Arguedas (2015) weist in ihrer Untersuchung spontansprachlicher Realisierung direkter Rede nach, dass die prosodische Markierung insbesondere dann deutlich ausgeprägt ist, wenn eine Markierung der Redewiedergabe auf lexikalischer Ebene fehlt. auch andere Aspekte eine wichtige Rolle spielen. Nachfolgend möchten wir deshalb insgesamt von drei Grundfunktionen prosodischer Markierung von Redewiedergabe ausgehen. Zunächst nehmen wir eine diskursstrukturierende Funktion an: 270 Die pro‐ sodische Markierung der wiedergegebenen Passage lenkt die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf den Wechsel der Äußerungsebene und trägt gleichzeitig zur Verständnissicherung bei. 271 Die strukturierende Wirkung entfaltet sich dabei auf zwei unterschiedlichen Ebenen: Einerseits zeigt die prosodische Markierung Anfang und Ende der wiedergegebenen Passage an (vgl. Caillat 2012, 118). Andererseits kann der Sprecher, wenn er die Äußerungen mehrerer énonciateurs wiedergibt, mit Hilfe jeweils unterschiedlicher prosodischer Markierungen die einzelnen Sprechinstanzen deutlich voneinander differenzieren. Ob die prosodische Markierung alleine allerdings den Hörer bereits in die Lage versetzt, eine bestimmte Passage zweifelsfrei als „wiedergegeben“ zu identifizieren, sollte zumindest kritisch beleuchtet werden. Fest steht, dass bei mündlich realisierter Redewiedergabe eine den Anführungszeichen entspre‐ chende eineindeutige Markierung für den Wechsel der Äußerungsebene fehlt. Umso wichtiger ist es, dass das Vorliegen von Redewiedergabe möglichst deutlich markiert wird (vgl. Morel/ Danon-Boileau 1998, 130). Dies geschieht zunächst natürlich auf lexikalischer Ebene, jedoch gibt beispielsweise Caillat (2012, 116) zu bedenken, dass segmentale Elemente der Redekennzeichnung wie verba dicendi oder Zitatmarker für sich alleine genommen auch außerhalb von Redewiedergabekontexten auftreten könnten. Deshalb könne nur über die Bündelung verschiedener Merkmale segmentaler wie suprasegmentaler Natur ein Wechsel der Äußerungsinstanz auf eineindeutige Weise angezeigt werden: Chacun [de ces éléments, A. G.] pris isolément peut en effet apparaître en d’autres contextes que lors d’occurrence de D[iscours]R[apporté]D[irect]. Ce serait donc plutôt leur ‚mise en relation‘ à proprement parler qui indiquerait l’occurrence d’un décrochement énonciatif […]. (Caillat 2012, 116) Eng verwandt mit der diskursstrukturierenden Funktion ist die metapragmati‐ sche Funktion, die deshalb nachfolgend lediglich als spezifische Ausprägung der 128 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 272 Estellés-Arguedas (2015, 144) spricht in diesem Zusammenhang von einer „semantic paradigmatic function“. 273 Vgl. Scherer/ Johnstone/ Klasmeyer (2003) zum Einfluss von Gefühlen auf die Prosodie eines Sprechers. 274 Vgl. Auchlin/ Grobet (2006, 97-98). Die prosodische Darstellung von „Typen“ wird häufig in Verbindung gebracht mit dem Konzept des phonostyle, das textsortenspezifi‐ sche prosodische Muster beschreibt (vgl. Auchlin/ Grobet 2006). 275 Vgl. Auchlin/ Grobet (2006, 91), Pršir (2012, 128), Espuny Montserrat (1997, 275), Demers (1998), Günthner (1997a, 1) sowie Verine (2007, 172-173). 276 Vgl. hierzu auch García Negroni/ Caldiz (2014). diskursstrukturierenden Funktion angesehen werden soll: Die prosodische Mar‐ kierung kann das Vorliegen bestimmter Sprechakttypen in der wiedergegebenen Passage verdeutlichen. Dies setzt selbstverständlich voraus, dass sich der ent‐ sprechende Sprechakt durch ein spezifisches prosodisches Muster auszeichnet, wie dies beispielsweise bei Vorwürfen, Entschuldigungen oder Beschwerden (vgl. Günthner 1999, 691) der Fall ist. Eine zweite Funktion prosodischer Markierung ließe sich als charakterisie‐ rend bezeichnen. 272 Sie beschreibt Fälle, in denen die prosodische Markierung als erzählerisches Mittel eingesetzt wird, um die wiedergegebenen Sprecher näher zu beschreiben. Prosodische Merkmale erlauben in diesem Zusammenhang sowohl die Kennzeichnung der regionalen oder sozialen Herkunft des wiederge‐ gebenen Sprechers als auch die Verdeutlichung seiner affektiven Disposition. 273 Je nach Grad an Stilisierung (s. o.) kann der wiedergegebene Sprecher dabei als Typ (d. h. hoher Grad an Stilisierung) 274 oder als Individuum (d. h. hoher Grad an Imitation) dargestellt werden. Die dritte und letzte Funktion prosodischer Markierung möchten wir als kommentierende Funktion bezeichnen: 275 Die prosodische Ebene kann die Ein‐ stellung des wiedergebenden Sprechers verdeutlichen und stellt damit eine „Polyphonie-Ressource“ 276 dar, da „nicht nur […] die Perspektive der zitierten Figur, sondern zugleich auch die der zitierenden Sprecherin zum Ausdruck kommen kann“ (Günthner 1997b, 238). Die sprecherseitige Evaluation kann sich auf unterschiedliche Aspekte beziehen: Erstens kann der wiedergegebene Sprecher selbst bewertet werden; zweitens kann der aktuelle Sprecher zum Inhalt der wiedergegebenen Äußerung Stellung beziehen, und drittens kann eine kritische Einstellung gegenüber der Form der wiedergegebenen Äußerung zum Ausdruck gebracht werden. Für alle Ebenen der Evaluation gilt dabei, dass das Vorhandensein einer prosodischen Markierung häufiger Divergenz bzw. fehlende Übernahme von Verantwortung für das Gesagte ausdrückt, während das Fehlen einer spezifischen Markierung i. d. R. Einverständnis bedeutet. Dass die Polarität der Bewertung jedoch sehr stark von der Kommunikationssituation 3.3 Prosodische Markierung 129 277 Zu spezifischen prosodischen Markierungen, die eine Einordnung auf der Achse zwischen den Polen „adhésion maximale“ und „désengagement“ ermöglichen, vgl. Morel (1996). 278 Estellés-Arguedas (2015, 144) bezeichnet diese Funktion als „secondary modal function“. 279 Das vorliegende Kapitel beruht im Wesentlichen auf Kap. 3: „Formen und Funktionen der nonverbalen Markierung von Rededarstellung: ein Forschungsüberblick“ in Grutschus (2016). und insbesondere von der Rolle abhängig ist, die der wiedergebende Sprecher innehat, zeigt beispielsweise Tainio (2012) in ihrer Untersuchung zur prosodi‐ schen Markierung von Redewiedergabe im Schulunterricht: However, it seems that the main function of prosodic imitation, when used across the different institutionally asymmetric participant roles in classroom, seems to be to show disalignment and divergence. In other words, the asymmetries of displaying affect and stance also affect the interpretation of similar interactional phenomena; prosodic imitation is interpreted more often as (implicit) criticism when the teacher imitates a student’s activity than when a student imitates another student’s activity. (Tainio 2012, 550) Daneben existieren jedoch auch prosodische Markierungen, die Einverständnis signalisieren können. 277 Über die genannten drei Funktionen hinaus finden sich vereinzelte Hinweise auf eine pragmatische Funktion der prosodischen Markierung, die eine gesichts‐ wahrende Dimension aufweist. Verine (2007, 174) spricht in diesem Zusammen‐ hang von einer „dimension ludique qui tempère ce que la communication des faits a d’agressif pour la face de l’interlocuteur“. 278 Welche prosodischen Parameter letztendlich im Rahmen der Korpusunter‐ suchung analysiert werden und mit welchen Methoden sie erfasst werden sollen, wird Gegenstand der methodologischen Vorüberlegungen im Rahmen der Korpusanalyse (s.-Kap. 6.2) sein. 3.4 Nonverbale Ebene 279 Bislang existieren nur vereinzelte Überlegungen zu formalen Besonderheiten der nonverbalen Markierung von Redewiedergabe. Keine der vorliegenden Untersuchungen nimmt dabei hispanophone Sprecher in den Blick, weshalb wir nachfolgend nur mutmaßlich übereinzelsprachlich bedeutsame Parameter vor‐ stellen können, deren Relevanz für Hispanophone im Rahmen der Korpusstudie geklärt werden muss. Aus methodischen Gründen, über die nachfolgend noch zu 130 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 280 Vgl. beispielsweise Caillat (2013), Sidnell (2006) oder Stec/ Sweetser (2016). 281 Morel (2003, 43-44) vermutet, dass der Abbruch des Blickkontakts auch die back‐ channel-Signale des Zuhörers blockiert. sprechen sein wird, liegen bislang ausschließlich auf face-to-face-Interaktionen basierende Fallstudien vor. In diesem Zusammenhang finden sich systematische Verweise auf die zentrale Rolle des Blickkontakts, den Sprecher offenbar mit Beginn der wiedergegebenen Passage abbrechen. 280 Auf diese Weise kann dem aktuellen Adressaten (unbewusst) signalisiert werden, dass er nicht Adressat der wiedergegebenen Äußerung ist (obwohl deren Inhalt auch für ihn bestimmt ist), sondern für die Dauer der Wiedergabe lediglich eine Zuschauerrolle einnehmen soll. Der aktuelle Sprecher hingegen scheint Blickkontakt mit einem fiktiven Adressaten aufzunehmen (vgl. Caillat 2012, 118). 281 Der Abbruch des Blickkontakts geht häufig mit einer Verschiebung der Körperachse einher (vgl. Caillat 2013, 74): Der aktuelle Sprecher richtet also nicht nur seinen Blick, sondern auch seinen Oberkörper und seine Gestik auf den fiktiven Adressaten aus. Mit dem Ende der Wiedergabe nimmt der aktuelle Sprecher wieder Blickkontakt zum aktuellen Zuhörer auf und seine Körperachse kehrt in eine neutrale Position zurück. Ähnliche Beobachtungen finden sich in Untersuchungen zur Markierung von Redewiedergabe in Gebärdensprachen. Darüber hinaus identifiziert Quer (2011) zwei weitere nonverbale Elemente, die zumindest in der spanischen Gebärdensprache in diesem Kontext zum Einsatz kommen: Neben einer Kopfdrehung wird Redewiedergabe dort auch über eine besonders expressive Mimik markiert, die dem wiedergegebenen Sprecher zuzuordnen ist (vgl. Quer 2011, 279). Herrmann/ Steinbach (2012) erstellen in ihrer Korpusuntersuchung zur Rede‐ wiedergabe in der deutschen Gebärdensprache eine Rangfolge der genannten vier nonverbalen Parameter: Veränderungen in der Mimik kennzeichnen bei‐ nahe alle in ihrem Korpus belegten Okkurrenzen von Redewiedergabe; im‐ merhin noch bei drei Viertel der Okkurrenzen lassen sich Veränderungen der Blickachse sowie Kopfdrehungen feststellen. Nur in knapp der Hälfte der Fälle kann auch eine veränderte Ausrichtung der Körperachse nachgewiesen werden. Damit gilt für nonverbale Markierung von Redewiedergabe offensichtlich ein Ökonomieprinzip, da Bewegungen mit geringerem Energieaufwand (z. B. von Gesichtsmuskeln oder Augen) vergleichsweise häufiger auftreten. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass bestimmte Bewegungen nicht unabhängig voneinander ausgeführt werden können - so wird beispielsweise die Blickrich‐ tung in der Regel über Kopfbewegungen bzw. -drehungen gesteuert. Bezogen auf die unterschiedlichen Typen von Redewiedergabe scheint die nonverbale Markierung direkter Rede wesentlich stärker ausgeprägt zu sein 3.4 Nonverbale Ebene 131 282 Vgl. Constantin de Chanay (2005, 261), Morel (2003, 43-44) sowie Caillat (2013), die sich auf die Betrachtung dieser Funktion konzentriert. 283 Dies deckt sich mit Funktionen nonverbaler Kommunikation in anderen Kontexten, vgl. Bührig (2005). Schönherr (2005, 171) spricht in diesem Zusammenhang von „Grenzmarkierung“. als beispielsweise die Markierung indirekter Rede (vgl. Blackwell/ Perlman/ Fox Tree 2015, 6). Darüber hinaus geht die deutliche nonverbale Markierung von Redewiedergabe offenbar mit einer ausgeprägten prosodischen Markierung einher. Blackwell/ Perlman/ Fox Tree (2015, 6) sprechen in diesem Zusammen‐ hang von einer Multimodal Hypothesis: „When performing the demonstrative part of a quotation, the vocal and bodily channels are naturally integrated together into a unified, multimodal form.“ Ausschließlich nonverbale Wiedergaben werden einzelsprachlich unter‐ schiedlich eingeleitet: Während im Englischen meist go als verbum dicendi auftritt (vgl. Blackwell/ Perlman/ Fox Tree 2015, 6), stellt Camargo Fernández (2008, 183) (s. a. Cameron 1998, 63) in ihrem spanischen Korpus mehrheitlich freestanding quotations ohne verbale Redekennzeichnung fest; daneben sind auch Redekennzeichnungen mit hacer (así) belegt. Empirisch belegte Angaben zur Häufigkeit der einzelnen nonverbalen Pa‐ rameter finden sich für lautsprachliche Äußerungen ausschließlich bei Stec/ Huiskes/ Redeker (2015, 543). In ihrem Korpus aus Alltagserzählungen sind mehr als zwei Drittel der Okkurrenzen direkter Redewiedergabe über Veränderungen des Blickkontakts markiert, fast die Hälfte über mimische Markierungen und im‐ merhin etwa 20 % über Handgesten. Die Verwendung der einzelnen Parameter unterscheidet sich je nach Umfang und Ausgestaltung der wiedergegebenen Passage: Eine mimische Markierung von Redewiedergabe findet sich häufiger in initialen Turns wiedergegebener Dialoge bzw. in nicht-initialen Turns wieder‐ gegebener Monologe, wesentlich seltener jedoch bei der Wiedergabe einzelner Äußerungen. Die Rolle des Blickkontakts hingegen scheint bei der Wiedergabe von Einzeläußerungen insgesamt wichtiger zu sein als beispielsweise bei der Wiedergabe von (mehrere Äußerungen umfassenden) Monologen. Die nonverbale Markierung von Redewiedergabe erfüllt unterschiedliche Funktionen; hierbei spielt die Diskursstrukturierung sicherlich eine entschei‐ dende Rolle. 282 Mimik und Gestik markieren häufig den Beginn (und ggf. auch das Ende) wiedergegebener Äußerungen und stellen damit sicher, dass der Zuschauer sie jeweils den betreffenden Diskursebenen zuordnet. 283 Gege‐ benenfalls kann die nonverbale Markierung bestimmter Äußerungsinstanzen systematisch stärker ausfallen: So zeigt etwa Park (2009) am Beispiel von Redewiedergabe in koreanischen Alltagsgesprächen, 284 dass Äußerungen nicht 132 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 284 Wie stark hier auch kulturspezifische Besonderheiten ins Gewicht fallen, lässt sich aufgrund der geringen Anzahl vorliegender Untersuchungen aus unterschiedlichen Kulturräumen nur schwer einschätzen. 285 Schönherr (2005, 181) nennt diese Abschnittsmarkierungen „gestische Grenzen“. anwesender Sprecher auf nonverbaler Ebene deutlich schwächer markiert werden als wiedergegebene Äußerungen des Adressaten oder des aktuellen Sprechers selbst. Auch unabhängig vom Vorliegen verschiedener diskursiver Ebenen können nonverbale Signale Abschnitte innerhalb einer längeren Äußerung anzeigen, 285 die häufig mit der syntaktischen und/ oder prosodischen Gliederung zusammen‐ fallen. Aufgrund der beobachteten Affinität insbesondere zur syntaktischen Gliederung bezeichnet Scherer (1977, 278) diese Funktionen als parasyntaktisch. Eine zweite Funktion nonverbaler Markierungen lässt sich mit Scherer (1977, 278) als parasemantisch einstufen. Hierunter fallen alle Okkurrenzen nonver‐ balen Verhaltens, die zur Stützung semantischer Inhalte beitragen; Nonverbales kann dabei verbale Inhalte betonen (sog. „Amplifikation“), im Widerspruch zu ihnen stehen („Kontradiktion“, etwa bei ironischen Äußerungen) oder aber sie modifizieren. Letzteres weist nonverbalem Verhalten eine Art Kommentarfunk‐ tion zu - Scherer (1977, 282) illustriert dies am Beispiel eines entschuldigenden Lächelns, das eine Absage begleitet. Für die nachfolgende Korpusuntersuchung scheinen insbesondere die Funk‐ tionen der Kontradiktion und der Modifikation von großem Interesse zu sein, da die nonverbale Markierung im Kontext von Rededarstellung als „Polyphonieres‐ source“ fungieren kann, indem sie es dem wiedergebenden Sprecher ermöglicht, zur wiedergegebenen Äußerung bzw. zum dargestellten Sprecher Stellung zu beziehen. Abschließend möchten wir noch eine dritte Funktion nonverbalen Verhaltens betrachten, die Scherer (1977, 284-285) als parapragmatisch bezeichnet und die sich in eine sprecherbezogene Ausdrucksfunktion sowie eine adressatenbezo‐ gene Reaktionsfunktion differenzieren lässt. Da die von uns betrachtete Kom‐ munikationssituation monologischen Charakter hat, werden wir lediglich die sprecherbezogene Funktion berücksichtigen; Scherer (1977, 284) fasst hierunter „den Ausdruck von Persönlichkeitsdispositionen, Affekten und Intentionen durch einen Sprecher“, verstanden als „relativ andauernd[e] Eigenschaften einer Person […], die über den Zeitraum einer Äuß Die Korpusuntersuchung wird zeigen, welche der genannten Funktionen im Kontext von Redewiedergabe besonders häufig auftreten und mit Hilfe welcher nonverbalen Parameter sie gekennzeichnet werden. Auch die Korrelation mit bestimmten verbalen Markierungen wie z. B. spezifischen Zitatmarkern soll 3.4 Nonverbale Ebene 133 286 Die Videoaufnahmen zeigen die Sprecher - sieht man ab von gelegentlichen Kamera‐ schwenks ins Publikum bzw. die Kirchengemeinde - zwar beinahe durchgängig, jedoch variiert der gewählte Bildausschnitt in regelmäßigen Abständen, so dass zeitweilig nur das Gesicht des Sprechers zu sehen ist. 287 Stec/ Huiskes/ Redeker (2015) stützen sich in ihrer Untersuchung der multimodalen Realisierung von Redewiedergabe auf eine vereinfachte Form dieses Analyserasters. festgehalten werden. Angesichts der außerordentlich aufwendigen Transkrip‐ tion nonverbaler Kommunikation (vgl. Grutschus 2016, 193-194) und in Anbe‐ tracht der aufnahmetechnischen Besonderheiten des Korpus 286 kann allerdings keine detaillierte Erfassung der nonverbalen Ebene erfolgen. Deshalb sollen nach dem Vorbild von Stec/ Huiskes/ Redeker (2015) nonverbale Markierungen nur nach einem sehr groben Raster, dafür jedoch systematisch annotiert werden. 3.5 Inhaltliche Ebene Im Rahmen einer möglichst vollständigen Analyse formaler wie funktionaler Aspekte von Redewiedergabe muss auch der semantische Gehalt der wiederge‐ gebenen Äußerung systematisch betrachtet werden. Hierbei soll jedoch der Wahrheitswert der wiedergegebenen Aussage ebenso wenig eine Rolle spielen wie die Übereinstimmung mit einer Originaläußerung - beide Aspekte sind im Rahmen einer Korpusstudie empirisch ohnehin nicht überprüfbar. Wesentlich eindeutiger lässt sich hingegen erfassen, ob die Redewiedergabe als tatsächlich produzierte Äußerung oder als rein hypothetische Äußerung dargestellt wird. Dementsprechend unterscheidet beispielsweise Brunner (2015, 73-76) zwischen „faktischen“ und „nicht-faktischen Wiedergaben“. Letztere umfassen negierte, hypothetische und zukünftige Äußerungen ebenso wie Redewiedergabe im Rahmen von Fragen, Befehlen oder geplanten Äußerungen. Ein wenig andere Schwerpunkte setzt Pascual Olivé (2014), die in ihrer insbe‐ sondere auf hypothetische mündlich realisierte Redewiedergabe ausgerichteten Untersuchung zwischen direct speech und fictive interaction unterscheidet. 287 Fictive interaction schließt zunächst hypothetische und kontrafaktische Rede ebenso ein wie „inferierte Äußerungen“ (Pascual Olivé 2014, 125), in deren Rahmen dargestellt wird, was ein wiedergegebener Sprecher vermutlich ge‐ meint, aber eben nie wörtlich geäußert hat. Daneben führt sie mental states als eine weitere Form von fictive interaction an; hierzu gehören Gedanken oder Schlussfolgerungen des wiedergegebenen Sprechers, die dieser nie laut geäußert hat. Weiterhin wird die Darstellung von (in Form direkter Rede formulierten) Gefühlen und Einstellungen, die ebenfalls nicht explizit verbalisiert wurden, 134 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 288 Unklar bleibt, welchen Stellenwert in Myers’ Untersuchung negierte Redewiedergabe einnimmt. ebenso als fictive interaction eingestuft wie die Darstellung von Intentionen oder Handlungen. Wiederum anders perspektiviert ist das Analyseraster von Myers (1999, 575), der in Anlehnung an Semino/ Short (2004) drei Typen hypothetischer Redewie‐ dergabe unterscheidet: 288 lediglich vorgestellte Redewiedergabe („imaginary“), wiedergegebene Äußerungen, die nur unter Voraussetzung eines anderen (zu‐ künftigen oder an bestimmte Bedingungen geknüpften) Ereignisses stattfinden können, oder gänzlich kontrafaktische Redewiedergaben. Im Hinblick auf die durchzuführende Korpusuntersuchung scheint uns die systematische Berücksichtigung eines möglichst einfachen semantischen Ana‐ lyserasters sinnvoll zu sein, das lediglich die grundlegende - und darüber hinaus leicht operationalisierbare - Unterscheidung zwischen faktischer und nicht-faktischer Redewiedergabe erfasst. Dies wird einerseits die Möglichkeit eröffnen, auf formaler Ebene Unterschiede in der Markierung faktischer und nicht-faktischer Redewiedergabe herauszuarbeiten. Andererseits ist die Diffe‐ renzierung zwischen diesen beiden semantischen Kategorien auch im Hinblick auf die funktionale Analyse relevant; so weist beispielsweise Myers (1999, 575) darauf hin, dass hypothetische Redewiedergabe offenbar spezifische rhetorische Funktionen erfüllt. 3.6 Diasystematische Markierung Ein letzter Aspekt, der uns im Hinblick auf die Erfassung formaler Charak‐ teristika von Redewiedergabe wichtig erscheint, ist das Vorliegen einer spe‐ zifischen diasystematischen Markierung. Empirisch untersucht wurde hier bislang vor allem die diatopische Markierung von Redewiedergabe, die ins‐ besondere in funktionaler Hinsicht interessant scheint. Günthner (2002, 71) weist beispielsweise den markierten Wechsel in eine diatopische Varietät als Distanzierungsstrategie aus, die dem wiedergebenden Sprecher eine (meist negative) Bewertung der wiedergegebenen Figur ermöglicht. Auch über einen Wechsel in die Standardvarietät kann eine - jedoch anders perspektivierte - Bewertung ausgedrückt werden: So kann […] der Wechsel in die Standardvarietät zur Markierung von Formalität, von Distanz, ja auch von Arroganz, scheinbarer Vornehmheit und pedantischem Verhalten eingesetzt werden, während der Wechsel in eine stärkere Dialektvarietät 3.6 Diasystematische Markierung 135 289 Vgl. u. a. Kap. 2.3.3 und Kap. 3.3.3, die sich insbesondere auf die Begriffsverwendung bei Günthner (2002, 61) beziehen. 290 Günthner (1997a) zeigt dies beispielsweise am Beispiel des „vorwurfsvollen Tons“ von Sprechern. 291 Vgl. die Untersuchung von Furukawa (2015) zu Stilisierungsmustern in hawaiianischer Stand-up-Comedy, die häufig auf Codeswitching in Varietäten wie das regionale Kreol oder „white English“ zurückgreift. S. a. Kap. 3.3.3 zur Stilisierung unter Rückgriff auf spezifische prosodische Muster. […] häufig eingesetzt wird, um eine Figur als provinziell, langsam oder dümmlich-naiv zu stilisieren. (Günthner 2002, 72) Zwar existieren Hinweise darauf, dass diatopische Markierungen zum Ausdruck von Einstellungen besonders geeignet scheinen, weil sie den Rückgriff auf fest gefügte Stilisierungsmuster ermöglichen. Dies unterstreicht beispielsweise Coupland (2001, 350) in seiner Untersuchung dialektaler Stilisierungsmuster in unterhaltenden britischen Radiosendungen: In semiotic terms, dialect varieties are particularly well configured for stylized perfor‐ mance because they do generally constitute known repertoires with known socio-cul‐ tural and personal associations - such as high/ low socio-economic status, urban/ rural, sophisticated/ unsophisticated, trustworthy/ untrustworthy, or dynamic/ dull. (Coupland 2001, 350) Jedoch ist gerade im Hinblick auf die in unserem Korpus vertretenen Textsorten davon auszugehen, dass wiedergegebene Passagen grundsätzlich auch eine spezifische diastratische Markierung aufweisen können, über einen Register‐ wechsel markiert werden oder nähesprachliche Markierungen im engeren Sinne (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 264-266) enthalten. Einige Untersuchungen, die sich mit der diasystematischen Markierung von Redewiedergabe auseinandersetzen, verwenden das Konzept der Stilisierung  289 im Sinne einer „reflexive communicative action in which speakers produce specially marked and often exaggerated representations of languages, dialects, and styles that lie outside their own habitual repertoire“ (Rampton 2009, 149). Diese Perspektive stellt die soziale Typisierung des wiedergegebenen Sprechers in den Vordergrund. Die Typisierung kann einerseits in Form der Zuschreibung einer regionalen Identität erfolgen (vgl. Coupland 2001), andererseits kann sie auch zur Charakterisierung der Einstellungen des wiedergegebenen Sprechers beitragen. 290 Sie erfolgt meist im Rahmen eines Codeswitching in eine markierte Varietät. 291 Der Rückgriff auf das Konzept der Stilisierung erlaubt es darüber hinaus auch, den Fokus der Betrachtung auf die parodistische Funktion der diasystematischen Markierung zu legen (vgl. Kotthoff 2005). 136 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 292 Vgl. jedoch die Ausführungen zur verbatim-Hypothese in Kap. 2.3.2.2. 293 Vgl. etwa Spitzer (1939), Larson (1978), Wierzbicka (1974), Li (1986), Mayes (1990) oder Benavent Payá (2003). Arbeiten zur Stilisierung im Kontext von Redewiedergabe untersuchen also vergleichbare sprachliche Phänomene, unterscheiden sich jedoch in ihrer Schwerpunktsetzung von der durchzuführenden Korpusuntersuchung: Wäh‐ rend es im Zusammenhang mit Stilisierungsphänomenen immer um die Ver‐ fremdung wiedergegebener Äußerungen und um die Funktion(en) geht, die diese Verfremdung erfüllt, beschäftigt sich die vorliegende Analyse darüber hinaus mit der Frage, inwiefern bestimmte diasystematische Markierungen eine Äußerung besonders „authentisch“ erscheinen lassen können. Im Rahmen der Korpusuntersuchung sollen zunächst nur das grundsätzliche Vorliegen einer diasystematischen Markierung und die betroffene (diatopische, diastratische oder diaphasische) Ebene systematisch erfasst werden. Da eine eingehendere Analyse ohnehin ausschließlich qualitativer Natur sein kann, erscheint uns die Erarbeitung detaillierterer Analysekategorien - deren Opera‐ tionalisierbarkeit nur schwer möglich ist-- an dieser Stelle wenig sinnvoll. 3.7 Funktionale Aspekte Neben der textsortenspezifischen Markierung von Redewiedergabe auf formaler Ebene liegt ein zweiter Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung auf den je nach Textsorte unterschiedlichen Funktionen, die Redewiedergabe aufweisen kann. Obwohl formale und funktionale Aspekte im Rahmen unseres theoreti‐ schen Überblicks zunächst getrennt betrachtet werden sollen, ergeben sich zwischen beiden Bereichen - wenig überraschend - vielfältige Wechselbezie‐ hungen. So werden beispielsweise bestimmten Typen der Redewiedergabe traditionell bestimmte Funktionen zugeschrieben. Beispielsweise wird der ver‐ meintlich „originalgetreuen“ 292 direkten Rede häufig eine „objektivierende“ Belegfunktion zugewiesen (vgl. Holt 1996, 242), während bei indirekter Rede im Sinne einer Wiedergabe des propositionalen Gehalts einer fremden Äußerung meist eine Art „informierende“ Funktion im Vordergrund zu stehen scheint. Darüber hinaus können bestimmte formale Markierungen, etwa spezifische Zitatmarker oder Kommunikationsverben, bestimmte Funktionen der wieder‐ gegebenen Passage besonders hervorheben. Funktionale Aspekte von Redewiedergabe sind nicht erst seit Beginn der sprachwissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Phänomen Gegenstand zahl‐ reicher Publikationen, 293 systematische und empirisch fundierte Darstellungen 3.7 Funktionale Aspekte 137 294 Koven (2002) bietet einen Forschungsüberblick über verschiedene sprachwissenschaft‐ liche Traditionen der Kategorisierung funktionaler Aspekte von Redewiedergabe. 295 Eine Ausnahme stellt der Beitrag von Bublitz (2015) dar, der auch einen Einblick in den historischen Wandel liefert, dem verschiedene Funktionen von Redewiedergabe unterworfen sind. 296 Beispielsweise betrachtet Pascual Olivé (2014) Jurygespräche im Rahmen einer US-ame‐ rikanischen Gerichtsverhandlung, Baynham (1996) untersucht die Interaktion zwischen Lehrern und Schülern im Mathematikunterricht, während sich Kotthoff (2002) für die Rolle wiedergegebener Äußerungen in humoristischen Passagen von Alltagsgesprä‐ chen interessiert. Landert (2015) wiederum vergleicht die Funktion direkter Zitate in Print- und Onlinemedien. Der Sammelband von Arendholz/ Bublitz/ Kirner-Ludwig (2015) schließlich versammelt Untersuchungen (nicht nur) funktionaler Aspekte von Redewiedergabe in ganz unterschiedlichen Textsorten wie etwa Predigten, Zeugenaus‐ sagen, Gerichtsprotokollen, Fernsehinterviews oder Internetforen. 297 Das dort verwendete Analyseraster wurde in der Untersuchung von Marais/ Vincent (2000) erneut aufgegriffen. sind jedoch recht selten (s. u.). 294 Nicht wenige Untersuchungen stellen etwa unterschiedlichste „rhetorische“ oder „stilistische“ Funktionen von Redewie‐ dergabe fest, 295 ohne dass diese Funktionen genauer benannt oder mögliche Analysekategorien vorgestellt bzw. operationalisierbar gemacht würden. Auch konzentrieren sich viele dieser exemplarischen Untersuchungen meist kleiner Korpora lediglich auf eine bestimmte Textsorte. 296 Die auf diese Weise gewon‐ nenen Einsichten in funktionale Charakteristika von Redewiedergabe sind dann häufig so spezifisch, dass eine Übertragung auf andere Textsorten nur schwer möglich ist. Die einzige empirisch fundierte und aufgrund der Operationalisierbarkeit ihrer Analysekategorien replizierbare Untersuchung funktionaler Aspekte von Redewiedergabe stammt von Vincent/ Perrin (1999). 297 Diese Analyse stützt sich auf ein Korpus aus mündlich realisierten Alltagserzählungen, die verwendeten funktionalen Kategorien sind jedoch so allgemein gehalten, dass sie ohne Wei‐ teres auch auf andere Textsorten übertragbar scheinen. Im Rahmen unserer Vor‐ überlegungen übernehmen wir deshalb die Kategorien der narrativen Funktion (3.7.1), der evaluierenden Funktion (3.7.2), der illustrierenden Funktion (3.7.3) sowie der argumentativen Funktion (3.7.4). Abschließend werden wir in Kap. 3.7.5 diskutieren, ob darüber hinaus noch weitere Funktionen angenommen werden sollten. 3.7.1 Narrative Funktion Die narrative Funktion stellt eine sehr grundlegende Funktion von Redewieder‐ gabe dar, 298 die in anderen Kontexten auch als informierende, 299 referenzielle 138 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 298 Vincent/ Perrin (1999, 294) entwickeln diese Kategorie unter Rückgriff auf das Konzept des narrative event bei Labov/ Waletzky (1997). Bereits für Roulet et al. (1985) stellt die narrative Funktion eine der beiden Hauptfunktionen von Redewiedergabe dar. 299 Vgl. Schwitalla (1997, 55), der jedoch im selben Zusammenhang der Redewiedergabe eine „Belegfunktion“ attestiert. Ungeachtet der Tatsache, dass diese beiden Aspekte eng miteinander verknüpft sind, sollen sie in der vorliegenden Darstellung in jedem Fall analytisch getrennt werden. Schwitallas Belegfunktion wird dementsprechend als „argumentative Funktion“ eingestuft. oder denotative Funktion bezeichnet wird. Worauf sich diese Funktion bezieht, wird deutlich, wenn man Redewiedergabe als Sprechakt betrachtet, der dann gelingt, wenn der Empfänger das Vorliegen der Illokution „Redewiedergabe“ erkennt (vgl. Gülich 1978, 51-52). Einen nur leicht abgewandelten Ansatz verfolgen Auchlin/ Grobet (2006, 86), die Redewiedergabe in narrativer Funktion als sprachliche Handlung (meist: einer dritten Person) beschreiben, über die ein Sprecher einen anderen in der gleichen Weise informiert, wie er ihn auch über nicht-sprachliche Handlungen dieser dritten Person informieren würde. Imo (2009, 319-320) betrachtet diese grundlegende Funktion aus semiotischer Perspektive und verbindet sie mit dem Aspekt der Indizierung, in deren Rahmen einer Äußerung ein Produzent zugeschrieben wird. Die Affinität dieser Funktion zu bestimmten Textsorten wird unterschiedlich eingestuft. So stellen Auchlin/ Grobet (2006, 85-86) fest, dass sie besonders in Romandialogen im Vordergrund steht, in deren Rahmen sowohl Sprechhand‐ lungen und als auch Sprechereinstellungen wiedergeben werden: Le discours représenté s’inscrit donc dans une trame narrative à laquelle il contribue doublement, à savoir par la succession des actions langagières qu’il présente et par les points de vue des personnages qu’il met en scène. Dagegen unterstreicht Reyes (2002b, 23) die zentrale Rolle dieser Funktion in der Pressesprache. In Anbetracht des sehr grundlegenden Charakters ist jedoch davon auszugehen, dass Redewiedergabe prinzipiell in allen Textsorten narrative Funktionen aufweisen kann. Aus dem sehr grundlegenden Charakter der narrativen Funktion ergibt sich weiterhin, dass Okkurrenzen von Redewiedergabe neben einer narrativen Funktion zugleich noch weitere Funktionen aufweisen können. Sprechaktthe‐ oretisch betrachtet kann damit zur Illokution „Redewiedergabe“ die Intention unterschiedlicher Perlokutionen hinzutreten, wie Jacob (1987, 76) erläutert: [N]ous préférons envisager le D[iscours]R[rapporté] comme acte de parole en soi […]; cet acte peut éventuellement se doubler d’actes indirects, relevant du perlocutoire (convaincre, émouvoir, caractériser, ridiculiser, etc.), pour pousser l’interlocuteur à 3.7 Funktionale Aspekte 139 300 Vgl. Reyes (1994, 594) oder Reyes (2002b, 23). 301 Auch die Kategorie der appreciative function entwickeln Vincent/ Perrin (1999, 296-297) unter Rückgriff auf Labov/ Waletzky (1997). partager son a priori à l’égard de la parole rapportée ou de la personne, auteur de ces paroles. Mit Blick auf die Operationalisierbarkeit der Analysekategorien ist das gleich‐ zeitige Vorliegen mehrerer Funktionen natürlich problematisch - dementspre‐ chend muss für die Korpusanalyse geklärt werden, wie mit dem polyfunktio‐ nalen Charakter von Redewiedergabe umzugehen ist. Folgt man der traditionellen Analyse verschiedener Typen von Redewieder‐ gabe, so müsste vorrangig indirekte Rede - verstanden als Wiedergabe des propositionalen Gehalts einer fremden Äußerung (s. o.) - narrative Funktion aufweisen. Funktional perspektivierte Analysen weisen jedoch vor allem di‐ rekter Rede narrative Funktionen zu. 300 Im Gegensatz dazu gehen wir nachfol‐ gend zunächst nicht davon aus, dass zwischen der narrativen Funktion und einem bestimmten Wiedergabetyp ein gerichteter Zusammenhang existiert. 3.7.2 Evaluierende Funktion Eine weitere wichtige Funktion von Redewiedergabe ist die der Bewertung 301 eines im Ko(n)text der Wiedergabe thematisierten Sachverhalts. Die Bewertung kann dabei auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sein: Einerseits kann die Redewiedergabe eine - ggf. nur gedachte (s. u.) - Meinungsäußerung des wiedergebenden Sprechers enthalten (vgl. Schwitalla 1997, 56-57). In diesem Fall wird sie, wie etwa im nachfolgenden Beleg, häufig mit einem verbum cogitandi eingeleitet: - (28) Cuando Tasso conoció a Llorens pensó: „Es la chica ideal.“ (El Mundo 2008) Als weiteres formales Kennzeichen, das die operationalisierbare Feststellbarkeit der evaluierenden Funktion gewährleistet, nennen Vincent/ Perrin (1999, 297) das Fehlen eines expliziten Adressaten in der ursprünglichen Äußerungssitua‐ tion: Wie in (28) illustriert, nimmt der wiedergebende Sprecher die Bewertung des Sachverhalts „für sich selbst“ vor und teilt sie nicht etwa einem in der Äußerungssituation kopräsenten Adressaten mit. Andererseits kann Redewiedergabe eine Bewertung der wiedergegebenen Äußerung selbst beinhalten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der wiedergebende Sprecher Inhalt oder Form 302 der wiedergegebenen Äußerung 140 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 302 Vgl. Reyes (1994, 594), die Redewiedergabe auch als Möglichkeit anführt, die Angemes‐ senheit einer Bezeichnung in Frage zu stellen. 303 Dies entspricht dem von Goffman (1981) entworfenen Konzept des animator (s. o., Kap. 2.3.3.3). Vgl. auch Macaulay (1987), der unter dem Stichwort embedded evaluation den Rücktritt des wiedergebenden Sprechers von der kommunikativen Regresspflicht im Rahmen wiedergegebener Äußerungen untersucht. Buttny (1997) hingegen analysiert Bewertungen, die im Zusammenhang mit der Wiedergabe rassistischer Äußerungen auftreten. Vgl. schließlich die Untersuchung von Ingrids/ Aronsson (2014, 70), in deren Korpus von Sorgerechtsverhandlungen die evaluierende Funktion von Redewiedergabe insbesondere im Kontext von Schuldzuweisungen zum Tragen kommt. 304 Vgl. Ingrids/ Aronsson (2014) und Holt (1996), die in diesem Zusammenhang mit dem Konzept der stance arbeiten. kritisch beurteilt und sich dementsprechend von ihr distanziert. Der aktuelle Sprecher hat die Möglichkeit, sich lediglich als Übermittler der Nachricht (und damit nicht als ihr Urheber) zu präsentieren, 303 indem er die wiedergegebene Äußerung in den Mund eines anderen Sprechers legt. Eine solche Distanzierung kommt insbesondere im Rahmen direkter Redewiedergabe zum Tragen; für diesen Wiedergabetyp stellt Holt (1996, 230) entsprechend fest: The reported speaker is, in a way, allowed to „speak for himself or herself.“ Summa‐ rizing or glossing what was said would not make such a clear distinction between the reported speaker’s point of view as displayed in his or her talk and the current speaker’s attitude toward the utterance or utterances being discussed. Jedoch scheinen grundsätzlich auch andere Formen der Redewiedergabe zum Ausdruck der Sprechereinstellung 304 geeignet. So erlaubt insbesondere eine Wiedergabe mit Hilfe eines îlot textuel (s. o.) die Kennzeichnung eines Ausdrucks als unangemessen. Eine solche Verwendung illustriert Beleg (100), in dem der wiedergebende Journalist sich von der Bezeichnung der Rückkehr des beschul‐ digten Anwalts als „freiwillig“ distanziert, indem er sie dem Strafverteidiger „in den Mund legt“: - (100) Dice que el abogado regresó de manera „voluntaria“ a España cuando en realidad fue arrestado en la frontera en plena fuga. (El Mundo 2008) 3.7.3 Illustrierende Funktion Die illustrierende Funktion entspricht dem in zahlreichen Untersuchungen angeführten, jedoch selten näher spezifizierten „stilistischen“ Wert von Re‐ dewiedergabe. Insbesondere direkte Redewiedergabe erlaubt, so wird häufig 3.7 Funktionale Aspekte 141 305 Vgl. Auchlin/ Grobet (2006, 90), die von einem „effet de vivant“ sprechen, während Li (1986, 40) die „vividness“ unterstreicht, die sich aus der Verwendung insbesondere direkter Rede ergibt. 306 Vgl. Reyes (1994, 594), Reyes (2002b, 45) und Pršir (2010, 146). Weitere Bezeichnungen aus dem Konzeptbereich der darstellenden Künste verwenden sowohl Wierzbicka (1974, 272), die von den „theatrical features“ direkter Redewiedergabe spricht, als auch Imo (2007), der Verfahren der „Inszenierung“ fremder Rede betrachtet. Schließlich greifen Fleischman/ Yaguello (2004, 138) auf den Begriff der performance zurück, die durch die Verwendung direkter Rede in den Vordergrund rückt. 307 Vgl. Günthner (1997a, 17), die zeigt, dass bereits Quintilian in seiner Institutio Oratoria auf diese illustrierende Funktion hinweist, die die „Persuasion des Hörers“ (a. a. O.) zum Ziel hat. Wir verzichten ganz bewusst auf die Verwendung des Begriffs persuasiv an‐ stelle von illustrierend, da uns andernfalls keine trennscharfe Differenzierung zwischen illustrierender und argumentativer Funktion (s.-Kap. 3.7.4) möglich scheint. angenommen, eine „lebendigere“ Gestaltung 305 bzw. die „Dramatisierung“ 306 von Erzählungen, die damit „anschaulicher“ 307 wirken. Den Schlüssel zu einer möglichen Operationalisierung dieser zentralen Funk‐ tion liefern Vincent/ Perrin (1999, 297-300), die in diesem Zusammenhang von einer „support function“ von Redewiedergabe sprechen. Sie schlagen vor, das Vorliegen dieser support function über eine Weglassprobe zu testen, deren Ergebnis sie folgendermaßen einordnen: „Thus, if a reported utterance can be eliminated without disturbing the coherence of the surrounding discourse, we consider that utterance to have a support function“ (Vincent/ Perrin 1999, 300). Auf formaler Ebene zeichnen sich illustrierende Wiedergaben dadurch aus, dass ihnen ein Verweis auf eine Sprachhandlung vorausgeht. Dabei kann die Wiedergabe die Sprachhandlung in unterschiedlicher Weise illustrieren. Einer‐ seits kann die Wiedergabe die Sprachhandlung exemplarisch verdeutlichen. Diese Struktur findet sich beispielsweise in Beleg (101), in dem die Sprachhand‐ lung supplier durch die (ohne Kohärenzverlust weglassbaren) Äußerungen „viens donc“ und „on aimerait donc ça“ exemplifiziert wird: - (101) Et puis mon mari lui: s’en mêlait pas [de l’éducation des enfants]. Fallait que les enfants le supplient Viens donc puis Viens donc puis On aimerait donc ça puis là il finissait par venir faire un tour. (Vincent/ Perrin 1999, 298) Andererseits kann die nachgeschaltete Redewiedergabe auch die Verwendung eines bestimmten „Kommunikationsverbs“ unterstreichen. So rechtfertigt die wiedergegebene Drohung „vous n’aurez plus d’union de syndicat“ in (102) die Verwendung von faire peur: 142 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 308 Schwitalla (1997, 55) spricht in diesem Zusammenhang von einer Belegfunktion. 309 Vgl. Holt (1996, 242) und Buttny (1997, 500-501). 310 Günthner (1997a, 8) verweist darauf, dass bereits in antiken Rhetoriken Redewiedergabe als Mittel der Wahl dargestellt wurde, um die Authentizität einer Äußerung zu unter‐ streichen. 311 Vincent/ Perrin (1999, 300) erachten diesen Teilaspekt als so zentral, dass sie ihn zur Bezeichnung ihrer Kategorie auswählen und von einer authority function sprechen. Ebenso sprechen Roulet et al. (1985) von Redewiedergabe als einem argument d'autorité, das zur Stärkung der eigenen Position angeführt wird. Unsere Benennung der Kategorie orientiert sich an der etwas weiter gefassten Bezeichnung von Auchlin/ Grobet (2006, 86), die von einer fonction argumentative ausgehen. (102) Bien qu’est-ce-que vous voulez faire: ils [les dirigeants syndicaux] arrivent aux gars puis ils leur font peur. Vous [n’]aurez plus d’union [de syndicat]. Ça fait rien ça. Si vous: si vous voulez pas payer bien: on va être obligé de se retirer. (Vincent/ Perrin 1999, 298) Trotz der genannten Eingrenzungsmöglichkeiten auf formaler wie auf inhalt‐ licher Ebene ist davon auszugehen, dass insbesondere die Kategorien der dis‐ kursstrukturierenden Funktion (s. Kap. 3.7.5) und der illustrierenden Funktion in gewisser Weise quer zueinander liegen und sich damit nicht gegenseitig ausschließen: So kennzeichnet beispielsweise direkte Redewiedergabe mit vor‐ rangig illustrierender Funktion häufig die Klimax einer Erzählung (vgl. Li 1986, 40) oder die Punchline eines Witzes. 3.7.4 Argumentative Funktion Redewiedergabe kann von Sprechern auch eingesetzt werden, um die eigene Argumentation zu untermauern. 308 Diese argumentative Funktion kann sich unterschiedlich gestalten. Zunächst kann der Verweis auf eine - die eigene Argumentation stützende oder ergänzende - Äußerung eines anderen Sprechers „objektivierende“ Funktion haben 309 und die Authentizität der wiedergegebenen Äußerung unterstreichen. 310 Dieser „objektivierende“ Aspekt erklärt auch die Häufigkeit von Redewiedergabe in Zeugenaussagen, in denen sie häufig als „Beweis“ für die Richtigkeit der eigenen Aussage angeführt wird (vgl. In‐ grids/ Aronsson 2014, 70). Umgekehrt erlaubt das Anführen einer Äußerung aus „anderer“ Quelle natürlich auch eine Abgrenzung, die die eigene Argumentation noch deutlicher hervortreten lässt. Darüber hinaus wird die argumentative Kraft einer Äußerung noch zusätz‐ lich verstärkt, wenn die Äußerungsinstanz eine „Autorität“ darstellt, deren Meinung besonderes Gewicht hat. 311 Dieser Aspekt spielt in Textsorten wie 3.7 Funktionale Aspekte 143 wissenschaftlichen Fachtexten, in denen der Fokus auf der originalgetreuen Wiedergabe einer Expertenäußerung liegt, eine zentrale Rolle (vgl. Reyes 2002b, 22). Vincent/ Perrin (1999, 301) erläutern die Funktionsweise der authority function folgendermaßen: When the utterance < X said [that] P > is authority-driven, the speaker intends to communicate the propositional content of the quotation P and seeks simply to increase or, on the contrary, attenuate its persuasive force. Der wiedergebende Sprecher macht sich also den propositionalen Gehalt der wiedergegebenen Äußerung zu eigen. Der explizite Verweis auf eine „fremde“ Äußerungsinstanz dient lediglich dazu, die Aussagekraft zu verstärken oder ein‐ zuschränken. Hieraus leiten Vincent/ Perrin (1999, 302) folgendes Testverfahren ab, mit dem sich das Vorliegen einer argumentativen Funktion bestimmen lässt: If the metadiscursive clause (the speech act verb and all the indications of the separate interactional situation) can be removed without disturbing the coherence of what is being communicated, then the reported utterance has an authority function, because it is completely endorsed by the speaker. Die argumentative Funktion muss jedoch nicht auf Fälle beschränkt bleiben, in deren Rahmen die Meinung eines Experten wiedergegeben oder kommentiert wird. Auch keiner konkreten Sprechinstanz zuzuordnende satzwertige Rede‐ wendungen wie on (ne) sait pas ce que l’avenir nous réserve in (103) können als argumentativ interpretiert werden: - (103) [Le travail à temps partiel] ça me suffit parce que j’ai un mari qui me fait vivre, mais par contre: je vais dire comme on dit On sait pas ce que l’avenir nous réserve tu-sais. (Vincent/ Perrin 1999, 302) Schließlich weisen auch hypothetische Wiedergaben häufig argumentative Funktion auf. Insbesondere Myers (1999, 580-583) unterstreicht, dass diese spezifische Ausprägung von Redewiedergabe oft zum Entwurf von Argumenten oder Gegenargumenten verwendet wird, die dann in der Folge übernommen oder wieder entkräftet und schließlich verworfen werden. 3.7.5 Weitere Funktionen Wir gehen davon aus, dass neben den vier oben vorgestellten Funktionen noch weitere Aspekte von Bedeutung sind. In der einschlägigen Literatur werden insbesondere zwei weitere Funktionen regelmäßig genannt. 144 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 312 S.-Kap. 3.7.3 sowie Li (1986, 40) und Koven (2001, 515). 313 Vgl. in diesem Zusammenhang das Modell von Reyes (1994, 594) (s.-o., Kap. 3.1.5). 314 S. a. Reyes (1994, 594) sowie Repede (2021), die speziell Redewiedergabe mit abtönender Funktion betrachtet. Camargo Fernández (2006, 1250-1251) führt die gesichtswahrende Funktion von Redewiedergabe auf die Tatsache zurück, dass direkte Rede in der Regel die Qualitätsmaxime verletzt, da die verbatim-Hypothese in den meisten Fällen nicht zutrifft. Die Gesichtswahrung kann dabei sowohl für den Sprecher selbst gelten als auch für Gesprächspartner oder nicht anwesende Dritte, deren Äußerungen wiedergegeben werden. Einerseits kann Redewiedergabe diskursstrukturierende Funktion aufweisen, die sich u. a. aus der Tatsache ergibt, dass sie in bestimmten Textsorten an sehr spezifischen Stellen auftreten kann, etwa auf der Klimax einer Erzäh‐ lung oder in der Punchline eines Witzes. 312 In narrativen Kontexten kann Redewiedergabe darüber hinaus gezielt eingesetzt werden, um beispielsweise die Einführung neuer Figuren zu begleiten, deren erstes Auftreten mit einer Äußerung verbunden ist. Auch das Eintreten eines neuen Ereignisses kann mit einer Redewiedergabe unterstrichen werden (vgl. Aikhenvald 2004, 137). Aus textlinguistischer Perspektive spielt weiterhin die kohärenzstiftende Funktion von Redewiedergabe eine wichtige Rolle, die sich in Form intra- oder intertex‐ tueller Verweise manifestieren kann. 313 Andererseits lassen sich spezifische Funktionen von Redewiedergabe aus‐ machen, die wir an dieser Stelle unter dem Attribut pragmatisch zusammen‐ fassen möchten. Damit beziehen wir uns auf Verwendungen, die das Verhältnis zwischen Sprecher und Hörer steuern, indem sie es beispielsweise erlauben, potentiell gesichtsbedrohende Äußerungen indirekter zu gestalten. 314 Sprecher verfahren dabei meist so, dass sie möglicherweise gesichtsbedrohende Äuße‐ rungen anderen Sprechinstanzen „in den Mund legen“, um der kommunikativen Regresspflicht zu entgehen. Dies gilt in besonderem Maße für Situationen mit maximaler Gesichtsbedrohung, etwa, wenn die wiedergegebene Äußerung anwesende Gesprächspartner beleidigt. Tannen (2010, 315) bezeichnet diese Strategie als ventriloquizing und unterstreicht damit, dass Äußerungen häufig auch der Wortsprache nicht mächtigen „Sprechinstanzen“ wie beispielsweise Haustieren zugeschrieben werden. Ebenso ist jedoch der Verweis auf eine vom Sprecher erfundene Sprechinstanz möglich - diese Strategie weist Tetreault (2009, 227) beispielsweise bei Jugendlichen nach, die Kritik an Mitgliedern ihrer peer-group äußern. Macaulay (1987, 5) fasst unter Verweis auf Goffman sehr ähnliche Überle‐ gungen unter dem Stichwort der indirection zusammen: 3.7 Funktionale Aspekte 145 315 Unsere Konzeption von Redewiedergabe entspricht damit Authier-Revuz’ Konzept der représentation du discours autre, das nicht nur Redewiedergabe („discours rapporté“) im engeren Sinne umfasst, sondern auch Phänomene einschließt, die Authier-Revuz als modalisation en discours second einordnet (s.-Kap. 2.3.2.5). One of the functions of quoted direct speech is to be able to convey information implicitly that it might be more awkward to express explicitly. Or as Goffman observes by repeating the words said by someone else, the speaker „means to stand in a relation of reduced responsibility for what he is saying“. Vor diesem Hintergrund kann die Zuschreibung von Redewiedergabe zu fremden Sprechinstanzen Sprechern auch die Möglichkeit eröffnen, Tabuwörter „ungestraft“ zu verwenden (vgl. Macaulay 1987, 13). Ebenso scheint Redewieder‐ gabe eine wichtige Strategie zur Vermeidung von Eigenlob zu sein: Auf der einen Seite gerät der wiedergebende Sprecher gar nicht erst in den Verdacht, sich selbst loben zu wollen, wenn er auf eine andere Sprechinstanz als Äußerungsquelle verweisen kann (vgl. Macaulay 1987, 5). Auf der anderen Seite kann der Verweis auf eine andere Äußerungsquelle das Lob auch objektiver erscheinen lassen (vgl. Speer 2012). Im Rahmen der Korpusuntersuchung wird zu klären sein, inwiefern diese beiden zusätzlichen Funktionen von Redewiedergabe auf der Grundlage for‐ maler Parameter operationalisierbar sind und ob sie ggf. in Kombination mit anderen Funktionen auftreten können. 3.8 Zusammenfassung Unsere methodologischen Vorüberlegungen beschließen wir an dieser Stelle mit einer kondensierten Darstellung der für die Korpusuntersuchung relevanten Konzeption von Redewiedergabe. Sie umfasst neben einer Eingrenzung des Objektbereichs und einer Abgrenzung gegenüber verwandten Phänomenen auch eine Modellierung verschiedener Untertypen, die in der Analyse Berück‐ sichtigung finden sollen. Im cahier des charges hatten wir eingangs festgehalten, dass das der Analyse zugrunde liegende Modell von Redewiedergabe einerseits hinreichend trenn‐ scharf sein soll, um eine relative Homogenität des Gegenstandsbereiches zu gewährleisten, und andererseits so weit gefasst sein muss, dass auch textsorten‐ spezifische Ausformungen von Redewiedergabe bei der Analyse berücksichtigt werden können. Vor diesem Hintergrund erscheint uns ein an Authier-Revuz (2001) angelehntes 315 äußerungslinguistisch perspektiviertes Modell am besten 146 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 316 Diese Abgrenzung zwischen Metakommunikation und Redewiedergabe nehmen Ka‐ telhön (2005, 161-162), Gather (1994, 119) und Authier-Revuz (2001, 194) in sehr ähnlicher Weise vor. 317 Genau diesen Aspekt führt auch Noh (2000, 27) zur Differenzierung zwischen Wieder‐ holung und Redewiedergabe an: „A quotation must be put forward as a representation of some previous utterance if it is to count as reported speech.“ geeignet. Wir verstehen damit Redewiedergabe als Oberbegriff für Sprachhand‐ lungen, in denen ein Sender einem Empfänger (phonisch oder graphisch) eine Rede übermittelt, die auf eine andere Sprachhandlung Bezug nimmt. Diese zweite Sprachhandlung entstammt einer von der aktuellen Kommunikations‐ situation unterscheidbaren Kommunikationssituation. Dabei ist unerheblich, ob diese tatsächlich stattgefunden hat; entscheidend ist hingegen, dass die Illokution der zweiten Sprachhandlung im Rahmen der Wiedergabe deutlich wird und zugleich zumindest ein minimaler propositionaler Gehalt erkennbar bzw. rekonstruierbar ist. Mit dieser Definition sind von der weiteren Betrachtung einerseits meta‐ kommunikative Phänomene wie die explizit performative Äußerung in (9) ausgeschlossen, da die Sprachhandlung, auf die die Äußerung referiert, der‐ selben Kommunikationssituation entstammt. 316 Vergleichbares gilt für Wieder‐ holungen, 317 Reformulierungen und Paraphrasen, die Elemente der aktuellen Kommunikationssituation nochmals aufnehmen. - (9) Ich sag Ihnen, die Sache ist hochgefährlich. (Hamburger Abendblatt 2008) Ausgeschlossen sind damit andererseits auch reine Redeerwähnungen, also Verweise auf Sprachhandlungen, deren illokutionärer und propositionaler Ge‐ halt unbestimmt bleibt, wie dies auf den folgenden Beleg zutrifft: - (19) Ils ont bavardé pendant deux heures. (Authier-Revuz 2001, 199) Ebenso werden mit dieser Definition solche Äußerungen nicht in die Analyse einbezogen, aus denen zwar die Illokution der zweiten Sprachhandlung deutlich wird, nicht jedoch deren propositionaler Gehalt. Dies gilt beispielsweise für folgende Äußerung: - (7) Erst stritt sie alles ab, dann gestand sie doch. (Hamburger Abendblatt 2008) 3.8 Zusammenfassung 147 Im Unterschied dazu lässt sich in (4) über die Illokution des Versprechens hinaus ein minimaler propositionaler Gehalt erkennen - bei der Rekonstruktion der Originaläußerung ist davon auszugehen, dass in der ursprünglichen Kommuni‐ kationssituation eine Bitte um Unterstützung vorgebracht wurde. - (4) In einer Krisensitzung in der Nacht zum Montag hatten die drei Regierungen ihre Hilfe versprochen. (Tagesspiegel 2008) Neben Sprachhandlungen sollen auch solche Denkhandlungen in der Analyse berücksichtigt werden, deren Kontext eine explizite verbale Realisierung zu‐ mindest nicht ausschließt. Typischerweise betrifft dies die Wiedergabe eigener Gedanken, die beispielsweise im Rahmen eines Selbstgesprächs verbalisiert bzw. explizit geäußert werden könnten. In vergleichbarer Art und Weise gilt dies insbesondere dann auch für die Darstellung von Gefühlen, Einstellungen und anderen Handlungen, wenn sie in Form direkter Rede erscheinen. Im Zusammenhang mit der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands möchten wir abschließend noch auf die Frage eingehen, inwiefern sich zwi‐ schen Phänomenen der Redewiedergabe und Evidentialitätsphänomenen diffe‐ renzieren lässt. Überschneidungen zwischen beiden Phänomentypen ergeben sich insbesondere dann, wenn die Herkunft des Sprecherwissens als sprachlich vermittelt markiert wird. In diesem Fall ist eine Differenzierung zwischen beiden Phänomentypen nur auf der Ebene der Informationsstruktur möglich: Während bei Evidentialitätsphänomenen die Herkunft des Sprecherwissens selbst die relevante Information darstellt, ist Redewiedergabe nicht auf diese Funktion beschränkt. Hier kann beispielsweise ebenso der Äußerungsinhalt oder die Einstellung des Sprechers zur wiedergegebenen Äußerung im Mittelpunkt stehen. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht sinnvoll, in der Korpusstudie systematisch zwischen Evidentialitätsphänomenen und Redewiedergabe zu differenzieren oder erstere gar aus der Analyse auszuschließen. Mögliche Polyfunktionalitäten konkreter Äußerungen sollen dennoch im Blick behalten werden. Zur Modellierung verschiedener Typen von Redewiedergabe möchten wir auf pragmalinguistische Modelle zurückgreifen, die eine Modellierung als Kon‐ tinuum zwischen den Polen „maximale Ähnlichkeit zwischen originärer und aktueller Sprachhandlung“ und „keinerlei Ähnlichkeit zwischen originärer und aktueller Sprachhandlung“ vornehmen. Dabei stellt für uns eine Übereinstim‐ mung auf illokutionärer Ebene die Voraussetzung dafür dar, dass die aktuelle Sprachhandlung SH 0 auf die originäre Sprachhandlung SH 1 referieren kann. Dies 148 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 318 Vgl. Kap. 2.3.4 für eine ausführliche Erläuterung beider Theorien. gilt auch für den Fall, dass die Originaläußerung lediglich hypothetischer Natur ist. Die Idee einer ikonischen Beziehung zwischen den beiden im Rahmen von Redewiedergabe aufeinander bezogenen Sprachhandlungen findet sich gleich in zwei pragmalinguistischen Theorien von Redewiedergabe, nämlich in der demonstration theory von Clark/ Gerrig (1990) ebenso wie in den relevanztheore‐ tischen Überlegungen zum Konzept der Metarepräsentation bei Wilson (2000). 318 Unsere Modellierung weicht jedoch in einigen Punkten von beiden Theorien ab. Clark/ Gerrig (1990) gehen davon aus, dass die semiotische Qualität von direkter und indirekter Rede sich grundlegend unterscheidet: Während sie im Falle direkter Rede eine ikonische Beziehung zwischen der wiedergegebenen Äußerung und der (ggf. nur hypothetischen) Originaläußerung annehmen, stufen sie die Beziehung zwischen beiden Sprachhandlungen im Falle indirekter Rede als symbolisch ein. Die Annahme eines solchen kategorialen Unterschieds zwischen direktem und indirektem Wiedergabetyp scheint weniger geeignet für die nachfolgende Korpusstudie, da wir davon ausgehen, dass die beiden Typen nicht nur in „Reinform“ verwendet werden, sondern dass durchaus auch Mischformen existieren. Aus diesem Grund scheint uns eine kontinuierliche Modellierung besser geeignet, die sich am Prototypen-Gedanken orientiert. Wilson (2000) hingegen nimmt Ähnlichkeit als leitendes Prinzip aller Typen von Redewiedergabe an: Während bei direkter Rede eine Ähnlichkeit auf for‐ maler Ebene besteht („metalinguistic resemblance“, Wilson 2000, 426), zeichnet sich indirekte Rede durch eine Ähnlichkeit auf semantischer oder logischer Ebene aus („interpretive resemblance“, Wilson 2000, 426). Auch hier ergibt sich ein kategorialer Unterschied zwischen direkter und indirekter Rede, der ange‐ sichts der Existenz von Mischformen wenig sinnvoll erscheint. Vielmehr besteht auch bei direkter Rede eine semantische und logische Ähnlichkeit zwischen Original und Wiedergabe, zu der lediglich noch eine Ähnlichkeit auf formaler Ebene hinzutritt. Unserer Meinung nach stellt die semantische, logische und illokutionäre Ähnlichkeit zwischen zwei Äußerungen die Voraussetzung dafür dar, dass eine Äußerung auf die andere referieren kann. Vor diesem Hintergrund haben wir ein Modell entwickelt, in dessen Zentrum der Aspekt der mehr oder weniger großen Ähnlichkeit zwischen den beiden im Rahmen von Redewiedergabe miteinander verknüpften Äußerungen bzw. Sprachhandlungen steht. Dieses Modell ist als Kontinuum konzipiert, das sich zwischen den Polen „große (formale) Ähnlichkeit zwischen R 0 (d. h. aktuelle Äußerung) und R 1 (d. h. wiedergegebene Äußerung)“ und „geringe (formale) 3.8 Zusammenfassung 149 Ähnlichkeit zwischen R 0 und R 1 “ erstreckt. Abb. 11 liefert einen Überblick über mögliche Ausgestaltungen dieser Ähnlichkeit auf den verschiedenen Ebenen linguistischer Beschreibung. Die Hintergrundgestaltung soll illustrieren, dass auf einigen Ebenen (Sprechakt, Prosodie, Syntax sowie Para- und Nonverbales) eine graduelle Abbzw. Zunahme der Ähnlichkeit angenommen werden kann, während auf einigen Ebenen (Semiotik, Diasystematik und Lexik) lediglich zwei bzw. drei diskrete Ausprägungen möglich sind. Abb. 11: Typen der Redewiedergabe Auf der Ebene des Sprechakts kann der Sprecher große Ähnlichkeit zwischen beiden Äußerungen dadurch signalisieren, dass er die Sprechhandlung im Wort‐ laut, d.-h. inklusive (ggf. inszenierter) Performanzerscheinungen wie hesitation phenomena, Versprechern, Wiederholungen oder Anakoluthen - wiedergibt. Eine diesbezüglich mittlere Position nehmen Wiedergaben ein, die zwar den Wortlaut der Originaläußerung wiedergeben, jedoch um Performanzerschei‐ nungen „bereinigt“ sind. Einen etwas niedrigeren Ähnlichkeitsgrad weisen Fälle von mixed quotation auf (s.-Kap. 3.1.2), die ausgewählte Elemente der Original‐ äußerung im Wortlaut übernehmen, mehrheitlich jedoch vom wiedergebenden Sprecher formuliert werden. Lediglich geringe Ähnlichkeit besteht, wenn aus‐ 150 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 319 In Anlehnung an Austins und Searles fünf Teilakte von Sprechakten nehmen Clark/ Gerrig (1990, 778-779) insgesamt sogar fünf Abstufungen an - über die drei genannten Stufen hinaus zeichnen sich Wiedergaben mit nur sehr geringer Ähnlichkeit zwischen beiden Äußerungen dadurch aus, dass lediglich die Illokution der Originaläußerung wiedergegeben wird. Da wir als Grundvoraussetzung für das Vorliegen von Redewie‐ dergabe jedoch festgelegt hatten (s. o.), dass zumindest ein minimaler propositionaler Gehalt der Originaläußerung erkennbzw. rekonstruierbar sein muss, spielt dieser sehr weit gefasste Typ von Redewiedergabe in unserer Untersuchung keine Rolle. Am anderen Ende der Skala nehmen Clark und Gerrig die Berücksichtigung des gesamten collaborative act an, der neben der Sprechhandlung auch noch etwaige Reaktionen des Gesprächspartners umfasst. schließlich (einzelne Elemente der) ursprünglichen Proposition wiedergegeben werden. 319 Semiotisch betrachtet gibt es lediglich eine Alternative in der Gestaltung der Redewiedergabe: Die Übernahme der Origo der Originaläußerung führt zu einer größeren Ähnlichkeit zwischen beiden Sprachhandlungen; wird umgekehrt die Origo der aktuellen Sprachhandlung beibehalten, scheint die Redewiedergabe dem Original deutlich weniger ähnlich zu sein. Auf prosodischer wie auf syntaktischer Ebene kann der wiedergebende Sprecher eine Äußerung autonom verwenden und damit die Ähnlichkeit zur Originaläußerung unterstreichen. Statt einer autonomen Verwendung ist jedoch auch eine - mehr oder weniger stark ausgeprägte - Integration der Originaläu‐ ßerung in die wiedergegebene Äußerung möglich, die die Ähnlichkeit beider Äußerungen deutlich geringer erscheinen lässt. Auf lexikalischer Ebene kann die Ähnlichkeit zwischen beiden Sprachhand‐ lungen mit Hilfe von Konstruktionen wie sie sagte mir wortwörtlich: … explizit unterstrichen werden. Ebenso kann die fehlende Ähnlichkeit zwischen beiden Sprachhandlungen expliziert werden. Dies wird entweder über die Verwendung von Platzhaltern wie blabla oder über hedge-Konstruktionen wie er sagte so etwas wie: … erreicht. Finden sich keine derartigen Markierungen in der Redewiedergabe („keine Bezugnahme“), bleibt diese Ebene ohne Einfluss auf die wahrgenommene bzw. dargestellte Ähnlichkeit. Para- und nonverbale Markierungen erlauben wiederum eine kontinuier‐ liche bzw. abgestufte Darstellung der Ähnlichkeit zwischen beiden Sprach‐ handlungen. Möchte der Sprecher die Ähnlichkeit unterstreichen, so kann er prosodische, mimische oder gestische Charakteristika des Originalsprechers imitieren. Der Eindruck relativer Ähnlichkeit entsteht, wenn para- und nonver‐ bale Charakteristika der Originaläußerung nicht nachgeahmt, sondern lediglich stilisiert werden (s. o., Kap. 3.3.3). Finden sich keinerlei auffällige prosodische Markierungen und entsprechen Mimik, Körpersprache und Gestik dem Reper‐ 3.8 Zusammenfassung 151 toire des wiedergebenden Sprechers, so ergibt sich auf dieser Ebene keine ausgeprägte Ähnlichkeit zwischen den beiden Sprachhandlungen. Schließlich ergibt sich auf der Ebene der diasystematischen Markierung wieder eine dichotomische Unterscheidung: Enthält die wiedergegebene Äu‐ ßerung diasystematische Markierungen, so entsteht der Eindruck größerer Ähnlichkeit zwischen den beiden Sprachhandlungen. Die wahrgenommene Ähnlichkeit ist umso größer, je zahlreicher die Markierungen vorliegen. In die andere Richtung ist die Skala jedoch in dem Sinne asymmetrisch ausgeprägt, als lediglich infolge der Abwesenheit diasystematischer Markierungen der Eindruck geringer Ähnlichkeit entsteht; eine weitere Abstufung ist in diese Richtung nicht möglich. Das vorgestellte Modell wird es uns in der Folge ermöglichen, die im Korpus vertretenen Okkurrenzen von Redewiedergabe möglichst genau zu erfassen und zu beschreiben. Wir verzichten im Vorfeld bewusst auf die Festlegung konkreter Abstufungen innerhalb des dargestellten Kontinuums, da die Ausprägung der Markierungen auf den einzelnen Ebenen durchaus unterschiedlich ausfallen kann. Die Korpusuntersuchung wird zeigen, ob sich spezifische Merkmalscluster ergeben und ob Markierungen auf bestimmten Ebenen in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander stehen. 152 3 Redewiedergabe im Spanischen: Typen, Formen und Funktionen 4 Monologisches Sprechen Die Arbeit mit authentischen Sprachdaten war lange Zeit - nicht nur aus technischen Gründen - auf monologische und medial schriftlich realisierte Korpora beschränkt. Im Zuge der kommunikativ-pragmatischen Wende und neu entstandener Möglichkeit, ohne größeren technischen Aufwand auch außerhalb von Laborsituationen natürliche Sprachdaten zu erheben, gelangte seit den 1970er Jahren allmählich immer mehr dialogisches Sprachmaterial in den Fokus korpuslinguistischer Untersuchungen. Während mittlerweile der Rückstand im Bereich des dialogischen Sprechens als „aufgeholt“ gelten kann und im Rahmen von Untersuchungen zur Chat-Sprache auch immer mehr medial schriftlich realisierte Dialoge Gegenstand korpuslinguistischer Betrachtung werden, muss das Interesse an der verbleibenden möglichen Kombination als stiefmütterlich bezeichnet werden: Mündlich realisierte Monologe können, sieht man einmal von politischen Reden ab, als parente pauvre der Korpuslinguistik gelten. So hat sich seit der Feststellung von Thompson (1994, 58) die Sachlage nicht entscheidend verändert: „However, within the wider field of the analysis of spoken discourse, studies of spontaneous oral interaction have predominated, with relatively little work being carried out on monologue.“ Die defizitäre Forschungslage betrifft allen voran monologisch angelegte Nähesprache, was sicherlich einerseits damit zusammenhängt, dass diese ge‐ häuft in Kommunikationssituationen auftritt, in denen Sprachaufnahmen nur schwerlich möglich sind - man denke etwa an Selbstgespräche. Andererseits ist spontanes monologisches Sprechen erheblich seltener als sein Pendant, das spontane dialogische Gespräch, und tritt vor allem in sehr spezifischen Textsorten auf (s.-u.). Zu den wenigen vorliegenden Studien in diesem Bereich gehört beispiels‐ weise die Arbeit von Dingwall (1995), die sich mit Nachrichten auf Anrufbeant‐ wortern auseinandersetzt. Diese Diskurstradition weist trotz ihrer grundsätzlich monologischen Anlage zahlreiche Charakteristika dialogischer Kommunikati‐ onssituationen auf, da die Monologizität sich hier in erster Linie dadurch ergibt, dass Sprecher und Hörer zeitlich versetzt kommunizieren. Daneben existiert mit Zollna (2003) eine Analyse auch prosodischer Charakteristika ganz unterschiedlicher monologischer „Sprechstile“ wie Gebete, Durchsagen und Verkaufsrufe, deren monologische Anlage als solche jedoch nicht näher thematisiert wird. Im Gegensatz dazu können einige monologisch angelegte Diskurstraditionen, die stärker distanzsprachlich konzipiert sind, als vergleichsweise gut untersucht gelten. Hierzu gehören - sicherlich mit großem Abstand an erster Stelle - politische Reden, deren monologische Grundstruktur jedoch nur selten proble‐ matisiert wird. Im Folgenden möchten wir dem skizzierten Forschungsdefizit dahingehend begegnen, dass wir zunächst einige sehr grundlegende Überlegungen zu Cha‐ rakteristika monologischer Kommunikationssituationen anstellen (Kap. 4.1), bevor wir anschließend die drei Textsorten, aus denen sich unser Korpus zusammensetzt, in Bezug auf die sie auszeichnenden Kommunikationssituati‐ onen und die Rolle, die Redewiedergabe in diesem Zusammenhang spielt, näher beschreiben (Kap. 4.2). Abschließend werden wir die spezifische mediale Verfasstheit der im Korpus vertretenen „Exemplare“ der jeweiligen Diskurstra‐ ditionen in den Blick nehmen und ferner Fragen der Mehrfachadressierung klären (Kap. 4.3). 4.1 Charakteristika monologischer Kommunikationssituationen Der vorliegende kurze Abschnitt ist der Frage gewidmet, was monologische Kommunikationssituationen im Kern eigentlich ausmacht und inwiefern sich Monologe auf einer sehr grundlegenden Ebene von Dialogen unterscheiden. Hieraus möchten wir Konsequenzen ableiten, die sich für die sprachliche Gestaltung von Monologen ergeben. Monologizität geht typischerweise in Kombination mit anderen Kommunikationsbedingungen wie beispielsweise der Anwesenheit eines Publikums bzw. einer Zuhörerschaft einher - diese Aspekte sollen jedoch nicht in die nachfolgenden Überlegungen einfließen, sondern erst in den den einzelnen Diskurstraditionen gewidmeten Kapiteln (s. Kap. 4.2) näher beleuchtet werden. Die Tatsache, dass in einer Kommunikationssituation nur ein einziger Kom‐ munikationsteilnehmer die Produzentenrolle übernimmt und andere kopräsente Kommunikationsteilnehmer keinerlei Mitwirkungsmöglichkeiten haben, lässt sich zunächst ex negativo betrachten: Monologe zeichnen sich dadurch aus, dass der Sprecher zu keiner Zeit sein Rederecht verliert oder es in irgendeiner Form verteidigen muss. Er kann damit seinen Turn ungehindert und frei entwi‐ ckeln. Den zentralen Charakter dieses Aspekts unterstreicht auch Thompson (1994, 59): 154 4 Monologisches Sprechen 320 Pršir (2012, 126) spricht in diesem Zusammenhang unter Verweis auf Rabatel (2005) von einem Verfahren der „co-construction“. In contrast, the principal characteristic of monologue which differentiates it from conversation is that the turn-taking machinery is suspended. The primary responsi‐ bility for creating potentially coherent discourse lies with the speaker […]. Positiv formuliert bedeutet dies, dass der Sprecher alleinig für die kohärente Textgestaltung verantwortlich zeichnet. Eine Konsequenz dieser Tatsache be‐ steht darin, dass an monologisch konzipierte Texte tendenziell höhere Anfor‐ derungen hinsichtlich der Kohärenz gestellt werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass das Kriterium der Kohärenz insbesondere mit dem Aspekt der vorausgegangenen Planung zusammenhängt: Spontan realisierte monologische Texte weisen einen deutlich geringeren Kohärenzgrad auf als vorbereitete Texte. Vor diesem Hintergrund zieht Thompson (1994) Parallelen zwischen Monologen und schriftlich realisierten Texten bzw. Diskursen: Monologue shares with some kinds of written discourse the features that both are typically produced by one person and can be perceived as a textual whole. Particularly in the case of carefully prepared, rehearsed monologue, it is possible that there will be similarities in the cohesive features of both written and spoken discourse. (Thompson 1994, 60) Im Gegensatz dazu können spontan realisierte Monologe viele prozesshafte Bestandteile aufweisen: In contrast, even non-spontaneous monologue is produced in real time, normally in the listener’s presence and with limited opportunities for prior editing. Even the most fluent and well-prepared speaker is likely to display on-line process features which differ from those of written discourse. (Thompson 1994, 60) Neben der im Vergleich zum Dialog tendenziell ausgeprägteren Kohärenz auf makrostruktureller Ebene zeichnen sich monologische Diskurse noch durch einen weiteren sehr grundlegenden Aspekt aus, der eher die inhaltliche bzw. argumentative Ebene betrifft: Unterschiedliche Standpunkte, die in dialogischen Diskursen auf mehrere empirische Sprecher bzw. Lokutoren (vgl. Gévaudan 2008) verteilt werden könnten, 320 müssen im Monolog von einem einzigen empirischen Sprecher vertreten werden. Selbstverständlich besteht auch in monologischen Diskursen jederzeit die Möglichkeit - und ggf. sogar eine größere Notwendigkeit -, die unterschiedli‐ chen zur Sprache gebrachten Standpunkte von mehreren Enunziatoren (vgl. Gévaudan 2008) vertreten zu lassen. Insbesondere im Hinblick auf eine grö‐ 4.1 Charakteristika monologischer Kommunikationssituationen 155 321 Pršir (2012, 126) nennt das Radioformat der Presseschau als eine dieses Phänomen illustrierende Textsorte: „Qu’en est-il dans un discours monologal comme la revue de presse? Nous faisons l’hypothèse qu’en intégrant les points de vue représentés, le locuteur ‚engage‘ plusieurs instances énonciatives à la co-construction d’un point de vue commun. D’après cette observation, la revue de presse est monologale quant à sa forme et dialogique quant à sa structure d’échange.“ ßere Anschaulichkeit für die Zuhörer ist es in diesem Zusammenhang nahe‐ liegend, den unterschiedlichen Enunziatoren auch verschiedene Lokutoren zuzuweisen. 321 Das Vorbringen und Abwägen unterschiedlicher Argumente kann also beispielsweise als fingierter Dialog inszeniert werden, in dem un‐ terschiedliche Lokutoren verschiedene Standpunkte vertreten. Hieraus kann eine Affinität zwischen monologischer Realisierung und der Verwendung von Redewiedergabe erwachsen, die jedoch keineswegs zwingend ist. Inwiefern die drei im Rahmen der vorliegenden Untersuchung analysierten monologischen Textsorten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und damit im Sinne des Genfer Modells (vgl. Roulet et al. 1985) als intern dialogisch („dia‐ logique“) bezeichnet werden können, soll im Laufe der Korpusstudie deutlich werden. 4.2 Monologische Diskurstraditionen Die vorliegende Arbeit hat sich einerseits zum Ziel gesetzt, mit medial mündlich realisierten Monologen forschungsseitig bislang unterrepräsentierte Textsorten in den Blick zu nehmen. Andererseits gilt das Hauptaugenmerk unserer Studie natürlich dem Phänomen der Redewiedergabe, das in der bisherigen Forschung vor allem am Beispiel dialogischer Kommunikationssituationen analysiert wurde. Vor diesem Hintergrund soll die nachfolgende Korpusuntersuchung Diskurstra‐ ditionen mit phonischem „Profil“ (vgl. Koch 1997, 56) in den Blick nehmen, in denen Redewiedergabe in dreifacher Hinsicht eine besondere Rolle spielt. Erstens soll Redewiedergabe ein möglichst zentraler Bestandteil der ge‐ wählten Diskurstradition sein und dort häufig auftreten. Die Analyse soll zweitens dazu beitragen, eine möglichst große Bandbreite formaler Charak‐ teristika von Redewiedergabe zu erfassen und sollte sich dementsprechend auf Diskurstraditionen stützen, die eine solche Bandbreite aufweisen. Damit in Zusammenhang steht drittens die Anforderung, dass Redewiedergabe in den gewählten Diskurstraditionen möglichst viele unterschiedliche Funktionen zukommen sollten. 156 4 Monologisches Sprechen 322 Auf die graphische Darstellung des konzeptionellen Profils der einzelnen Textsorten in Form sog. Reliefs (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 8-9) wird - nicht zuletzt angesichts der fehlenden Operationalisierbarkeit vieler Merkmale - an dieser Stelle bewusst verzichtet. 323 Koziski Olson (1988, 110-122) spannt in ihrem Überblick zur Entstehungsgeschichte der Stand-up-Comedy einen Bogen von der griechischen Komödie über mittelalterliche Gaukler und die Commedia dell’Arte bis hin zu Zirkusclowns. 324 S. Rivas (2017) zur Entstehung der Sendung El Club de la Comedia in Spanien. Angesichts dieses cahier des charges fiel die Wahl auf die drei Diskurstraditi‐ onen der Stand-up-Comedy, der Predigt und des wissenschaftlichen Vortrags, die nachfolgend näher vorgestellt werden sollen. Die folgenden Abschnitte zur Stand-up-Comedy (Kap. 4.2.1), zur Predigt (Kap. 4.2.2) und zum wissenschaft‐ lichen Vortrag (Kap. 4.2.3) sind jeweils analog aufgebaut: Sie beginnen mit einem Forschungsüberblick zu Untersuchungen der entsprechenden Textsorte, in dessen Fokus insbesondere Untersuchungen zu formalen und funktionalen Aspekten von Redewiedergabe in der jeweiligen Diskurstradition stehen. Im Anschluss folgt eine detaillierte Beschreibung der für die jeweilige Textsorte charakteristischen Kommunikationsbedingungen und Versprachlichungsstra‐ tegien. Die Darstellung orientiert sich größtenteils an den bei Koch/ Oesterrei‐ cher (2011, 7-14) genannten Parametern. 322 4.2.1 Stand-up-Comedy - 4.2.1.1 Zum Forschungsstand Die Ursprünge der Stand-up-Comedy liegen im US-amerikanischen Vaude‐ ville-Theater des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. 323 Mit dem Nieder‐ gang des Vaudeville in den 1930er Jahren wurden die Auftritte zahlreicher Stand-up-Comedians zunächst über die neu entstandenen Medien Radio, Schallplatte und Film verbreitet, bevor die Comedians in 1960er Jahren be‐ gannen, auf den Bühnen von neu entstandenen Comedy Clubs aufzutreten. Popularität bei einem größeren Publikum erlangten sie erst als Gäste von TV-Late-Night-Shows. Im Zuge der Rezeption des US-amerikanischen Fernsehformats der Late-Night-Show im europäischen Fernsehen der 1990er Jahre begannen Come‐ dians, sich auch dort zu etablieren. Insbesondere seit den 2000er Jahren sind so‐ wohl Late-Night-Shows mit Stand-up-Auftritten als auch nach amerikanischem Vorbild konzipierte Formate wie El Club de la Comedia feste Bestandteile u. a. der spanischen Fernsehlandschaft. 324 4.2 Monologische Diskurstraditionen 157 325 Linares Bernabéu (2021, 70) weist darauf hin, dass sich spanischsprachige Stand-up-Kultur in der Anfangszeit (nicht nur) dadurch von der US-amerikanisch geprägten unterschied, dass politische oder gesellschaftlich brisante Themen zugunsten von Alltagssituationen ausgeblendet wurden. Mittlerweile orientieren sich die hispa‐ nophonen Comedians stärker am US-amerikanischen Modell, die inhaltliche Präferenz für Alltagsthemen scheint jedoch konstant zu bleiben. 326 Linares Bernabéu (2021, 73) unterstreicht, dass dieser strikte Aufbau insbesondere für für das Fernsehen produzierte Stand-up-Acts gilt. Auf Bühnen live vorgetragene Acts sind deutlich weniger stereotyp aufgebaut. Die Diskurstradition des Stand-up-Acts umfasst einen fünfbis zehnminü‐ tigen Auftritt eines Comedians auf einer Bühne vor einem mehr oder weniger großen Publikum. Wie die Definition von Mintz verdeutlicht, unterscheidet sich die Stand-up-Comedy beispielsweise dadurch von verwandten Genres wie dem Sketch, dass hier weder Kostüme noch Requisiten zum Einsatz kommen: A strict, limiting definition of stand-up comedy would describe an encounter between a single standing performer behaving comically and/ or saying funny things directly to an audience, unsupported by very much in the way of costume, props, setting, or dramatic vehicle. (Mintz 1998, 194) Inhalt der Monologe speziell der spanischsprachigen Stand-up-Comedy 325 sind Beobachtungen zu Alltagsthemen und alltäglichen Situationen, die den Zu‐ schauern bestens vertraut sind (beispielsweise Arztbesuche, Flugreisen oder Konflikte mit den Schwiegereltern). Aktuelle politische oder gesellschaftliche Ereignisse und Entwicklungen dienen allenfalls als Aufhänger, werden jedoch in der Regel nicht extensiv diskutiert. Castellón Alcalá (2008, 421) unterstreicht, dass jede Beobachtung meist mit einer (persönlichen) Anekdote eingeleitet wird: Los asuntos en torno a los que gira el monólogo abarcan la casuística de la vida diaria, las cuestiones sentimentales, problemas no trascendentes de la sociedad moderna, relaciones familiares, etc., desde el prisma del análisis jocoso. Suele empezar tratando alguna anécdota concreta, y a partir de ahí, se analiza el hecho, la situación, se glosan las actitudes de los citados, se valoran las situaciones. Der Aufbau des Monologs orientiert sich an zwei Mustern, wie Castellón Alcalá (2008, 424) beschreibt: Er besteht entweder aus einer assoziativen Aneinander‐ reihung einzelner Beobachtungen zu (mehr oder weniger kuriosen) Situationen, die der Comedian (angeblich) selbst erlebt hat, oder aber der Comedian handelt nacheinander bestimmte Fragen ab, die ihn persönlich beschäftigen. Die einzelnen Beobachtungen folgen strukturell gesehen immer demselben Muster, 326 dessen Einzelelemente Ruiz Gurillo (2013, 108) am Beispiel von Acts des spanischen Comedian Andreu Buenafuente wie folgt beschreibt: 158 4 Monologisches Sprechen 327 Ruiz Gurillo (2013, 133) weist jedoch darauf hin, dass das fünfteilige Schema häufig auf lediglich drei Teile reduziert wird: „an introduction to the events, a development of those events, and a conclusion or coda.“ 328 Hier kommt eine spezifische Konzeption des Begriffs Dialogizität zur Anwendung, die sich wiederum von der im Rahmen der Genfer Schule etablierten Dichotomie discours dialogal/ dialogique (s. Kap. 2.3.3.4) unterscheidet und auf die wir im nächsten Kapitel näher eingehen werden. 329 Eine der wenigen linguistischen Monographien zu Stand-up-Comedy stellt die Disser‐ tation von Schwarz (2010) dar, zum Spanischen liegt seit Kurzem die Dissertation von Linares Bernabéu (2021) vor. 330 Vgl. z.-B. McIlvenny/ Mettovaara/ Tapio (1993) oder Attardo (2001). Firstly, they start from some current news in order to develop the complication or climax of the story. In this respect, Buenafuente works with all the usual parts of humorous monologues (presentation of the story or anecdote; complication or climax, assessment; and coda […]), but the main sequence is often expositive-argumentative instead of narrative. 327 Das Publikum spielt eine derart zentrale Rolle für die Diskurstradition, dass ihr Charakter bisweilen auch als „dialogisch“ bezeichnet wird. 328 Dieser Aspekt soll im folgenden Kapitel (4.2.1.2) noch ausführlicher beleuchtet werden. An dieser Stelle möchten wir lediglich eine Bemerkung des US-amerikanischen Comedian Jerry Seinfeld anführen, die unterstreicht, dass auch die Vortragenden selbst die Textsorte mitnichten als monologisch empfinden: To me, really good comedy is a dialogue - it’s not a monologue. Their laughs are as important as what I’m saying. Laughs contain thought, you know. There are different shapes and sizes and sounds and colors and each one says something. So that’s the audience’s part, and then I say my part. ( Jerry Seinfeld, zit. n. Wilde 2000, 336) Ein weiteres Merkmal der Kommunikationssituation, das in zahlreichen Studien diskutiert wird, ist die Frage nach der Spontaneität des Stand-up-Acts - auch diesen Aspekt werden wir in der Folge (s.-Kap. 4.2.1.2) genauer betrachten. Insgesamt liegen trotz der bereits seit Jahrzehnten anhaltend hohen Popula‐ rität und ihrer großen medialen Präsenz vergleichsweise wenige linguistische Studien zur Stand-up-Comedy vor. 329 Dies ist umso erstaunlicher, als sich Co‐ medians i. d. R. durch große sprachliche Sensibilität auszeichnen und in ihre Acts mit Vorliebe sowohl sprachliche Innovationen als auch Varianten integrieren, die für unterschiedlichste gesellschaftliche Gruppen charakteristisch sind. Die Tatsache, dass Stand-up-Acts häufig als Kontrastfolie dienen, 330 vor der die Struktur von politischen Reden analysiert wird, zeigt, dass sie in rhetorischer Hinsicht als ähnlich elaboriert gelten können. 331 4.2 Monologische Diskurstraditionen 159 331 Rhetorische Aspekte von Stand-up-Acts untersuchen beispielsweise Greenbaum (1999) und Ruiz Gurillo (2013). 332 Vgl. u. a. Brodie (2009), Irizarry (2009), Rutter (1997), Rutter (2000) sowie Scarpetta/ Spag‐ nolli (2009). 333 Vgl. etwa Pulliam (1991), Nilsen (2000) oder Aird (2008). 334 Ausnahmen stellen beispielsweise die Arbeiten von Yus (2002), Ruiz Gurillo (2012), Ruiz Gurillo (2013) oder Linares Bernabéu (2021) dar, die sich ausschließlich mit spanischen Stand-up-Comedians befassen. 335 Inwiefern sich die Orientierung an US-amerikanischen Vorbildern auch auf sprachli‐ cher Ebene manifestiert, ist bislang nicht untersucht. 336 Vgl. u.-a. Rutter (1997), Attardo (2001) oder Furukawa (2015). 337 Vgl. beispielsweise Woolard (1988), Chun (2004) oder Kotthoff (2005). 338 Vgl. z. B. Aufray (2012, 162), der in seiner Analyse deutschsprachiger Comedians mit türkischem Migrationshintergrund feststellt: „Hier wird […] die Stilisierung und die Rededarstellung zur Animation des Stereotyps funktionalisiert […].“ Vgl. weiterhin Ruiz Gurillo (2012, 83), die der in der Stand-up-Comedy mehrheitlich verwendeten direkten Rede weniger narrative als vielmehr bewertende oder illustrierende Funktion zuschreibt. Vgl. schließlich auch Glick (2007), der am Beispiel des britischen Comedians Eddie Izzard die Funktionsweise polyphoner Strukturen analysiert. 339 Vgl. etwa Scarpetta/ Spagnolli (2009) oder Furukawa (2015). Wesentlich zahlreicher als linguistische Analysen der Textsorte sind soziolo‐ gische 332 und historische 333 Untersuchungen. Die Mehrzahl der Studien stammt aus dem anglophonen Raum bzw. bezieht sich auf anglophone Vertreter der Dis‐ kurstradition, 334 jedoch können viele Untersuchungsergebnisse, die ohnehin nur selten einzelsprachliche Phänomene betreffen, ohne Weiteres auf Stand-up-Acts aus anderen Sprachräumen übertragen werden, da eine enge Ausrichtung der Comedians am US-amerikanischen Vorbild die Regel ist. 335 Neben textsortenspe‐ zifischen Analysen ist die Stand-up-Comedy sehr häufig auch Gegenstand von Arbeiten aus dem Bereich der Humorforschung, die insbesondere pragmatische Aspekte verschiedener Strategien von Humorerzeugung an der Stand-up-Co‐ medy exemplifiziert. 336 Weitere Forschungsthemen betreffen die Rolle von Stilisierung und Codeswitching, 337 mögliche Funktionen von Redewiedergabe 338 sowie soziologische Aspekte wie etwa die (nicht nur sprachliche) Darstellung von Minderheiten. 339 - 4.2.1.2 Zur Kommunikationssituation Stand-up-Acts finden im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen wie beispiels‐ weise in kleineren Theatern ausgerichteten Comedy Clubs statt oder werden im Fernsehen übertragen und stehen ggf. in der Folge als Videoaufnahmen auf verschiedenen Internetplattformen zum Abruf bereit. Je nach Medium ist die Größe des Publikums unterschiedlich groß. In Bezug auf die Vertrautheit der Kommunikationspartner liegt eine asymmetrische Relation vor: Während der 160 4 Monologisches Sprechen 340 Brodie (2009, iii) geht sogar davon aus, dass der Auftritt des Comedians einer face-to-face-Interaktion nachempfunden ist: „It emulates the intimacy of face-to-face encounter […].“ Comedian bzw. seine Bühnenpersönlichkeit, die sog. Persona, den Zuschauern meist etwa durch frühere Auftritte bereits bekannt ist, gilt dies umgekehrt natürlich nicht. Der Grad der emotionalen Beteiligung ist in mehrfacher Hinsicht hoch: Einerseits behandelt der Comedian die Themen seines Monologs (je nach Bühnenpersönlichkeit) mehr oder weniger expressiv. Hierbei handelt es sich jedoch angesichts des durchweg vorbereiteten Charakters des Acts (s. u.) in aller Regel um eine lediglich fingierte Expressivität. Andererseits löst der Act beim Zuschauer im Idealfall affektive Reaktionen wie Lachen aus, die sich sowohl auf den Kommunikationsgegenstand als auch auf den Comedian beziehen können. Während der Grad der Handlungseinbindung denkbar gering ist (während des Acts werden i. d. R. lediglich sprachliche Handlungen ausgeführt), ist die Kommunikationssituation selbst im Text relativ präsent: In der Einleitungsse‐ quenz ihres Stand-up-Acts stellen viele Comedians Überlegungen zur Auffas‐ sung von ihrer Rolle oder zur Natur ihrer Bühnenpersönlichkeit an. Auch während des Acts spricht der Comedian das Publikum bisweilen als solches an und thematisiert ggf. auftretende Abweichungen seines Verhaltens wie bei‐ spielsweise ausbleibende Lacher oder allzu zögerlichen Applaus an bestimmten Stellen, bisweilen auch deutlich verspätete oder besonders prominente Heiter‐ keitsbekundungen. Der Referenzbezug ist lediglich schwach ausgeprägt: Da der Comedian typischerweise auf einer leeren Bühne auftritt, befinden sich praktisch alle potentiellen Bezugsgegenstände außerhalb seiner Origo. Die Kommunikations‐ partner sind sich - im Rahmen von live stattfindenden Auftritten in Comedy Clubs - physisch nah. Selbst die Tatsache, dass der Comedian auf einer leicht erhöhten und im Vergleich zum Zuschauerraum stärker ausgeleuchteten Bühne steht, schafft hier kaum Distanz, 340 wie Rutter (1997, 71) unterstreicht: In contrast to cinemas, theatres, concert venues, sports arenas etc. the amount of space that is marked out as the performer’s in stand-up venues is minimal. In most venues where there is a physical stage it is always less than two feet high and usually only raised by a few inches. Similarly, although the performer is more intensely lit than the audience during their set unlike theatre performances the contrast is intentionally not stark enough that the performer is unable to see the audience, nor the audience clearly to see each other. 4.2 Monologische Diskurstraditionen 161 341 Brodie (2009, iii) spricht in diesem Zusammenhang vom Stand-up-Act als einem „collaborative act between a comedian and an audience“. Die Kooperationsmöglichkeiten des Publikums sind eingeschränkt, im Unter‐ schied zu anderen Kommunikationssituationen ist eine direkte Mitwirkung innerhalb enger Grenzen jedoch nicht ausgeschlossen: [T]here are constraints on what can be considered a permitted contribution [by the audience, A.G.]; the audience can contribute by producing affiliative or disaffiliative responses, but cannot reciprocate the performers’ jokes as would likely occur in ordinary conversations […]. (Scarpetta/ Spagnolli (2009, 241) Obwohl das Publikum also nur in sehr begrenztem Rahmen an der Gestaltung des Diskurses mitwirken kann, ist dennoch seine Anwesenheit selbst bei aufge‐ zeichneten und erst später im Fernsehen ausgestrahlten Acts unverzichtbar. 341 Dabei geht es, wie Ross (s. u.) erläutert, jedoch nicht nur um die schiere physische Präsenz der Zuschauer wie etwa im Theater, sondern um ihre Rolle als Adressaten: Unlike other performances on a stage, the audience are not just the ‚fourth wall‘ - present, but not acknowledged as present, in drama, for example. The solo stand-up comedian is addressing the audience, not other performers on the stage, and needs to build a rapport. (Ross 1998, 70) Die Zuwendung des Comedians zum Publikum ist vergleichsweise stark aus‐ geprägt. Scarpetta/ Spagnolli (2009, 228) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich dies auf sprachlicher Ebene beispielsweise in Form von Begrüßungssequenzen, Bitten oder direkten Fragen äußert: [T]he event resembles a conversation about the comedian and the audience. The co‐ median orients to the audience through greetings, requests, questions, tag questions, and the audience contribute with answers, laughter, and applause provided at relevant places. Angesichts der - wenn auch eingeschränkten - Reaktionsmöglichkeiten des Pu‐ blikums schreiben Forscherinnen wie Ruiz Gurillo (2013, 119) dem Stand-up-Act sogar dialogischen Charakter zu: [T]he humorous monologue is structured as a story sequence: long interventions by a participant who is recognized as a speaker, and brief interventions by the public, usually non-verbal ones (laughter or applause) which highlight that humor has caused the desired effect. In other words, it is not a monologue strictly speaking but a dialogue between the comedian and his audience. 162 4 Monologisches Sprechen 342 Inwiefern es sinnvoll ist, diesen Aspekt unter dem Kriterium der Dialogizität zu subsumieren, statt beispielsweise einen hiervon unabhängigen Parameter der „Adres‐ satenorientierung“ anzunehmen, kann hier lediglich problematisiert werden. Im Sinne einer abschließenden Einstufung des Parameters der Dialogizität ist an dieser Stelle eine begriffliche Präzisierung vonnöten: Koch/ Oesterreicher (2011, 7) verwenden in ihrer Darstellung der Kommunikationsbedingungen, die spezifische Diskurstraditionen ausmachen, den Begriff der Dialogizität zur Bezeichnung zweier unterschiedlicher, jedoch z. T. miteinander in Verbindung stehender Sachverhalte. Einerseits bezieht sich der Begriff als „Dialogizität im engeren Sinne“ (Koch/ Oesterreicher 2011, 7) auf die konkrete Verteilung des Rederechts - eine Kommunikationssituation ist dann als dialogisch einzustufen, wenn mehr als ein Kommunikationsteilnehmer spontan und regelmäßig die Produzentenrolle übernehmen kann. Andererseits können Kommunikationssi‐ tuationen auch „im weiteren Sinne“ (Koch/ Oesterreicher 2011, 7) als dialogisch bezeichnet werden, wenn sie sich durch ein erhöhtes Maß an „Partnerzu‐ wendung“ (Koch/ Oesterreicher 2011, 7) auszeichnen. 342 Berücksichtigt man ausschließlich den Grad an Dialogizität im engeren Sinne, so sind Stand-up-Acts angesichts der dargestellten stark asymmetrischen Rederechtsverteilung, die die Kooperationsmöglichkeiten der Zuhörer (i. d. R. paraverbale) Aufmerksamkeits‐ signale oder die Bekundung von Zustimmung oder Ablehnung beschränkt, als monologisch einzustufen. Bezieht man jedoch darüber hinaus das Kriterium der „Partnerzuwendung“ mit ein, so kann Stand-up-Comedy vor dem Hintergrund der beschriebenen stark ausgeprägten Adressatenorientierung durchaus ein gewisses Maß an Dialogizität zugeschrieben werden. Vergleichsweise komplex ist die Kommunikationssituation in Bezug auf die Frage nach ihrer Spontaneität: Einerseits handelt es sich bei der Stand-up-Co‐ medy um eine in höchstem Maße vorbereitete Diskurstradition. Der gesamte Text wurde - entweder vom Comedian selbst oder von einem bisweilen als Gag-Schreiber bezeichneten Autor - schriftlich fixiert und i. d. R. unter Anleitung eines Regisseurs, bei größeren Showformaten auch vor einem Testpublikum, ausführlich geprobt (vgl. Attardo 2001, 62). Damit ist die Stand-up-Comedy eine der wenigen Diskurstraditionen, die nicht nur hinsichtlich der verbalen, sondern auch der para- und nonverbalen Ebene minutiös vorbereitet ist: Der Comedian ruft bei seinem Auftritt die einstudierte performance lediglich ab. Ruiz Gurillo (2012, 59) spricht in diesem Zusammenhang von einem „texto oral no espontáneo para ser dicho como si no estuviera escrito“. Manche Comedians nehmen sich dennoch die Freiheit, von ihrem Skript abzuweichen 343 und gestalten zumindest kürzere Teile ihres Acts improvisatorisch. 344 Wie 4.2 Monologische Diskurstraditionen 163 343 Ruiz Gurillo (2012) vergleicht am Beispiel eines Monologs von Enrique San Francisco das Skript mit der entsprechenden szenischen „Aufführung“. S. a. Kap. 7.5 zum Phänomen des Medienwechsels. 344 Wie Ruiz Gurillo (2013, 116) unterstreicht, ist dies beispielsweise bei Andreu Buenafuente der Fall: „Firstly, the monologues are written by a scriptwriter who prepared a text meant to be uttered before the public present at the set (on stage) and before a television audience. However, Buenafuente improvises on this material, which is why attention should be paid to register features such as planning, immediacy, face to face, dynamisms or gradual feedback.“ 345 Das entscheidende Kriterium für die Themenwahl besteht lediglich darin, dass das Publikum mit dem jeweiligen Thema vertraut sein muss (vgl. Ruiz Gurillo 2013, 120). Defays (2011, 27) erläutert, entstehen Improvisationen häufig als Repliken auf bestimmte Zuschauerreaktionen: Le comédien, qui est souvent l’auteur du texte et du personnage du spectacle, est moins asservi au script que dans les autres genres dramatiques. Sensible à ces réactions incessantes et explicites du public, il peut modifier ce texte et peu ou prou improviser en fonction de leur nature ou de leur absence. Entscheidend ist jedoch in jedem Fall, dass der Stand-up-Act spontan wirkt. Ross (1998, 69) macht in diesem Zusammenhang deutlich, mit Hilfe welcher sprachlicher Mittel diese fingierte Spontaneität erreicht wird: Although it may be scripted and rehearsed, the language must seem spontaneous. As well as use of colloquialisms, there will be more fillers, like ‚sort of ‘; ellipsis (shortened forms of words); redundancy and back-tracking (the repetition of words); and sympathetic circularity-- phrases like ‚isn’t that right? ‘ addressed to the listener. Ruiz Gurillo (2013, 123) nennt darüber hinaus Elemente wie gelängte Vokale oder Pausen als Häsitationsmarker, Kontaktsignale wie oye oder tag questions wie ¿no? . Eine ähnlich differenzierte Darstellung erfordert schließlich auch der für die Kommunikationssituation typische Grad der Themenfixierung: Obwohl der Comedian aus einer breiten Palette an Alltagsthemen frei auswählen kann, 345 bewegt sich der Act häufig nur innerhalb eines zu Beginn festgelegten Themen‐ bereichs, der jedoch sehr weit abgesteckt sein kann. Im analysierten Korpus verfährt insbesondere Andreu Buenafuente nach diesem Muster und wählt etwa Themenbereiche wie „Schwiegereltern“, „Arztbesuche“ oder „Lügen“. Der Comedian kann sich von diesem Kernbereich jedoch auch entfernen und ganz andere Themenfelder in den Blick nehmen. Wie bereits angedeutet, bewegen sich nicht alle Acts innerhalb eines solchen thematischen Rahmens, sondern bestehen bisweilen auch aus lediglich assoziativ verbundenen Einzelbeobach‐ 164 4 Monologisches Sprechen tungen. Vor diesem Hintergrund ist der Grad der Themenfixierung in der Stand-up-Comedy als insgesamt eher gering einzustufen. Um die zum Einsatz kommenden Versprachlichungsstrategien einzuordnen, ist es zunächst notwendig, die in der Kommunikationssituation zur Verfügung stehenden Kontexte zu identifizieren. Der situative Kontext spielt dabei ledig‐ lich eine untergeordnete Rolle, da hierzu nur der Comedian selbst und das anwesende Publikum gehören. Während aufgrund der fehlenden Vertrautheit zwischen Comedian und Publikum ein Zugriff auf individuelle Wissenskontexte nicht möglich ist, spielt der allgemeine Wissenskontext und hier insbesondere das mit bestimmten Alltagssituationen verbundene Weltwissen eine zentrale Rolle: Viele Beobachtungen des Comedians setzen ein Wissen um ggf. kultur‐ spezifische Frames voraus, ohne deren Kenntnis die damit verbundenen Witze ihre Wirkung verfehlen. Eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielt ferner der parasprachliche Kontext. Insbesondere prosodische Merkmale haben hier eine dahingehend diskursstrukturierende Funktion, als sie dazu beitragen, u.-a. die Punchline von Witzen zu markieren: One of the most striking and omnipresent characteristic [sic] of stand-up comedians’ performance is their use of intonation. The changes of pitch in their delivery is [sic] used not only to provide a varied and interesting tune to their script, but also […] to signpost the completion of jokes and create an invitation to laugh. (Rutter 1997, 232) Insbesondere im Hinblick auf die formale Gestaltung von Redewiedergabe ist in diesem Zusammenhang interessant, dass paraverbale Merkmale wie beispiels‐ weise die Stimmqualität bevorzugt zum Zwecke der Stilisierung eingesetzt werden. Wie Rutter (1997, 234) erläutert, dienen Veränderungen der Stimmqua‐ lität nicht nur dazu, die verschiedenen dargestellten Charaktere stimmlich zu charakterisieren, sondern haben darüber hinaus auch diskursstrukturierende Funktion, da sie einen Wechsel der Äußerungsebene anzeigen: Jokes […] told in a professional stand-up context, feature the adoption of accents, mimicry of vocal attributes, and the creation of characters through vocal qualities. These changes in voice act not only as indicators of who said what in the telling of a narrative but, in stand-up especially, as tools for ordering the interaction. Dem Comedian bieten sich dabei unterschiedliche Möglichkeiten, (nicht nur) prosodische Mittel einzusetzen: Einerseits kann er seine Bühnenpersönlichkeit 4.2 Monologische Diskurstraditionen 165 346 Rutter (1997, 234) bezeichnet diese Stand-up-spezifische Technik als „voice as a cos‐ tume“ und nennt als Beispiel etwa Rowan Atkinson in seiner Rolle als Mr. Bean. 347 Rutter (1997, 235) spricht in diesem Zusammenhang von „voice as prop“ und unter‐ streicht, dass diese Technik durchaus auch in Alltagsgesprächen verwendet wird. als solche mit spezifischen Merkmalen „ausstatten“. 346 Der Comedian spielt also während seines Auftritts die Rolle einer konkreten, von seiner privaten Persön‐ lichkeit klar unterscheidbaren Person mit „eigenen“ Stimmeigenschaften (z. B. Sprechtempo, Stimmlage etc.). Andererseits kann er spezifische prosodische Mittel beispielsweise auch nur im Rahmen kurzer wiedergegebener Passagen zur Charakterisierung einer dargestellten Person einsetzen. 347 Inwiefern der nonverbale Kontext eine Rolle spielt, ist sehr stark vom einzelnen Comedian abhängig. Während insbesondere bei Late-Night-Shows auftretende Comedians vor allem kinetische Mittel nur sparsam einsetzen, können bestimmte stereotype Bewegungen oder Körperhaltungen auch charak‐ teristisch für bestimmte Bühnenpersönlichkeiten sein. In jedem Fall ist jedoch der Rückgriff auf nonverbale Kontexte im Rahmen der Kommunikationssitua‐ tion ohne Einschränkung möglich und größtenteils auch üblich. Bezüglich des Planungsgrades der in Stand-up-Acts getätigten Äußerungen sei an dieser Stelle auf die oben bereits ausführlich dargestellten Überlegungen zum Grad der Spontaneität verwiesen: Trotz des hohen Grades an Vorbereitung, der die Acts auszeichnet, ist eines ihrer zentralen sprachlichen Merkmale der (fingiert) geringe Planungsgrad der Äußerungen. Der nachfolgende Beleg (104) macht deutlich, wie der Eindruck eines geringen Planungsgrades hergestellt wird: Der Comedian verwendet zunächst Diskursmarker mit Gliederungsfunk‐ tion wie bueno oder pues, um eine Anekdote einzuleiten, zu der er bereits im Vorfeld mehrfach angesetzt hatte. Er kommt dann jedoch scheinbar unabsicht‐ lich zunächst auf andere Themen zu sprechen. Zu dieser den Eindruck von „Zerstreutheit“ suggerierenden Strategie kommen gleich mehrere „Fehlstarts“, in deren Kontext zunächst eine - mit einem Diskursmarker eingeleitete - neue Äußerung beginnt, die er dann, z. T. aus nicht klar erkennbaren Gründen (vgl. „pueh dehde hace (.) dehde hace“) abbricht, um sie in der darauffolgenden Akzentphrase nochmals zu beginnen. - (104) bueno pues no somoh (.) eso (.) somoh en casa mamá papá loh cuatro hermanoh ESCRUFFI y P (.) bien (.) pueh dehde hace (.) dehde hace cuatro añoh (.) tenemoh un hermano (.) de cinco añoh (-) (COM_and_Ro_sue_027) 166 4 Monologisches Sprechen Abschließend kann festgehalten werden, dass die sprachliche Realisierung der Stand-up-Acts eindeutig einem nähesprachlichen Duktus verpflichtet ist, ob‐ wohl einige Kommunikationsbedingungen (allen voran der - allerdings bewusst verschleierte - niedrige Grad an Spontaneität) eigentlich auf Affinitäten zu dis‐ tanzsprachlicher Realisierung schließen lassen. Der nähesprachliche Charakter ergibt sich in erster Linie aus dem (fingierten) geringen Planungsgrad und in zweiter Linie aus dem großen Gewicht paraverbaler Kommunikationskontexte. - 4.2.1.3 Mehrfachadressierung und mediale Verfasstheit Nachfolgend widmen wir uns zwei Besonderheiten der Kommunikationssitua‐ tion, die nicht nur die im Korpus vertretenen Stand-up-Acts, sondern in gleicher Weise auch die Predigten sowie die wissenschaftlichen Vorträge betreffen, weshalb wir die Problemstellung hier exemplarisch für alle drei Textsorten diskutieren: Erstens stützt sich unsere Korpusanalyse auf von Dritten angefer‐ tigte Videos der Monologe und nicht auf die Monologe selbst. So handelt es sich beispielsweise im Falle der Stand-up-Acts um Fernsehaufzeichnungen, die in Form einzelner Videoclips auf den YouTube-Kanälen der jeweiligen Fernsehsender eingestellt wurden. Bei den Predigten wurden die Aufnahmen von den jeweiligen Kirchen produziert und zu Missionszwecken sowohl auf ihren jeweiligen Homepages verlinkt als auch - dies gilt v. a. für Dante Gebel - auf ihrem YouTube-Kanal eingestellt. Schließlich wurden die Videoaufnahmen der wissenschaftlichen Vorträge von den Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit derjenigen Universitäten angefertigt, an denen die jeweiligen Tagungen statt‐ fanden. Die Videos wurden im Anschluss entweder auf den YouTube-Kanälen der einzelnen Universitäten oder auf eigens zur Bewerbung der Tagungen eingerichteten Homepages ins Internet gestellt. Die Kommunikationssituation ist damit angesichts ihrer medialen Verfasst‐ heit komplexer als im vorangegangenen Kapitel zunächst dargestellt. Im Vor‐ feld der Korpusanalyse muss deshalb geklärt werden, ob die Analyse dieser spezifischen medial vermittelten „Exemplare“ der drei Diskurstraditionen mög‐ licherweise den Blick auf die Diskurstraditionen selbst verfälscht. Sollte sich herausstellen, dass bestimmte für die Analyse relevante Aspekte lediglich in verzerrter Form sichtbar werden, hätte dies zur Konsequenz, dass jene in der Auswertung bestenfalls eine marginale Rolle spielen könnten. Um beurteilen zu können, inwiefern die mediale Vermittlung entsprechender „Exemplare“ der Diskurstraditionen die nachfolgende Analyse beeinflusst, muss weiterhin geklärt werden, ob sich hinsichtlich der Verfügbarkeit nonverbaler Kontexte Unterschiede für den absenten Zuschauer im Vergleich zum koprä‐ 4.2 Monologische Diskurstraditionen 167 348 Hinsichtlich des Parameters der Situationseinbindung können sich selbstverständlich deutliche Unterschiede zwischen Saal- und medialem Publikum ergeben. Da der Parameter der Situationseinbindung jedoch in Bezug auf alle drei betrachteten Dis‐ kurstraditionen keine zentrale Rolle spielt (s. Kap. 4.2), kann er hier vernachlässigt werden. 349 Vgl. Brodie (2009, 158) zur spezifischen Gestaltung eingeblendeter Videoaufnahmen. senten Zuschauer ergeben. 348 Konkret geht es also einerseits um die Frage, ob der kopräsente Zuschauer andere Dinge zu sehen bekommt und ihm damit möglicherweise ein vollständigeres Bild der Situation vermittelt wird als dem medialen Zuschauer (und mit ihm den „Korpusanalysten“), dem ggf. bestimmte Perspektiven vorenthalten werden. Hiermit in unmittelbarem Zusammenhang steht andererseits die Frage, ob dem medialen Zuschauer durch die Kamerafüh‐ rung, die gewählten Bildausschnitte sowie den Schnitt der Eindruck vermittelt wird, er sei lediglich ein externer, unbeteiligter Beobachter der dargestellten Kommunikationssituation oder ob er sich ähnlich direkt angesprochen fühlt wie der kopräsente Zuschauer. Auch in diesem Punkt divergieren die einzelnen Diskurstraditionen: Für die evangelikalen Predigten besteht in Bezug auf die Verfügbarkeit insbesondere des nonverbalen Kontextes kein nennenswerter Unterschied zwischen dem kopräsenten und dem medialen Zuschauer. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass die Säle, in denen die Gottesdienste stattfinden, meist so groß sind, dass ein Großteil des Publikums den Prediger ohnehin nur auf der Saalleinwand richtig sehen kann. 349 Da die Internetvideos die meiste Zeit den Prediger aus verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Bildausschnitten zeigen, ergibt sich in keiner der beiden Kommunikationssituationen ein signifikanter Informationsvorsprung bzw. ein diesbezügliches Defizit. Ausnahmen bilden die - allerdings sehr punktuellen - Kameraschwenks zum Saalpublikum sowie die lediglich in den Predigten von Cash Luna eingeblendeten Bibelzitate, während derer der Prediger zwar weiterspricht, jedoch nicht im Bild zu sehen ist. Ganz anders gestaltet sich die Situation in der Stand-up-Comedy: Bei den für ein Fernsehpublikum produzierten Acts spielt das Saalpublikum eher die Rolle eines „Sparringpartners“ für den Comedian, den (insbesondere averbal) primären Adressaten stellt das Fernsehbzw. Internetpublikum dar. Da der Comedian häufig direkt in die Kamera spricht, von der er - zumindest im Falle der Late-Night-Show - zeitweise sogar verdeckt wird (vgl. Abb. 12), das Saalpublikum jedoch das Kamerabild nicht sehen kann, hat in diesem Fall das Fernsehpublikum einen gewissen „Informationsvorsprung“ und fühlt sich möglicherweise direkter angesprochen als die kopräsenten Zuschauer. 168 4 Monologisches Sprechen Abb. 12: Standbild aus Andreu Buenafuentes Stand-up-Act El ascensor Wiederum anders ist die Sachlage im Hinblick auf die wissenschaftlichen Vorträge: Insbesondere in den Fällen, in denen der Vortrag von einer Power‐ Point-Präsentation begleitet wird, ergeben sich für das Internetpublikum durch die Videoproduktion bedingte Bildausschnitte, die eher verwirren als dass sie zum besseren Verständnis beitragen würden. Peters (2011, 158) erläutert, inwie‐ fern dies für die medial vermittelte Kommunikationssituation problematisch ist: In vielen Vortragsvideos wird […] abwechselnd entweder der Vortragende oder die Projektion gezeigt. Nicht selten wird lediglich der Vortragende filmisch erfasst und zusätzlich die „Präsentation“ als solche online gestellt, wobei beide in ihrem Ablauf synchronisiert werden. Dies hat - signifikanterweise - den Nachteil, dass die Dokumentation den Zusammenhang zwischen Sagen und Zeigen auflöst und beide Elemente neu nebeneinander anordnet. Die Zeigegesten des Vortragenden auf seine „Präsentation“ gehen ins Leere. Nicht transportiert wird außerdem, wie die projizierte „Präsentation“ das Live-Szenario des Vortrags rahmt. Im Zuge der medialen Transposition werden Sagen und Zeigen auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt. Der performative Zusammenhalt wird unterbrochen, und zwar in vielerlei Hinsicht - räumlich, zeitlich und personell. Dies geschieht meist rein technisch und im Nachhinein, denn Video-Lectures sind in der Mehrzahl lediglich abgefilmte Live-Szenarios, die ihr Nachleben im Internet nicht von vornherein in 4.2 Monologische Diskurstraditionen 169 350 Es handelt sich hierbei um den Vortrag von Fernando Guzmán. 351 Ähnlich vgl. auch Kühn (1995, 95): „trialogische Kommunikation“, z. B. von Politikern bzw. von „triadischer Kommunikationskonstellation (S. 40), z. B. wenn Politiker „zum Fenster hinaus reden“, wenn sie untereinander ein Gespräch führen, das vor den Augen und Ohren der Öffentlichkeit stattfindet. Rechnung stellen. Entsprechend wird kaum reflektiert, wie die Unterbrechung des performativen Zusammenhalts sich auf die Produktion von Evidenz auswirkt. Im einzigen Vortrag des Korpus, der von einer PowerPoint-Präsentation begleitet wird, 350 gestaltet sich das Zusammenspiel zwischen Vortrag und Präsentation so, dass ungefähr an der Stelle, an der der Vortragende eine neue Folie einblendet, für die Dauer von fünf bis zehn Sekunden ausschließlich die entsprechende Folie im Bild zu sehen ist. In diesen Abschnitten ist also der Vortragende weiterhin zu hören, die nonverbale Gestaltung seiner Äußerungen bleibt dem Internetpublikum jedoch vorenthalten. Die zweite im vorliegenden Kapitel zu diskutierende Problemstellung betrifft unterschiedliche Formen der Mehrfachadressierung, die die untersuchten „Ex‐ emplare“ der Diskurstraditionen insbesondere im Hinblick auf Phänomene der ‚Partnerzuwendung‘ charakterisieren und damit den Parameter der „Di‐ alogizität (im weiteren Sinne)“ beeinflussen können. In allen Fällen ergibt sich aufgrund der medialen Verfasstheit eine Kommunikationssituation, die Maingueneau (2009, 38-39) in seiner Fallstudie zu einer Fernsehpredigt als trilogue bezeichnet hat: 351 Der Sprecher wendet sich nicht nur an die kopräsente Zuhörerschaft, sondern auch an ein i. d. R. wesentlich umfangreicheres Fernsehbzw. Internetpublikum. Dieselbe Problematik wird auch unter dem Begriff der Mehrfachadressierung etwa bei Kühn (1995) diskutiert (s. a. Hennig 1996), an dessen Terminologie wir uns im Folgenden orientieren. Zur Bestimmung der Adressaten einer bestimmten Textsorte lässt sich zu‐ nächst differenzieren zwischen Adressierungsformen und Adressierungsarten. Adressierungsformen betreffen die (nicht nur sprachliche) Kennzeichnung der Adressaten durch den Sprecher (vgl. Kühn 1995, 106-108), während Adressie‐ rungsarten auf die Absichten, Intentionen oder den Willen des Sprechers Bezug nehmen (vgl. Kühn 1995, 108-110). Wie aus dem Schema in Abb. 14 deutlich wird, kann ein Sprecher die Adressaten seiner Äußerung explizit oder nur implizit kennzeichnen. Im Falle impliziter Adressierungen wie in der Äußerung Hier könnte wirklich mal wieder geputzt werden! liegen keinerlei Kontaktsignale vor. Eine explizite Kennzeichnung kann verbal oder averbal, etwa über Blicke, Gesten oder die Ausrichtung der Körperachse erfolgen. Liegt eine verbale 170 4 Monologisches Sprechen 352 Hier bestehen deutliche Parallelen zu Goffmans Konzept des overhearer, der eine (ihn nicht näher betreffende) Äußerung zufällig mithört (vgl. Goffman 1981, 132). 353 An dieser Stelle ergeben sich Parallelen zu Goffmans eavesdropper, der „unautorisiert“ bestimmte Äußerungen belauscht (vgl. Goffman 1981, 132). Adressierung vor, so kann sie direkt, etwa über Pronomina oder Anredeformen, oder indirekt, beispielsweise mit Hilfe von Appellativa, markiert werden. Abb. 13: Adressierungsformen nach Kühn (1995, 106-108) Daneben unterscheidet Kühn (1995, 108-110) drei Adressierungsarten: Eine Äußerung kann sich an einen gemeinten Adressaten, an einen in-Kauf-genom‐ menen Adressaten oder an einen nicht-bedachten Adressaten richten. Hierbei stellt der gemeinte Adressat den (willentlich und wissentlich) intendierten Adressaten dar, der in-Kauf-genommene Adressat hat den Status eines von der Äußerung nicht weiter betroffenen „Mithörers“ 352 , während der nicht-bedachte Adressat (vom Sprecher ungewollt) „Ohrenzeuge“ der Äußerung wird bzw. diese ggf. sogar unbemerkt belauscht. 353 Der „kommunikative Normalfall“ (Kühn 1995, 111) besteht darin, dass expliziter, direkt angesprochener und gemeinter Adressat kongruieren. Auch Mehrfachadressierungen können in unterschiedlichen Ausprägungen vorliegen: Kühn (1995, 36) unterscheidet zunächst zwischen sukzessiven Mehr‐ fachadressierungen, die sich „nach und nach an verschiedene Adressaten richten“ einerseits und simultanen Mehrfachadressierungen, die „sich mit ein und derselben Textpassage gleichzeitig an verschiedene Adressaten wenden“ andererseits. Darüber hinaus differenziert er zwischen offenen Mehrfachadres‐ sierungen, deren Adressaten evident sind, und verdeckten Mehrfachadressie‐ 4.2 Monologische Diskurstraditionen 171 354 Verdeckte Mehrfachadressierungen treten beispielsweise in Kommunikationssituati‐ onen auf, in denen bestimmte Adressaten über Inhalt oder Zweck der (bisweilen kodierten) Äußerung getäuscht werden sollen. Kühn führt in diesem Zusammenhang das Beispiel von Arbeitszeugnissen an. 355 Auf die Frage nach der zeitlichen Abfolge der Rezeption werden wir in der Folge noch einmal zu sprechen kommen. rungen, 354 bei denen sich z. B. ein „Scheinadressat“ und beobachtender Adressat, der den eigentlichen Empfänger der Botschaft darstellt, gegenüberstehen. Überträgt man nun dieses für die detaillierte Analyse der vorliegenden Kommunikationssituationen sehr nützliche begriffliche Inventar auf die drei im Korpus vertretenen Diskurstraditionen, so ergibt sich folgendes Bild: In allen drei Fällen liegt eine offene simultane Mehrfachadressierung vor. 355 Weiterhin handelt es sich sowohl beim kopräsenten Publikum als auch beim Fernsehbzw. Internetpublikum um gemeinte Adressaten. Die drei Diskurstraditionen unterscheiden sich also ausschließlich hinsichtlich der auftretenden Adressie‐ rungsformen: Die vortragenden Wissenschaftler richten sich verbal zu keinem Zeitpunkt an das abwesende Publikum, sondern sprechen in der Einleitungs‐ sequenz (vgl. Beleg [105]) lediglich das kopräsente Vortragspublikum an. Da sie, schon aus rechtlichen Gründen, der Veröffentlichung der Videoaufnahmen zugestimmt haben müssen, ist ihnen die Existenz des Internetpublikums, das hier nur implizit adressiert wird, jedoch durchaus bewusst. Im Unterschied dazu werden vorrangig für ein Fernsehpublikum produ‐ zierte Stand-up-Acts von einem Moderator angekündigt, der zu Beginn der Sendung neben dem Saalpublikum in erster Linie das Fernsehpublikum be‐ grüßt. Der Comedian selbst begrüßt hingegen nur das Saalpublikum. Der eine Late-Night-Show einleitende Stand-up-Act stellt hier eine Ausnahme dar, da der Comedian in seiner Rolle als Moderator der gesamten Show auch die Fern‐ sehzuschauer begrüßt. Der folgende Beleg zeigt, dass lediglich der Verweis auf den Aufzeichnungsort Barcelona sich ausschließlich an die Fernsehzuschauer richtet. Die einzige direkte Adressierung „les (prometo)“ bezieht sich sowohl auf das Saalals auch auf das Fernsehpublikum. - (105) buenas noches (--) buenas noches= =mucha(s) gracias (mu)chas gracias (-) buenas noches desde barcelona (-) ya: : (--) le: : s prometo una: : : (.) buena noche de televisión= =al menos lo vamos a intentar (-) (COM_cas_Bue_asc_001) 172 4 Monologisches Sprechen Ähnlich gelagert ist die Situation in den analysierten evangelikalen Predigten: Hier begrüßt der Prediger, unterstützt durch den Applaus der kopräsenten Zu‐ hörer, zu Beginn der Predigt das Internet- und Fernsehpublikum, wie etwa Beleg (106) illustriert. Da die absenten Zuschauer ausschließlich über Appellativa adressiert werden („la gente“), liegt hier eine indirekte Adressierung vor. - (106) un aplauso a la gente que nos ven en casa= =aquí es casa de dios su casa (-) lo estamos esperando venga acá (-) a (.) visítenos yo sé que va a tener una buena experiencia= =con dios su presencia y su palabra (-) (PREV_Lu_amor_007) Im weiteren Verlauf wird in keiner der drei Textsorten das Fernsehbzw. Internetpublikum noch ein weiteres Mal angesprochen. Bisweilen finden jedoch Adressierungen auf nonverbaler Ebene statt. Im untersuchten Korpus sind alle Formen der expliziten averbalen Adressierung auf die Stand-up-Acts be‐ schränkt: Die Comedians blicken regelmäßig direkt in die Kamera (vgl. Abb. 14) und sprechen damit den Fernsehzuschauer unmittelbar an. Abb. 14: Standbild aus Andreu Buenafuentes Stand-up-Act El ascensor Ausschließlich dem kopräsenten Saalpublikum gewidmet sind hingegen Ver‐ beugungen des Comedians zu Beginn seines Auftritts. In den übrigen beiden 4.2 Monologische Diskurstraditionen 173 356 Im Einzelfall besteht natürlich die Möglichkeit, dass beispielsweise ein Comedian sich in erster Linie an das Fernsehpublikum richtet und das kopräsente Saalpublikum als Adressat in den Hintergrund tritt. Textsorten werden ausnahmslos die kopräsenten Zuschauer averbal adressiert - wie bereits angedeutet, ist diese Form der Adressierung in den wissenschaftli‐ chen Vorträgen nur sehr schwach ausgeprägt und beschränkt sich auf wenige flüchtige Blicke ins Publikum. Das abwesende Publikum zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass es vom Sprecher mehr oder weniger weit entfernt ist und dass die Rezeption zeitlich z. T. stark versetzt stattfindet. Ein mit der Mehrfachadressierung nur indirekt in Zusammenhang stehender Aspekt betrifft die Rezeptionsmodalitäten, die sich aus der „Konservierung“ der Performance ergeben: Das Internetpublikum hat die Möglichkeit, die einzelnen Videos jederzeit anzuhalten und bestimmte Sequenzen nach Belieben zu wiederholen, was den linearen Charakter der ursprünglichen Äußerung zumindest teilweise außer Kraft setzt. Für die Korpusanalyse ergeben sich aus den soeben angestellten Überle‐ gungen Konsequenzen in zweifacher Hinsicht: Erstens muss natürlich die mediale Vermittlung als Charakteristikum der Kommunikationssituation be‐ rücksichtigt werden: Für alle drei Textsorten vergrößert sich das Publikum z. T. in erheblichem Maße. Darüber hinaus gelten für das Fernseh- und Internetpub‐ likum andere Kommunikationsbedingungen als für das kopräsente Publikum: Es besteht sowohl räumliche als auch zeitliche Distanz zwischen medialem Publikum und Sprecher, was jegliche Kooperationsmöglichkeit ausschließt und damit den - ohnehin nur schwach ausgeprägten - Dialogizitätsgrad (s. o.) deut‐ lich senkt. Alle genannten Aspekte haben jedoch insofern keinerlei Einfluss auf konzeptioneller Ebene, als das mediale Publikum ja lediglich zum kopräsenten Publikum hinzutritt und letzteres nicht etwa ersetzt. 356 Zweitens beeinflusst die mediale Verfasstheit der Korpusdaten insbesondere die Analyse von wiedergegebenen Passagen immer dann, wenn - aufgrund von Kameraschwenks ins Publikum oder aufgrund der Einblendung von Zitaten oder PowerPoint-Folien - der Sprecher nicht im Bild zu sehen ist. Im Hinblick auf die Untersuchung der nonverbalen Markierung von Redewiedergabe müssen deshalb aus technischen Gründen bisweilen Abstriche gemacht werden bzw. bestimmte Belege können dort nicht berücksichtigt werden. Da jedoch die Analyse der nonverbalen Markierung (vgl. Kap. 3.4 sowie Kap. 6.3.2) lediglich einen Teilaspekt der Korpusstudie darstellt und die Beeinträchtigungen nur punktueller Natur sind, ergibt sich hier keine entscheidende Verzerrung im Hinblick auf die Auswertung. 174 4 Monologisches Sprechen 357 S.-a. den Sammelband von Greule/ Kucharska-Dreiß (2011). 358 Im Französischen lässt sich mit den Bezeichnungen homélie und sermon zwischen Homilie und dogmatischer Predigt differenzieren (vgl. Maingueneau 2009, 46), im Spanischen hingegen scheint zwischen homilía und sermón kein derartiger Bedeutungs‐ unterschied zu bestehen (vgl. DRAE 2014 s.-v. S E R M Ó N und H O M I L Í A ). 359 Die genannten Predigttypen unterscheiden sich damit einerseits im Hinblick auf ihre Adressaten und andererseits hinsichtlich ihrer inhaltlichen Schwerpunkte. Diese Unterschiede haben lediglich begrenzten Einfluss auf die jeweiligen Kommunikations‐ bedingungen und die relevanten Versprachlichungsstrategien, so dass hier keineswegs unterschiedliche Diskurstraditionen vorliegen. Jedoch plädieren wir dafür, die evange‐ likale Predigt als von der traditionellen christlichen Predigt in zahlreichen Aspekten zu differenzierende (s.-u.) eigenständige Diskurstradition anzusehen. 4.2.2 Predigten - 4.2.2.1 Zum Forschungsstand Die sprachliche Gestaltung religiöser Texte wird seit den 1980er Jahren im Rahmen der sog. Theolinguistik  357 analysiert, die sich der „Untersuchung der Sprache von Bibelgelehrten, Theologen und anderer mit Religionstheorie und -ausübung befasster Personen“ (Crystal 1993, s.-v. T H E O LIN G U I S TIK ) widmet. Die im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stehende religiöse Text‐ sorte der Predigt kann ihrerseits folgendermaßen definiert werden: 1) The sermon is essentially an oral discourse, spoken in the voice of a preacher who addresses an audience, 2) to instruct and exhort them, 3) on a topic concerned with faith and morals and based on a sacred text. (Kienzle 2000, 151) Während die hier genannten inhaltlichen und sprechakttheoretischen Definiti‐ onskriterien als weitgehend unstrittig gelten können, wird insbesondere die Annahme, es handle sich bei Predigten um „oral discourse“, noch zu problema‐ tisieren sein (s. u.). Auch die genaue Zusammensetzung der Zuhörerschaft muss im Rahmen von alle drei Textsorten betreffenden medienbezogenen Überlegungen (s.-Kap. 4.3) spezifiziert werden. Je nach Zielsetzung und Gestaltung lassen sich verschiedene Predigttypen unterscheiden (vgl. Grabner-Haider 1975, 133): So wendet sich beispielsweise die missionarische Predigt im Gegensatz zur Gemeindepredigt an (noch) nicht Glaubende. Die Textpredigt bzw. Homilie nimmt Bezug auf einen Bibeltext, die sog. Perikope, während sich die thematische bzw. dogmatische Predigt auf ein dogmatisches Thema bezieht. 358 Die Situationspredigt schließlich nimmt die Lebenssituation der Hörer zum Ausgangspunkt. 359 Untersuchungen zur sprachlichen Gestaltung von Predigten stammen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen. Eine zentrale Rolle spielen in diesem Zu‐ 4.2 Monologische Diskurstraditionen 175 360 Vgl. die Überblicksdarstellung von Wöhrle (2006), der neben rhetorischen Analysen auch sprechakttheoretische und semantische Zugänge zur Predigtanalyse vorstellt. 361 Grundlegende Überlegungen zur textlinguistischen Analyse von Predigten finden sich bereits bei Hartmann (1974). 362 Auch bei Léon (2005) finden sich knappe Beobachtungen zum phonostyle der Predigt. 363 Dieses Ergebnis bestätigt u.-a. die Untersuchung von Wichmann (1996, 180). sammenhang Konzepte aus dem Bereich der Rhetorik - hier existiert die entsprechende Teildisziplin der Homiletik (vgl. Engemann 2011), die vorrangig die formale Gestaltung von Predigten in den Blick nimmt und beispielsweise deren Gliederung in unterschiedliche Abschnitte untersucht (vgl. z. B. Cheong 1999 oder Pfefferkorn 2005). Daneben stammen zahlreiche Untersuchungen auch aus linguistischen Teil‐ disziplinen, 360 beispielsweise aus der Textlinguistik, die sich etwa für die „nar‐ rative Themenentfaltung“ von Predigten interessiert (vgl. Brinker 1998). 361 Auch im Bereich der Diskursanalyse finden sich Studien zur Textsorte der Predigt: So interessieren sich beispielsweise Callender/ Cameron (1990) für Hörersignale von Seiten der Gemeinde, speziell in Pfingstkirchen. Ethelston (2009) hingegen untersucht das Phänomen der Polyphonie am Beispiel evangelikaler Predigten und beschreibt das dort häufig genutzte Stilmittel, Einstellungen in Form unter‐ schiedlicher Standpunkte als „misguided voices“ und „wise voices“ miteinander in Dialog treten zu lassen. Weiterhin wird die Textsorte Predigt bisweilen auch aus soziolinguistischer Perspektive beleuchtet, um beispielsweise Unterschiede zwischen Predigerinnen und Predigern herauszuarbeiten (vgl. Smith 1993). Darüber hinaus liegen einige sprechakttheoretische Predigtanalysen vor, die zumeist die in der eingangs zitierten Definition genannten Aspekte bestätigen bzw. spezifizieren. So ordnet beispielsweise Pfefferkorn (2005) die Predigt den direktiven Textsorten zu und unterstreicht dies mit folgender Beobachtung aus seinem Korpus protestantischer Predigten des 17. Jh.s: Sämtliche Predigten enden […] mit einem appellativen Teil, der die Zuhörer/ Leser auffordert, die sich aus den vorgestellten Lehren ergebenden Konsequenzen für sich anzuerkennen und ihnen zu folgen. (Pfefferkorn 2005, 383) Ein im Rahmen der vorliegenden Untersuchung besonders wichtiger Schwer‐ punkt linguistischer Analysen betrifft die prosodische Gestaltung von Pre‐ digten. Eine sehr frühe und bis heute breit rezipierte Analyse des spezifischen „Predigttons“ findet sich bei Crystal (1969), der die „voice stereotypes“ un‐ terschiedlicher Berufsgruppen und Diskurstraditionen beschreibt. 362 In Bezug auf den „liturgical style“ identifiziert er insbesondere das Vorliegen kurzer Phrasen als charakteristisch. 363 Während sich Crystals Analyse auf katholische 176 4 Monologisches Sprechen Predigten in Großbritannien stützt, betrachtet Gumperz (1982, 192) hauptsäch‐ lich afroamerikanische Predigten und identifiziert in den einzelnen Abschnitten unterschiedliche Stile. Für den deklamatorischen Stil, der Passagen kennzeichnet, in denen das Wort Gottes wiedergegeben wird, nennt er als charakteristische Merkmale, ähnlich wie bereits Crystal, einerseits das Vorliegen kurzer Into‐ nationsphrasen, deren Grenzen nicht unbedingt parallel zur syntaktischen Struktur verlaufen. Diese Ebene der „höchsten emotionalen Emphase“ (Raith 1999, 59) ist andererseits geprägt durch das Fehlen kontrahierter Silben und das Vorliegen von Primärbetonungen auf mehreren Verben der Phrase, das eine Art „Stakkato-Effekt“ (Raith 1999, 59) nach sich zieht. Daneben finden sich Passagen in einem als expositorisch gekennzeichneten Stil, die sich durch deutlich längere Intonationseinheiten auszeichnen. Spezifisch für die untersuchten afroamerika‐ nischen Predigten ist schließlich der folk style, der ein „phonologisches und lexikalisches Codeswitching entlang des Schwarz-Weiß-Dialektkontinuums“ (Raith 1999, 59) aufweist. Neben den drei genannten Stilen ist noch eine weitere prosodische Konfi‐ guration von Interesse, die das Vorlesen von Bibelpassagen betrifft. Crystal (1976, 23) charakterisiert das prosodische Inventar vorgelesener Bibelpassagen in katholischen Gottesdiensten in Großbritannien wie folgt: The regularity of the speed and rhythm, the tendency of intonation to follow the punctuation, the predictable occurrence of length and pauses, the avoidance of pro‐ sodic and paralinguistic feature to express extremes of attitude or characterization… the use of lengthy tone units and pitch-range „paragraphs“ to impose structural organization upon the text. Damit unterscheiden sich die vorgelesenen Passagen deutlich sowohl von den Passagen im deklamatorischen als auch von denen im expositorischen Stil. Raith (1999, 61) weist darüber hinaus auch Unterschiede auf nonverbaler Ebene hin: Das Vorlesen aus der Bibel ist recht monoton und weniger emotional und expressiv […]. Auch die kinesische Begleitung signalisiert dies: [D]er Vorleser und seine Zuhörer bewegen sich wenig, sitzen wie „gefroren“. Abgesehen von diesen knappen Überlegungen zur prosodischen Realisierung wiedergegebener Bibelpassagen liegen unseres Wissens bislang keinerlei Ana‐ lysen zur Rolle und Ausgestaltung von Redewiedergabe in der Textsorte Predigt vor. 4.2 Monologische Diskurstraditionen 177 364 Hochgeschwender (2017, 27-28) definiert die religiöse Strömung des Evangelikalismus anhand von vier „Kernpunkten“: „1. Das Konversionserlebnis, also die Abkehr von Sünde und Selbstzentriertheit hin zu Jesus Christus als persönlichem Erlöser. 2. Die 4.2.2.2 Zur Kommunikationssituation Die nachfolgende Beschreibung der Kommunikationssituation konzentriert sich auf zwei Aspekte: Zum einen soll die Frage diskutiert werden, ob es sich bei Predigten tatsächlich um eine als „mündlich“ zu charakterisierende Textsorte (s. o.) handelt. Zum anderen soll die vom katholischen und protestantischen Kontext z. T. erheblich abweichende Kommunikationssituation evangelikaler Predigten vorgestellt werden. Grundsätzlich steht das medial phonische Profil der Diskurstradition „Pre‐ digt“ außer Frage. Unklar ist bisweilen jedoch, ob der Predigt eigentlich eine schriftlich verfasste Version zugrunde liegt, die dann während des Gottes‐ dienstes lediglich vorgelesen wird. Vor diesem Hintergrund bezeichnen Cla‐ ridge/ Wilson (2002, 25) sie als „Mischform“, wie sie anhand zweier Fallbeispiele illustrieren: Sermons represent an interesting text type for two main reasons. First, they are at the crossroads between orality and literacy. […] sermons can actually be oral, or written, or a mixture of both, […]: for instance, to take just two extreme cases, J. H. Newman simply read out his detailed manuscripts verbatim, whilst C. H. Spurgeon preached completely extempore and had transcriptions made only for publication […]. Maingueneau (2009) geht ebenfalls davon aus, dass (zumindest den von ihm untersuchten katholischen) Predigten ein fertig ausgearbeitetes Manuskript zugrunde liegt. Die für die Predigt charakteristische „oralité élaborée“ (Maingueneau 2009, 41) zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass das Vorlesen als solches nicht allzu deutlich werden sollte: „Même si le sermon est rédigé au préalable, le prédicateur doit donc donner l’impression de parler avec naturel, comme si la parole lui était dictée par le Saint-Esprit“ (Maingueneau 2009, 42). Im Gegensatz zu traditionellen katholischen Predigten werden die im Korpus vertretenen evangelikalen Predigten nicht in extenso vorgelesen. Die Video‐ aufnahmen zeigen jedoch, dass den Predigern ein Manuskript vorliegt, auf dem vermutlich eine Art Gliederung oder eine Abfolge von Themen sowie die vorzutragenden Bibelstellen verzeichnet sind - letztere stellen das einzige tatsächlich vorgelesene Element dar. Auch im Hinblick auf andere Aspekte der Kommunikationssituation unter‐ scheiden sich evangelikale Predigten z. T. erheblich von anderen christlichen Varianten der Diskurstradition: Ein grundlegendes Merkmal des Evangelika‐ lismus 364 besteht darin, dass Missionsaktivitäten eine zentrale Rolle spielen 178 4 Monologisches Sprechen Zentralität der Bibel […] in sämtlichen Lebensbereichen. 3. Religiöser und soziokultu‐ reller, aber auch ökonomischer und politischer Aktivismus […]. 4. Die Zentralität des Kreuzes und des Kreuzestodes Jesu Christi für die Erlösung des Selbst und der Welt.“ In Lateinamerika überwiegt der sog. charismatische Evangelikalismus, der mehrheitlich in Form der (Neo-)Pfingstbewegung auftritt (vgl. Köhrsen 2017, 131). Da eine eindeu‐ tige Abgrenzung zwischen evangelikalen und neo-pfingstlichen Bewegungen äußerst problematisch ist (vgl. Hochgeschwender 2017, 27-28), soll im Folgenden der Begriff Evangelikalismus als Oberbegriff für beide Strömungen verwendet werden. Speziell zu neo-pfingstlichen Bewegungen in Guatemala s. García Ruiz (2004), Althoff (2005) sowie Freston (2001). Zur Geschichte der Pfingstbewegung s. Schäfer (2009b) und Köhrsen (2017). Ein soziologisches Profil der Anhänger findet sich bei Schäfer (2015). 365 Zum Aufbau neopfingstlicher Laienpredigten in Guatemala s. Thorsen (2015, 99). 366 Althoff (2005, 314) unterstreicht die analoge Schwerpunktsetzung lateinamerikanischer neupfingstlicher Gemeinden mit dem Hinweis darauf, dass viele dieser Kirchen eigene Fernsehkanäle betreiben, zu denen beispielsweise auch der Kanal Casa de Dios gehört, über den die Predigten des in unserem Korpus vertretenen Predigers Cash Luna verbreitet werden. S. a. Schäfer (2015). Im Übrigen hat inzwischen vermutlich das Internet als Verbreitungsmedium für die Predigten dem Fernsehen den Rang abgelaufen (vgl. Köhrsen 2017, 134). (vgl. Schäfer 2009a, 502-503 sowie Köhrsen 2017, 131) - dies wirkt sich selbst‐ verständlich auch auf Ziele und Inhalte der Gottesdienste aus. Die Predigten richten sich also nicht ausschließlich an bereits etablierte Gemeindemitglieder und Gläubige, sondern explizit auch an noch nicht Gläubige, die von der Notwendigkeit einer Konversion noch überzeugt werden müssen. Sie sind infolgedessen in die Kategorie der missionarischen Predigt einzuordnen. 365 Aus dem missionarischen Charakter der Predigten ergibt sich auch die ent‐ scheidende Rolle, die die mediale Aufbereitung der Gottesdienste und ihre dem‐ entsprechende Verbreitung spielen. So beschreibt Bayer (2009, 107) die-- in allen Punkten mit den Predigten im untersuchten Korpus vergleichbare 366 - mediale Ausgestaltung charismatischer Predigtgottesdienste in den USA folgendermaßen: Predigtgottesdienste […] sind zugleich für die Ausstrahlung im Fernsehen konzipiert. Sie werden professionell rhetorisch gestaltet und im Hinblick auf Akzeptanz und mediale Wirksamkeit inszeniert. Die Predigten bilden den Kern der Gottesdienste; die wenigen, aber bedeutsamen Rituale (gemeinsames Sprechen, Bekenntnis, Applaus für den Prediger […]) sind in die Predigten integriert. Die Predigten unterscheiden sich in ihrer medienwirksamen Ausrichtung und ihrer Zielsetzung erheblich von traditionellen europäischen Predigten: Sie verbinden religiöse Aussagen mit alltags‐ psychologischer Lebenshilfe; sie präsentieren auch die religiösen Aussagen nicht als ehrfurchtgebietende Wahrheiten, sondern als Ermunterungen und Tröstungen […]. Damit unterscheidet sich im Übrigen die Rolle des Predigers auch deutlich von derjenigen „traditioneller“ katholischer oder protestantischer Geistlicher. So 4.2 Monologische Diskurstraditionen 179 367 Eine detaillierte Beschreibung des Phänomens der Megachurches findet sich u. a. bei Hutchinson/ Wolffe (2012, 262) sowie bei Goh (2008). macht etwa Schäfer (2009, 482) deutlich, dass die Vertreter der „traditionellen“ Kirchen zum Establishment der lateinamerikanischen Gesellschaften gehören, während sich die Mitglieder evangelikaler Kirchen eher in einer Art „Oppositi‐ onsrolle“ wiederfinden: Die religiöse Oppositionsgruppe […] dagegen - häufig sektiererischer niederer Klerus und intellektueller Kleinbürger - bringt oppositionelle Religiosität zur Sprache und vertritt oft gesellschaftliche Positionen, die um den Aufstieg kämpfen. Insbesondere der „Prophet“ muss auf die Organisation und Disziplinierung der Mitglieder achten, um aus seiner subordinierten Position heraus hinreichend schlagfertig zu sein. Dazu gehört auch, das Ohr am Volk zu haben beziehungsweise „dem Volk aufs Maul zu schauen“. Diese grundlegend andere Konzeption der Predigerrolle deutet darauf hin, dass sich auch die sprachliche Gestaltung evangelikaler Predigten in z. T. erheblichem Maße von derjenigen „traditioneller“ Predigten unterscheidet und damit die Annahme einer eigenständigen Diskurstradition rechtfertigt. Die Predigt stellt das zentrale Element des evangelikalen Gottesdienstes dar, sie ist meist wesentlich umfangreicher als „traditionelle“ Predigten: Während katholische oder protestantische Predigten selten länger als zehn Minuten dauern, sind evangelikale Predigten i. d. R. auf eine Dauer zwischen 30 und 45 Minuten angelegt. Charakteristisch für größtenteils in sog. Megachurches  367 stattfindende evangelikale Gottesdienste ist darüber hinaus ihr „Eventcha‐ rakter“, den Althoff (2005, 262) mit der Atmosphäre von Konzertveranstaltungen vergleicht: Die Gottesdienste finden in großen Auditorien, ehemaligen Theater- oder Kinosälen statt. Mehrere Tausend Menschen pilgern, meist am Sonntag, zu diesen Veranstal‐ tungen. Das Ambiente gleicht wegen der Musik, die moderne lateinamerikanische Rhythmen mit christlichen Texten verbindet […], mehr dem einer Konzertveranstal‐ tung als dem eines Gottesdienstes. Die Konzeption der Veranstaltungen bringt es mit sich, dass sich die Teilnehmer untereinander kaum kennen, wobei die Anonymität den Unterhaltungs- und Erlebnischarakter, der mit der Veranstaltung selbst verbunden ist, herausstreicht. In Bezug auf ihre Atmosphäre vergleicht Köhrsen (2017, 133) evangelikale Gottesdienste sehr anschaulich mit einer „emotionalen Achterbahnfahrt mit Momenten der Besinnlichkeit, Ruhe und Trauer, die abgelöst werden von 180 4 Monologisches Sprechen Momenten der Freude, Hoffnung und Ausgelassenheit“. Die ausgelassene Stim‐ mung bei den Gottesdiensten ergibt sich unmittelbar aus deren missionarischem Fokus: Möglichst viele Gottesdienstbesucher sollen „mitgerissen“ und von einer Kirchenmitgliedschaft überzeugt werden. Entscheidend für die Charakterisierung der Kommunikationssituation evan‐ gelikaler Predigten sind mehrere Aspekte: Die Predigten sind öffentlich - der Gottesdienstbesuch ist angesichts der missionarischen Ausrichtung gerade nicht ausschließlich Kirchenmitgliedern vorbehalten. Wie bereits angedeutet, finden die Predigten vor vergleichsweise großem Publikum statt, das nicht selten mehrere tausend Menschen umfasst. Eine noch wesentlich größere Öffentlichkeit erreicht die mediale Verbreitung der Predigten über Fernsehen und Internet (s. Kap. 4.3). Angesichts der Größe des Publikums ist die gegen‐ seitige Vertrautheit der Kommunikationspartner denkbar gering und in ihrer Ausprägung asymmetrisch: Während der Prediger zumindest einem Teil der Gottesdienstbesucher insofern bekannt ist, als sie über ein gewisses Vorwissen bezüglich seines Predigtstils und häufig auch bezüglich biographischer Details verfügen, dürfte die überwiegende Mehrheit der Gottesdienstbesucher dem Prediger nicht bekannt sein. Wie der oben angeführte Vergleich evangelikaler Gottesdienste mit einer „emotionalen Achterbahnfahrt“ bereits deutlich gemacht hat, zeichnen sich die Predigten durch einen hohen Grad an emotionaler Beteiligung aus. Während die Handlungseinbindung - in Ermangelung konkreter Handlungen - nur sehr gering ausgeprägt ist, ist die Situation des Gottesdienstbesuchs relativ präsent im Predigttext. Es besteht lediglich ein schwacher Referenzbezug, da sich die überwiegende Mehrheit der vom Prediger bezeichneten Referenten außerhalb seiner Origo befindet. Prediger und Gottesdienstbesucher sind sich zwar dahingehend physisch nah, als sie sich im selben Raum befinden und zumindest das Publikum den Prediger sehen kann. Jedoch wird der Aspekt der Nähe hier relativiert durch die Tatsache, dass der Raum, in dem der Gottesdienst stattfindet, oft sehr groß ist, so dass die Gottesdienstbesucher den Prediger hauptsächlich auf einem Bildschirm sehen können und seine Stimme über ein Mikrophon verstärkt werden muss. Insbesondere nonverbale Kommunikationsmerkmale können also lediglich medial vermittelt rezipiert werden. Einen Eindruck von der räumlichen Situation vermittelt das in Abb. 15 dargestellte Standbild aus dem Videomitschnitt einer im Korpus vertretenen Predigt: Der Prediger Cash Luna ist hier hinter einem Rednerpult auf der „Kirchenbühne“ zu sehen. Hinter ihm befindet sich eine sehr große Leinwand, auf der entweder der Prediger selbst in Großaufnahme oder zitierte Bibelstellen für die Gottesdienstbesucher zum „Mitlesen“ eingeblendet werden. 4.2 Monologische Diskurstraditionen 181 368 In eckigen Klammern sind Abweichungen zur eingeblendeten schriftlichen Version ergänzt. Abb. 15: Standbild aus dem Videomitschnitt der Predigt Cambiando tu nivel de fe Die Gottesdienstbesucher haben während der Predigt keine Möglichkeit der Mitwirkung bei der Produktion des Diskurses. Ihre Kooperationsmöglichkeiten beschränken sich auf diejenigen (vergleichsweise kurzen) rituellen Abschnitte der Predigt, in denen sie der Prediger zum Nach- oder Mitsprechen kürzerer Äußerungen auffordert. So lädt beispielsweise der Prediger Cash Luna die Gottesdienstbesucher zu Beginn der Predigt regelmäßig dazu ein, eine Art kurzes Gebet mitzusprechen, dessen Text auf der Leinwand eingeblendet wird. Dieses „chorische Sprechen“ ist in Beleg (107) dargestellt: - (107) levanta tus manos al cielo y diga conmigo (.) en mi boca (.) está el poder de la vida y de la muerte (-) hablaré palabras de vida y no de muerte (.) de salu[d y] 368 no de enfermeda[d] (.) de riqueza [y] no de pobreza (.) de bendición [y] no de maldición porque en mi boca (-) [¡]hay un milagro[! ]= =anda un fuerte aplauso a la palabra del señor (-) pueden tomar su lugar (PREV_Lu_cam_004) Außerhalb dieser rituellen Passagen beschränkt sich die Kooperationsmöglich‐ keit des Publikums auf kurze Einwürfe wie aleluya oder amén. Eine Dialogizität 182 4 Monologisches Sprechen „im weiteren Sinne“ (s. o.) in Form verstärkter „Partnerzuwendung“ ist in An‐ sätzen zwar vorhanden, jedoch schwächer ausgeprägt als in der Stand-up-Co‐ medy. Angesichts dieser stark asymmetrischen Kooperationsmöglichkeiten ist die Predigt eindeutig als „monologisch“ einzustufen. Der Grad der Spontaneität der Predigt wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage problematisiert, ob der Predigttext vorgelesen oder frei formuliert wird. Für die im Korpus vertretenen evangelikalen Predigten gilt, dass allenfalls kürzere Abschnitte wie Bibelzitate vorgelesen werden. Angesichts der Tatsache, dass die Prediger sich auf ein Manuskript stützen, das für den Zuschauer nicht einsehbar ist, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Predigt auch nicht gänzlich spontan formuliert wird. Eine Themenfixierung ist selbst in Textpredigten nicht feststellbar, da letztere sich zwar auf die Diskussion eines spezifischen Bibeltextes beschränken, der sozusagen den thematischen „Kern“ der Predigt bildet. Ausgehend von diesem Text nehmen sie jedoch regelmäßig Bezug auf ganz unterschiedliche Alltagssituationen der Gläubigen und entfernen sich in diesem Zusammenhang vom jeweiligen „Kernthema“. Um zu einer abschließenden Antwort auf die Frage nach dem konzeptionellen Profil evangelikaler Predigten zu gelangen, ist noch eine Verortung der einzelnen Parameter auf dem Nähe-Distanz-Kontinuum vonnöten: Während die Parameter „Öffentlichkeit“, „Fremdheit der Partner“ sowie „Monologizität“ auf kommunikative Distanz verweisen, deuten die Parameter „emotionale Beteili‐ gung“, „physische Nähe“ sowie „freie Themenentwicklung“ klar zu kommunika‐ tiver Nähe. Die übrigen Parameter nehmen eine mittlere Position zwischen den Polen Nähe- und Distanzsprachlichkeit ein. Damit ergibt sich für die Textsorte evangelikale Predigt insgesamt eine - ggf. leicht zum Nähepol tendierende - mittlere Position auf dem Nähe-Distanz-Kontinuum. Im Rahmen evangelikaler Predigten können sich Prediger auf jeweils ganz unterschiedliche Kontexttypen stützen. Dabei spielt der situative Kontext nur eine marginale Rolle, da der Sprecher hier lediglich auf ihm größtenteils jedoch nicht persönlich bekannte Anwesende verweisen kann. Darüber hinaus treten in der Kommunikationssituation praktisch keine anderen Gegenstände oder Sachverhalte auf, auf die sich Bezug nehmen ließe. Da er die meisten seiner Zuhörer nicht kennt, kann der Prediger nicht auf individuelle Wissenskon‐ texte zurückgreifen, lediglich der Bezug auf - allerdings sehr allgemeine - Wissenskontexte ist möglich. Neben dem sprachlich-kommunikativen Kontext kann sich der Prediger jedoch auch auf parasprachliche sowie auf nonverbale Kontexte stützen. Für letztere gilt die Einschränkung, dass aufgrund der großen räumlichen Entfernung in den Massengottesdiensten insbesondere Mimik und 4.2 Monologische Diskurstraditionen 183 Blick des Predigers für das Publikum nur dann zu sehen sind, wenn sie in Großaufnahme auf der Kirchenleinwand erscheinen. Die sprachliche Realisierung der Predigten zeigt einen relativ hohen Pla‐ nungsgrad, der sich zum einen aus der Vorbereitung des Predigers ergibt. Zum anderen führt auch die große Routine der Prediger bei der spontanen Formu‐ lierung längerer Redebeiträge zu einer intensiven und kompakten Versprachli‐ chung der Predigten. Der hohe Planungsgrad zeigt sich insbesondere daran, dass Versprecher, unvollständige Äußerungen oder hesitation phenomena nur äußerst selten auftreten. Im Gegenzug weisen die Predigten jedoch keine besonders hohe Informationsdichte auf; die diskursive Gestaltung hat vielmehr extensiven Charakter, da sie sich durch zahlreiche Wiederholungen, Paraphrasen und inszeniert dialogische Passagen auszeichnet, die die inhaltliche Progression bremsen. Der nachfolgende Beleg (108) zeigt, dass der extensive Charakter u. a. eine - vom Prediger selbstverständlich nicht als solche intendierte - Kon‐ sequenz der Verwendung von rhetorischen Figuren wie Anapher, Parallelismus oder Klimax darstellt: Der Prediger führt hier den - den meisten Gottesdienst‐ besuchern im Übrigen bereits bekannten - psychologischen Fachbegriff zona de confort ein. Er paraphrasiert ihn zunächst mit Hilfe von estado de comodidad und lässt die Anwesenden comodidad nachsprechen. Im Anschluss skizziert er, was das Verbleiben in der Komfortzone im Alltag bedeutet: „no hacer, no crecer, no arriesgarse y no vivir“ - diese Aufzählung wiederholt er unmittelbar danach noch einmal. - (108) entonces les hablé de la zona de confort (.) zona de confort= =ese aparente estado de comodidad (.) todo el mundo diga comodida (.) <<Publikum>comodida> (-) que te lleva a la muerte en vida (-) justificación perfecta para no hacer (.) no crecer (.) no arriesgarse (.) y no (-) vivir (-) repito justificación perfecta (.) para no hacer (.) no crecer (.) no arriesgarse (.) y no (.) vivir (PREV_Lu_cam_039) Die sprachlichen Einheiten, die die evangelikale Predigt ausmachen, weisen also einen nur geringen Komplexitätsgrad auf. Bereits die hohe Pausendichte in Beleg (108) verdeutlicht, dass den relativ einfachen syntaktischen Einheiten auf prosodischer Ebene kurze Intonationsphrasen entsprechen, die die Information für die Zuhörer „portionieren“. Vorrangiges Ziel dieser rhetorischen Gestaltung 184 4 Monologisches Sprechen 369 Vgl. Biber (2006, 9). Speziell zu metadiskursiven Strategien s.-a. Mauranen (2010). ist in erster Linie die Herstellung von Kohäsion und Eindringlichkeit; die Kategorie des Informationsfortschritts hat dabei für den Prediger selbst keinerlei Relevanz, stellt jedoch für die Analyse der Versprachlichungsstrategien einen zentralen Aspekt dar. Erwartungsgemäß spiegelt sich damit der für die Kommu‐ nikationsbedingungen festgehaltene Eindruck „relativer“ Nähesprachlichkeit auf der Ebene der Versprachlichungsstrategien. 4.2.3 Wissenschaftliche Vorträge - 4.2.3.1 Zum Forschungsstand Analysen wissenschaftlicher Sprache konzentrieren sich in erster Linie auf medial schriftlich realisierte Textsorten, allen voran wissenschaftliche Aufsätze (vgl. Biber 2006, 2). Seit den 1980er Jahren ist ein sprunghafter Anstieg der Publikationen zu diesem Thema zu verzeichnen, der auch den Bereich der angewandten Linguistik sowie die Fachsprachenforschung betrifft (vgl. Biber 2006, 6). Viele Studien konzentrieren sich dabei auf die Analyse von solchem sprachlichen Material, das Bewertungen und Einstellungen zum Ausdruck bringt. Daneben stehen auch Routineformeln (vgl. Luodonpää-Manni/ Gross‐ mann/ Tutin [Hrsg.] 2022), Fragen der Verbsemantik, die Betrachtung unter‐ schiedlicher Typen von Nominalphrasen oder informationsstrukturelle Aspekte im Fokus (vgl. Biber 2006, 7). Die nur in geringer Anzahl vorhandenen Unter‐ suchungen zu gesprochener wissenschaftlicher Sprache nehmen beispielsweise Unterrichtsgespräche in den Blick oder analysieren hedges und metadiskursive Strategien. 369 Von besonderem Interesse für die vorliegende Untersuchung sind diejenigen Studien, die sich mit der Rolle von Redewiedergabe in unterschiedlichen wis‐ senschaftlichen Textsorten auseinandersetzen. Hier steht meist die Textsorte „wissenschaftlicher Aufsatz“ im Mittelpunkt. Einige Untersuchungen nehmen dabei vorrangig formale Aspekte von Re‐ dewiedergabe in den Blick: So interessiert sich Mur Dueñas (2009) beispiels‐ weise für die Verwendungshäufigkeit von Redewiedergabe in wirtschaftswis‐ senschaftlichen Publikationen aus unterschiedlichen Sprachräumen, für ihr Auftreten in unterschiedlichen Abschnitten von Publikationen sowie für Cha‐ rakteristika der Redeeinleitung. Daneben vergleicht García Negroni (2008) in ihrer Analyse spanischsprachiger Zeitschriftenartikel aus unterschiedlichen Disziplinen die verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten für im jeweiligen 4.2 Monologische Diskurstraditionen 185 370 Ähnliche Funktionen erarbeitet auch Bisbe Bonilla (2015). 371 Die Untersuchung von Redewiedergabe spielt hier allerdings keine zentrale Rolle: Bellés-Fortuño (2004), Fortanet Gómez/ Bellés Fortuño (2005) und Bellés-Fortuño (2008) konzentrieren sich auf einen Vergleich der Verwendung von Diskursmarkern in Vorlesungen des englischen und spanischen Sprachraums, Coulthard/ Montgomery (1981) interessieren sich für die diskursive Struktur von Vorlesungen, Simeonova (2002) betrachtet im Rahmen einer Fallstudie segmentale und suprasegmentale Cha‐ rakteristika exemplarisch ausgewählter Vorlesungen, Rendle-Short (2005) analysiert die diskursstrukturierende Funktion nonverbaler Markierungen, während Grütz (2002) „textstrategische Muster“ herausarbeitet, die die Vorlesung als Textsorte ausmachen. 372 Vgl. Peters (2011, 26) sowie Lobin (2009, 25). Beitrag auftretende Stimmen. Hyland (1999) stellt ebenfalls disziplinär unter‐ schiedliche „Zitatkulturen“ einander gegenüber. Den Erwerb dieser Zitatkul‐ turen durch Studierende untersuchen u. a. Palmira Massi (2005) und García Negroni/ Hall (2011). In anderen Studien stehen dagegen funktionale Aspekte im Vordergrund: So stellt Schneider (2015) in seiner pragmatischen Analyse von Zitaten in lin‐ guistischen Fachzeitschriften fest, dass Redewiedergabe im Fachkontext meist illustrierende Funktion hat oder eingesetzt wird, um die eigene Argumentation zu stützen. Darüber hinaus werden Zitate auch verwendet, um sich als Teil der scientific community zu präsentieren bzw. um sich dort spezifischer zu verorten. 370 Neben der Textsorte (wissenschaftlicher) Aufsatz sind-- allerdings zu einem wesentlich geringeren Anteil - auch monologische Diskurstraditionen mit medial phonischem Profil Gegenstand von Studien. Davon widmen sich einige der Vorlesung, 371 für die vorliegende Untersuchung wesentlich relevanter sind jedoch Analysen der Textsorte „wissenschaftlicher Vortrag“. Die im Laufe des 18. Jh.s aus der Vorlesung hervorgegangene Textsorte des (wissenschaftlichen) Vortrags 372 hat sich in den vergangenen Jahrhunderten von Grund auf gewandelt: Um 1800 bezeichnete Vortrag „die Art und Weise des Vor‐ tragens des Lehrbuchtextes und der Kommentare [des Universitätsprofessors, A. G.], also das, was in der traditionellen Rhetorik actio genannt wurde und heute Performanz“ (Lobin 2009, 25). Nachdem die Verantwortung für die schriftliche Fixierung des Vortragsinhalts lange bei den Zuhörern lag, die Mitschriften des Vortrags anfertigten, wurden im 20. Jh. die Vortragenden selbst für die Veröffentlichung in Form von Aufsätzen zuständig (vgl. Lobin 2009, 26). Im Zuge dieser veränderten Aufgabenverteilung wurde die schriftliche Version zur primären Variante: Der Vortrag wurde zunächst in schriftlicher Form erarbeitet, die dann wiederum als Vortragsmanuskript verwendet wurde (vgl. Lobin 2009, 26). Damit wurde der Vortrag „zu einer Hülse für schriftliche Publikationspro‐ 186 4 Monologisches Sprechen zesse“ und wies „eher eine rituelle als eine konkrete kommunikative Funktion“ auf (Lobin 2009, 26). In der zweiten Hälfte des 20. Jh.s hat sich mit der wissenschaftlichen Präsen‐ tation eine Variante des wissenschaftlichen Vortrags entwickelt (vgl. Lobin 2009, 25), deren Einstufung als eigenständige Diskurstradition aus verschiedenen Gründen problematisch erscheint: Einerseits kann der multimodale Charakter der Präsentation (s. u.) über die üblicherweise zur Beschreibung und Analyse von Diskurstraditionen eingesetzten Parameter nicht abgebildet werden. Ande‐ rerseits enthält die wissenschaftliche Präsentation ja selbst einen Vortrag als integralen Bestandteil, der durch eine PowerPoint-Präsentation als zusätzliches Element ergänzt bzw. gedoppelt wird. Trotz zahlreicher Gemeinsamkeiten kann auf funktionaler Ebene dahinge‐ hend zwischen Vortrag und Präsentation differenziert werden, dass im Vortrag Aspekte des „Informierens“ bzw. „Instruierens“ (vgl. Lobin 2009, 30) im Mittel‐ punkt stehen, während in Präsentationen zusätzlich auch performative Aspekte (d. h. nicht geplante oder explizit vorbereitete Elemente) zum Tragen kommen, die Konzepte wie „Inszenierung“ oder „Aufführung“ stärker in den Vordergrund treten lassen (vgl. Lobin 2009, 31). Der am klarsten greifbare Unterschied zwischen Vorträgen und Präsentationen besteht darin, dass letztere neben der phonisch realisierten Rede des Vortragenden auch „per Präsentationssoftware projiziert[e] Text[e], Grafiken, Bilde[r] usw.“ (Lobin 2007, 67) beinhalten, die den Status von „epitextos de acompañamiento de la exposición oral correspondiente“ (García Negroni/ Ramírez Gelbes 2008, 40) haben. Im Gegensatz zu Vorträgen haben wissenschaftliche Präsentationen also „multimodalen“ Charakter, da sie auf verschiedene (visuelle, verbale und non‐ verbale) Modi wie beispielsweise Gestik, Mimik, die Projektion, aber auch die Rede selbst zurückgreifen. Darüber hinaus sind sie als „multicodal“ zu kennzeichnen, da sie sowohl auditiv wie auch visuell wahrnehmbare Inhalte vermitteln (vgl. Bucher/ Krieg/ Niemann 2010, 380). Diese Vielschichtigkeit auf der Ebene der medialen Realisierung bringt Lobin (2009, 103) in Verbindung mit einer der Textsorte eigenen Heterogenität auf konzeptioneller Ebene, die er folgendermaßen beschreibt: Wissenschaftliche Präsentationen reagieren […] mit einer Doppelstrategie: konzep‐ tionelle Schriftlichkeit bei den projizierten Textabschnitten und bei der wörtlichen Wiederaufnahme dieser Textstücke in der Rede, konzeptionelle und mediale Münd‐ lichkeit in den Textteilen, die kein Gegenstück auf der Folie besitzen und somit normalerweise nicht vorformuliert worden sind. (Lobin 2009, 103) 4.2 Monologische Diskurstraditionen 187 373 Leider liegt uns keine Untersuchung vor, auf deren Grundlage wir verbindliche Aus‐ sagen zum - ggf. nach Kultur- und Sprachräumen, aber auch nach Fachrichtungen differenzierten - Mengenverhältnis zwischen Vorträgen und Präsentationen treffen könnten. Auch Entwicklungstendenzen wie etwa eine (zumindest gefühlt) zunehmende Wichtigkeit von Performance-Effekten auch bei wissenschaftlichen Vorträgen (und damit eine Zunahme von Präsentationen zuungunsten von Vorträgen), lassen sich in Ermangelung einer empirischen Grundlage nicht verbindlich skizzieren. 374 Im Rahmen geisteswissenschaftlicher Tagungen erfolgt die Publikation i. d. R. im Nachhinein, was für den/ die Autor_in die Möglichkeit einer Überarbeitung des Rede‐ manuskripts eröffnet (s. u.). Diese Möglichkeit wird jedoch durch die Verwendung der einheitlichen Textsortenbezeichnung ponencia zumindest verschleiert. 375 Caldiz (2015, 53) verweist darüber hinaus auf stilistische Unterschiede zwischen ponen‐ cias und ausschließlich medial schriftlich realisierten wissenschaftlichen Aufsätzen. So entsprächen erstere „trabajos breves, más cortos que un artículo, con un estilo, generalmente, más llano y directo […]. [D]ada su naturaleza discursiva, su formato de producción y estructura de participación, la ponencia se posiciona a mitad de camino entre la oralidad y la escritura.“ Vorträge und Präsentationen können grundsätzlich in denselben Kontexten auftreten. Entscheidende Faktoren für die Wahl der einen oder der anderen Variante sind hauptsächlich die disziplinäre Verortung des Vortragenden sowie der jeweilige Sprach- und Kulturraum. Im hier interessierenden spanischen Sprachraum besteht eine klare Präferenz für die dem Vortrag ähnelnde po‐ nencia. 373 Die Textsortenbezeichnung ist jedoch dahingehend ambig, als der Begriff sowohl den Vortrag selbst bezeichnet als auch die entsprechende schrift‐ liche Fassung, die im Rahmen von Sektionsakten veröffentlicht wird. 374 Sayago (2007, 4) geht bei seiner Beschreibung der ponencia científica vom Vorliegen zweier „Instanzen“ aus, die die Produktion, Verbreitung sowie die Rezeption der Textsorte betreffen: El proceso de producción, circulación y recepción [de la ponencia científica, A.G.] comprende dos instancias si la ponencia es publicada en actas. En la primera, el texto, luego de su elaboración, es leído (con diferentes grados de libertad) ante el auditorio de una mesa o comisión, el cual generalmente es menor al auditorio de las conferencias plenarias. En una segunda instancia, el texto es incluido en una compilación de ponencias y conferencias plenarias, en formato digital o en papel, con lo que el número de receptores es, potencialmente, mucho mayor al que tuvo originalmente. Noch deutlicher wird der der Textsorte inhärente Medienwechsel bei García Negroni (2011, 45), die von einer „concepción híbrida“ 375 der ponencia spricht, die sie als „escrita para ser leída“ beschreibt: Normalmente escrita para ser leída o presentada oralmente ante una audiencia y para ser publicada luego en el libro de Actas del evento respectivo, la ponencia científica 188 4 Monologisches Sprechen 376 Auch Moroni (2013) interessiert sich für die Rolle der Prosodie in (italienischen und deutschen) wissenschaftlichen Vorträgen. Sie konzentriert sich jedoch hauptsächlich auf die diskursstrukturierende Funktion der Prosodie, die der Gliederung der Vortrags‐ inhalte in unterschiedliche Abschnitte dient. manifiesta una concepción híbrida […] por cuanto, al mismo tiempo que responde a los parámetros de la lengua escrita, incorpora algunas características propias de la oralidad y de la interacción cara a cara. Obwohl, wie bereits angedeutet, die ponencia u. a. aufgrund des sie auszeichnenden hohen Grades der Vorbereitung eher der Diskurstradition „Vortrag“ entspricht, kann sie dennoch Varianten in der medialen Realisierung aufweisen, die sich durch die Verwendung von PowerPoint-Präsentationen oder den Rekurs auf Handouts ergeben. Sayago (2007, 5) spricht in diesem Zusammenhang von der ponencia als einer „producción escrita elaborada para ser difundida en una interacción cara-a-cara, […] como parte de una comunicación académica multimodal […].“ Die ohnehin nur in geringer Zahl vorliegenden Studien zu wissenschaftlichen Vorträgen und wissenschaftlichen Präsentationen gehen nur selten auf die - in vielen Disziplinen allerdings zentrale - Rolle der Redewiedergabe ein. Eine der beiden Ausnahmen stellt die Untersuchung von García Negroni (2011, 50) dar, die formale Unterschiede zwischen Zitaten in wissenschaftlichen Aufsätzen („artículos científicos“) und ponencias feststellt, insofern in Aufsätzen mehrheit‐ lich sog. „citas textuales“, also mindestens satzwertige, z. T. längere Zitate auftreten, während in ponencias bevorzugt „citas integradas“ verwendet werden, deren Umfang meist unterhalb der Satzgrenze liegt, so dass sie sich syntaktisch gesehen in den Diskurs des ponente einfügen. Die zweite Ausnahme bildet die Studie von Caldiz (2015), die die Rolle prosodischer Markierungen 376 in Bezug auf die polyphonische Struktur von ponencias untersucht. In diesem Zusammenhang weist sie insbesondere auf die Zitatfunktion des sog. „tono circunflejo“ (vgl. Caldiz 2015, 52) hin, der im argentinischen Spanisch die spezifische Funktion innehat, auf bereits Gesagtes verweisen zu können (vgl. Caldiz 2015, 71). - 4.2.3.2 Zur Kommunikationssituation Da im Rahmen der Korpusuntersuchung ausschließlich ponencias untersucht werden, nimmt die nachfolgende Charakterisierung der Kommunikationssitu‐ ation vorrangig Sektionsbzw. Panelvorträge als spezifische Ausprägungen wissenschaftlicher Vorträge in den Blick. Lediglich ergänzend werden darüber 4.2 Monologische Diskurstraditionen 189 hinaus ausgewählte Aspekte thematisiert, die wissenschaftliche Präsentationen betreffen. Ähnlich wie für bestimmte Predigten spielt die Praxis des Vorlesens auch in wissenschaftlichen Vorträgen eine zentrale Rolle. Dies gilt umso mehr für die im Korpus enthaltenen spanischsprachigen ponencias. Auch im Hinblick auf weitere Kommunikationsbedingungen bestehen Parallelen zwischen Predigten und Vorträgen: Auch Sektionsvorträge finden prinzipiell öffentlich statt, jedoch ist das Publikum hier aus verschiedenen Gründen deutlich kleiner: In der Regel setzt sich die Zuhörerschaft nur aus offiziell angemeldeten Konferenzteilneh‐ mern zusammen, ihre Anzahl liegt auch bei größeren Konferenzen meist im zweistelligen Bereich. Der Grad der Vertrautheit von Vortragendem und Publikum ist abhängig von der Größe der Konferenz. Im Vergleich zu den übrigen hier untersuchten Textsorten ist die Vertrautheit der Kommunikationspartner jedoch in jedem Fall in ihrer Ausprägung weniger asymmetrisch: Selbst wenn sich die Partner im Vorfeld der Konferenz unbekannt waren, eröffnet die vergleichsweise kleine Umfang des Publikums sowie das Charakteristikum von Sektionsarbeit, dass die meisten Zuhörer im Verlauf der Konferenz turnusmäßig ebenfalls die Rolle des Vortragenden übernehmen, die Möglichkeit, dass sich die Kommunikations‐ partner zumindest so weit kennenlernen, dass sie einander namentlich und in Bezug auf das fachliche Interesse bekannt sind. Im Unterschied zu Stand-up-Acts und Predigten ist der Grad der emotionalen Beteiligung bei wissenschaftlichen Vorträgen üblicherweise äußerst gering. Da während des Vortrags keinerlei (außersprachliche) Handlungen ausgeführt werden, sind die Äußerungen in dieser Hinsicht nicht eingebunden. Abgesehen von einer kurzen Begrüßung der Anwesenden oder einigen Dankesworten an die Organisatoren der Konferenz rekurriert der Vortragende nicht auf die Si‐ tuation des Vortragens. Wissenschaftliche Präsentation funktionieren in dieser Hinsicht ein wenig anders, da das Vorführen der Präsentation als Handlung verstanden werden kann und die präsentierten Folien, auf die der Vortragende regelmäßig verweist, als Teil der Situation anzusehen sind. Ähnliche Unterschiede zwischen Vortrag und Präsentation ergeben sich im Hinblick auf den Referenzbezug: Während der Vortragende ausschließlich auf Gegenstände und Personen referiert, die sich außerhalb seiner Origo befinden, verweist der Präsentierende durchaus häufig auf Elemente der Präsentation. Sowohl die Kommunikationspartner von Vorträgen als auch von Präsentationen sind sich physisch nah - angesichts der meist nur kleinen Publikumsgröße sind die Bedingungen in fast allen Punkten mit denen einer face-to-face-Kom‐ 190 4 Monologisches Sprechen munikation vergleichbar. Lediglich die bisweilen über ein Mikrofon verstärkte Stimme des Vortragenden stellt eine mögliche Abweichung dar. Prinzipiell besteht für das Vortragspublikum die Möglichkeit, mit Hilfe von Zwischenfragen an der Produktion des Diskurses teilzunehmen. Meist werden die Zuhörer jedoch von Seiten des Vortragenden oder von Seiten der Sektionsleitung darum gebeten, ihre Fragen erst am Ende des Vortrags zu stellen. Im folgenden Beleg bittet der Vortragende die Zuhörer zu Beginn seines Vortrags darum, eventuelle Fragen erst im Anschluss zu stellen, da er andernfalls die Zeitvorgabe von dreißig Minuten nicht einhalten könne: - (109) y: ruego encarecidamente que si eh (.) notan algún tipo de: de hueco (.) o de afasia conceptual se me pregunte al final= =pues el texto está pensado para treinta minutos (.) como se: (.) se propuso previamente (.) (VOR_Dor_003) Angesichts der zumindest unerwünschten (aktiven) Kooperation der Zuhörer stellen sowohl Vortrag als auch Präsentation in prototypischer Form monolo‐ gische Kommunikationssituationen dar. Jedoch könnte die fast jeder ponencia vorangestellte kurze Begrüßungs- und Dankessequenz als Phänomen der „Part‐ nerzuwendung“ mit Koch/ Oesterreicher (2011, 8) als „Dialogizität im weiteren Sinne“ verstanden werden. Eine solche Sequenz illustriert der folgende Beleg, der die allerersten Äußerungen im Rahmen eines Vortrags umfasst. Der Vortra‐ gende versucht hier, den topischen Charakter der Einleitungssequenz mit Hilfe der Äußerung „no quiero ser retórico“ ein wenig abzumildern: - (110) bueno muchas gracias (.) quería antes de nada y no: (.) no quiero ser retórico (.) dar lah graciah a la organización por la idea de concebir (.) este congreso y sobre todo por permitirme estar aquí (.) (VOR_Guz_001) In Bezug auf den Grad der Spontaneität unterscheiden sich Vorträge und Prä‐ sentationen sehr deutlich voneinander. Lobin (2007, 72) beschreibt die Divergenz folgendermaßen: Während Vorträge mindestens in erheblichem Maße ausformuliert sind und die ‚Aufführung‘ sich deshalb größtenteils in der Verlesung des Manuskripts erschöpft, wird der Redeanteil von Präsentation [sic] üblicherweise spontan produziert. […] Da die visuelle Modalität ein hohes Maß an Vorbereitung erfordert, erwächst somit auf der Seite der sprachlichen Modalität für die Rede ein Freiraum, den spontansprachlich zu 4.2 Monologische Diskurstraditionen 191 füllen in zunehmendem Maße auch bei einer wissenschaftlichen Präsentation erwartet wird. Schließlich besteht sowohl in Vorträgen als auch in Präsentationen ein sehr hoher Grad der Themenfixierung; eine freie Themenentwicklung, wie sie für Alltagsgespräche üblich ist, würde hier als völlig deplatziert empfunden. Vorträge können sich lediglich auf eine begrenzte Anzahl von Kontexten stützen: Zwar wäre es durchaus möglich, auf die in der Kommunikationssituation wahrnehmbaren Personen Bezug zu nehmen, jedoch entspräche dies in keiner Weise den Anforderungen an diese Diskurstradition. Ebenso wenig stützen sich die Vortragenden auf individuelle Wissenskontexte, sondern sind in hohem Maße auf einen fachspezifischen allgemeinen Wissenskontext angewiesen. Vor dem Hintergrund der medial mündlichen Realisierung wären extensive Rückgriffe auf das parasprachliche Repertoire durchaus möglich. Eine genauere Betrachtung der tatsächlichen Realisierung zeigt jedoch, dass die potenziell vorhandenen prosodi‐ schen Ressourcen nur minimal genutzt werden: Während bisweilen moderate Veränderungen in den Bereichen Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke und Ton‐ höhe feststellbar sind, treten auffällige Registerwechsel oder gar Veränderungen der Stimmqualität grundsätzlich nicht auf. Ähnlich verhält es sich mit dem nonverbalen Kontext: Die Vortragenden nutzen häufig nur einen Bruchteil des ihnen potenziell zur Verfügung stehenden Repertoires. Insbesondere bei von einem Manuskript abgelesenen Vorträgen (aus denen das Korpus ausschließlich besteht) verlassen die Vortragenden kaum ihre sitzende Position, der Blick löst sich nur selten vom Manuskript und mindestens eine Hand hält das Manuskript fest, so dass große Bereiche von Kinesik, Gestik und Mimik von vorneherein nicht zur Verfügung stehen. Im Unterschied dazu kommen bei Präsentationen deutlich mehr Kontext‐ typen zum Einsatz: Dank der auf den Präsentationsfolien abgebildeten Bilder und Texte ist der situative Kontext nicht nur wesentlich umfangreicher, sondern steht auch in höherem Maße zur Verfügung. Da Präsentationen selten vorge‐ lesen werden, sondern die Vortragenden i. d. R. frei sprechen und während ihres Vortrags häufig auch gestisch oder kinesisch (z. B. durch Drehung der Körperachse in Richtung der Folien) auf Inhalte der Präsentationsfolien Bezug nehmen, ist daneben auch der nonverbale Kontext wesentlich umfangreicher. Wissenschaftliche Vorträge zeichnen sich durch einen hohen Planungsgrad, einhergehend mit intensiver und kompakter Versprachlichung aus. Der nach‐ folgende Beleg zeigt den hohen Grad an Integration und Komplexität, der die sprachliche Gestaltung von Vorträgen auszeichnet: Die insgesamt sehr umfangreiche Äußerung umfasst einen Haupt- und einen kausalen Nebensatz, den ein sich anschließender Relativsatz expliziert. 192 4 Monologisches Sprechen (111) mi propósito en esta comunicación es indagar= =en algunos textos de este grupo de escritores (-) e para establecer de manera general los vínculos entre poesía no lírica (.) dihcurso postnacional y oposición al canon literario (.) que tales textos incorporan y visibilizan (VOR_Dor_012) Darüber hinaus weist die Textsorte eine hohe Informationsdichte sowie einen raschen Informationsfortschritt auf, der angesichts der mündlichen Realisierung häufig eine große Herausforderung für die Zuhörer darstellt. Angesichts des frei formulierten Charakters von Präsentationen ist davon auszugehen, dass diese sich auch in diesem Punkt von Vorträgen unterscheiden. Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass die sprach‐ liche Gestaltung von Vorträgen klar distanzsprachlichen Charakter hat. Im Unterschied dazu ist die Distanzsprachlichkeit bei der Diskurstradition der wissenschaftlichen Präsentation etwas weniger stark ausgeprägt. 4.2 Monologische Diskurstraditionen 193 377 So enthält das spanische Referenzkorpus CREA (Corpus de Referencia del Español Actual) nur etwa 9 Mio. Token gesprochener Sprache (vgl. http: / / www.rae.es/ recursos/ banco-d e-datos/ crea-oral), während CREA escrito etwa 154 Mio. Token enthält (vgl. http: / / ww w.rae.es/ recursos/ banco-de-datos/ crea-escrito; beide Zahlenangaben beziehen sich auf die Korpusversion 3.2 vom Juni 2008). 5 Zum Korpus Nachfolgend sollen zunächst die Kriterien vorgestellt werden, auf deren Grund‐ lage die zu analysierenden Monologe ausgewählt wurden (Kap. 5.1). Im An‐ schluss folgt eine Skizze derjenigen Verfahren, die zur Aufbereitung der Kor‐ pusdaten eingesetzt wurden (Kap. 5.2). Den Abschluss unserer Vorüberlegungen bilden kurze Anmerkungen zur statistischen Auswertung (Kap. 5.3). 5.1 Prinzipien der Korpuserstellung Die Erstellung von Korpora gesprochener Sprache ist deutlich zeitintensiver als die Zusammenstellung vergleichbarer Korpora geschriebener Sprache, da selbst bei der Arbeit mit bereits existierenden Sprachaufnahmen zunächst eine Transkription angefertigt werden muss. Sollen, wie im vorliegenden Fall, die Sprachdaten darüber hinaus auch instrumentalphonetisch analysiert werden, ist zusätzlich eine technische Aufbereitung der Korpusdaten (Kap. 5.2) nötig. Aus diesen Gründen sind Korpora gesprochener Sprache bekanntermaßen deutlich weniger umfangreich als vergleichbare Korpora geschriebener Sprache. 377 Umso entscheidender ist damit die sorgfältige Auswahl derjenigen Sprachdaten, die in das Korpus integriert werden sollen. Da im Rahmen der geplanten Korpusuntersuchung drei unterschiedliche Textsorten im Hinblick auf ihre jeweils spezifische Verwendung von Redewie‐ dergabe analysiert werden sollen, steht für uns die Frage nach der „Repräsen‐ tativität“ der Aufnahmen im Mittelpunkt. Das Korpus sollte sich also nach Möglichkeit aus besonders „typischen“ Vertretern der jeweiligen Textsorten zu‐ sammensetzen. Dieses Kriterium erfüllen unserer Meinung nach insbesondere solche Vertreter, die über eine große (auch mediale) Reichweite verfügen und damit möglichst viele Zuhörer und Zuschauer erreichen. Darüber hinaus sollen auch bestimmte soziolinguistische Variablen konstant gehalten werden, um eine Vergleichbarkeit der Korpusbestandteile unterein‐ ander zu gewährleisten. Hierzu gehört zunächst das Geschlecht der Sprecher: 378 Gerade in Pfingstgemeinden treten durchaus auch Pastorinnen in Erscheinung; häufig handelt es sich hierbei um die Ehefrauen der in derselben Gemeinde tätigen Prediger, die in deutlich geringerem Anteil an der Gottesdienstgestaltung beteiligt werden als ihre männlichen Kollegen. 379 S. Linares Bernabéu (2021) zur Rolle von Comediennes in der spanischsprachigen Stand-up-Comedy. 380 Die Sendung wurde mit Unterbrechungen zwischen 1999 und 2017 wöchentlich im spanischen Fernsehen ausgestrahlt, zunächst vom Sender Canal+, anschließend von Antena 3 und zuletzt von La Sexta, wo sie zu Hochzeiten eine durchschnittliche Einschaltquote von knapp 10 % erreichte (vgl. https: / / es.wikipedia.org/ wiki/ El_club_d e_la_comedia_(España) [letzter Zugriff am 21.08.2022]). Insbesondere die prosodische Analyse der Redewiedergabe-Okkurrenzen ge‐ staltet sich einfacher, wenn nur Sprecher eines Geschlechts vertreten sind. Auch auf lexikalischer und morphosyntaktischer Ebene kann das Geschlecht der Sprecher die sprachliche Gestaltung beeinflussen. Aus Gründen der Einfach‐ heit - insbesondere Predigten 378 und Stand-up-Acts werden mehrheitlich von Männern gestaltet 379 - werden im Korpus ausschließlich männliche Sprecher berücksichtigt. Auch die regionale Herkunft der Sprecher kann die sprachliche Gestaltung eines Textes beeinflussen; je nach Textsortenprofil ist dieser Einfluss unter‐ schiedlich groß. Da wir davon ausgehen, dass Redewiedergabe insbesondere in den Comedy-Acts diatopisch stark markiert sein kann, soll diese Variable für diese Textsorte dahingehend kontrolliert werden, dass insgesamt drei Gruppen von Sprechern mit unterschiedlichem regionalem Profil gebildet werden: Zwei dem kastilischen Standard nahestehende Sprecher werden drei Comedians aus Andalusien und zwei Comedians aus Mexiko gegenübergestellt. Aufgrund der vermuteten stärker distanzsprachlichen Ausrichtung der Redewiedergabe in den übrigen beiden Textsorten (s. Kap. 4.2) nehmen wir an, dass hier auch diatopische Markierungen eine geringere Rolle spielen. Schon um Zirkularität in der methodischen Ausrichtung zu vermeiden, soll im Rahmen der Analyse zwar das Vorliegen diasystematischer Markierungen in jedem Fall festgehalten werden, jedoch erscheint es uns wenig sinnvoll, nur Sprecher aus einer be‐ stimmten Region zu berücksichtigen. Da sowohl Predigten wie auch wissen‐ schaftliche Vorträge insgesamt umfangreicher sind als Comedy-Acts, sinkt auch die Gesamtzahl der ins Korpus aufgenommenen Texte. Der Gesamtumfang der jeweiligen Textsorten soll in etwa vergleichbar bleiben, deshalb ist es also auch aus ganz praktischen Gründen nicht möglich, Sprecher unterschiedlicher regionaler Herkunft einander gegenüberzustellen. Im Bereich der Stand-up-Comedy fiel die Wahl auf Beiträge zu den Fernseh‐ sendungen El Club de la Comedia  380 und Comedy Central presenta: Stand-up. 381 196 5 Zum Korpus 381 Die Sendung wird seit 2013 ausgestrahlt vom Sender Comedy Central Latinoamérica, einem Tochterkanal des US-amerikanischen Senders Comedy Central (vgl. https: / / es. wikipedia.org/ wiki/ Comedy_Central_(Latinoamérica) [letzter Zugriff am 21.08.2022). Die Sendung existiert in unterschiedlichen länderspezifischen Ausgaben, in denen beispielsweise Comedians aus Kolumbien, Mexiko, Argentinien oder Chile auftreten). 382 Die Sendung wurde zwischen 2005 und 2011 an drei Abenden pro Woche zunächst vom spanischen Privatsender Antena 3 ausgestrahlt, bevor sie im Jahre 2007 vom Privatsender La Sexta übernommen wurde. Im ersten Jahr war die Sendung mit durch‐ schnittlich 24 % Marktanteil und durchschnittlich knapp 1,5 Millionen Zuschauern extrem populär. Die Zuschauerzahlen gingen im Laufe der Zeit bis auf durchschnittlich gut 500 000 im Jahr 2011 (7,1 % Marktanteil) zurück. (vgl. https: / / es.wikipedia.org/ wiki/ B uenafuente#Audiencia_media_de_todas_las_ ediciones [letzter Zugriff am 02.02.2017]). 383 Hierbei gilt es zu bedenken, dass die Comedians nicht automatisch auch die Autoren ihrer Monologe sind, sondern dass letztere z. T. aus der Feder - ihrerseits wiederum besonders routinierter - Autoren stammen. Da für Außenstehende nicht erkennbar ist, aus wessen Feder die vorgetragenen Monologe stammen, spielte dieses Kriterium keine Rolle bei der Korpuserstellung. Dazu kommen Monologe, die jeweils den Auftakt zu der von Andreu Buena‐ fuente präsentierten Late-Night-Show Buenafuente bilden. 382 Beide Formate (Comedy-Club und Late-Night-Show) orientieren sich eng am US-amerikani‐ schen Vorbild des Stand-up-Acts, was Umfang und inhaltliche Gestaltung der Monologe betrifft. Die beiden Comedy-Club-Sendungen sind darüber hinaus dahingehend vergleichbar, dass in jeder knapp einstündigen Folge zwischen vier und sechs Comedians vor einem Studiopublikum auftreten. Die etwa zehnmi‐ nütigen Auftritte werden jeweils von einem Moderator oder einer Moderatorin angekündigt. Aus beiden Sendungen wurden Acts von Comedians ausgewählt, die einer‐ seits als etabliert gelten können, weil sie bereits mehrmals im Rahmen dieser oder ähnlicher Sendungen aufgetreten sind. Damit ist sichergestellt, dass die Comedians nicht nur mit der Auftrittssituation, sondern auch mit der Textsorte Stand-up-Monolog vertraut sind und möglichst „typische“ Exemplare der Text‐ sorte präsentieren. 383 Andererseits spielt das Kriterium der regionalen Herkunft eine wichtige Rolle. Da die Persona einiger Comedians auch in einer bestimmten Region verortet ist und diese regionale Identität z. T. in erheblichem Maße die sprachliche Gestaltung der Monologe beeinflusst, wurden jeweils mehrere Ver‐ treter von insgesamt drei Varietäten ausgewählt: Der aus Galicien stammende Luis Piedrahita und der Katalane Andreu Buenafuente lassen ihre regionale Herkunft nicht in die Identität ihrer Comedy-Persona einfließen, die sprachliche Gestaltung ihrer Acts orientiert sich stark am kastilischen Standard. Dagegen verkörpern die malagueños Dani Rovira und Salva Reina sowie der aus Sevilla stammende Fernando García Torres in ihren Acts Bühnenpersönlichkeiten mit 5.1 Prinzipien der Korpuserstellung 197 384 Vgl. die Überlegungen in Kap. 4.2.2. 385 Vgl. hierzu Rieger (2008). 386 Die Nachfolgerkirche River Church (s. u.) weist in der FAQ-Sektion ihrer Webseite darauf hin, dass die Gottesdienste simultan ins Englische übersetzt werden, vgl. https: / / river -arena.org/ #preguntando (letzter Zugriff am 21.08.2022). 387 Vgl. http: / / river-church.org/ vision (letzter Zugriff am 01.02.2017). Auf der aktuellen Version der Webseite finden sich keine Angaben zu Mitgliederzahlen, vgl. https: / / rive r-arena.org/ (letzter Zugriff am 21.08.2022). 388 Es handelt sich hierbei um das Hotel der Hilton-Kette in Anaheim. Nach Angaben von García Ruiz (2004, 85) ist dies eine insbesondere von Pfingstkirchen in der Gründungsphase häufig gewählte Strategie, die zukünftige Gemeindemitglieder aus Mittelschicht und gehobenem Bürgertum anziehen soll. 389 Weder zum Fassungsvermögen der Kirchenräume noch zu den Besucherzahlen der Gottesdienste liegen konkrete Zahlen vor. 390 Vgl. https: / / www.youtube.com/ c/ DanteGebelOficial (letzter Zugriff am 21.08.2022). Der Kanal hatte im August 2022 1,98 Millionen Abonnenten. ausgeprägter andalusischer Identität. Schließlich stammen die mexikanischen Comedians beide aus Nordmexiko: Luiki Wiki ist in Monterrey aufgewachsen, Daniel Sosa stammt aus dem Bundesstaat Guanajuato. Bei den Predigten rücken durch den gewählten Fokus auf neo-pentekostale Vertreter der Textsorte 384 zwangsläufig lateinamerikanische Prediger in den Mittelpunkt, da Pfingstkirchen wie charismatische Bewegungen in Spanien vergleichsweise geringeren Zulauf verzeichnen. 385 Neben der Anzahl der Ge‐ meindemitglieder sowie der Gottesdienstbesucher spielte auch die Frage nach der medialen Reichweite eine entscheidende Rolle. Vor diesem Hintergrund fiel die Wahl auf jeweils zwei Predigten des aus Argentinien stammenden Predigers Dante Gebel und des guatemaltekischen Predigers Cash Luna. Dante Gebel wuchs in Buenos Aires auf und trat in den 1990er Jahren zunächst als Radiomoderator und als Motivationstrainer in Erscheinung, bevor er, noch in Argentinien, im Rahmen von Jugendgottesdiensten auch als Pre‐ diger Bekanntheit erlangte. Nach seiner Übersiedlung in die USA gründete er zunächst in Florida, später in Kalifornien mehrere Pfingstkirchen. Die ausgewählten Predigten stammen einerseits aus Gottesdiensten der bis 2015 bestehenden (einsprachig hispanophonen) 386 Favorday Church, andererseits aus der aus dieser hervorgegangenen River Church, die nach eigenen Angaben im Jahr 2017 etwa 10 000 Mitglieder verzeichnete. 387 Während die Gottesdienste der Favorday Church in den Räumlichkeiten eines Hotels stattfanden 388 und damit die Besucherzahlen begrenzt waren, finden die beiden Sonntagsgottesdienste der River Church im deutlich größeren Auditorium River Arena im kaliforni‐ schen Anaheim statt. 389 Live-Mitschnitte der Gottesdienste werden auf dem YouTube-Kanal 390 der Kirche bereitgestellt. 198 5 Zum Korpus 391 Die Zahl stammt aus dem Jahr 2011 (vgl. https: / / en.wikipedia.org/ wiki/ Casa_de_Di os, [letzter Zugriff am 21.08.2022]), jedoch existiert keine unabhängige Quelle mit belastbaren Angaben zu den Mitgliederzahlen. 392 Auch diese Zahlenangabe stammt von der Kirche selbst (vgl. http: / / casadedios.org/ co nocenos [letzter Zugriff am 21.08.2022]). Zu Besucherzahlen der Gottesdienste liegen keine Zahlen vor. Die architektonische Gestaltung des aktuellen Kirchengebäudes orientiert sich laut Althoff (2005, 290) sehr eng an US-amerikanischen Vorbildern. 393 Vgl. https: / / www.youtube.com/ c/ CasadeDiosOficial [letzter Zugriff am 21.08.2022] mit knapp 225 000 Abonnenten sowie https: / / www.youtube.com/ user/ MinisteriosCashLu na [letzter Zugriff am 21.08.2022] mit einer Million Abonnenten. 394 Vgl. http: / / casadedios.org/ categoria/ predicas/ [letzter Zugriff am 21.08.2022]). 395 Dies hat sich sicherlich aufgrund der durch die Covid-19-Pandemie notwendig gewor‐ denen Online-Tagungen drastisch verändert - die Erstellung unseres Korpus war zu Pandemiebeginn jedoch längst abgeschlossen. 396 Vgl. García Negroni (2008) zu unterschiedlichen Fachkulturen am Beispiel wissen‐ schaftlicher Aufsätze. Carlos „Cash“ Lunas neopfingstliche Kirche Casa de Dios besteht seit 1994 und hat nach eigenen Angaben 25 000 Mitglieder. 391 Die Gottesdienste werden im 2013 in der Nähe von Guatemala Stadt fertig gestellten Auditorium der Casa de Dios abgehalten, das gut 12 000 Gemeindemitgliedern Platz bietet. 392 Auch Lunas Gottesdienste werden über unterschiedliche Kanäle medial verbreitet: Live-Mitschnitte des Gottesdienstes sind online auf den YouTube-Kanälen der Casa de Dios und von Cash Luna selbst 393 verfügbar. Die Texte vieler als enseñanzas bezeichneter Predigten sind darüber hinaus auf der Internetseite der Kirche zugänglich. 394 Die Textsorte „wissenschaftlicher Vortrag“ stellt bei der Zusammenstellung eines Korpus in zweierlei Hinsicht vor besondere Herausforderungen: Einerseits sind - im Unterschied beispielsweise zu Vorträgen in englischer Sprache - insbesondere spanischsprachige wissenschaftliche Vorträge kaum öffentlich zugänglich. 395 Neben diesem praktischen Problem besteht die zweite Herausfor‐ derung darin, die Vergleichbarkeit der einzelnen Vorträge untereinander zu gewährleisten. Große Unterschiede bestehen nicht nur auf der Ebene der fach‐ spezifischen Vortragskulturen, 396 sondern auch bezüglich der unterschiedlichen Typen wissenschaftlicher Vorträge: So ist ein Plenarvortrag bei einer großen Konferenz nicht ohne Weiteres vergleichbar mit einem Vortrag innerhalb einer thematisch eng umgrenzten Sektion oder mit einem feierlichen Festvortrag, der sich möglicherweise sogar an ein interdisziplinär interessiertes Publikum richtet. Größtmögliche Vergleichbarkeit auch hinsichtlich der Länge der ein‐ zelnen Vorträge gewährleistet deshalb die Konzentration auf einen spezifischen Vortragstyp. 5.1 Prinzipien der Korpuserstellung 199 Im vorliegenden Fall fiel die Wahl auf den im Vergleich kürzesten Vortragstyp des Panelbzw. Sektionsvortrags. Bei der Wahl des akademischen Fachs, in dem die Vorträge verortet sein sollen, stand u. a. die Frage nach der erwartbaren Häufigkeit von Redewiedergabe im Vordergrund. Damit eine Korpusanalyse überhaupt sinnvoll durchgeführt werden kann, muss ein Mindestanteil an Redewiedergabe vorliegen. Vor diesem Hintergrund fiel die Wahl auf das Fach Literaturwissenschaft, da hier mindestens zwei Quellen „fremder Rede“ erwartbar sind: Redewiedergabe kann sich in literaturwissenschaftlichen Vor‐ trägen sowohl aus Übernahmen aus Primärtexten wie auch aus Zitaten aus der Sekundärliteratur speisen. Darüber hinaus spielt der Einsatz von Power‐ Point-Präsentationen meist nur eine untergeordnete Rolle; dies ist für die vorzunehmende Analyse v. a. deshalb von Vorteil, weil so hinsichtlich der Kommunikationssituation eine bessere Vergleichbarkeit mit den anderen beiden Textsorten gewährleistet wird. Auch bei den wissenschaftlichen Vorträgen soll sichergestellt werden, dass das Korpus möglichst „typische Vertreter“ der Textsorte versammelt. Es ist davon auszugehen, dass Vorträge erfahrener Wissenschaftler dieses Kriterium in höherem Maße erfüllen. Das Korpus enthält dementsprechend vorrangig Vorträge mindestens promovierter Literaturwissenschaftler. Um darüber hinaus sicherzustellen, dass das Korpus nicht ausschließlich lokal begrenzte Vortrags‐ kulturen dokumentiert, fiel die Wahl auf Panelvorträge bei internationalen Tagungen. Weiterhin sollten die ausgewählten Vorträge eine Dauer von 30 Minuten nach Möglichkeit nicht überschreiten, die Vortragenden sollten aus Gründen der Vergleichbarkeit (s. o.) männlich sein und eine bildgestützte (PowerPoint-)Präsentation sollte lediglich eine untergeordnete Rolle spielen. Genau wie das Predigtkorpus enthält auch dieser Korpusteil lediglich vier Texte, da die einzelnen Monologe jeweils relativ umfangreich sind. Um bei dieser geringen Menge an Texten der - aufgrund der geographischen Herkunft der Sprecher ohnehin präsenten - diatopischen Variable nicht zu viel Gewicht zukommen zu lassen, wurden ausschließlich in Spanien ausgerichtete Tagungen berücksichtigt. Insgesamt wurden vier Vorträge ausgewählt: Erstens ein Vortrag beim Primer Congreso Internacional Animales Literarios: Los animales en la narrativa española, der 2015 an der Universidad de León stattfand. Zweitens zwei Vorträge beim Primer Congreso Internacional sobre Discurso no Lírico en la Poesía Contempo‐ ránea: Sujetos, Espacios, Medialidad, der im Jahre 2011 an der Universidad de Vigo ausgerichtet wurde. Und drittens ein Vortrag bei der Tagung Cervantes y Shakespeare, dos visiones del ser humano, die 2016 an der Universitat de Barcelona veranstaltet wurde. 200 5 Zum Korpus Die Texte aus allen drei Korpusbereichen mussten auch vor dem Hintergrund bestimmter technischer Voraussetzungen ausgewählt werden: Insbesondere für die Analyse der prosodischen Markierung ist eine sehr gute Tonqualität unabdingbar. Dies schränkte insbesondere die Auswahl der verfügbaren wis‐ senschaftlichen Vorträge in erheblichem Maße ein. Da das Vorhandensein non‐ verbaler Markierung von Redewiedergabe allenfalls ergänzend hinzugezogen werden soll, war die Bildqualität kein entscheidendes Auswahlkriterium. Alle drei Korpusteile sollen auch im Gesamtumfang vergleichbar sein. Da sich die Sprechgeschwindigkeiten je nach Textsorte u.-U. erheblich voneinander unter‐ scheiden, orientiert sich der Korpusumfang nicht an der Länge der einzelnen Aufnahmen, sondern an der Anzahl der transkribierten Token, die für alle drei Korpusteile jeweils bei ungefähr 20-000 liegt. Die nachfolgende Tabelle vermittelt einen abschließenden Überblick über die Zusammensetzung des Korpus: Text‐ sorte Sprecher (Herkunft) Länge (hh: mm: ss) Umfang (Token) Standup-Act Andreu Buenafuente (Barcelona, Spanien) - 00: 07: 56 00: 08: 20 00: 06: 42 00: 07: 29 00: 07: 12 1-495 1-517 1-075 1-171 1-394 Luis Piedrahita (La Coruña, Spanien) 00: 09: 04 1-153 Dani Rovira (Málaga, Spanien) 00: 09: 01 00: 09: 02 1-675 1-875 Salva Reina (Málaga, Spanien) 00: 08: 44 1-450 Fernando García Torres (Sevilla, Spanien) 00: 08: 06 1-380 Daniel Sosa (Guanajuato, Mexiko) 00: 10: 50 00: 11: 08 2-085 1-860 Luiki Wiki (Monterrey, Mexiko) 00: 11: 10 2-378 Summe 01: 54: 44 20-508 evange‐ likale Predigt Cash Luna (Guatemala-Stadt, Guatemala) 00: 42: 44 00: 25: 46 5-754 4-588 Dante Gebel (Buenos Aires, Argentinien) 00: 24: 27 00: 26: 40 4-200 5-533 Summe 01: 59: 37 20-075 5.1 Prinzipien der Korpuserstellung 201 397 ELAN wurde am Max Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen entwickelt. Das open-source-Programm ist auf folgender Seite frei zugänglich: https: / / archive.mpi.nl/ tl a/ elan [letzter Zugriff am 21.08.2022]. Text‐ sorte Sprecher (Herkunft) Länge (hh: mm: ss) Umfang (Token) wissen‐ schaftli‐ cher Vortrag Francisco González García (Univ. de Stras‐ bourg) 00: 24: 31 4-645 Fernando Guzmán (Universidad de Huelva) 00: 26: 20 4-658 Andreu Jaume (Universitat de Barcelona) 00: 38: 11 7-137 Walfrido Dorta Sánchez (Universidad la Ha‐ bana) 00: 20: 15 3-975 Summe 01: 49: 17 20-415 Tab. 1: Zusammensetzung und Umfang des Gesamtkorpus 5.2 Aufbereitung der Korpusdaten Alle ins Korpus aufgenommenen Monologe sind in Form von Videoaufnahmen im Internet frei zugänglich. Die Aufnahmen wurden jeweils als MP4-Datei sowie als WAV-Datei in das Transkriptionsprogramm ELAN 397 (vgl. Brugman/ Russel 2004) eingespeist. In ELAN wurden die Aufnahmen zunächst entlang längerer (Atem-)Pausen manuell segmentiert. Anschließend wurden die Aufnahmen ent‐ sprechend den Vorgaben der aktualisierten Version des Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems (GAT 2, vgl. Selting et al. 2009) zunächst auf der nied‐ rigsten Detailliertheitsstufe, dem Minimaltranskript, transkribiert. Wo immer Zweifel bezüglich des Äußerungsinhalts bestanden, wurden die Aufnahmen spanischen Muttersprachlern vorgespielt, die vorzugsweise aus derselben Her‐ kunftsregion wie die jeweiligen Sprecher stammten. So konnten Anzahl und Umfang der als „unverständlich“ gekennzeichneten Passagen äußerst gering gehalten werden. Die Entscheidung, welche Passagen als Redewiedergabe eingestuft werden sollten, orientiert sich an dem in Kap. 3.8 zusammenfassend dargestellten Mo‐ dell: All diejenigen Sprachhandlungen werden als Redewiedergabe aufgefasst, in denen eine Rede übermittelt wird, die auf eine in einer anderen Kommunikati‐ onssituation als der aktuellen verorteten Sprachhandlung referiert. Diese relativ weit gefasste Definition wird durch zwei Mindestanforderungen eingeschränkt: Die Illokution der zweiten Sprachhandlung muss im Rahmen der Wiedergabe 202 5 Zum Korpus 398 Jeder Okkurrenz ist ein Kürzel zugeordnet, das ihre Zuordnung zu einem bestimmten Korpusteil ermöglicht. Im vorliegenden Fall steht VOR für „wissenschaftlicher Vortrag“, Dor verweist auf den Vortragenden Walfrido Dorta Sánchez und die Zahl bezeichnet die erste Transkriptionszeile der Okkurrenz im ELAN-tier „Redewiedergabe“. deutlich werden und ihr propositionaler Gehalt zumindest in Grundzügen erkennbar sein. Die auf dieser Grundlage zur Analyse ausgewählten Okkurrenzen von Rede‐ wiedergabe unterscheiden sich z. T. beträchtlich in ihrem Umfang. Besonders umfangreiche Okkurrenzen ergeben sich einerseits dadurch, dass sehr lange, meist ursprünglich medial schriftlich realisierte Textpassagen zitiert bzw. vor‐ gelesen werden, wie dies im nachfolgenden Beleg der Fall ist, in dem der aktuelle Sprecher S 0 eine Passage aus einem Sekundärtext (dessen Autor hier als wiedergegebener Sprecher S 1 bezeichnet wird) mit dice el texto einleitet: - (112) S 0 : dice el texto (-) […] - - S 1 : si aceptamos que uno de los rasgos de los seres vivos es su facilidad y capacidad para entablar múltiples y recíprocas relaciones vitales (.) entonces de pronto y por sorpresa nos damos cuenta (.) de que en relación con los muertos (.) este rasgo principal de los seres vivos aparece y se hace realidad (.) por la total falta de diferenciación (.) a través de su uniformidad (.) de una homogeneidad general (.) común impuesta a todos (.) que destruye despiadadamente toda ilusión distinta y contraria (.) entonces los muertos se hacen perceptibles para los vivos (.) visibles (.) y al precio más alto adquieren su particularidad (.) su diferencia (.) su figura extraña y casi circense (.) (VOR_Dor_130) 398 Andererseits können insbesondere im Rahmen der Wiedergabe dialogischer Sprachhandlungen jeweils mehrere Turns wiedergegeben werden. Im nachfol‐ genden Beispiel etwa wird eine Sprachhandlung mit insgesamt acht Turns der beiden Sprecher S 1 und E 1 wiedergegeben, die über Äußerungen des wiedergebenden Sprechers S 0 verbunden werden: - (113) S 0 : dices= - - S 1 : =has visto ciudadano KANE (-) - - S 0 : tú dices (--) 5.2 Aufbereitung der Korpusdaten 203 399 Der Turn lässt sich, je nach Interpretation, sowohl dem aktuellen Sprecher S 0 wie auch dem wiedergegebenen Sprecher S 1 zuweisen. 400 Im vorliegenden Kürzel zeigt COM an, dass das Beispiel einem Stand-up-act entnommen ist, cas steht für castellano und bezeichnet die vorliegende diatopische Varietät, Bu verweist auf den Comedian Andreu Buenafuente und ment zeigt an, dass die Okkurrenz dem Act mit dem Titel mentiras entnommen ist. 401 Auf die Transkriptionszeilen innerhalb dieses tiers beziehen sich die jeweils in die Okkurrenzkürzel integrierten Ziffern. E 1 : qué (---) - - S 1 : que si has visto ciudadano KANE (-) - - E 1 : yo claro (-) hue: : (-) variah veces (-) - - S 1 : y qué secuencia te gusta más (.) - - S 0 : y tú dices (---) - - E 1 : del ciudadano KANE (--) - - S 0 / S 1 : 399 no: (-) de loh bingueros (.) - - E 1 : a (-) del ciudadano KANE (-) pues mira no me gusta separar secuencias= =porque yo considero la peli un todo (--) (COM_cas_Bu_ment_068) 400 In vergleichbaren Untersuchungen des Phänomens der Redewiedergabe wird bisweilen jeder einzelne wiedergegebene Turn als Einzelokkurrenz von Redewiedergabe gewertet (vgl. etwa Metzger 1996, 260). Da im Rahmen der vorliegenden Korpusuntersuchung jedoch unter anderen die textsortenspezi‐ fische Realisierung von Redewiedergabe in den Blick genommen werden soll und dabei auch der Umfang der wiedergegebenen Passage je nach Textsorte variieren kann, werden alle Turns, die zu einer als zusammenhängend dargestellten Dialogsequenz gehören, als eine einzige Okkurrenz gewertet, deren genauer Umfang in der Analyse jeweils festgehalten wird. Für die Okkurrenzen von Redewiedergabe wurde ein separater tier in ELAN angelegt, um die Auffindbarkeit der einzelnen Belege in der Datei zu erleichtern. 401 Die nachfolgende Tabelle zeigt die Gesamtheit der Okkurrenzzahlen geordnet nach Korpusteilen: 204 5 Zum Korpus 402 Insbesondere die Stand-up-Acts tragen meist keine expliziten Titel. Die gewählten Bezeichnungen sind hier aus dem Thema des Monologs entwickelt worden. Text‐ sorte Sprecher: Titel Monolog ( Jahr) 402 Okkur‐ renzen Redew. Standup-Act Andreu Buenafuente: En el ascensor (2007) Las entrevistas de trabajo (2008) Ir al médico (2007) Mentir es humano (2009) Los suegros (2008) 21 24 26 25 29 Luis Piedrahita: Los caballitos de mar (2011) 17 Dani Rovira: Yo tengo un sueño (2014) En España sobra gente (2014) 24 20 Salva Reina: Habrá que levantar a España (2015) 26 Fernando García Torres: Los socorristas de playa (2011) 27 Daniel Sosa: La cadenita (2016) Tener gripa (2015) 32 35 Luiki Wiki: Mi familia (2015) 40 Summe 346 evange‐ likale Predigt Cash Luna (Guatemala): Cambiando tu nivel de fe (2013) Caminando en amor (2016) 89 52 Dante Gebel (Argentinien): Vivir con pasión (2014) Vivir sin sudor (2016) 69 72 Summe 282 wissen‐ schaftli‐ cher Vortrag Francisco González García: Nuevos bestiarios en la literatura española contemporánea (2015) -31 Fernando Guzmán: Poesía y ciudad. Una aproximación al estudio comparativo del cronotopo bajtiniano en la poesía hispana de tema neoyorquino (2011) --29 Andreu Jaume: Shakespeare, una nueva aparición de lo humano (2016) 38 Walfrido Dorta Sánchez: Discursos postnacionales, políticas de (des)autorización y terrorismo literario: la poesía no lírica de los escritores del grupo Diáspora(s) (2011) --35 Summe 133 Tab. 2: Überblick Okkurrenzzahlen im Gesamtkorpus 5.2 Aufbereitung der Korpusdaten 205 403 Vgl. Boersma (2001). Das Transkriptionsprogramm Praat wurde von Paul Boersma und David Weenink an der Universität Amsterdam entwickelt und steht auf http: / / www.fo n.hum.uva.nl/ praat/ kostenfrei zum Download bereit. 404 Das Skript wurde von Jean-Philippe Goldman an der Université de Genève entwickelt, der es als open-source-Programm auf folgender Webseite zum Download bereitstellt: h ttp: / / latlcui.unige.ch/ phonetique/ easyalign.php [letzter Zugriff am 10.02.2017]. Die geplante Analyse der prosodischen Gestaltung von Redewiedergabe macht eine technische Aufbereitung der Sprachaufnahmen erforderlich. Da u. a. das Vorhandensein von Pausen ebenso wie der Verlauf der Grundfrequenz F 0 untersucht werden soll, muss die Transkription mit dem Tonsignal aligniert werden. Diese Alignierung erfolgte im Transkriptionsprogramm Praat  403 halb‐ automatisch mit Hilfe des Skripts EasyAlign (vgl. Goldman 2011). 404 Das Skript ermöglicht, ausgehend von einer orthographischen Transkription einer Äuße‐ rung, die Erstellung einer Mehrebenen-Annotation mit Äußerungs-, Wort-, Silben- und Lautebene und fertigt eine automatische phonematische Transkrip‐ tion im computerlesbaren SAMPA-System an. Abb. 16 zeigt das Ergebnis der Bearbeitung einer Okkurrenz aus einem Stand-up-Act mit dem Skript: Die orthographische Transkription findet sich in tier 5 (ortho), tier 4 (phono) zeigt die automatisch generierte SAMPA-Transkription. Hieraus wurden die Silben in tier 2 (syll) ebenso automatisch erstellt wie die in Phoneme in tier 1 (phones). Die Annotation erfolgt zwar automatisch, jedoch muss die Exaktheit der Alignierung für jede einzelne Äußerung manuell geprüft werden. Häufige Fehlerquellen bei der Arbeit mit den Korpusdaten waren u. a. starke Silbenlän‐ gungen, lange Sprechpausen und insbesondere das sehr hohe Sprechtempo, das für einige Stand-up-Comedians charakteristisch ist. Die prosodische Gestaltung von Redewiedergabe kann nicht für alle im Korpus vertretenen Okkurrenzen untersucht werden, da für diese Analyse bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Wie in Kap. 6.2 noch näher zu erläutern sein wird, soll im Rahmen der prosodischen Analyse überprüft werden, ob sich mit dem Einsetzen von Redewiedergabe bestimmte prosodische Parameter wie etwa die durchschnittliche Grundfrequenz F 0 oder die Frequenzamplitude (pitch span) verändern. Für diese Messungen bedarf es jedoch eines Vergleichswertes, ohne den keine Veränderung nachgewiesen werden kann. Da die Wahrnehmung medial gesprochen realisierter Sprache linearen Prinzipien gehorcht, können ausschließlich Äußerungen, die der Redewiedergabe unmit‐ telbar vorausgehen, als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. In einigen Fällen geht der Redewiedergabe jedoch keine zitierende Rede voraus, die als Vergleichsbasis dienen könnte. Der nachfolgend zitierte Beleg (114) illustriert einen solchen Fall: Im Rahmen seines Vortrags zitiert der aktuelle Sprecher S 0 206 5 Zum Korpus Abb. 16: Screenshot aus Praat mit einem mit Hilfe von EasyAlign generierten TextGrid mehrere Passagen aus einer Fabelsammlung. Dabei leitet er die erste zitierte Passage (vgl. S 1a ) explizit ein, die unmittelbar nachfolgende Passage (vgl. S 1b ), die wir einer anderen Kommunikationssituation zugeordnet haben und die deshalb als eigenständige Okkurrenz von Redewiedergabe gewertet wird, folgt ohne weitere Überleitung auf die vorangehende Passage, weshalb sie in ihrer prosodischen Gestaltung nicht analysiert werden konnte. - (114) S 0 : a lo largo de su galería de criaturas encontramos (.) los siguientes animales (.) de los que ofrecemos algún significado (.) […] - - S 1a : la foca madura (.) que tiene miedo de que la foca joven (.) le robe los aplausos (.) refleja los celos (.) y la competencia existente en el mundo del trabajo (VOR_Gonz_083) - - S 1b : y el buite negro (.) el bu perdona el buitre negro (.) que disfruta despidiendo a los cadáveres (.) que le dan de comer es un reflejo del jefe actual del personal (-) (VOR_Gonz_088) 5.2 Aufbereitung der Korpusdaten 207 405 Für ihre Unterstützung bei der statistischen Auswertung danke ich Julia Zuber sehr herzlich. Bisweilen ist eine weitergehende Untersuchung der prosodischen Gestaltung auch aus mehr oder weniger technischen Gründen nicht möglich, etwa wenn die wiedergegebene Passage gesungen wird, was sich verfälschend auf die durch‐ schnittliche Grundfrequenz F 0 auswirkt. Dies betrifft einige wenige Passagen aus dem Comedy-Korpus. In diesem Korpusteil ergab sich weiterhin in einigen Fällen die Schwierigkeit, dass manche wiedergegebenen Passagen bewusst als unverständlich dargestellt wurden, was eine orthographische Transkription und damit eine Alignierung mit dem Tonsignal unmöglich machte. Wie die nachfolgende Übersicht zeigt, betreffen die genannten Einschrän‐ kungen jedoch nur einen kleinen Anteil der Okkurrenzen, nämlich nur etwa 6 %. Anteilig am stärksten betroffen ist das Teilkorpus der wissenschaftlichen Vorträge: Textsorte Phonetisch analysierte Okk. (vs. Gesamtzahl) Stand-up-Act 318 (von 346) Evangelikale Predigt 274 (von 282) Wissenschaftlicher Vortrag 130 (von 133) Summe 722 Tab. 3: Übersicht Anzahl phonetisch analysierter Okkurrenzen Die genannten Einschränkungen aus technischen Gründen betreffen lediglich die Anzahl phonetisch analysierter Okkurrenzen - für alle übrigen Analyseka‐ tegorien konnte die Gesamtheit der erhobenen Belege analysiert werden. 5.3 Anmerkungen zur statistischen Auswertung Wo immer möglich sollen die Ergebnisse der Korpusuntersuchung nicht nur mit Hilfe deskriptiver statistischer Methoden dargestellt werden, sondern zugleich auf ihre statistische Signifikanz überprüft werden. 405 In Abhängigkeit von der Natur der unabhängigen Variablen kamen hier unterschiedliche statistische Verfahren zum Einsatz, die wir nachfolgend kurz vorstellen. 208 5 Zum Korpus 406 Zur Normalverteilung vgl. die Darstellungen in Bortz/ Schuster (2010, 70-71), Field/ Miles/ Field (2012, 19-21) sowie in Rasinger (2008, 129-131). 407 Zu parametrischen Verfahren vgl. Field/ Miles/ Field (2012, 923), zu nicht-parametri‐ schen Verfahren vgl. Meindl (2011, 159-188). Die statistische Auswertung umfasste für alle zu überprüfenden unabhän‐ gigen Variablen im Vorfeld zunächst einen Test auf Normalverteilung, den Shapiro-Wilk normality test. 406 In der Mehrzahl der Fälle ergab sich, dass die Daten nicht normalverteilt waren und damit nicht-parametrische bzw. vertei‐ lungsfreie Signifikanztests 407 zum Einsatz kommen konnten. Insgesamt wurden folgende Modellannahmen vorausgesetzt: (i) Die Parameter sind linear, so dass sich keine Verzerrung der Schätzwerte ergibt. (ii) Der Erwartungswert der Störgröße ist gleich Null, so dass sich keine Verzerrung der Schätzwerte ergibt. (iii) Es liegt eine Homoskedastizität der Störgrößen vor, so dass sich keine Verzerrung der Schätzwerte ergibt und die Schätzwerte nicht ineffizient sind. (iv) Die Störgrößen sind unabhängig, so dass sich keine Ineffizienz der Schätzwerte ergibt. (v) Die Störgrößen sind normalverteilt, so dass die Signifikanztests nicht ungültig sind. Mehrheitlich wurde eine binomiale logistische Regressionsanalyse (im Fol‐ genden auch als Logit-Modell bezeichnet) durchgeführt, die Berechnung erfolgte mit Hilfe des Statistik-Softwareprogramms Stata (vgl. StataCorp 2017). 5.3 Anmerkungen zur statistischen Auswertung 209 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Im Rahmen der Korpusuntersuchung sollen zahlreiche formale und funktio‐ nale Eigenschaften von Redewiedergabe empirisch analysiert werden. Die Auswahl an Kriterien ist bewusst sehr breit angelegt und zielt in erster Linie darauf ab, alle relevanten Eigenschaften möglichst vollständig zu erfassen. Diese deskriptive Zielsetzung wird ergänzt durch eine textsortenverglei‐ chende Komponente, die es ermöglichen soll, für jede der drei Textsorten ein jeweils spezifisches formales wie funktionales Profil der Redewiedergabe zu erstellen. In den folgenden Abschnitten wird zunächst eine Reihe von formalen Ei‐ genschaften von Redewiedergabe analysiert, die auf unterschiedlichen Ebenen verortet sind. So betreffen beispielsweise die verbale Ebene (6.1) zahlreiche Charakteristika wie etwa die Gestaltung der Redekennzeichnung (über ein verbum dicendi oder einen Zitatmarker) oder der verwendete Typ von Rede‐ wiedergabe (direkte oder indirekte Rede). Insbesondere bei der Betrachtung von mündlich realisierter Redewiedergabe ist auch die Berücksichtigung der paraverbalen Ebene (6.2) von entscheidender Bedeutung, um beispielsweise die prosodische Markierung der Wiedergabe erfassen zu können. Vor diesem Hintergrund spielt auch die hier pragmatisch genannte Ebene (6.3) eine zentrale Rolle, da dort beispielsweise der Spontaneitätsgrad der Wiedergabe oder ihre nonverbale Markierung (etwa über Gesten) festgehalten werden. Weiterhin soll auf der inhaltlichen Ebene (6.4) u. a. erfasst werden, ob die Originaläußerung, auf die sich die Redewiedergabe bezieht, faktischen Charakter hat oder etwa ganz bewusst als kontrafaktisch dargestellt wird. Darüber hinaus soll auch untersucht werden, ob die wiedergegebene Passage auf segmentaler und/ oder lexikalischer Ebene diasystematisch markiert ist (vgl. Kap. 6.5). Schließlich soll die wiedergegebene Passage auf unterschiedliche funktionale Kriterien hin überprüft werden (vgl. Kap. 6.6). Die Unterkapitel zu den einzelnen Ebenen gliedern sich zunächst in Überle‐ gungen zum methodologischen Vorgehen, die die einzelnen Parameter näher spezifizieren und Kriterien zu ihrer Erfassung umfassen. Ihnen folgt jeweils die auf den Textsortenvergleich ausgerichtete Auswertung der Korpusdaten. Dabei sind die methodologischen Ausführungen bewusst sehr knapp gehalten und beschränken sich auf die Skizzierung der untersuchten Kategorien auf 408 Für Literaturhinweise sei auf die entsprechenden Abschnitte in Kap. 2 verwiesen. 409 Eine besonders umfangreiche dialogische Passage ist in Beleg (116) illustriert. den einzelnen Ebenen. 408 Ein Analyseraster, das in tabellarischer Form alle in der Untersuchung berücksichtigten Kriterien und Kategorien überblicksartig anführt, findet sich im Anhang (s. Anhang A). 6.1 Verbale Ebene Die Untersuchung der verbalen Ebene von Redewiedergabe soll insgesamt sieben Parameter umfassen: den Umfang der wiedergegebenen Rede (6.1.1), den verwendeten Satztyp (6.1.2), die Art der Redekennzeichnung (6.1.3), ihre Posi‐ tion (6.1.4), die Art der Verknüpfung von wiedergebender und wiedergegebener Passage (6.1.5), den verwendeten Typ von Redewiedergabe (6.1.6) sowie die Markierung des Beginns der wiedergegebenen Passage (6.1.7). 6.1.1 Umfang der Redewiedergabe - 6.1.1.1 Vorüberlegungen Der Umfang der wiedergegebenen Passage kann sehr stark variieren: Im Korpus sind sowohl Wiedergaben von Einzelwörtern oder einzelnen Syntagmen, Äuße‐ rungen, die lediglich einen Turn eines Sprechers wiedergeben, als auch Wieder‐ gaben z. T. sehr umfangreicher Dialoge vertreten. Im Rahmen der Analyse soll deshalb der Umfang der Redewiedergabe mit Hilfe von drei Kategorien erfasst werden: Die Kategorie „Dialog“ umfasst Wiedergaben, die mindestens einen Sprecherwechsel beinhalten. Hier wird zusätzlich die Gesamtzahl der Turns pro Wiedergabe festgehalten. 409 Die Kategorie „Einzeläußerung“ beinhaltet Wiedergaben, in denen lediglich ein Sprecher zu Wort kommt. Je nach Anzahl der aneinander gereihten Aussagen können diese einen ganz unterschiedlichen Umfang aufweisen, dies wird jedoch nicht gesondert festgehalten. Schließlich umfasst die Kategorie „Einschub“ alle Wiedergaben unterhalb der Äußerungsebene, insbesondere einzelne Lexeme oder Syntagmen. Die Abgrenzung gegenüber der Kategorie „Einzeläußerung“ ist syntaktischer Natur und spiegelt sich bereits in der Bezeichnung Einschub: Hier werden ausschließlich wiedergegebene Elemente berücksichtigt, die in eine umfang‐ 212 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen reichere Äußerung integriert sind, wie beispielsweise „un libro de bestias“ im nachfolgenden Beleg: - (115) […] la definición que ofrece EDUARDO MENDIETA (.) para quien el bestiario es= =y cito (.) un libro de bestias (VOR_Gonz_025) Im Gegensatz dazu wird die Äußerung „yuhu bien“ in (116) als Einzeläußerung gewertet: - (116) no toman una decisión sin que todo= =todoh digamoh yuhu bien (COM_and_Ro_sob_020) Hintergrund dieser Differenzierung zwischen Einschüben und Einzeläuße‐ rungen ist u.-a. die Überlegung, dass sich beide Kategorien hinsichtlich ihrer prosodischen Markierung unterscheiden, da Einzeläußerungen i.-d.-R. eigene Intonationsphrasen bilden, während Einschübe eher Intermediärphrasen oder möglicherweise bisweilen auch gar keine eigene prosodische Phrase bilden. Die Erfassung dieses Parameters ist u. a. deshalb von zentraler Bedeutung, weil der Umfang der wiedergegebenen Passagen in hohem Maße textsortenspe‐ zifisch zu sein scheint. Darüber hinaus steht zu vermuten, dass die prosodische Markierung mit dem Umfang der Wiedergabe zusammenhängt: Wiedergaben mit Sprecherwechsel sind möglicherweise prosodisch deutlicher markiert als Einzeläußerungen. Deshalb sollen im Rahmen der Analyse nach Möglichkeit Unterschiede in der prosodischen Markierung zwischen dem ersten und zweiten Turn einer dialogischen Wiedergabe untersucht werden. - 6.1.1.2 Auswertung Im Rahmen der Korpusanalyse haben wir uns zunächst mit der Frage beschäf‐ tigt, inwiefern der Umfang der Redewiedergabe textsortenabhängig ist. Abb. 17 lässt in diesem Zusammenhang bereits auf den ersten Blick deutliche Unterschiede erkennen: 6.1 Verbale Ebene 213 410 Die statistische Auswertung der Ergebnisse mit dem binären Logit-Modell zeigt, dass der deutlich geringere Anteil dialogischer Passagen sowohl im Predigtals auch im Vortrags‐ korpus höchstsignifikant ist (in beiden Fällen beträgt p=-0,000). Abb. 17: Zusammenhang zwischen Umfang der Redewiedergabe und Textsorte (N= 755) In allen drei Korpora kommt Redewiedergabe mehrheitlich in Form von Einzel‐ äußerungen vor. Im Predigt-Korpus erfolgen diese Einzeläußerungen nicht selten in mehreren Turns, die jedoch alle auf denselben Sprecher zurückgehen und deshalb nicht als „dialogisch“ eingestuft wurden. Wie aus Beleg (117) hervorgeht, stellen diese aneinander gereihten Äußerungen häufig alternative Aussagen dar, die sich in ihrer Bedeutung ergänzen oder z.-T. auch redundant sind: - (117) aquellos que siempre dijeron (.) yo lo puedo hacer (--) yo sé como se hace (--) yo me atrevería (-) por qué no me dan a mí la oportunidad? (PREV_Lu_cam_112) Die dreifache Anapher unterstreicht den Inhalt der Aussage und verzögert das Eintreten der Klimax „¿por qué no me dan a mí la oportunidad? “. Durch die beiden rhetorischen Figuren wird die inhaltliche Progression gebremst und damit in gewisser Weise Rücksicht genommen auf diejenigen Zuhörer, die dem medial mündlich realisierten Vortrag möglicherweise nicht immer ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Während über 90 % der Redewiedergaben in den untersuchten Predigten über den Umfang von Einzeläußerungen nicht hinausgehen, weisen sowohl Stand-up-Acts als auch wissenschaftliche Vorträge textsortenspezifische Besonderheiten auf, die auch statistisch höchstsignifikant sind: 410 Im Comedy-Korpus erfolgt Redewieder‐ gabe in einem Drittel der Fälle in Form eines Dialogs mit mindestens zwei wieder‐ 214 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen gegebenen Turns. In diesen Dialogsequenzen wird in der überwiegenden Mehrheit der Fälle im ersten Turn ein fremder Sprecher zitiert. Die Replik im Antwort-Turn liefert dann häufig der Comedian. Diese „Rollenverteilung“ illustriert auch der nachfolgende Beleg, in dessen erstem Turn ein Lehrer (A) zu Wort kommt, auf dessen Frage der Comedian (B) im Anschluss antwortet: - (118) - yo repetía tantah veceh que yo llegaba en una clase y un profesor me ha dicho (.) - - A: e: tú quién ereh y lo he dicho= - - B: =quién ereh tú (--) digo tú ereh nuevo chava: l (COM_and_To_soc_065) Von einem dialogischen Ausnahmefall abgesehen, hat Redewiedergabe im Vortrags-Korpus in knapp 40 % der Fälle die Form eines Einschubs. Der nachfol‐ gende Beleg zeigt eine typische Verwendung eines solchen Einschubs, der dazu dient, bestimmte Begrifflichkeiten wie hier „arte para lo político“ einzuführen: - (119) así como no deja de ser sintomático que MIEKE BAL (.) articule su lectura de la praxis artíhtica de DORIS SALCEDO (.) como arte para lo político (VOR_Dor_043) Die Mehrzahl der dialogisch gestalteten Redewiedergabe umfasst lediglich zwei Turns. Abb. 18 zeigt, dass jedoch sowohl im Comedy-Korpus als auch - in deutlich geringerer Anzahl - in den untersuchten Predigten durchaus dialo‐ gische Redewiedergaben mit bis zu fünf Turns auftreten können. Darüber hinausgehende Extremfälle mit sechs bzw. acht Turns kommen ausschließlich in den Comedy-Acts vor. Abb. 18: Zusammenhang zwischen Turnanzahl und Textsorte (N=-121) 6.1 Verbale Ebene 215 411 Ein Vergleich der prosodischen Realisierung von Einschüben und Einzeläußerungen wäre zirkulär, da sich grundlegende prosodische Unterschiede bereits aus den syntak‐ tischen Charakteristika der beiden Kategorien ergeben. 412 Erster und zweiter Turn konnten nur dann getrennt erfasst werden, wenn beide Turns bestimmte Mindestanforderung beispielsweise für die prosodische Analyse erfüllen. So muss ein Turn etwa mindestens zwei Silben aufweisen, damit die Erhebung bestimmter prosodischer Parameter überhaupt möglich ist. Damit wurden Einwortäußerungen wie sí oder ¿eh? zwar als eigenständige Turns gezählt, konnten jedoch nicht getrennt erfasst werden. 413 Zu methodologischen Details vgl. Kap. 6.2. Trotz der z. T. sehr hohen Turnanzahl kommen in allen Belegen nur jeweils zwei Kommunikationspartner zu Wort. Wie bereits angedeutet, handelt es sich in den Stand-up-Acts dabei meist um den Comedian selbst, der einen Dialog mit einer dritten Person inszeniert. Dieses Muster findet sich auch in den Predigten, jedoch kommen hier deutlich häufiger zwei „fremde“ Kommunikationspartner zu Wort. Hierbei kann es sich um Figuren aus der Bibel handeln, wie der fast wörtlich aus der Bibel zitierte Dialog zwischen Nehemia und König Artaxerxes in Beleg (120) illustriert: - (120) entonces el rey dijo [0,58] cuánto durará tu viaje (-) [1. Turn] le dice cuanto va a durar el viaje (-) [2. Turn] y dice NEHEMÍAS (0,42) dame cartas (.) [3. Turn] para que no me detengan en lah fronteras (0,34) (PREV_Ge_pas_235) Der Beleg zeigt auch, dass nicht alle Turns in direkter Rede konstruiert sein müssen, sondern z.-T. auch in indirekter Form vorliegen können. Schließlich haben wir im Rahmen der Korpusuntersuchung überprüft, ob sich die prosodische Markierung je nach Umfang der Redewiedergabe unter‐ schiedlich gestaltet. In diesem Zusammenhang wurden Einzeläußerungen und dialogische Äußerungen einander gegenübergestellt. 411 Darüber hinaus wäre es aufschlussreich gewesen, die jeweils ersten beiden Turns einer dialogischen Wiedergabe getrennt zu erfassen, um zu überprüfen, ob beispielsweise der jeweils erste Turn eines Dialogs stärker markiert ist als die nachfolgenden. Aufgrund verschiedener technischer Einschränkungen 412 konnten jedoch ledig‐ lich fünf zweite Turns erfasst werden, so dass in Ermangelung einer soliden Datengrundlage kein solcher Vergleich durchgeführt werden konnte. Insgesamt wurden dialogische Passagen und Einzeläußerungen im Hinblick auf vier prosodische Parameter 413 überprüft: die Existenz einer Pause vor dem Einsetzen der Redewiedergabe, ein Tonhöhensprung zwischen Redekennzeich‐ 216 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 19: Zusammenhang zwischen Umfang der Redewiedergabe und Registerwechsel (N= 607) nung und -wiedergabe, eine Veränderung des Tonhöhenumfangs zwischen Redekennzeichnung und -wiedergabe sowie das Vorhandensein eines Register‐ wechsels. Ausschließlich in Bezug auf den Parameter des Registerwechsels ließen sich nennenswerte Unterschiede zwischen dialogischen und Einzeläuße‐ rungen feststellen, die aus Abb. 19 hervorgehen: Hier zeigt sich, dass der erste Turn einer dialogischen Redewiedergabe häufiger über einen Registerwechsel markiert ist als eine Redewiedergabe, die lediglich aus einer Einzeläußerung besteht. Die statistische Auswertung mit dem binären Logit-Modell zeigt, dass dieser Unterschied signifikant ist (p=-0,0312). Da insbesondere wiedergegebene Einzeläußerungen grundsätzlich auch in Form indirekter Rede vorliegen können (die wiederum seltener über einen Registerwechsel markiert wird, s. u.), wurden hier ausschließlich Wiedergaben in direkter oder freier direkter Rede berücksichtigt, um das Ergebnis nicht zu verzerren. Die Durchsicht der Belege liefert keine schlüssigen Hinweise darauf, was der Hintergrund für diesen Unterschied sein könnte. Der einzige erkenn‐ bare Unterschied besteht darin, dass in dialogischen Wiedergaben (insgesamt deutlich häufiger vorkommende, s. u.) Fremdzitate systematischer über einen Wechsel in ein höheres Register markiert werden als in Einzeläußerungen. Dies ist beispielsweise auch in folgendem Beleg der Fall, in dem der Comedian eine Frage der Schwiegereltern beim sonntäglichen Essen nachspielt; die durch‐ schnittliche Tonhöhe dieser Frage liegt mehr als 10 HT über derjenigen der Redekennzeichnung. - (121) y y te dicen [0,187] no te comes la berenjena (-) y tú que eres (.) bueno (.) espontáneo =dices na: o: es que no me gustan (COM_cas_Bu_sue_070) 6.1 Verbale Ebene 217 Insgesamt fällt dieser Unterschied zwischen dialogischen Passagen und Ein‐ zeläußerungen jedoch vergleichsweise gering aus und erklärt die in Abb. 19 erkennbare Divergenz deshalb nur in Ansätzen. 6.1.2 Satztyp - 6.1.2.1 Vorüberlegungen Im Zusammenhang mit der Kategorisierung von Satztypen wird traditionell die Frage diskutiert, ob sich eine solche Kategorisierung an der Form sprachli‐ cher Äußerungen oder an ihrer Bedeutung orientieren sollte. Formbasierte Typologien berücksichtigen Indikatoren wie Fragewörter, Imperative oder Interjektionen, um einzelne Sätze beispielsweise als Interrogativ-, Befehls- oder Exklamativsatz einzuordnen. Bedeutungsbasierte Typologien hingegen stützen sich auf die Illokution der entsprechenden Äußerung. Im Idealfall sollten sowohl formale wie semantische Kriterien konvergieren, bisweilen führen sie jedoch zu abweichenden Einstufungen konkreter Äußerungen, insbesondere beim Vorliegen indirekter Sprechakte. So kann beispielsweise eine formal als Fragesatz einzustufende Äußerung illokutionär gesehen einen Befehlssatz darstellen. Auch über die Gesamtmenge möglicher Satztypen besteht keinesfalls Einigkeit: Die Nueva gramática de la lengua española (RAE/ ASALE 2009, §1.13h) führt beispielsweise mit Aussagesätzen (oraciones declarativas), Fragesätzen (o. interrogativas), Ausrufesätzen (o. exclamativas), Befehlsbzw. Aufforderungs‐ sätzen (o. imperativas/ exhortativas), Wunschsätzen (o. optativas/ desiderativas) und oraciones dubitativas („quizá tengas razón“) insgesamt sechs Satztypen an, von denen der letztgenannte in anderen Kategorisierungen nicht zum Kernbestand gehört. Daneben wäre, wie in der Nueva gramática (vgl. RAE/ ASALE 2009, §1.13h) bereits problematisiert, die Annahme weiterer Illokutionen insbesondere performativer Äußerungen wie z. B. „Versprechen“ in Te lo prometo nützlich und sinnvoll. Auch angesichts der Korpusgröße ist für die Untersuchung eine gut operatio‐ nalisierbare Typologie vonnöten, deshalb stützt sich die nachfolgende Analyse vorrangig auf formale Kriterien. In Fällen, in denen formale und semantische bzw. illokutionäre Ebene divergieren, soll diejenige Ebene den Ausschlag geben, die eine feinkörnigere Differenzierung erlaubt. Dies betrifft insbesondere die indirekte Rede, die rein formal als Aussagesatz eingestuft werden müsste, bei der aber eine Berücksichtigung verschiedener Illokutionstypen eine detailliertere Analyse erlaubt (s.-u.). 218 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 414 Dies schließt entsprechend auch Optative mit ein. Insgesamt soll ein Kerninventar von vier Satztypen unterschieden werden: Die als „deklarativ“ kategorisierten Aussagesätze stellen dabei den unmar‐ kierten Fall dar, da in diese Kategorie alle Äußerungen eingeordnet werden sollen, die keine spezifischen Indikatoren (s.-u.) aufweisen. Daneben sollen alle diejenigen Wiedergaben, die Interrogativpronomina ent‐ halten, als „interrogativ“ kategorisiert werden. Als „Imperativsätze“ eingestuft werden alle diejenigen Wiedergaben, die ein Verb im Imperativ enthalten. 414 Schließlich werden alle Äußerungen als „exklamativ“ kategorisiert, die ent‐ weder Interjektionen beinhalten, sich durch das Fehlen eines konjugierten Verbs auszeichnen oder Anrufungen wie „salve, rey de los judíos“ in Beleg (122) umfassen: - (122) una caña en su mano derecha le hincan las rodillas le encarnecían diciendo= =salve rey de loh judíoh mateo veintisiete (-) veintinueve (PREV_Ge_sud_036) Die Korpusbelege indirekter Rede entsprechen in der Regel Deklarativsätzen, es finden sich insgesamt nur wenige von diesem Muster abweichende Illokutionen wie beispielsweise Fragesätze (s. [123]) oder Imperativsätze wie in (124), bei denen decir in der Lesart ‚befehlen‘ auftritt. - (123) me preGUNto [2,155] si el caballito de mar macho (--) sufre periodo menstrual (COM_cas_Pie_cab_023) - (124) dice la BIblia que (.) amemos a nuestros enemigos bendigamos al que nos maldice que oremos por lo que nos persiguen (-) (PREV_Lu_amor_042) Aus verschiedenen Gründen, die u. a. mit der spezifischen Ausgestaltung der Korpusannotation zusammenhängen, kann für eine nicht geringe Zahl von Belegen kein Satztyp bestimmt werden. Dies gilt einerseits für nicht satzwertige Äußerungen, die lediglich aus Einzellexemen oder einem einzelnen Syntagma bestehen: Hier kann der Satztyp aufgrund der meist elliptischen Äußerungs‐ struktur nicht eindeutig bestimmt werden. Dies betrifft ebenfalls lautmalerische Wiedergaben. Wiedergaben, die mehrere Turns umfassen, entsprechen häufig mehr als nur einem Satztyp und wurden deshalb nicht entsprechend annotiert. 6.1 Verbale Ebene 219 Die Erfassung des Satztyps erlaubt insbesondere genauere Aufschlüsse dar‐ über, ob sich der Satztyp unmittelbar auf die prosodische Gestaltung auswirkt. Interessant ist darüber hinaus auch die Frage, ob für die unterschiedlichen Satztypen jeweils spezifische Redekennzeichnungen eingesetzt werden - sie soll jedoch erst im nächsten Kapitel (s. 6.1.3) erörtert werden. Ebenfalls an anderer Stelle (s. 6.1.6) soll analysiert werden, inwiefern ein Zusammenhang besteht zwischen Satztyp und Redewiedergabetyp. - 6.1.2.2 Auswertung Im gesamten Korpus stellen deklarative Wiedergaben den mit großem Abstand am häufigsten im Korpus vertretenen Typ dar: Ihr Anteil macht fast zwei Drittel aller Wiedergaben aus. Der Anteil der interrogativen, exklamativen und imperativen Wiedergaben liegt jeweils etwa bei 10-%. Inwiefern ist der Satztyp der im Korpus vertretenen Redewiedergaben text‐ sortenspezifisch? Abb. 20 zeigt diesbezüglich erste Tendenzen: Abb. 20: Zusammenhang zwischen Satztyp und Textsorte (N= 616) Das Vortrags-Korpus unterscheidet sich insgesamt am deutlichsten von den übrigen beiden Textsorten: Hier sind - wenig überraschend - keine wieder‐ gegebenen Exklamativsätze belegt. Auch der Anteil an Interrogativa ist ver‐ schwindend gering. Deutlich überraschender hingegen ist die Tatsache, dass der Anteil an Imperativen hier sogar höher liegt als im Comedy-Korpus. Ein Blick in die Belege zeigt jedoch, dass dies keineswegs charakteristisch ist für die Textsorte als solche: Alle Belege stammen aus einem einzigen Vortrag und stellen ausnahmslos Zitate aus literarischen Texten (v. a. Theaterstücken) dar. Dies illustriert beispielsweise Beleg (125), in dem der Vortragende eine Passage aus Shakespeares King Lear zitiert: 220 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (125) y la dejan en el suelo (-) dame un espejo (-) si es que vive (.) la piedra se empañará tiñéndose (.) con el aliento (VOR_Jau_211) Auffällig ist weiterhin, dass der Anteil an Imperativen im Predigt-Korpus am höchsten ist. Hierbei handelt es sich jedoch keineswegs mehrheitlich um an die Gemeinde gerichtete Aufforderungen oder Ermutigungen, wie eventuell zu vermuten wäre. Vielmehr setzen sich die Belege zusammen aus imperativischen Bibelzitaten einerseits (s. Beleg [126]) und aus Gebeten oder Anrufungen Gottes andererseits (s. Beleg [127]). - (126) porque JESÚH le dice a PEDRO (-) déjame subir a la barca (--) que necesito la barca para predicar (PREV_Ge_sud_111) - (127) porqué (.) la oración más trillada del crihtiano es (0,21) señor (.) dame una señal (.) si ehto es tuyo (PREV_Ge_pas_219) Schließlich haben wir die Frage in den Blick genommen, inwiefern bestimmte Satztypen spezifische prosodische Markierungen aufweisen. Hier liegt die Ver‐ mutung nahe, dass deklarative Redewiedergaben insgesamt am „sparsamsten“ markiert sind, während Imperative, Exklamativa und Interrogativa global ge‐ sehen stärker markiert sind. Um diese Vermutung zu überprüfen, wurden folgende prosodische Parameter in die Analyse mit einbezogen: das Vorliegen einer Pause zwischen Redekennzeichnung und Wiedergabe, eine lokale Tonhö‐ henveränderung zu Beginn der Wiedergabe, Unterschiede im Tonumfang (pitch span) zwischen Redekennzeichnung und Wiedergabe sowie ein Registerwechsel zu Beginn der Wiedergabe. Im Vergleich zu den übrigen Satztypen werden imperativische Wiedergaben am häufigsten mit einer Pause markiert: Der Anteil der Wiedergaben, denen eine Pause vorausgeht, liegt hier bei etwa 50 %, während die übrigen Satztypen nur zu gut einem Drittel mit einer Pause markiert werden. 6.1 Verbale Ebene 221 Abb. 21: Zusammenhang zwischen Satztyp und pitch span-Veränderung (N=550) Wie Abb. 21 zeigt, ist die Veränderung des pitch span bei Exklamativa am systematischsten ausgeprägt: Während etwa zwei Drittel der wiedergegebenen Exklamativsätze über eine pitch span-Veränderung markiert sind, ist dies nur bei knapp der Hälfte der Deklarativsätze der Fall. Betrachtet man jedoch den konkreten Umfang, in dem sich der pitch span verändert, so zeigt eine Analyse der Medianwerte für alle Belege mit erwei‐ tertem pitch span in der wiedergegebenen Passage die stärkste Veränderung bei Interrogativsätzen: Während sich hier der pitch span im Mittel um fast acht Halbtöne erweitert, liegt der entsprechende Medianwert für Deklarativa ledig‐ lich bei 6,4 HT. Eine besonders ausgeprägte pitch span-Erweiterung in einem Interrogativsatz illustriert der nachfolgende Beleg aus den Predigt-Korpus, in dem die Redekennzeichnung „y uno dice“ intonatorisch sehr flach verläuft, während der Tonhöhenumfang der wiedergegebenen Frage sehr groß ist: Abb. 22: Prosogram des Belegs PREV_Lu_amor_067 In Bezug auf einen Registerwechsel zu Beginn der Redewiedergabe unter‐ scheiden sich die Satztypen nur geringfügig: Wiedergegebene Frage- und 222 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 415 Die Auswertung mit dem binären Logit-Modell war signifikant (p= 0,0527). 416 In der Medianberechnung flossen ausschließlich Tonhöhenbewegungen nach oben mit ein. Exklamativsätze werden in mehr als der Hälfte der Fälle von einem Wechsel in ein i. d. R. höheres Register begleitet, bei Deklarativ- und Imperativsätzen ist dies nur in gut einem Drittel der Fälle belegt. Der letzte Parameter, das Vorhandensein einer lokalen Tonhöhenverände‐ rung zu Beginn der Wiedergabe, zeigt ebenfalls eine Sonderrolle der Exklama‐ tiva, die auch statistisch signifikant ist: 415 Wie aus Abb. 23 ersichtlich wird, werden Exklamativsätze besonders systematisch, nämlich in fast 90 % der Fälle, von einer lokalen Tonhöhenbewegung begleitet. Wiedergegebene Imperative hingegen weisen nur in zwei Drittel der Fälle einen Tonhöhensprung nach oben oder nach unten auf. Abb. 23: Zusammenhang zwischen Satztyp und lokaler Tonhöhenveränderung (N= 566) Was den Umfang der lokalen Tonhöhenveränderung angeht, 416 liegen Exkla‐ mativsätze hingegen nur auf dem vorletzten Platz, Spitzenreiter mit einer mittleren Aufwärtsbewegung von 6,8 HT sind Interrogativsätze. Deklarativsätze weisen insgesamt die geringste Veränderung auf. Einen sehr großen Tonhöhen‐ sprung zu Beginn der Redewiedergabe weist Beleg (128) auf: Hier beginnt die wiedergegebene Frage („¿puedo…? “) mehr als 20 HT höher als das Ende der vorangegangenen Phrase („compañías“). - (128) tú puedes ir a cualquiera de nuehtroh países= =y hablar con dueñoh de compañías (-) puedo hablar con el dueño (-) (PREV_Ge_sud_123) 6.1 Verbale Ebene 223 Das zugehörige Prosogram illustriert den enormen Umfang dieser Tonhöhenbe‐ wegung: Abb. 24: Prosogram des Belegs PREV_Ge_Sud_123 Zusammenfassend bestätigt sich also die eingangs formulierte Vermutung bezüglich des Zusammenhangs zwischen Satztyp und prosodischer Markierung: Insgesamt weisen Deklarativsätze hinsichtlich aller Parameter die „sparsamste“ Markierung auf. Auch Imperativsätze sind prosodisch nicht besonders stark markiert. Über alle Parameter hinweg zeichnet sich die Tendenz ab, dass Exkla‐ mativsätze am systematischsten markiert sind, wohingegen Interrogativsätze für die meisten Parameter die größten Veränderungen aufweisen. 6.1.3 Art der Redekennzeichnung - 6.1.3.1 Vorüberlegungen Die Korpusuntersuchung soll Aufschluss darüber liefern, mit Hilfe welcher sprachlichen Mittel wiedergegebene Passagen in den einzelnen Textsorten eingeleitet werden. Die verwendeten Kategorien orientieren sich an den in bereits vorliegenden Analysen ermittelten Kennzeichnungstypen (s. Kap. 3.2.1). Da sich zahlreiche Voruntersuchungen jedoch nicht ausschließlich auf gespro‐ chene Korpora beziehen, müssen die übernommenen Kategorien z. T. noch erweitert werden, damit für die untersuchten Textsorten spezifische Typen der Redekennzeichnung berücksichtigt werden können. Die Redekennzeichnung mit Hilfe unterschiedlicher Verben soll möglichst detailliert erfasst werden. Im verwendeten Analyseraster wird deshalb zwischen verba dicendi, verba cogitandi, spanischen Äquivalenten des Verbs machen und „weiteren Verben“ differenziert. Aufgrund der zu erwartenden geringen Anzahl anderer Verben wird auf eine prinzipiell mögliche Differenzierung beispiels‐ weise zwischen Bewegungsverben (z. B. saltar) und Kopulaverben verzichtet. 224 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen In allen Verbalkategorien werden zusätzlich die konkret verwendeten Verben (decir, preguntar, pensar etc.) erfasst. Da neben verba dicendi bisweilen auch nomina dicendi bzw. cogitandi ver‐ wendet werden, sollen auch diese gesondert festgehalten werden. Daneben werden in der Kategorie „NP“ Konstruktionen des Typs y él: „…“ berücksichtigt. Die Kategorie „PP“ hingegen umfasst u. a. die Konstruktion según + N. Auch die Redekennzeichnung mit Hilfe von Zitatmarkern wie o sea oder como soll festgehalten werden. Schließlich soll ebenfalls erfasst werden, in welchen Fällen eine explizite Redekennzeichnung gänzlich fehlt. Neben der Zusammenstellung textsortenspezifischer Zitatmarker wird die detaillierte Erfassung der Redekennzeichnung es auch erlauben, Wechselwir‐ kungen mit der Ausgestaltung der prosodischen Markierung von Redewieder‐ gabe festzustellen. Auf diesem Wege kann beispielsweise überprüft werden, ob die prosodische Markierung einer wiedergegebenen Passage deutlicher ausfällt, wenn eine explizite Redekennzeichnung fehlt. Untersucht werden soll außerdem der Zusammenhang zwischen Satztyp und Redekennzeichnung; dabei soll der Vermutung nachgegangen werden, dass nicht-deklarative Satz‐ typen möglicherweise mit Hilfe spezifischerer verba dicendi markiert werden als dies bei deklarativen Sätzen der Fall ist. - 6.1.3.2 Auswertung Der oben vorgestellten Kategorisierung folgend wurden alle Redewiedergaben im Korpus in eine von insgesamt elf Kategorien eingestuft. Die Übersicht in Abb. 25 zeigt die Verteilung der Belege auf die einzelnen Kategorien: Abb. 25: Redekennzeichnungen im Überblick (N= 758) 6.1 Verbale Ebene 225 Die Kategorie der verba dicendi ist mit großem Abstand die umfangreichste, gefolgt von der Gruppe der Belege, die keine Redekennzeichnung aufweisen. Ein nicht geringer Anteil von Redewiedergaben wird schließlich mit Hilfe eines Zitatmarkers oder mit Hilfe einer Nominalphrase gekennzeichnet. Die Kennzeichnung über Nomina ist vergleichsweise selten; auch diejenigen Belege, die mehrere Kennzeichnungen aufweisen, sind nicht besonders zahlreich. Die Gruppe der verba dicendi besteht mehrheitlich aus decir, in großem Abstand gefolgt von Verben wie preguntar, responder oder hablar (de algo). Verben, die sich auf einen spezifischen Aspekt oder eine bestimmte Funktion einer Äußerung beziehen wie gritar, resumir, dictaminar oder definir, haben dagegen eine äußerst geringe Frequenz bzw. stellen sogar hapax legomena dar. Da die Gruppe der Zitatmarker bislang kaum anhand größerer Korpora untersucht wurde (vgl. aber Grutschus 2021), möchten wir sie im Folgenden ein wenig ausführlicher darstellen. Wie aus Abb. 26 ersichtlich, sind im Korpus insgesamt acht unterschiedliche Zitatmarker belegt, von denen drei (luego, es que und de que) jedoch den Status eines hapax legomenon haben. Knapp die Hälfte der Belege macht der Marker como aus, mit einigem Abstand gefolgt von así, en plan und o sea. Bislang in keiner Voruntersuchung erwähnt wurde schließlich por ejemplo in seiner Funktion als Zitatmarker. Abb. 26: Überblick über die im Korpus belegten Zitatmarker Como ist ausschließlich im Comedy-Korpus belegt und wird, von wenigen Aus‐ nahmen abgesehen, hauptsächlich von den beiden mexikanischen Comedians verwendet. Nur selten wird como alleine gebraucht (vgl. [129]), wesentlich häufiger tritt es in Kombination mit así (vgl. [130]) oder im Rahmen der auf eine Lehnprägung aus dem englischen be + like basierenden Konstruktion ser como (vgl. [131]) auf. 226 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (129) abrieron las puertas y to(do)s salieron como [0,413] a: h no ma: mes (COM_mex_So_cad_261) - (130) o sea el día que el papá las tenga que presentar así como [0,410] GASTÓN te presento mi hija bella (COM_mex_Wiki_100) - (131) pero tú ves esa muñeca o sea tú vas caminando= =(y de) repente ves no sé vas a LIVERPOOL y es como [2,004] me vuelvo a ver los LEGOS (COM_mex_So_cad_178) Der Zitatmarker así leitet häufig Wiedergaben ein, bei denen nonverbale Elemente im Vordergrund stehen, so beispielsweise in Beleg (132), der die ent‐ setzte Reaktion eines Sprechers inszeniert, der gerade beobachtet hat, wie sein Gesprächspartner ausführlich die „Nase hochgezogen“ hat. Das Gewicht der nonverbalen Reaktion ist auch an der mit 2 Sek. besonders langen Pausendauer abzulesen. - (132) y tú así [2,588] <schaut angewidert> qué pasó? (COM_mex_So_gri_014) Wie como kommt auch así, das im Übrigen sowohl im Comedyals auch (seltener) im Predigt-Korpus belegt ist, bisweilen in Kombination mit einer Präposition oder Konjunktion vor - im Korpus sind así de und así que (vgl. [133]) belegt. Die Frequenz beider Konstruktionen ist jedoch so gering, dass über spezifische Verwendungskontexte oder gar Bedeutungsunterschiede zwischen den beiden Varianten sowie zu Unterschieden zu isoliert verwendetem así keine Aussage möglich ist. - (133) el güey ya bañado con su espada así que [1,097] cómo que no voy o sea (---) ya puse que sí en FACEBOOK luego ya no voy ahorita (COM_mex_So_cad_240) O sea ist der einzige Zitatmarker, der in allen drei Textsorten belegt ist. Den insgesamt wenig zahlreichen Belegen gemein ist die Tatsache, dass o sea exemplifizierende Äußerungen einleitet, die eine zuvor bereits geschilderte Si‐ 6.1 Verbale Ebene 227 417 Hier zeigt sich die Rolle von o sea als reformulador sehr deutlich, die Portolés (1998) in seiner Klassifikation spanischer Diskursmarker festgehalten hat. 418 Vgl. Koch/ Oesterreicher (2011, 43), die luego als „Gliederungssignal“ einordnen, wäh‐ rend sie es que lediglich in seiner Funktion als „Abtönungsphänomen“ beschreiben (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 66). tuation anhand eines Beispiels verdeutlichen. 417 Dies ist auch im nachfolgenden Beispiel der Fall: Der Comedian hat unmittelbar zuvor erläutert, dass ein häufig genanntes Rezept gegen Schluckauf besagt, man müsse dem oder der Betroffenen einen Schrecken einjagen. Diesen Gedanken entwickelt er weiter und kommt zu dem Schluss, dass die Passagiere der Titanic aufgrund des Schreckens über die Eisberge sicherlich nicht an Schluckauf litten. Der mit o sea eingeleitete Dialog inszeniert dabei die Entdeckung eines Eisbergs und das damit zusammenhängende Verschwinden des Schluckaufs. - (134) lo único que estoy seguro es que nadie en el TITANIC se murió con hipo (-) o sea [0,061] un iceberg (.) ah pinche susto y órale aguántate la respiración güey (COM_mex_Wiki_076) Der bislang nur für das peninsulare Spanisch beschriebene Zitatmarker en plan ist im Korpus auch bei mexikanischen Sprechern belegt. Ähnlich wie bei así stehen bei der Redewiedergabe mit en plan häufig nonverbale Aspekte im Vordergrund, die die Realisierung der Äußerung stark beeinflussen. Dies ist auch in Beleg (135) der Fall, in dem en plan die Wiedergabe eines Liedausschnitts einleitet: - (135) mira claro ya en el ambiente no= =una música de miedo de fondo en plan [0,194] <<gesungen>sueño contigo (.) qué me has dado (.) sin tu cariño no me habría enamorado> (COM_and_Ro_sue_052) Die Diskursmarker luego und es que sind klassische turn-taking-Signale. 418 Es wäre deshalb naheliegend zu vermuten, dass sie in ihrer Funktion als Zitatmarker vom wiedergebenden Sprecher als Einleitung der zitierten Pas‐ sage einfach „mitzitiert“ bzw. zum Zwecke authentischerer Rededarstellung zu Beginn des zitierten Turns eingefügt werden. Betrachtet man hingegen die Korpusbelege näher, so wird deutlich, dass sowohl luego als auch es que in dieser spezifischen Funktion keineswegs zum zitierten Turn gehören, sondern im Gegenteil den Abschluss der Redekennzeichnung bilden und damit turnfinal 228 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen auftreten. In Beleg (136) zeigt sich die turnfinale Position von es que sehr klar: Auf den Zitatmarker folgt eine Pause, und erst zu Beginn der zitierten Passage setzt mit sí eine auffällige prosodische Markierung ein. - (136) las explícitas me cagan porque estás platicando con ellas es que [0,315] sí estaba platicando con JUAN (COM_mex_So_gri_007) Die im Korpus vertretenen Redekennzeichnungen in Form von Nominalphrasen werden fast ausnahmslos mit y eingeleitet. Insgesamt treten - ausschließlich singularische - Personalpronomina am häufigsten auf, wie beispielsweise y yo im folgenden Beleg: - (137) me (eh)tá observando to(do el) mundo y yo= =qué hago qué hago qué hago (COM_and_Ro_sob_015) Ebenfalls eine größere Gruppe bilden Personenbezeichnungen wie güey (vgl. Beleg [138]), tío oder el otro, Indefinitpronomina wie todo el mundo oder Kollektiva wie la gente. - (138) y el güey [0,220] quiero hacer pipí (.) quiero hacer pipí (COM_mex_So_cad_213) Diese Kategorie von Redekennzeichnungen tritt praktisch nur im Co‐ medy-Korpus auf. Eine Ausnahme bilden jedoch Nominalphrasen, die Eigen‐ namen enthalten: Sie treten ausschließlich im Vortragskorpus an Stellen auf, an denen der Vortragende aus Theaterstücken zitiert und anstelle einer Redekenn‐ zeichnung den Namen des Protagonisten vorliest. Diesen Fall illustriert Beleg (139), in dem der Vortragende einen Dialog aus Shakespeares Wie es euch gefällt zitiert: - (139) y SILVIO (.) oh querida FEBE si alguna vez (.) y esa vez puede estar cerca encuentras en alguna mejilla fresca= =el poder de seducirte (VOR_Jau_016) In der Kategorie „weitere Verben“ bilden Bewegungsverben wie ir und llegar die größte Untergruppe. Dabei wird ir (evtl. unter dem Einfluss von engl. to go) ausschließlich von lateinamerikanischen Sprechern und häufig im pasado inde‐ finido verwendet, wie beispielsweise im folgenden Beleg, in dem der Prediger ein spanischsprachiges Mitglied seiner US-Gemeinde („Favorday“) zitiert: 6.1 Verbale Ebene 229 419 S. Grutschus (in Begutachtung) mit detaillierteren Überlegungen zu Konstruktionen des Typs va/ llega/ viene y dice. (140) una de lah preguntah= =que una vez me hizo: (.) un profesor (.) en favorday (.) él fue [0,71] DANTE (.) qué eh lo que te hace enojar (-) y qué eh lo que te pone feliz (PREV_Ge_pas_082) Im Unterschied dazu ist die wörtliche Bedeutung von llegar dahingehend als präsenter einzustufen, als das Verb als Redekennzeichnung im Korpus ausschließlich in Kontexten belegt ist, in denen der zitierte Sprecher tatsächlich an einem Ort ankommt. So illustriert beispielsweise Beleg (141) das Eintreffen des wiedergegebenen Sprechers zu einem Vorstellungsgespräch: - (141) (en)tonces tú llegas [0,078] ah buenos días qué tal jejejeje (COM_cas_Bu_ent_036) Die Verwendung von llegar als redeeinleitendes Verb kann in allen Fällen belegten entweder als elliptisch („llega [y dice]: “) 419 oder als metonymisch in‐ terpretiert werden, so dass der Pragmatikalisierungsprozess, den ir - zumindest in bestimmten Varietäten - bereits durchlaufen hat, sich bei llegar allenfalls im Anfangsstadium befindet. In sehr ähnlichen Kontexten wie llegar tritt auch das Verb quedarse auf. Seine Verwendung in Beleg (142) zeigt jedoch, dass der Bedeutungsaspekt der Lokalisierung hier deutlich weniger präsent ist: - (142) y entonces cuando todo eso sucede yo me quedo= =señor [0,63] me llaman (PREV_Lu_cam_170) Als lokalisierendes Verb weist estar semantisch gesehen eine gewisse Schnitt‐ menge mit der Gruppe der Bewegungsverben auf. In der Mehrzahl der Belege wird diese lokalisierende Grundbedeutung durch Adverbien wie allí unterstri‐ chen. Nur selten tritt das Verb unabhängig von diesem räumlichen Verwen‐ dungskontext auf, wie beispielsweise in folgendem Beleg: 230 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (143) me acuerdo un día que ehtaba [0,185] seguro que he suhpendido seguro que he suhpendido (COM_and_To_soc_049) Die übrigen in dieser Gruppe versammelten Verben (u. a. añadir, bromear, continuar oder salir) haben beinahe alle den Status eines hapax legomenon und stammen darüber hinaus aus jeweils ganz unterschiedlichen Wortfeldern. Das Vorliegen gleich mehrerer Redekennzeichnungen in einem Beleg ist weitestgehend auf das Vortragskorpus beschränkt und tritt in Kontexten auf, in denen der Beginn und das Ende einer zitierten Passage explizit verbal markiert werden. Wie Beleg (144) verdeutlicht, leiten die Vortragenden Zitate aus der Sekundärliteratur meist mit Hilfe des Verbs citar ein und kennzeichnen ihr Ende mit der Formel fin de cita: - (144) y cito a GULLÓN (.) el instante exaltado (.) del viaje (.) interior (-) o la vivencia transfigurada en experiencia poética (.) fin de cita (VOR_Guz_055) Ein wenig überraschend ist die Tatsache, dass diese doppelte Form der Rede‐ kennzeichnung ausschließlich in wissenschaftlichen Vorträgen und nicht auch in anderen Kontexten auftritt. Denkbar wäre beispielsweise auch eine (freilich redundante) Kombination aus verbum dicendi und Zitatmarker, die jedoch - möglicherweise aus Gründen der Redundanzvermeidung - im Korpus nicht belegt ist. Im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen der Art der Redekennzeich‐ nung und anderen Variablen werden wir zunächst der Frage nachgehen, ob im Korpus spezifische Kennzeichnungstypen belegt sind, die nur für eine bestimmte Textsorte charakteristisch sind. Um die Darstellung übersichtlicher zu machen, haben wir einige Kategorien der Redekennzeichnung „fusioniert“: Angesichts der geringen Frequenz von nomina dicendi und cogitandi wurden beide Kategorien jeweils gemeinsam mit den entsprechenden Verben betrachtet. Aus dem gleichen Grund wurde hacer nicht von den „weiteren Verben“ diffe‐ renziert. Das Ergebnis des Textsortenvergleichs ist in Abb. 27 dargestellt. 6.1 Verbale Ebene 231 Abb. 27: Zusammenhang zwischen Art der Redekennzeichnung und Textsorte (N= 758) Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, dass sich die Redekennzeichnung in den analysierten Predigten relativ stereotyp gestaltet, während Comedy-Acts und Vorträge eine größere Bandbreite aufweisen: Knapp 80 % der Okkurrenzen von Redewiedergabe werden hier mit einem verbum (bzw. einem nomen) dicendi eingeleitet, in den übrigen Fällen liegt mehrheitlich keine Redekennzeichnung vor. Die Redekennzeichnung in den untersuchten wissenschaftlichen Vorträgen ist ein wenig vielfältiger: In jeweils knapp 10-% der Belege liegt eine Doppelmarkierung bzw. eine Markierung über eine Präpositionalphrase vor. Wie Beleg (145) illustriert, handelt es sich hierbei meist um die Konstruktion según + Eigenname. - (145) s: egún e: JUAN MANUEL ROZAS (.) el acento de su autor sobre el viaje interior= =no debe ohcurecer el sentido de una obra que va más allá (VOR_Guz_026) Am vielfältigsten ist die Redekennzeichnung in der Stand-up-Comedy. Zwar werden auch dort knapp 60 % der Belege mit einem verbum (bzw. nomen) dicendi eingeleitet, jedoch treten noch viele weitere Kennzeichnungstypen auf, die in den anderen beiden Textsorten z. T. überhaupt nicht oder nur vereinzelt belegt sind. Hierzu gehören u. a. auch solche Redeeinleitungen, die in besonderem Maße als nähesprachlich bezeichnet werden können, so etwa Zitatmarker (vgl. [129]-[136]) oder Nominalphrasen (vgl. [137]-[139]). Insgesamt ist auch der Anteil derjenigen Belege geringer, die keinerlei Redekennzeichnung aufweisen. Eine weitere Variable, deren Auftreten wir im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Redekennzeichnung überprüfen möchten, ist das Vorliegen 232 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 420 Eine ausführliche Vorstellung aller erhobenen prosodischen Parameter findet sich in Kap. 6.2. einer prosodischen Markierung. Hier stellt sich insbesondere die Frage, ob diejenigen Belege, die nicht über eine Redekennzeichnung eingeleitet werden, eher bzw. stärker prosodisch markiert sind als die übrigen Belege. An dieser Stelle ergibt sich ein (jedoch nur scheinbares) methodologisches Problem: Die prosodischen Analysen werden auf der Grundlage von Minimal‐ paaren aus der Redeeinleitung und einem vergleichbar langen Abschnitt der wiedergegebenen Passage durchgeführt (s. Kap. 6.2). Liegt nun keine Redeeinlei‐ tung vor, ist eine vergleichende Gegenüberstellung dennoch weiterhin möglich, wenn der der Wiedergabe unmittelbar vorausgehende Kontext in die Analyse einbezogen wird. Im Folgenden stellen wir lediglich diejenigen prosodischen Parameter vor, 420 bei denen sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Vorliegen bzw. der Abwesenheit von Redekennzeichnung und dem Vorhandensein einer prosodi‐ schen Markierung zeigt. Ein solcher Zusammenhang besteht zunächst zwischen dem Vorliegen einer Pause und der Existenz einer Redekennzeichnung: Wie Abb. 28 zeigt, sind Belege ohne Redekennzeichnung deutlich häufiger über eine Pause markiert. Auch der Anteil regulärer Pausen ist deutlich höher im Vergleich zu Belegen ohne Redekennzeichnung, dieser Unterschied ist jedoch statistisch nicht signifikant. Abb. 28: Zusammenhang zwischen Redekennzeichnung und Pausentyp (N= 742) Der Zusammenhang zwischen den Variablen „Vorhandensein von Redekenn‐ zeichnung“ und „Vorliegen einer finalen Dehnung“ gestaltet sich überraschen‐ derweise genau umgekehrt: Aus Abb. 29 geht hervor, dass nur ein äußerst 6.1 Verbale Ebene 233 geringer Anteil der Belege ohne Redekennzeichnung über eine finale Dehnung markiert ist. Abb. 29: Zusammenhang zwischen Redekennzeichnung und finaler Dehnung (N= 450) Diese Verteilung erklärt sich dadurch, dass finale Dehnungen im Kontext von Redewiedergabe bevorzugt gerade auf der letzten Silbe eines verbum dicendi auftreten - wenn dieses fehlt, steht häufig keine für Dehnungen bevorzugte Pänultima als „Landeplatz“ zur Verfügung. Die Korpusanalyse ergab keine nennenswerten Unterschiede zwischen Be‐ legen mit Redekennzeichnung und nicht eingeleiteten Okkurrenzen im Hin‐ blick auf die Parameter lokale Tonhöhenbewegung, Veränderung des pitch span, Registerwechsel und Veränderung der Stimmqualität. Ebenso wenig geht beispielsweise das Fehlen von Redekennzeichnung mit einer höheren Zahl prosodischer Merkmale pro Beleg einher. Damit lässt sich die Vermutung, dass das Fehlen einer Redekennzeichnung durch eine deutlichere Markierung auf prosodischer Ebene kompensiert würde, lediglich für das Vorliegen von Pausen bestätigen. 6.1.4 Position der Redekennzeichnung - 6.1.4.1 Vorüberlegungen Obwohl ihre konkrete Ausgestaltung nicht viele Variationsmöglichkeiten bietet, soll auch die Position der Redekennzeichnung im Verhältnis zur Redewie‐ dergabe festgehalten werden. Hierbei werden vorangestellte Redekennzeich‐ nungen als „initial“ kategorisiert. Ist die Redekennzeichnung nachgestellt, wird sie der Kategorie „final“ zugerechnet, eine parenthetische Redekennzeichnung 234 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 421 Uns war lediglich die publizierte Fassung des Vortrags zugänglich, es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Anführungszeichen bereits im Vortragsmanuskript befunden haben. wird als „Einschub“ klassifiziert. Schließlich sollen auch Kombinationen dop‐ pelter Redekennzeichnung („initial und final“ etc.) erfasst werden. In diesem Zusammenhang steht zu erwarten, dass sich in der überragenden Mehrheit der Fälle die Kennzeichnung in initialer Position befindet. Textsorten‐ spezifische Effekte sind jedoch in Bezug auf nachgestellte oder als Einschub realisierte Kennzeichnungen erwartbar, da letztere ausschließlich in Verbindung mit direkter Rede auftreten können. Es ist davon auszugehen, dass beide Aus‐ gestaltungen in Vorträgen als ursprünglich schriftlich konzipierten Textsorten häufiger auftreten. - 6.1.4.2 Auswertung Wie vermutet stellt die links von der wiedergegebenen Passage positionierte Redekennzeichnung die mit großer Mehrheit (94 %) am häufigsten belegte Variante dar. Parenthetisch realisierte Redeeinleitungen liegen nur knapp über Hapax-Niveau, doppelt oder (lediglich in einem Fall belegte) dreifach auftretende Kennzeichnungen sind ebenfalls extrem selten. Der Anteil final realisierter Kennzeichnungen schließlich beträgt 4-%. In der rechten Peripherie der Redewiedergabe positionierte Redekennzeich‐ nungen finden sich überwiegend im Vortragskorpus. Wie das Beispiel in (146) zeigt, handelt es sich bei den wiedergegebenen Passagen meist um längere Zitate aus der Sekundärliteratur, deren Quelle erst nach Abschluss der Wiedergabe genannt wird. - (146) de tal manera la subjetivación que realiza diáhporas (.) como la producción de una capacidad de enunciación= =no identificable con anterioridad en un campo de ehperiencia dado (-) cito a CASAS (VOR_Dor_109) Dieser Wiedergabetyp spiegelt die Zitierform des zugrundeliegenden Vortrags‐ manuskripts, in dem die bibliographische Referenz ebenfalls erst im Anschluss erscheint. Für den Zuhörer ergibt sich an dieser Stelle die Schwierigkeit, den Beginn der zitierten Passage („producción“) zu identifizieren, da die Anfüh‐ rungszeichen im Manuskript (vgl. Dorta Sánchez 2012) 421 in der vorgelesenen Realisierung keine Entsprechung finden. Auch im Comedy-Korpus sind einige nur final markierte Okkurrenzen belegt, im Unterschied zum Vortragskorpus ist hier jedoch der Beginn der wiederge‐ 6.1 Verbale Ebene 235 gebenen Passage deutlicher erkennbar. So ist die mit „vamos“ einsetzende Wiedergabe in (149) über den im Kontext auffälligen Wechsel in die erste Person Plural markiert: - (147) así que vamos a hablar de: un clásico del humor= =estaba pensando (COM_cas_Bu_sue_002) In mehrfacher Ausführung vorliegende Redekennzeichnungen treten in unter‐ schiedlichen Konstellationen auf. Die häufigste Kombination stellt dabei die Verknüpfung von initialer und finaler Redekennzeichnung dar, die übrigen Kon‐ stellationen (parenthetische und finale Kennzeichnung sowie zugleich initiale, parenthetische und finale Kennzeichnung) sind lediglich auf Hapax-Niveau belegt. Alle entsprechenden Belege stammen aus dem Vortragskorpus; ihnen liegt meist ein stereotypes Muster zugrunde (s. a. Kap. 6.1.3.2): Wie aus Beleg (148) ersichtlich wird, erfolgt die initiale Kennzeichnung mit Hilfe von citar, während das Zitatende über die Formel fin de cita markiert wird. - (148) definido como (.) y cito (.) en la literatura medieval (.) colección de fábulas (.) referentes animales reales (.) o quimeras (-) fin de cita (-) (VOR_Gonz_006) 6.1.5 Verknüpfung von R 0 und R 1 - 6.1.5.1 Methodologische Vorüberlegungen Bezüglich der syntaktischen Verknüpfung von Redekennzeichnung (R 0 ) und Redewiedergabe (R 1 ) bestehen insgesamt drei grundlegende Möglichkeiten: R 1 kann erstens autonom sein, wie dies beispielsweise bei (freier) direkter Rede oder bei der als elliptisch zu interpretierenden Konstruktion des Typs y él: „…“ der Fall ist. Die Kategorie „Autonomie R 1 “ soll im Folgenden den unmarkierten Fall darstellen und alle Okkurrenzen umfassen, bei denen R 1 als syntaktisch unabhängige Äußerung realisiert wird und R 0 keine Subjunk‐ tionen enthält. Zweitens kann R 1 in einem Subordinationsverhältnis zu R 0 stehen - dies trifft insbesondere auf indirekte Rede zu. Schließlich kann R 1 drittens auch in R 0 integriert sein - dies betrifft insbesondere Redewiedergabe unterhalb der Äußerungsebene, die lediglich eine Nominalphrase oder eine 236 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Präpositionalphrase umfasst. Beleg (149) illustriert eine solche Konstruktion: Die wiedergegebene Passage „determinación enunciativa“ hat lediglich den Umfang einer Nominalphrase und ist syntaktisch als Komplement von lectura vollständig in die redekennzeichnende Äußerung R 0 integriert. - (149) por otro lado me interesa arriehgar aquí tentativamente una lectura= =de la determinación enunciativa cito a CASAS (VOR_Dor_014) Im Rahmen der Korpusuntersuchung sollen hier Unterkategorien auf der Grundlage des Phrasentyps („NP“, „PP“ sowie „VP“) gebildet werden, der dem Umfang der Redewiedergabe entspricht. Von besonderem Interesse für die Auswertung wird - neben der Verteilung der einzelnen Verknüpfungstypen auf die drei Textsorten - die Frage sein, ob die syntaktische Struktur eine systematische Entsprechung auf prosodischer Ebene findet. Zu erwarten ist beispielsweise, dass syntaktisch autonome Wiedergaben auch prosodisch stärker markiert sind. - 6.1.5.2 Auswertung Die Auswertung der Analyseergebnisse zeigt zunächst, dass diejenigen Fälle, in denen R 1 als syntaktisch autonome Äußerung realisiert wird, mit 84 % den Löwenanteil ausmachen. Die überwiegende Mehrheit der in dieser Kategorie vertretenen Okkurrenzen entspricht dem Wiedergabetyp „direkte Rede“. Da‐ neben sind jedoch auch Fälle freier indirekter Rede wie in (150) vertreten. - (150) y entonces tu suegra (.) empieza a recogerte el plato [0,137] ah pos nada (.) si quieres (-) te frío unas (.) patatas (COM_cas_Bu_sue_080) In 10 % der Okkurrenzen steht R 1 in einem Subordinationsverhältnis zu R 0 . Mehrheitlich fallen hierunter Fälle indirekter Rede, vereinzelt finden sich jedoch auch Hybridformen wie die in (151) illustrierte Okkurrenz von mit que eingeleiteter direkter Rede. - (151) y llegó un colega dice [0] que se va a acabar el mundo= =y yo bueno poh compramoh el paíh tampoco pasa nada (COM_and_Rei_lev_033) 6.1 Verbale Ebene 237 Hier ist ausschließlich auf prosodischer Ebene zu erkennen, dass es sich nicht um einen klassischen Fall indirekter Rede handelt: Die Äußerung des zitierten Freundes („colega“) weist einen deutlich erweiterten pitch span im Vergleich zur Redeeinleitung auf. Am geringsten ist der Anteil derjenigen Äußerungen, in denen R 1 syntaktisch in R 0 integriert ist. Dabei treten integrierte Nominalphrasen wie in Beleg (149) am häufigsten auf. Integrierte Präpositionalphrasen (vgl. [152]) sowie Verbalphrasen (vgl. [153]) sind nur vereinzelt belegt. - (152) condición según ella (.) para lograr la visión de un ehpacio político (VOR_Dor_125) - (153) y el yak escrito con i griega= =se llama yak porque tenía que haber algún animal= =que empezase con la letra i griega (VOR_Gonz_150) Die Präpositionalphrasen stehen meist in valenzieller Beziehung zu einem der wiedergegebenen Passage vorausgehenden Verb oder Substantiv, während die Verbalphrasen, wie dies auch in (153) der Fall ist, häufig einem vor der Wiedergabe platzierten Subjekt folgen. Die Verknüpfungstypen unterscheiden sich in ihrer Verteilung auf die un‐ terschiedlichen Textsorten: Abb. 30 zeigt, dass sowohl im Comedyals auch im Predigtkorpus die syntaktische Autonomie von R 1 mit großem Abstand den häufigsten Fall darstellt. Der Anteil syntaktisch autonomer Wiedergabe ist im Vortragskorpus etwas geringer, wohingegen der Anteil syntaktisch in den Einleitungskontext integrierter Wiedergaben fast ein Drittel beträgt und damit deutlich größer ausfällt als in den beiden übrigen Korpora. Abb. 30: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und Textsorte (N= 761) 238 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Damit findet sich die Beobachtung von García Negroni (2011, 50), dass ponencias einen hohen Anteil an „citas integradas“ aufweisen, eine deutliche Bestätigung im analysierten Korpus. Schließlich haben wir im Rahmen der Auswertung überprüft, welche Zusam‐ menhänge sich zwischen unterschiedlichen Verknüpfungstypen und der proso‐ dischen Realisierung der entsprechenden Äußerungen ergeben. Hintergrund dieser Überlegungen ist die Annahme, dass sich die syntaktische Struktur auf prosodischer Ebene gespiegelt findet. Damit müssten syntaktisch autonome Wiedergaben prosodisch stärker markiert sein als subordinierte oder syntak‐ tisch integrierte Wiedergaben. In Bezug auf die Realisierung von Pausen lässt sich ein deutlicher Zusam‐ menhang zwischen syntaktischer und prosodischer Struktur feststellen: Wäh‐ rend syntaktisch autonome Redewiedergabe in knapp 50 % der Fälle über Pausen bzw. Mikropausen markiert ist, liegt dieser Anteil bei syntaktisch in die Redekennzeichnung integrierten wiedergegebenen Passagen nur bei 20 %. Reguläre Pausen sind hier sogar nur bei 10 % der Belege zu verzeichnen. Die Auswertung mit dem binären Logit-Modell zeigt jedoch, dass keiner der genannten Unterschiede statistisch signifikant ist. Wie Abb. 31 illustriert, nehmen Fälle, in denen R 1 in einem Subordinations‐ verhältnis zu R 0 steht, bezüglich der Pausenrealisierung eine mittlere Position ein - hier liegt der Anteil regulärer Pausen bei gut 20 %. Makropausen treten beinahe ausschließlich vor syntaktisch autonomen Redewiedergaben auf, bei der einzigen Okkurrenz in der Kategorie Subordination handelt es sich um einen Hapax-Beleg. Abb. 31: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und Pausentyp (N= 742) Weiterhin zeigt sich im analysierten Korpus, wie auch Abb. 32 illustriert, ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Typ der syntaktischen Verknüpfung 6.1 Verbale Ebene 239 und der lokalen Tonhöhenbewegung zu Beginn der wiedergegebenen Passage. Zwischen syntaktisch autonomen und syntaktisch integrierten Wiedergaben zeigt sich zunächst der vermutete grundlegende Zusammenhang: Syntaktisch autonome Wiedergaben zeichnen sich deutlich häufiger durch das Vorliegen einer lokalen Tonhöhenbewegung aus als syntaktisch integrierte Wiedergaben, die in fast 50 % der Fälle diesbezüglich unmarkiert bleiben. Die statistische Auswertung mit dem binären Logit-Modell zeigt, dass dieser Unterschied zwischen autonomen und integrierten Wiedergaben höchstsignifikant ist (p = 0,0002). Abb. 32: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und lokaler Tonhöhenbewegung zu Beginn der Wiedergabe (N= 691) In gleich doppelter Hinsicht unerwartet fällt hingegen die prosodische Markie‐ rung subordinierter Wiedergaben aus: Erstens ist der Anteil der nicht über eine Tonhöhenbewegung markierten Wiedergaben noch ein wenig geringer als im Falle syntaktisch autonomer Wiedergaben (23 % im Vergleich zu 28 %) - eigentlich wäre hier eher eine Zuals eine Abnahme prosodisch nicht mar‐ kierter Belege zu erwarten gewesen. Und zweitens ist der Anteil derjenigen Okkurrenzen, bei denen die Wiedergabe mit einem Tonhöhensprung nach unten einsetzt, drastisch erhöht. Die Bündelung ist umso auffälliger, als die lokale Tonhöhenbewegung nach unten im gesamten Korpus nur sehr selten vorkommt. Statistisch gesehen ist die Verknüpfung von Okkurrenzen indirekter Rede mit einer lokalen Tonhöhenbewegung nach unten höchstsignifikant. Das in Abb. 33 dargestellte Prosogram illustriert die konkrete Ausgestaltung einer syntaktisch subordinierten Redewiedergabe, die über einen Tonhöhen‐ sprung nach unten markiert ist: Die wiedergegebene Passage beginnt wie in beinahe allen Fällen dieser Kategorie mit der Subjunktion que, die eine deutlich niedrigere Grundfrequenz im Vergleich zur letzten Silbe der vorangehenden 240 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Akzentphrase aufweist. Insgesamt liegt die Tonhöhe der zugehörigen, auf „mentiroso“ endenden Akzentphrase deutlich unter der vorhergehenden. Abb. 33: Prosogram des Belegs COM_cas_Bu_ment_051 Auch die Betrachtung des pitch span der wiedergegebenen Passage zeigt eine Wechselwirkung mit den unterschiedlichen Verknüpfungstypen zwischen R 0 und R 1 . Wie aus Abb. 34 hervorgeht, sind die Unterschiede in der den pitch span betreffenden Markierung jedoch auf syntaktisch integrierte Wiedergaben beschränkt-- im Gegensatz zu den zuvor betrachteten Korrelationen verhalten sich syntaktisch subordinierte Wiedergaben fast genau wie ihre autonomen Pendants. Abb. 34: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und Veränderung des pitch span (N= 661) Syntaktisch integrierte Wiedergaben sind damit deutlich seltener - nämlich nur in knapp 30 % der Fälle - über einen veränderten pitch span markiert, wohingegen autonome und subordinierte Wiedergaben jeweils in knapp 60 % 6.1 Verbale Ebene 241 422 Die Auswertung mit dem binären Logit-Modell zeigt ein signifikantes Ergebnis (p = 0,0316). der Fälle eine pitch-span-Veränderung aufweisen. Dieser Unterschied ist auch statistisch signifikant. 422 Schließlich zeigen sich auch Korrelationen zwischen dem Typ der syntakti‐ schen Verknüpfung und dem Vorliegen eines Registerwechsels. Wie erwartet, ergab die Auswertung der Korpusdaten (s. Abb. 35) einen wesentlich höheren Anteil markierter Belege (über 40 %) für syntaktisch autonome Wiedergaben, während nur gut 10 % der syntaktisch integrierten Wiedergaben einen Register‐ wechsel aufweisen. Syntaktisch subordinierte Wiedergaben nehmen wiederum eine mittlere Position ein. Abb. 35: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und Registerwechsel (N= 661) Für die subordinierten Okkurrenzen zeigt sich abermals ein - hier allerdings nur leicht erhöhter - Anteil von Wechseln in ein tieferes Register. Der in Abb. 33 dargestellte Korpusbeleg ist gleichzeitig diejenige Okkurrenz mit dem am stärksten ausgeprägten Wechsel in ein tiefer liegendes Register. Aus verschiedenen Gründen ist die Erörterung eines möglichen Zusammen‐ hangs zwischen syntaktischem Verknüpfungstyp und den übrigen erhobenen prosodischen Parametern an dieser Stelle nicht sinnvoll: Einerseits sollen damit Zirkelschlüsse vermieden werden, andererseits soll damit nicht der Blick auf die tatsächlichen Ursachen bestimmter Zusammenhänge verstellt werden. Dies betrifft zunächst den Parameter der Zitatkontur: Wie in Kap. 6.2.4.1 noch näher zu erläutern sein wird, treten Schlusskonturen ausschließlich am Ende größerer Phrasen auf. Damit ist bereits von vorneherein ausgeschlossen, dass vor dem Beginn syntaktisch integrierter Wiedergaben, denen i. d. R. maximal 242 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen eine Akzentphrase vorausgeht (s. a. Beleg [152]), eine Zitatkontur auftreten kann. Daneben sind im Kontext syntaktisch integrierter Redewiedergaben auch Veränderungen der Stimmqualität praktisch ausgeschlossen. Dies steht jedoch nicht in Zusammenhang mit den syntaktischen Eigenschaften der Wiedergabe, sondern ist im textsortenabhängigen Einsatz des Parameters der Stimmqua‐ lität begründet: Das Vortragskorpus, in dem fast alle syntaktisch integrierten Okkurrenzen belegt sind, weist praktisch keine Veränderungen im Bereich der Stimmqualität auf. Dies hängt möglicherweise damit zusammen, dass der Rückgriff auf paraverbale Kontexte den Vortragenden als nicht angemessen erscheint. Abschließend lässt sich festhalten, dass sich für die Parameter Pause, lokale Tonhöhenbewegung zu Beginn der Wiedergabe, Veränderung des pitch span sowie Registerwechsel deutliche Korrelationen mit dem Typ der syntaktischen Verknüpfung zwischen R 0 und R 1 herauskristallisiert haben. Die Mehrzahl dieser Wechselwirkungen unterstreichen die Tendenz, dass syntaktisch autonome Wiedergaben auf prosodischer Ebene stärker markiert sind als syntaktisch subordinierte oder integrierte Wiedergaben. 6.1.6 Redewiedergabe-Typ - 6.1.6.1 Vorüberlegungen Als vorletzter Parameter auf der verbalen Ebene soll jeder Korpusbeleg einem spezifischen Typ von Redewiedergabe zugeordnet werden. Die Analyse wird sich dabei zunächst auf die vier kanonischen Typen beziehen und zwischen direkter Rede, indirekter Rede, freier direkter Rede sowie freier indirekter Rede differenzieren. Die Einteilung stützt sich auf die in Kap. 3.1.1 vorgestellten formalen Kriterien. Darüber hinaus werden zwei hybride Typen von Redewiedergabe berück‐ sichtigt: einerseits indirekte Rede ohne que (vgl. [154]) und andererseits mittels que eingeleitete direkte Rede (s.-o., Beleg [151]). - (154) lo que está claro es que al igual= =que los curas e: = =dicen [0] son loh representantes de dios en la tierra (COM_cas_Bu_sue_013) 6.1 Verbale Ebene 243 Konstruktionen des Typs según + N werden gemeinsam mit ihren mit para eingeleiteten Äquivalenten (vgl. [155]) in einer eigenen Unterkategorie PP erfasst. - (155) si la política eh para RANCIÈRE (0,127) el ehcuchar como a sereh dotadoh de la palabra a aquelloh= =que no eran consideraoh máh que como animaleh ruidosos (VOR_Dor_117) Alle Belege, die keiner der genannten Kategorien eindeutig zuzuordnen sind, werden in einer gesonderten Restkategorie erfasst. Diese Restkategorie wird hauptsächlich Belege enthalten, bei denen R 1 in R 0 integriert ist, da diese keiner der traditionellen Kategorien zuzuordnen sind. Für die Auswertung steht die Frage nach der textsortenspezifischen Verwen‐ dung der einzelnen Typen im Mittelpunkt. Darüber hinaus von Interesse ist die prosodische Gestaltung bestimmter Redewiedergabe-Typen: Die Analyse wird zeigen, ob beispielsweise indirekte Rede prosodisch tatsächlich nicht markiert ist, wie dies in zahlreichen Darstellungen traditionell behauptet wird. - 6.1.6.2 Auswertung Die Auswertung der Korpusbelege zeigt eine äußerst ungleiche „Auslastung“ der einzelnen Typen von Redewiedergabe: Mit 75 % fällt der Löwenanteil der Belege in die Kategorie „direkte Rede“. Mit 12 % der Belege liegt die freie Variante der direkten Rede (FDR) auf dem zweiten Platz, dicht gefolgt von der indirekten Rede. Hybridformen sowie mit según oder para eingeleitete Präpositionalphrasen (PP) spielen lediglich eine marginale Rolle. Angesichts ihrer geringen Frequenz werden beide Typen aus den weiteren Analysen ausgeschlossen. Abb. 36: Redewiedergabe-Typen im Überblick (N= 760) 244 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Zunächst haben wir das Korpus auf Affinitäten zwischen bestimmten Satz‐ typen und bestimmten Typen der Redewiedergabe überprüft. Dies scheint insbesondere vor dem Hintergrund interessant zu sein, dass häufig davon ausgegangen wird (vgl. Kap. 3.1.1.2), indirekte Rede sei auf deklarative Satztypen beschränkt, ohne dass dies auch empirisch nachgewiesen würde. Im Unterschied dazu fehlt die Angabe einer solchen Tendenz für die beiden Varianten direkter Rede. Abb. 37: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und Satztyp (N= 601) Wie aus Abb. 37 deutlich wird, bestätigt sich zunächst die Vermutung, dass indirekte Rede in mehr als 90 % der Fälle Deklarativa umfasst. Der (allerdings verschwindend geringe) Anteil an Imperativen ist auf die Polysemie des Verbs decir zurückzuführen, das in einigen Belegen (vgl. [124’]) aus dem Predigtkorpus in der Lesart ‘pedir’ (vgl. DRAE 2014, s.-v. D E C I R 1 6.) gebraucht wird: - (124’) dice la BIblia que (.) amemos a nuestros enemigos= =bendigamos al que nos maldice= =que oremos por loh que nos persiguen (PREV_Lu_amor_042) Für beide Varianten direkter Rede stellen Deklarativa ebenfalls den am häu‐ figsten realisierten Satztyp dar. Insgesamt ist hier jedoch die Varianz deutlich größer und es sind jeweils alle vier Satztypen vertreten. Am auffälligsten und statistisch hochsignifikant (p= 0,001) ist der hohe Anteil an Imperativen in freier direkter Rede, der bei knapp 30-% liegt. Die imperativischen Äußerungen entstammen hier insbesondere zwei Kon‐ texten, in denen der Verzicht auf Redekennzeichnung aus unterschiedlichen Gründen naheliegend erscheint. Den ersten Fall illustriert Beleg (156) aus 6.1 Verbale Ebene 245 dem Comedy-Korpus: Hier wird zunächst eine - meist ungewöhnliche oder ab‐ surde - Situation entworfen (im vorliegenden Fall: Kinder werden von Männern ausgetragen, die in der Schwangerschaft spezifisch „männliche Launen“ entwi‐ ckeln). Die Redewiedergabe, die oft keinem konkreten Referenten zuzuordnen ist, illustriert diese Situation in besonderem Maße oder treibt sie auf die Spitze - eine Redekennzeichnung wäre an dieser Stelle redundant und würde zudem den Eintritt der Punchline verzögern. - (156) si fuéramos los hombres= =los que nos quedáramos embarazados eh (.) qué antojos tendríamos (-) a las cuatro de la mañana= =dame una BLACK AND DECKER que voy a poner un cuadro (COM_cas_Pie_cab_021) Ebenfalls redundant wäre eine Redekennzeichnung auch im zweiten Auftre‐ tenskontext imperativischer Äußerungen in freier indirekter Rede, den Beleg (157) illustriert: Das Predigtkorpus enthält zahlreiche aus der Bibel zitierte Im‐ perative. Oft geht dem imperativischen Zitat ein anderes Bibelzitat unmittelbar voraus, so dass der Prediger auf eine nochmalige Redekennzeichnung verzichtet. Im vorliegenden Beispiel wird das Zitat lediglich mit dem Verweis auf Vers und Satz der entsprechenden Bibelstelle eingeleitet: - (157) cuarenta y ocho aquí es donde la cosa se pone buena (-) sed pues vosotros perfectos (--) como vuestro padre que está en los cielos (--) es (.) perfecto (PREV_Lu_amor_126) Die äußerst ungleiche Verteilung der Satztypen auf bestimmte Redewieder‐ gabe-Typen muss bei der nun folgenden Auswertung des Zusammenhangs zwischen Redewiedergabe-Typus und prosodischer Markierung in jedem Fall berücksichtigt werden, da angenommen werden muss, dass nicht-deklarative Satztypen i. d. R. prosodisch stärker markiert sind als Deklarativa (vgl. u. a. Bolinger 1946). Damit könnte die ggf. feststellbare auffälligere prosodische Markierung eines bestimmten Redewiedergabe-Typs im verwendeten Satztyp begründet liegen und nur mittelbar auf den Redewiedergabe-Typ zurückzu‐ führen sein. Hinsichtlich der prosodischen Markierung verschiedener Redewieder‐ gabe-Typen ist nach einhelliger Auffassung (vgl. Kap. 3.1.1.2) indirekte Rede im Vergleich zu ihren beiden freien Varianten nur schwach markiert. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Markierung freier direkter Rede aus 246 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Gründen der Verständnissicherung stärker ausfällt als diejenige direkter Rede: Um den - durch das Fehlen einer Redekennzeichnung möglicherweise entste‐ henden - Prozessierungsaufwand für den Rezipienten möglichst gering zu halten, kann der Wechsel der Sprechinstanz auf paraverbaler Ebene angezeigt werden. Insgesamt sind also zahlreiche Parallelen zum Typ der Verknüpfung zwischen R 0 und R 1 (vgl. Kap. 6.1.5) zu erwarten, der ja eng mit dem Redewie‐ dergabe-Typ zusammenhängt. Wie aus Abb. 38 ersichtlich wird, bestätigt die Korpusauswertung unsere Vermutungen zunächst im Hinblick auf das Vorliegen einer der Wiedergabe vorausgehenden Pause: Während den im Korpus belegten Okkurrenzen indi‐ rekter Rede in über 70 % der Fälle keine Pause vorausgeht, liegen bei direkter und umso mehr bei freier direkter Rede deutlich häufiger Pausen vor - dieser Unterschied ist jedoch statistisch nicht signifikant. Abb. 38: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und Pausentyp (N= 703) Neben der Tatsache, dass Pausen vor freier direkter Rede häufiger eingesetzt werden, ist weiterhin auffällig, dass hier auch der Anteil an Makropausen etwas höher ausfällt als beispielsweise in direkter Rede. Einen typischen Auf‐ tretenskontext aus dem Comedy-Korpus illustriert Beleg (158): Ähnlich wie im Falle der in (156) dargestellten imperativischen Äußerung wird auch hier im Vorfeld der Wiedergabe eine bestimmte Kommunikationssituation sehr genau beschrieben. Die Pause gibt dem Comedian die Gelegenheit, in die - i. d. R. sich von seiner persona sehr stark unterscheidende - neue Sprechrolle zu schlüpfen. Im vorliegenden Fall entwirft der Comedian Luis Piedrahita den Kontext einer Werbung für Kinderspielzeug - konkret soll hier ein für Mädchen entworfener Spielzeughund beworben werden. Dabei übt er u. a. dadurch Kritik an stark gegenderter Werbung, dass das Produkt von einer Sprecherin mit übertrieben 6.1 Verbale Ebene 247 hoher Sprechstimme beworben wird und die Vorzüge des Produkts im Anschluss sogar singend vorgetragen werden. - (158) pongamos como ejemplo un perrito [1,276] ala (-) un perrito (.) <<gesungen>el perrito que camina y que camina sin parar> (COM_cas_Pie_cab_030) Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Redewiedergabe-Typ und dem Vor‐ liegen einer lokalen Tonhöhenbewegung zu Beginn der Wiedergabe bestätigt die Auswertung der Korpusdaten unsere eingangs geäußerte Vermutung nicht, dass indirekte Rede insgesamt weniger deutlich markiert wird als die beiden direkten Varianten. Im Gegenteil zeigt Abb. 39 sogar, dass Okkurrenzen indirekter Rede insgesamt am seltensten keine solche Tonhöhenbewegung aufweisen. Abb. 39: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und lokaler Tonhöhenbewe‐ gung zu Beginn der Wiedergabe (N= 663) Wie bereits im Zusammenhang mit dem Verknüpfungstyp der Subordination festgestellt werden konnte (vgl. Abb. 32), wird indirekte Rede statistisch höchst‐ signifikant häufig über eine Tonhöhenbewegung nach unten markiert. Zwischen den einzelnen Wiedergabetypen bestehen keine nennenswerten Unterschiede, was die Markierung über einen veränderten pitch span betrifft: Für alle drei analysierten Typen ergibt sich in etwa 40 % der Fälle keine pitch-span-Veränderung, die übrigen Belege weisen in den wiedergegebenen Passagen einen im Vergleich zur Redekennzeichnung größeren oder kleineren pitch span auf. Dieses Ergebnis ist insofern überraschend, als für Okkurrenzen indirekter Rede im Vorfeld eigentlich keine pitch-span-Veränderung zu erwarten war. 248 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Als letzter prosodischer Parameter wurde der Zusammenhang zwischen Wiedergabetyp und dem Vorliegen eines Registerwechsels überprüft. Aus Abb. 40 wird ersichtlich, dass sich hier die eingangs vermutete Verteilung wieder bestätigt: Die Korpusbelege indirekter Rede sind lediglich in gut 20 % der Fälle über einen Registerwechsel markiert, während der Anteil für Okkurrenzen direkter und freier direkter Rede bei über 40 % liegt. Jedoch sind keine klaren Unterschiede zwischen direkter und freier direkter Rede erkennbar. Auffällig ist hier wieder der erhöhte Anteil von Wechseln in ein tieferes Register bei indirekter Rede (vgl. Abb. 32 sowie Abb. 39). Abb. 40: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und Registerwechsel (N= 633) Schließlich wurde auch analysiert, ob in bestimmten Textsorten bevorzugt bestimmte Wiedergabetypen auftreten. Hier liegt die Vermutung nahe, dass im Comedy-Korpus der Anteil direkter Rede besonders hoch ist, während Vorträge vermutlich einen höheren Anteil indirekter Rede aufweisen als die übrigen beiden Textsorten. Im Rahmen der Analyse wurden auch die in den voranstehenden Auswertungen der prosodischen Markierung aufgrund zu geringer Frequenz ausgeblendeten hybriden Wiedergabetypen sowie die über Präpositionalphrasen eingeleiteten Belege wieder integriert. Abb. 41 zeigt, dass sich die vermuteten Zusammenhänge im Korpus nicht bestätigen lassen: Zwar ist der Anteil direkter Rede im Vortragskorpus ein wenig geringer als in Predigten und in der Comedy, jedoch ist der Anteil indirekter und freier direkter Rede in allen drei Textsorten vergleichbar. 6.1 Verbale Ebene 249 Abb. 41: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und Textsorte (N= 742) Die Rolle der „Züngleins an der Waage“ übernehmen hier tatsächlich die-- insge‐ samt nur in sehr geringer Zahl vertretenen - übrigen Wiedergabetypen, die sich komplementär auf die einzelnen Textsorten verteilen: Während die Hybridformen ausschließlich im Comedy-Korpus belegt sind, treten die mit Präpositionalkon‐ struktion eingeleiteten Wiedergabetypen lediglich im Vortragskorpus auf. Die Verteilung auf die Textsorten lässt die Vermutung zu, dass die Verwen‐ dung dieser beiden Wiedergabetypen möglicherweise konzeptionelle Charak‐ teristika der betroffenen Diskurstraditionen widerspiegelt, die insbesondere mit dem Planungsbzw. Spontaneitätsgrad zusammenhängen: Zwar zeichnen sich sowohl Vorträge als auch Comedy-Acts durch ein hohes Maß an Vorbereitung aus (s. Kap. 4.2.1.2 und Kap. 4.2.3.2), jedoch unterscheiden sie sich dahingehend, dass Comedy-Acts den Eindruck spontaner Realisierung erwecken müssen, während die Tatsache, dass wissenschaftliche Vorträge vorgelesen werden, ihren vorbereiteten Charakter noch unterstreicht bzw. sogar ausstellt. Die im Comedy-Korpus belegten Hybridformen erwecken nun insofern den Eindruck eines geringen Planungsgrades, als die Abweichung von kanonischen Formen häufig wie ein Versehen wirkt. So lässt sich die Auslassung der Subjunk‐ tion im Falle der hier nochmal angeführten Variante indirekter Rede ohne que in (154) als „Flüchtigkeitsfehler“ interpretieren, der der spontanen Realisierung der Äußerung geschuldet ist und darüber hinaus durch Häsitationssignale wie das gelängte eh noch unterstrichen wird. - (154’) lo que está claro es que al igual= =que los curas e: h= =dicen [0] son loh representantes de dios en la tierra (-) las suegras serían loh representantes de: : (-) bueno (.) cambio de tema e: : m (COM_cas_Bu_sue_013) 250 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 423 Auf eine über die beiden Kategorien Diskursmarker und Interjektionen hinausgehende Klassifizierung etwa in Interjektionen im engeren Sinne (z. B. ¡ah! ) und Lexeminterjektionen wie (z.-B. ¡dios! ) haben wir aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet. Im Gegensatz dazu liegt Redewiedergaben mit Präpositionalphrase meist eine syntaktisch komplexe Konstruktion zugrunde, deren Realisierung mit solch hohem Planungsaufwand verbunden ist, dass sie kaum spontan gebildet werden könnte. In Beleg (159) zeigt sich der hohe Planungsgrad zunächst in der nachgestellten Position der Präpositionalphrase, die in spontaner Realisierung praktisch nicht auf‐ tritt. Darüber hinaus unterstreicht auch die eine gewisse Planung voraussetzende anaphorische Relation zwischen „género literario“ und „dos [géneros literarios]“ den vorbereiteten Charakter der Wiedergabe noch zusätzlich. - (159) esto nos lleva a reflexionar (-) sobre loh rahgoh que definen el género literario en ambas obras (--) respecto a diario de un poeta reciencasado (-) estaría emparentado con dos (-) el diario y la autobiografía (.) según PÉREH PRIEGO (VOR_Guz_010) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die weit verbreitete Vermutung, indirekte Rede sei auf prosodischer Ebene nur schwach bzw. nicht markiert, nur für einige prosodische Parameter (u. a. Pausen und Re‐ gisterwechsel, nicht jedoch lokale Tonhöhenbewegungen oder pitch-span-Veränderungen) nachweisen ließ. Hinsichtlich der prosodischen Markierung ver‐ schiedener Redewiedergabe-Typen muss darüber hinaus bedacht werden, dass diese vermutlich insgesamt stärker mit dem Satztyp als mit dem tatsächlichen Wiedergabetyp zusammenhängt. 6.1.7 Beginn der Redewiedergabe - 6.1.7.1 Vorüberlegungen Schließlich soll im Rahmen der Korpusuntersuchung festgehalten werden, inwie‐ fern der Beginn der wiedergegebenen Passage auf verbaler Ebene markiert wird. Da die Markierung mit Hilfe eines Tempuswechsels zwischen wiedergebender und wiedergegebener Passage (s. Kap. 3.2.3) vergleichsweise selten auftritt, soll hier le‐ diglich die Kennzeichnung mit Hilfe von Diskursmarkern (z. B. bueno oder pues) bzw. von Interjektionen (z.-B. eh oder uy) erfasst werden. Die Differenzierung zwischen Diskursmarkern und Interjektionen erfolgte auf Grundlage der entsprechenden Einordnung der einzelnen Marker in verschiedenen Wörterbüchern. 423 6.1 Verbale Ebene 251 Es ist davon auszugehen, dass vornehmlich Wiedergaben in Form direkter Rede eine solche Markierung aufweisen, ihre Erfassung ist damit lediglich für einen (insgesamt jedoch relativ großen) Teil der Belege relevant. Da für das Spanische bislang keine Untersuchung dieser Elemente vorliegt, spielt ihre Analyse im Rahmen der vorliegenden Korpusstudie eine umso wichtigere Rolle und soll deshalb ausführlich beschrieben werden. Auch steht zu erwarten, dass sich in diesem Bereich spezifische Unterschiede zwischen den einzelnen Textsorten ergeben. Für jede der beiden Kategorien soll weiterhin festgehalten werden, welcher Diskursmarker bzw. welche Interjektion genau verwendet wurde. Ebenfalls erfasst werden sollen das Vorliegen einer Mehrfachmarkierung sowie das Fehlen einer Markierung. Bei der Auswertung wird u. a. die Frage nach einer möglichen Korrelation mit der prosodischen Markierung im Mittelpunkt stehen. Schließlich soll auch festgestellt werden, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer verbalen Markierung und einem bestimmten Satztyp besteht. - 6.1.7.2 Auswertung Im Rahmen der Auswertung der Korpusdaten wurde zunächst überblicksartig festgehalten, welche Typen verbaler Markierung zu Beginn der wiedergegebenen Passage wie häufig im Korpus belegt sind. Abb. 42 zeigt, dass ein sehr hoher Anteil der Belege überhaupt keine derartige Markierung aufweist. Nur 15 % der belegten Okkurrenzen von Redewiedergabe beginnen mit einem Diskursmarker (DM), der Anteil von mit Interjektionen (INT) eingeleiteten Wiedergaben liegt bei 7-%. Mehrfach verbale markierte Belege sind insgesamt selten. Abb. 42: Verbale Markierung des Beginns der Redewiedergabe im Überblick (N= 761) Im Falle mehrfacher Markierung sind in den meisten Fällen zwei, in Ausnah‐ mefällen auch bis zu drei einleitende Elemente belegt. Dabei sind Reihungen 252 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen mehrerer Diskursmarker wie in (160) ebenso möglich wie Kombinationen aus Interjektionen und Diskursmarkern (vgl. [161]). - (160) mi abuela siempre tiene la razón de todo= =o sea tú te das un argumento dices [0,022] oye bueno mira me cagas por esto y ella dice (-) cállate imbécil (COM_mex_So_gri_056) - (161) y entonces tu suegra (.) empieza a recogerte el plato [0,137] ah pos nada (.) si quieres (-) te frío unas (.) patatas (COM_cas_Bu_sue_080) Im Korpus sind insgesamt 45 verschiedene Diskursmarker und Interjektionen belegt, darunter befinden sich jedoch zahlreiche Hapax-Belege. Der Übersicht‐ lichkeit halber umfasst die Überblicksdarstellung in Abb. 43 deshalb lediglich diejenigen Marker und Interjektionen, die über Hapax-Niveau liegen. Abb. 43: Absolute Frequenzen der einzelnen Diskursmarker und Interjektionen (ohne Hapax-Belege) Die Gruppe der belegten Diskursmarker umfasst mehrheitlich Gliederungssig‐ nale (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 43-47). Hierunter sind mit y, sí, pero, pues, bueno, oye, mira und sabes insbesondere Anfangssignale sehr zahlreich vertreten, die den Beginn eines neuen Diskursabschnittes markieren. In Beleg (162) leitet beispielsweise bueno eine wiedergegebene Passage ein, die den Anfang einer Verabschiedungssequenz darstellt. 6.1 Verbale Ebene 253 (162) por ejemplo ehtáh con tu colega y uno va y dice [0] bueno me voy= =que voy a coger el autobuh (COM_and_Ro_sob_037) Naturgemäß weisen gerade Anfangssignale eine große Schnittmenge mit der Kategorie der turn-taking-Signale auf (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 47-49), mit denen ein Sprecher die Übernahme eines Turns markiert. Im untersuchten Korpus erscheint jeweils nur ein empirischer Sprecher, der jedoch über die Verwendung entsprechender Marker einen Wechsel der Sprechinstanz anzeigen kann. So unterstreicht die Einleitung der Wiedergabe mit Hilfe von mira in Beleg (163) beispielsweise, dass in der Folge Hananí, der Bruder des Protagonisten Nehemías, erstmals zu Wort kommt: - (163) y su hermano= =le da un reporte= =le dice [0] mira: (.) la: s [0,28] murallas ehtán (.) derribadas (PREV_Ge_pas_058) Einige der im Korpus belegten Diskursmarker sind stark diatopisch markiert. Dies betrifft insbesondere einige der von den mexikanischen Comedians ver‐ wendeten Marker wie beispielsweise este und güey. Während die diatopische Markierung von güey im Korpus nicht kommentiert wird (vgl. Beleg [164], in dem der Marker analog zu hombre das Entsetzen des wiedergegebenen Sprechers unterstreicht), legt der Comedian in Beleg (165) este explizit mexika‐ nischen Sprechern in den Mund, deren Verhalten im weiteren Kontext mit dem von US-Amerikanern kontrastiert wird. - (164) es como que güe: y (-) qué le estás haciendo a mi perro eh (COM_mex_Wiki_004) - (165) y los mexicanos [1,061] este: (.) <hüstelt> (--) aquí (.) vamos a dejar las despensas aquí está el (-) huevo chorizo aquí hay todo eh? (COM_mex_So_cad_157) Insgesamt nur selten belegt sind Häsitationsmarker wie mm und es que, die, wie Beleg (166) zeigt, häufig in Kombination mit weiteren hesitation phenomena wie Längungen und Pausen auftreten. 254 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (166) y tu eh tu pareja te dice [0,364] m: : : (--) churri (COM_cas_Bu_sue_041) Last but not least finden sich im Korpus auch einige Belege des hier ebenfalls als Diskursmarker eingestuften que citativo, das meist, wie beispielsweise auch in Beleg (167), die Entrüstung des wiedergegebenen Sprechers zum Ausdruck bringt: - (167) digo [0] que me va a descabellar (-) póngame una banderilla= =que soy un toro (COM_cas_Bu_med_045) Daneben kann der Marker auch die (insistierende) Wiederaufnahme einer be‐ reits zuvor getätigten Äußerung durch den Gesprächspartner einleiten, wie dies in Beleg (168) der Fall ist: Hier stellt der Comedian einen Dialog zwischen einer notorischen Lügnerin und einem sehr neugierigen Fragensteller dar, der wissen möchte, warum sie ihren Verlobten nicht einmal mitbringt. Die Angesprochene reagiert zunächst ausweichend („¿Eh? “), weshalb der Fragensteller - nach einem kurzen erläuternden Einschub durch den Comedian - in einer mit que citativo eingeleiteten Frage („¿Que qué? “) noch einmal nachhakt: - (168) y y porqué no lo traes (-) eh? (-) los mentirosos siempre preguntan eh (.) fíjate eh (.) pa poder pensar (-) que qué? (.) por qué no lo traes? (.) ah (.) es que se ha muerto (COM_cas_Bu_ment_031) Die wiedergegebene Passagen einleitenden Interjektionen sind meist einsilbige Vertreter der Kategorie der Interjektionen im engeren Sinne wie beispielsweise ¡ah! , ¡ay! , ¡eh! oder ¡uy! . Sie leiten häufig Exklamativsätze ein und bringen die affektive Disposition des wiedergegebenen Sprechers zum Ausdruck. So unter‐ streicht beispielsweise die Interjektion ¡ay! in (169) den „flehentlichen“ Unterton der vom Gemeindemitglied vorgebrachten Bitte, für eine neue Arbeitsstelle zu beten. Zugleich lässt die Interjektion jedoch auch die negative Einstellung des Predigers zur zitierten Bitte erkennen, die durch eine die passive Haltung des wiedergegebenen Gemeindemitglieds „nachäffende“ Stimmqualität noch zusätzlich unterstrichen wird. 6.1 Verbale Ebene 255 (169) por qué hay e= =cuando me cruzan por allí (.) ay ora por mi pa: htor que me salga un trabajito (PREV_Ge_sud_157) Andererseits finden sich auch Lexeminterjektionen wie jo(der) oder hostia, die offensichtlich stark idiolektal geprägt sind, da keine dieser Gruppe zuzurech‐ nende Interjektion von mehreren Sprechern verwendet wird. So ist beispiels‐ weise ¡hostia! ausschließlich in den Acts des andalusischen Comedians Dani Rovira belegt, wie der folgende Beleg illustriert: - (170) yo sé que muchoh de vosotroh taih pensando [0,224] hohtia el DANI ROVIRA ehte tío eh un crack= =ehte tío pilota ehte tío tiene un cerebro (COM_and_Ro_sue_005) Zwischen dem Vorhandensein einer verbalen Markierung und den unterschied‐ lichen Typen von Redewiedergabe zeigen sich im analysierten Korpus folgende Zusammenhänge: Einerseits wird indirekte Rede praktisch nie mit einem Dis‐ kursmarker oder einer Interjektion eingeleitet, die Markierungen bleiben also auf direkte und freie direkte Rede beschränkt. Andererseits bestehen keine erkennbaren Unterschiede zwischen dem Auftreten verbaler Markierungen in direkter und freier indirekter Rede: In beiden Kategorien wiesen knapp ein Drittel der Belege Diskursmarker bzw. Interjektionen auf. Eine deutliche - statistisch im Übrigen höchstsignifikante (p= 0,000) - Abhängigkeit besteht zwischen dem Vorliegen einer verbalen Markierung und dem jeweiligen Satztyp: Wie Abb. 44 zeigt, werden Exklamativsätze deutlich häufiger (insbesondere über Interjektionen) markiert. Abb. 44: Zusammenhang zwischen verbaler Markierung zu Beginn der Redewiedergabe und Satztyp (N= 616) 256 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Einen solchen Fall illustriert der mit der Interjektion jo(der) eingeleitete Beleg (171): - (171) que tú diceh [0,025] jo qué mierda (COM_and_Ro_sob_021) Im Rahmen der Auswertung wurden die Korpusbelege weiterhin auf mögliche Korrelationen zwischen dem Vorliegen einer verbalen Markierung und dem Vorhandensein einer Redekennzeichnung überprüft. Hier könnten Diskurs‐ marker oder Interjektionen eventuell als Kompensation bzw. als Alternative für fehlende Redekennzeichnungen fungieren, da auch sie den Wechsel der Sprech‐ instanz anzeigen können. Jedoch ergab die Analyse hier keinen eindeutigen Unterschied zwischen Belegen mit und ohne Redekennzeichnung. Daneben wurde auch ermittelt, ob sich eine Korrelation nachweisen lässt zwischen dem Vorliegen einer verbalen Markierung und der ggf. stärkeren oder schwächeren Ausprägung einer prosodischen Markierung. Denkbar wäre beispielsweise, dass einerseits verbale und paraverbale Markierung jeweils komplementär verteilt sind, so dass die Abwesenheit der einen durch das Vorliegen der anderen kompensiert würde. Andererseits könnten sich beide Markierungen auch gegenseitig verstärken. Hinsichtlich der prosodischen Cha‐ rakteristika der Pause, des Vorliegens einer lokalen Tonhöhenbewegung und der pitch-span-Veränderung liefert das Korpus weder für die eine noch für die andere Hypothese schlüssige Beweise. Einzig in Bezug auf das Merkmal des Registerwechsels findet sich eine etwas deutlichere Wechselwirkung: Wie Abb. 45 zeigt, ist der Anteil prosodisch markierter Belege höher, wenn zusätzlich eine verbale Markierung in Form eines Diskursmarkers oder einer Interjektion vorliegt. Beide Markierungen verstärken sich also gegenseitig. Abb. 45: Zusammenhang zwischen verbaler Markierung zu Beginn der Redewiedergabe und Registerwechsel (N= 661) 6.1 Verbale Ebene 257 Schließlich wurden die Korpusbelege auf einen Zusammenhang zwischen dem Vorliegen verbaler Markierungen und der jeweiligen Textsorte überprüft. Vermutet werden konnte hier, dass das Comedy-Korpus im Vergleich die umfassendste Markierung aufweist, während im Vortragskorpus praktisch keine einleitenden Diskursmarker (DM) oder Interjektionen (INT) zu erwarten waren. Wie aus Abb. 46 hervorgeht, bestätigt sich genau diese Vermutung im Korpus: Während gut 35 % der Belege im Comedy-Korpus eine verbale Markierung aufweisen, liegt dieser Anteil im Vortragskorpus bei unter 5 %. Das Predigtkorpus nimmt diesbezüglich eine mittlere Position ein. Abb. 46: Zusammenhang zwischen verbaler Markierung zu Beginn der Redewiedergabe und Textsorte (N= 761) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Vorliegen verbaler Markierungen zu Beginn der Redewiedergabe vergleichsweise selten und bevorzugt im Comedy-Korpus sowie in Exklamativsätzen belegt ist. Wechselwirkungen mit prosodischen Merkmalen bleiben auf den Registerwechsel beschränkt, der etwas häufiger auftritt, wenn eine verbale Markierung vorliegt. 6.1.8 Nicht berücksichtigte Parameter Eine Reihe von verbalen Parametern kann aus unterschiedlichen Gründen in der Korpusuntersuchung nicht berücksichtigt werden. Hierzu gehört zunächst die Markierung einer Redewiedergabe über einen Tempuswechsel zu Beginn der wiedergegebenen Passage. Hier steht die in den untersuchten Textsorten erwartbare Seltenheit des Auftretens in keinem Verhältnis zum Annotations‐ aufwand. 258 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 424 Analog zu den Beginn einer wiedergegebenen Passage markierenden Elementen wie bueno (s. o.), die deckungsgleich sind mit turn-taking-Signalen, stimmen die hier als „unquote-Marker“ bezeichneten Elemente mit Diskursmarkern überein, die das Ende eines Turns markieren. Es handelt sich also genau genommen um sekundäre unquote-Marker. Daneben können auch sogenannte unquote-Marker, 424 die das Ende einer wiedergegebenen Passage markieren, nicht systematisch erfasst werden. Hierzu gehören u. a. verschiedene question tags wie ¿no? oder das in (172) den Abschluss der Punchline markierende ¿sabes? . - (172) y los má: : s e: : m (-) m básicos dicen: : : = =soy muy amigo de m: is amigos (---) dicen (.) esto es una tintorería no una chirigota sabes (COM_cas_Bu_ent_056) Da dieser Markertyp ausschließlich in Kontexten direkter Rede zu erwarten ist und vermutlich nicht als textsortenspezifisch einzustufen ist, scheint eine gesonderte Analyse im Rahmen einer Fallstudie wesentlich sinnvoller. 6.2 Paraverbale Ebene Aus der syntaktischen Struktur (s. Kap. 6.1.5) von Redewiedergabe lässt sich ab‐ leiten, dass sich zwischen der redekennzeichnenden und der wiedergegebenen Passage auch eine prosodische Phrasengrenze befinden muss. In Abhängigkeit vom Wiedergabetyp kann sich diese Grenze unterschiedlich gestalten: Wäh‐ rend in direkter Rede in den meisten Fällen zwei Intonationsphrasen (IP) aufeinandertreffen, dürften beispielsweise bei indirekter Rede häufiger zwei Intermediärphrasen (ip) vorliegen. Die beiden nachfolgenden Belege illustrieren die mutmaßliche Phrasierung - dieser Aspekt wurde unseres Wissens in Studien zur prosodischen Markierung von Redewiedergabe bislang nicht empirisch untersucht. Hier wird auch deutlich, dass sich bei indirekter Rede zwei mögliche Platzie‐ rungen der Phrasengrenze ergeben: Sie kann entweder vor (vgl. [35’]) oder nach der Subjunktion que (vgl. [35’’]) platziert sein (s. Kap. 3.1.2). - (27’) ( IP Mi padre le dijo: ) ( IP „¿Qué estás haciendo? “) 6.2 Paraverbale Ebene 259 425 Als tonaler reset wird eine lokale Tonhöhenbewegung (nach oben oder nach unten) zu Beginn einer neuen Phrase bezeichnet. 426 Eine Übersicht des im Rahmen von Sp_ToBI eingesetzten Inventars an Grenztönen findet sich unter http: / / prosodia.upf.edu/ sp_tobi/ en/ labeling_system/ tonal_representation/ b oundary_tones/ boundary_tones.html (letzter Zugriff am 08.08.2022). (35’) […] ( IP ( ip me dijo)( ip que contaba con mi compañía […].)) - (35’’) […] ( IP ( ip me dijo que) ( ip contaba con mi compañía […].)) Da in der nachfolgenden Analyse die Korpusbelege auf das Vorliegen solcher Phrasengrenzen hin untersucht werden sollen, möchten wir zunächst zusam‐ menstellen, durch welche Merkmale sich Phrasengrenzen im Spanischen aus‐ zeichnen (vgl. Rakow/ Lleó 2011, 215). Phrasengrenzen weisen (nicht nur) im Spanischen eine nukleare Tonhöhenbewegung, eine Längung der letzten Silbe der Phrase (sog. finale Dehnung bzw. pre-boundary lengthening), eine Pause sowie, jenseits der Phrasengrenze, einen tonalen reset auf. 425 Rhythmische Merk‐ male wie Dehnungen und Pausen kommen dabei vornehmlich zur Markierung von Intonationsphrasen zum Einsatz. Intonations- und Intermediärphrasen lassen sich weiterhin über ein unterschiedliches Inventar an Grenztönen diffe‐ renzieren, das an der jeweiligen Phrasengrenze zum Einsatz kommt. 426 Die nachfolgenden Überlegungen nehmen Methoden in den Blick, mit deren Hilfe im Rahmen der Korpusanalyse diese zunächst für Phrasengrenzen in allen möglichen Kontexten relevanten prosodischen Markierungen erhoben werden sollen. Für Wiedergabekontexte stellt sich u. a. die Frage, ob bestimmte Merkmale besonders stark ausgeprägt sind und ob sich hierüber beispielsweise Textsorten oder auch Wiedergabetypen differenzieren lassen. Zunächst sollen dabei rhythmische Merkmale analysiert werden, insbeson‐ dere Pausen (6.2.1) und finale Dehnungen (6.2.2). Im Anschluss daran wird es um Merkmale gehen, die mit dem Parameter der Tonhöhe in Verbindung stehen: In Kap. 6.2.3 sollen Analysemöglichkeiten für den bereits genannten tonalen reset wie auch für weitere tonhöhenbezogene Merkmale vorgestellt werden. Kap. 6.2.4 ist der nuklearen Tonhöhenbewegung gewidmet. Darüber hinaus soll in 6.2.5 diskutiert werden, mit Hilfe welcher Methoden das Merkmal „Stimmqualität“ untersucht werden kann. Einige paraverbale Parameter, die darüber hinaus mit der prosodischen Markierung von Redewiedergabe in Zusammenhang gebracht werden, können im Rahmen der Korpusuntersuchung nicht systematisch berücksichtigt werden. Hierzu gehören zunächst Unterschiede im Bereich der Lautstärke zwischen Redekennzeichnung und wiedergegebener Passage. Zwar nennen einige Unter‐ 260 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 427 Beispielsweise die Korpusstudie von Mora Gallardo/ Martínez/ Álvarez (2009). 428 Methodologische Hinweise zur Berechnung des meist in Silben pro Sekunde gemes‐ senen Sprechtempos finden sich beispielsweise in der Pionierarbeit von Grosjean/ De‐ schamps (1972) oder bei Goldman/ Auchlin/ Simon (2013). 429 U. a. stellt sie fest, dass das Sprechtempo in wiedergegebenen Passagen, die explizit als „reproduzierend“ (und nicht als hypothetisch oder konstruiert) markiert sind, im Durchschnitt schneller ist (vgl. Demers 1998, 44). suchungen 427 Intensitätsunterschiede als relevanten Parameter, jedoch konnte die Rolle der Lautstärke bei der prosodischen Markierung von Redewiedergabe bislang nicht empirisch nachgewiesen werden. So kommen beispielsweise Bert‐ rand/ Espesser (1999, 52) in ihrer Korpusstudie zu dem Ergebnis, dass zwischen der redekennzeichnenden Passage und der wiedergegebenen Passage keine statistisch signifikanten Lautstärkeunterschiede bestehen. Im Rahmen unserer Korpusuntersuchung ist die Berücksichtigung des Parameters der Lautstärke aus rein technischen Gründen leider nicht möglich, da das Tonsignal in einigen Korpusteilen (insbesondere bei den wissenschaftlichen Vorträgen) nicht mit einem Clip- oder Headmikrofon aufgezeichnet wurde, sondern mit Hilfe eines fest installierten Tischmikrofons. Da jede Abstandsänderung zum Mikrofon auch Auswirkungen auf die Lautstärke hat (nähert sich der Sprecher dem Mikrofon, wird die Aufnahme automatisch lauter und umgekehrt), sind damit die aufgezeichneten dB-Werte nicht zuverlässig genug. Ein zweiter nicht berücksichtigter Parameter, der allerdings nur in wenigen Untersuchungen als relevant angesehen wird, ist die Veränderung des Sprech‐ tempos. 428 Lediglich Kvavik (1986, 349) und Demers (1998) beziehen ihn in ihre Überlegungen ein, wobei Kvavik keine empirische Untersuchung durchführt und deshalb die Relevanz des Sprechtempos nicht nachweisen kann. Demers hingegen konzentriert sich auf einen ganz speziellen Aspekt: Ihr geht es nicht um den grundsätzlichen Nachweis, dass wiedergegebene Passagen eine andere Sprechgeschwindigkeit aufweisen als die unmittelbar vorausgehenden redekennzeichnenden Passagen. Vielmehr beschäftigt sie sich mit der Frage, ob sich unterschiedliche Typen von Redewiedergabe durch spezifische Sprechge‐ schwindigkeiten auszeichnen - die in ihrem Korpus ermittelten Unterschiede 429 erweisen sich jedoch als statistisch nicht signifikant. Die begründeten Zweifel an der tatsächlichen Relevanz des Parameters in Verbindung mit der - zumal an‐ gesichts der Korpusgröße - sehr aufwendigen Ermittlung der Sprechgeschwin‐ digkeit waren ausschlaggebend für die Entscheidung, ihn nicht in die Analyse mit einzubeziehen. Schließlich kann im Rahmen der nachfolgenden Analyse auch die rhythmi‐ sche Ausgestaltung der Redewiedergabe nicht berücksichtigt werden. Vereinzelt 6.2 Paraverbale Ebene 261 430 Vgl. u. a. Klewitz/ Couper-Kuhlen (1999) oder auch Günthner (2000a), die beispielsweise eine „Stakkato-formula“ in ihrem Korpus beobachtet. 431 Vgl. Duez (1991, 17 bzw. 22) und Kubarth (2009, 222-223). Zu weiteren Funktionen von Pausen sowie unterschiedlichen Pausentypen vgl. Campione/ Véronis (2004). 432 Leider machen Klewitz und Couper-Kuhlen keine genaueren Angaben zu deren Dauer. gibt es Hinweise darauf, 430 dass Redewiedergabe über einen spezifischen Sprech‐ rhythmus markiert werden kann. Dabei sind zwei Varianten möglich: Einerseits kann sich die wiedergegebene Passage durch eine größere rhythmische „Dichte“ auszeichnen, d. h. sie enthält eine höhere Anzahl betonter Silben pro Zeiteinheit (vgl. Selting 1994, 382). Andererseits kann Markierung auf rhythmischer Ebene auch darin bestehen, dass prominente Silben isochron produziert werden, so dass sich spezifische rhythmische Muster ergeben (vgl. Auer/ Couper-Kuhlen/ Mueller 1999, 42). Die systematische Ermittlung beider Varianten macht eine Annotation sämtlicher betonter Silben im Korpus erforderlich und bedeutet angesichts der Korpusgröße einen nicht vertretbaren methodischen Aufwand, weshalb auf die Analyse dieses Parameters verzichtet werden muss. 6.2.1 Pausen - 6.2.1.1 Vorüberlegungen Das Vorhandensein einer Pause unmittelbar vor Beginn der Redewiedergabe stellt einen bereits in frühen Grammatiken systematisch genannten Parameter paraverbaler Markierung direkter Rede dar (s. Kap. 2.2.2). Das Auftreten einer Pause am Übergang zwischen zwei Äußerungsebenen bzw. beim Wechsel des énonciateur (vgl. De Gaulmyn 1992, 25) ist als eine spezifische Ausprä‐ gung der grundlegenderen diskursstrukturierenden Funktion von Pausen zu werten. 431 In diesem Zusammenhang ist auch die Länge der jeweiligen Pause von Bedeutung (vgl. Pršir 2012, 128, Anm. 9), da Pausen je nach Länge un‐ terschiedliche Funktionen zugeschrieben werden können. So unterscheiden Klewitz/ Couper-Kuhlen (1999, 22) zwischen kürzeren „rhythmic pauses“, 432 die sie insbesondere mit dem gezielten Einsatz (vorbereiteter) Rededarstellungen in Verbindung bringen - sie sprechen in diesem Zusammenhang von „po‐ lished performances“. Längere Pausen hingegen dienen einerseits dem Aufbau von Spannung, verstärken jedoch andererseits auch die Kohäsion zwischen Redekennzeichnung und wiedergegebener Passage, da die Segmente vor und nach der Pause stärker als solche wahrgenommen werden und damit weitere Inferenzen ausgelöst werden können (vgl. Klewitz/ Couper-Kuhlen 1999, 22- 23). Auch Bouvet/ Morel (2002, 16) verweisen auf die informationsstrukturelle 262 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 433 Wie in Kap. 4.2 bereits dargelegt, zeichnet sich unser Korpus ja gerade dadurch aus, dass es sich aus in der Regel sorgfältig vorbereiteten Texten zusammensetzt, die jedoch unterschiedliche Formalitätsgrade aufweisen. 434 Vgl. Duez (1991, 59-60), die zwischen „stillen“ pauses silencieuses und „gefüllten“ pauses non silencieuses bzw. pauses d’hésitation differenziert. 435 Demers (1998, 41, Anm. 11) spricht in diesem Zusammenhang von einer „émission vocale qui ne fait pas sens“ und bezieht sich dabei auf hesitation phenomena wie fr. euh. Relevanz der Pausenlänge und stellen eine „Rhematisierung“ von Segmenten fest, denen eine längere Pause vorausgeht. Weiterhin liegen verschiedentlich Hinweise auf die Textsortenabhängigkeit von Pausen vor, die möglicherweise auch im Kontext von Redewiedergabe rele‐ vant sind: Beispielsweise belegt Duez (1991, 77) in ihrer Korpusstudie insgesamt längere und häufigere Pausen in informellen Kommunikationssituationen. Die Vermutung liegt nahe, dass die Pausenlänge auch mit dem Grad an Spontaneität zusammenhängt, der der wiedergegebenen Äußerung zuzuschreiben ist. Die Korrelation beider Parameter soll im Rahmen der Korpusuntersuchung über‐ prüft werden. 433 Auch zwischen der syntaktischen Struktur der Redewiedergabe und dem Vor‐ liegen einer Pause scheint eine Abhängigkeit zu bestehen: So tritt beispielsweise in Demers’ Korpus gesprochener Sprache (vgl. Demers 1998, 36) im Vorfeld indirekter Redewiedergabe durchweg keine Pause auf. Dagegen werden direkte Wiedergaben häufig(er), aber nicht systematisch mit einer Pause eingeleitet. Weiterhin kann das Vorhandensein von Redekennzeichnung mit der Pausen‐ länge korrelieren: Demers’ Untersuchung zeigt hier, dass (längere) Pausen häufiger auftreten, wenn keine Redekennzeichnung auf der lexikalischen Ebene, etwa in Form eines verbum dicendi, vorliegt. Darüber hinaus verweisen einige Autoren auf den Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer Pause und der medialen Realisierung von Redewiedergabe. So stellt beispielsweise De Gaulmyn (1992, 25) fest, dass beim Vorlesen von Redewiedergabe ein „intonème démarcatif de citation“ auftritt, das sie folgen‐ dermaßen beschreibt: Le lecteur à haute voix interprète les guillemets dans sa diction par une pause, par l’interruption de la courbe mélodique et le commencement d’une nouvelle courbe distincte, avec écart de hauteur, changement de palier, ce que j’appelle un „intonème démarcatif de citation“. Anstelle einer „stillen“ Pause wird bisweilen auch das Vorliegen einer „gefüllten“ Pause 434 in Form eines mehr oder weniger langen vokalischen Elements 435 beobachtet, das der Redewiedergabe vorausgeht: 6.2 Paraverbale Ebene 263 436 Vgl. Verine (2005) sowie die entsprechenden Überlegungen in Kap. 3.2.2. 437 Zur Minimaldauer von Pausen existieren - bezogen auf das Hexagonalfranzösische (zum Spanischen liegen keine vergleichbaren Werte vor) - unterschiedliche Angaben: Die Untersuchungen von Goldman-Eisler (1968), Grosjean/ Deschamps (1972) und Grosjean/ Deschamps (1975) gehen von einer Minimaldauer von 200 Millisekunden aus, Demers (1998) hingegen berücksichtigt Pausen ab einer Dauer von 250 Millise‐ kunden. Duez (1991, 59) wiederum spricht sich gegen absolute Werte aus, sondern plädiert für variable Mindestdauern zwischen 180 und 250 Millisekunden, jeweils in Abhängigkeit von der durchschnittlichen Dauer der intervokalischen Okklusive. Zur Abgrenzung zwischen einer Pause und einer (längeren) Unterbrechung einer Äußerung finden sich in einschlägigen Studien keine konkreten Werte. Die Maximaldauer von 2 Sekunden ist also recht willkürlich gewählt und soll deshalb bei der Diskussion der Analyseergebnisse kritisch überprüft werden. Im Übrigen beträgt die von uns festgelegte Maximaldauer etwas mehr als das Dreifache der von Morel/ Vladimirska (2014, 192) für das Französische als „normal“ veranschlagten Pausendauer von 0,4-0,6 Sekunden. Für das Spanische liegen wiederum keine vergleichbaren Angaben vor. 438 Hintergrund dieser Überlegungen ist ein von Kubarth (2009, 218) referierter Unter‐ schied zwischen vorgelesener und freier Sprache: „So belegten schon Goldman-Eisler Si le D[iscours] R[apporté] D[irect] ne comporte pas de pause, il arrive très souvent que la transition entre le verbe locutoire et l’énoncé rapporté soit réalisée par un morphème vocalique de jonction „oh, ah“ […]. (De Gaulmyn 1992, 26) Anders als De Gaulmyn möchten wir nachfolgend vokalische Elemente, die zu Beginn einer wiedergegebenen Passage auftreten, jedoch nicht als gefüllte Pausen interpretieren, sondern vielmehr als Interjektionen einstufen, da wir der Meinung sind, dass diese Elemente - die im Übrigen die Präsenz von Pausen nicht ausschließen - noch andere Funktionen aufweisen können. Ihre Verwendung betrachten wir dementsprechend im Rahmen der Analyse der lexikalischen Ebene. 436 Im Rahmen der Korpusanalyse soll zunächst festgestellt werden, ob zwischen Redekennzeichnung und Redewiedergabe eine Pause vorliegt. Damit soll im Rahmen einer statistischen Analyse zunächst die Hypothese überprüft werden, dass der Beginn wiedergegebener Rede durch eine Pause angezeigt wird. In der Analyse werden ausschließlich „stille“ Pausen mit einer Dauer zwischen 0,1 und 2 Sekunden berücksichtigt. 437 Über das reine Vorliegen einer Pause hinaus soll auch deren Dauer festgehalten werden. Im Sinne einer unmittelbareren Vergleichbarkeit der Korpusteile untereinander nehmen wir unterschiedliche Pausentypen in Abhängigkeit von ihrer Dauer an und unterscheiden zwischen Mikropausen (0,10-0,19 Sek.), regulären Pausen (0,2-0,99 Sek.) und Makropausen (≥ 1 Sek.). Darüber hinaus soll jedoch auch die absolute Länge der Pausen festgehalten werden, um Korrelationen etwa zwischen dem Vorliegen von Medienwechseln und der Länge der jeweiligen Pausen aufzeigen zu können. 438 264 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (1958) und Henderson/ Goldman-Eisler/ Skarbeck (1965) am Englischen, dass Pausen häufig mit syntaktischen Grenzen einhergehen, jedoch nur beim Lesen, nicht in freier Rede.“ In Verbindung mit dem Vorliegen eines Medienwechsels sollen zwei weitere Hypothesen statistisch überprüft werden: (i) Die durchschnittliche Pausendauer ist länger, wenn ein Wechsel vom gesprochenen Medium (aktuelle Kommu‐ nikationssituation KS 0 ) ins geschriebene Medium (wiedergegebene Kommuni‐ kationssituation KS 1 ) erfolgt als in Kontexten ohne Medienwechsel. (ii) Die durchschnittliche Pausendauer innerhalb einer vorgelesenen Passage ist deut‐ lich länger als in rein medial mündlich realisierten Passagen. Es können hier nur diejenigen Korpusbelege berücksichtigt werden, in denen die Pause der wiedergegebenen Passage vorausgeht. Nachgestellte Re‐ dekennzeichnungen des Typs (según) dice X oder parenthetische Einschübe können zwar ebenfalls durch eine Pause von der wiedergegebenen Passage getrennt sein, jedoch gehen wir angesichts des linearen Charakters medial gesprochener Sprache davon aus, dass nur Pausen, die den wiedergegebenen Passagen unmittelbar vorausgehen, als paraverbale Markierungen angesehen werden können. Hingegen ist das Vorliegen einer Redekennzeichnung selbst für die Analyse nicht zwingend erforderlich. Eine Bestimmung der Pausendauer ist technisch gesehen möglich, sobald der wiedergegebenen Passage eine Äußerung vorausgeht, die (z. B. inhaltlich oder, wie im nachfolgenden Beleg, auf nonver‐ baler Ebene) erkennen lässt, dass sie einer anderen Kommunikationssituation entstammt als die wiedergegebene Äußerung. - (173) y algunos profetas falsos son así como manzanitas y tienen más bien <<imitiert Schießgeräusche>pa pa pasapata> <<markiert gestisch eine Laufschrift auf einem Bildschirm> [0,60] usted ha alcanzado su siguiente nivel> (PREV_Lu_cam_038) In medial mündlich realisierter Sprache tritt die der wiedergegebenen Passage vorausgehende Pause nicht immer unmittelbar vor deren Beginn auf, sondern kann auch leicht verzögert auftreten, wie De Gaulmyn (1992, 26) feststellt: L’autonomie de l’énoncé rapporté n’est pas aussi clairement marquée qu’elle l’est à l’écrit ou dans l’oralisé qui transpose un écrit. […] Une pause peut cependant intervenir de façon retardée: elle ne se trouve pas immédiatement après le verbe locutoire, à la place où seraient les guillemets, mais après un élément qui forme locution avec le verbe locutoire. La pause se trouve à la place normale d’une pause d’élaboration, pause parfaitement possible aussi en D[iscours] R[apporté] I[ndirect]. 6.2 Paraverbale Ebene 265 439 Das verwendete Skript ist im Anhang B) dokumentiert. Deshalb sollen im Rahmen der Korpusuntersuchung auch leicht verzögert auftretende Pausen berücksichtigt werden, wie sie beispielsweise der nachfol‐ gende Beleg illustriert. Hier folgt die Pause nicht unmittelbar auf das als Verbalperiphrase realisierte verbum dicendi, wie dies die Zahlenangabe „0“ am Ende der ersten Transkriptionszeile anzeigt. Die Wiedergabe selbst beginnt mit einem hesitation phenomenon, das als stark gelängtes erstes Segment des nachfolgenden Imperativs mátenme gedeutet werden kann. Hieran schließt sich eine mit 0,77 Sekunden relativ lange Pause an, die wir als verzögerte Markierung des Wiedergabebeginns interpretieren: - (174) que lo ves nadar al pobre parece que va diciendo= =m: : : [0,770] mátenme por favor (COM_cas_Pie_cab_007) Methodisch gesehen wird die Dauer der der wiedergegebenen Passage unmit‐ telbar vorausgehenden Pause mit Hilfe eines Praat-Skripts 439 gemessen, das die mit Hilfe von EasyAlign alignierten TextGrid-Dateien ausliest (s.-Kap. 5.2). - 6.2.1.2 Auswertung Im Rahmen der Auswertung wurden das Auftreten bestimmter Pausentypen bzw. die Dauer der jeweiligen Pause in Verbindung mit unterschiedlichsten unabhängigen Variablen analysiert. Um zu überprüfen, inwiefern das Vorhan‐ densein einer Pause bzw. eines bestimmten Pausentyps charakteristisch ist für eine bestimmte Textsorte, haben wir zunächst die Häufigkeit des Auftretens der Pausentypen Mikropause, reguläre Pause, Makropause bzw. „keine Pause“ (s. o.) in den drei Textsorten festgehalten. Abb. 47 zeigt einerseits, dass Pausen insgesamt viel seltener als erwartet zur Markierung von Redewiedergabe verwendet werden. Andererseits fallen die Unterschiede zwischen den Textsorten auf den ersten Blick relativ gering aus: In allen Fällen weist über die Hälfte der Belege überhaupt keine Pause auf, Mikro- und Makropausen sind insgesamt eher selten. Jedoch treten in der Stand-up-Comedy Makropausen häufiger auf als in Predigten und Vorträgen-- die statistische Auswertung zeigt, dass dieser Unterschied auch signifikant ist (p=-0,026). 266 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 47: Zusammenhang zwischen Pausentyp und Textsorte (N=-743) Einen typischen Verwendungskontext einer solchen Makropause zeigt der folgende Beleg aus dem Comedy-Korpus: Die Pause leitet hier eine wiederge‐ gebene Passage ein, die bereits im Vorfeld als „chiste“ angekündigt wird. Damit verändert sich nicht nur die Kommunikationssituation, sondern der Sprecher „wechselt“ an dieser Stelle auch in eine andere Diskurstradition. - (175) que pare que parece un chiste ya eh [1,01] va un ruso con un polígrafo (COM_cas_Bu_ent_023) Die lange Dauer dieser Pausen unterstreicht hier also den stark „inszenierten“ Charakter der Redewiedergabe. Wiedergegebenen Passagen in wissenschaftlichen Vorträgen geht im Ver‐ gleich zu den anderen beiden Textsorten insgesamt seltener eine Pause voraus. Betrachtet man entsprechende Belege, so fehlen Pausen insbesondere in spezi‐ fischen syntaktischen Kontexten, wie sie Beleg (176) illustriert: Hier beginnt die Redewiedergabe mitten in einer Verbalphrase, wohingegen Pausen, sieht man von Kontexten ab, in denen hesitation phenomena auftreten, in der Regel nur an (größeren) Phrasengrenzen auftreten. Die seltenere Verwendung von Pausen hängt hier also in erster Linie mit der spezifischen syntaktischen Einbettung von Redewiedergabe zusammen. - (176) dice al rehpecto SÁNCHEH MEJÍAS la de= =diáhporas eh una generación (.) que supo resistir los sarcahmoh embozaoh= =en la crítica oficial (VOR_Dor_102) Angesichts der großen Ähnlichkeit der Textsorten hinsichtlich des Pausentyps liefert das Korpus keine eindeutige Evidenz für einen direkten Zusammenhang 6.2 Paraverbale Ebene 267 zwischen dem Vorliegen von Pausen und dem Grad an Spontaneität einer Kommunikationssituation, wie ihn Duez (1991, 77) für ihr Korpus festgestellt hatte. In Bezug auf die durchschnittliche Pausendauer unterscheiden sich die Textsorten zwar nur unerheblich voneinander, jedoch ergibt sich hier ein etwas anderes Bild als bei der Betrachtung der Pausentypen: Mit 0,20 Sekunden ist die Pause in Vorträgen durchschnittlich am längsten, gefolgt von der Textsorte Predigt mit 0,17 Sek. und der Stand-up-Comedy mit 0,15 Sek. Auch der Zusammenhang zwischen Pausentypen bzw. Pausenlänge und syntaktischer Struktur der Redewiedergabe wurde im Rahmen der Korpusana‐ lyse überprüft. Abb. 48 zeigt die Verteilung der vier Pausentypen auf die drei möglichen Ausprägungen der syntaktischen Verknüpfung zwischen R 0 und R 1 : Abb. 48: Zusammenhang zwischen syntaktischer Struktur und Pausentyp (N= 742) Besonders auffällig, wenn auch wenig überraschend, ist hier einerseits der deutliche Unterschied zwischen dem Vorliegen einer syntaktischen Autonomie von R 0 und R 1 und dem Fall, dass R 1 in einem Subordinationsverhältnis zu R 0 steht: Ist R 1 syntaktisch untergeordnet, wie etwa im Falle indirekter Rede, so tritt in über 80 % der Fälle keine Pause auf, während bei syntaktischer Autonomie von R 0 und R 1 in fast 50 % der Fälle eine Pause vorliegt. Das Fehlen einer Pause bei subordinierter Redewiedergabe ist hierbei statistisch signifikant (p= 0,048). Die wenigen Beispiele, in denen der wiedergegebenen Passage dennoch eine Pause vorausgeht, zeigen eine klare Präferenz hinsichtlich der Position der Pause, die in fast allen Fällen vor der Subjunktion auftritt. Der folgende Beleg illustriert darüber hinaus noch eine spezifische Funktion dieser Pause im Comedy-Korpus: Hier tritt die Pause vor indirekter Rede insbesondere dann auf, wenn eine Punchline folgt. In (177) kommt die Gleichsetzung des Porzellanfigurenherstellers Lladró mit dem Teufel zwar für Kenner des Come‐ dians Luis Piedrahita nicht völlig überraschend, da es sich hierbei um einen 268 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen seiner „Lieblingsfeinde“ handelt. In seiner Drastik ist der Vergleich dennoch unerwartet, und die einleitende Pause verstärkt diesen Effekt noch zusätzlich. - (177) hay escritos que defienden [0,262] que LLADRÓ es el anticristo (COM_cas_Pie_cab_045) Im Vorfeld der Analyse weniger erwartbar war, dass diejenigen Fälle, in denen R 1 syntaktisch in R 0 integriert ist, hinsichtlich des Auftretens von Pausen autonomen Realisierungen ähnlicher sind als Fällen von Subordination. Wie auch der Beleg in (178), so stammt die Mehrheit derjenigen Okkurrenzen, in denen der syntaktisch integrierten Redewiedergabe eine Pause vorausgeht, aus dem Vortrags-Korpus und enthält auf der verbalen Ebene keinerlei Hinweise auf einen Wechsel der Kommunikationssituation. Umso entscheidender ist damit für den Zuhörer die Markierung des Zitat(beginn)s auf nonverbaler Ebene: - (178) ya que la obra es concebida [0,133] como una (.) unidad de intención (-) y no (.) como el resultado final de espigar algunoh poemas (.) de una época (VOR_Guz_020) Weiterhin wurde der Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer Redekennzeichnung, etwa über ein verbum dicendi, und dem Vorliegen eines bestimmten Pausentyps bzw. der Dauer ggf. vorhandener Pausen untersucht. Abb. 49 liefert einen ersten Einblick in die Analyseergebnisse: Abb. 49: Zusammenhang zwischen dem Vorliegen von Redekennzeichnung und Pau‐ sentyp (N= 739) Hier wurden die verschiedenen Pausentypen einander gegenübergestellt, die in zwei unterschiedlichen Szenarien auftreten: Das Vorhandensein einer der 6.2 Paraverbale Ebene 269 440 Angesichts des linearen Charakters gesprochener Sprache sind diese beiden Fälle durchaus miteinander vergleichbar, da für den Zuhörer insbesondere der Beginn der Wiedergabe erkennbar sein muss. Nicht in die Analyse mit einbezogen wurden hingegen diejenigen Fälle, in denen die Redekennzeichnung in Form eines Einschubs realisiert wurde. 441 Um Verzerrungen des Mittelwerts auszuschließen, wurden Okkurrenzen mit Makro‐ pausen aus der Berechnung ausgenommen. 442 Ollers Daten stammen aus Produktionsexperimenten mit kubanischen Sprechern, jedoch zeigt beispielsweise die Untersuchung von Rao (2010), der die ecuadorianische und die kubanische Varietät mit dem peninsularen Spanisch vergleicht, dass die finale Dehnung auch in anderen spanischen Varietäten auftritt. wiedergegebenen Passage vorausgehenden Redekennzeichnung wird kontras‐ tiert mit dem Fehlen einer solchen Kennzeichnung bzw. dem ausschließlichen Vorliegen einer Kennzeichnung am Ende der Redewiedergabe. 440 Die Graphik zeigt, dass der Anteil der Pausen bei fehlender Redekennzeichnung von gut 40 % auf über 50 % steigt. Auch der Anteil der Makropausen ist leicht erhöht. Wesent‐ lich deutlicher gestaltet sich allerdings die Veränderung der durchschnittlichen Pausendauer: Sie steigt von 0,16 Sek. bei vorhandener Redekennzeichnung auf 0,25 Sek. an. 441 Der folgende Beleg zeigt die Relevanz der Pause für das Erkennen der wiedergegebenen Passage als solcher: Der Prediger argumentiert hier, dass sich Firmeninhaber stärker für das Wohl ihrer Firma einsetzen als Mitarbeiter. Zur Illustration skizziert er eine Situation, in der ein Kunde mit dem Geschäftsführer sprechen möchte. Das Einsetzen der Redewiedergabe kommt für die Zuhörer recht unerwartet, die mit 0,59 Sek. relativ lange vorausgehende Pause ist, neben weiteren prosodischen Merkmalen, das einzige Kennzeichen dafür, dass sich die Kommunikationssituation verändert: - (179) tú puedes ir a cualquiera de nuehtroh países= =y hablar con dueñoh de compañías [0,59] puedo hablar con el dueño (PREV_Ge_Sud_123) 6.2.2 Finale Dehnung - 6.2.2.1 Vorüberlegungen Wie eingangs bereits skizziert, zeichnen sich insbesondere Intonationsphrasen‐ grenzen durch das Vorliegen einer finalen Dehnung aus. Zur Relevanz dieses Merkmals für das Spanische gibt es unterschiedliche Angaben: Einerseits zeigt die Untersuchung von Oller (1979), 442 dass das Phänomen im Spanischen im 270 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 443 Inwiefern die anhand elizitierter und vorgelesener Äußerungen gewonnenen Ergeb‐ nisse auf authentisches Sprachmaterial übertragbar sind, geht aus der Untersuchung nicht hervor. Vgl. zu dieser Problematik auch Rakow/ Lleó (2011). 444 Vgl. Frota et al. (2007, 136) und Gabriel/ Feldhausen/ Pešková (2011, 173). 445 Beispielsweise sind offene Vokale grundsätzlich länger als geschlossene Vokale (vgl. Kubarth 2009, 217). Ebenso sind Vokale in offener Silbe tendenziell kürzer als in bestimmten geschlossenen Silben (vgl. Pustka 2016, 131). 446 Die Silbendauer müsste deshalb normalisiert werden, vgl. Wightman et al. (1992, 1711-1713). Vergleich zu typologisch weiter entfernten Sprachen wie dem Englischen oder dem Finnischen besonders stark ausgeprägt ist. Andererseits ergibt sich aus der Studie von Frota et al. 2007, dass das peninsulare Spanisch lediglich in 40 % der Fälle eine finale Dehnung aufweist, wohingegen in anderen romanischen Sprachen wie dem Italienischen oder dem Katalanischen die Längungsquote bei 100-% liegt. 443 Hinweise darauf, dass das Vorhandensein einer finalen Dehnung ein spezifi‐ sches Merkmal der Markierung von Redewiedergabe darstellen könnte, liegen bislang nicht vor. Jedoch ist vorstellbar, dass insbesondere stark inszenierte Vari‐ anten von Redewiedergabe, wie sie beispielsweise im Rahmen der Stand-up-Co‐ medy auftreten, systematischer auf das Phänomen der Längung zurückgreifen und damit eine Differenzierung zwischen verschiedenen Textsorten möglich wird. Methodologisch betrachtet ist der Nachweis einer Dehnung relativ auf‐ wendig: Nur ein Abgleich der potentiell gelängten Silbe mit einer eindeutig nicht gelängten Realisierung derselben Silbe durch denselben Sprecher kann Aufschluss darüber geben, ob tatsächlich eine Längung vorliegt. 444 Vergleicht man die Silbendauer lediglich unter unmittelbar benachbarten Silben, ist die Gefahr sehr groß, dass segmentale Charakteristika eine Dehnung vermuten lassen, wo tatsächlich keine vorliegt. 445 Dieses Vorgehen ist jedoch bei der Arbeit mit authentischem Sprachmaterial erstens davon abhängig, ob das Korpus zufällig eine nicht-gelängte Version der entsprechenden Silbe aufweist. Zweitens ist die Suche nach einer passenden Silbe je nach Korpusgröße sehr zeitaufwendig. Selbst wenn es gelingt, eine vergleichbare nicht gelängte Silbe zu ermitteln, können Abweichungen in der Silbendauer auch auf Unterschiede im Sprechtempo zurückzuführen sein. 446 Deshalb soll nachfolgend ein anderer methodischer Zugang gewählt werden: Die letzte Silbe der redekennzeichnenden Phrase soll immer dann als gelängt betrachtet werden, wenn sie mindestens doppelt so lang ist wie die unmittelbar vorangehende Silbe. Nur Vergleiche zwischen Silben mit vergleichbarer Silben‐ struktur sind zulässig, d. h. es können nur Reime offener Silben und Reime 6.2 Paraverbale Ebene 271 447 Zum Vergleich nimmt beispielsweise Kubarth (2009, 217) eine Längung um ca. 15 % (durchschnittlich knapp 20ms) als Indiz für das Vorliegen einer finalen Dehnung. Gabriel/ Feldhausen/ Pešková (2011) ermitteln in ihrer Untersuchung finaler Dehnung an Intermediärphrasengrenzen im Porteño-Spanischen eine Längung um ca. 30 %, dies entspricht einer durchschnittlich um 35ms verlängerten Realisierung. geschlossener Silben jeweils untereinander verglichen werden. Weiterhin sollen ausschließlich unbetonte Finalsilben berücksichtigt werden, da auch die Ak‐ zentstruktur Einfluss auf die Silbenlänge haben kann, dieser Faktor hier jedoch nicht interferieren soll. Die sehr hohe Schwelle der doppelten Silbenlänge 447 soll dabei Verfälschungen durch segmentale Artefakte verhindern. Die statistische Auswertung der Analyseergebnisse soll sich vorrangig der Frage widmen, inwiefern sich die Textsorten im Auftreten der finalen Dehnung unterscheiden. - 6.2.2.2 Auswertung Der Parameter der finalen Dehnung konnte insgesamt nur an 449 Korpusbei‐ spielen untersucht werden. Die relativ niedrigere Belegzahl erklärt sich dadurch, dass für zahlreiche Okkurrenzen keine Angaben zur Silbendehnung gemacht werden konnten, weil entweder keine Silbe mit vergleichbarer Silbenstruktur als Vergleichsgrundlage zur Verfügung stand oder weil die letzte Silbe vor Einsetzen der Redewiedergabe eine betonte Silbe war (s. o.). Die bereits erwähnten sehr strengen Messvorgaben haben außerdem dazu geführt, dass der Anteil an finalen Dehnungen insgesamt deutlich unter den für das Spanische zu erwartenden 40-% liegt (s.-o.). Abb. 50 zeigt jedoch, dass sich trotz dieser widrigen Analysebedingungen im Vergleich der Textsorten ein sehr deutliches Ergebnis abzeichnet: Wie bereits im Vorfeld vermutet (s. o.), zeichnet sich das Comedy-Korpus durch einen deutlich höheren Anteil an finalen Dehnungen aus. Abb. 50: Zusammenhang zwischen Textsorte und finaler Dehnung (N= 449) 272 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 448 Aus unterschiedlichen Gründen können wir einige Typen von Tonhöhenveränderung nicht in der Analyse berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere spezifische Ver‐ änderungen der globalen Tonhöhe innerhalb der wiedergegebenen Passage, beispiels‐ weise der von Tyler (2014, 551) in den Blick genommene Tonhöhenanstieg am Ende der Redewiedergabe oder der von Morel (1996) untersuchte Fall, in dem der erste Abschnitt der Wiedergabe eine insgesamt höhere Tonhöhe aufweist. Die statistische Auswertung der Ergebnisse mit dem binären Logit-Modell zeigt darüber hinaus, dass dieser Unterschied hochsignifikant ist (p= 0,002). Aus dem Comedy-Korpus stammt auch der nachfolgende Beleg, bei dem die letzte Silbe der Redekennzeichnung mit einem Verhältnis von beinahe 1: 3 auf dem verbum dicendi decía die längste Dehnung im gesamten Korpus aufweist: Abb. 51: Prosodische Analyse des Belegs COM_and_Rei_lev_048 mit Hilfe von Prosogram Die Analyseergebnisse bestätigen damit die Vermutung, dass stark inszenierte Redewiedergabe, wie sie im Rahmen von Stand-up-Comedy häufiger auftritt, in besonderem Maße auf das Merkmal der finalen Dehnung rekurriert. 6.2.3 Tonhöhe - 6.2.3.1 Vorüberlegungen Veränderungen im Bereich der Tonhöhe stellen den in der Literatur am häufigsten genannten Parameter der prosodischen Markierung von Redewie‐ dergabe dar (vgl. Pršir 2012, 126-127). Insgesamt finden sich Hinweise auf insgesamt drei Typen der Tonhöhenveränderung, die wir in der Folge kurz vorstellen werden, bevor wir im Anschluss methodische Fragen bezüglich der Erhebung der jeweiligen Messwerte erörtern. 448 Ein erster Typ der Tonhöhenveränderung betrifft den Tonhöhenumfang, den sog. pitch span. Dieser kann in der wiedergegebenen Passage im Vergleich zu einem unmittelbar vorausgehenden Abschnitt (der meist die Redekennzeich‐ nung enthält) erweitert oder reduziert sein. Zumindest im Rahmen direkter Redewiedergabe scheint eine Erweiterung wesentlich häufiger aufzutreten als 6.2 Paraverbale Ebene 273 449 Das Empfinden von Freude kann beispielsweise eine Erweiterung des Tonhöhenum‐ fangs bewirken, vgl. Gabriel/ Meisenburg/ Selig (2013, 183). Ein Überblick über diese und vergleichbare parasprachliche Funktionen von F0 findet sich in Kubarth (2009, 219-221). 450 Vgl. Bertrand/ Espesser (1999, 54), die im Zusammenhang mit direkter Redewiedergabe hier von einem „effet de cristallisation“ sprechen. eine Reduktion (vgl. Bertrand/ Espesser 1999, 54), in Bezug auf indirekte Rede fehlen entsprechende Untersuchungsergebnisse. Insbesondere die Veränderung des pitch span ist mit verschiedenen Funktionen verknüpft, deren Relevanz im Rahmen der Korpusuntersuchung ebenfalls überprüft werden soll. So stellen Bertrand/ Espesser (2002, 173) beispielsweise einen Zusammenhang zwischen der Veränderung des Tonhöhenumfangs und der Identität des wiedergegebenen Sprechers S 1 fest: Während der Umfang bei Selbstzitaten sich tendenziell eher erweitert, scheint er sich umgekehrt bei der Wiedergabe „fremder“ Rede zu reduzieren. Darüber hinaus können Veränderungen des Tonumfangs auch dem Ausdruck von Emotionen dienen, 449 dieser Aspekt trägt also unter anderem dazu bei, dass wiedergegebene Passagen mehr oder weniger „lebhaft“, „expressiv“ oder „emphatisch“ erscheinen. 450 Zweitens kann der Wechsel der Äußerungsebene auch über eine Veränderung der globalen Tonhöhe (häufig auch als mean pitch bezeichnet) angezeigt werden. Die wiedergegebene Passage weist dann eine höhere oder niedrigere globale Tonhöhe auf als die ihr unmittelbar vorausgehende oder nachfolgende Passage. Sie kann also auf einem anderen pitch register angesiedelt sein. Auch Verschiebungen des pitch register werden unterschiedliche Funktionen zugeschrieben. Die Veränderung der globalen Tonhöhe ist dabei nicht in erster Linie als Imitation des wiedergegebenen Sprechers in dem Sinne anzusehen, dass ein Registerwechsel in der wiedergegebenen Passage die Stimmhöhe des Sprechers S 1 imitiert. Vielmehr können auch über die globale Tonhöhe Emotionen ausgedrückt oder unterstrichen werden (vgl. Müller 1992). Die globale Tonhöhe stellt darüber hinaus einen Parameter dar, der die Bewertung der wiedergegebenen Passage durch den wiedergebenden Sprecher erlaubt. Günthner (1997a, 25) stellt dabei folgende Korrelationen fest: Global hohe Tonhöhe wird eingesetzt, um Vorwürfe zu verzerren und die Äußerung als „übersteigert“ und „deviant“ zu stilisieren. Während die diskordanten, fremden Vorwürfe […] mit sehr hoher globaler Tonhöhe produziert werden, konstruieren die Erzählerinnen die eigenen konkordanten Vorwürfe entweder mit globalen tiefen oder lokalen tiefen Tonhöhen. 274 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Weiterhin stellt Morel (1996, 85-86) fest, dass eine Veränderung des Registers die Einstellungen des wiedergebenden Sprechers zu Inhalt oder Form der Redewiedergabe erkennen lässt. Dabei nimmt sie insbesondere den Aspekt der kommunikativen Regresspflicht in den Blick, deren Ablehnung sich in einem Wechsel in ein tieferes Register spiegeln kann: L’énonciateur principal marque son total désengagement, le D[iscours] R[apporté] D[irect] n’étant là que pour donner une caractérisation d’un type de personne auquel il n’adhère pas. (Morel 1996, 86) Im Rahmen der Korpusanalyse soll dabei auch berücksichtigt werden, auf welche sprachlichen Universalien sich die Wahl des pitch register zurückführen lässt. Ohala (1994, 327) sieht beispielsweise eine Verbindung zwischen der Wahl eines höheren Registers und „‚social‘ messages as deference, politeness, sub‐ mission, lack of confidence“. Ein tieferes Register hingegen kann eine Stimme dominanter wirken lassen (vgl. Ohala 1994, 329). Der Einsatz der Tonhöhe orientiert sich dabei an einem „frequency code“, der tiefe Stimmen assoziiert mit großen, starken und damit potentiell bedrohlichen „Signalgebern“. Schließlich soll mit dem tonalen reset noch eine dritte Tonhöhenverände‐ rung in der Analyse berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich um einen punktuellen Anstieg bzw. Abfall der Tonhöhe, der zwischen dem Ende der Redekennzeichnung und dem Beginn der Redewiedergabe wahrnehmbar ist. Im Unterschied zum voranstehend beschriebenen Wechsel des pitch register, dessen Umfang die globale Tonhöhe einer gesamten Äußerung wiedergibt, wird hier eine lokale Veränderung in den Blick genommen. Auch die punktuelle Tonhöhenveränderung kann unterschiedliche diskursive Funktionen aufweisen: So stellt Demers (1998, 36) beispielsweise einen Zusam‐ menhang fest zwischen einem punktuellen Tonhöhenanstieg und einer „valeur de reproduction forte“, also der Vorgabe einer authentischen Wiedergabe. Der perzeptive Parameter der Tonhöhe entspricht auf akustischer Ebene der in Hertz gemessenen Grundfrequenz F0. Da im Rahmen der Korpusanalyse nicht nur individuelle, d. h. auf einzelne Sprecher bezogene F0-Werte erhoben werden, sondern auch Tonhöhenveränderungen mehrerer Sprecher miteinander vergli‐ chen werden sollen, die jeweils z. T. sehr stark unterschiedliche Stimmumfänge und durchschnittliche Grundfrequenzen haben, werden die Berechnungen nicht auf der Grundlage absoluter Hertz-Werte, sondern auf der Grundlage relativer Halbtonwerte angestellt. Die Analyse von Grundfrequenzen bringt darüber hinaus noch weitere methodische Herausforderungen mit sich, die wir nachfolgend kurz skizzieren möchten. 6.2 Paraverbale Ebene 275 451 S. a. Baumann (2006, 6). Kubarth (2009, 212) liefert einen Überblick über Schwierigkeiten der Arbeit mit F0-Werten, die aus pitch-trackers abgelesen werden. 452 Insbesondere bei der Analyse sehr tiefer Sprechstimmen erweisen sich die Angaben aus Prosogram z. T. als zu defensiv. In diesen Fällen werden die Werte des pitch-tracker in Praat hinzugezogen. 453 Bei dem Programm Prosogram handelt es sich um ein Skript, das in Praat läuft. Die zur Installation nötigen Dateien stehen unter http: / / bach.arts.kuleuven.be/ pmertens/ proso gram kostenlos zum Download bereit. Mertens (2004) liefert einen Überblick über die Grundlagen der Programmerstellung. Die Übernahme von F0-Werten, wie sie in Praat oder ähnliche Programme integrierte pitch-trackers anzeigen, ist mit zahlreichen Fallstricken verbunden, da die sichtbaren Messkurven häufig Artefakte enthalten, die perzeptionsseitig irrelevant sind. Hierzu gehören beispielsweise mikroprosodische Effekte durch stimmlose Plosive, die die Grundfrequenz des Folgevokals anheben. 451 Darüber hinaus sind auch Veränderungen der Grundfrequenz F0 erst oberhalb einer bestimmten Perzeptionsschwelle relevant. Diese Schwelle setzen Pàmies et al. (2001, 277) für peninsulares Spanisch bei 1,5 Halbtönen an, Rossi (1971) arbeitet für das Französische sogar mit einer Perzeptionsschwelle von 2,5 Halbtönen. Um das Risiko von Messfehlern zu minimieren, werden wir bei der Analyse der Tonhöhe hauptsächlich 452 mit F0-Werten arbeiten, die das von Piet Mertens entwickelte Programm Prosogram  453 generiert. Prosogram arbeitet mit dem Prinzip der „Stilisierung“, das es erlaubt, nur die vom Hörer tatsächlich wahr‐ genommenen Parameter darzustellen (vgl. Mertens 2004, o. P.). Um Artefakte wie die bereits angesprochenen mikroprosodischen Effekte zu eliminieren, wird hier die Grundfrequenz ausschließlich für zentrale Ausschnitte der jeweiligen vokalischen Silbengipfel bestimmt (vgl. Mertens 2004, o.-P.). Die nachfolgende Darstellung eines Korpusbelegs illustriert die Vorgehens‐ weise des Skripts: Berücksichtigt werden nur die vokalischen Silbengipfel. Für jeden perzeptionsseitig relevanten Ausschnitt eines Silbengipfels wird ein Wert in Halbtönen berechnet, der kleinere F0-Veränderungen, wie sie aus der blauen Linie ersichtlich werden, ignoriert und deshalb für eine Auswertung „robuster“ ist. Nur wenn die Veränderung der Grundfrequenz im Verlauf eines Gipfels oberhalb der Perzeptionsschwelle liegt, wird dies graphisch abgebildet. In Abb. 52 liegt ein solcher downstep auf der zweiten Silbe von perroh vor: 276 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 454 Dass Markierungen a posteriori durchaus möglich sind, zeigt Grobet (2004), die in ihrem Korpus mehrere Belege findet, bei denen eine auf die wiedergegebene Passage folgende Äußerung mit einer „attaque haute“ beginnt und darüber die Wiederauf‐ nahme der „eigenen Rede“ markiert wird. Da dieser Fall jedoch wesentlich seltener auftritt, soll er in unserer Korpusuntersuchung nicht berücksichtigt werden. 455 Besonders lange Äußerungen sollen insbesondere deshalb ausgeschlossen werden, da die durchschnittliche Grundfrequenz ohnehin die natürliche Tendenz zeigt, im Laufe einer Äußerung zu sinken (Podesva 2007, 487 beziffert-- für das Englische-- beispielsweise den durchschnittlichen F0-Abfall im Verlauf einer Äußerung auf 20-40 Hz). Wenn der Sprecher die Länge der Äußerung bereits zu Beginn absehen kann, wird er eine längere Äußerung entsprechend höher einsetzen lassen (vgl. Kvavik 1986, 350). Eine sehr lange (nicht nur wiedergegebene) Äußerung hat deshalb ganz automatisch einen entsprechend größeren Tonhöhenumfang, ohne dass sich daraus eine Aussage über die Markierung des Wiedergabe-Status ergäbe. Abb. 52: Prosogram des Korpusbelegs COM_and_Ro_sob_004 Eine weitere methodische Herausforderung bringt die Tatsache mit sich, dass Veränderungen im Bereich der Tonhöhe natürlich nur im Rahmen eines Vergleichs zweier Äußerungen erfolgen können. Diese beiden Äußerungen müssen unmittelbar aufeinander folgen, da Tonhöhenbewegungen nur im linearen Abgleich und nicht über längere Strecken wahrgenommen werden können. Für die Korpusanalyse können also lediglich wiedergegebene Pas‐ sagen berücksichtigt werden, denen eine einer anderen Kommunikations‐ situation entstammende Äußerung unmittelbar vorausgeht oder folgt. Pas‐ sagen, die auf eine längere Pause folgen, bleiben damit aus der Untersuchung ausgeschlossen. 454 Auch ist die Messung der Grundfrequenz nur innerhalb von Phrasen begrenzter Dauer sinnvoll. Für den zeitlichen Umfang der jeweils aus Redewiedergabe und Redekennzeichnung bestehenden Minimal‐ paare orientieren wir uns an der Untersuchung von Bertrand/ Espesser (1999, 49): Berücksichtigt werden lediglich Passagen mit einer maximalen Dauer von vier Sekunden. 455 Um eine akustisch wie perzeptiv verlässliche Erfassung der Tonhöhe sicherzustellen, müssen die einzelnen Passagen mindestens zwei vokalische Silbengipfel enthalten. 456 6.2 Paraverbale Ebene 277 456 Auf der Grundlage eines einzelnen F0-Wertes könnte darüber hinaus ohnehin kein pitch span ermittelt werden. Im Rahmen der Korpusanalyse sollen also insgesamt drei Messwerte erhoben werden, aus denen sich Tonhöhenveränderungen ablesen lassen: Erstens wird die Differenz zwischen dem pitch span der wiedergegebenen Passage und dem der unmittelbar vorausgehenden oder ggf. nachfolgenden Äußerung ermittelt. Hierzu wird der in Halbtönen ermittelte pitch span der Re‐ dekennzeichnung abgezogen vom pitch span der wiedergegebenen Passage. Die (voran- oder nachgestellte) Position der Redekennzeichnung wird entsprechend berücksichtigt. Lediglich eine Differenz, die mehr als drei Halbtöne beträgt, kann als perzeptionsseitig relevant angesehen werden (s. o.). Insgesamt ergeben sich drei verschiedene Kategorien: Der pitch span der wiedergegebenen Passage kann größer oder kleiner sein als derjenige der Redekennzeichnung, er kann jedoch auch unverändert bleiben. Zweitens soll die Differenz zwischen der globalen Tonhöhe der beiden Äußerungspaare berechnet werden. Hierzu wird zunächst das F0-Minimum jeder einzelnen Passage vom jeweiligen F0-Höchstwert abgezogen (vgl. Podesva 2007, 484) - auf diese Weise kann die globale Tonhöhe bzw. das sogenannte pitch register bestimmt werden. Im Anschluss wird die ebenfalls in Halbtönen ermittelte globale Tonhöhe der Redekennzeichnungs-Passage subtrahiert von der globalen Tonhöhe der Redewiedergabe-Passage. Auch hier ergeben sich drei mögliche Ergebnisse: Die wiedergegebene Passage kann sich durch einen Wechsel in ein höheres oder tieferes pitch register auszeichnen, jedoch kann ein Registerwechsel auch ausbleiben. Drittens soll auch der Umfang der lokalen Tonhöhenbewegung am Übergang zwischen Redekennzeichnung und wiedergegebener Passage erfasst werden. Hierzu wird die Differenz zwischen der Tonhöhe der letzten Silbe der einlei‐ tenden Passage und der ersten Silbe der wiedergegebenen Passage berechnet. Perzeptiv relevant sind dabei lediglich Tonhöhenbewegungen, die mindestens 1,5 Halbtöne umfassen (vgl. Demers 1998, 35). Die Ergebnisse sind auch hier drei Kategorien zuzuordnen: Mit Beginn der wiedergegebenen Passage kann die Tonhöhe lokal ansteigen, abfallen oder gleichbleiben. Die statistische Auswertung der Messwerte soll eine Überprüfung der folgenden Hypothesen ermöglichen: (i) Redewiedergabe wird prosodisch markiert über einen signifikanten (d. h. mehr als drei Halbtöne betragenden) Unterschied im pitch span zwischen Redekennzeichnung und wiedergegebener Passage. (ii) Redewiedergabe zeichnet sich auf prosodischer Ebene durch einen mehr als 1,5 Halbtöne betra‐ genden Registerunterschied zwischen Redekennzeichnung und wiedergegebener 278 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 457 Bei allen Analysen, die den Parameter der Tonhöhe betreffen, musste eine nicht unerhebliche Anzahl von Belegen aus verschiedenen technischen Gründen von der Untersuchung ausgeschlossen werden: In vielen dieser Fälle konnte z. B. die Tonhöhe nicht erfasst werden, weil der jeweilige Sprecher einen Großteil der Äußerung in Knarrstimme realisierte. Einige Redekennzeichnungen bestanden darüber hinaus aus zu wenigen Silben, so dass eine „robuste“ Ermittlung der durchschnittlichen Tonhöhe nicht möglich war. Passage aus. (iii) Redewiedergabe ist gekennzeichnet durch einen mehr als 1,5 Halbtöne betragenden Tonhöhenanstieg bzw. -abfall zwischen dem Ende der Redekennzeichnung und dem Beginn der wiedergegebenen Passage. - 6.2.3.2 Auswertung Abb. 53: Zusammenhang zwischen pitch span-Veränderung und Textsorte (N= 662) 457 Zunächst werden wir den ermittelten Zusammenhang zwischen der Veränderung des pitch span und den drei im Korpus vertretenen Textsorten betrachten. Abb. 53 führt die drei oben beschriebenen Möglichkeiten der pitch span-Veränderungen auf: Der pitch span von Redekennzeichnung (RK) und Redewiedergabe (RW) kann entweder gleich groß sein, die Redekennzeichnung kann einen größeren Tonhöhenumfang haben als die wiedergegebene Passage oder die wiedergegebene Passage kann einen größeren pitch span haben als die Redekennzeichnung. Unabhängig vom Einfluss der Textsorten zeigt sich hier zunächst, was Voruntersuchungen bereits vermuten ließen: Die Redekennzeichnung zeichnet sich insgesamt nur selten durch einen größeren pitch span aus als die Redewie‐ dergabe. Oder anders formuliert: Das Vorliegen von Redewiedergabe wird vor allem über einen erweiterten pitch span markiert. Aus dem Vergleich der drei Textsorten wird ersichtlich, dass sich Stand-up-Comedy und Predigten hinsichtlich dieses Merkmals nicht substan‐ 6.2 Paraverbale Ebene 279 tiell unterscheiden: In beinahe der Hälfte der Okkurrenzen zeichnen sich die wiedergegebenen Passagen durch einen erweiterten pitch span aus. Der in Abb. 54 illustrierte Beleg zeigt einen besonders ausgeprägten Fall der Markierung von Redewiedergabe über einen stark erweiterten pitch span: Während die Redekennzeichnung lediglich einen Tonhöhenumfang von 6,5HT aufweist, umfasst der pitch span der wiedergegebenen Passage 28,7HT. Der Prediger inszeniert hier sehr eindrucksvoll die Stimme Gottes, wie sie Nehemias den Auftrag zum Wiederaufbau von Jerusalem erteilt haben könnte: Abb. 54: Prosogram des Korpusbelegs PREV_Ge_pas_108 Sehr deutlich setzt sich die Textsorte „wissenschaftlicher Vortrag“ gegenüber den übrigen beiden Textsorten ab: Hier ergibt sich in 60 % der Fälle beim Einsetzen der wiedergegebenen Passage keine Veränderung des pitch span. Dieser Parameter spielt in der Textsorte also nur eine nachrangige Rolle bei der Markierung von Redewiedergabe. Vergleicht man Vorträge und Stand-up, so ergibt das binäre Logit-Modell einen höchst signifikanten Unterschied (p= 0,0007). Eine weitere interessante Korrelation ergibt sich aus der Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Veränderungen des pitch span und dem verwendeten Typ von Redewiedergabe. Nachdem Voruntersuchungen (s. u.) insbesondere einen großen Unterschied zwischen dem Tonhöhenumfang direkter und indi‐ rekter Rede festgestellt haben, möchten wir uns ebenfalls auf einen Vergleich dieser beiden Typen konzentrieren. Ergänzend soll jedoch auch der pitch span in freier indirekter Rede mit in die Analyse einbezogen werden. Abb. 55 bestätigt die Ergebnisse der Voruntersuchungen mitnichten: Der Anteil an Redewiedergaben, die über einen erweiterten pitch span markiert sind, ist bei indirekter Rede sogar größer als bei direkter Rede. 280 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 458 Aufgrund der z. T. relativ großen Streuung der Werte haben wir statt des Mittelwertes den Medianwert gewählt, um das Ergebnis nicht durch „Ausreißer“ zu verwässern oder zu verfälschen. Zusätzlich haben wir auch die Standardabweichung mit einbezogen, diese wies jedoch keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Redewiedergabe‐ typen auf. Abb. 55: Zusammenhang zwischen pitch span-Veränderung und Redewiedergabe-Typ (N= 608) Möglicherweise beruht die Annahme, direkte Rede werde häufiger über eine Erweiterung des Tonhöhenumfangs markiert, auch auf der Beobachtung, dass diese Erweiterung hier insgesamt deutlicher ausfällt als bei indirekter Rede. Deshalb haben wir zusätzlich den Medianwert 458 der pitch span-Erweiterung be‐ rechnet. In die Berechnung mit einbezogen wurden ausschließlich Okkurrenzen, bei denen die Differenz zwischen dem pitch span der Redekennzeichnung und dem pitch span der Redewiedergabe mehr als 3 Halbtöne betrug-- die Auswahl ist damit deckungsgleich mit den Okkurrenzen, die in die Kategorie „Span RW größer“ eingeordnet wurden. Der Medianwert liegt für die direkte Rede mit 6,8 HT am höchsten, für indirekte Rede beträgt er 5,8 HT und für freie direkte Rede liegt er mit 5,2 HT nochmals etwas niedriger. Möglicherweise ist also die Erweiterung des Tonhöhenumfangs bei direkter Rede perzeptiv etwas auffälliger, weil sie im Vergleich zur indirekten Rede größer ausfällt. Voruntersuchungen haben darüber hinaus ergeben (s. o.), dass die Erweite‐ rung des Tonhöhenumfangs insofern auch mit inhaltlichen Merkmalen der Redewiedergabe zusammenhängen könnte, dass die pitch span-Erweiterung eher bei Selbstzitaten zum Tragen kommt als bei Fremdzitaten. Wie Abb. 56 zeigt, kann diese Feststellung im analysierten Korpus nicht bestätigt werden: Der Anteil der pitch span-Erweiterungen in der wiedergegebenen Passage ist für Selbst- und Fremdzitate nahezu identisch. Weiterhin ist unter den Redewieder‐ gaben, in denen sich der aktuelle Sprecher selbst zitiert, der Anteil derjenigen 6.2 Paraverbale Ebene 281 Okkurrenzen, bei denen der pitch span unverändert bleibt, sogar größer als bei den Fremdzitaten. Abb. 56: Zusammenhang zwischen pitch span-Veränderung und Identität S1 (N= 659) Auch die Betrachtung der jeweiligen Medianwerte bestätigen die Voruntersu‐ chungen nicht, sondern zeigen vielmehr gegenläufige Ergebnisse: Für alle Okkurrenzen, bei denen der Tonhöhenumfang der wiedergegebenen Passage größer ist, erweitert sich der pitch span bei Fremdzitaten um 6,8 HT, während er sich bei Selbstzitaten lediglich um 5,8-HT vergrößert. Nach dieser sehr ausführlichen Betrachtung des Tonhöhenumfangs möchten wir den zweiten mit der Tonhöhe in Verbindung stehenden Parameter, das pitch register, lediglich im Hinblick auf eine einzige Korrelation analysieren, nämlich in seiner Verteilung auf die drei Textsorten. Abb. 57 zeigt zunächst die drei grundsätzlichen Realisierungsmöglichkeiten: Die globale Tonhöhe kann entweder für Redekennzeichnung und Redewiedergabe identisch sein oder der Sprecher kann zu Beginn der Redewiedergabe in ein höheres bzw. tieferes Register wechseln. Abb. 57: Zusammenhang zwischen Veränderung des pitch register und Textsorte (N= 662) 282 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Unterschiede zwischen den Textsorten hier beträchtlich sind: Während sich bei knapp 50 % der Belege aus dem Comedy-Korpus die wiedergegebene Passage durch einen Registerwechsel auszeichnet, ist dies lediglich bei gut 20 % der Okkurrenzen in Vorträgen der Fall. Dieser Unterschied ist statistisch hochsignifikant (p= 0,003). Die Predigten nehmen hier eine Mittelposition ein, sind jedoch der Stand-up-Comedy tendenziell ähnlicher. Über alle drei Textsorten hinweg ist der Wechsel in ein höheres Register die häufigere Veränderung im Vergleich zum Wechsel in ein tieferes Register. Im Korpus zeigen sich eine ganze Reihe von Funktionen, die mit dem Register‐ wechsel einhergehen können. Zunächst kann dieser vornehmlich ikonischen Charakter haben, insofern als ein Wechsel in ein höheres Register erfolgt, wenn Stimmen weiblicher Sprecher oder von Kindern wiedergegeben werden. Dies ist etwa in folgender Redewiedergabe der Fall, die kleinen Schulkindern „in den Mund gelegt“ wird: - (180) o loh niñoh pequeñoh dicen [0,06] e: la vuelta al cole (COM_and_To_soc_003) Abb. 58: Prosogram zum Beleg COM_and_To_soc_003 Ebenfalls als ikonisch einzustufen sind diejenigen Okkurrenzen, in denen beispielsweise Schreie oder vergleichbare, mit großer Lautstärke vorgetragene Äußerungen wiedergegeben werden. Ein Beispiel findet sich in (181): Der Comedian stellt hier den verzweifelten Schrei eines unter starker Flugangst leidenden Passagiers dar, der sich neben hoher globaler Tonhöhe auch durch größere Lautstärke und durch eine extreme Silbenlängung auf der letzten Silbe des Verbs morir auszeichnet. - (181) y de repente hay un tío que dice [0,208] vamos a mori: : r (COM_cas_Bu_asc_047) 6.2 Paraverbale Ebene 283 Der Wechsel des pitch register kann jedoch auch eine negative Bewertung der wiedergegebenen Äußerung oder des wiedergegebenen Sprechers beinhalten. Diesen Fall illustriert beispielsweise der folgende Beleg, in dem der Ausruf einer Passantin, die vorwurfsvoll kommentiert, wie jemand die Nase hochzieht anstatt ein Taschentuch zu verwenden, mit Hilfe des Registerwechsels als übertrieben empfindlich charakterisiert wird: - (182) porque luego todos nos tragamos los mocos no (.) o sea así: <<zieht Nase hoch> (--)> va una señorita [0,035] ay qué asqueroso (COM_mex_So_gri_006) Der insgesamt erheblich seltenere Wechsel in tieferes Register hat praktisch nie ikonischen Charakter. Seine Funktion ist vielmehr als symbolisch einzustufen, da beispielsweise Äußerungen von Autoritätspersonen in der Regel in einem tieferen Register dargestellt werden. Dies gilt auch für folgendes Beispiel, in dem die Äußerung eines Vorgesetzten beim Vorstellungsgespräch von einem Registerwechsel begleitet wird: - (183) bueno (.) y una pregunta embarazosa en las entrevistas es [0,258] cuáles son tus mejores cualidades (COM_cas_Bu_ent_054) Schließlich wurde im Rahmen der Korpusanalyse noch ein dritter Parameter analysiert, der unmittelbar mit der Tonhöhe in Verbindung steht: das Vorhan‐ densein einer lokalen Tonhöhenveränderung zwischen der letzten Silbe der Redekennzeichnung und der ersten Silbe der Redewiedergabe. Abb. 59 zeigt, dass sich insbesondere das Comedy-Korpus in Bezug auf diesen Parameter deut‐ lich von den übrigen beiden Textsorten unterscheidet: Nur ein vergleichsweise geringer Anteil der Redewiedergaben wird dort nicht von einer punktuellen Tonhöhenveränderung begleitet. 284 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 59: Zusammenhang zwischen punktueller Tonhöhenveränderung und Textsorte (N= 662) Auffällig ist weiterhin, dass der Anteil an Belegen, in denen der Beginn der Redewiedergabe mit einem Tonhöhensprung nach oben verknüpft ist, im Co‐ medy-Korpus wesentlich größer ist als in den Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen. Die statistische Auswertung mit dem binären Logit-Modell zeigt, dass dieser Unterschied hochsignifikant (p=-0,0015). Im konkreten Verwendungskontext hat dieser Parameter ganz ähnliche Funk‐ tionen wie der Registerwechsel: Einerseits handelt es sich bei einer Reihe von Belegen um die ikonische Darstellung mehr oder weniger stereotypisierter weib‐ licher Sprecher, wie beispielsweise in (184), wo der Comedian eine metasprachlich als „idioma de señora“ angekündigte „typische Äußerung“ seiner Großmutter inszeniert, die mit einem Tonhöhensprung nach oben eingeleitet wird. - (184) que mi abuela tiene un idioma de señora no (.) o sea no es ni español ni inglés (--) es algo así como (-) qué pasó maricarmen cómo estás= =bien bendito dios aquí estamos (COM_mex_So_gri_047) Das zugehörige Prosogram illustriert die Tonhöhenveränderung von knapp 18 HT, die u. a. auch dadurch entsteht, dass der Comedian die Äußerung seiner Großmutter im Falsett wiedergibt, besonders eindrucksvoll: 6.2 Paraverbale Ebene 285 459 Terminologisch rekurrieren Hidalgo Navarro und Briz Gómez auf die Kategorisierung von Navarro Tomás (1974, 51-56) (s. a. Kubarth 2009, 237-239), der insgesamt fünf distinktive Verläufe von Nuklearkonturen annimmt, die jeweils spezifische Funktionen aufweisen: Neben zwei fallenden Konturen (cadencia und semicadencia) existieren auch zwei steigende Konturen (anticadencia und semianticadencia). Navarro Tomás’ Kategorisierung hat den Vorteil, dass sie auch Angaben zur jeweiligen Spanne der Tonhöhenbewegung umfasst: Mit einem F0-Abfall im Umfang von acht Halbtönen weist die cadencia insgesamt die größte Spanne auf; die semicadencia entspricht einem Abfall von drei bis vier Halbtönen. Die anticadencia zeichnet sich durch einen Anstieg Abb. 60: Prosogram des Korpusbelegs COM_mex_So_gri_047 Andererseits spielt auch hier der Aspekt der (i. d. R. negativen) Bewertung des wiedergegebenen Sprechers eine Rolle. Diese Funktion illustriert der folgende Beleg, in dem der Comedian sich selbst eine Äußerung in den Mund legt, in der er sich als gutgläubig-naiven Freund darstellt, der sofort zwanghaft den Kaufhausdetektiv alarmiert, wenn er seine Freunde bei einem Ladendiebstahl ertappt: - (185) y: yo siempre digo [0,256] tío si te vah a mangar algo no me lo digah tío (COM_and_Ro_sob_012) 6.2.4 Zitatkonturen - 6.2.4.1 Vorüberlegungen Bislang existieren nur wenige Hinweise darauf, dass im Rahmen von Redewie‐ dergabe spezifische nukleare Tonhöhenbewegungen auftreten, die man als Zitatkonturen bezeichnen könnte. In Bezug auf das Spanische nimmt Hidalgo Navarro (2016, 311) unter Verweis auf Briz Gómez (1998a, 207-208) ein für Redewiedergabe typisches „tonema de suspensión“ 459 an, das auf dem verbum dicendi realisiert wird. Abb. 61 illustriert eine solche Zitatkontur, bei der die 286 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen im Umfang von vier bis fünf Halbtönen aus, während die semianticadencia einen Tonhöhenanstieg von zwei bis drei Halbtönen beschreibt. 460 Dass in der Sprechpause zwischen diciendo und andaluces ein Signal angezeigt wird, liegt daran, dass an dieser Stelle ein Echo aufgezeichnet wurde, das bei der Analyse nicht berücksichtigt wurde. 461 Auf Oxytona ist die Tonhöhenbewegung meist stark gestaucht, so dass sie nicht ohne Weiteres mit anderen Realisierungen vergleichbar ist. Nuklearsilbe [θjen] und die postnukleare Silbe [do] auf derselben Tonhöhe realisiert werden: Abb. 61: F0-Kontur des Korpusbelegs COM_and_Rei_lev_004 460 Die prosodische Analyse der Korpusbelege soll hier die Frage in den Blick nehmen, ob neben diesem „tonema de suspensión“ noch weitere für Redewie‐ dergabe typische Zitatkonturen existieren und ob diese ggf. eine textsortenspe‐ zifische Ausprägung aufweisen. Um eine bestmögliche Vergleichbarkeit der Analyseergebnisse untereinander zu gewährleisten, ist eine Eingrenzung der zur Analyse geeigneten Belege notwendig, die sich auf zwei Kriterien stützt: Erstens sollen im Rahmen der Untersuchung lediglich Phrasen berücksichtigt werden, die auf Paroxytona oder Proparoxytona enden. Dies hat den Vorteil, dass sich durch die Erfassung der Tonhöhenbewegung auf zwei bzw. drei Silben relativ einheitliche Bewegungsmuster (s.-u.) ergeben. 461 Zweitens muss die Analyse zwangsläufig auf diejenigen Korpusbelege be‐ schränkt werden, bei denen das Ende der redeeinleitenden Passage mit einer 6.2 Paraverbale Ebene 287 Phrasengrenze koinzidiert, da sich andernfalls am Übergang zur wiedergege‐ benen Passage keine relevante Zitatkontur ergeben kann. Dieser asynchrone Charakter betrifft insbesondere diejenigen Belege, in denen die wiedergegebene Passage nicht mit einem verbum dicendi, sondern über einen Zitatmarker wie z. B. o sea eingeleitet wird, der i. d. R. keinen Nuklearakzent tragen kann und darüber hinaus bereits am Beginn einer neuen Phrase steht. Damit können Belege wie der in Abb. 62 illustrierte nicht in der Analyse berücksichtigt werden, da hier bereits hinter mundo eine Phrasengrenze vorliegt. Die auf mundo realisierte Zitatkontur ist jedoch für die Markierung des Beginns der wiedergegebenen Passage („¿qué hago? “) nicht unmittelbar relevant, da jene mit Hilfe der Konstruktion y yo eingeleitet wird, die jedoch ihrerseits bereits Teil einer neuen Phrase ist. Abb. 62: F0-Kontur des Belegs COM_and_Ro_sue_006 Die Erfassung der Zitatkonturen erfolgt in mehreren Schritten: Nach Auswahl der auf Paroxytona endenden Phrasen soll zunächst perzeptiv überprüft werden, ob auf der betonten Silbe tatsächlich ein Nuklearakzent realisiert wird oder ob sich - beispielsweise im Rahmen einer (im Korpus allerdings nur selten realisierten) Struktur mit Kontrastfokus - das Paroxytonon in postnuklearer Po‐ sition befindet. Mit Hilfe des Prosogram-Skripts wird dann die Tonhöhe der den 288 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 462 Eine Bestätigung der Annahme, dass das verbum dicendi zumindest in direkter Rede sehr häufig den Nuklearakzent trägt, findet sich u. a. bei Kvavik (1986, 342-343): „For direct sentences, sentence stress falls on the lexically stressed syllable of the initial verb in 78,6% of the sentences. […] Even if the reported diof dice que does not always receive a primary accent, it is still at least the second most prominent syllable in the longer sentences.“ 463 In einigen Punkten legen wir Navarro Tomás’ Spannen ein wenig großzügiger aus, um die korpusspezifische Realisierung genauer erfassen zu können. 464 Eine erste Präsentation des Notationssystems findet sich in Beckman et al. (2002), Face/ Prieto Vives (2007) und Estebas Vilaplana/ Prieto Vives (2008) enthalten Überar‐ beitungen und Ergänzungen des ersten Entwurfs. Nuklearakzent 462 tragenden Silbe sowie die der nachfolgenden postnuklearen Silbe ermittelt. In Anlehnung an die von Navarro Tomás angenommenen F0-Spannen 463 gehen wir von folgenden fünf Bewegungsmustern aus: (i) „fallend“: Abwärtsbewegung von mindestens zwei Halbtönen (ii) „steigend“: Aufwärtsbewegung von mindestens zwei Halbtönen (iii) „tief fallend“: Abwärtsbewegung ab sieben Halbtöne (iv) „hoch steigend“: Aufwärtsbewegung ab vier Halbtöne (v) „gerade“: F0-Bewegung von weniger als zwei Halbtönen Methodologisch gesehen wäre an dieser Stelle ein Rückgriff auf den auto‐ segmental-metrischen Ansatz und die Notationskonventionen von Sp_ToBI (Spanish Tones and Break Indices) 464 (vgl. Beckman et al. 2002) denkbar. Deren Anwendung scheint uns hier jedoch aus unterschiedlichen Gründen nicht sinnvoll: Erstens würde damit die Verwendung varietätenspezifischer Notati‐ onssysteme notwendig, jedoch liegt nicht zu allen im Korpus vertretenen Varietäten ein entsprechendes System vor - beispielsweise existiert bislang kein System für mexikanisches oder guatemaltekisches Spanisch. Auch würde die Verwendung varietätenspezifischer Systeme, selbst wenn sie vorlägen, diatopischen Merkmalen mehr Gewicht verleihen, als ihrer tatsächlichen Rele‐ vanz entspricht - für die Existenz regionalspezifischer Zitatkonturen gibt es keinerlei Anhaltspunkte (vgl. Grutschus 2017). Zweitens stünde der erhebliche Aufwand einer ToBI-Annotation des gesamten Korpus in keinerlei Verhältnis zum Untersuchungsziel, da die Annotation lediglich für die Erhebung eines einzigen prosodischen Parameters benötigt würde. Bei der statistischen Auswertung der Untersuchungsergebnisse soll die Frage im Mittelpunkt stehen, ob das Auftreten bestimmter Konturtypen textsorten‐ spezifisch ist oder ggf. auch mit anderen (z. B. pragmatischen oder funktionalen) Faktoren korreliert. 6.2 Paraverbale Ebene 289 6.2.4.2 Auswertung Bevor wir die textsortenspezifische Verwendung von Zitatkonturen analy‐ sieren, möchten wir zunächst die für das gesamte Korpus relevanten Zitatkon‐ turen vorstellen. Wie aus Abb. 63 deutlich wird, sind vor allem vier Konturtypen im Korpus vertreten: Neben geraden Zitatkonturen sind insbesondere fallende bzw. tief fallende Konturen belegt, dazu kommen einige steigende Konturen. Global gesehen bestätigt sich hier die Beobachtung (s. o.), dass ein „tonema de suspensión“, also eine gerade Kontur auf dem verbum dicendi bzw. am Ende der Redekennzeichnung über alle Textsorten hinweg die häufigste Realisierungsva‐ riante darstellt. Abb. 63: Zusammenhang zwischen Zitatkontur und Textsorte (N=-572) Der auffälligste Unterschied zwischen den drei Textsorten besteht darin, dass etwa ein Viertel der Belege im Vortrags-Korpus keine Zitatkontur am Ende der Redekennzeichnung aufweist, während der Anteil an Redekennzeichnungen ohne Zitatkontur in den übrigen beiden Textsorten verschwindend gering ist. Die statistische Auswertung mit dem binären Logit-Modell hat ergeben, dass dieser Unterschied höchst signifikant ist (p-=-0,0000). Aus Beleg (186) wird jedoch ersichtlich, auf welche Ursache dieser Unter‐ schied zurückzuführen ist: Bei den Belegen ohne Zitatkontur handelt es sich mehrheitlich um Redewiedergaben, die im Umfang einer (häufig unvollstän‐ digen) Nominal- oder Präpositionalphrase entsprechen. Die wiedergegebene Passage setzt hier also mitten in einer Akzentphrase ein, dementsprechend geht ihr kein Nuklearakzent voraus, der ausschließlich am Ende einer (größeren) Phrase auftritt. 290 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (186) el pingüino con su traje de lacayo= =y su mirada imbécil entre comillas (.) representa a los ejecutivos (.) (VOR_Gonz_079) Dieser Unterschied zwischen den Textsorten spiegelt damit keine divergierenden prosodischen Muster wider, sein Ursprung liegt vielmehr im abwei‐ chenden Umfang der zitierten Passagen. Ein zweiter Unterschied betrifft den deutlich größeren Anteil an tief fallenden Zitatkonturen im Predigt-Korpus - auch dieser Unterschied ist im Übrigen statistisch signifikant (p = 0,030). Bei genauerer Betrachtung der zugehörigen Belege wird deutlich, dass hier ein stereotypes Verwendungsmuster vorliegt: Bei der Mehrzahl der entsprechenden Belege handelt es sich um das „Wort Gottes“ (s. a. [187]), das der Prediger im Rahmen eines Bibelzitats mit Hilfe dieser auffälligen Kontur markiert. - (187) un verso que lo describe muy bien está en jeremías treinta y uno tres (-) dice así (-) jehová se manifestó (-) a mí hace ya mucho tiempo diciendo (-) con amor eterno (-) te he (-) amado (PREV_Lu_amor_083) Das Prosogram zeigt, dass der fallende Charakter der Zitatkontur auf diciendo noch zusätzlich dadurch verstärkt wird, dass die Tonhöhe auf der letzten Silbe der Redekennzeichnung stark abfällt: Abb. 64: Prosogram des Korpusbelegs PREV_Lu_amor_083 6.2 Paraverbale Ebene 291 465 Vgl. beispielsweise die Arbeiten von Susanne Günthner (u. a. Günthner 1997a, 1999 sowie 2002) und Deborah Tannen (etwa Tannen 2 2007, Tannen/ Kendall/ Gordon 2007 oder Tannen 2010), die den Fokus auf Stilisierungsverfahren in der Alltagskommunikation legen. Darüber hinaus finden sich Untersuchungen, die die Funktion von Stilisierung zur Erzeugung von Humor beleuchten (z.-B. Kotthoff 2005) sowie vereinzelte Fallstudien, die sich u. a. mit der spezifischen Rolle von Stilisierung in bestimmten Sprechergemeinschaften oder Textsorten beschäftigen (u. a. Couper-Kuhlen 1996, Zollna 2003, Barkat-Defradas/ Dufour 2007, Podesva 2007, Sicoli 2010 und Tetreault 2009). 466 Vgl. Zollna (2003, 7). Neben der individuellen Ausprägung der Stimmqualität existieren jedoch auch Stimmqualitäten, die charakteristisch sind für regionale oder soziale Sprechergemeinschaften, die mit Crystal (1969, 124) als voice stereotypes bezeichnet werden könnten. 6.2.5 Stimmqualität - 6.2.5.1 Vorüberlegungen Schließlich soll als letzter prosodischer Parameter zur Markierung von Redewie‐ dergabe die Stimmqualität betrachtet werden. Veränderungen der Stimmqualität spielen eine zentrale Rolle bei der Stilisierung wiedergegebener Äußerungen, die mit Günthner (2002, 61) als „punktuelle Überhöhung bestimmter Gestal‐ tungsverfahren zur Kontextualisierung einer spezifischen sozialen Orientierung auf die porträtierte Figur beziehungsweise deren (kommunikative) Handlung“ gefasst werden soll. Im Vergleich zu den übrigen prosodischen Parametern ist Stimmqualität zwar häufig als wichtiger Parameter der nonverbalen Markierung von Rede‐ wiedergabe genannt worden, 465 tatsächlich existieren jedoch keine größeren Korpusstudien und damit auch keine potentiell übertragbaren Analysekatego‐ rien, sondern lediglich mehr oder weniger ausführliche Darstellungen einzelner Realisierungsbeispiele. Ein operationalisierbares Kategorienraster fehlt auch deshalb, weil der Para‐ meter „Stimmqualität“ in der phonetischen und phonologischen Forschung in Ermangelung phonologischer Funktion bislang vernachlässigt wurde (vgl. Sicoli 2010, 524). Die stiefmütterliche Behandlung wiederum hat sicherlich vorrangig methodologische Gründe (vgl. Podesva 2007, 479), die damit zusammenhängen, dass Stimmqualität als indexikalisches Zeichen häufig idiosynkratischen Cha‐ rakter hat, 466 der nicht systematisch mit bestimmten Eigenschaften des Tonsig‐ nals einhergeht. Ein instrumentalphonetischer Nachweis von Veränderungen der Stimmqualität ist damit ausgeschlossen, sieht man von wenigen Ausnahmen (s. u.) ab. Eine perzeptive Analyse des Parameters wird wiederum dadurch erschwert, dass für die nähere Bestimmung nötige Hörerurteile häufig nicht differenziert genug sind, was Sicoli (2010, 546) auf den nichtreferenziellen 292 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 467 Vgl. beispielsweise Yuasa (2010) oder Wolk/ Abdelli-Beruh/ Slavin (2012). 468 Vgl. Podesva (2007, 483-485), der als akustische Anhaltspunkte eine hohe Grundfre‐ quenz, geringe Lautstärke sowie nur einen geringen Anteil energiereicher Obertöne anführt. Charakter der Stimmqualität zurückführt: „voice qualities are generally nonre‐ ferential and less present to consciousness for native speaker consultants and for researchers than referential lexical material.“ Von Seiten der akustischen Phonetik existiert lediglich ein kleiner Katalog an Stimmqualitäten, die sich instrumentalphonetisch im Stimmsignal nachweisen lassen, weil sie auf bestimmte Besonderheiten im Bereich der Phonation zurück‐ zuführen sind (vgl. Gordon/ Ladefoged 2001). Dabei ist die Modalstimme (engl. modal voice) sozusagen der „unmarkierte“ Fall: Hier läuft der Phonationspro‐ zess ohne Störungen oder Besonderheiten ab, so dass im akustischen Signal ausschließlich periodische Schwingungen sichtbar sind. Die spezifische Qualität der Knarrstimme (engl. creaky voice) entsteht durch Laryngalisierung, bei der lediglich ein Teil der Glottis offen ist und nur mit geringer Amplitude schwingt. Sie tritt oft dann auf, wenn Sprecher besonders tief sprechen möchten und an den unteren Rand ihres Stimmumfangs gelangen (vgl. Podesva 2007, 489). Die Folge ist eine als „rau“ wahrgenommene Stimme, die unregelmäßige Schwingungen aufweist, weshalb im Stimmsignal keine Grundfrequenz nachweisbar ist. Auf suprasegmentaler Ebene ist die Knarrstimme charakteristisch für be‐ stimmte diastratische Varietäten, 467 hat jedoch auch diskursstrukturierende Funktion, da sie beispielsweise Parenthesen prosodisch absetzen kann (vgl. Lee 2015). Die behauchte Stimme (engl. breathy voice) entsteht, wenn sich in der Phonationsphase nur ein Teil der Stimmlippen schließt, was ein „geräusch‐ behaftetes, spektral flaches und intensitätsschwaches Rohschallsignal“ (Pom‐ pino-Marschall 2009) zur Folge hat. Schließlich ist bei der Flüsterstimme (engl. whispered voice) die Glottis stark verengt, weshalb sich bei der geflüsterten Realisierung normalerweise stimmhafter Laute lediglich ein Geräusch ergibt und damit im Stimmsignal keine Grundfrequenz nachweisbar ist. Darüber hinaus finden sich häufig Beschreibungen der sog. Falsettstimme (engl. falsetto voice), die von Hörern i. d. R. problemlos erkannt wird, die jedoch auf akustischer Grundlage nicht eindeutig von der Modalstimme abzugrenzen ist. 468 Hinweise auf zwei weitere, zumindest für das Englische relevante Stimmquali‐ täten finden sich bei Couper-Kuhlen (2003, 30), die eine nasale Stimme („nasal voice“) und eine Lachstimme („‚smiley‘ voice“) unterscheidet. Beide Qualitäten scheinen ihrer Darstellung nach nicht unmittelbar auf Besonderheiten im phonatorischen Bereich zurückführbar und sind damit ausschließlich perzeptiv bestimmbar. 6.2 Paraverbale Ebene 293 Es ist davon auszugehen, dass in wiedergegebenen Kontexten noch weitere Stimmqualitäten relevant sind, die ebenfalls nur perzeptiv erfasst werden können. Als methodologische Konsequenz ergibt sich hieraus, dass das Vor‐ liegen spezifischer Stimmqualitäten lediglich induktiv aus dem Höreindruck der einzelnen Belege bestimmt werden kann. Dabei soll ein zweistufiges Vorgehen gewählt werden: In einem ersten Schritt soll lediglich überprüft werden, ob eine Veränderung der Stimmqualität vorliegt. In Anlehnung an die genannten Stimmqualitäten soll in einem zweiten Schritt eine induktive Kategorisierung erfolgen, die, wo nötig, auch noch nicht bereits genannte Kategorien mit einbe‐ zieht. Bisweilen entsteht der Eindruck veränderter Stimmqualität ausschließlich durch eine plötzliche Veränderung der Parameter „Lautstärke“, „Rhythmus“ (etwa durch extreme Längungen einzelner Silben oder markante Veränderungen des Sprechtempos) und „Tonhöhe“. Bei der Korpusauswertung sollen diese Fälle ebenfalls erfasst werden, jedoch spielen sie bei der Untersuchung des Parameters „Stimmqualität“ keine Rolle. In der statistischen Auswertung sollen folgende Hypothesen überprüft werden: (i) Das Vorliegen einer veränderten Stimmqualität ist textsortenspezi‐ fisch. (ii) Die Veränderung der Stimmqualität korreliert mit bestimmten Wie‐ dergabetypen. (iii) Wiedergegebene Passagen mit veränderter Stimmqualität stehen mit spezifischen Funktionen der Wiedergabe in Zusammenhang. - 6.2.5.2 Auswertung Insgesamt ist der Anteil derjenigen Korpusbelege, in denen eine Veränderung der Stimmqualität festgestellt werden konnte, nur relativ gering. Jedoch zeigt Abb. 65, dass sich die Textsorten in Bezug auf diesen Parameter sehr deutlich unterscheiden. Abb. 65: Zusammenhang zwischen Veränderung der Stimmqualität und Textsorte (N= 756) 294 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Während die Veränderung der Stimmqualität im Vortrags-Korpus praktisch nie zur Markierung von Redewiedergabe verwendet wird, ist dies bei knapp einem Drittel der Okkurrenzen aus dem Comedy-Korpus der Fall. Die statistische Auswertung mit Hilfe des binären Logit-Modells zeigt, dass dieser Unterschied höchst signifikant ist (p = 0,0000) und damit einen der zentralen Unterschiede zwischen den Textsorten darstellt. Abb. 66: Prosogram des Korpusbelegs COM_and_Ro_sue_057 Die Veränderungen im Bereich der Stimmqualität sind im Comedy-Korpus nicht nur besonders häufig, sondern auch komplexer im Vergleich zu den beiden übrigen Textsorten. So zeichnet sich beispielsweise der folgende Beleg, in dem der Comedian die Replik einer „unheimlichen“ alten Frau inszeniert, einerseits durch einen Wechsel ins Falsettregister aus, wie der sprunghafte Anstieg der Grundfrequenz im folgenden Prosogram illustriert. Andererseits setzt er auf der letzten Silbe von quieres die Knarrstimme ein, wie am Wegbrechen der Stilisierung auf dieser Silbe erkennbar ist. Die wenigen Belege mit veränderter Stimmqualität aus dem Vortragskorpus beziehen sich ausnahmslos auf Wiedergaben von Figurenrede aus dramatischen Texten. So stellt der Vortragende in Beleg (188) beispielsweise eine Äußerung der Figur Cordelia aus Shakespeares King Lear geflüstert dar: - (188) pero llega la tercera la pequeña la favorita que es CORDELIA (-) y contesta famosamente (--) <<geflüstert>nada> (.) no diré <<geflüstert>nada> (VOR_Jau_098) 6.2 Paraverbale Ebene 295 Nachdem in einigen Voruntersuchungen (s. o.) postuliert wurde, dass die Veränderung des Parameters der Stimmqualität an bestimmte Typen von Rede‐ wiedergabe gebunden ist, wurde auch dieser Zusammenhang im Rahmen der Korpusanalyse überprüft. Abb. 67 zeigt, dass diese Korrelation in der Tat sehr deutlich ausfällt: Abb. 67: Zusammenhang zwischen Veränderung der Stimmqualität und Redewieder‐ gabe-Typ (N=-701) Während jeweils gut 20 % der Belege in direkter oder freier direkter Rede eine Veränderung der Stimmqualität aufweisen, findet sich im gesamten Korpus kein einziger Beleg indirekter Rede, in dem sich dieses Merkmal nachweisen ließe. Die im Rahmen der Korpusanalyse erarbeitete induktive Kategorisierung hat unterschiedliche Typen von Veränderungen der Stimmqualität ergeben: Erstens stehen in einer nicht geringen Anzahl von Fällen Besonderheiten der Stimmgebung perzeptiv im Vordergrund. Hierzu gehören neben den instrumentalphonetisch nachweisbaren Qualitäten „behauchte“, „geflüsterte“, „Knarr-˝, „Falsett-˝ und „Lachstimme“ auch Unterkategorien wie „gesungene“, „nasale“, „gepresste“ und „zittrige“ Stimme. Die Flüsterstimme wird beispiels‐ weise dazu eingesetzt, um eine mit dieser Stimmqualität wiedergegebene Äußerung als „nur im Unterbewusstsein wirkend“ zu kennzeichnen, wie etwa im folgenden Beleg: - (189) dioh nunca te va a decir (--) <<geflüstert>mata (a) tu suegra> (--) (PREV_Ge_sud_075) In einigen Fällen zeichnet sich die Stimmqualität auch dadurch aus, dass der Sprecher „außer Atem“ wirkt. Zweitens sind im Korpus verschiedene Stimm‐ qualitäten vertreten, die auf gefühls- oder situationsspezifische Charakteristika der Kommunikationssituation hindeuten: Auf den Sprecher beziehen sich etwa 296 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Qualitäten wie „verärgert“, „beleidigt“, „betrunken“ oder „weinerlich“. Eine mit weinerlicher Stimmqualität wiedergegebene Äußerung findet sich im folgenden Beleg, in dem sich ein Kind bei seinem Vater darüber beklagt, dass es unter einem sehr hartnäckigen Schluckauf leidet. - (190) tienes un niño de seis años güey que está chingui (y) jode que no se le quite [0,025] <<weinerlich> no se me quita el hipo papá> (COM_mex_Wiki_063) Jedoch gibt es auch Stimmqualitäten, bei denen die Wirkung auf den Hörer im Vordergrund zu stehen scheint. So sind im Korpus einige Okkurrenzen belegt, in denen eine als „bedrohlich“ zu charakterisierende Stimmqualität dominiert. Dies ist beispielsweise im folgenden Beleg der Fall, in dem der Prediger das aus seiner Sicht ethisch nicht vertretbare Vorgehen von Kollegen inszeniert, die ihre Gemeindemitglieder dadurch zum „rechten Glauben“ bekehren möchten, dass sie ihnen Angst vor einem Tod ohne Erlösung durch Christus einflößen. Die drastische formulierte Drohung mit Verwesung ist durchgängig in Knarrstimme realisiert, wodurch sich ihr furchteinflößender Charakter noch verstärkt: - (191) y si yo quiero traer convicción de peca(d)o (.) hacerte sentir mal (.) hablarte del infierno= =<<bedrohlich> te vah a morir (.) con loh gusanoh> (PREV_Ge_pas_190) Drittens verweisen einige Stimmqualitäten auf bestimmte Wesenszüge des wiedergegebenen Sprechers und kennzeichnen diesen beispielsweise als „naiv“. Schließlich steht bei einigen Stimmqualitäten der Sprecher als Individuum mit spezifischem Idiolekt oder als Mitglied einer mehr oder weniger großen sozialen Gruppe im Vordergrund. Im Korpus werden beispielsweise Politiker wie José Luis Rodríguez Zapatero oder Kunstfiguren wie Darth Vader unter Rückgriff auf idiolektale Besonderheiten charakterisiert. Die sozialen Gruppen, auf die im Korpus verwiesen wird, sind im Hinblick auf ihre Größe und ihre Spezifität ganz unterschiedlich: Während Gruppen wie „Kinder“ oder „Mütter“ als relativ unspezifisch eingestuft werden dürften, sind Gruppen, die über nationale bzw. sprachliche Zugehörigkeiten charakterisiert werden, wie beispielsweise „Russen“ oder „Katalanen“, im Zuschnitt deutlich präziser. In Ermangelung der Möglichkeit, die induktive Kategorisierung von meh‐ reren unabhängigen Annotatoren durchführen lassen zu können, um dann lediglich die Schnittmenge der einzelnen Annotationen zu berücksichtigen oder zumindest mit einer Kategorisierung zu arbeiten, die auf einem Kompromiss 6.2 Paraverbale Ebene 297 zwischen unterschiedlichen Annotatoren beruht, wird auf eine quantitative Auswertung der Kategorisierung verzichtet. 6.2.6 Zusammenfassung Zum Abschluss unserer Analyse der paraverbalen Merkmale von Redewieder‐ gabe widmen wir uns der Frage, inwiefern sich die unterschiedlichen prosodi‐ schen Parameter ergänzen und in welchem Ausmaß Mehrfachmarkierungen möglich und üblich sind. Im Hinblick auf die vergleichende Betrachtung der drei Textsorten soll in diesem Zusammenhang auch geprüft werden, ob sich diesbezüglich textsortenspezifische Unterschiede ergeben. Die Überblicksdarstellung in Abb. 68 zeigt, dass im Korpus eine breite Palette an Kombinationsmöglichkeiten vertreten ist: Einerseits weist eine vergleichs‐ weise geringe Anzahl von Belegen überhaupt keine prosodische Markierung auf. Andererseits findet sich auch eine (wesentlich kleinere) Gruppe von Belegen, die hinsichtlich aller analysierten Parameter markiert sind. Abb. 68: Anzahl der zur prosodischen Markierung von Redewiedergabe eingesetzten Parameter im Vergleich der Textsorten (N= 761) Zu den prosodisch nicht markierten Belegen gehört beispielsweise die in Abb. 69 in Form eines Prosograms illustrierte Äußerung aus dem Vortragskorpus. 298 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 69: Prosogram des Korpusbelegs VOR_Jau_239 Der Vortragende zitiert hier folgende Äußerung der Figur Sancho Pansa aus dem zweiten Teil von Don Quijote: —¡Ay! —respondió Sancho llorando—. No se muera vuestra merced, señor mío, sino tome mi consejo y viva muchos años, porque la mayor locura que puede hacer un hombre en esta vida es dejarse morir sin más ni más, sin que nadie le mate ni otras manos le acaben que las de la melancolía. (Don Quijote [1605]: El ingenioso hidalgo Don Quijote de la Mancha, Kap. LXXIII, URL: https: / / cvc.cervantes.es/ literatura/ clasicos/ quijote/ edicion/ parte2/ cap74/ cap74_ 02.htm [24.08.22]) Die Wiedergabe ist auf paraverbaler Ebene in jeder Hinsicht unmarkiert: Der Äußerungsbeginn ist nicht durch eine Pause abgegrenzt, eine Tonhöhenverän‐ derung, die sich evtl. sogar auf den pitch span oder das Register auswirken könnte, ist nicht zu erkennen, eine spezifische Zitatkontur liegt nicht vor, die letzte Silbe des verbum dicendi weist keine Dehnung auf und die Stimmqualität bleibt unverändert. Das Ausbleiben einer Markierung ist hier umso erstaun‐ licher, als es sich bei der wiedergegebenen Äußerung zum einen mit einer Interjektion eingeleiteten Imperativsatz handelt. Andererseits findet sich in der - vom Vortragenden ausgelassenen - Redekennzeichnung der Hinweis, dass Sancho die flehentliche Bitte an seinen Herrn weinend („llorando“, s. o.) vorträgt, was mit einer Markierung im Bereich der Stimmqualität hätte einhergehen können. Auf prosodischer Ebene im Hinblick auf alle untersuchten Parameter mar‐ kiert sind insgesamt lediglich drei Belege aus dem Comedykorpus, u. a. die anhand des Prosograms in Abb. 70 illustrierte Wiedergabe. 6.2 Paraverbale Ebene 299 Abb. 70: Prosogram des Korpusbelegs COM_mex_So_cad_190 Der Comedian inszeniert hier eine Äußerung seiner Mutter, die entrüstet feststellt, dass statt der Tomaten, die sie eigentlich „bestellt“ hatte, Guajaven eingekauft wurden. Deutlich zu sehen sind die finale Dehnung auf maMÁ, die einleitende Pause, der große Tonhöhenanstieg zu Beginn der Wiedergabe, der erheblich erweiterte pitch span sowie der Wechsel in ein höheres Register. Nur perzeptiv erkennbar ist die Veränderung der Stimmqualität: Der Comedian wechselt ins Falsett und verstellt seine Stimme, um die Äußerung seiner Mutter darzustellen. Weiterhin zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den drei Textsorten: Während im Comedykorpus (wenn auch nur in sehr wenigen Fällen, s. o.) Wie‐ dergaben belegt sind, die im Hinblick auf sieben Parameter markiert sind, liegt die maximale Anzahl von Parametern pro Beleg im Predigtkorpus bei sechs und im Vortragskorpus lediglich bei fünf. In ähnlicher Weise unterscheidet sich der Anteil prosodisch überhaupt nicht markierter Belege: Er liegt im Comedykorpus bei knapp 8 %, im Vortragskorpus ist er mit 15 % fast doppelt so hoch. Die Zusammenschau zeigt also eindrücklich, dass die prosodische Markierung von Redewiedergabe im Comedykorpus deutlich stärker und systematischer ausfällt als in den beiden übrigen Textsorten. 6.3 Pragmatische Ebene Auf der pragmatischen Ebene sollen insgesamt drei Aspekte näher untersucht werden. Hierzu gehört zunächst die Frage, wie eng sich die wiedergegebene Passage an der (möglicherweise auch nur imaginierten) Originaläußerung ori‐ entiert (vgl. Kap. 6.3.1). Im Anschluss soll überprüft werden, ob die Wiedergabe spontan erfolgte oder vorbereitet war (vgl. Kap. 6.3.2). Schließlich wird auch 300 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 469 Clark/ Gerrig (1990, 778-779) differenzieren in Anlehnung an Searles Teilakte von Sprechakten zwischen dem illocutionary act, der propositional expression, dem locutio‐ nary act, dem utterance act sowie dem collaborative act. das Vorhandensein einer nonverbalen Markierung mit Hilfe eines in Kap. 6.3.2 näher vorzustellenden Rasters erfasst. 6.3.1 Originaltreue - 6.3.1.1 Vorüberlegungen Der Grad der Ähnlichkeit zwischen der wiedergegebenen Äußerung und der Originaläußerung soll unter Rückgriff auf die in Kap. 2.3.4.2 ausführlich vorge‐ stellte Klassifikation der Teilakte von Sprechakten bestimmt werden, wie sie von Clark/ Gerrig (1990, 778-779) zur Analyse von Redewiedergabe entwickelt wurde. Wie bereits in Kap. 3.8 erläutert, wird die nachfolgende Analyse statt der ursprünglich unterschiedenen fünf Teilakte 469 zwar ebenfalls fünf, jedoch leicht abweichend zugeschnittene Kategorien berücksichtigen: Illokution, Äußerung‐ sinhalt, mixed quotation, bereinigter Wortlaut und Wortlaut. Damit verzichten wir gänzlich auf die Kategorie des collaborative act (vgl. Clark/ Gerrig 1990, 779), mit deren Hilfe erfasst werden kann, ob auch die Reaktionen des Gesprächs‐ partners dargestellt werden. Die Kategorie Illokution umfasst dabei Wiedergaben, die ausschließlich die Illokution der Originaläußerung erkennen lassen. Es ist davon auszugehen, dass insgesamt nur sehr wenige Korpusbelege dieser Kategorie angehören. Dazu gehört beispielsweise der nachfolgend zitierte Beleg, mit dem der Comedian seine Behauptung illustriert, Lügner würden auf kritische Nachfragen grund‐ sätzlich erst mit der Gegenfrage ¿eh? reagieren, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Wir gehen im Rahmen der Analyse davon aus, dass die Interjektion ¿eh? hier keinen über die Illokution „Frage“ hinausgehenden semantischen Gehalt aufweist. - (192) los mentirosos siempre preguntan eh? (COM_cas_Bu_ment_030) In die Kategorie Äußerungsinhalt fallen Wiedergaben, die den Inhalt der Ori‐ ginaläußerung darstellen, ohne jedoch auf deren Wortlaut zurückzugreifen. Voraussichtlich wird ein großer Teil der Wiedergaben in indirekter Rede dieser Kategorie zuzuordnen sein. Da der Wortlaut der Originaläußerung - sofern überhaupt eine solche existiert - nur in den seltensten Fällen bekannt ist, 6.3 Pragmatische Ebene 301 gehen wir davon aus, dass ein Rückgriff auf den Wortlaut ausschließlich dann vorliegt, wenn zumindest ein Teil der Äußerung explizit als „wörtlich zitiert“ markiert wird. Im nachfolgenden Beleg weist die Wiedergabe einer Äußerung des ehemaligen britischen Premierministers Tony Blair keine solche Markie‐ rung auf - im Gegenteil deutet die sich unmittelbar an die Redewiedergabe anschließende Paraphrase „que se empieza a pirar“ darauf hin, dass hier die exakte Formulierung gerade keine Rolle spielt, sondern dass lediglich der Äußerungsinhalt im Mittelpunkt steht. - (193) hoy TONY BLAIR ha anunciao que va a recortar parte (.) de las tropas de irak (.) que se empieza a pirar (.) a pirar un poquito (COM_cas_Bu_ent_001) Die Kategorie mixed quotation (s.-Kap. 3.1.2) versammelt alle Wiedergaben, die lediglich einzelne Elemente der Originaläußerung wörtlich übernehmen, für deren Wortlaut jedoch mehrheitlich der wiedergebende Sprecher verantwort‐ lich zeichnet. Da ein systematischer Abgleich mit den Originaläußerungen nicht möglich ist (s. o.), können hier nur solche Fälle eingeordnet werden, in denen sich der Sprecher auf Einzelelemente weithin bekannter Äußerungen bezieht oder die wörtlichen Elemente explizit als solche kennzeichnet. Ein Beispiel für eine solche „weithin bekannte“ Äußerung illustriert die Wiedergabe in (194): - (194) por lo menoh ya no hay crisih <lacht> (---) hay broteh verdeh dice(n) <lacht> (COM_and_Rei_lev_032) Der Comedian nimmt hier den Ausdruck brotes verdes wörtlich wieder auf, der folgender berühmt gewordener Aussage der ehemaligen spanischen Wirt‐ schaftsministerin Elena Salgado entnommen ist: „[…] la situación económica está teniendo algunos brotes verdes y hay que esperar a que crezcan“ (El Economista, 07.05.2009). Die Kategorie bereinigter Wortlaut umfasst Wiedergaben, die eine Original‐ äußerung zwar vollständig wiedergeben, jedoch keinerlei Performanzerschei‐ nungen wie hesitation phenomena, Wiederholungen oder ähnliche Elemente aufweisen. Beleg (195) illustriert eine solche Verwendung: Die wiedergegebene Frage stellt eine vollständige Äußerung dar, deren wörtliche Übereinstimmung mit der (aufgrund der nicht näher spezifizierten Kommunikationssituation rein virtuellen) Originaläußerung äußerst plausibel erscheint. Als „bereinigt“ wird die Äußerung nur deshalb eingestuft, weil sie keinerlei Performanzerschei‐ nungen aufweist. 302 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (195) y una pregunta embarazosa en las entrevistas es [0,258] cuáles son tus mejores cualidades (COM_cas_Bu_ent_054) Schließlich werden alle diejenigen Wiedergaben in die Kategorie Wortlaut eingeordnet, in denen eine Originaläußerung vollständig und einschließlich aller Performanzerscheinungen dargestellt wird. Da in aller Regel die zugrun‐ deliegende Originaläußerung - sofern sie überhaupt existiert - nicht zugänglich ist, kann und soll nicht differenziert werden zwischen Performanzsignalen des aktuellen und des wiedergegebenen Sprechers. Hierbei werden ausschließ‐ lich Performanzerscheinungen auf segmentaler Ebene berücksichtigt, da die prosodische Realisierung ja ohnehin gesondert erfasst wird. Der Beleg in (196) illustriert, auf der Grundlage welcher Kriterien Äußerungen in die Kategorie Wortlaut eingeordnet werden: Der Comedian gibt hier die Äußerung einer Arzthelferin wieder, der es nicht gelingen wollte, ihm Blut abzunehmen, und die daraufhin behauptete, er habe überhaupt keine Armvene. Die Wiedergabe enthält zahlreiche Performanzsignale. So setzt die Arzthelferin mehrmals zu ihrer Äußerung an, bevor es ihr im dritten „Anlauf “ schließlich gelingt, sie zu vollenden. Daneben enthält die Wiedergabe mehrere hesitation phenomena wie Pausen und Längungen. - (196) y me dice una un día [0,454] no (.) pues no tiene: (---) no tiene vena (COM_cas_Bu_med_039) In die Kategorie Wortlaut fallen streng genommen auch all jene Wiedergaben, die in extenso vorgelesen werden. Da jedoch davon auszugehen ist, dass die Sprecher mit dem Vorlesen einer Äußerung andere Ziele verfolgen als mit der Wiedergabe einer Äußerung inklusive aller zugehörigen Performanzsignale, sollen diese beiden Fälle getrennt voneinander erfasst werden: Alle vorgele‐ senen Wiedergaben werden in die Kategorie Wortlaut_vorgelesen eingeordnet. Dieses fein ausdifferenzierte Analyseraster zur Erfassung der dargestellten Ähnlichkeit zwischen Wiedergabe und Originaläußerung bietet die Möglich‐ keit, insbesondere die Kategorie der direkten Rede im Hinblick auf ihre Ähn‐ lichkeit mit der Originaläußerung hin wesentlich kritischer zu überprüfen, als dies bislang der Fall war. Zugleich weist es jedoch den Nachteil auf, dass der überwiegende Teil der Okkurrenzen indirekter Rede quasi „automatisch“ der Kategorie Äußerungsinhalt zugeordnet wird, da hier, mit Ausnahme der voraussichtlich wenig zahlreichen Fälle von mixed quotation keine Kriterien bereitstehen, um zwischen formaler Ausgestaltung des Wiedergabetyps und 6.3 Pragmatische Ebene 303 seinen pragmatischen Eigenschaften zu differenzieren. Mit der Entscheidung für das beschriebene Raster nehmen wir deshalb in Kauf, dass die Originaltreue der Okkurrenzen indirekter Rede weniger genau erfasst werden kann. Im Rahmen der Auswertung soll zunächst überprüft werden, ob ein Zusam‐ menhang besteht zwischen dem Grad der Originaltreue der Redewiedergabe und den entsprechenden Textsorten. Im Vorfeld der Analyse zeichnen sich hier keine grundsätzlichen Affinitäten ab: Prinzipiell scheint beispielsweise in allen drei Textsorten das Auftreten von im Wortlaut dargestellten Wiedergaben ähn‐ lich wahrscheinlich. Lediglich in Bezug auf die Kategorie bereinigter Wortlaut ist davon auszugehen, dass sie im Comedy-Korpus eine vergleichsweise größere Rolle spielt. Daneben soll festgestellt werden, ob Originaltreue und Redewiedergabe-Typ in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. Hier liegt die Vermutung nahe, dass insbesondere direkte und freie indirekte Rede mit großer Originaltreue einher‐ gehen. Schließlich soll auch eine mögliche Korrelation zwischen Originaltreue und prosodischer Markierung in den Blick genommen werden: Naheliegend wäre in diesem Zusammenhang insbesondere eine deutliche prosodische Mar‐ kierung von Belegen, die in die Kategorie Wortlaut eingeordnet wurden. - 6.3.1.2 Auswertung Wir beginnen die Auswertung des Parameters Originaltreue mit einem Über‐ blick über die relevanten Unterkategorien. Abb. 71 zeigt, dass die einzelnen Unterkategorien im Korpus stark unterschiedlich ausgelastet sind: Abb. 71: Überblick über die Unterkategorien des Parameters Originaltreue (N= 758) So fallen insgesamt lediglich vier Belege in die Unterkategorie Illokution, wes‐ halb diese im weiteren Verlauf der Korpusauswertung vernachlässigt werden soll. Mit deutlichem Abstand die meisten Vertreter weist die Unterkategorie 304 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen bereinigter Wortlaut auf, der fast die Hälfte der im Korpus vertretenen Belege zugeordnet wurden. Wie Beleg (197) zeigt, weist hier die wiedergegebene Passage mit ay zwar eine auf originalgetreue Wiedergabe hindeutende Interjek‐ tion auf, davon abgesehen finden sich jedoch keinerlei Hinweise auf konkrete Performanzerscheinungen wie etwa hesitation phenomena oder Ähnliches. - (197) o sea como si te pillan con un coche robao= =y diceh a la policía [0,308] ay (.) ya me extrañaba a mí que tuviera que abrirlo con un ladrillo (COM_and_Rei_lev_030) Die Unterkategorie mixed quotation weist einerseits „klassische“ Vertreter wie den in Beleg (198) illustrierten auf - hier wird in eine Passage indirekter Rede ein Ausschnitt direkter Rede eingefügt. Dass diese Variante hauptsächlich in schriftlich realisierten Äußerungen Anwendung findet, zeigt sich im vorlie‐ genden Fall daran, dass der Beginn der direkt zitierten Passage lediglich aus dem zum Vortrag gehörigen Manuskript ersichtlich wird, da eine Markierung des Beginns der direkten Passage auf verbaler oder nonverbaler Ebene fehlt und damit dem Zuhörer der Wechsel der Sprecherinstanz bestenfalls erst im Nachhinein (beispielsweise durch Formulierungen wie fin de cita etc.) deutlich wird. - (198) ehpecíficamente BAL habla de que un ejercicio de agencia democrática (.) se basa en la exigencia de contextos donde loh temah que conforman la política (.) puedan ser hablaos (VOR_Dor_046) Andererseits wurden auch Belege wie der folgende als mixed quotation einge‐ ordnet: Beleg (199) enthält eine vorgelesene Passage aus der Bibel, in die der Prediger eine erläuternde Paraphrase einstreut - „con el sudor de tu frente“ wird mit Hilfe von „con mucho esfuerzo“ paraphrasiert. - (199) y comeráh plantah del campo (--) con el sudor de tu frente (.) con el sudor de tu frente con mucho ehfuerzo (--) comerás el pan (--) hahta que vuelvas a la tierra (.) génesis treh diecisiete (PREV_Ge_sud_021) Einige Belege, die in die Kategorie vorgelesener Wortlaut eingeordnet wurden, weisen Performanzerscheinungen besonderer Art auf, nämlich verschiedene 6.3 Pragmatische Ebene 305 Vorlesefehler. Im nachfolgenden Beispiel (200) beginnt die vorgelesene Bibel‐ passage ohne ein explizit ausgedrücktes Subjekt. Der Prediger ist offenbar im ersten Moment nicht sicher, ob die in seinem Manuskript vermerkte Verbform wirklich korrekt ist, gewinnt jedoch unmittelbar im Anschluss wieder den Überblick über die Passage und kehrt zur ursprünglich verwendeten Pluralform zurück. - (200) mateo capítulo diecisiete catorce dice (.) cuando llegaron llegó llegaron al gentío (-) vino a él un hombre que se arrodilló delante de él (PREV_Lu_cam_129) Den hohen Grad an Originaltreue unterstreichen insbesondere diejenigen (aller‐ dings wenig zahlreichen) vorgelesenen Wiedergaben, die mit einem Wechsel in eine andere Sprache verbunden sind. Beleg (201) illustriert, wie der Vortragende eine Passage aus einer französischsprachigen Publikation vorliest: - (201) para el filósofo francés e JEAN LACROIX (.) e lo cito (.) aujourd’hui on écrit encore on écrit toujours= =et on fait partout des bestiaires (VOR_Gonz_001) Alle Belege, die in die Kategorie Wortlaut eingestuft wurden, simulieren große Nähe zum Original v. a. dadurch, dass der wiedergebende Sprecher die Wie‐ dergabe um Performanzerscheinungen ergänzt. Besonders häufig treten hier hesitation phenomena wie z. B. Dehnungen, Wiederholungen und Pausen auf, die oft auch gezielt zur näheren Charakterisierung der wiedergegebenen Sprecher eingesetzt werden. Im nachfolgenden Beispiel stellt der Comedian kulturelle Stereotype am Beispiel US-amerikanischer und mexikanischer Soldaten gegen‐ über. Die in Beleg (202) dargestellten mexikanischen Soldaten zeichnen sich u. a. durch sehr zögerliches Verhalten aus, das mit Hilfe von Pausen und Dehnungen illustriert wird: - (202) y los mexicanos [1,061] este: (.) <hüstelt> (--) aquí (.) vamos a dejar las despensas (COM_mex_So_cad_157) Einige Belege weisen auch Performanzerscheinungen auf, die eigentlich dem aktuellen Sprecher zuzuordnen sind. Hierzu zählt beispielsweise der Verspre‐ cher des Comedians im Zusammenhang mit der Jahreszahl im nachfolgenden Beleg: 306 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (203) entonces dice= =pero como puede ser si eso fue en nove en mil ocho ciento noventa y ocho: ? (COM_cas_Bu_ment_065) Da in vielen Fällen nicht genau zu bestimmen ist, auf welche Sprechinstanz sich die Performanzerscheinungen beziehen, wurde im Rahmen der Analyse nicht zwischen den beiden soeben skizzierten Möglichkeiten differenziert. Neben den bereits illustrierten hesitation phenomena sind im Korpus auch Performanzerscheinungen wie nonverbale Signale, elliptische Konstruktionen, Anakoluthe, Onomatopoetika sowie diverse Diskursmarker belegt. Zu den nonverbalen Signalen gehören beispielsweise alle mit dem Aus‐ druck von Affekten einhergehenden Lautäußerungen wie Weinen, Seufzen, Schluchzen oder auch das in Beleg (204) illustrierte Kichern - der Comedian stellt hier einen Dialog zwischen zwei aufgeregt kichernden griechischen Soldaten im Bauch des trojanischen Pferdes nach: - (204) sí (---) (o) sea me imagino los güeys (ha)cer como [0,347] <unterdrücktes Kichern> [1,264] no saben que estamos aquí adentro ja ah (--) (COM_mex_So_cad_210) Etwas seltener treten elliptische Konstruktionen wie in (205) auf. Die nur unvollständig realisierte Eigen-Wiedergabe des Predigers, die lediglich eine Redekennzeichnung aufweist, kann im Übrigen mit Hilfe des unmittelbar voranstehenden Kontextes problemlos vervollständigt werden. - (205) no ehtoy diciendo que tengan que dejar sus empleos (.) ni que tengan que dejar suh ehtudios (.) ningún muchacho jó: ven me diga= =aleluya [aleˈluʒa] (.) el pahtor dijo (PREV_Ge_pas_020) Vergleichsweise selten sind auch Satzbrüche wie der in (206) illustrierte: Der Prediger legt hier einem nicht näher identifizierbaren Gemeindemitglied meh‐ rere anaphorische Äußerungen in den Mund, die unterschiedliche Anlässe für finanzielle Notlagen thematisieren. Der letztgenannte Anlass der Steuereintrei‐ bung („[tax] collection“) sollte offenbar zunächst unpersönlich ausgedrückt werden, wird jedoch schließlich mit (allerdings unverständlichem) Subjekt konstruiert. - (206) para que no tengah la cabeza pensando= =uy se vence la tarjeta (.) 6.3 Pragmatische Ebene 307 uy me ehtá= =(x) me manda una collection (PREV_Ge_sud_085) Einige Belege, in denen Wiedergaben möglichst originalgetreu dargestellt werden, enthalten neben der eigentlichen Äußerung auch lautmalerisch ge‐ staltete Geräuschdarstellungen. So wird beispielsweise in der in Beleg (207) illustrierten Wiedergabe zunächst die exzessive Darstellung von Gewalt in Videospielen beklagt, bevor diese sich u. a. im Gebrauch von Schusswaffen manifestierende Gewalt mittels einer Maschinengewehrsalve „untermalt“ wird. - (207) verda y que todo el mundo se queja y que (.) pero por qué tan violentos y (xxx) tatata tatata ta ta ta ta (--) ya deje ese juego (PREV_Lu_cam_035) Die Kategorie Wortlaut enthält daneben auch Belege, in denen die Wiedergabe ebenfalls als originalgetreu eingestuft werden kann, die dabei jedoch die Nähe zur Originaläußerung eher aus Zuhörerperspektive gestalten. So stellt der Comedian in Beleg (208) beispielsweise eine Szene nach, in der seine Großmutter sein Zimmer betritt, um dort aufzuräumen. Als diese das Zimmer zwischenzeit‐ lich kurz verlässt, ist der Äußerungsinhalt bis zu dem Moment nicht mehr zu verstehen, in dem sie das Zimmer wieder betritt. Der räumliche Charakter dieser Inszenierung wird durch zunächst ab- und dann wieder zunehmende Sprechlautstärke unterstützt, jedoch verzichtet der Comedian gänzlich darauf, die Szene darüber hinaus auch auf nonverbaler Ebene (etwa durch Verlassen der Bühne oder Ähnliches) zu untermalen. - (208) entra en mi cuarto emputadísima doblándome ropa es como [0,241] cla: ro como el señor es un huevón que no hace nada= =pues aquí tiene su pendeja que todo le hace= =pero qué tal cuando pide= =<<absichtlich unverständl., Großmutter verlässt das Zimmer>XXX XX XXX X> (--) <<absichtlich unverständl., Großmutter nähert sich wieder >XX XXX XX X XXX>= =el otro día pues (COM_mex_So_gri_064) Im Rahmen der Auswertung haben wir zunächst textsortenspezifische Aspekte des Parameters der Originaltreue betrachtet. Wie Abb. 72 zeigt, bestehen sehr deutliche Unterschiede zwischen den drei im Korpus vertretenen Textsorten: 308 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 72: Zusammenhang zwischen Originaltreue und Textsorte (N=-754) So ist beispielsweise die Kategorie mixed quotation praktisch nur in Vorträgen und marginal in Predigten vertreten. Im Comedy-Korpus findet sich nur ein einziges Beispiel, das dieser Kategorie zuzuordnen ist (s. Beleg [194]). Diese Feststellung ist u. a. vor dem Hintergrund des bereits skizzierten engen Zusam‐ menhangs zwischen mixed quotation und einer medial schriftlich realisierten Originaläußerung nicht weiter überraschend. Die Mehrzahl der Korpusbelege aus Vorträgen gestaltet sich ähnlich wie in Beleg (209): Die wiedergegebene Passage hat lediglich den Umfang eines Syntagmas und ist weder auf verbaler noch auf paraverbaler Ebene gesondert markiert. - (209) PEDRO MARQUÉS uno de loh ehcritores del proyecto= =resume así el acto de resistencia cívico-literaria (.) que constituyó la revista (VOR_Dor_017) Im Vergleich der Textsorten erstaunlich ähnlich ist der Anteil an der Kategorie Äußerungsinhalt zugeordneten Belegen. Abb. 72 zeigt weiterhin, dass die Ka‐ tegorien Wortlaut und vorgelesener Wortlaut quasi komplementär auf die Text‐ sorten verteilt sind: Während das Comedy-Korpus ausschließlich als Wortlaut eingestufte Belege enthält, umfasst das Predigtkorpus sowohl „originalgetreu“ wiedergegebene Belege als auch (zu einem größeren Anteil) vorgelesene Wie‐ dergaben. Im Vortragskorpus hingegen kommen ausschließlich der Kategorie Wortlaut_vorgelesen zugeordnete Belege vor. Welche Korrelationen bestehen zwischen dem Grad an Originaltreue und dem verwendeten Typ von Redewiedergabe? Abb. 73 zeigt zunächst, dass zwischen freier direkter Rede und direkter Rede kein wesentlicher Unterschied besteht, was die Originaltreue der Wiedergaben angeht. Dies ist insofern 6.3 Pragmatische Ebene 309 bemerkenswert, als vorstellbar gewesen wäre, dass Wiedergaben in freier direkter Rede möglicherweise einen höheren Grad an Originaltreue aufweisen als Wiedergabe in direkter Rede. Tatsächlich unterscheiden sich beide Formen jedoch nur hinsichtlich des geringfügig erhöhten Anteils vorgelesener Passagen und hinsichtlich des etwas größeren Anteils an mixed quotation in freier direkter Rede. Abb. 73: Zusammenhang zwischen Originaltreue und Redewiedergabe-Typ (N= 723) Im Gegensatz dazu setzt sich die indirekte Rede deutlich von den beiden direkten Varianten ab, was den Grad an Originaltreue betrifft: Erwartungsgemäß zeigt die Korpusanalyse, dass der Redewiedergabe-Typ der indirekten Rede in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle zur Übermittlung des Äußerungsinhalts genutzt wird und damit Wortlaut und formale Ähnlichkeit mit der Originaläu‐ ßerung deutlich in den Hintergrund treten. Als letzte Korrelation soll schließlich der Zusammenhang zwischen Original‐ treue und prosodischer Markierung betrachtet werden. Hier steht grundsätzlich zu vermuten, dass eine große Ähnlichkeit mit der Originaläußerung auch eine stärker ausgeprägte Markierung auf prosodischer Ebene mit sich bringt. Hinsichtlich der zwischen Redekennzeichnung und Redewiedergabe reali‐ sierten Pausen zeigt Abb. 74, dass die vermutete Korrelation auf diesen spe‐ zifischen Parameter zutrifft: Während die sich durch insgesamt nur geringe Ähnlichkeit mit der Originaläußerung auszeichnenden Belege der Kategorie Äußerungsinhalt in rund 70 % der Fälle keine Pause aufweisen, sind immerhin gut 40 % der Belege, die die Originaläußerung im Wortlaut wiedergeben, über eine Pause markiert. Diese Unterschiede sind jedoch statistisch nicht signifikant. 310 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 74: Zusammenhang zwischen Originaltreue und Pausentyp (N= 737) Auffällig ist hier insbesondere der sehr hohe Anteil an Pausen in vorgelesenen Kontexten. An anderer Stelle (s. Kap. 6.3.2.2) wird zu zeigen sein, dass die Pausen in vorgelesenen Kontexten nicht nur häufiger auftreten, sondern durchschnitt‐ lich auch länger dauern als in anderen Kontexten. Diese Tendenz ist gegen‐ läufig zu den Ergebnissen zahlreicher Untersuchungen, in denen verschiedene Eigenschaften von Vorlesen und Spontansprechen einander gegenübergestellt werden (vgl. Heinz 2006, 55-57): Entgegen der intuitiven Erwartung, beim Vorlesen würden Pausen zur Textgliederung besonders „effektvoll“ eingesetzt und seien damit länger, haben Untersuchungen für ganz unterschiedliche Sprachen eine kürzere Pausendauer in Vorlesesituationen (im Vergleich zu Spontansprache) festgestellt. Offensichtlich treten im Rahmen vorgelesener Redewiedergabe also andere prosodische Mechanismen zu Tage als in anderen Vorlesesituationen. 6.3.2 Nonverbale Markierung - 6.3.2.1 Vorüberlegungen Wie bereits in Kap. 3.4 dargelegt, ist die systematische und detaillierte Erfas‐ sung nonverbaler Markierungen mit erheblichem methodischem Aufwand ver‐ bunden. Da die Analyse der nonverbalen Markierung von Redewiedergabe nur einen Teilaspekt der vorliegenden Arbeit darstellt (vgl. jedoch Grutschus 2016), soll zunächst lediglich erfasst werden, ob überhaupt eine nonverbale Markie‐ rung vorliegt. Hierbei wird, in Anlehnung an die Typologie von Ehlich/ Rehbein (1982), ausschließlich redebegleitende (sog. komitative) Kommunikation erfasst, da unabhängig von Äußerungen auftretende nonverbale Kommunikation - 6.3 Pragmatische Ebene 311 beispielsweise eine (nicht von „da! “ begleitete) Zeigegeste als Antwort auf die Frage, wo sich ein Gegenstand befindet - für die Analyse nicht weiter von Interesse ist. Insgesamt steht bei der Analyse weniger die Frage im Vordergrund, ob der Beginn der Redewiedergabe auf nonverbaler Ebene markiert wird. Vielmehr ist entscheidend, ob der Sprecher im Verlauf der Wiedergabesituation auf nonverbale Kontexte zurückgreift. Der Systematik von Ehlich/ Rehbein (1982, 7-10) folgend, differenzieren wir darüber hinaus zwischen „neutraler“ und „eigenliniger“ nonverbaler Mar‐ kierung. „Neutrale“ nonverbale Kommunikation umfasst dabei alle als „un‐ markiert“ zu bezeichnenden Elemente. Übereinstimmend mit Ehlich/ Rehbein (1982) zählen wir hierzu beispielsweise die Tatsache, dass der Sprecher seinen Blick üblicherweise dem Zuhörer zuwendet, oder die Abwesenheit spezifischer Emotionen in seiner Mimik. Darüber hinaus stufen wir auch Gesten ohne Refe‐ renzpotential als „neutral“ ein. Hierzu gehören einerseits sog. Taktstockgesten, die der Betonung einzelner Wörter dienen, und andererseits sog. Ideographe, die die Entwicklung des Formulierungsprozesses gestisch abbilden (vgl. Nöth 2000, 300). Redebegleitende Mimik und Gestik, der ein gewisses Referenzpotential zu‐ geschrieben werden kann, stufen wir als „eigenlinige“ nonverbale Markierung ein. Hierzu gehören u. a. Zeigegesten, Kopfschütteln, mimisch ausgedrückte Emotionen und Affekte, ein erhobener Zeigefinger, der die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf sich ziehen soll oder sog. Piktographe, die bestimmte Objekte darstellen (vgl. Nöth 2000, 300). Sofern sie redebegleitend auftreten, rechnen wir auch emblematische Gesten wie beispielsweise die „ok“-Geste zur „eigenli‐ nigen“ nonverbalen Markierung. Eine über diese sehr grobe dreistufige Klassifikation („keine“, „neutrale“ sowie „eigenlinige“ nonverbale Markierung) hinausgehende Differenzierung ist angesichts der Korpusgröße nicht sinnvoll. Aus anderen Gründen ausge‐ klammert ist der Bereich der Kinesik, der beispielsweise Veränderungen in der Ausrichtung der Körperachse oder Bewegungen im Raum erfasst: Die Erfassung kinetischer Parameter würde die Vergleichbarkeit der drei im Korpus vertretenen Textsorten bereits im Vorfeld dahingehend einschränken, dass sich die wissenschaftlichen Vorträge erheblich von den übrigen Textsorten unterscheiden. So wird die Mehrzahl der im Korpus vertretenen Vorträge im Sitzen präsentiert, nur ein Sprecher trägt an einem Redepult stehend vor. In 312 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 470 Von der prinzipiell natürlich vorhandenen Möglichkeit aufzustehen machen die Vor‐ tragenden im analysierten Korpus keinen Gebrauch. beiden Fällen sind veränderte Ausrichtungen der Körperachse zumindest stark eingeschränkt, Bewegungen im Raum sind dadurch praktisch ausgeschlossen. 470 Ebenfalls nicht gesondert betrachtet werden soll die Veränderung der Blick‐ richtung - auch dies hat in erster Linie praktische Gründe: Einerseits lässt die (i. d. R. feste) Kameraposition nicht immer erkennen, wohin der Blick des Sprechers gerichtet ist. Andererseits sind die Sprecher nicht immer in Großaufnahme im Bild, so dass die Blickrichtung nicht systematisch identifiziert werden kann, weil die Augen nicht deutlich genug zu sehen sind. Im Rahmen der Auswertung sollen mögliche Zusammenhängen zwischen der Ausgestaltung der nonverbalen Markierung und verbalen, paraverbalen sowie pragmatischen Parametern überprüft werden. Hierbei interessiert die Heraus‐ arbeitung möglicher Wechselwirkungen zwischen nonverbaler Markierung und der jeweiligen Textsorte, dem vorliegenden Typ von Redewiedergabe, dem Satztyp, dem Typ der Redekennzeichnung, dem Vorliegen von Diskursmarkern, der Identität des wiedergegebenen Sprechers, der Ausgestaltung der paraver‐ balen Markierung sowie dem pragmatischen Parameter der Originaltreue. - 6.3.2.2 Auswertung Die Überblicksdarstellung in Abb. 75 zeigt, dass nur ein sehr geringer Prozent‐ satz der Korpusbelege keinerlei nonverbale Markierung aufweist. Die Mehrzahl der Wiedergaben verfügt über eine neutrale Markierung, wohingegen ein gutes Drittel der Belege „eigenlinig“ markiert ist. Abb. 75: Nonverbale Markierungen im Überblick (N= 720) Zur Illustration insbesondere der eigenlinigen Markierung sollen die nachfol‐ genden Abbildungen beitragen. Abb. 76 zeigt die sehr expressive Mimik des 6.3 Pragmatische Ebene 313 Comedians Andreu Buenafuente, die die Wiedergabe in Beleg (210) begleitet. Buenafuente unterstreicht hier die „eingeschnappte“ Haltung eines Kindes, das einer Aufforderung seines Vaters („coge eso“) nicht Folge leisten möchte („no quiero“). In Abb. 77 hingegen stellt der Prediger den dicken Bauch eines Gemeindemitglieds dar, das er in Beleg (211) zu Wort kommen lässt: Er geht in die Knie und deutet den Bauchumfang gestisch an. Abb. 76: Nonverbale Markierung des Belegs (210) - Abb. 77: Nonverbale Markierung des Belegs (211) - (210) porque un padre mira tienes ya esa relación de [0,213] coge eso= =a: i: : no quiero déjame: : (COM_cas_Bu_sue_021) - (211) una veh me dijo alguien ay dioh me bendijo el vientre (PREV_Ge_sud_174) Daneben finden sich auch Piktographe, so beispielsweise die gestische Darstel‐ lung von Meereswellen, die die Wiedergabe in Beleg (212) begleitet: - (212) entonceh no paran de preguntar [0,156] y lah olah (-) y lah olah (-) y lah olah (COM_and_To_soc_031) Zunächst interessieren wir uns für textsortenspezifische Aspekte nonverbaler Markierung. Aus Abb. 78 wird einerseits ersichtlich, dass sich die drei analy‐ sierten Textsorten in ihrem Rückgriff auf nonverbale Markierung erheblich voneinander unterscheiden. Andererseits bewegt sich die textsortenspezifische Verteilung der Markierungstypen im Rahmen des Erwartbaren: Während in 314 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 471 Vgl. beispielsweise Blackwell/ Perlman/ Fox Tree (2015, 6). S.-a. Kap. 3.4. immerhin 20 % der Redewiedergaben aus dem Vortragskorpus keinerlei nonver‐ bale Markierung zu erkennen ist, gilt dies lediglich für einen verschwindend geringen Anteil der Wiedergaben im Predigtkorpus sowie für etwa 5 % der Wiedergaben im Comedy-Korpus. Den mit deutlichem Abstand größten Anteil an eigenliniger Markierung weist das Comedy-Korpus auf: Über die Hälfte der Wiedergaben sind eigenlinig nonverbal markiert. Wie bereits angedeutet reichen dabei die Markierungen von mimisch ausgedrückten Emotionen und Affekten über Referenzgesten, Piktographe bis hin zu einigen wenigen emblematischen Gesten. Abb. 78: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Textsorte (N= 720) Die nonverbale Markierung lässt hierbei zwei Möglichkeiten der Perspektiv‐ nahme auf die Wiedergaben zu: Mit großem Abstand besteht die häufigere Variante darin, dass der wiedergebende Sprecher die Perspektive des wiederge‐ gebenen Sprechers einnimmt und diesen auch auf nonverbaler Ebene nachahmt. Auf diese Weise wird die Wiedergabe mimisch und gestisch unterstrichen. In seltenen Ausnahmefällen besteht auch die Möglichkeit, dass der wiederge‐ bende Sprecher die Redewiedergabe auf nonverbaler Ebene kommentiert oder bewertet, so dass sich eine polyphone Darstellung ergibt. Meist ergibt sich hier eine negative Bewertung aus einer übertriebenen nonverbalen Darstellung. Eine Betrachtung des Zusammenhangs zwischen nonverbaler Markierung und dem vorliegenden Redewiedergabe-Typ dient in erster Linie dazu, die bislang empirisch kaum abgesicherte Behauptung zu überprüfen, (freie) direkte Rede weise eine deutlichere und systematischere nonverbale Markierung auf als indirekte Rede. 471 Abb. 79 zeigt, dass diese Hypothese - zumindest in Bezug auf das untersuchte Korpus - nicht präzise genug formuliert ist: Im analysierten 6.3 Pragmatische Ebene 315 Abb. 79: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Redewiedergabe-Typ (N= 690) Korpus hat sich gezeigt, dass - unabhängig vom Typ der Redewiedergabe - nur ein verschwindend geringer Anteil an Belegen überhaupt keine nonverbale Markierung aufweist. Dieser Anteil ist zwar für indirekte Wiedergaben etwas größer, liegt aber dennoch unter 10-% und ist damit zu vernachlässigen. Eine wesentlich größere Rolle spielt ein anderer Unterschied zwischen (freien) direkten und indirekten Wiedergaben: Während in (freier) direkter Rede der Anteil eigenliniger nonverbaler Markierung lediglich etwas geringer ausfällt als der Anteil neutraler nonverbaler Markierung, ergibt sich für die indirekte Variante ein vergleichsweise geringer Anteil eigenliniger Markierung. Die wenigen entsprechenden Korpusbelege stammen aus allen drei untersuchten Textsorten und umfassen alle Gestentypen, jedoch keinerlei mimische Markie‐ rungen. Die drei Standbilder in Abb. 80 zeigen beispielsweise die Darstellung des Verbs subir (s. Beleg [213]) über eine aufsteigende Handbzw. Armbewegung: Abb. 80: Eigenlinige nonverbale Markierung indirekter Rede am Beispiel von Beleg (213) 316 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (213) y la biblia dice que crihto al [subir] eigenlinig a la cruz (-) redime la maldición (PREV_Ge_sud_061) Im Rahmen der Korpusuntersuchung wurde weiterhin der Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und dem Grad an Originaltreue der wieder‐ gegebenen Passage genauer analysiert. Abb. 81 macht deutlich, dass die bereits im Vorfeld vermutete „lebendigere“ Gestaltung von Wiedergaben, die sich am Wortlaut der Originaläußerung orientieren, im Korpus auch empirisch belegt werden kann: In der Kategorie Wortlaut findet sich tatsächlich der mit über 60 % größte Anteil an eigenliniger nonverbaler Markierung. Während der eigenlinige Markierungstyp auch in der Kategorie bereinigter Wortlaut mit einem Anteil von über 40 % noch vergleichsweise präsent ist, bildet in allen übrigen Kategorien die neutrale nonverbale Markierung den Löwenanteil. Ebenfalls wenig überra‐ schend ist die Tatsache, dass die Belege der Kategorie vorgelesener Wortlaut mit knapp 20 % den größten Anteil nonverbal nicht markierter Wiedergaben enthalten. Abb. 81: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Originaltreue (N= 713) Von großem Interesse ist die Frage, ob sich im Korpus Korrelationen zwischen nonverbaler und paraverbaler Markierung nachweisen lassen. Hier liegt die Vermutung nahe, dass Wiedergaben, die auf paraverbaler Ebene eine auffäl‐ lige Markierung aufweisen, auch auf nonverbaler Ebene deutlich markiert sind. Ein Blick auf den Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und der Existenz von Pausen, die der wiedergegebenen Passage unmittelbar voraus‐ gehen, zeigt überraschenderweise eine genau gegenläufige, statistisch jedoch 6.3 Pragmatische Ebene 317 nicht signifikante Tendenz: Wie aus Abb. 82 hervorgeht, weisen Wiedergaben ohne nonverbale Markierung häufiger eine solche Pause auf. Abb. 82: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Pausentyp (N= 702) Die Parameter des Registerwechsels sowie der Veränderung des pitch span zeigen eine insgesamt eher schwach ausgeprägte Korrelation zum Vorliegen nonverbaler Markierungen. Ein sehr deutlicher Zusammenhang besteht hin‐ gegen im Zusammenhang mit dem Parameter der Stimmqualität: Abb. 83 illustriert, dass der Anteil der Wiedergaben mit veränderter Stimmqualität umso höher ausfällt, je ausgeprägter sich die nonverbale Markierung gestaltet. Abb. 83: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Veränderung der Stimmqualität (N= 716) Im Rahmen der Korpusanalyse wurde auch überprüft, ob ein Zusammenhang besteht zwischen dem Vorliegen einer nonverbalen Markierung und der ver‐ balen Gestaltung des Wiedergabe-Beginns. Hier liegt die Vermutung nahe, dass 318 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen eine bereits auf verbaler Ebene „lebendig“ wirkende Gestaltung, bei der die wiedergegebene Passage mit Hilfe von Diskursmarkern oder Interjektionen eingeleitet wird, korreliert mit einer vergleichsweise stärker ausgeprägten nonverbalen Markierung. Abb. 84 macht deutlich, dass sich genau diese Tendenz tatsächlich auch im Korpus wiederfindet: Der Anteil an Diskursmarkern (DM) und Interjektionen (INT) ist bei nonverbal neutral bzw. eigenlinig markierten Wiedergaben deutlich höher. Auffällig ist außerdem, dass nonverbal eigenlinig markierte Wiedergaben offenbar besonders häufig mit Interjektionen eingeleitet werden. Abb. 84: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Markierung des Wie‐ dergabe-Beginns (N= 720) Der nachfolgende Beleg illustriert eine eigenlinig markierte Wiedergabe, die mit einer Interjektion eingeleitet wird: Der Comedian stellt hier eine Situation dar, in der ein Meeresbiologe auf die in der imaginierten Szene bislang unentdeckt gebliebene Tierart des Seepferdchens stößt. Die mit der (an einen Kollegen gerichteten) Interjektion ¡eh! eingeleitete Wiedergabe ist auf nonverbaler Ebene gleich doppelt markiert (vgl. Abb. 85): Die Überraschung des Forschers bei der Entdeckung bringt der Comedian mimisch zum Ausdruck, während er gleichzeitig das neu entdeckte Tier nach oben hält. - (214) o sea no me imagino yo (.) a los que lo descubrieron [0,547] eh acabo de encontrar un animal ignoto (COM_cas_Pie_cab_012) 6.3 Pragmatische Ebene 319 Abb. 85: Nonverbale Markierung des Belegs (214) Weiterhin wurden die Korpusbelege auf einen möglichen Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und dem verwendeten Satztyp hin analysiert. Vorstellbar wäre hier, dass nicht-deklarative Sätze eine insgesamt stärkere nonverbale Markierung aufweisen. Abb. 86 illustriert, dass diese Vermutung nur teilweise zutrifft: Nur Exklamativsätze unterscheiden sich deutlich in ihrer nonverbalen Markierung von den übrigen Satztypen, Interrogativ- und Imperativsätze verhalten sich beinahe identisch bzw. nur leicht abweichend zu Deklarativsätzen. Der Unterschied besteht hauptsächlich im Anteil eigenliniger nonverbaler Markierung, die bei Exklamativsätzen statistisch hochsignifkant (p= 0,010) häufiger auftritt als bei den übrigen Satztypen. Abb. 86: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Satztyp (N= 579) 320 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abschließend wurde auch der Zusammenhang zwischen nonverbaler Markie‐ rung und Redekennzeichnung näher beleuchtet. Intuitiv steht hier zu vermuten, dass bei stärker nonverbal markierten Wiedergaben häufiger Zitatmarker zum Einsatz kommen, während Wiedergaben, die mit prototypischen verba dicendi eingeleitet werden, möglicherweise nur eine neutrale nonverbale Markierung aufweisen. Denkbar wäre auch, dass Wiedergaben ohne Redekennzeichnung systematischer auf - evtl. auch stärker ausgeprägte - nonverbale Markierungen zurückgreifen. Abb. 87: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Redekennzeichnung (N= 718) Die Überblicksdarstellung in Abb. 87 zeigt, dass sich die vermuteten Korrela‐ tionen größtenteils empirisch bestätigen lassen: Im analysierten Korpus besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Redekennzeichnung über Zitat‐ marker und einem hohen Anteil eigenliniger Markierung. Vergleichbares gilt allerdings auch für Wiedergaben, die mit einer Nominalphrase (y él: „…“) oder mit Verben wie hacer, ir oder llegar eingeleitet werden. Der nachfolgende Beleg (215) zeigt die eigenlinige Markierung einer mit der Nominalphrase el güey ge‐ kennzeichneten Wiedergabe. Der Comedian inszeniert hier eine Unterhaltung zwischen verschiedenen Soldaten, die in diesem Moment im trojanischen Pferd auf ihren „Einsatz“ warten. Die eigenlinige Markierung besteht einerseits darin (s. Abb. 88), dass der Sprecher in einer Körperhaltung präsentiert wird, die der eines Teilnehmers im öffentlichen Nahverkehr gleicht: Er hält sich an einem über Kopfhöhe angebrachten Haltegriff fest und wird von den Bewegungen des Holzpferds hin- und hergeschaukelt. Andererseits dreht er sich während einer unmittelbar folgenden Äußerung um, um Blickkontakt mit einem hinter ihm positionierten anderen Soldaten aufzunehmen. 6.3 Pragmatische Ebene 321 (215) y el güey [1,110] pues si pero ya hace hambre no cabrón (COM_mex_So_cad_201) Abb. 88: Nonverbale Markierung des Belegs (215) Die häufig sehr umfangreiche nonverbale Markierung insbesondere mit Hilfe von Nominalphrasen eingeleiteter Wiedergaben unterstreicht dabei den Ein‐ druck, dass hier multimodale Kommunikation inszeniert wird, für die die - in dieser Form auf das Wesentlichste reduzierte - Redekennzeichnung als eine Art „Regieanweisung“ fungiert. Eher „konventionell“ über verba dicendi oder cogitandi gekennzeichnete Wie‐ dergaben weisen erwartungsgemäß mehrheitlich neutrale nonverbale Markie‐ rungen auf. Einzig der Zusammenhang zwischen fehlender Redekennzeichnung und nonverbaler Markierung entspricht nicht den Erwartungen: Hier lässt sich keine stärker ausgeprägte nonverbale Markierung (etwa in Form eigenliniger Markierungen) erkennen, die als Kompensation für die fehlende Markierung auf verbaler Ebene fungieren könnte. 6.3.3 Spontaneität - 6.3.3.1 Vorüberlegungen Der Grad an Spontaneität der wiedergegebenen Äußerungen soll daran ge‐ messen werden, ob eine bestimmte Äußerung vorgelesen oder frei vorgetragen 322 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 472 Der Übergang von einer frei formulierten Redekennzeichnung zu einer vorgelesenen Wiedergabe (oder ggf. umgekehrt) kann hier aus methodischen Gründen nicht geson‐ dert erfasst werden. wurde. Dementsprechend soll hiermit keine Aussage darüber getroffen werden, ob die jeweilige Äußerung als „vorbereitet“ einzustufen ist oder nicht - dies ist in Bezug auf Einzeläußerungen ohnehin nur schwer möglich. Der Parameter ist in höchstem Maße textsortenabhängig, da beispielsweise im Comedy-Korpus grundsätzlich nichts vorgelesen wird - dies wird entsprechend bei der Auswer‐ tung zu berücksichtigen sein. Andererseits sind die im Korpus vorhandenen wissenschaftlichen Vorträge vollständig vorgelesen - was natürlich nicht aus‐ schließt, dass die Vortragenden einzelne Äußerungen dennoch frei formulieren. Einzig im Predigtkorpus findet sich eine echte Alternanz zwischen frei formu‐ lierten und vorgelesenen Äußerungen. Die Einstufung einer bestimmten wiedergegebenen Äußerung als „vorge‐ lesen“ bzw. „frei vorgetragen“ wird auf der Grundlage der entsprechenden Videoaufnahmen vorgenommen: Richtet der Sprecher seinen Blick im Vorfeld, zu Beginn oder während der Wiedergabe auf sein Manuskript, so wird die Äußerung als „vorgelesen“ bewertet. Ist keine Bezugnahme auf eine schriftliche Fassung erkennbar, so wird die Äußerung als „frei“ eingestuft. 472 Für die Auswertung ist in erster Linie von Interesse, inwiefern der Grad an Spontaneität einer Wiedergabe mit ihrer prosodischen Realisierung in Zusam‐ menhang steht. Bekanntermaßen weist vorgelesene Sprache auf prosodischer Ebene so zahlreiche und tiefgreifende Unterschiede zu spontaner Sprache auf, dass bisweilen sogar von der Existenz zweier Systeme ausgegangen wird (vgl. Léon 2005). Inwiefern diese Unterschiede jedoch auch die im Rahmen der Korpusanalyse betrachteten prosodischen Parameter betreffen, wird ent‐ sprechend zu klären sein. Weiterhin soll ausgewertet werden, ob sich im Korpus Zusammenhänge zwischen der Art der Redekennzeichnung und dem Spontaneitätsgrad feststellen lassen. Schließlich sollen die Korpusbelege auf eine Wechselwirkung zwischen der Markierung des Redewiedergabe-Beginns und dem Grad an Spontaneität hin überprüft werden. - 6.3.3.2 Auswertung Im gesamten Korpus werden etwa 75 % der Redewiedergaben spontan realisiert, wohingegen 25 % der wiedergegebenen Passagen vorgelesen werden. Wir interessieren uns zunächst für den Zusammenhang zwischen der Spontaneität einer Wiedergabe und der konkreten Ausgestaltung der Redekennzeichnung. Bei der Auswertung der Korpusdaten steht hier die Frage im Vordergrund, ob Redekennzeichnung in spontan realisierten Kontexten stereotyper gestaltet 6.3 Pragmatische Ebene 323 473 Koch/ Oesterreicher (2011, 12) sprechen in diesem Zusammenhang von „sparsamer Versprachlichung“. 474 Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden Redekennzeichnungen mittels Nominalph‐ rasen (y él: …) sowie mit Hilfe von Präpositionalphrasen (para/ según ella, …), die sowohl mit spontan formulierten als auch mit vorgelesenen Wiedergaben auftreten, nicht in die Auswertung einbezogen. wird als in vorgelesenen Kontexten. Diese Tendenz würde die Kommunikations‐ bedingungen insofern widerspiegeln, als sich unvorbereitetes Sprechen generell durch eine geringere (nicht nur lexikalische) Variationsbreite auszeichnet, 473 weil Sprecher, die unter Zeitdruck formulieren, eher auf „bewährte“ Muster und Formulierungen zurückgreifen. Konkret soll im Korpus überprüft werden, wie viele unterschiedliche verba bzw. nomina dicendi und cogitandi sowie Zitatmarker in der Redekennzeichnung spontan bzw. frei realisierter Wieder‐ gaben auftreten. 474 Die Aussagekraft der Analyseergebnisse muss bereits im Vorhinein dahingehend relativiert werden, dass gerade auch spontan wirkende Wiedergaben in den im Korpus vertretenen Textsorten in höchstem Maße vorbereitet sind. Die erhobene Variationsbreite wird also eher Auskunft darüber geben, inwiefern es den Sprechern gelungen ist, beim Zuhörer einen Eindruck von Spontaneität entstehen zu lassen. Der unmittelbare Vergleich der Redekennzeichnungen in frei formulierten und in vorgelesenen Äußerungen (vgl. Abb. 89 und Abb. 90) zeigt ganz unterschiedliche Tendenzen: Zunächst ist die Aussagekraft eines direkten Vergleichs natürlich dahingehend eingeschränkt, dass wesentlich mehr Belege spontaner Wiedergaben im Korpus vertreten sind, so dass sich hieraus mehr oder weniger automatisch eine größere Bandbreite an Redekennzeichnungen ergibt: In der Redekennzeichnung spontaner Wiedergaben werden insgesamt 64 unterschiedliche Verben, Nomina und Zitatmarker eingesetzt, während die Redekennzeichnung vorgelesener Wiedergaben mit 39 unterschiedlichen types auskommt. Aufgrund der stark unterschiedlichen Belegzahlen darf hieraus jedoch noch kein Vorliegen größerer Stereotypie im einen oder anderen Fall abgeleitet werden. 324 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 89: Redekennzeichnung spontan formulierter Wiedergaben (N= 481) Abb. 90: Redekennzeichnung vorgelesener Wiedergaben (N= 129) Betrachtet man jedoch den Anteil an Belegen, den das in beiden Fällen mit großem Abstand häufigste verbum dicendi decir einnimmt, so lässt sich die vermutete Tendenz bestätigen: Während in frei formulierten Redewiedergaben decir bei 70 % der Belege als redekennzeichnendes Verb fungiert, ist dies bei vorgelesenen Wiedergaben lediglich bei gut 50-% der Belege der Fall. Schließlich soll im Rahmen der Auswertung auch festgestellt werden, in‐ wiefern ein Zusammenhang zwischen dem mehr oder weniger spontanen Charakter einer Wiedergabe und ihrer prosodischen Realisierung besteht. Hier liegt die Vermutung nahe, dass spontan realisierte Wiedergaben stärkere und systematischere prosodische Markierungen aufweisen. Allerdings gilt es auch 6.3 Pragmatische Ebene 325 zu bedenken, dass zwischen Vorlesen und Spontansprechen ganz grundlegende Unterschiede bestehen (vgl. Heinz 2006, 55-57). Inwiefern diese sich auch auf die prosodische Gestaltung von Redewiedergabe auswirken, soll die nachfolgende Auswertung der Korpusdaten zeigen. Wie Abb. 91 zeigt, zeichnen sich vorgelesene Wiedergaben insbesondere durch das systematischere Vorliegen einer Pause unmittelbar vor Beginn der wiedergegebenen Passage aus. Dieser Unterschied fällt jedoch statistisch ge‐ sehen nicht ins Gewicht. Abb. 91: Zusammenhang zwischen Spontaneität und Pausentyp (N=-740) Daneben sind auch Unterschiede in der Pausendauer nachweisbar: Sowohl die Mittelwerte wie auch die Medianwerte der regulären Pausen (zwischen 0,2 und 1,0 Sek., vgl. Kap. 6.2.1.1) liegen für vorgelesene Wiedergaben über den Werten spontan realisierter Wiedergaben: Die Mittelwerte betragen 0,44 Sek. (spontan) bzw. 0,51 Sek. (vorgelesen), die Medianwerte unterscheiden sich noch deutlicher: 0,36 Sek. (spontan) im Vergleich zu 0,51 Sek. (vorgelesen). Geringfügige Unterschiede ergeben sich aus der Betrachtung des Zusammen‐ hangs von spontaner Realisierung und dem Vorliegen eines Registerwechsels: Aus Abb. 92 wird ersichtlich, dass über 40 % der spontan formulierten Belege über einen (mehrheitlich nach oben erfolgenden) Registerwechsel markiert sind. Dieser Anteil ist bei vorgelesenen Redewiedergaben etwas geringer. Darüber hinaus ist hier der Wechsel in ein tieferes Register deutlich seltener. Der Umfang des Registerwechsels unterscheidet sich hingegen kaum: Der Medianwert für einen Wechsel in ein höheres Register in spontanen Wiedergaben beträgt 5,3 HT im Vergleich zu 5,4 HT in vorgelesenen Wiedergaben. 326 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 92: Zusammenhang zwischen Spontaneität und Registerwechsel (N=-659) Ein ähnliches Bild ergibt sich im Hinblick auf den Zusammenhang von spon‐ taner Realisierung und der Veränderung des pitch span zwischen Redekenn‐ zeichnung und wiedergegebener Passage: Hier zeigt Abb. 93, dass spontan formulierte Wiedergaben häufiger über eine pitch-span-Veränderung markiert sind als vorgelesene Wiedergaben. Die Veränderungen des pitch span fallen für spontane Wiedergaben auch insgesamt größer aus. So erreicht beispielsweise die pitch-span-Erweiterung nach oben in spontan realisierten Wiedergaben einen Medianwert von 6,8 HT im Vergleich zu nur 5,4 HT bei vorgelesenen Wiedergaben. Abb. 93: Zusammenhang zwischen Spontaneität und pitch span (N=-659) Betrachtet man den Zusammenhang zwischen Spontaneität und der Verände‐ rung der Stimmqualität während der Wiedergabe, werden vergleichsweise deutliche Unterschiede zwischen spontan formulierten und vorgelesenen Wie‐ dergaben deutlich: Aus Abb. 94 wird ersichtlich, dass der Parameter Stimm‐ 6.3 Pragmatische Ebene 327 qualität fast ausschließlich in spontan formulierten Wiedergaben zum Einsatz kommt. Nur drei vorgelesene Wiedergaben zeichnen sich durch eine veränderte Stimmqualität aus - hierbei handelt es sich ausschließlich um Zitate aus dramatischen Primärwerken (vgl. z.-B. Beleg (193’)). Abb. 94: Zusammenhang zwischen Spontaneität und Veränderung der Stimmqualität (N=-755) Zusammenfassend ergibt sich folgendes Bild hinsichtlich der prosodischen Mar‐ kierung spontan formulierter Wiedergaben: Für die meisten der analysierten Parameter trifft die vermutete Tendenz zu, dass spontane Wiedergaben auf prosodischer Ebene deutlicher und systematischer markiert sind. Eine genau gegenläufige Tendenz ergibt sich lediglich im Hinblick auf die Realisierung von Pausen, die einerseits bei vorgelesenen Wiedergaben systematischer auftreten und andererseits durchschnittlich länger ausfallen. 6.4 Inhaltliche Ebene In Bezug auf den Inhalt der wiedergegebenen Passage sind für die Korpusun‐ tersuchung insbesondere drei Fragen relevant: Zunächst soll erfasst werden, ob die Originaläußerung tatsächlich erfolgt ist bzw. ob sie so dargestellt wird, als sei sie tatsächlich erfolgt (s. Kap. 6.4.1). Weiterhin ist von Interesse, welcher Sprecher(typ) im Rahmen der Wiedergabe dargestellt wird (s. Kap. 6.4.2). Schließlich soll untersucht werden, ob die wiedergegebene Passage ihrerseits in eine weitere wiedergebende Kommunikationssituation eingebettet ist oder nicht (s. Kap. 6.4.3) 328 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 6.4.1 Faktizität - 6.4.1.1 Vorüberlegungen Ein erster Schwerpunkt der inhaltlichen Analyse widmet sich der Frage nach der Faktizität der wiedergegebenen Originaläußerung. Dies scheint uns u. a. deshalb von Interesse, weil zu vermuten steht, dass eine als „authentisch“ dargestellte Originaläußerung andere formale Besonderheiten aufweist als eine als „nur imaginiert“ dargestellte Äußerung. Für die überwiegende Mehrheit der im Korpus belegten Okkurrenzen von Redewiedergabe kann nicht überprüft werden, ob die zugehörigen Originaläußerungen tatsächlich stattgefunden haben. Entscheidender - und darüber hinaus eindeutiger überprüfbar - ist jedoch ohnehin die Frage, ob die Originaläußerung so dargestellt wird, als sei sie tatsächlich getätigt worden. Auf einer ersten Analyseebene stehen sich damit Wiedergaben „faktischer“ und „nicht-faktischer“ Äußerungen gegenüber. Auf einer zweiten Ebene sollen unterschiedliche Typen beider Ausprägungen betrachtet werden. Eine Origi‐ naläußerung wird immer dann als „authentisch“ bzw. „faktisch“ dargestellt eingestuft, wenn die Redekennzeichnung oder der weitere Kontext erkennen lassen, dass sie in der (auch näheren) Vergangenheit liegt, weder negiert noch als rein hypothetisch oder nur gedacht dargestellt ist und einem möglichst kon‐ kreten, prinzipiell „sprechfähigen“ Wesen (also keinem Tier oder Fabelwesen) zugeschrieben wird. Dementsprechend soll für die als „nicht-faktisch“ dargestellten Äußerungen zwischen negierten Äußerungen wie in (216), hypothetischen Äußerungen wie in (217), futurischen Äußerungen wie in (218) oder nur gedachten Originaläuße‐ rungen wie in (219) differenziert werden. - (216) NO todoh loh días= =yo salto de la cama y DIgo °h (0,21) voy a conquihtar el mundo: °h (0,24) (PREV_Ge_pas_273) - (217) <<lachend>güey porque sino> (-) hubiera sido algo así como (0,481) sí bueno (--) CARMEN? (COM_mex_So_cad_132) - (218) y en entre todo lo malo te va a decir= =no tengas pena (PREV_Lu_cam_156) 6.4 Inhaltliche Ebene 329 (219) cuando hablamoh de riquezah uno piensa= =bueno quiero ser millonario (.) (PREV_Ge_Sud_084) Als „nicht-faktisch“ werden darüber hinaus Wiedergaben eingestuft, die sich auf eine keinem konkreten Sprecher zuzuordnende Originaläußerung beziehen. Dies betrifft beispielsweise „Kollektiväußerungen“ („la gente“, vgl. [220]) oder Äußerungen nicht sprechfähiger Wesen wie einer Qualle in (221). - (220) sí: la gente llega a la playa (0,061) hay medusas (COM_and_To_soc_005) - (221) para querer picar a alguien= =lo máximo que una medusa podría hacer sería ehto [0,418] voy a picarle (---) <Pantomime: Qualle schwimmt zur Seite> (COM_and_To_soc_017) In Bezug auf die Wiedergaben von als „faktisch“ dargestellten Originaläuße‐ rungen soll darüber hinaus festgehalten werden, ob sie explizit als identisch mit der Originaläußerung gekennzeichnet werden (222), ob diese Kennzeichnung lediglich implizit erfolgt oder ob die Wiedergabe als der Originaläußerung zumindest ähnlich dargestellt wird. - (222) él fue (0,71) DANTE (.) qué eh lo que te hace enojar (--) y qué eh lo que te pone feliz (--) les haré esa pregunta= =tal como él me la hizo (PREV_Ge_pas_082) Im Rahmen der Auswertung ist zunächst der textsortenspezifische Charakter der Faktizität von Interesse. Im Bereich der verbalen Markierung sollen daneben Zusammenhänge zwischen der Faktizität und dem Redewiedergabe-Typ unter‐ sucht werden. Weiterhin sollen mögliche Korrelationen zwischen (dargestellter) Faktizität und parasowie nonverbaler Markierung überprüft werden. In Bezug auf die erhobenen pragmatischen Merkmale soll schließlich auch analysiert werden, ob sich ein Zusammenhang zwischen Faktizität und der Originaltreue der Wiedergabe feststellen lässt. 330 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 6.4.1.2 Auswertung Die Auswertung der Korpusuntersuchung ergibt für den Parameter der Fakti‐ zität folgendes in Abb. 95 dargestelltes Gesamtbild: Die verschiedenen Unter‐ kategorien sind im Korpus höchst unterschiedlich „ausgelastet“ - während beispielsweise die beiden Kategorien faktisch: implizit_identisch und nicht-fak‐ tisch: Sprecher_unbestimmt mit großem Abstand die meisten Belege beinhalten, weisen andere Kategorien nur sehr wenige bzw. überhaupt keine Belege auf. Dies betrifft insbesondere zwei der drei Unterkategorien, die „faktische“ Belege beinhalten. Abb. 95: Faktizität im Überblick (N= 757) Insgesamt gesehen sind die im Korpus belegten Wiedergaben mehrheitlich faktischer Natur, jedoch machen die nicht-faktischen Wiedergaben immerhin knapp 40 % der Gesamtokkurrenzen aus. Der Anteil nicht-faktischer Wieder‐ gaben liegt damit etwas niedriger in Analysen von Redewiedergabe in Alltags‐ gesprächen (vgl. etwa Tannen 2 2007, 112-120) - diese Beobachtung liefert bereits einen ersten Hinweis auf den textsortenspezifischen Charakter dieses Parameters. Die mit großem Abstand am häufigsten belegte Unterkategorie nicht-fakti‐ scher Wiedergaben betrifft diejenigen Belege, in denen die wiedergegebene Äußerung keinem bestimmten Sprecher zuzuordnen ist. Sie umfasst einerseits chorisches Sprechen wie in Beleg (223), in dem wörtlich gesehen mehrere Sprecher gleichzeitig das Wort ergreifen: 6.4 Inhaltliche Ebene 331 (223) todo (el) mun(do) te dice= =el caballo de TROYA es una estrategia militar muy muy chingona cabrón (COM_mex_So_cad_194) Andererseits wurden auch Äußerungen in diese Kategorie eingeordnet, in denen der wiedergebende Sprecher die Identität des wiedergegebenen Sprechers bewusst verschleiert, entweder, indem er ihn als beliebigen oder „typischen“ Sprecher (vgl. „el típico niño masoquista“ in [224]) darstellt, oder indem er ausschließlich mit Hilfe eines unpersönlichen Pronomens (meist: uno, vgl. aber auch Kap. 6.4.2) auf ihn Bezug nimmt. - (224) vale ehtá el típico niño masoquista (-) que se tira por el tobogán y cuando llega abajo le dice al amigo [0,303] vaya como rahpa el tobogán rahpa un montón (-) le dice el amigo noh tiramoh otra vez (COM_and_To_soc_025) Die sehr kleine Gruppe an Belegen, in denen die identische Übereinstimmung mit der Originaläußerung explizit thematisiert wird, gestaltet sich recht un‐ terschiedlich. Beleg (222) ist darunter der einzige, in dem der wiedergebende Sprecher diese Übereinstimmung tatsächlich expliziert („tal como él me la hizo“). In einem anderen Fall nimmt der wiedergebende Sprecher Bezug auf eine medial schriftlich realisierte Originaläußerung, bei der das Worterkennungs‐ programm des Handys für eine peinliche Formulierung gesorgt hat - auch hier wird deutlich, dass es sich um eine genau in der dargestellten Form getätigte authentische Äußerung handelt: - (225) pero teniendo (el) autocorrector encendido= =lo que se mandó fue= =perdón no te pude contestar= =me quedé sin pilinga güey (COM_mex_Wiki_012) In den beiden übrigen Belegen dieser Unterkategorie wechselt der wiederge‐ bende Sprecher mit Beginn der Wiedergabe in eine andere Sprache. Die Unter‐ kategorie faktisch_ähnlich war für Belege vorgesehen, die eine Formulierung wie sie sagte so etwas wie „….“ enthalten sollten, die jedoch im untersuchten Korpus nicht vertreten sind. Die faktischen Unterkategorien explizit_identisch sowie faktisch_ähnlich werden in Ermangelung belastbarer Okkurrenzzahlen im Rahmen der nachfolgenden Detailauswertung nicht weiter betrachtet. 332 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 475 An Beleg (226) wird deutlich, dass an einem bestimmten Punkt der Analyse auch die Frage aufgetreten ist, ob Gott als „sprechfähiges Wesen“ einzustufen sei oder nicht. Tatsächlich konnte eine diesbezügliche Entscheidung umgangen werden, da praktisch alle Gott zugeschriebenen Äußerungen - so auch diejenige in (226) - aufgrund des (futurischen/ negierten/ hypothetischen) Charakters der Redewiedergabe ohnehin als nicht-faktisch einzustufen waren. Zunächst soll der Fokus auf dem textsortenspezifischen Charakter des Para‐ meters Faktizität liegen. Intuitiv erwartbar ist, dass sich im Vortragskorpus hauptsächlich faktische Wiedergaben finden, während die übrigen beiden Text‐ sorten möglicherweise eher eine Mischung aus faktischen und nicht-faktischen Wiedergaben aufweisen. Die Überblicksdarstellung in Abb. 96 zeigt, dass diese Vermutung tatsächlich der im Korpus belegten Verteilung entspricht. Abb. 96: Zusammenhang zwischen Faktizität und Textsorten (N=-753) Das Vortragskorpus enthält mit Ausnahme eines Hapax-Belegs, der eine In‐ stanz chorischen Sprechens beinhaltet, ausschließlich als faktisch dargestellte Wiedergaben. Das Predigtkorpus nimmt insofern eine mittlere Position ein, als dort immerhin knapp 70 % der Belege als faktisch dargestellt werden. Im Comedy-Korpus beträgt dieser Anteil deutlich unter 50 %. Nicht-faktische Wiedergaben werden in beiden Korpora mehrheitlich unbestimmten Sprechern in den Mund gelegt. Beide Korpora unterscheiden sich jedoch hinsichtlich des Auftretens der übrigen nicht-faktischen Unterkategorien. So stellen beispielsweise negierte Wiedergaben ein beliebtes Stilmittel in Predigten dar. Beleg (226) illustriert, in welcher Form die negierten Wiedergaben hier zum Einsatz kommen: Der Prediger möchte die Gemeinde dazu animieren, selbst aktiv zu werden und „zur Tat zu schreiten“. Um diese Aufforderung zu unterstreichen, führt er als Argument an, die Gläubigen würden ausschließlich für ihre Taten von Gott 475 6.4 Inhaltliche Ebene 333 gelobt, und nicht etwa, wie mit Hilfe einer mehrgliedrigen Anaphernkette ausgedrückt, für ihre Worte, Botschaften, Gedanken oder Schriften. - (226) y algunoh creen que = =todo se trata de que algún día el señor le diga (.) bien dicho (.) siervo fiel (.) entra en el gozo de tu señor (-) tampoco le dirá= =bien predicado (.) siervo fiel (-) tampoco dirá (.) bien pensado (.) siervo fiel (.) entra en el gozo de tu señor (-) bien ehcrito (.) sie[rvo fiel] (.) no: (-) bien hecho (.) el único elogio que te vah a recibir va a ser (.) bien (.) hecho (-) bien hecho (.) tieneh que hacer: (PREV_Ge_pas_198) Dagegen sind Okkurrenzen von Wiedergaben, die nicht sprechfähigen Wesen in den Mund gelegt werden, insbesondere im Comedy-Korpus belegt. Bei den Sprechinstanzen handelt es sich mehrheitlich um Tiere wie Seepferdchen, Fische, Quallen oder Hunde. Bisweilen kommen jedoch auch Fabelwesen wie Feen, Hexen oder verzauberte Puppen zu Wort. In Beleg (227) lässt der Comedian beispielsweise die gute Fee aus dem Märchen Aschenputtel zu Wort kommen, um zu illustrieren, für wie abwegig er Aschenputtels Wunsch hält, zum Ball im Königshaus eingeladen zu werden. - (227) porque llega la hada madrina y le dice [0,191] te concedo lo que tú más quieras (.) qué fue el que dijo= =pos hay un baile que no me invitaron quiero ir al baile (.) un baile güey (COM_mex_Wiki_082) Für die Auswertung ist weiterhin der Zusammenhang zwischen Faktizität und dem gewählten Typ von Redewiedergabe von Interesse. Hier soll insbesondere empirisch überprüft werden, ob indirekte Rede tatsächlich, wie häufig behauptet (vgl. Kap. 3.1.1.2), vorrangig für faktische Wiedergaben eingesetzt wird. Abb. 97 zeigt, dass sich diese Tendenz im untersuchten Korpus bestätigen lässt: Etwa zwei Drittel der Okkurrenzen indirekter Rede stellen faktische Wiedergaben dar, während dies für (freie) direkte Rede lediglich für gut die Hälfte der Okkurrenzen gilt. Der stärker ausgeprägte faktische Charakter indirekter Rede ist auch statistisch signifikant (p= 0,045). 334 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 97: Zusammenhang zwischen Faktizität und Redewiedergabe-Typ (N=-723) Im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen der Faktizität der Wiedergabe und der verbalen Markierung des Redewiedergabe-Beginns zeigt sich im Korpus (s. Abb. 98) die Tendenz, dass faktische Wiedergaben auf verbaler Ebene insge‐ samt am sparsamsten markiert sind. Hingegen findet sich für nicht-faktische Wiedergaben ein höherer Anteil an über Interjektionen eingeleiteten sowie an mehrfach markierten Belegen. Abb. 98: Zusammenhang zwischen Faktizität und verbaler Markierung des Wieder‐ gabe-Beginns (N=-753) Die mit Interjektionen eingeleiteten Belege stammen mehrheitlich von unbe‐ stimmten Sprechern. Die Tatsache, dass hier offensichtlich nie - zumindest nicht in dieser Form - getätigte Originaläußerungen mit Hilfe von Interjektionen als besonders nah am Wortlaut und damit als besonders „authentisch“ gekenn‐ zeichnet werden, kann als Kompensationsstrategie sowie als stilistisches Mittel 6.4 Inhaltliche Ebene 335 Abb. 99: Zusammenhang zwischen Faktizität und Veränderung der Stimmqualität (N= 750) interpretiert werden, das bevorzugt im Comedy-Korpus (vgl. [228]), bisweilen jedoch auch im Predigt-Korpus zur Anwendung kommt. - (228) abrieron las puertas y to(do)s salieron como [0,413] a: h no ma: mes (COM_mex_So_cad_261) Diese Beobachtung gilt in gleichem Maße auch für auf verbaler Ebene mehrfach markierte Wiedergaben wie in (229), die sowohl über Diskursmarker als auch über Interjektionen eingeleitet werden. - (229) y entonces tu suegra (.) empieza a recogerte el plato [0,137] ah pos nada (.) si quieres (-) te frío unas (.) patatas (COM_cas_Bu_sue_080) Bei der Analyse des Zusammenhangs zwischen Faktizität und paraverbaler Markierung steht die Frage im Mittelpunkt, ob faktische Wiedergaben mögli‐ cherweise „schlichter“ dargestellt werden und damit weniger stark ausgeprägte paraverbale Markierungen aufweisen als nicht-faktische Wiedergaben. Diese Vermutung bestätigt sich nicht, da für fast alle untersuchten paraverbalen Pa‐ rameter kaum Unterschiede zwischen faktischen und nicht-faktischen Wieder‐ gaben nachgewiesen werden konnten. Einzig die Stimmqualität lässt deutliche Unterschiede zwischen faktischen und nicht-faktischen Äußerungen erkennen: Abb. 99 ist zu entnehmen, dass sich nicht-faktische Wiedergaben deutlich häufiger durch eine veränderte Stimmqualität auszeichnen als faktische Wie‐ dergaben. Damit bestätigt sich die vermutete Tendenz zumindest anhand eines paraverbalen Parameters. 336 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Die Vermutung liegt nahe, dass insbesondere nicht sprechfähige Wesen mit Hilfe einer abweichenden Stimmqualität inszeniert werden. Wie Beleg (230) illustriert, ist dies teilweise auch der Fall: Hier kommt beispielsweise eine Qualle mit zittriger Stimme zu Wort, um zu illustrieren, dass sich Quallen keineswegs aktiv auf Schwimmer zu bewegen können. - (230) que yo imagino la medusa pensando [0,169] <<mit zittriger Stimme>ehpérate treinta minutoh que te vah a entera: r> (COM_and_To_soc_020) Jedoch sind Veränderungen der Stimmqualität auch bei Wiedergaben belegt, die unbestimmten Sprechern zugeschrieben werden. Dies ist etwa in Beleg (231) der Fall: Der Comedian inszeniert hier eine Kollektiväußerung seiner vier besten Freunde, die sich über ihre Schwiegermütter beklagen. Um zu unterstreichen, dass sich die Schwiegermütter nicht nur egoistisch verhalten, sondern auch richtiggehend bösartig werden können, gibt der Comedian die letzten beiden Adjektive im Flüsterton wieder. Die über die veränderte Stimmqualität trans‐ portierte negative Bewertung kann in diesem konkreten Fall sowohl von den wiedergegebenen Sprechern ausgehen als auch vom wiedergebenden Comedian stammen. - (231) mis amigos tienen suegras (.) eso (-) me crea una distancia (-) con ellos (.) si (.) y dicen nuestras suegras son (-) seres egoístas (.) <<geflüstert>maléficos> (--) <<geflüstert>extraños> (COM_cas_Bu_sue_016) Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Faktizität und dem Vorliegen nonverbaler Markierung lässt sich eine ähnliche Tendenz vermuten, wie sie bereits für die paraverbale Markierung angenommen wurde: Während faktische Wiedergaben möglicherweise eine eher „nüchterne“ nonverbale Darstellung aufweisen, kann für nicht-faktische Wiedergaben eine stärker nonverbal markierte Darstellung vermutet werden. Abb. 100 zeigt, dass sich eben diese Tendenz im untersuchten Korpus bestätigen lässt: Während faktische Wieder‐ gaben mehrheitlich keine oder lediglich eine neutrale nonverbale Markierung aufweisen, ist für nicht-faktische Wiedergaben ein vergleichsweise größerer Anteil eigenliniger Markierungen belegt. 6.4 Inhaltliche Ebene 337 Abb. 100: Zusammenhang zwischen Faktizität und nonverbaler Markierung (N= 712) Schließlich wurde auch der Zusammenhang zwischen dem inhaltlichen Pa‐ rameter der Faktizität und dem pragmatischen Parameter der Originaltreue anhand des Korpus überprüft. Dabei ging es auch um den empirischen Nach‐ weis, dass diese beiden Parameter zwar deutliche Parallelen aufweisen, jedoch keineswegs als deckungsgleich anzusehen sind. In Abb. 101 sind die Parallelen insbesondere in der Kategorie vorgelesener Wortlaut deutlich zu erkennen: Hier korreliert ein hoher Grad an Originaltreue beinahe vollständig mit dem faktischen Charakter der Wiedergabe. Dass sich dennoch zwischen beiden Parametern differenzieren lässt, zeigen die beiden Unterkategorien Wortlaut und bereinigter Wortlaut, die beide mehrheitlich nicht-faktische Wiedergaben beinhalten. Abb. 101: Zusammenhang zwischen Faktizität und Originaltreue (N=-748) Nicht-faktische Wiedergaben, die einen hohen Grad an (dargestellter) Original‐ treue aufweisen, finden sich mehrheitlich im Comedy-Korpus. Hierzu gehört 338 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen beispielsweise auch Beleg (232), der gleich in mehrerlei Hinsicht nicht-fakti‐ schen Charakter hat, da er einerseits eine Kollektiväußerung von nicht näher identifizierbaren Sprechern beinhaltet und andererseits vermuten lässt, dass die Originaläußerung nicht laut geäußert wurde („te miran como“). Dennoch gibt die wiedergegebene Äußerung an sich einen hohen Grad an Originaltreue vor, der sich im Rahmen dieser sehr kurzen Wiedergabe lediglich in Form einer einzigen Performanzerscheinung manifestieren kann, nämlich der Längung der ersten Silbe von otra. - (232) sabes tú vas al médico (.) que ya te miran como o: tra vez (COM_cas_Bu_med_009) Eine genau gegenläufige Dissoziation der beiden Parameter Originaltreue und Faktizität zeigen diejenigen Belege, die der Unterkategorie mixed quotation zu‐ geordnet wurden. Ihr Grad an Originaltreue ist insofern als gering einzustufen, als sie meist einen nur sehr kurzen Ausschnitt der Originaläußerung wörtlich aufgreifen. Dennoch handelt es sich hier in der Regel um faktische Wiedergaben, die sich, wie auch Beleg (233) illustriert, fast ausschließlich auf in schriftlicher Form vorliegende Originaläußerungen beziehen. - (233) por otro lado me interesa arriehgar aquí tentativamente= =una lectura de la determinación enunciativa cito a CASAS (VOR_Dor_014) 6.4.2 Identität S 1 - 6.4.2.1 Vorüberlegungen Im Rahmen der inhaltlichen Analyse des Korpus soll auch die Identität des wiedergegebenen Sprechers (S 1 ) erfasst werden. Einerseits ist davon auszu‐ gehen, dass grundlegende Realisierungsunterschiede bestehen zwischen der Wiedergabe eigener Äußerungen und der Wiedergabe fremder Äußerungen - nachfolgend werden wir in diesem Zusammenhang von Selbstzitat und Fremd‐ zitat sprechen. Andererseits kann angenommen werden, dass die untersuchten Textsorten von diesen beiden Möglichkeiten in unterschiedlichem Umfang Gebrauch machen: So werden beispielsweise im Rahmen von Stand-up-Acts durchaus eigene Äußerungen wiedergegeben, während Zitate eigener Publika‐ tionen im Rahmen wissenschaftlicher Vorträge im Vergleich etwas seltener vorkommen dürften. 6.4 Inhaltliche Ebene 339 Um darüber hinaus textsortenspezifische Realisierungsmuster erfassen zu können, sollen außerdem Numerus und Person der verba dicendi (soweit vor‐ handen) festgehalten werden. Insgesamt werden folgende Über- und Unterka‐ tegorien erfasst: Übergeordnete Kategorie: Selbstvs . Fremdzitat Untergeordnete Kategorie: Numerus und Person der verba dicendi eigene Äußerung (S 0 = S 1 ): Selbstzitat ICH: 1. Person Singular WIR: 1. Person Plural fremde Äußerung (S 0 ≠ S 1 ): Fremdzitat DU: 2. Person Singular IHR: 2. bzw. 3. Person Plural SIE: 2. bzw. 3. Person Plural 3_Sg: 3. Person Singular 3_Pl: 3. Person Plural koll: Kollektiva (z.-B. la gente dice) schriftlich Tab. 4: Übersicht über Unterkategorien des Parameters Selbst- und Fremdzitat Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass für die Unterkategorien neben morpho‐ syntaktischen Merkmalen auch semantische Kriterien hinzugezogen werden sollen: Insbesondere für die inhaltliche Analyse (s. a. Kap. 6.4.1) ist die geson‐ derte Erfassung „kollektiver“ Sprecher wichtig, um die Faktizität der zugehö‐ rigen Originaläußerung bestimmen zu können. Als Kollektiväußerungen werden beispielsweise Belege wie (234) eingestuft, in denen kein einzelner Sprecher benannt wird, sondern pluralia tantum wie gente. - (234) y mucha gente piensa <schnalzt> [1,506] tengo que volver al trabajo (COM_and_To_soc_001) Als Kollektiväußerung einzustufen wären darüber hinaus alle Belege der Un‐ terkategorie fremd: DU, da sich das Personalpronomen hier nicht auf einen kon‐ kreten Referenten bezieht, sondern eher als Indefinitpronomen im Sinne eines 340 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 476 Zum Spanischen s. u. a. Hernanz (1990), Hidalgo Navarro (1996), Gómez Torrego (1998, 13-14) sowie DeMello (2000). tú impersonal  476 anzusehen ist. Der Comedian nutzt in (235) die Verwendung der 2. Person als Strategie, um jeden Zuschauer als Einzelperson ansprechen bzw. einbinden zu können, ohne dass sich dabei das Personalpronomen tatsächlich auf Vertreter des Publikums bezöge. - (235) pero una vez dentro pues te tiras a la piscina dices (.) me gustó mucho la fotografía (COM_Bu_ment_083) Um Aspekte des Medienwechsels (s. a. Kap. 7.2) noch genauer analysieren zu können, soll darüber hinaus erfasst werden, ob die Originaläußerung in medial mündlicher oder schriftlicher Form vorlag. Dies betrifft jedoch nicht systematisch diejenigen Fälle, in denen der Sprecher aus einer schriftlichen Quelle vorliest - sie wurden bereits mit Hilfe des pragmatischen Parameters der „Spontaneität“ (vgl. Kap. 6.3.2) festgehalten. Gemeint sind vielmehr solche Fälle, in denen die schriftliche Quelle metonymisch für den „Urheber“ der Originaläußerung eingesetzt wird wie beispielsweise escritos in (236). - (236) hay escritos que defienden [0,262] que LLADRÓ es el anticristo (COM_cas_Pie_cab_045) Die Auswertung wird sich auf die Betrachtung folgender Zusammenhänge konzentrieren: Da davon auszugehen ist (s. o.), dass die Verwendung von Selbst- und Fremdzitaten textsortenspezifischen Charakter hat, soll zunächst der Anteil beider Wiedergabetypen in den einzelnen Textsorten überprüft werden, flankiert von einer Analyse entsprechenden Unterkategorien, da der Gebrauch spezifischer Formen wie beispielsweise des Duzens sicherlich auch von der Textsorte abhängig ist. Darüber hinaus sollen auch Korrelationen zwischen para- und nonverbaler Markierung und der Identität von S 1 analysiert werden. - 6.4.2.2 Auswertung Ein erster Überblick über die Verteilung der Korpusbelege auf die einzelnen Kategorien (s. Abb. 102) macht einerseits deutlich, dass der Anteil der Fremd‐ zitate im gesamten Korpus mit gut 78 % wesentlich größer ist als derjenige der Selbstzitate (knapp 12 %). Andererseits wird ersichtlich, dass die einzelnen Unterkategorien höchst unterschiedlich ausgelastet sind: Während Fremdzitate 6.4 Inhaltliche Ebene 341 in der 3. Person Singular den Löwenanteil der Belege ausmachen (über 60 %), bewegen sich einige Unterkategorien nur knapp über Hapaxniveau. Abb. 102: Identität S1 - Überblick über alle Kategorien (N= 757) Zu den wenig ausgelasteten Kategorien gehört beispielsweise die Kategorie selbst_WIR, die höchst unterschiedliche Sprecheridentitäten versammelt: Die insgesamt seltenste findet sich im Vortragskorpus, in dem Verwendungen der ersten Person Plural als pluralis modestiae fungieren, wie Beleg (237) illustriert. - (237) porque la tragedia está reservada (.) en la españa del catolicismo a la figura (-) de cristo como decíamos el primer dios que experimenta (-) la <<geflüstert>muerte> (VOR_Jau_054) In der Predigt kommt die erste Person Plural bevorzugt dann zum Einsatz, wenn der Prediger die Gemeinde auf ein bestimmtes Fehlverhalten aufmerksam ma‐ chen möchte, ohne das positive face der Gemeindemitglieder zu beeinträchtigen, und sich deshalb selbst in die Aussage mit einschließt, wie der nachfolgende Beleg zeigt. - (238) porque a veceh confundimoh rehponsabilidades (.) y le pedimoh a dioh que haga lo que tenemoh que hacer nosotros (-) y queremos hacer nosotroh lo que le correhponde a dioh (PREV_Ge_pas_189) Eine kaum ausgelastete Unterkategorie bilden weiterhin die unter fremd_schrift‐ lich eingeordneten Korpusbelege. Hierbei handelt es sich um schriftliche Quellen, deren Inhalt der Sprecher anführt, ohne daraus vorzulesen und ohne 342 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen den Kontext so zu spezifizieren, dass ein Autor oder zumindest eine konkretere Quelle (beispielsweise eine Tageszeitung, die dann metonymisch als S 1 identifi‐ zierbar wäre) deutlich würde. - (239) hoy he leído [0,252] que los españoles (.) vamos al médico más de nueve veces al año (COM_cas_Bu_med_006) Angesichts der stark abweichenden Belegzahlen sollen nachfolgend die ein‐ zelnen Unterkategorien nicht durchgängig analysiert werden, vielmehr werden wir vorrangig Korrelationen zwischen den übergeordneten Kategorien Selbstbzw. Fremdzitat und ausgewählten anderen Parametern betrachten. Daneben möchten wir auch der Vermutung nachgehen, dass formale Unterschiede zwi‐ schen Wiedergaben in der ersten und zweiten Person einerseits und Wieder‐ gaben in der dritten Person andererseits bestehen können. Im Hinblick auf den textsortenspezifischen Charakter der Sprecheridentität lässt die Überblicksdarstellung in Abb. 103 erkennen, dass der Anteil an Selbst‐ zitaten in den untersuchten Textsorten - wenn auch innerhalb enger Grenzen - unterschiedlich groß ist: Während im Comedy-Korpus immerhin fast ein Fünftel der Wiedergaben Selbstzitate darstellen, ist deren Anteil im Vortragskorpus marginal. Abb. 103: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Textsorte im Überblick (N= 757) Ohne bereits auf die Analyse der unterschiedlichen Funktionen von Redewie‐ dergabe (s. Kap. 6.6) vorgreifen zu wollen, lassen sich bei der Verwendung von Selbstzitaten in den analysierten Textsorten ganz unterschiedliche Funktionen 6.4 Inhaltliche Ebene 343 erkennen. Im nachfolgenden Beleg (240) aus dem Comedy-Korpus geht es beispielsweise lediglich darum, eine bestimmte Situation aus der Sicht der Persona des Comedians zu schildern. - (240) el otro día voy a la farmacia= =le digo digo IBUPROFENO (--) PRIMPERÁN (-) lo declamé e (-) como una como un como en un teatro (COM_cas_Bu_med_073) Selbstzitate aus dem Predigtkorpus hingegen setzen sich mehrheitlich zu‐ sammen aus predigtinternen Verweisen (s. Beleg [241]) einerseits und Wieder‐ gaben von Gesprächen des Predigers mit Gott andererseits (s. Beleg [242]). - (241) por eso dije al inicio (--) que he dehcubierto quisieras: (.) elegir la manera en que voy a morir (PREV_Ge_pas_110) - (242) le dije señor= =yo he construido una vida= =de cuarenta y tres creo que eran (-) años de integrida (.) de honestidad (--) y que lo que digo que va a pasar pasa (PREV_Lu_cam_178) Interessant erschien für die Auswertung weiterhin die Frage, ob bestimmte Unterkategorien auch textsortenspezifischen Charakter aufweisen können. Die in Abb. 104 zusammengefassten Analyseergebnisse bestätigen zunächst das Er‐ gebnis des globalen Überblicks (s. Abb. 103): Das Vortragskorpus unterscheidet sich deutlich von den übrigen beiden Korpora, Comedy und Predigten weisen dagegen mehr Parallelen als Unterschiede auf. 344 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 477 Offenbar weisen die verschiedenen unpersönlichen Varianten v. a. in lateinamerika‐ nischen Varietäten spezifische pragmatische Effekte auf. So verweist beispielsweise Lavandera (1984, 93) für das argentinische Spanisch darauf, dass uno „belongs to and contributes to implement an elaborate, discursive kind of discourse, apt to express ‚anonymous authorities‘“. Auf der anderen Seite gehören usted und vos zum „discourse Abb. 104: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Textsorte (Details) (N= 757) Die Wiedergaben im Vortragskorpus werden beinahe ausschließlich fremden Sprechern in der dritten Person zugeschrieben. Im Unterschied dazu werden sowohl im Comedyals auch im Predigtkorpus etwa 10 % der verba dicendi in der zweiten Person Singular verwendet, wie der nachfolgende Beleg illustriert. - (243) o sea como si te pillan con un coche robao y diceh a la policía [0,308] ay (.) ya me extrañaba a mí que tuviera que abrirlo con un ladrillo ya: (COM_and_Rei_lev_030) Bei der Verwendung dieses tú impersonal scheint jedoch weniger der Textsor‐ tenbezug im Vordergrund zu stehen als vielmehr die Tatsache, dass diese unpersönliche Verwendung des Personalpronomens der zweiten Person Sin‐ gular diaphasisch markiert ist (s. a. Kap. 6.5) und deshalb insbesondere im Vortragskorpus nicht angemessen scheint. DeMello (2000, 300) weist u. a. darauf hin, dass das tú impersonal wesentlich häufiger in umgangssprachlichen Kontexten verwendet wird (s. a. Hidalgo Navarro 1996). Darüber hinaus zeigen sich im untersuchten Korpus auch diatopische Unterschiede im Gebrauch. So verwendet beispielsweise der aus Guatemala stammende Prediger Cash Luna anstelle des tú impersonal Wiedergaben, die entweder mit usted impersonal (vgl. Beleg [244]) oder mit uno impersonal (vgl. Beleg [245]) eingeleitet werden. 477 6.4 Inhaltliche Ebene 345 of persuasion, of exemplification and dramatization“. Die Belege (244) und (245) zeigen sehr deutlich, dass diese Differenzierung für die guatemaltekische Varietät nicht gilt. (244) usted diga= =el espíritu de elías me agarró (PREV_Lu_cam_054) - (245) uno se pone todo poético= =y señor [0,479] lo que me están haciendo (--) la persecución injusta (--) que hoy tenéis (PREV_Lu_cam_074) Ebenfalls interessant erscheint die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen der Identität des wiedergegebenen Sprechers und dem Vorliegen einer prosodischen Markierung. Hier sind grundsätzlich zwei Tendenzen vorstellbar: Einerseits könnten Selbstzitate stärker markiert sein als Fremdzitate - geht man davon aus, dass eine prosodische Markierung sehr häufig auch eine (zumindest unterschwellige) Bewertung von S 1 bzw. seiner Äußerung darstellt und damit potentiell als Angriff auf das face von S 1 gewertet werden kann, minimiert der wiedergebende Sprecher auf diese Weise das Risiko eines Gesichtsverlustes. An‐ dererseits erschiene auch eine genau gegenläufige Tendenz durchaus denkbar. Hier ließe sich argumentieren, dass der wiedergebende Sprecher auf prosodi‐ scher Ebene einen größeren Kontrast herstellen möchte zwischen sich selbst als Sprechinstanz S 0 , der für die Redekennzeichnung verantwortlich zeichnet, und der Sprechinstanz S 1 . Daneben soll überprüft werden, ob sich Unterschiede in der prosodischen Markierung zwischen erster und zweiter Person auf der einen Seite und dritter Person auf der anderen Seite feststellen lassen. Hier läge es nahe anzunehmen, dass die beiden der Personaldeixis zuzurechnenden Instanziierungen von S 1 „lebendiger“ inszeniert werden und damit prosodisch stärker markiert sind. In Bezug auf das Vorliegen einer Pause zwischen Redekennzeichnung und Beginn der wiedergegebenen Passage zeigt sich tatsächlich ein Unterschied zwischen Selbst- und Fremdzitaten: Aus Abb. 105 geht hervor, dass die im Korpus belegten Fremdzitate deutlich häufiger über eine Pause markiert sind als Selbstzitate: Während knapp 75 % der Selbstzitate keine solche Markierung aufweisen, geht immerhin knapp der Hälfte der Fremdzitate eine Pause voraus. 346 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 105: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Pausentyp In Bezug auf die Dauer der Pause zwischen Redekennzeichnung und Wieder‐ gabe ergeben sich vergleichbare Unterschiede: Der Medianwert der Dauer regulärer Pausen liegt vor Selbstzitaten bei 0,36 Sek., vor Fremdzitaten beträgt er 0,43 Sek. Interessanterweise ergibt sich ein sehr ähnliches Bild beim Vergleich der Markierung von S1 in der ersten und zweiten Person mit der dritten Person. Entgegen der vermuteten Tendenz zeigt sich jedoch (vgl. Abb. 106), dass Wiedergaben in der dritten Person deutlich häufiger über Pausen markiert werden als Wiedergaben in der ersten und zweiten Person. Abb. 106: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Pausentyp Darüber hinaus zeigt die Auswertung, dass der Anteil der Makropausen in Wiedergaben der ersten und zweiten Person wesentlich größer ist als in Wiedergaben der dritten Person. Auch hinsichtlich der Pausendauer ergeben 6.4 Inhaltliche Ebene 347 478 Damit verhalten sich unsere Untersuchungsergebnisse genau gegenteilig zu denjenigen von Bertrand/ Espesser (2002, 173), die in ihrem Korpus einen erweiterten pitch span für Selbstzitate festgestellt hatten. sich vergleichbare Unterschiede zwischen den beiden Typen von Sprecheriden‐ titäten: Pausen vor Wiedergaben in der dritten Person sind laut Medianwert etwa 0,07 Sekunden länger als Pausen vor Wiedergaben in der ersten oder zweiten Person. Selbst- und Fremdzitate unterscheiden sich weiterhin in Bezug auf das Vorliegen einer lokalen Tonhöhenbewegung zu Beginn der wiedergegebenen Passage. Abb. 107 zeigt, dass Fremdzitate häufiger eine solche Tonhöhenbewe‐ gung aufweisen als Selbstzitate: Während über 40 % der Selbstzitate keine solche Markierung aufweisen, ist dies nur für knapp 25 % der Fremdzitate der Fall. Statistisch gesehen fällt dieser Unterschied nicht ins Gewicht. Abb. 107: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und lokaler Tonhöhenbewegung (N= 688) Hinsichtlich der prosodischen Parameter des Umfangs der Tonhöhenbewegung, des Registerwechsels sowie der Unterschiede im pitch span zeigen sich im Korpus keine substanziellen Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdzitaten. Dennoch bestätigt sich die Vermutung einer tendenziell stärkeren prosodischen Markierung von Fremdzitaten dahingehend, dass Fremdzitate etwas häufiger Veränderungen des pitch span aufweisen. 478 Vergleichbare Ergebnisse zeigen sich auch für Wiedergaben in der ersten und zweiten Person auf der einen Seite und Wiedergaben in der dritten Person auf der anderen Seite. Die Auswertung des Parameters der Stimmqualität ergibt schließlich wieder deutlichere Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdzitaten: Wie aus Abb. 108 hervorgeht, weisen Fremdzitate häufiger eine Veränderung der Stimmqualität 348 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen auf als Selbstzitate. Insgesamt ist jedoch die Anzahl der Belege, die eine veränderte Stimmqualität aufweisen, zu gering, um diese Tendenz statistisch überprüfen zu können. Abb. 108: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Veränderung der Stimmqua‐ lität (N= 754) Im Übrigen fällt die Auswertung des Vergleichs zwischen Wiedergaben in der ersten und zweiten Person und Wiedergaben in der dritten Person wieder sehr ähnlich aus: Auch hier sind Wiedergaben in der dritten Person häufiger über eine veränderte Stimmqualität markiert. Im Hinblick auf den globalen Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und prosodischer Markierung lässt sich zusammenfassend also festhalten, dass Fremdzitate in Bezug auf alle untersuchten Parameter eine umfangreichere prosodische Markierung aufweisen als Selbstzitate. Schließlich wurde im Rahmen der Analyse auch der Zusammenhang zwi‐ schen Sprecheridentität und nonverbaler Markierung ausgewertet. Hier geht es also um die Frage, ob Fremdzitate nonverbal stärker markiert sind als Selbstzitate, bzw. ob Wiedergaben in der ersten und zweiten Person eine stärkere nonverbale Markierung aufweisen als Wiedergaben in der dritten Person. Abb. 109 zeigt, dass sich im Korpus diesbezüglich kaum Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdzitaten ergeben - lediglich der Anteil an eigenlinig markierten Wiedergaben ist bei Selbstzitaten leicht erhöht. Entsprechendes gilt im Übrigen auch für Unterschiede zwischen Wiedergaben in der ersten und zweiten Person und Wiedergaben in der dritten Person. 6.4 Inhaltliche Ebene 349 Abb. 109: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und nonverbaler Markierung (N= 717) 6.4.3 Einbettungsebene der Wiedergabe Als dritter Parameter auf inhaltlicher Ebene soll der Grad der Einbettung der wiedergegebenen Passage betrachtet werden. Dabei geht es vorrangig um die Frage, ob die wiedergegebene Passage ihrerseits in eine wiedergebende Kommunikationssituation eingebunden ist. Auf diese Weise können einerseits Wiedergaben betrachtet werden, die unmittelbar in den „Erzähltext“ eingebettet sind, wie beispielsweise in Beleg (246): - (246) [la cosa eh que ehtoy en la mitad del sueño ehcucho una voz en off (.) que me dice [0,685]]R 0 [mata al conde DRÁCULA (-)]R 1 (COM_and_Ro_sue_039) Hier bildet die Sprachhandlung SH 0 zwischen dem Comedian und seinem Publikum dem Rahmen für die wiedergegebene Äußerung R 1 , die die „Botschaft“ einer Traumstimme („mata al conde Drácula“) an den Comedian enthält. Andererseits lassen sich Wiedergaben unterscheiden, die ihrerseits in an‐ dere Wiedergabekontexte eingebunden sind, wie dies etwa im nachfolgenden Beleg (247) der Fall ist. Hier bittet zunächst der Prediger im Rahmen der Sprachhandlung SH 0 die Gemeinde um Aufmerksamkeit („oigan esto, por favor“, Äußerung R 0 ). Der in der Folge zitierte Bibelausschnitt beginnt mit einer Redekennzeichnung, die in die untergeordnete Sprachhandlung SH 1 eingebettet ist (Äußerung R 1 ), in deren Rahmen der Protagonist Nehemias von seiner Unterredung mit dem König berichtet. Die wiedergegebene Frage des Königs wiederum ist in eine untergeordnete Sprachhandlung SH 2 einge‐ bettet („¿porque está triste tu rostro? “, Äußerung R 2 ), die die Unterhaltung von Nehemias mit dem König enthält. Die abschließende Klammer bedeutet 350 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen schließlich eine Rückkehr auf die Ebene der „äußersten“ Sprachhandlung SH 0 - der Prediger wiederholt hier nochmals die bereits auf der Ebene von SH 1 eingebettete Redekennzeichnung. - (247) [oigan ehto por favor]R 0 [y el rey me dijo (-)]R 1 [porqué ehtá trihte tu rostro (1,4) tú no ehtás enfermo (--) ehto no es otra cosa que: (-) trihteza del corazón (.)]R 2 [le dice el rey]R 0 (PREV_Ge_pas_126) Ausgesprochen selten und beschränkt auf Kontexte, in denen der Prediger aus der Bibel vorliest, treten komplexere Einbettungsszenarien wie das in Beleg (248) illustrierte auf. Hier greifen gleich vier Sprachhandlungen ineinander: Die Äußerung R 0 stellt dabei die rahmengebende Sprachhandlung dar, die sich zwischen dem Prediger und der anwesenden Gemeinde vollzieht. Der Prediger gibt im Anschluss eine Äußerung R 1 wieder, die einem Bibelzitat aus dem Buch Nehemias entspricht. Im Rahmen des Bibelzitates kommt zunächst - in einer Äußerung R 2 - der Protagonist Nehemias zu Wort. Diesen möglicherweise un‐ vermittelten nochmaligen Wechsel der Äußerungsebene erläutert der Prediger mit Hilfe des Einschubs „habla Nehemías“, womit zugleich eine Rückkehr auf die Ebene der „äußersten“ Sprachhandlung SH 0 verbunden ist. Der Protagonist Nehemias gibt im Anschluss seinerseits eine Frage seines Bruders Hanani wieder (Äußerung R 3 ), bevor im Rahmen einer Erläuterung („que se habían librado del destierro“) eine Rückkehr in die Sprachhandlung SH 2 erfolgt, die sich zwischen Nehemias und nicht näher eingrenzbaren Rezipienten vollzieht (Äußerung R 2 ). Der weitere Inhalt von Nehemias’ Frage („y por Jerusalén“) entspricht wieder der nächsttieferen Einbettungsebene der SH 3 (Äußerung R 3 ). Hieran schließt sich eine kurze Rückkehr zur nächsthöheren Einbettungsebene an, die lediglich die Redekennzeichnung für eine unmittelbar folgende Wiedergabe enthält („y me respondieron“, Äußerung R 2 ). Die abschlie‐ ßend wiedergegebene Antwort (Äußerung R 3 ) findet wiederum auf der Ebene der SH 3 statt, die sich zwischen Nehemias und seinem Bruder Hanani und seinen Begleitern vollzieht. - (248) [el capítulo uno y el versículo uno dice lo siguiente (1,2)]R 0 [éhtas son lah palabrah de NEHEMÍAS= =hijo de HAKALÍAS en el año (.) en el mes de quisleo del año veinte (.)]R 1 6.4 Inhaltliche Ebene 351 [ehtando yo (.)]R 2 [habla NEHEMÍAS (.)]R 0 [en la ciudadela de SUSA (.) llegó HANANÍ (.) uno de mis hermanos (--) junto con algunos hombreh de JUDÁ (-) y leh pregunté (.)]R 2 [por el rehto de los judíos (-)]R 3 [que habían (.) se habían (-) se habían librado del dehtierro (.)]R 2 [y por JERUSALÉN (-)]R 3 [y me rehpondieron=]R 2 [=loh que se libraron del dehtierro= =y se quedaron en la provincia (--) ehtán enfrentando una gran calamidad (.) y humillación]R 3 (PREV_Ge_Pas_021) Eine über die hier skizzierte detaillierte Betrachtung einzelner Belege hin‐ ausgehende systematische Analyse des Gesamtkorpus scheint uns zu stark reduktionistisch in dem Sinne, dass die soeben beispielhaft in allen Feinheiten dargestellte Binnenstruktur der einzelnen Ebenenwechsel im Rahmen einer quantitativen Untersuchung nicht differenziert genug erfasst werden kann. Allenfalls könnte die Zahl der Einbettungsebenen festgehalten werden. Diese Information könnte jedoch nicht in Zusammenhang gebracht werden mit an‐ deren Parametern wie etwa den unterschiedlichen Aspekten der prosodischen Markierung, da pro Beleg jeweils nur der Wechsel zwischen den beiden „äu‐ ßersten“ Sprachhandlungen SH 0 und SH 1 phonetisch ausgewertet wurde. Aus diesen Gründen werden wir den Parameter der Einbettungsebene nachfolgend nicht eingehender betrachten. 6.5 Diasystematische Markierung 6.5.1 Vorüberlegungen Im Folgenden werden wir diasystematische Markierungen im untersuchten Korpus in den Blick nehmen. Wie bereits angedeutet (vgl. Kap. 3.6) spielen in diesem Zusammenhang insbesondere funktionale Aspekte eine zentrale Rolle, die jedoch erst im nächsten Kapitel (vgl. Kap. 6.6) näher betrachtet werden. Nachfolgend soll zunächst eine Bestandsaufnahme der im Korpus be‐ legten diasystematischen Markierungen vorgenommen werden. Diese können 352 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 479 Die Analyse stützt sich dabei - neben Koch/ Oesterreicher (2011) - auf folgende Standardwerke, die alle Herkunftsländer und -regionen der im Korpus vertretenen Sprecher abdecken: Wesch (1997), Sinner (2004) und Lleó (2013) für das Spanische in sowohl auf diatopischer Ebene angesiedelt sein als auch auf diastratischer oder diaphasischer. Markierungen, die ausschließlich die Ebene von Nähe- und Distanzsprachlichkeit betreffen, sollen im Rahmen des vorliegenden Kapitels nicht gesondert erfasst werden, da einerseits nähesprachliche Phänomene aus dem makrostrukturellen Bereich innerhalb der meist nur wenige Turns umfas‐ senden Wiedergaben keine nennenswerte Rolle spielen. Andererseits existieren speziell im Spanischen ohnehin keine spezifisch einzelsprachlichen Merkmale, die ausschließlich der Ebene von Nähe- und Distanzsprache zugeordnet werden könnten (vgl. Koch/ Oesterreicher 2001, 607). Schließlich wurden universale nähesprachliche Merkmale, insbesondere Diskursmarker, hesitation phenomena, Interjektionen und andere Gliederungssignale bereits anderweitig erfasst: Dis‐ kursmarker, Interjektionen und Gliederungssignale wurden im Rahmen der Untersuchung des Beginns der Redewiedergabe (s. Kap. 6.1.7) analysiert. Häsita‐ tionsphänomene, Kontakt- und Korrektursignale, syntaktische Phänomene wie Ellipsen oder Wiederholungen sowie lautliche Phänomene wie beispielsweise Entdeutlichungsprozesse bildeten diejenigen Performanzerscheinungen, auf deren Grundlage die Wiedergaben im Rahmen der pragmatischen Analyse in die Kategorie Wortlaut eingestuft wurden (s. Kap. 6.3.1). Vor dem Hintergrund der relevanztheoretischen Grundlage der vorliegenden Korpusuntersuchung setzt die Existenz diasystematischer Markierungen die Annahme bzw., aus Sprecherperspektive betrachtet, den Anspruch großer Ähn‐ lichkeit zwischen wiedergegebener und Originaläußerung voraus (vgl. Kap. 3.8). Die Auswertung kann sich damit auf diejenigen Belege beschränken, die Perfor‐ manzsignale aufweisen und damit einen hohen Grad an Originaltreue vorgeben. Nachfolgend sollen deshalb ausschließlich Belege analysiert werden, die im Rahmen der pragmatischen Analyse in die Kategorie Wortlaut eingeordnet wurden. Angesichts der großen Belegzahl können lediglich operationalisierbare und damit zwangsläufig gröbere Kategorien festgelegt werden. So sollen einer‐ seits das grundsätzliche Vorliegen einer diasystematischen Markierung und die relevante Ebene systematisch erfasst werden. Andererseits wird festgehalten, ob die Markierung auf lautlicher Ebene oder auf einer anderen Ebene (Lexikon oder Morphosyntax, s.-u.) erfolgt. Da sich insbesondere die Statusbestimmung der diatopischen Merkmale des Spanischen komplexer gestaltet als in anderen (nicht nur) romanischen Spra‐ chen (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 239-240), müssen in diesem Bereich durch Referenzwerke abgesicherte Einzelfallentscheidungen getroffen werden, 479 mit 6.5 Diasystematische Markierung 353 Katalonien, Mondéjar (1992), Alvar (2009) und Winkelmeier (2010) für das andalusische Spanisch, Lara (1992), Lipski (1996c), Gómez de Silva (2001), Lope Blanch (1996) sowie Zimmermann (2013) für das mexikanische Spanisch, Donni de Mirande (1996), Lipski (1996d), Bein (2011) und Mihatsch (2013) für das argentinische Spanisch, Lipski (1996b) und Jungbluth (2013) für das kubanische Spanisch, Lipski (1996a) und Cichon/ Cichon (2013) für das guatemaltekische Spanisch, López Morales (2004) und Blas Arroyo (2008) zur diastratischen Variation, sowie Briz Gómez (1998b) und Vigara Tauste (2005) zur diaphasischen Variation 480 Hier spiegelt sich insbesondere in Bezug auf die als klar distanzsprachlich einzustu‐ fenden wissenschaftlichen Vorträge auch die u. a. von Koch/ Oesterreicher (2011) festgehaltene „Durchlässigkeit der Distanzsprache“ im Hinblick auf diatopische Mar‐ kierungen. 481 Zahlreiche Aspirationen finden sich beispielsweise im Predigtkorpus bei dem ursprüng‐ lich aus Argentinien stammenden Prediger Dante Gebel, im Vortragskorpus bei dem Kubaner Wilfrido Dorta Sánchez sowie bei dem aus Andalusien stammenden Fernando Guzmán. Im Comedy-Korpus betrifft dies insbesondere die gebürtigen Andalusier Dani Rovira, Salvador Reina und Fernando García Torres. Im Rahmen einer auf eine Predigt von Dante Gebel beschränkten Fallstudie konnten zwischen wiedergegebenen und nicht-wiedergegebenen Passagen keinerlei Unterschiede in Frequenz und Position der realisierten Aspirationen festgestellt werden. deren Hilfe bestimmt werden kann, ob eine spezifische Variante beispielsweise als diatopisch einzuordnen ist oder ob sie schon weiter „in die Varietätenkette eingerückt“ ist (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 240). Die Analyse muss auch der Tatsache Rechnung tragen, dass sich insbesondere die regionale Herkunft einiger der im Korpus vertretenen Sprecher bereits außerhalb der Wiederga‐ bekontexte sehr deutlich zeigt. 480 Dies hat zur Folge, dass diese diatopischen Markierungen, zu denen beispielsweise die Aspiration von / s/ in implosiver Position zählt, 481 nicht als Performanzsignale innerhalb der wiedergegebenen Passage gedeutet werden dürfen, sondern vielmehr in Bezug auf den konkreten Sprecher als „unmarkiert“ einzustufen sind. Insgesamt sollen im Rahmen der Analyse folgende Kategorien differenziert werden: Diasystematisch unmarkierten Wiedergaben stehen Belege mit diato‐ pischer, diastratischer und diaphasischer Markierung gegenüber. Für jede der Kategorien soll darüber hinaus differenziert werden, ob die diasystematischen Merkmale aus dem lautlichen Bereich stammen oder einer anderen Ebene zuzuordnen sind - es ist davon auszugehen, dass nicht-lautliche Merkmale mehrheitlich aus dem Bereich der Lexik stammen und dass morphosyntaktische Merkmale eher die Ausnahme bilden. Die konkrete Einstufung der einzelnen Korpusbelege in die unterschiedlichen Kategorien illustrieren wir im Folgenden anhand von drei Beispielen. Eindeutig diatopisch markiert ist beispielsweise Beleg (249), in dem der Prediger Dante 354 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Gebel dem Ehemann eines nicht näher spezifizierten Gemeindemitglieds eine Äußerung mit zwei voseo-Verbformen („pensás“/ „sos“) „in den Mund legt“: - (249) maldice todo vero= =mira que pensáh que sos SUPERMAN le dice al marido (PREV_Ge_sud_184) Die Verwendung des voseo ist hier allerdings nicht unbedingt als Hinweis auf die tatsächliche geographische Herkunft des wiedergegebenen Sprechers zu interpretieren: Angesichts der Tatsache, dass Gebel hier zu einer Latinoge‐ meinde in Kalifornien spricht, ist es weniger wahrscheinlich, dass er sich explizit auf ein - vermutlich eher eine Ausnahme darstellendes - Gemeindemitglied argentinischer Herkunft bezieht. Naheliegender ist dagegen die Annahme, dass er zur Wiedergabe einer „im weiteren Sinne“ nähesprachlichen Äußerung auf diejenige diatopische Varietät zurückgreift, die ihm persönlich am besten vertraut ist. Als diastratische Markierung wäre beispielsweise die Realisierung von para atrás als patrás einzustufen (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 252), wie sie der nachfolgende Beleg illustriert: - (250) tú tengas un argumento estructurado (-) (o) sea sabes que por esto por eso me cagas (o) s(e)a (--) aquí está el marco teórico patrás (COM_mex_So_gri_071) Die Tilgung von intervokalischem -din auf -ado endenden Partizipien, wie in Beleg (251) illustriert („llamao“), wird nach Maßgabe von Koch/ Oesterreicher (2011, 251) als diaphasisch eingeordnet: - (251) el tío se pilló unoh cabreos siempre en nochebuena= =(pueh) dehcorchamoh la botella de champán (.) me han llamao (COM_and_Ro_sue_007) Weist eine wiedergegebene Passage Varianten auf, die unterschiedlichen diasystematischen Ebenen zuzuordnen sind, so wird sie als mehrfach_markiert eingestuft. Beleg (252) illustriert einen solchen Fall: Die Wiedergabe wird hier einerseits mit der im DRAE als coloquial (s. v. J O2 ) klassifizierten Interjektion jo eingeleitet. Andererseits enthält sie die nach Tilgung des intervokalischen -dzu na(: ) verkürzte Realisierung von nada, die wir unter Berufung auf Koch/ Oesterreicher (2011, 251) als diastratisch niedrig markiert einstufen: 6.5 Diasystematische Markierung 355 482 Die Belege der Kategorie unmarkiert weisen ausschließlich (übereinzelsprachliche) nähesprachliche Markierungen auf (s. o.), die keiner der drei übrigen Varietätendimen‐ sionen zuzuordnen sind. (252) que tú diceh= =jo qué mierda bueno poh eh loh vierneh na máh quiero decir (COM_and_Ro_sob_021) Bei der Betrachtung von Zusammenhängen zwischen der diasystematischen Markierung und anderen formalen Parametern ist zu beachten, dass mögliche Korrelationen durch die Tatsache eingeschränkt werden, dass in der Analyse lediglich Belege berücksichtigt wurden, die in der pragmatischen Kategorie „Originaltreue“ als „Wortlaut“ gekennzeichnet wurden. Dies führt dazu, dass die Gesamtzahl der hier annotierten Belege insgesamt deutlich geringer ausfällt und dass bestimmte Wechselwirkungen aufgrund der Vorauswahl eingeschränkt bzw. von vorneherein ausgeschlossen sind. Vor diesem Hintergrund werden wir im Rahmen der Auswertung insbeson‐ dere folgende Zusammenhänge in den Blick nehmen: Neben einem möglichen textsortenspezifischen Charakter der diasystematischen Markierung interes‐ siert zunächst die Frage, ob das Vorliegen einer diasystematischen Markierung vorrangig gemeinsam mit bestimmten Arten der Redekennzeichnung auftritt. Auch eine Wechselwirkung mit dem Vorhandensein para- und nonverbaler Markierungen soll überprüft werden. Darüber hinaus sollen Korrelationen mit dem Parameter der Faktizität analysiert werden. Schließlich stellt sich auch die Frage, ob diasystematische Markierungen bevorzugt in Selbst- oder eher in Fremdzitaten auftreten. 6.5.2 Auswertung Im Vergleich zu den bislang im Rahmen der Korpusanalyse untersuchten Merkmalen ist die Anzahl der analysierten diasystematisch markierten Belege mit insgesamt 160 Okkurrenzen nur sehr gering. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass ausschließlich in die Kategorie Wortlaut eingestufte Belege auf das Vorliegen einer diasystematischen Markierung hin untersucht wurden. Die Überblicksdarstellung in Abb. 110 zeigt, dass die einzelnen Unterkategorien sehr ungleich ausgelastet sind: Die unmarkierten Belege machen den größten Anteil aus, 482 diastratisch markierte Okkurrenzen sind lediglich im lautlichen Bereich belegt und sind auch dort nur sehr selten. 356 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 110: diasystematische Markierung im Überblick (N= 160) Unter den diasystematisch markierten Wiedergaben weist gut ein Drittel eine Markierung im lautlichen Bereich auf. Die am häufigsten auftretende Variante stellt hier die Tilgung von intervokalischem -ddar, wie sie in Beleg (251) („llamao“) illustriert ist. Wiedergaben mit diasystematischen Markierungen aus den Bereichen Lexik und Morphosyntax machen gut die Hälfte der markierten Belege aus. Ein Groß‐ teil davon ist der lexikalischen Ebene zuzuordnen. Hierzu zählt beispielsweise auch die Wiedergabe in (253), in der der Prediger das im DRAE als „coloquial“ gekennzeichnete Verb chupar (s.-v. chupar 4.) verwendet. - (253) y le decía yo a a a a mi amigo fray le decía= =mira yo me siento tan mal (---) me siento así triste (.) molesto (-) hasta ganas de chupar tengo (PREV_Lu_cam_181) Die Anteile diaphasischer und diatopischer Markierungen sind mit jeweils rund 40 % fast gleich groß, alle übrigen Unterkategorien sind aufgrund der äußerst geringen Belegzahlen zu vernachlässigen. Um im Rahmen der Auswer‐ tung der Analyseergebnisse etwas grundlegendere Tendenzen sichtbar machen zu können, wird nachfolgend die Differenzierung nach Phänomenbereichen (phonetisch vs. andere) zugunsten der Unterscheidung nach diasystematischen Ebenen aufgegeben. Mehrheitlich wird es sogar nötig sein, anstelle der ge‐ nannten Unterkategorien lediglich zwischen diasystematisch markierten und unmarkierten Okkurrenzen zu unterscheiden. Zunächst gehen wir der Frage nach, inwiefern diasystematische Markie‐ rungen textsortenspezifischen Charakter haben. In die Überblicksdarstellung in Abb. 111 haben wir von vorneherein lediglich Comedy-Acts und Predigten auf‐ 6.5 Diasystematische Markierung 357 genommen, da keine einzige Wiedergabe-Okkurrenz aus dem Vortragskorpus eine diasystematische Markierung aufwies. Abb. 111: Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und Textsorten (N= 160) Im Hinblick auf die Verwendung diatopischer Markierungen ist zunächst auf‐ fällig, dass die Sprecher ausschließlich Merkmale aus ihrer eigenen Varietät verwenden - prinzipiell durchaus vorstellbare Konstellationen, in denen eine „fremde“ diatopische Varietät zur Anwendung käme, sind im Korpus nicht belegt. Im Comedy-Korpus werden diatopische Markierungen einerseits eingesetzt, um wiedergegebene Sprecher geographisch zu verorten. Dies ist beispielsweise im folgenden, bereits in Kap. 6.3.1.2 aufgrund der zahlreichen Häsitationsmarker betrachteten Beleg der Fall, in dem eine Gruppe mexikanischer Soldaten mit Hilfe des Markers este (vgl. Martín Zorraquino/ Portolés Lázaro 1999, 4199) charakterisiert wird: - (202’) y los mexicanos [1,061] este: (.) <hüstelt> (--) aquí (.) vamos a dejar las despensas aquí está el (-) huevo chorizo aquí hay todo eh? (COM_mex_So_cad_157) Andererseits kennzeichnen diatopische Markierungen bestimmte Wiedergaben auch schlicht als (im weiteren Sinne) nähesprachlich - diese Funktion weisen im Übrigen auch die entsprechenden Belege aus dem Predigtkorpus auf. So zitiert der Comedian in Beleg (254) beispielsweise aus der Handynachricht einer Frau, die er kurz zuvor kennengelernt hatte, die er jedoch nicht explizit als Mexikanerin beschreibt. Hier ist davon auszugehen, dass die als americanismo (vgl. DRAE s. v. trago 1 4.) bzw. als mexicanismo (vgl. Gómez de Silva 2001, 358 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 483 Für die Einordnung spanischer Diminutive als diaphasische Merkmale plädieren ins‐ besondere Koch/ Oesterreicher (2011, 247). 484 Soweit nicht anders vermerkt, sind hier jeweils niedrig markierte Merkmale gemeint. s. v. O N DA ) einzuordnenden Wendungen (echarse) un trago bzw. ¿qué onda? ausschließlich den Grad der Nähesprachlichkeit der Wiedergabe anzeigen. - (254) me decía= =oye qué onda nos echamos unos tragos= =me quedo a dormir en tu e: h por tu casa no? (COM_mex_Wiki_009) Die im Korpus belegten diatopischen Markierungen gehören fast ausschließlich dem español coloquial an, so z. B. die Diminutivform 483 trabajito im folgenden Beleg, der dort auftretenden „nachäffenden“ Stimmqualität in Kap. 6.1.7.2 angeführt wurde: - (169’) por qué hay (.) e cuando me cruzan por allí (.) ay ora por mi pa: htor que me salga un trabajito (PREV_Ge_sud_157) Diastratisch markierte 484 Merkmale sind äußerst selten. Sie sind auf den lautli‐ chen Bereich beschränkt und darüber hinaus ausschließlich im Comedy-Korpus belegt. Hierzu zählt beispielsweise das in Beleg (255) illustrierte Beispiel escusas, das sich durch eine diastratisch niedrig markierte (vgl. Koch/ Oesterreicher 2011, 251) Reduktion von Konsonantengruppen ([ks] > [s]) auszeichnet. - (255) tu cabeza empieza a pensar= =escusas escusas escusas escusas (COM_cas_Bu_sue_054) Ebenfalls ausschließlich im Comedy-Korpus belegt sind Wiedergaben, die auf mehreren diasystematischen Ebenen markiert sind. Hierzu gehört beispiels‐ weise die bereits in Beleg (252) illustrierte Passage. Die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen diasystematischer Markie‐ rung und Redekennzeichnung erfolgt vor dem Hintergrund der Annahme, dass sich bestimmte Typen der Redekennzeichnung eher mit diasystematisch mar‐ kierten Wiedergaben verknüpfen als andere. Hier zeigt sich zunächst, dass über Präpositionalphrasen wie según X eingeleitete oder mehrfach gekennzeichnete Wiedergaben keinerlei diasystematische Markierungen aufweisen und deshalb in der Auswertung nicht berücksichtigt werden. Die in Abb. 112 dargestellten Analyseergebnisse machen deutlich, dass tatsächlich ein solcher Zusammen‐ 6.5 Diasystematische Markierung 359 hang zu bestehen scheint: So weisen etwa mit Hilfe von Nominalphrasen oder Zitatmarkern eingeleitete Wiedergaben deutlich häufiger diasystematische Markierungen auf als solche, die mit verba dicendi eingeleitet werden. Abb. 112: Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und Redekennzeich‐ nung (N= 154) Ein auffälliges Ergebnis stellt die Tatsache dar, dass Wiedergaben ohne Re‐ dekennzeichnung in knapp 60 % der Fälle diasystematische Markierungen aufweisen. Bei näherer Betrachtung der entsprechenden Belege (vgl. [256]) wird deutlich, dass die diasystematische Markierung häufig als eine Art „Kompensa‐ tion“ für die fehlende Redekennzeichnung fungiert, da sie dazu beiträgt, einen Wechsel der Äußerungsebene anzuzeigen. - (256) caballero (.) era un periodihta así malote no <lacht> [1,858] no sabía uhte que tenía que declarar ehtoh ciento veinte mil euroh (COM_and_Rei_lev_023) Um den Nachteil der geringen Belegzahl ein wenig zu kompensieren, wurde das Korpus zusätzlich auf Zusammenhänge zwischen bestimmten Zitatmarkern und der Herkunft der Sprecher überprüft, unabhängig davon, ob die eigentliche Redewiedergabe eine diasystematische Markierung aufwies. Hierbei zeigte sich zunächst, dass die aus Lateinamerika stammenden Sprecher deutlich häufiger und systematischer Zitatmarker einsetzen als die spanischen Sprecher. Während der Marker como bzw. seine Variante ser como gleichermaßen bei spanischen und lateinamerikanischen Sprechern auftritt, lässt sich für en plan eine häufigere Verwendung bei aus Spanien stammenden Sprechern feststellen. Im Gegenzug wird der Marker así einschließlich seiner Varianten así que und así de ausschließ‐ 360 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen lich von mexikanischen Sprechern gebraucht. Angesichts der geringen Anzahl von Sprechern, die im Korpus vertreten sind, müssten diese Tendenzen natürlich auf der Grundlage umfangreicherer Korpora genauer geprüft werden Als zweite mögliche Korrelation haben wir das Korpus auf das Vorhandensein einer Konvergenz zwischen diasystematischer und paraverbaler Markierung hin untersucht. Aus Abb. 113 geht hervor, dass sich eine solche Korrelation im Hinblick auf das Vorliegen einer Pause durchaus bestätigen lässt: Diasystema‐ tisch markierten Wiedergaben geht deutlich häufiger eine Pause voraus - dieser Unterschied ist jedoch statistisch nicht relevant. Abb. 113: Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und Pausentyp (N= 160) Im weiteren Verlauf der Analyse haben sich weitere, statistisch jedoch nicht relevante Korrelationen zwischen diasystematischer und prosodischer Markie‐ rung gezeigt, beispielsweise hinsichtlich der Parameter der lokalen Tonhöhen‐ bewegung, des Registerwechsels oder der Veränderung des pitch span: Das Vorliegen einer diasystematischen Markierung geht jeweils mit einer etwas stärker ausgeprägten prosodischen Markierung einher. Einzig im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und einer Veränderung der Stimmqualität fällt die Korrelation genau umgekehrt aus. Abb. 114 macht deutlich, dass in Bezug auf dieses prosodische Merkmal diasystematische und paraverbale Markierung eher kom‐ plementär zu sein scheinen: Diasystematisch markierte Wiedergaben weisen seltener eine veränderte Stimmqualität auf als unmarkierte Wiedergaben. Eine mögliche Begründung dieser Komplementarität könnte darin bestehen, dass die Stimmqualität eine ganz ähnliche Funktion hat wie die diasystematische Markierung - beide tragen in erheblichem Maße zur Charakterisierung des wiedergegebenen Sprechers bei. 6.5 Diasystematische Markierung 361 Abb. 114: Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und Veränderung der Stimmqualität (N= 164) Zwischen nonverbaler und diasystematischer Markierung könnte eine ganz ähnliche Konvergenz bestehen wie diejenige zwischen paraverbaler und diasystematischer Ebene. Eine Korrelation läge nicht zuletzt deshalb nahe, da (auch im weiteren Sinne) nähesprachliches Sprechen häufig einen verstärkten Rückgriff auf nonverbale Kontexte aufweist. Die Auswertung der Korpusdaten zeigt jedoch weder eine Konvergenz noch eine komplementäre Verteilung der beiden Merkmale: Hinsichtlich der nonverbalen Markierung lassen diasystema‐ tisch markierte und unmarkierte Wiedergaben praktisch keine Unterschiede erkennen. Weiterhin wurde im Korpus überprüft, ob sich eine Korrelation zwischen diasystematischer Markierung und dem faktischen Charakter des Wiederge‐ gebenen feststellen lässt. Grundlage der vermuteten Tendenz ist hier die Überlegung, dass insbesondere eine diasystematische Zuordnung von Äuße‐ rungen „unbestimmter“ Sprecher (die ja einen Großteil der nicht-faktischen Wiedergaben ausmachen) widersinnig scheint. Jedoch lässt sich auch hier weder eine Konvergenz noch eine Komplementarität der beiden Merkmale erkennen - zwischen diasystematischer Markierung und Faktizität besteht also offensichtlich keinerlei Zusammenhang. Die Auswertung des Parameters diasystematische Markierung schließt mit der Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs zwischen diasystematischer Markierung und Sprecheridentität. Hier zeigt sich im Korpus dahingehend eine - allerdings nur schwach ausgeprägte - Korrelation, dass Selbstzitate etwas häufiger diasystematische Markierungen aufweisen als Fremdzitate. 362 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 6.6 Funktionale Aspekte Den letzten Schwerpunkt der Korpusuntersuchung bildet die Analyse unter‐ schiedlicher Funktionen der im Korpus belegten Wiedergaben und die Heraus‐ arbeitung möglicher Wechselwirkungen mit den unterschiedlichen formalen Parametern. An einige methodologische Vorüberlegungen (s. Kap. 6.6.1), die die in Kap. 3.7 bereits erarbeiteten Funktionen anhand von Korpusbeispielen noch einmal in komprimierter Form in Erinnerung rufen, schließt sich die Auswertung der Korpusdaten an (s. Kap. 6.6.2), die insbesondere mögliche Korrelationen zu den zahlreichen formalen Parametern in den Blick nehmen wird. 6.6.1 Vorüberlegungen Wie in Kap. 3.7 bereits dargelegt, beruht das der Korpusuntersuchung zugrunde liegende Analyseraster auf insgesamt vier von Vincent/ Perrin (1999) erarbeiteten Funktionen. In diesem Zusammenhang wird all denjenigen Wiedergaben eine narrative Funktion zugeschrieben, in denen der Sprecher nicht mehr bezweckt, als den Hörer über eine sprachliche Handlung Dritter (oder seiner selbst) zu informieren. Da es sich hierbei um eine sehr grundlegende Funktion handelt, ist davon auszugehen, dass sie für relativ viele Korpusbelege relevant ist. Den narrativen Aspekt illustriert beispielsweise Beleg (257): Mit der Wie‐ dergabe setzt der Comedian die Zuhörer zunächst ausschließlich darüber in Kenntnis, dass er der Presse eine bestimmte Information entnommen hat. - (257) el otro día leí que en rusia (.) se ha aprobao e por ley el uso del polígrafo (-) en las entrevistas de trabajo (COM_cas_Bu_ent_020) Dass der Beleg darüber hinaus dazu dient, das Thema „Lügendetektor in Vorstellungsgesprächen“ als nächsten Schwerpunkt des Acts zu etablieren, spielt für die funktionelle Einordnung keine entscheidende Rolle. Im Vergleich zur sehr grundlegenden narrativen Funktion ist der Charakter der evaluierenden Funktion wesentlich spezifischer. Der in der Wiedergabe enthaltene Bewertungsaspekt steht dabei im Mittelpunkt der Kategorisierung. Eine solche Bewertung enthält beispielsweise Beleg (258): Der Comedian stellt hier die imaginierte Antwort eines Bademeisters auf die naive Frage eines Strandbesuchers nach der Bedeutung der unterschiedlichen Flaggenfarben dar. Der ironisch formulierte Beginn der Antwort unterstreicht bereits die darin 6.6 Funktionale Aspekte 363 485 Das Lied ist im deutschen Sprachraum unter dem englischen Titel Little drummer boy bekannt. enthaltene negative Bewertung, die im zweiten Teil auch explizit formuliert wird („no te jodas“). - (258) ponen bandera amarilla y no pasan ni cinco minutoh que venga uno y diga (--) la bandera amarilla que eh por lah medusah (---) que te dan ganah de decirle= =sí y la bandera roja la ponemoh cuando hay muchoh cangrejoh= =no te jodas (COM_and_To_soc_008) Innerhalb der Kategorie „evaluierende Funktion“ könnte noch eine detailliertere Kategorisierung erfolgen, in deren Rahmen beispielsweise eine Differenzierung nach positiver und negativer Bewertung sowie nach dem Bezugsobjekt der Bewertung (etwa: Bewertung des wiedergegebenen Sprechers, Bewertung des Äußerungsinhalts etc., s. Kap. 3.7.2) vorgenommen werden könnte. Da sich in den übrigen Funktionsbereichen jedoch keine vergleichbaren Unterkategorien abzeichnen, sollen diese im Analyseraster nicht abgebildet werden. Als dritte Funktion der im Korpus belegten Wiedergaben nehmen wir eine illustrative Funktion an, in deren Rahmen ein Element eines bereits im Vorfeld eingeführten situativen Frames besonders „ausgemalt“, „ausgeschmückt“ oder anderweitig dramatisiert wird. Kennzeichnend für die illustrative Funktion ist die Tatsache, dass die Sprechhandlung bzw. deren Inhalt bereits im Vorfeld eingeführt wurden, so dass die Wiedergabe inhaltlich gesehen keine neue Information umfasst - in Kap. 3.7.3 wurde bereits auf das Charakteristikum der Weglassbarkeit wiedergegebener Passagen mit illustrativer Funktion hinge‐ wiesen. Aus Beleg (259) gehen sowohl die inhaltliche Redundanz wie auch der illustrative Charakter der wiedergegebenen Passage besonders deutlich hervor: Der Comedian berichtet unmittelbar im Vorfeld der Wiedergabe davon, dass er einen Vorschlag beim Abgeordnetenhaus eingereicht hat und dass es ihm offensichtlich liegt, derartige Vorschläge zu erarbeiten. Die nachfolgende Auf‐ forderung seiner Freunde, doch Vorschläge einzureichen („¡propón! “), bringt an dieser Stelle nicht nur inhaltlich nichts Neues, sondern läuft sogar Gefahr, missverständlich zu sein, da der Vorschlag bereits erfolgt ist. Der Comedian setzt die Wiedergabe hier ausschließlich deshalb ein, um mit der lautlichen Ähnlichkeit zwischen dem Imperativ ¡propón! und der onomatopoetischen Zeile ropopopom aus dem Weihnachtslied El pequeño tamborilero  485 zu spielen. 364 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (259) he hecho una propuesta al congreso de diputadoh (.) hecho una propuehta porque XXX bien haciendo propuehtah (.) mih colegah siempre me lo dicen DANI tú como en el pequeño tamborilero (.) propón propón (COM_and_Ro_sob_027) Schließlich gehen wir viertens von Wiedergaben mit argumentativer Funktion aus. Sie dienen dem wiedergebenden Sprecher in erster Linie dazu, seine eigene Position argumentativ zu untermauern. Die Wirksamkeit dieser Untermaue‐ rung kann noch dadurch verstärkt werden, dass der wiedergegebene Sprecher S 1 selbst eine Autoritätsfigur darstellt. In Beleg (260) handelt es sich bei S 1 nicht um eine Autorität, die Sprechinstanz bleibt hier vielmehr unbestimmt. Jedoch zeigt der Beleg ein anderes typisches Merkmal der argumentativen Funktion besonders deutlich: Die Redekennzeich‐ nung kann weggelassen werden, ohne dass sich der Sinn der Wiedergabe verändert. Der Comedian bespricht im voranstehenden Kotext unterschiedliche Aspekte von Vorstellungsgesprächen und kommt hier auf die Frage nach der passenden Kleidung zu sprechen. Die wiedergegebene Aussage, Kleidung spiele in dieser Situation eine ganz besonders wichtige Rolle, stellt einen absoluten Gemeinplatz dar, den sich der wiedergebende Sprecher ohne jegliches Risiko zu eigen machen könnte: - (260) también se dice= =que es muy importante la indumentaria (COM_cas_Bu_ent_040) Deutlich präsenter als bei der Analyse formaler Aspekte von Redewiedergabe ist bei der Auswertung möglicher Funktionen das Problem der grundsätzlichen Polyfunktionalität der Korpusbelege. Im Rahmen der Auswertung kann deshalb ausschließlich die jeweils im Vordergrund stehende Funktion berücksichtigt werden. Um die Komplexität der funktionalen Komponente jedoch nicht zu ver‐ wässern, sollen im Folgenden neben den vier soeben vorgestellten Funktionen noch zwei zusätzliche (sekundäre) Funktionen berücksichtigt werden. Da nicht jeder Beleg neben seiner primären Funktion auch eine sekundäre aufweist, sollen die sekundären Funktionen lediglich qualitativ ausgewertet werden. Als sekundäre Funktion nehmen wir einerseits die bereits vorgestellte (s. Kap. 3.7.5) diskursstrukturierende Funktion an, mit deren Hilfe auf diskursiver Ebene relevante Aspekte von Redewiedergabe erfasst werden können. Beleg (261) illustriert eine Möglichkeit, Wiedergaben diskursstrukturierend einzu‐ setzen: Der Prediger spricht hier zunächst über göttliche Impulse, die die Gläubigen zu auf den ersten Blick nur schwer nachvollziehbaren Handlungen 6.6 Funktionale Aspekte 365 animieren können. Um diese häufig wie „aus dem Nichts“ entstehenden Handlungsimpulse von spontanen Einfällen der Gläubigen selbst abgrenzen zu können, gibt der Prediger seiner Gemeinde einige Hinweise auf mögliche Differenzierungskriterien. Diesen neuen thematischen Abschnitt leitet er mit der Wiedergabe einer Frage seiner Gemeindemitglieder ein, die als rhetorische Frage gestaltet ist: - (261) cada vez que dioh noh manda a hacer algo (-) lah decisioneh que tenemoh que tomar (.) parecen ser irrehponsables (---) […] ahora tú dices= =y cómo sé si no eh mío (--) cómo sé si eh de dios (-) y voy a darles algunos tips (.) o algunas (-) ahm (.) algunas ayudas (PREV_Ge_pas_079) Daneben soll andererseits auch festgehalten werden, ob die Korpusbelege zu‐ sätzlich zu ihrer primären Funktion noch eine pragmatische Funktion aufweisen, bei der das Verhältnis von wiedergebendem Sprecher und seinen Adressaten im Mittelpunkt steht. Redewiedergabe kann in diesem Zusammenhang inter‐ pretiert werden als Strategie zur Vermeidung von Gesichtsverlust. Meist besteht diese Strategie darin, dass der wiedergebende Sprecher sich weigert, die kom‐ munikative Regresspflicht für eine bestimmte Äußerung zu übernehmen, indem er potenziell gesichtsbedrohende Äußerungen anderen Sprechinstanzen in den Mund legt. Einen solchen Fall illustriert beispielsweise Beleg (262), der primär als evaluierend eingestuft wurde, da er eine positive Bewertung des Comedians Dani Rovira enthält. Um zu vermeiden, dass diese uneingeschränkt positive Bewertung - Rovira wird u. a. als crack bezeichnet-- für ein Eigenlob gehalten wird, legt er die Äußerung seinem Publikum in den Mund. - (262) yo sé que muchoh de vosotroh taih pensando [0,224] hohtia el DANI ROVIRA= =ehte tío eh un crack (.) ehte tío pilota= =ehte tío tiene un cerebro (COM_and_Ro_sue_005) Praktisch gesehen soll im Rahmen der Auswertung bei mehreren Turns umfas‐ senden Redewiedergaben lediglich die Funktion des jeweils ersten Turns erfasst werden. Hintergrund dieser Entscheidung ist die Tatsache, dass analog hierzu auch formale Charakteristika wie etwa das Vorliegen einer Pause oder einer lokalen Tonhöhenbewegung ausschließlich für den ersten Turn einer Wieder‐ 366 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen gabe erfasst wurden - Aussagen über mögliche Wechselwirkungen zwischen formalen und funktionalen Aspekten können also ohnehin nur für initiale Turns getroffen werden. Diese Entscheidung hat allerdings zur Konsequenz, dass beispielsweise Wiedergaben, die sich über mehrere Turns aufbauende Witze enthalten, als narrativ eingestuft wurden, weil die erste Replik narrativen Charakter hat. Auf diese Weise kann die diskursstrukturierende Funktion der entsprechenden Punchline nicht erfasst werden. Die große Menge zu analysierender Belege führt hier also dazu, dass einige funktionale Aspekte nicht in ihrer ganzen Komplexität erfasst werden können. Beleg (118’) illustriert diese Problematik: Die Wiedergabe besteht hier aus zwei Turns - zunächst entspricht S 1 einem ehemaligen Lehrer des Comedians, mit dem er sich als Schüler offenbar „verbale Schlagabtausche“ geliefert hat. Der zweite Turn inszeniert dann die Antwort der Schülerpersönlichkeit des Comedians auf die Frage des Lehrers, die die dem Verhältnis von Lehrern und Schülern inhärente Hierarchie genau umkehrt: Der Schüler ist bereits länger an der Schule als der Lehrer und wundert sich über den Neuankömmling, der sich ihm nicht einmal vorstellen möchte. Im Rahmen der Funktionsanalyse wurde hier lediglich der erste Turn als narrativ eingestuft, die sekundäre diskursstrukturierende Funktion des zweiten Turns kann jedoch nicht erfasst werden. - (118’) yo repetía tantah veceh= =que yo llegaba en una clase= =y un profesor me ha dicho [0,063] e: tú quién ereh= =y lo he dicho quién ereh tú (COM_and_To_soc_065) In der Auswertung soll das Zusammenspiel der genannten Funktionen mit ganz unterschiedlichen formalen Parametern analysiert werden: Zunächst in‐ teressiert natürlich der textsortenspezifische Charakter der unterschiedlichen Funktionen. Weiterhin werden die ermittelten Funktionen auf Zusammenhänge mit verschiedenen verbalen Merkmalen hin überprüft. Dies betrifft u. a. den Satztyp, die Redekennzeichnung, den Redewiedergabe-Typ und die Gestaltung des Redewiedergabe-Beginns. Eine wichtige Rolle spielen auch mögliche Zu‐ sammenhänge zwischen der Funktion von Redewiedergabe und ihrer prosodi‐ schen Markierung. Darüber hinaus sollen auch mögliche Wechselwirkungen zwischen funktionalen und pragmatischen Aspekten betrachtet werden, insbe‐ sondere, was die beiden Parameter Originaltreue und nonverbale Markierung betrifft. Die Merkmale Faktizität und Sprecheridentität, die im Rahmen der Inhaltsanalyse analysiert wurden, könnten ebenfalls Wechselwirkungen mit 6.6 Funktionale Aspekte 367 funktionalen Aspekten aufweisen. Schließlich soll auch überprüft werden, ob ein gerichteter Zusammenhang zwischen der Funktion von Redewiedergabe und dem Vorliegen einer diasystematischen Markierung besteht. 6.6.2 Auswertung Die Korpusauswertung hat zunächst ergeben, dass sich der sehr grundlegende Charakter der narrativen Funktion in der Frequenz ihres Auftretens widerspie‐ gelt: Abb. 115 zeigt, dass gut die Hälfte der untersuchten Belege narrative Funktion aufweisen. Daneben haben jeweils etwa ein Fünftel der Okkurrenzen entweder illustrative oder evaluative Funktion. Die argumentative Funktion ist am seltensten im Korpus belegt. Abb. 115: Funktionen im Überblick (N= 750) Neben den soeben beschriebenen primären Funktionen wurden auch ggf. vor‐ handene sekundäre Funktionen erfasst. Darunter ist die diskursstrukturierende Funktion mit Abstand am häufigsten belegt. Sie dient einerseits dazu, wie bereits in Beleg (257) illustriert, zu einem neuen Oberthema überzuleiten. Andererseits werden Wiedergaben auch häufig eingesetzt, um beispielsweise die Punchline von Witzen wirkungsvoller zu inszenieren. Diesen Fall illustriert Beleg (263), dessen primäre Funktion als narrativ identifiziert wurde und der unter Einbezie‐ hung der sekundären diskursstrukturierenden Funktion wesentlich adäquater charakterisiert werden kann. - (263) todah lah tardeh de loh treinta y uno de diciembre (.) que tú ehtáh con tuh colegah (-) tomándote una cervecita que luego te dehpideh= =para ir a cenar con tu familia (.) […] 368 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen siempre que te dehpideh de tuh colegah pa ir a cenar a tu casa= =pa verte luego siempre hay uno (que) dice venga [0,603] hasta el año que viene (COM_and_Ro_sob_039) Insgesamt deutlich seltener ist die ebenfalls als Sekundärfunktion eingestufte pragmatische Funktion im Korpus belegt. Hinsichtlich des Auftretens der Funktionen in den drei im Rahmen der Korpusanalyse untersuchten Textsorten sind sehr deutliche Unterschiede zu erwarten. Abb. 116 zeigt, dass tatsächlich jede der drei Textsorten ein spezifi‐ sches funktionales Profil aufweist: Abb. 116: Zusammenhang zwischen Funktion und Textsorte (N= 750) Im Vortragskorpus haben etwa 60 % der Wiedergaben narrativen Charakter, beinahe alle übrigen Okkurrenzen wurden als argumentativ eingestuft. Bei den Wiedergaben mit narrativem Charakter handelt es sich zu einem Großteil um Zitate aus der Primärliteratur, wie beispielsweise in Beleg (264), in dem der Vortragende einen kurzen Auszug aus einer Fabel zitiert: - (264) el camello por ejemplo tiene dos jorobas (.) porque las ganó una tarde jugando una partida de póker (.) en un oasis (.) del desierto de GOBI (VOR_Gonz_135) Wiedergaben mit argumentativer Funktion entsprechen größtenteils Zitaten aus der Sekundärliteratur, so etwa auch in Beleg (265). Der Vortragende ver‐ wendet hier mit „textualidad difusa“ zunächst seine eigene Formulierung, greift jedoch in der unmittelbaren Folge auf die ihm möglicherweise noch treffender erscheinende Wendung „discursividad inestable e híbrida“ zurück, 6.6 Funktionale Aspekte 369 486 Die Quelle sowie der exakte Umfang der Wiedergabe gehen lediglich aus der publi‐ zierten Fassung des Vortrags (vgl. Dorta Sánchez 2012) hervor. die er einer nicht explizit genannten Publikation entnimmt. 486 Indem er sich die Begrifflichkeit des zitierten Autors zu eigen macht, stützt er sich zugleich auch auf dessen fachliche Autorität. - (265) loh poemah no líricoh de diáhporas en su textualidad difusa (-) en su dihcur dihcursividad inehtable e híbrida (VOR_Dor_094) Auch im Predigtkorpus spielen Wiedergaben mit narrativer Funktion eine zentrale Rolle - hierbei handelt es sich zumeist um Zitate aus der Bibel, wie etwa in Beleg (266). - (266) y dioh le dice a ADÁN (--) por cuanto obedecihte (.) la voz de tu mujer (--) y comihte del árbol que te mandé diciendo no vas a comer de él (--) maldita será la tierra (--) por tu causa (PREV_Ge_sud_013) Im Unterschied zu den zuvor angeführten Zitaten aus der Sekundärliteratur, die im Vortragskorpus als argumentativ eingestuft wurden, lassen die Bibelzitate eine solche argumentative Einbindung nicht erkennen und sind damit als illustrativ zu werten. Illustrative Wiedergaben dienen im Predigtkorpus häufig der Exemplifi‐ zierung einer vorangegangenen Aussage. So formuliert der Prediger in Beleg (267) zunächst die - wiederum auf ein voranstehendes Bibelzitat Bezug nehmende - Aussage „¡Qué lindo es prestar! “ und fragt die Gemeindemitglieder, wann sie zuletzt Geld verliehen hätten. Hierauf gibt er die imaginierte Äußerung einer nicht näher spezifizierten, sehr freigiebigen Person wieder, die einem ebenfalls unbestimmt bleibenden Adressaten anbietet, ihm ihr Erspartes zu leihen. - (267) qué lindo eh prehtar (-) y no pedir prehtado (---) cuánto hace que no prehtas? (.) toma toma toma devolvémelo (--) cuando puedas (-) o devolvémelo en tantah cuotah (.) pueh te voy a prehtar porque lo tengo ahí parado el dinero (PREV_Ge_sud_196) Im Unterschied zu den beiden übrigen Textsorten zeichnen sich evaluative Wiedergaben im Predigtkorpus u. a. dadurch aus, dass sie auch positive Bewer‐ 370 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen tungen umfassen. Beleg (268) illustriert eine solche positive Bewertung: Der Prediger imaginiert hier eine Äußerung, die er den Gemeindemitgliedern als positiven Gegenentwurf zu Beschwerden, Flüchen und Jammern über Unzu‐ länglichkeiten des Alltags präsentiert. - (268) cuánto hace que no leh poneh la mano algo y diceh= =yo lo voy a bendecir ehto (PREV_Ge_sud_103) Im Comedy-Korpus ist das vergleichsweise häufige Auftreten illustrativer Wiedergaben besonders auffällig - dieser Unterschied ist auch statistisch höchstsignifikant (p= 0,000). Beleg (185’) macht die spezifische Funktionsweise illustrativer Redewiedergabe deutlich: Der Comedian exemplifiziert seine Aus‐ sage „no sé robar (y no valgo para que roben otros)“ anhand eines an seine Freunde und Bekannten gerichteten Selbstzitats, in dem er noch einmal explizit vor seiner „krankhaften“ Ehrlichkeit warnt: - (185’) no se si eh un defecto o o o o eh una virtu (.) que eh que (-) que que no: no s no: (.) n: o m robo no sé robar (-) pueh ya que en ehte país uno ya no sabe no sé robar (.) pero no solo no sé robar (.) sino que no valgo pa que roben otroh tampoco (-) […] y: yo siempre digo [0,256] tío si te vah a mangar algo no me lo digah tío (COM_and_Ro_sob_012) Neben der Analyse von textsortenspezifischen Charakteristika verschiedener Redewiedergabe-Funktionen wurde das Korpus auf mögliche Zusammenhänge zwischen verbalen Merkmalen der wiedergegebenen Passage und unterschied‐ lichen Funktionstypen hin überprüft. Dabei ergaben sich interessante Korrela‐ tionen zwischen dem Satztyp der Wiedergabe und deren Funktion, die in Abb. 117 dargestellt sind: 6.6 Funktionale Aspekte 371 Abb. 117: Zusammenhang zwischen Funktion und Satztyp (N= 611) Das Säulendiagramm zeigt, dass bestimmte Satztypen bevorzugt zum Ausdruck bestimmter Funktionstypen gewählt werden. So werden Wiedergaben mit eva‐ luativer Funktion bevorzugt in Exklamativsätzen formuliert, wie beispielsweise die positive Bewertung in Beleg (269). Diese Tendenz ist jedoch statistisch gesehen nicht weiter von Belang. - (269) wow dije yo qué frase (PREV_Lu_amor_142) Wenig überraschend ist die Tatsache, dass sich argumentative Wiedergaben am häufigsten in Aussagesätzen finden. Der Anteil illustrativer Wiedergaben hingegen bleibt durch alle Satztypen mehr oder weniger stabil. Im Hinblick auf die Redekennzeichnung geht aus Abb. 118 hervor, dass sich bestimmte Funktionstypen durch spezifische Einleitungen auszeichnen. Abb. 118: Zusammenhang zwischen Funktion und Redekennzeichnung (N= 748) 372 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Beispielsweise werden argumentative Wiedergaben bevorzugt mit Hilfe von Präpositionalphrasen des Typs según X eingeleitet, so auch im folgenden Beleg, in dem der Vortragende die Feststellung, dass der Gedichtband Diario de un poeta reciencasado sowohl autobiographische Elemente aufweist als auch Gemeinsamkeiten mit einem Tagebuch, durch Verweis auf eine einschlägige Publikation untermauert. - (159’) respecto a diario de un poeta reciencasado (-) estaría emparentado con dos (-) el diario y la autobiografía (.) según PÉREH PRIEGO (VOR_Guz_010) Illustrative Wiedergaben werden hingegen am häufigsten mit Zitatmarkern (vgl. en plan in [270]) oder mit Nominalphrasen (vgl. y yo in Beleg [271]) eingeleitet. - (270) mira claro ya en el ambiente no= =una música de miedo de fondo en plan [0,194] <<gesungen>sueño contigo qué me has dado (.) sin tu cariño no me habría enamorado> (COM_and_Ro_sue_052) - (271) claro y en ese momento como otra cosa que soy muy pudoroso (.) me (eh)tá observando to(do el) mundo= =y yo qué hago qué hago qué hago (COM_and_Ro_sob_006) Schließlich werden evaluative Wiedergaben bevorzugt mit verba bzw. nomina cogitandi (vgl. pensamiento in [272]) oder ebenfalls mit Nominalphrasen (vgl. el jubilado in [273]) eingeleitet. - (272) siempre que (-) la iglesia ve a alguien que prohpera (-) el primer pensamiento es hizo un pacto con el diablo (PREV_Ge_sud_063) - (273) el jubilado allí sentao= =qué gilipollah se ha olvidao loh perroh (COM_and_Ro_sob_004) Dass verschiedene Funktionstypen sich mit unterschiedlichen Typen von Re‐ dewiedergabe verbinden, zeigt die Übersicht in Abb. 119. Während zwischen direkter und freier direkter Rede keine nennenswerten Unterschiede erkennbar 6.6 Funktionale Aspekte 373 sind, zeichnen sich Wiedergaben in indirekter Rede insbesondere durch das komplette Fehlen illustrativer Wiedergaben aus. Abb. 119: Zusammenhang zwischen Funktion und Redewiedergabe-Typ (N= 720) Hinsichtlich der verbalen Markierung des Beginns von Redewiedergabe zeigen sich ebenfalls beträchtliche Divergenzen zwischen den einzelnen Funktions‐ typen (vgl. Abb. 120). Abb. 120: Zusammenhang zwischen Funktion und Gestaltung des Redewiedergabe-Be‐ ginns (N= 750) Argumentative Wiedergaben weisen fast nie zusätzliche verbale Markierungen auf. Dagegen sind knapp die Hälfte der evaluativen Wiedergaben sowie über ein Drittel der illustrativen Wiedergaben mit Hilfe eines Diskursmarkers oder einer Interjektion markiert. So wird beispielsweise die evaluative Wiedergabe in Beleg (274), in dem der Prediger die passive negative Lebenseinstellung zahlreicher Angestellter kritisiert, mit der Interjektion ay eingeleitet. 374 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen (274) se levantan y dicen= =ay voy a trabajar otra veh ehpero que no me griten hoy (--) ojalá me dejen salir temprano (PREV_Ge_sud_146) Wechselwirkungen zwischen funktionalem Profil und prosodischer Markierung von Redewiedergabe könnten darin bestehen, dass argumentative Wiedergaben vergleichsweise schwach markiert sind, während evaluative und illustrative Wiedergaben tendenziell stärkere prosodische Markierungen aufweisen. In Bezug auf das Vorliegen einer Pause zu Beginn der wiedergegebenen Passage lässt sich diese Tendenz jedoch nicht bestätigen. Dagegen zeigt sich hinsichtlich des Vorliegens einer lokalen Tonhöhenbewegung zu Beginn der Wiedergabe genau die erwartete Tendenz: Aus Abb. 121 wird deutlich, dass argumenta‐ tive Wiedergaben insgesamt am seltensten eine Veränderung der Tonhöhe aufweisen. Abb. 121: Zusammenhang zwischen Funktion und Vorliegen einer lokalen Tonhöhen‐ bewegung (N= 680) Während sich zwischen den übrigen drei Funktionen keine größeren Unter‐ schiede erkennen lassen, zeichnen sich argumentative Wiedergaben darüber hinaus dadurch aus, dass sie deutlich häufiger eine Tonhöhenbewegung nach unten aufweisen. Da dieses Muster weder auf einen einzelnen Sprecher noch auf eine bestimmte Textsorte beschränkt ist, liegt die Vermutung nahe, dass auf diese Weise die Autorität der Sprechinstanz, die der wiedergebende Sprecher zu Wort kommen lässt, unterstrichen werden soll. In Beleg (275) zeigt sich dabei besonders deutlich, dass die prosodische Markierung keinesfalls idiosynkrati‐ schen Charakter hat, da der männliche Vortragende hier aus der Publikation einer weiblichen Kollegin zitiert. 6.6 Funktionale Aspekte 375 (275) e incluso como apunta FRANCISCA NOGUEROL JIMÉNEZ (.) asistimos a una (.) significativa revitalización del género (.) en el último medio siglo de la narrativa hispana (VOR_Gonz_003) Die absteigende Tonhöhenbewegung im Umfang von 5,2 HT zwischen „ji‐ ménez“ und „asistimos“ wird aus dem zugehörigen Prosogram (Abb. 122) klar ersichtlich: Abb. 122: Prosogram des Korpusbelegs VOR_Gonz_003 In Bezug auf Veränderungen im Bereich des pitch span lassen sich lediglich kleinere Unterschiede zwischen den vier Funktionstypen nachweisen, die je‐ doch mit der oben skizzierten Tendenz übereinstimmen: Insgesamt weisen argumentative Wiedergaben etwas seltener Veränderungen des pitch span auf als beispielsweise evaluative Wiedergaben. Auch hinsichtlich der Wechselwirkung zwischen Funktionstyp und dem Vorliegen eines Registerwechsels zwischen Redekennzeichnung und -wieder‐ gabe lässt sich die vermutete Tendenz im Korpus bestätigen: Wie aus Abb. 123 hervorgeht, weisen gut 80 % der argumentativen Wiedergaben keinen Registerwechsel auf, während dies bei knapp der Hälfte der illustrativen und evaluativen Wiedergaben der Fall ist. 376 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Abb. 123: Zusammenhang zwischen Funktion und Registerwechsel (N= 650) Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch für den prosodischen Parameter der Stimmqualität: Aus Abb. 124 geht hervor, dass argumentative und narrative Wiedergaben nie oder nur äußerst selten eine Veränderung der Stimmqualität aufweisen, während dies immerhin bei gut einem Drittel aller evaluativen und illustrativen Wiedergaben der Fall ist. Abb. 124: Zusammenhang zwischen Funktion und Veränderung der Stimmqualität (N= 746) Welche Wechselwirkungen ergeben sich zwischen funktionalen und pragmati‐ schen Aspekten? Abb. 125 zeigt hier sehr deutliche Tendenzen: Während in evaluativen und illustrativen Wiedergaben fast ausschließlich Äußerungen im Wortlaut bzw. in bereinigtem Wortlaut dargestellt werden und damit insgesamt eine sehr hohe Originaltreue simulieren, weisen narrative und argumentative Wiedergaben diesbezüglich eine größere Bandbreite auf. So enthalten beide einerseits einen nicht unerheblichen Anteil vorgelesener und dementsprechend 6.6 Funktionale Aspekte 377 stark „originalgetreuer“ Wiedergaben. Andererseits findet sich darunter auch ein gewisser Prozentsatz von Belegen, in denen lediglich der Äußerungsinhalt wiedergegeben wird. Abb. 125: Zusammenhang zwischen Funktion und Originaltreue (N= 614) In Bezug auf mögliche Wechselwirkungen zwischen Funktionstyp und nonver‐ baler Markierung liegt die Vermutung nahe, dass analog zur prosodischen Mar‐ kierung auch auf nonverbaler Ebene Wiedergaben mit argumentativer Funktion eher sparsam markiert sind, während evaluative und illustrative Wiedergaben möglicherweise stärkere nonverbale Markierungen aufweisen. Abb. 126 zeigt, dass sich die vermutete Tendenz tatsächlich im Korpus nachweisen lässt: Sowohl evaluative als auch illustrative Wiedergaben zeichnen sich durch einen sehr hohen Anteil an eigenlinigen nonverbalen Markierungen aus, während beispielsweise argumentative Wiedergaben vergleichsweise häufig keinerlei nonverbale Markierung aufweisen. Abb. 126: Zusammenhang zwischen Funktion und nonverbaler Markierung (N= 709) 378 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Auch mögliche Korrelationen zwischen Funktionstypen und verschiedenen inhaltlichen Aspekten waren Gegenstand der Korpusanalyse. Im Hinblick auf die Wechselwirkung zwischen Funktionstyp und Faktizität der einzelnen Wiedergaben ergibt sich aus Abb. 127, dass ein Großteil der evaluativen und illustrativen Wiedergaben nicht-faktischen Charakter hat, während sich das Verhältnis für narrative und argumentative Wiedergaben genau umgekehrt darstellt. Abb. 127: Zusammenhang zwischen Funktion und Faktizität (N= 747) Zwischen Funktionstyp der einzelnen Wiedergaben und der Identität des wiedergegebenen Sprechers besteht offensichtlich kein gerichteter Zusammen‐ hang: Der Anteil an Selbstzitaten ist im Vergleich zu den Fremdzitaten für alle Funktionstypen sehr gering und fällt bei argumentativen Wiedergaben besonders niedrig aus. Schließlich ließe sich im Hinblick auf mögliche Wechselwirkungen zwischen Funktionstyp und dem Vorliegen einer diasystematischen Markierung ver‐ muten, dass evaluative und illustrative Wiedergaben eine deutlichere diasyste‐ matische Markierung aufweisen als beispielsweise argumentative Wiedergaben. Die Ergebnisse der Korpusanalyse zeigen jedoch nur unerhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Funktionstypen. 6.7 Zwischenbilanz Nachdem im Rahmen der Korpusuntersuchung zahlreiche Detailfragen unter‐ sucht und geklärt werden konnten, möchten wir nachfolgend die Analyseer‐ gebnisse im Hinblick auf einige eingangs als Desiderata identifizierte Fragestel‐ lungen perspektivieren und zusammenfassen. Zunächst möchten wir uns dabei 6.7 Zwischenbilanz 379 der Frage widmen, inwiefern sich Redewiedergabe tatsächlich von Textsorte zu Textsorte unterscheidet (s. Kap. 6.7.1). Dabei wird aus einem Überblick über die verschiedenen textsortenspezifischen Merkmale ein für jede Textsorte charak‐ teristisches Profil von Redewiedergabe entwickelt. Im Anschluss (s. Kap. 6.7.2) wird es darum gehen, die bestimmten Redewiedergabe-Typen traditionell zuge‐ schriebenen Eigenschaften anhand ihrer Verwendung in authentischen Korpora kritisch zu überprüfen. In Kap. 6.7.3 werden die Ergebnisse zu den bislang nur unzureichend untersuchten Aspekten der prosodischen und nonverbalen Markierung von Redewiedergabe synthetisch dargestellt. Schließlich widmet sich 6.7.4 einigen insbesondere einzelsprachlich relevanten Teilaspekten, u. a. der Frage nach im Spanischen gebräuchlichen Mischformen von Redewieder‐ gabe, nach der Verwendung spezifischer Zitatmarker oder nach der verbalen Markierung des Beginns einer wiedergegebenen Passage. 6.7.1 Wiedergabeprofile Da die Analyse textsortenspezifischer Charakteristika von Redewiedergabe einen der Schwerpunkte der vorliegenden Arbeit bildete, werden wir im Fol‐ genden alle diesbezüglichen Ergebnisse nochmals zusammentragen und zentrale Tendenzen herausfiltern. Einen ersten Überblick über textsortenrelevante Ergebnisse liefert die nachfolgende Tabelle, in der für die unterschiedlichen Analyseebenen der in der jeweiligen Textsorten am häufigsten belegte Wert jeder Variable verzeichnet ist. Unterschiede zwischen den drei Textsorten sind dabei jeweils grau unterlegt, der jeweils abweichende Wert ist mittels Fettdruck hervorgehoben. - Comedy Predigt Vortrag Verbale Ebene Umfang R 1 Einzeläußerung Einzeläußerung Einzeläußerung Satztyp R 1 deklarativ deklarativ deklarativ Redekennzeichnung v. dicendi v. dicendi v. dicendi Position Redekennz. initial initial initial Verknüpfung R 0 / R 1 Autonomie R 1 Autonomie R 1 Autonomie R 1 Redewiedergabe-Typ direkte Rede direkte Rede direkte Rede Beginn Redewiedergabe unmarkiert unmarkiert unmarkiert 380 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Comedy Predigt Vortrag Paraverbale Ebene Pausentyp keine Pause keine Pause keine Pause Lokale Tonhöhenbewegung vorhanden vorhanden vorhanden Pitch span-Veränderung vorhanden vorhanden nicht vorh. Registerwechsel nicht vorh. nicht vorh. nicht vorh. Zitatkontur gerade gerade gerade Finale Dehnung keine keine keine Stimmqualität unmarkiert unmarkiert unmarkiert Pragmatische Ebene Originaltreue ber. Wortlaut ber. Wortlaut Wort‐ laut_vorg. Spontaneität frei frei vorgelesen Nonverbale Markierung eigenlinig neutral neutral Inhaltliche Ebene Faktizität nicht-faktisch nicht-faktisch faktisch Identität S 1 Fremdzitat Fremdzitat Fremdzitat Diasystematische Markie‐ rung unmarkiert unmarkiert -- Funktionale Ebene narrativ narrativ narrativ Tab. 5: häufigste Variable je Textsorte Bereits auf den ersten Blick wird ersichtlich, dass die hier erfassten Unter‐ schiede zwischen den drei Textsorten wesentlich weniger zahlreich sind als erwartet. Sie betreffen lediglich in einem Punkt die paraverbale Ebene - Redewiedergabe wird in den Textsorten Comedy und Predigt mehrheitlich über eine Veränderung des pitch spans zwischen einleitender und wieder‐ gegebener Passage markiert, in Vorträgen findet sich diese Veränderung wesentlich seltener. Zwei Unterschiede auf der pragmatischen Ebene, die die miteinander zusammenhängenden Parameter Originaltreue und Spontaneität betreffen, sind weniger symptomatisch für die tatsächliche Ausgestaltung von Redewiedergabe, sondern erwachsen vielmehr aus den für die jeweilige 6.7 Zwischenbilanz 381 Textsorte typischen Kommunikationsbedingungen: Da die im Korpus vertre‐ tenen wissenschaftlichen Vorträge insgesamt vorgelesen wurden, ist es nicht weiter verwunderlich, dass eben auch die wiedergegebenen Passagen nicht frei gesprochen wurden. Damit ist jedoch keine substanzielle Aussage über Charakteristika der Redewiedergabe getroffen. Wesentlich aussagekräftiger hingegen ist die Tatsache, dass sich Redewieder‐ gabe in der Stand-up-Comedy hinsichtlich ihrer nonverbalen Markierung von Wiedergaben in Predigten und Vorträgen unterscheidet: Mehrheitlich eigenlinig markierte Passagen stehen hier neutralen Markierungen gegenüber. Schließlich unterscheiden sich die drei Textsorten auch in Bezug auf inhaltliche Aspekte der Redewiedergabe: Während Redewiedergabe in wissenschaftlichen Vorträgen mehrheitlich faktischen Charakter hat, ist sie in der Stand-up-Comedy sowie in Predigten mehrheitlich nicht-faktisch. Insgesamt überwiegen hier also Konvergenzen zwischen den verschiedenen Wiedergabeprofilen: Redewiedergabe erfolgt in allen drei untersuchten Text‐ sorten mehrheitlich in Form einer syntaktisch autonomen, durch ein initial positioniertes verbum dicendi mit gerader Zitatkontur eingeleiteten Einzeläuße‐ rung in direkter Rede. Ihr geht keine Pause voraus und sie weist weder Regis‐ terwechsel, veränderte Stimmqualität noch eine finale Dehnung auf, jedoch ist sie über eine lokale Tonhöhenbewegung markiert. In allen drei Textsorten hat die Wiedergabe typischerweise narrative Funktion und der Sprecher greift auf Aussagen von Dritten zurück. Das sich aus diesem ersten Überblick ergebende Profil von Redewiedergabe ist möglicherweise auch deshalb nicht besonders aussagekräftig, weil die allei‐ nige Berücksichtigung der häufigsten Variablen pro Kategorie kein hinreichend differenziertes Bild entstehen lässt. Deshalb möchten wir in einem zweiten Schritt die unterschiedlichen Alleinstellungsmerkmale jeder Textsorte erfassen. Die nachfolgende Tabelle zeigt dementsprechend alle Werte der untersuchten Variablen, die jeweils nur für eine bzw. zwei Textsorten belegt sind. Daneben werden auch Abweichungen in der Häufigkeit bestimmter Werte erfasst, die jeweils eine bestimmte Textsorte betreffen. 382 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Comedy Predigt Vortrag Verbale Ebene Umfang R 1 -Einschub >Dialog*** >Anzahl Turns -Einschub -Dialog*** +Einschub Satztyp R 1 - >imperativ -exklamativ Redekennzeichnung -mehrere >Zitatmarker -PP, -NP -mehrere - Position Redekennzeichnung -Einschub - - Verknüpfung R 0 / R 1 - - >Integration Redewiedergabe-Typ - - -Hybrid, >PP Beginn Redewiedergabe >verbale Mar‐ kier. - -mehrf. markiert <verb. Markier. Paraverbale Ebene Pausentyp >Makro‐ pausen* - - Lokale Tonhöhenbewegung >Bewegung - - Pitch span-Veränderung - - <Verände‐ rung*** Registerwechsel - - <Registerw.** Zitatkontur - >tief fal‐ lend* >keine Kontur*** Finale Dehnung >finale Deh‐ nung** - - Stimmqualität >Verände‐ rung*** - - Pragmatische Ebene Originaltreue -Wortlaut_vorg. - >mixed quotation Spontaneität -vorgelesen - - Nonverbale Markierung >eigenlinige Mark. <keine Mar‐ kier. - 6.7 Zwischenbilanz 383 487 Predigt- und Vortragskorpus weisen dahingehend Alleinstellungsmerkmale auf, dass bestimmte Unterkategorien jeweils nicht belegt sind: Im Predigtkorpus findet sich kein Beleg für die Unterkategorie nicht-faktisch: nicht sprechfähig. Im Vortragskorpus sind die Unterkategorien nicht-faktisch: negiert, nicht-faktisch: hypothetisch, nicht-faktisch: futu‐ risch, nicht-faktisch: nur gedacht sowie nicht-faktisch: nicht sprechfähig nicht belegt. 488 Angeführt sind nur für eine Textsorte belegte („+“) bzw. nicht belegte („-“) Werte, häufi‐ gere („>“) bzw. seltenere („<“) Werte sowie statistisch signifikante („*“), hochsignifikante („**“) bzw. höchstsignifikante („***“) Häufigkeitsunterschiede. Statistisch signifikante Unterschiede sind durch Fettdruck hervorgehoben. Comedy Predigt Vortrag Inhaltliche Ebene Faktizität - - 487 - Identität S 1 - - <Selbstzitat Diasystematische Markie‐ rung - -diastratisch -mehrfach - Funktionale Ebene >illustrativ*** - >argumentativ Tab. 6: Alleinstellungsmerkmale der einzelnen Textsorten 488 Aus dieser alternativen Überblicksdarstellung ergibt sich ein wesentlich diffe‐ renzierteres Bild. Global betrachtet ist zunächst auffällig, dass die Textsorte Predigt vergleichsweise wenige Alleinstellungsmerkmale aufweist. Weiterhin unterscheiden sich die Textsorten beispielsweise hinsichtlich der Gestaltung von Redewiedergabe auf der verbalen Ebene: In der Comedy erscheint Redewie‐ dergabe häufiger in Dialogform, während Einschübe ausschließlich in Vorträgen realisiert werden. Die Formen der Redekennzeichnung weisen in der Comedy insgesamt eine größere Bandbreite auf. Die Redekennzeichnung erfolgt häufiger über Zitatmarker, während sie sich in der Predigt sehr stereotyp gestaltet. Schließlich ist der Beginn der wiedergegebenen Passage in der Comedy sehr viel häufiger verbal (z. B. über Diskursmarker oder Interjektionen) markiert als in Vorträgen. In Bezug auf die paraverbale Ebene besteht die generelle Tendenz, dass Redewiedergabe in der Comedy nicht nur häufiger, sondern auch deutlicher prosodisch markiert ist als in Vorträgen. Redewiedergabe in Predigten nimmt diesbezüglich eine Mittelstellung ein, die jedoch in Richtung des Markiertheitspols verschoben ist. Hinsichtlich der pragmatischen, inhaltlichen und diasystematischen Ebene bringt die veränderte Schwerpunktsetzung keine neuen Erkenntnisse. Jedoch 384 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen zeigt sich für die funktionale Ebene eine deutliche Präferenz für illustrative Wiedergaben in der Comedy und für argumentative Wiedergaben in Vorträgen. Abschließend möchten wir die drei Wiedergabeprofile jeweils anhand eines prototypischen Beispiels aus jeder Textsorte illustrieren, das möglichst viele der genannten Tendenzen in sich vereint. Viele für die Textsorte Comedy typische Aspekte von Redewiedergabe zeigt der Beleg (184): Die Wiedergabe hat dialogischen Charakter, es handelt sich um syntaktisch autonome direkte Rede, die mit Hilfe eines Zitatmarkers gekennzeichnet wird. Auf prosodischer Ebene zeichnet sie sich durch eine vorausgehende Pause, eine lokale Tonhöhenbewe‐ gung nach oben sowie durch eine veränderte Stimmqualität aus. Die Wiedergabe hat illustrative Funktion und wird von einer eigenlinigen nonverbalen Markie‐ rung begleitet. - (189) mi abuela tiene un idioma de señora no (.) o sea no es ni español ni inglés (--) es algo así como [0,393] qué pasó (.) mary-carmen cómo estás bien bendito dios aquí estamos […] y la otra amiga dice (-) bendito dios (COM_mex_So_gri_047) Ein für die Textsorte Predigt prototypisches Beispiel zeigt der Beleg (276), in dem der Prediger ein Bibelzitat vorträgt. Der imperative Satztyp wird mit Hilfe eines verbum dicendi eingeleitet, das sich durch eine tief fallende Zitatkontur auszeichnet. Die Wiedergabe wird vorgelesen und von einer nonverbalen Markierung begleitet. - (276) juan capítulo quince verso doce dice (-) este es mi mandamiento (.) que os améis unos a otros como yo os he (.) amado (PREV_Lu_amor_143) Besonders charakteristisch für die Textsorte Vortrag ist die Wiedergabe in Beleg (277): Der syntaktisch integrierte Einschub weist auf prosodischer Ebene keine besondere Markierung auf (der pitch span bleibt unverändert, es erfolgt kein Registerwechsel und eine spezifische Zitatkontur ist nicht feststellbar), wird vorgelesen und hat argumentative Funktion. - (277) por otro lado me interesa arriehgar aquí tentativamente= =una lectura de la determinación enunciativa= =cito a CASAS (VOR_Dor_014) 6.7 Zwischenbilanz 385 489 Die Tatsache, dass freie direkte Rede keine Redekennzeichnung aufweist, stellt bekannt‐ lich das zentrale Definitionskriterium dieses Redewiedergabe-Typs dar und bildete die Grundlage für die Einstufung der Korpusbelege. Angesichts dieser Zirkularität ist diese Variable ohne Aussagekraft und soll deshalb hier nicht näher berücksichtigt werden. Vergleichbares gilt für die beiden nachfolgenden Variablen Position Redekennzeichnung und Verknüpfung R 0 / R 1 . 6.7.2 Direkte Rede, freie direkte Rede und indirekte Rede im Spiegel authentischer Korpora Als weiteres Desideratum hatten wir eingangs die Durchführung einer Kor‐ pusstudie identifiziert, die am Beispiel des gesprochenen Spanisch die Gestal‐ tung unterschiedlicher Typen von Redewiedergabe in authentischen Korpora analysiert. Mit Hilfe der beiden nachfolgenden Tabellen möchten wir die Analyseergebnisse abschließend auch mit den in Voruntersuchungen als typisch angeführten Eigenschaften (freier) direkter und indirekter Rede (s. Kap. 3.1) kontrastieren. - direkte Rede (DR) freie direkte Rede (FDR) indirekte Rede (IR) Verbale Ebene Umfang R 1 Einzeläußerung Einzeläußerung Einzeläußerung Satztyp R 1 deklarativ deklarativ deklarativ Redekennzeichnung v/ n dicendi (keine) 489 v/ n dicendi Position Redekennzeichnung initial (k.A.) initial Verknüpfung R 0 / R 1 (Autonomie) (Autonomie) (Subordination) Beginn Redewiedergabe ohne ohne ohne Paraverbale Ebene Pausentyp keine Pause keine Pause keine Pause Lokale Tonhöhenbewegung Sprung n. oben Sprung n. oben Sprung n. unten Pitch span-Veränderung span gleich span gleich span RW größer Registerwechsel kein Wechsel kein Wechsel kein Wechsel Zitatkontur gerade gerade gerade 386 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen direkte Rede (DR) freie direkte Rede (FDR) indirekte Rede (IR) Finale Dehnung ja ja ja Stimmqualität keine Veränder. keine Veränder. keine Veränder. Pragmatische Ebene Originaltreue ber. Wortlaut ber. Wortlaut Äußerungsin‐ halt Spontaneität frei frei frei Nonverbale Markierung neutral neutral neutral Inhaltliche Ebene Faktizität faktisch faktisch faktisch Identität S 1 Fremdzitat Fremdzitat Fremdzitat Diasystematische Markie‐ rung unmarkiert markiert unmarkiert Funktionale Ebene narrativ narrativ narrativ Tab. 7: häufigste Variable je Redewiedergabe-Typ Betrachtet man lediglich die häufigsten Werte für jeden Redewiedergabe-Typ (s. Tab. 7), so ergeben sich für die verbale Ebene keine entscheidenden Erkennt‐ nisse. Die hier zu Tage tretenden Charakteristika (keine Redekennzeichnung bei freier direkter Rede, syntaktische Subordination der wiedergegebenen Passage in indirekter Rede) stellen vielmehr Definitionskriterien der einzelnen Typen dar. Die in Tab. 8 angeführten Alleinstellungsmerkmale zeigen für die verbale Ebene ebenfalls kaum aussagekräftige Tendenzen, die sich als besonders typisch für Redewiedergabe in gesprochener Sprache identifizieren ließen. Auffällig ist hier allenfalls, dass für direkte Rede eine größere Variationsbreite redekenn‐ zeichnender Verben belegt ist als für indirekte Rede - dies ist insbesondere vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass in mündlich realisierter Sprache eigentlich eine stereotypere Gestaltung der Kommunikationsverben erwartbar war (s. Kap. 3.1.1.1). 6.7 Zwischenbilanz 387 direkte Rede (DR) freie direkte Rede (FDR) indirekte Rede (IR) Verbale Ebene Umfang R 1 >Dialog >Dialog -Dialog Satztyp R 1 - >imperativ** -interrogativ, >deklarativ Redekennzeichnung >Zitatmarker, >weitere Verben (-) -keine RK, -PP, -NP, -Zitatm. Position Redekennzeichnung +Einschub (-) -Einschub Verknüpfung R 0 / R 1 - >Integration (-Autonomie) Beginn Redewiedergabe - - -INT, -mehr‐ fach, >ohne Paraverbale Ebene Pausentyp - >Makropause >keine Pause Lokale Tonhöhenbewegung - - >Sprung nach unten*** Pitch span-Veränderung - - >span RW gr. Registerwechsel - - >kein Wechsel, <RW höh. Reg. Zitatkontur - >keine >steigend Finale Dehnung - - >ja Stimmqualität - - -Veränderung Pragmatische Ebene Originaltreue - - >Äußerung‐ sinh. Spontaneität - >vorgelesen >frei Nonverbale Markierung >eigenlinig >eigenlinig >neutral Inhaltliche Ebene Faktizität - - >faktisch* Identität S 1 - - - 388 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 490 Angeführt sind nur für einen Wiedergabetyp belegte („+“) bzw. nicht belegte („-“) Werte, häufigere („>“) bzw. seltenere („<“) Werte. Statistisch signifikante („*“), hochsignifikante („**“) bzw. höchstsignifikante („***“) Häufigkeitsunterschiede sind über Fettdruck her‐ vorgehoben. direkte Rede (DR) freie direkte Rede (FDR) indirekte Rede (IR) Diasystematische Markie‐ rung - >markiert -markiert Funktionale Ebene >illustrativ, >evaluativ >illustrativ, >evaluativ >argumentativ Tab. 8: Alleinstellungsmerkmale der einzelnen Wiedergabetypen 490 Da die prosodische Gestaltung der verschiedenen Wiedergabe-Typen bislang nicht systematisch untersucht wurde, sind die Analyseergebnisse für die pa‐ raverbale Ebene wesentlich gewichtiger. Hier zeigt die Betrachtung der häu‐ figsten Variablen (s. Tab. 7) zunächst zwei unerwartete Unterschiede in der prosodischen Realisierung zwischen direkter und freier direkter Rede einerseits und indirekter Rede andererseits: Während sich die beiden direkten Varianten mehrheitlich durch eine lokale Tonhöhenbewegung nach oben auszeichnen, werden Passagen indirekter Rede im Korpus mehrheitlich über eine Tonhöhen‐ bewegung nach unten markiert. Darüber hinaus weisen letztere typischerweise einen erweiterten pitch span auf. Der Blick auf die Alleinstellungsmerkmale zeigt weiterhin, dass sich indirekte Rede keineswegs systematisch durch das Fehlen prosodischer Markierung auszeichnet: Zwar ist hier die Markierung über vorausgehende Pausen, Regis‐ terwechsel oder Veränderungen der Stimmqualität deutlich seltener, jedoch sind Merkmale wie finale Dehnungen und Veränderungen des pitch spans häufiger belegt als in den beiden freien Varianten. Hinsichtlich der pragmatischen Ebene bestätigt sich zunächst die Beobach‐ tung (s. Kap. 3.1.1.2), dass indirekte Rede i. d. R. den Inhalt einer vorangegan‐ genen Äußerung wiedergibt, während bei den beiden direkten Varianten der Wortlaut der Originaläußerung im Vordergrund steht. Jedoch lässt sich für freie indirekte Rede keine im Vergleich zu direkter Rede stärkere Präsenz von Performanzerscheinungen feststellen, die sich beispielsweise in einer größeren Auftretenshäufigkeit von Diskurs- und Modalitätsmarkern äußern würde. Die in der Literatur häufig angeführte höhere Frequenz idiolektaler Merkmale (s. Kap. 3.1.1.3) spiegelt sich im untersuchten Korpus jedoch in einer deutlicheren diasystematischen Markierung. Die bislang kaum untersuchte nonverbale Mar‐ 6.7 Zwischenbilanz 389 491 Dieser Anteil bleibt im Übrigen auch dann unverändert, wenn ausschließlich Okkur‐ renzen direkter Rede berücksichtigt werden. kierung erweist sich bei indirekter Rede als wesentlich schwächer ausgeprägt als für die beiden freien Varianten. Eine in Voruntersuchungen aufgestellte These bezüglich der inhaltlichen Ebene lässt sich für das untersuchte gesprochensprachliche Korpus nicht bestä‐ tigen: Die Beobachtung, freie indirekte Rede beinhalte hauptsächlich Gedanken bzw. Bewusstseinsinhalte (vgl. Brunner 2015, 59) und habe damit vorwiegend nicht-faktischen Charakter, kann im untersuchten Korpus nicht belegt werden - hier sind als faktisch einzustufende Okkurrenzen freier direkter Rede deutlich in der Mehrzahl. Schließlich zeigen sich bei Berücksichtigung der Alleinstel‐ lungsmerkmale (s. Tab. 8) funktionale Unterschiede zwischen indirekter Rede und den beiden freien Varianten: Bei letzteren sind illustrative und evaluative Verwendungen im Vergleich häufiger belegt, während für indirekte Rede die argumentative Funktion stärker ausgeprägt ist. 6.7.3 Prosodische und nonverbale Markierung im Lichte der Empirie Eingangs haben wir festgestellt, dass die prosodische Markierung von Rede‐ wiedergabe noch nicht hinreichend empirisch untersucht wurde, insbesondere nicht auf der Grundlage authentischer Korpora und mit statistischer Auswer‐ tung der Analyseergebnisse. Vor diesem Hintergrund sind die im Rahmen der Korpusstudie gewonnenen Erkenntnisse von ganz besonderem Interesse. Das übereinstimmend in fast allen Voruntersuchungen genannte Merkmal der Pause, die der wiedergegebenen Passage vorausgeht, hat sich im unter‐ suchten Korpus als deutlich nachrangig erwiesen: Mit knapp 36 % geht nur gut einem Drittel der Korpusbelege überhaupt eine Pause (d. h. eine Unterbrechung von mindestens 2 ms) voraus. 491 Eine wesentlich größere Rolle spielen Veränderungen der Tonhöhe. Dies gilt in besonderem Maße für das Vorliegen einer lokalen Tonhöhenbewegung zu Beginn der wiedergegebenen Passage: Über 71 % der analysierten Belege weisen an dieser Stelle einen Sprung nach oben oder nach unten auf. Bei über der Hälfte der Belege (56 %) liegt weiterhin eine Veränderung des pitch span (als Erweiterung nach oben oder, seltener, nach unten) vor. Der Parameter des Re‐ gisterwechsels hingegen spielt im analysierten Korpus nur eine untergeordnete Rolle, da sich nur 39-% der Belege durch einen solchen Wechsel auszeichnen. Andere prosodische Parameter, die auf ein Phrasenende vor dem Einsetzen der wiedergegebenen Passage hindeuten würden, haben sich als weniger rele‐ 390 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen vant erwiesen. Hierzu gehört einerseits das Vorliegen einer finalen Dehnung und andererseits das Vorhandensein einer spezifischen Zitatkontur. Schließlich sind auch Veränderungen der Stimmqualität nicht als relevant für die prosodi‐ sche Markierung von Redewiedergabe anzusehen, da sie lediglich bei einer geringen Anzahl von Belegen (knapp 17-%) auftreten. Das Fehlen empirischer Untersuchungen zur Markierung authentischer Redewiedergabe betrifft in verstärktem Maße auch die Existenz und die Aus‐ gestaltung nonverbaler Markierungen. Auch hier hat die Korpusstudie wert‐ volle Einsichten ermöglicht, die hauptsächlich das generelle Vorliegen solcher Markierungen betreffen: Das untersuchte Korpus weist kaum Belege (knapp 10 %) ohne jegliche nonverbale Markierung der wiedergegebenen Passagen auf. Die Mehrzahl der Korpusbelege (54 %) zeichnet sich vielmehr durch eine unspezifische (hier als „neutral“ bezeichnete) Markierung aus. Mit 37 % der Okkurrenzen ist nur gut ein Drittel der analysierten Wiedergaben eigenlinig nonverbal markiert. 6.7.4 Se cierra el círculo: (un)geklärte Fragen Auch auf einzelsprachlicher Ebene hat die Korpusstudie zahlreiche für das Spanische bislang ungeklärte Fragen beantwortet. Hierzu gehören einerseits die zur Redekennzeichnung eingesetzten Zitatmarker (s. Kap. 6.7.4.1). Ande‐ rerseits betrifft dies die Untersuchung der verbalen Markierung des Redewie‐ dergabe-Beginns, die für das Spanische bislang vernachlässigt wurde (s. Kap. 6.7.4.2). Darüber hinaus hat die vorliegende Untersuchung auch interessante Erkenntnisse zu nicht-kanonischen Formen der Redewiedergabe im Spanischen zu Tage gefördert (s. Kap. 6.7.4.3). Abschließend (s. Kap. 6.7.4.4) wird es um einige Detailfragen gehen, die im Rahmen der Korpusuntersuchung nicht geklärt werden konnten. - 6.7.4.1 Spanische Zitatmarker Wie in Kap. 3.2.1 bereits festgestellt, stand eine über den Charakter von Fallstudien hinausgehende Untersuchung spanischer Zitatmarker bislang noch aus. Neben der Erfassung und genauen Beschreibung des im Korpus belegten Inventars an redekennzeichnenden Markern (s. Kap. 6.1.3.2) hatten wir als De‐ sideratum insbesondere zwei Aspekte identifiziert, zu denen die durchgeführte Korpusstudie interessante Ergebnisse liefern konnte. Erstens zählte hierzu die Affinität bestimmter Zitatmarker zu spezifischen diasystematischen Markierungen. Hier hat die Korpusstudie deutliche Unter‐ schiede zwischen Sprechern lateinamerikanischer und spanischer Herkunft 6.7 Zwischenbilanz 391 gezeigt: Insgesamt scheinen lateinamerikanische Sprecher häufiger Zitatmarker zu verwenden als aus Spanien stammende Sprecher. Darüber hinaus zeigten sich im Korpus je nach Region unterschiedliche Verwendungstendenzen: Während die spanischen Sprecher insgesamt häufiger en plan verwendeten, wurde así (de/ que) ausschließlich von mexikanischen Sprechern gebraucht. Auch für como zeigte sich ein insgesamt deutlich häufigerer Gebrauch durch mexikanische Sprecher. Diese Tendenzen müssten auf der Grundlage umfangreicherer Kor‐ pora noch einmal überprüft und ggf. spezifiziert werden. Auch ein möglicher Einfluss des englischen Approximations- und Zitatmarkers like müsste in diesem Zusammenhang noch genauer untersucht werden. Zweitens sollte die Spezialisierung von Zitatmarkern auf bestimmte Inhalte geprüft werden. Hintergrund dieser Betrachtung ist u. a. die Überlegung, dass die wörtliche Bedeutung der einzelnen Marker möglicherweise eine Rolle bei deren Verwendung spielen könnte. Dabei müssten sich Unterschiede zwischen Approximationsmarkern wie como oder en plan auf der einen Seite und Deiktika wie así auf der anderen Seite nachweisen lassen. Hier zeigte das Korpus zunächst für así ebenso wie für en plan eine bevorzugte Verwendung im Zusammenhang mit nonverbalen Inhalten. Während o sea und en plan ausschließlich deklarative Wiedergaben einleiten, findet sich im Korpus keine Einschränkung hinsichtlich des Satztyps für como und así, denen gleichermaßen auch imperativische, interrogative oder (dies gilt nur für como) exklamative Wiedergaben folgen. Zitatmarker finden sich im Korpus fast ausschließlich zur Einleitung von Fremdzitaten - der Anteil an Selbstzitaten, die mit Hilfe von Zitatmarkern gekennzeichnet sind, liegt dabei mit 5 % etwas niedriger als im Gesamtkorpus. Im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen dem (nicht-)faktischen Cha‐ rakter der Wiedergaben und der wörtlichen Bedeutung der unterschiedlichen Marker zeigt das Korpus insbesondere eine deutliche Präferenz für como bei der Wiedergabe nicht-faktischer Inhalte. Der Approximationsmarker wird damit bevorzugt zur Einleitung lediglich imaginierter Äußerungen eingesetzt. Im Gegenzug lässt sich jedoch keine gerichtete Beziehung zwischen Deiktika und faktischen Wiedergaben nachweisen. Insgesamt sind also im Korpus keine eindeutigen Affinitäten zwischen Approximationsmarkern bzw. Deiktika und inhaltlichen Aspekten der wieder‐ gegebenen Passage zu erkennen. Insbesondere für die Marker en plan und o sea lassen sich jedoch vor dem Hintergrund der geringen Belegzahlen keine belastbaren Schlussfolgerungen ziehen. 392 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 6.7.4.2 Einsetzen und Ansetzen: Beginn der wiedergegebenen Passage Bislang lag noch keine Untersuchung zur verbalen Markierung des Redewieder‐ gabe-Beginns im Spanischen vor. Im Rahmen der Korpusuntersuchung konnte gezeigt werden (s. Kap. 6.1.7), dass hier mehrheitlich Diskursmarker sowie vereinzelt auch Interjektionen eingesetzt werden. Bei den Diskursmarkern handelt es sich überwiegend um turn-taking-Signale wie pues oder bueno, daneben finden sich auch einige Häsitationsmarker wie beispielsweise mm. Die verwendeten Interjektionen (z. B. ah oder uy) zählen fast ausschließlich zur Gruppe der einsilbigen Interjektionen im engeren Sinne, Lexeminterjektionen wie hostia stellen die Ausnahme dar. Einige Belege sind gleich mehrfach mar‐ kiert, hier sind neben Kombinationen von Diskursmarkern und Interjektionen (beispielsweise ah pues…) auch Verknüpfungen mehrerer Diskursmarker (etwa: pues mira oder pero es que) belegt. Zusätzlich zur Erfassung und Beschreibung der im Korpus belegten verbalen Markierungen stellt sich auch die Frage nach möglichen semantischen Nuancen bzw. Bewertungen, die der wiedergebende Sprecher mit Hilfe der genannten Marker in die Wiedergabe mit einfließen lassen kann. Die für das Französische vorliegenden Analysen unterscheiden beispielsweise zwischen der Interjektion oh als ‚marqueur discordantiel‘ und ah als „kooperativem“ Marker. Die Inter‐ jektionen ermöglichen dem Sprecher also einerseits eine Art Stellungnahme zu inhaltlichen und/ oder ausdrucksseitigen Aspekten der wiedergegebenen Passage, andererseits können sie auch die Einstellung des wiedergegebenen Sprechers zu seiner eigenen Äußerung deutlich machen. Dabei zeigt sich im untersuchten Korpus ebenfalls der bereits für das Französische festgestellte „kooperative“ Charakter der Interjektion ah. Der nachfolgende Beleg (278) illustriert, wie sich diese fingierte Kooperation im Einzelfall gestalten kann: - (278) tonces tú llegas [0,078] ah buenos días qué tal jejejeje (-) ha (-) he (---) y dicen de qué se ríe este tío= =son la nueve de la mañana e (COM_cas_Bu_ent_036) Im Vorfeld dieser Wiedergabe spricht der Comedian über den offenbar regel‐ mäßig in Bewerbungsratgebern angeführten Ratschlag, während eines Vorstel‐ lungsgesprächs ständig zu lächeln bzw. zu lachen. Der Beleg illustriert, wie sich der Comedian einen unaufhörlich lächelnden Bewerber bei der Ankunft zum Gespräch vorstellt: Der Bewerber eröffnet seine Begrüßungssequenz mit der - bei einer formellen Begrüßung unbekannter Gesprächspartner nicht unbedingt erwartbaren - Interjektion ah und signalisiert der Bewerbungskommission damit seine umfassende Kooperationsbereitschaft. 6.7 Zwischenbilanz 393 492 Vgl. die entsprechende Lesart im DRAE (s. v. A Y 1.): „para expresar muchos y muy diversos movimientos del ánimo, y más ordinariamente aflicción o dolor.“ Bei der Verwendung von ay stehen entsprechend der negativen Polarität seiner Grundbedeutung 492 ganz andere semantische Nuancen im Vordergrund. Die Interjektion wird insbesondere in Kontexten verwendet, in denen sich der wiedergebende Sprecher von Form oder Inhalt einer wiedergegebenen Äußerung distanzieren möchte. Aus Beleg (243) geht die negative Bewertung, die durch die Einleitung der Wiedergabe mit ay unterstrichen wird, deutlich hervor: Der Comedian illustriert hier am Beispiel eines Autodiebs, der im Rahmen einer Verkehrskontrolle den Polizeibeamten mit gespielter Naivität begegnet, die Unverfrorenheit, mit der mancher Steuersünder sein Vergehen mit vorgeschobener Unkenntnis der Steuergesetze zu entschuldigen sucht. - (243’) o sea como si te pillan con un coche robao y diceh a la policía [0,308] ay (.) ya me extrañaba a mí que tuviera que abrirlo con un ladrillo ya: (COM_and_Rei_lev_030) Welche semantischen Nuancen mit der Verwendung der übrigen Interjektionen verknüpft sind, konnte auf der Grundlage der zu geringen Belegzahlen im untersuchten Korpus nicht ermittelt werden - auch hier wäre also die Analyse eines größeren Korpus vonnöten. - 6.7.4.3 Wiedergabe jenseits kanonischer Formen Im Hinblick auf nicht-kanonische Formen der Redewiedergabe im Spanischen ergab sich in Kap. 3.1.2 das Desideratum einer eingehenderen Beschreibung un‐ terschiedlicher hybrider Formen von Redewiedergabe in Korpora gesprochener Sprache. Im untersuchten Korpus waren insbesondere zwei Hybridformen - mit allerdings nur sehr geringen Belegzahlen - vertreten: Einerseits Fälle von mit que eingeleiteter direkter Rede (DR), andererseits Fälle indirekter Rede (IR) ohne Subjunktion. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass alle Okkurrenzen der Konstruktion DR + que tatsächlich als mit que citativo (vgl. Kap. 3.2.1) eingeleitete Verwen‐ dungen direkter Rede einzuordnen sind. So geht beispielsweise u. a. aus der prosodischen Realisierung von Beleg (151) (vgl. Abb. 142) hervor, dass que hier keineswegs eine vom verbum dicendi decir abhängige Subjunktion darstellt, sondern vielmehr Teil der syntaktisch autonomen direkten Rede ist: Die mit que beginnende Wiedergabe setzt ein wenig tiefer als das verbum dicendi ein, die folgenden Silben werden auf ähnlicher Höhe realisiert, erst zum Ende der 394 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen Phrase steigt die Tonhöhe dann an, um der gespielten Entrüstung Nachdruck zu verleihen. - (151’) y llegó un colega dice [0] que se va a acabar el mundo= =y yo bueno poh compramoh el paíh tampoco pasa nada (COM_and_Rei_lev_033) Abb. 128: Prosogram des Korpusbelegs COM_and_Rei_lev_033 Anders als Gras (2016, 228) stufen wir damit die mit que citativo eingeleiteten Äußerungen nicht als „discurso indirecto independiente“ ein, sondern plädieren für eine Einordnung als direkte Rede. Hintergrund dieser Interpretation ist die Überlegung, dass eine Rekonstruktion der Äußerung, wie sie in der ursprüngli‐ chen Kommunikationssituation getätigt wurde, ¡se va a acabar el mundo! lauten müsste. In der Wiedergabe in (151) weist diese Äußerung keine der für indirekte Rede typischen Umformungen auf - eine solche könnte etwa in einer Anpassung der consecutio temporum bestehen, nach der die wiedergegebene Äußerung (que) se iba a acabar el mundo lauten müsste. Stattdessen wurde der im Wortlaut übernommenen Äußerung lediglich der Zitatmarker que vorangestellt, um den Wechsel der Äußerungsinstanz zu verdeutlichen. Die zweite Hybridform, die indirekte Rede ohne que, wie sie in Beleg (154) illustriert ist, tritt im Korpus noch seltener auf, weshalb sie hier nicht detaillierter betrachtet werden kann. Vor diesem Hintergrund kann dement‐ sprechend auch nicht beurteilt werden, ob diese Variante der indirekten Rede als „authentischer“ anzusehen ist als die entsprechende Realisierung mit der Subjunktion. Für medial schriftlich realisierte Äußerungen (vgl. Kap. 3.2.1) war dies insbesondere im Zusammenhang mit Äußerungen von als „Autoritäten“ eingestufter Sprechinstanzen von Belang. - (154’) lo que está claro es que al igual= =que los curas e: = =dicen [0] son loh representantes de dios en la tierra (-) las suegras serían loh representantes de: : (COM_cas_Bu_sue_013) 6.7 Zwischenbilanz 395 Die geringen Belegzahlen dieser Hybridformen im untersuchten Korpus unter‐ streichen wiederum sehr eindrücklich, dass Redewiedergabe in gesprochener Sprache in stark stereotypisierter Form stattfindet, die neben den kanonischen Formen (ggf. freier) direkter und indirekter Rede kaum Variation zulässt. - 6.7.4.4 Ungeklärte Fragen Aus mehr oder weniger praktischen Gründen haben wir auf die Analyse bestimmter Aspekte bewusst verzichtet. So sind beispielsweise im Korpus ausschließlich männliche Sprecher vertreten. Dieser Umstand erklärt sich ins‐ besondere aus der Tatsache, dass zumindest für die Textsorte der (evangelikalen) Predigt Videomitschnitte, die spanischsprachige Predigerinnen zeigen, nicht öffentlich zugänglich sind (s. a. Kap. 5.1). Die Betrachtung von Sprecherinnen wäre u. a. deshalb von Interesse, weil diese möglicherweise andere prosodische Muster zur Markierung von Redewiedergabe einsetzen. Weiterhin wurden sog. unquote-Marker (vgl. Golato 2000) wie beispielsweise ¿sabes? oder y tal, die das Ende einer wiedergegebenen Passage kennzeichnen, aus der Analyse ausgespart. Angesichts der nur sehr geringen Belegzahlen schien eine weitergehende Untersuchung dieses für das Spanische noch nicht hinreichend empirisch erforschten Gegenstandes nicht sinnvoll. Eine fundierte Analyse müsste vermutlich auf der Grundlage eines deutlich größeren und wesentlich informelleren Korpus durchgeführt werden. Aus ähnlichen Gründen musste auch auf die Untersuchung der Markierung des Beginns einer wieder‐ gegebenen Passage über Tempus- oder Moduswechsel verzichtet werden 396 6 Korpusanalyse: Redewiedergabe in Monologen 7 Ergebnisse und Perspektiven Die vorliegende Arbeit hat sich umfassend mit dem Forschungsgegenstand Redewiedergabe auseinandergesetzt und ihn unter ganz unterschiedlichen Ge‐ sichtspunkten für die romanistische und insbesondere hispanistische Forschung aufgearbeitet. Nachdem wir im voranstehenden Kapitel (s. Kap. 6.7) bereits die Ergebnisse der empirischen Korpusuntersuchung zusammengefasst haben, möchten wir nachfolgend auf die eingangs formulierten Forschungsfragen zurückkommen und einige weiterführende Perspektiven aufzeigen. Dem ersten Desideratum, nämlich der bislang nur unzureichenden Rezeption unterschiedlicher theoretischer Modelle von Redewiedergabe in der deutsch‐ sprachigen Linguistik, wurde in Form eines umfangreichen Forschungsüber‐ blicks (s. Kap. 2) begegnet. Den Auftakt des Überblicks bildeten Beschrei‐ bungsansätze, die Redewiedergabe als eine Erscheinungsform sprachlicher Reflexivität betrachten. Neben einigen hinlänglich bekannten Ansätzen wie etwa Jakobsons Überlegungen zur metasprachlichen Funktion (s. Kap. 2.3.2.1) oder sprachphilosophischen Betrachtungen autonymer Sprachverwendung (s. Kap. 2.3.2.2) wurde u. a. Jacqueline Authier-Revuz’ in der deutschsprachigen Linguistik weitgehend unbekanntes, in Frankreich jedoch breit rezipiertes äußerungslinguistisches Modell der Représentation du discours autre (s. Kap. 2.3.2.5) vorgestellt. Im Anschluss wurde eine Vorstellung von Michail Bachtins v. a. auf literaturwissenschaftlicher Seite rezipierten Überlegungen zum prin‐ cipe dialogique ergänzt durch Oswald Ducrots zumindest in der deutschen Romanistik z. T. bereits aufgearbeitetes Konzept der Polyphonie (s. Kap. 2.3.3.2), dessen Relevanz für die Betrachtung von Redewiedergabe hier erstmals kritisch dargestellt wurde. Unseres Wissens in der deutschsprachigen Romanistik erst‐ malig rezipiert wurde Eddy Roulets „Genfer Modell“ der Diskursanalyse (s. Kap. 2.3.3.4), dessen terminologische Differenzierungen eine präzise Beschrei‐ bung unterschiedlicher Typen von Redewiedergabe ermöglichen. Auch die anschließend skizzierten praxematischen Überlegungen (s. Kap. 2.3.3.5) wurden außerhalb Frankreichs bislang kaum wahrgenommen. Der zweite inhaltliche Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit betraf Rede‐ wiedergabe als Phänomen gesprochener Sprache. Ziel war die systematische Betrachtung formaler und funktionaler Eigenschaften von medial mündlich realisierter Redewiedergabe. Erstmals sollten dabei auch grundlegende Strate‐ gien der prosodischen und nonverbalen Markierung wiedergegebener Diskurse umfassend beschrieben werden. Im Rahmen der Korpusuntersuchung konnten dabei einerseits verschiedene Eigenschaften von Redewiedergabe identifiziert werden, die deren medial mündlicher Realisierung inhärent sind und die als unabhängig von ihrer nähe- oder distanzsprachlichen Konzeption eingestuft werden müssen. Hierzu zählt erstens die redundantere Markierung von mündlich realisierter Redewiedergabe. Während bei schriftlicher Realisierung lediglich zwei Ebenen der Markierung zur Verfügung stehen, nämlich die verbale und die typogra‐ phische, tritt bei mündlicher Realisierung eine dritte Ebene hinzu: Neben der sprachlichen Ebene wird das Vorliegen von Redewiedergabe sowohl auf prosodischer wie auch auf nonverbaler Ebene markiert. Distanzsprachliche Dis‐ kurse zeichnen sich dabei durch eine sparsamere prosodische und nonverbale Markierung aus, nicht jedoch durch das grundsätzliche Fehlen einer solchen Markierung. Die Korpusuntersuchung konnte in diesem Zusammenhang zeigen, dass verbale, paraverbale und nonverbale Ebene keineswegs als komplementär anzusehen sind, dass also beispielsweise eine deutliche prosodische Markierung nicht etwa die verbale Markierung über ein verbum dicendi verzichtbar macht, sondern dass die vorliegenden Markierungen vielmehr in komplexer Weise interagieren. Offenbar ist es im Rahmen akustischer Sprachwahrnehmung also hilfreicher, wenn eine Äußerung auf mehreren Ebenen als wiedergegeben markiert ist, während für die visuelle Wahrnehmung eine einfache Markierung bereits ausreichend ist, um eine fehlerfreie Identifikation der Äußerungsinstanz sicherzustellen. Zweitens funktioniert die prosodische Markierung grundlegend anders als die typographische: Die prosodische Markierung ist asymmetrisch angelegt, das bedeutet, dass lediglich der linke Rand bzw. der Beginn der Wiedergabe (relativ) systematisch markiert ist, das Ende jedoch häufig unmarkiert bleibt. Diese Asymmetrie ergibt sich unmittelbar aus der medialen Realisierung: Einerseits ist es für Sprecher schwierig oder ggf. im Äußerungskontext unangemessen, eine spezifische prosodische Markierung (beispielsweise eine bestimmte Stimm‐ qualität oder ein von ihrem normalen Sprechregister abweichendes Register) über mehrere Phrasen hinweg „durchzuhalten“. Andererseits ist davon auszu‐ gehen, dass auch Hörer prosodische Kontraste hauptsächlich zwischen zwei adjazenten Phrasen wahrnehmen können und deshalb eine über mehrere Phrasen andauernde prosodische Markierung schnell „aus dem Blick“ geriete. In der Korpusuntersuchung wurde deutlich, dass in wissenschaftlichen Vorträgen dieser Asymmetrie entgegengewirkt wird: Hier werden also medial schriftliche Realisierungen von Redewiedergabe imitiert, indem das Ende wiedergegebener Passagen systematisch über Syntagmen wie fin de cita markiert wird, die 398 7 Ergebnisse und Perspektiven 493 Sogenannte unquote-Marker wie ¿sabes? oder y tal sind funktional durchaus ver‐ gleichbar mit den genannten „verbalen Abführungszeichen“. Sie sind auf nähesprach‐ liche und damit vorzugsweise medial mündlich realisierte Kommunikation beschränkt. Ihr Auftreten ist jedoch so marginal, dass sie an der beschriebenen Asymmetrie nicht grundsätzlich etwas ändern. den Abführungszeichen in der schriftlichen Vorlage des jeweiligen Vortrags entsprechen. 493 Dieser grundlegende Unterschied auf medialer Ebene scheint konzeptionell lediglich indirekt relevant zu sein, nämlich innerhalb bestimmter Diskurstraditionen, in denen der exakte Wortlaut spezifischer Äußerungen und die genaue Zuschreibung von Autorschaft eine zentrale Rolle spielen. Andererseits hat die Korpusuntersuchung auch Charakteristika von Rede‐ wiedergabe zu Tage gebracht, die als spezifisch nähebzw. distanzsprachlich einzuordnen sind. Insgesamt überwiegen die nähesprachlichen Besonderheiten, distanzsprachliche Charakteristika ergeben sich eher ex negativo. Spezifisch nähesprachliche Elemente finden sich zunächst im Bereich der Redekennzeich‐ nung. Hier treten insbesondere Zitatmarker wie como oder en plan ausschließ‐ lich in nähesprachlichen Kontexten auf. Gleiches gilt für Redekennzeichnungen mit Hilfe von Nominalphrasen wie y el otro. Nähesprachliche Redewiedergabe zeichnet sich weiterhin dadurch aus, dass der Beginn der wiedergegebenen Passage auf verbaler Ebene über Diskursmarker wie bueno oder es que bzw. mit Hilfe von Interjektionen wie ¡ah! oder ¡jo(der)! markiert wird. Diese ver‐ bale Markierung ist im Korpus zwar nicht systematisch belegt, tritt jedoch ausschließlich in nähesprachlichen Kontexten auf. Auch bestimmte prosodi‐ sche Markierungen, insbesondere Veränderungen der Stimmqualität, sind auf nähesprachliche Redewiedergabe beschränkt. Schließlich zeichnet sich nähe‐ sprachliche Redewiedergabe aus durch ein wesentlich häufigeres Auftreten eigenliniger nonverbaler Markierungen wie beispielsweise Piktographe oder mimisch ausgedrückte Emotionen und Affekte. Hier besteht jedoch, anders als bei den zuvor genannten Aspekten, lediglich ein gradueller und kein kategorialer Unterschied zu distanzsprachlicher Redewiedergabe, die ebenfalls (wenngleich sehr viel seltener) eigenlinige Markierungen aufweisen kann. Der dritte Schwerpunkt, dem die vorliegende Arbeit gewidmet war, betraf einerseits die Frage nach der Existenz textsortenspezifischer Gestaltungsprin‐ zipien von Redewiedergabe und andererseits die Problematik funktionaler Besonderheiten wiedergegebener Passagen, die sich in den analysierten Text‐ sorten zeigen. Generell hat sich in der Korpusuntersuchung ein klares Profil für Redewiedergabe in Stand-up-Acts und in wissenschaftlichen Vorträgen ergeben. Formale wie funktionale Aspekte von Redewiedergabe in Predigten hingegen haben sich als vergleichsweise unspezifisch herausgestellt. Formal gesehen 7 Ergebnisse und Perspektiven 399 zeichnet sich Redewiedergabe in der Stand-up Comedy insbesondere dadurch aus, dass sie dialogisch konzipiert ist, dass also häufig Äußerungssequenzen zweier oder mehrerer Sprecher wiedergegeben werden. Daneben weisen die wiedergegebenen Passagen eine wesentlich ausgeprägtere Markierung auf prosodischer Ebene auf. Die Wiedergabe ist hier relativ ähnlich zu ihrer Reali‐ sierung in Alltagserzählungen. Ein - noch anzustellender - direkter Vergleich würde jedoch vermutlich zeigen, dass insbesondere die prosodische Markierung in Alltagserzählungen ein wenig schwächer ausfällt und beispielsweise Verän‐ derungen der Stimmqualität seltener auftreten, da ihre stark parodisierende Wirkung in Alltagsgesprächen möglicherweise deplatziert wäre. Redewiedergabe in wissenschaftlichen Vorträgen hingegen zeichnet sich dadurch aus, dass sie nur hier in Form von Einschüben erscheint und dass ihre prosodische Markierung insgesamt deutlich sparsamer ausfällt. Auf funk‐ tionaler Ebene ergeben sich klare Unterschiede insbesondere zwischen Stand-up Comedy und Vorträgen: Während Redewiedergabe in der Stand-up Comedy mehrheitlich illustrative Funktion hat, ist ihre Funktion in wissenschaftlichen Vorträgen hauptsächlich argumentativer Natur. Weiterhin sollten auch einzelsprachliche Charakteristika von Redewieder‐ gabe erarbeitet werden, die speziell das Spanische betreffen. Im Hinblick auf die redeeinleitenden Verben haben sich in der Korpusuntersuchung jedoch keine sprachspezifischen Besonderheiten gezeigt, die Ergebnisse spiegeln eher dis‐ kurstraditionelle Tendenzen wider: Alle drei analysierten Textsorten zeichnen sich durch große Stereotypie hinsichtlich der Redekennzeichnung aus, denn neben decir waren nur wenige weitere verba dicendi bzw. cogitandi belegt. Spezifisch für nähesprachliche Redewiedergabe im Spanischen scheint jedoch die Redekennzeichnung mit Hilfe einer Nominalphrase wie z. B. y el otro zu sein. In anderen Sprachen enthalten vergleichbare Konstruktionen immer auch noch einen Zitatmarker wie etwa dt. (und sie) so, bzw. ein zusätzliches Kopulaverb wie etwa bei engl. and he was like. Sprachspezifisch sind auch die unterschiedlichen Zitatmarker wie beispielsweise como, así (de/ que), o sea oder en plan, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit erstmals ausführlicher beschrieben wurden (s. Kap. 6.1.3.2 bzw. Kap. 6.7.4.1). Schließlich ist auch die prosodische Markierung von Redewiedergabe zumindest potentiell sprachspezifisch. Zwar konnte ein Vergleich mit Markierungen in anderen Sprachen v. a. deshalb nicht angestellt werden, weil ähnlich detaillierte Untersuchungen für andere Sprachen fehlen, doch können unsere Analyseergebnisse als Grundlage für zukünftige sprach‐ vergleichende Untersuchungen dienen. Darüber hinaus bestand ein übergreifendes Erkenntnisinteresse dieser Arbeit darin, einen möglichen Zusammenhang aufzudecken zwischen dem Anteil, der 400 7 Ergebnisse und Perspektiven Rolle und der Ausgestaltung von Redewiedergabe innerhalb einer bestimmten Textsorte und ihrer Positionierung auf dem Nähe-Distanz-Kontinuum. Hier sollte es also um die Frage gehen, ob die Wiedergabe fremder bzw. eigener Rede als „interne Dialogizität“ aufgefasst werden kann, die eine monologisch konzipierte Textsorte auf dem Nähe-Distanz-Kontinuum in Richtung des Pols kommunikativer Nähe verschieben könnte. Hintergrund dieser Überlegungen ist die Tatsache, dass der Parameter „Dialogizität“ im Modell der Nähe- und Distanzsprache von Koch/ Oesterreicher (2011, 7-14) als eine Kommunikations‐ bedingung angeführt wird, die Nähediskurse auszeichnet, während Distanzdis‐ kurse durch Monologizität charakterisiert wären. Wie Koch und Oesterreicher selbst anmerken, ist dabei die Definition von Dialogizität als „Möglichkeit und Häufigkeit einer spontanen Übernahme der Produzentenrolle“ (Koch/ Oes‐ terreicher 2011, 7) deutlich zu eng gefasst. Während sie lediglich anregen, unter „Dialogizität in einem weiteren Sinne“ auch „Phänomene wie ‚Partner‐ zuwendung‘ etc. [zu] subsumier[en], möchten wir vor dem Hintergrund der Korpusuntersuchung diskutieren, ob der Anteil und die textsortenspezifische Gestaltung von Redewiedergabe im Sinne einer „internen Dialogizität“ ebenfalls berücksichtigt werden sollten. Der Anteil, den Redewiedergabe innerhalb einer Textsorte einnimmt, kann in diesem Zusammenhang nicht alleine von Belang sein. So macht beispielsweise ein hoher Anteil indirekter Rede einen distanzsprachlichen konzipierten Text keineswegs nähesprachlicher. Vielmehr bergen nur ganz bestimmte Typen von Redewiedergabe das Potential, Diskurse konzeptionell zu vermündlichen. Hierzu gehören direkte Rede und insbesondere wiedergegebene Passagen, die mehrere Turns verschiedener Sprecher umfassen. Unter diesen Vorausset‐ zungen funktioniert Redewiedergabe wie eine Art Fenster, durch das nähe‐ sprachliche Elemente in einen ansonsten distanzsprachlich(er) geprägten Dis‐ kurs gelangen können. Der mit Redewiedergabe verbundene Wechsel auf eine andere Äußerungsebene, auf der die entsprechende wiedergegebene Passage angesiedelt ist, lässt zugleich die Kommunikationsbedingungen der Originaläu‐ ßerung im „aufnehmenden“ Diskurs anklingen. Damit gelangen beispielsweise dialogische Elemente wie turninitiale Gliederungssignale in eigentlich monolo‐ gisch konzipierte Textsorten. Dass diese Form der konzeptionellen Vermündli‐ chung stilistisch gesehen eine verlebendigende Wirkung hat, die insbesondere im Rahmen von erzählenden Textsorten mit Gewinn eingesetzt wird, hat sich sowohl in den Stand-up-Acts wie auch in den analysierten Predigten gezeigt. Unabhängig von der (nur illustrativen oder auch argumentativen) Funktion von Redewiedergabe machen sich „gute Erzähler“, wie es sowohl erfolgreiche 7 Ergebnisse und Perspektiven 401 Comedians wie auch Prediger in der Regel sind, diese aufmerksamkeitslenkende Strategie gerne und häufig zu Nutze. Last but not least konnten im Rahmen der Korpusuntersuchung mit Stand-up- Acts und evangelikalen Predigten zwei Textsorten erschlossen werden, die bislang nur selten, unter ganz anderen Vorzeichen bzw. noch nie Gegenstand sprachwissenschaftlicher Analysen waren. Bühnenprogramme von Comedians wurden - naheliegenderweise - bislang ausschließlich als humoristische Dar‐ bietungen betrachtet. Das Erkenntnisinteresse richtete sich folglich v. a. auf die Strategien, die zur Humorerzeugung eingesetzt werden. Tatsächlich sind jedoch viele Stand-up Comedians äußerst feinfühlige Sprachbeobachter, die verschie‐ dene sprachliche Ticks und aktuelle (z.-T. diastratisch bzw. diaphasisch niedrig markierte) Wendungen in den Sprachgebrauch ihrer Bühnenpersönlichkeit integrieren und damit dem Publikum sprachlich oft einen „Spiegel vorhalten“. Der ganz bewusste, oft auch plakative bzw. stark übertreibende Einsatz vieler nähesprachlicher Phänomene funktioniert hier also für die Sprachwissenschaft‐ lerin wie eine Art Vergrößerungsglas, das die Analyse besonders ergiebig macht. Evangelikale Predigten wurden unseres Wissens nach noch keiner linguisti‐ schen Analyse unterzogen. Die Originalität dieses Korpus ergibt sich auch hier ganz unmittelbar aus der Persönlichkeit der Prediger: In evangelikalen Kirchen spielt der jeweilige (Haupt-)Prediger eine zentrale Rolle, er fungiert quasi als „Gesicht“ der gesamten Gemeinde. In diese Position gelangen ausschließlich als sehr charismatisch und „mitreißend“ wahrgenommene Prediger, in der Regel ohne klassische (theologische und/ oder rhetorische) Ausbildung, sondern alleine aufgrund ihres - z. T. natürlich schon jahrelang in der Praxis erprobten - rednerischen Talents. Die Betrachtung der in diesen Predigten verfolgten, ganz offensichtlich „massenwirksamen“ rhetorischen Strategien, zu denen eben auch der gekonnte Einsatz von Redewiedergabe zu zählen ist, scheint uns äußerst vielversprechend und sollte Gegenstand weiterer Forschung werden. Abschließend möchten wir im Sinne eines Ausblicks eine Fragestellung skizzieren, die sich aus der eingehenden Analyse der im Korpus vertretenen Textsorten entwickelt hat, auf die jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht näher eingegangen werden konnte. Zwei der im Korpus vertretenen Textsorten - Stand-up-Acts und wissenschaftliche Vorträge - weisen eine Be‐ sonderheit auf, deren nähere Betrachtung äußerst vielversprechend erscheint, jedoch den Rahmen der vorliegenden Arbeit gesprengt hätte, zumal das fragliche Phänomen nur am Rande in Zusammenhang steht mit Redewiedergabe. Die Fragestellung sei daher nur kurz umrissen. Beide Textsorten werden medial mündlich realisiert, jedoch liegt ihnen jeweils eine schriftlich fixierte Vorlage 402 7 Ergebnisse und Perspektiven 494 Während wissenschaftliche Vorträge je nach Disziplin mehr oder weniger systematisch in Sammelbänden oder Kongressakten veröffentlicht werden, liegen Stand-up-Acts insgesamt seltener in publizierter Form vor. Jedoch veröffentlichen einige Comedians regelmäßig Sammlungen ihrer Monologe (vgl. z.-B. Piedrahita 2005). 495 Dass Aspekte wie Typographie, Orthographie, Interpunktion und Layout untrennbar mit dem graphischen Medium verbunden und damit nur bedingt phonisch darstellbar sind (vgl. Esser 2006, 20-22), steht nicht im Widerspruch zu der Feststellung, dass Verlautlichungsprozesse keine grundsätzliche Asymmetrie aufweisen, wie sie für in umgekehrter Richtung verlaufende Transkodierungsprozesse charakteristisch ist. Eine Überführung in den phonischen Code ist dennoch grundsätzlich möglich. zugrunde. 494 Dabei ist das Verhältnis zwischen graphischer und phonischer Version denkbar unterschiedlich: Während die Diskurstradition der ponencia, wie bereits in Kap. 4.2.3.1 dargelegt, als „escrita para ser leída“ (García Negroni 2011, 45) charakterisiert werden kann, soll die Existenz einer graphischen Vorlage im Rahmen des Stand-up-Acts möglichst unbemerkt bleiben - Ruiz Gurillo (2012, 59) spricht in diesem Zusammenhang von einem „texto […] para ser dicho como si no estuviera escrito“. Charakteristisch für beide Textsorten ist damit das Phänomen der Transko‐ dierung im Sinne eines Wechsels vom graphischen ins phonische Medium, die als Verlautlichung (vgl. Koch/ Oesterreicher 2001, 587) bezeichnet werden kann. Transkodierungsprozesse sind bislang noch nicht hinreichend untersucht, ins‐ besondere, was mögliche konzeptionelle Konsequenzen der Überführung in ein anderes Medium betrifft. Eine empirische Analyse müsste dabei u. a. folgende Fragen in den Blick nehmen: Können alle Elemente der graphischen Vorlage auch umkodiert werden? 495 Welche Elemente werden tatsächlich umkodiert und welche möglicherweise nicht? In welcher Hinsicht bleibt die phonisch realisierte Version dadurch evtl. unterspezifiziert und erweist sich als „defizitär“ gegenüber der graphisch realisierten Version? Inwiefern kann andererseits die phonisch realisierte Version auch über die graphisch fixierte Version hinausgehen und zusätzliche Elemente oder Informationen enthalten? Inwieweit in diesem Zusammenhang eine reine Transkodierung vorliegt und wo die Grenze zu ziehen wäre, jenseits derer das Vorliegen einer anderen Diskurstradition (und damit keine Verlautlichung, sondern eine Vermündlichung vorläge, vgl. Koch/ Oesterreicher 2001, 587) anzunehmen ist, muss, genau wie die Beantwortung der oben skizzierten Fragen, an anderer Stelle stattfinden. 7 Ergebnisse und Perspektiven 403 Bibliographie Aikhenvald, Alexandra Y. (2004): Evidentiality. Oxford: Oxford University Press. Aird, Robert (2008): „De coutlée au stand up comique. L’évolution du monologue québécois, de 1900 à nos jours“. Globe: revue internationale d’études québécoises 11 (1): 23-41. Alcina Franch, Juan/ Blecua, José Manuel (1975): Gramática española. Barcelona: Ariel. Althoff, Andrea (2005): Religion im Wandel: Einflüsse von Ethnizität auf die religiöse Ord‐ nung am Beispiel Guatemalas. Halle-Wittenberg: Martin-Luther Universität Halle-Wit‐ tenberg. Alvar, Manuel (2009): „Andaluz“. 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IRn) Freie direkte Rede (FDR) Freie indirekte Rede (FIR) Hybrid: IR ohne que Hybrid: DR mit que Typ según anderer Typ Beginn Redewiedergabe unmarkiert markiert: Diskursmarker_DM markiert: Interjektion_INT mehrfach markiert Kategorien Unterkategorien Werte Paraverbale Ebene Pause keine Mikropause reguläre Pause Makropause pitch span gleichbleibend span RK größer span RW größer 442 Anhang Kategorien Unterkategorien Werte Registerwechsel kein Registerwechsel RW höheres Register RW tieferes Register Zitatkontur fallend tief_fallend steigend hoch_steigend gerade keine Zitatkontur Finale Dehnung vorhanden nicht vorhanden Veränderung der Stimmqua‐ lität vorhanden nicht vorhanden Pragmatische Ebene Originaltreue Illokution Äußerungsinhalt mixed quotation bereinigter Wortlaut Wortlaut Wortlaut_vorgelesen andere Spontaneität freier Vortrag abgelesen nonverbale Markierung keine eigenlinig neutral Inhaltliche Ebene Faktizität faktisch: explizit_identisch faktisch: implizit_identisch A) Analyseraster 443 Kategorien Unterkategorien Werte faktisch: ähnlich nicht-faktisch: negiert nicht-faktisch: hypothetisch nicht-faktisch: futurisch nicht-faktisch: nur gedacht nicht-faktisch: Sprecher unbe‐ stimmt nicht-faktisch: nicht sprechfähig Identität S1 Selbstzitat Fremdzitat unklar/ andere Kategorien Unterkategorien Werte Diasystematische Markierung lautliche Ebene diatopisch diastratisch diaphasisch lexikalische/ morphosyntakti‐ sche Ebene diatopisch diastratisch diaphasisch unmarkiert mehrfach_markiert Funktionale As‐ pekte narrative Funktion evaluative Funktion illustrative Funktion argumentative Funktion 444 Anhang 496 An dieser Stelle muss der Dateipfad eingefügt werden, der auf dem jeweils verwendeten Rechner zum passenden Ordner führt. B) Skript für die Extraktion der Pausendauer in Praat # Eingabeordner angeben inputDirectory$ = „C: \Users\[…]“ 496 # Alle TextGrids aus dem Ordner in Liste schreiben # (*.TextGrid steht für „alle, die mit TextGrid enden“) Create Strings as file list… fileList ‚inputDirectory$‘/ *.TextGrid # Wie viele Dateien sind es? numberOfFiles = Get number of strings # Alle Dateien durchgehen for file to numberOfFiles # Nächstes TextGrid nehmen und öffnen select Strings fileList fileName$ = Get string… ‚file‘ Read from file… ‚inputDirectory$‘/ ‚fileName$‘ # Name der Äußerung abfragen utteranceName$ = selected$ („TextGrid“) # Festlegen, welches TextGrid-tier ausgewertet werden soll tier_nr = 3 # Überschrift und Kopfzeile in das Info-Fenster schreiben writeInfoLine: „Auswertung von“, utteranceName$ appendInfoLine: „“ appendInfoLine: „Nr.“, tab$, „Dauer (in ms)“, tab$, „Label“ appendInfoLine: „“ # Anzahl der Intervalle abfragen noi = Get number of intervals: tier_nr # Die folgende Schleife (for … endfor) springt # von Intervall zu Intervall for zaehler to noi # Startzeitpunkt des aktuelen Intervalls abfragen sp = Get start point: tier_nr, zaehler # Endzeitpunkt des aktuelen Intervalls abfragen B) Skript für die Extraktion der Pausendauer in Praat 445 ep = Get end point: tier_nr, zaehler # Dauer berechnen (ep-sp), in Millisekunden konvertieren # (*1000) und Nachkommastellen entfernen (round) dur = round((ep-sp)*1000) # Label des aktuellen Intervalls abfragen label$ = Get label of interval: tier_nr, zaehler # neue Zeile in das Info-Fenster schreiben appendInfoLine: zaehler, tab$, tab$, dur, tab$, tab$, label$ # Zum nächsten Intervall springen oder Schleife beenden endfor pauseScript: „Nächste Datei laden? “ endfor 446 Anhang Abbildungsverzeichnis Abb. 1: schematische Darstellung von Redewiedergabe, adaptiert nach Authier (1978, 48) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Abb. 2: Wiedergabe direkter Rede als „Fenstertechnik“ (nach Brünner 1991, 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Abb. 3: Funktionale Typologie der Redewiedergabe, adaptiert nach Landvogt (2011, 154-155) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Abb. 4: Matrix semantischer Merkmale der Rededarstellung (Dirscherl/ Pafel 2015, 14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Abb. 5: semantische Taxonomie der Rededarstellung nach Dirscherl/ Pafel (2015, 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Abb. 6: Matrix der Redewiedergabe bei Leech/ Short (1981, 324) . . . 92 Abb. 7: Kontinuum der Redewiedergabe nach Rosier (2008) . . . . . . 92 Abb. 8: Kontinuum der Redewiedergabe nach Günthner (2000b, 20) 94 Abb. 9: Typologie reflexiven Sprachgebrauchs nach Reyes (2002a, 773) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Abb. 10: Grade prosodischer Markierung von Redewiedergabe . . . . 125 Abb. 11: Typen der Redewiedergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Abb. 12: Standbild aus Andreu Buenafuentes Stand-up-Act El ascensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Abb. 13: Adressierungsformen nach Kühn (1995, 106-108) . . . . . . . . 171 Abb. 14: Standbild aus Andreu Buenafuentes Stand-up-Act El ascensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Abb. 15: Standbild aus dem Videomitschnitt der Predigt Cambiando tu nivel de fe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Abb. 16: Screenshot aus Praat mit einem mit Hilfe von EasyAlign generierten TextGrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Abb. 17: Zusammenhang zwischen Umfang der Redewiedergabe und Textsorte (N= 755) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Abb. 18: Zusammenhang zwischen Turnanzahl und Textsorte (N=-121) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Abb. 19: Zusammenhang zwischen Umfang der Redewiedergabe und Registerwechsel (N= 607) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Abb. 20: Zusammenhang zwischen Satztyp und Textsorte (N= 616) 220 Abb. 21: Zusammenhang zwischen Satztyp und pitch span-Veränderung (N=550) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 22: Prosogram des Belegs PREV_Lu_amor_067 . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 23: Zusammenhang zwischen Satztyp und lokaler Tonhöhenveränderung (N= 566) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Abb. 24: Prosogram des Belegs PREV_Ge_Sud_123 . . . . . . . . . . . . . . . 224 Abb. 25: Redekennzeichnungen im Überblick (N= 758) . . . . . . . . . . . 225 Abb. 26: Überblick über die im Korpus belegten Zitatmarker . . . . . . 226 Abb. 27: Zusammenhang zwischen Art der Redekennzeichnung und Textsorte (N= 758) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Abb. 28: Zusammenhang zwischen Redekennzeichnung und Pausentyp (N= 742) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Abb. 29: Zusammenhang zwischen Redekennzeichnung und finaler Dehnung (N= 450) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Abb. 30: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und Textsorte (N= 761) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Abb. 31: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und Pausentyp (N= 742) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Abb. 32: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und lokaler Tonhöhenbewegung zu Beginn der Wiedergabe (N= 691) . 240 Abb. 33: Prosogram des Belegs COM_cas_Bu_ment_051 . . . . . . . . . . 241 Abb. 34: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und Veränderung des pitch span (N= 661) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Abb. 35: Zusammenhang zwischen Verknüpfungstyp und Registerwechsel (N= 661) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Abb. 36: Redewiedergabe-Typen im Überblick (N= 760) . . . . . . . . . . . 244 Abb. 37: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und Satztyp (N= 601) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Abb. 38: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und Pausentyp (N= 703) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Abb. 39: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und lokaler Tonhöhenbewegung zu Beginn der Wiedergabe (N= 663) . 248 Abb. 40: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und Registerwechsel (N= 633) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Abb. 41: Zusammenhang zwischen Redewiedergabe-Typ und Textsorte (N= 742) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Abb. 42: Verbale Markierung des Beginns der Redewiedergabe im Überblick (N= 761) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Abb. 43: Absolute Frequenzen der einzelnen Diskursmarker und Interjektionen (ohne Hapax-Belege) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 448 Abbildungsverzeichnis Abb. 44: Zusammenhang zwischen verbaler Markierung zu Beginn der Redewiedergabe und Satztyp (N= 616) . . . . . . . . . . . . . . 256 Abb. 45: Zusammenhang zwischen verbaler Markierung zu Beginn der Redewiedergabe und Registerwechsel (N= 661) . . . . . . . 257 Abb. 46: Zusammenhang zwischen verbaler Markierung zu Beginn der Redewiedergabe und Textsorte (N= 761) . . . . . . . . . . . . 258 Abb. 47: Zusammenhang zwischen Pausentyp und Textsorte (N=-743) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Abb. 48: Zusammenhang zwischen syntaktischer Struktur und Pausentyp (N= 742) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Abb. 49: Zusammenhang zwischen dem Vorliegen von Redekennzeichnung und Pausentyp (N= 739) . . . . . . . . . . . 269 Abb. 50: Zusammenhang zwischen Textsorte und finaler Dehnung (N= 449) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Abb. 51: Prosodische Analyse des Belegs COM_and_Rei_lev_048 mit Hilfe von Prosogram . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Abb. 52: Prosogram des Korpusbelegs COM_and_Ro_sob_004 . . . . . 277 Abb. 53: Zusammenhang zwischen pitch span-Veränderung und Textsorte (N= 662) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Abb. 54: Prosogram des Korpusbelegs PREV_Ge_pas_108 . . . . . . . . . 280 Abb. 55: Zusammenhang zwischen pitch span-Veränderung und Redewiedergabe-Typ (N= 608) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Abb. 56: Zusammenhang zwischen pitch span-Veränderung und Identität S1 (N= 659) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Abb. 57: Zusammenhang zwischen Veränderung des pitch register und Textsorte (N= 662) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Abb. 58: Prosogram zum Beleg COM_and_To_soc_003 . . . . . . . . . . . . 283 Abb. 59: Zusammenhang zwischen punktueller Tonhöhenveränderung und Textsorte (N= 662) . . . . . . . . . . 285 Abb. 60: Prosogram des Korpusbelegs COM_mex_So_gri_047 . . . . . 286 Abb. 61: F0-Kontur des Korpusbelegs COM_and_Rei_lev_004 . . . . . 287 Abb. 62: F0-Kontur des Belegs COM_and_Ro_sue_006 . . . . . . . . . . . 288 Abb. 63: Zusammenhang zwischen Zitatkontur und Textsorte (N=-572) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Abb. 64: Prosogram des Korpusbelegs PREV_Lu_amor_083 . . . . . . . . 291 Abb. 65: Zusammenhang zwischen Veränderung der Stimmqualität und Textsorte (N= 756) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Abb. 66: Prosogram des Korpusbelegs COM_and_Ro_sue_057 . . . . . 295 Abbildungsverzeichnis 449 Abb. 67: Zusammenhang zwischen Veränderung der Stimmqualität und Redewiedergabe-Typ (N=-701) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Abb. 68: Anzahl der zur prosodischen Markierung von Redewiedergabe eingesetzten Parameter im Vergleich der Textsorten (N= 761) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Abb. 69: Prosogram des Korpusbelegs VOR_Jau_239 . . . . . . . . . . . . . . 299 Abb. 70: Prosogram des Korpusbelegs COM_mex_So_cad_190 . . . . . 300 Abb. 71: Überblick über die Unterkategorien des Parameters Originaltreue (N= 758) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Abb. 72: Zusammenhang zwischen Originaltreue und Textsorte (N=-754) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Abb. 73: Zusammenhang zwischen Originaltreue und Redewiedergabe-Typ (N= 723) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Abb. 74: Zusammenhang zwischen Originaltreue und Pausentyp (N= 737) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Abb. 75: Nonverbale Markierungen im Überblick (N= 720) . . . . . . . . 313 Abb. 76: Nonverbale Markierung des Belegs (210) . . . . . . . . . . . . . . . 314 Abb. 77: Nonverbale Markierung des Belegs (211) . . . . . . . . . . . . . . . 314 Abb. 78: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Textsorte (N= 720) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Abb. 79: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Redewiedergabe-Typ (N= 690) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Abb. 80: Eigenlinige nonverbale Markierung indirekter Rede am Beispiel von Beleg (213) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Abb. 81: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Originaltreue (N= 713) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Abb. 82: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Pausentyp (N= 702) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Abb. 83: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Veränderung der Stimmqualität (N= 716) . . . . . . . . . . . . . . . 318 Abb. 84: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Markierung des Wiedergabe-Beginns (N= 720) . . . . . . . . . . 319 Abb. 85: Nonverbale Markierung des Belegs (214) . . . . . . . . . . . . . . . 320 Abb. 86: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Satztyp (N= 579) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Abb. 87: Zusammenhang zwischen nonverbaler Markierung und Redekennzeichnung (N= 718) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Abb. 88: Nonverbale Markierung des Belegs (215) . . . . . . . . . . . . . . . 322 450 Abbildungsverzeichnis Abb. 89: Redekennzeichnung spontan formulierter Wiedergaben (N= 481) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Abb. 90: Redekennzeichnung vorgelesener Wiedergaben (N= 129) . 325 Abb. 91: Zusammenhang zwischen Spontaneität und Pausentyp (N=-740) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Abb. 92: Zusammenhang zwischen Spontaneität und Registerwechsel (N=-659) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Abb. 93: Zusammenhang zwischen Spontaneität und pitch span (N=-659) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Abb. 94: Zusammenhang zwischen Spontaneität und Veränderung der Stimmqualität (N=-755) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Abb. 95: Faktizität im Überblick (N= 757) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Abb. 96: Zusammenhang zwischen Faktizität und Textsorten (N=-753) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Abb. 97: Zusammenhang zwischen Faktizität und Redewiedergabe-Typ (N=-723) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Abb. 98: Zusammenhang zwischen Faktizität und verbaler Markierung des Wiedergabe-Beginns (N=-753) . . . . . . . . . . 335 Abb. 99: Zusammenhang zwischen Faktizität und Veränderung der Stimmqualität (N= 750) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Abb. 100: Zusammenhang zwischen Faktizität und nonverbaler Markierung (N= 712) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Abb. 101: Zusammenhang zwischen Faktizität und Originaltreue (N=-748) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Abb. 102: Identität S1 - Überblick über alle Kategorien (N= 757) . . . . 342 Abb. 103: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Textsorte im Überblick (N= 757) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Abb. 104: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Textsorte (Details) (N= 757) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Abb. 105: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Pausentyp 347 Abb. 106: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Pausentyp 347 Abb. 107: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und lokaler Tonhöhenbewegung (N= 688) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 Abb. 108: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und Veränderung der Stimmqualität (N= 754) . . . . . . . . . . . . . . . 349 Abb. 109: Zusammenhang zwischen Sprecheridentität und nonverbaler Markierung (N= 717) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 Abb. 110: diasystematische Markierung im Überblick (N= 160) . . . . . 357 Abbildungsverzeichnis 451 Abb. 111: Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und Textsorten (N= 160) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Abb. 112: Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und Redekennzeichnung (N= 154) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 Abb. 113: Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und Pausentyp (N= 160) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Abb. 114: Zusammenhang zwischen diasystematischer Markierung und Veränderung der Stimmqualität (N= 164) . . . . . . . . . . . 362 Abb. 115: Funktionen im Überblick (N= 750) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Abb. 116: Zusammenhang zwischen Funktion und Textsorte (N= 750) 369 Abb. 117: Zusammenhang zwischen Funktion und Satztyp (N= 611) . 372 Abb. 118: Zusammenhang zwischen Funktion und Redekennzeichnung (N= 748) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 Abb. 119: Zusammenhang zwischen Funktion und Redewiedergabe-Typ (N= 720) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Abb. 120: Zusammenhang zwischen Funktion und Gestaltung des Redewiedergabe-Beginns (N= 750) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Abb. 121: Zusammenhang zwischen Funktion und Vorliegen einer lokalen Tonhöhenbewegung (N= 680) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Abb. 122: Prosogram des Korpusbelegs VOR_Gonz_003 . . . . . . . . . . . . 376 Abb. 123: Zusammenhang zwischen Funktion und Registerwechsel (N= 650) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Abb. 124: Zusammenhang zwischen Funktion und Veränderung der Stimmqualität (N= 746) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Abb. 125: Zusammenhang zwischen Funktion und Originaltreue (N= 614) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Abb. 126: Zusammenhang zwischen Funktion und nonverbaler Markierung (N= 709) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Abb. 127: Zusammenhang zwischen Funktion und Faktizität (N= 747) 379 Abb. 128: Prosogram des Korpusbelegs COM_and_Rei_lev_033 . . . . . 395 452 Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Tab. 1: Zusammensetzung und Umfang des Gesamtkorpus . . . . . . . . . 201 Tab. 2: Überblick Okkurrenzzahlen im Gesamtkorpus . . . . . . . . . . . . . 205 Tab. 3: Übersicht Anzahl phonetisch analysierter Okkurrenzen . . . . . 208 Tab. 4: Übersicht über Unterkategorien des Parameters Selbst- und Fremdzitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Tab. 5: häufigste Variable je Textsorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Tab. 6: Alleinstellungsmerkmale der einzelnen Textsorten . . . . . . . . . 383 Tab. 7: häufigste Variable je Redewiedergabe-Typ . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 Tab. 8: Alleinstellungsmerkmale der einzelnen Wiedergabetypen . . . 388 Orbis Romanicus Studia philologica Monacensia Edunt Andreas Dufter et Bernhard Teuber Bisher sind erschienen: Band 1 David Klein Medienphantastik Phantastische Literatur im Zeichen medialer Selbstreflexion bei Jorge Luis Borges und Julio Cortázar 2015, IV, 209 Seiten €[D] 58,- ISBN 978-3-8233-6986-8 Band 2 Benjamin Meisnitzer Das Präsens als Erzähltempus im Roman Eine gedruckte Antwort auf den Film 2016, 306 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8001-6 Band 3 Elisabeth Kruse La recepción creadora de la tradición mística en la lírica de Dámaso Alonso ¿Un poeta metafísico moderno? 2016, 277 Seiten €[D] 58,- ISBN 978-3-8233-6995-0 Band 4 Anna Marcos Nickol El teatro de la guerra Raum, Krieg und Theater bei Juan Benet 2016, 300 Seiten €[D] 69,- ISBN 978-3-8233-8050-4 Band 5 Kurt Hahn Mentaler Gallizismus und transkulturelles Erzählen Fallstudien zu einer französischen Genealogie der hispanoamerikanischen Narrativik im 19. Jahrhundert 2017, 414 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8052-8 Band 6 Martina Bengert Nachtdenken Maurice Blanchots „Thomas l’Obscur“ 2017, 340 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8045-0 Band 7 Johanna Vocht/ David Klein / Gerhard Poppenberg (Hrsg.) (Des)escribir la Modernidad - Die Moderne (z)erschreiben: Neue Blicke auf Juan Carlos Onetti 2019, 233 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8101-3 Band 8 Thomas Scharinger Mehrsprachigkeit im Frankreich der Frühen Neuzeit Zur Präsenz des Italienischen, seinem Einfluss auf das Französische und zur Diskussion um das françois italianizé 2018, 719 Seiten €[D] 138,- ISBN 978-3-8233-8160-0 Band 9 Laura Linzmeier Kontaktinduzierter Lautwandel, Sprachabbau und phonologische Marker im Sassaresischen 2018, 625 Seiten €[D] 108,- ISBN 978-3-8233-8141-9 Band 10 Martina Bengert/ Iris Roebling-Grau (Hrsg.) Santa Teresa Critical Insights, Filiations, Responses 2019, 360 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8246-1 Band 11 Jörg Dünne/ Kurt Hahn/ Lars Schneider (Hrsg.) Lectiones difficiliores - Vom Ethos der Lektüre 2019, 664 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8258-4 Band 12 Christoph Hülsmann Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch 2019, 329 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8301-7 Band 13 Mattia Zangari Tre storie di santità femminile tra parole e immagini Agiografie, memoriali e fabulae depictae fra Due e Trecento 2019, 150 Seiten €[D] 58,- ISBN 978-3-8233-8360-4 Band 14 Manfred Bös Transzendierende Immanenz Die Ontologie der Kunst und das Konzept des Logos poietikos bei dem spanischen Dichter Antonio Gamoneda 2020, 395 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8340-6 Band 15 Johanna Vocht Onettis Santa María(s): Machträumliche Spannungsfelder zwischen biologischer Reproduktion und künstlerischer Produktion 2022, 281 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8425-0 Band 16 Aurelia Merlan (Hrsg.) Romanian in the Context of Migration (noch nicht erschienen) ca. 350 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8467-0 Band 17 Felix Bokelmann Varianzphänomene der Standardaussprache in Argentinien Indizien aus Sprachproduktion und -perzeption 2021, 392 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8490-8 Band 18 Denis Heuring Verdrängen und Erinnern auf dem Theater Bürgerkrieg und Diktatur im spanischen Drama nach 1975 (noch nicht erschienen) ca. 400 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8507-3 Band 19 Veit Lindner Wege, Lichtung, Horizont: Konstellationen des ‚Essayistischen‘ in María Zambranos Claros del bosque und Octavio Paz’ El mono gramático 2021, 314 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8529-5 Band 20 Sebastià Moranta Mas Discursos lingüísticos e identitarios en Mallorca y en la República de Moldavia Una investigación contrastiva de los conflictos entre catalán y español en Mallorca y entre rumano y ruso en Moldavia desde el enfoque del análisis crítico del discurso, la teoría sociolingüística y los estudios culturales (noch nicht erschienen) ca. 320 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8536-3 Band 21 Anke Grutschus Stimmenvielfalt im Monolog Formale und funktionale Aspekte von Redewiedergabe in spanischsprachigen Stand-up-Acts, Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen 2022, 453 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8557-8 Band 22 Daniel Graziadei / Florencia Sannders (Hrsg.) Macedonio Fernández: Nicht jedes Wachen ist das mit den offenen Augen Eine Übersetzung aus dem argentinischen Spanisch mit philologischer und philosophischer Einführung 2022, 197 Seiten €[D] 58,- ISBN 978-3-8233-8555-4 ISBN 978-3-8233-8557-8 Redewiedergabe ist in Form von direkter oder indirekter Rede in unserem Alltag omnipräsent, auch von wissenschaftlicher Seite kann sie als umfassend beschrieben gelten. Die vorliegende Monographie stellt einerseits im deutschsprachigen Raum wenig rezipierte theoretische Modellierungen vor und nimmt andererseits Redewiedergabe speziell als Phänomen gesprochener Sprache in den Blick. Dabei werden prosodische, nonverbale und funktionale Charakteristika auf der Grundlage eines Korpus aus spanischen Stand-up-Acts, evangelikalen Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen herausgearbeitet. Der Fokus auf das Spanische erlaubt es auch, bislang nur unzureichend untersuchte einzelsprachliche Besonderheiten wie die Verwendung von spanischen redekennzeichnenden Verben und Zitatmarkern sowie die Markierung von Redewiedergabe auf prosodischer Ebene zu analysieren. Grutschus Stimmenvielfalt im Monolog Anke Grutschus Stimmenvielfalt im Monolog Formale und funktionale Aspekte von Redewiedergabe in spanischsprachigen Stand-up-Acts, Predigten und wissenschaftlichen Vorträgen