Lade Inhalt...

Morgen-Glantz 31 (2021)

von Rosmarie Zeller (Band-Herausgeber:in)
©2021 Dissertation 492 Seiten
Reihe: Morgen-Glantz, Band 31

Zusammenfassung

Der Band enthält zwei Editionen von Reisebeschreibungen. Der eine betrifft die Reise des jungen Christian August und seines Bruders Johann Ludwig, der andere das in der Forschungsliteratur zu Christian Knorr von Rosenroth immer wieder zitierte lateinische Itinerarium. Beide Berichte werden ausführlich kommentiert.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Vorwort (Rosmarie Zeller)
  • Das Itinerarium von Christian Knorr von Rosenroth (Rosmarie Zeller, herausgegeben unter Mitarbeit von Irmgard Scheitler und Marco Vespa)
  • Christian August und Johann Ludwig von Sulzbach auf Bildungsreise. Mit Edition des handschriftlichen Reiseberichts (1642-1643) (Laura Balbiani)
  • Weiterer Beitrag
  • Der Dreißigjährige Krieg in G. Ph. Harsdörffers Erzählsammlungen Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte (1649-1650) und Heracljtus und Democrjtus (1652-1653) (Hans-Joachim Jakob)
  • Rezensionen
  • F. SCHAUDECK: Die alechemische Handschriftensammlung der Leopol-Sophien-Bibliothek. (Balbiani)
  • T. KAUFMANN: Die Mitte der Reformation (Berns)
  • A. COHEN-MUSHLIN: Das Handeln des Anderen (de Molière)
  • Adressen der Autoren

←6 | 7→

Rosmarie Zeller

Vorwort

Diese Nummer des Morgen-Glantz hat, wie Sie sehen werden, einen besonderen Inhalt. Abgesehen von einem Aufsatz über Georg Philipp Harsdörffer und einigen Rezensionen enthält der Band zwei Editionen von Reisebeschreibungen. Wegen der Corona-Epidemie konnte die Tagung von 2020 nicht stattfinden und folglich standen uns auch nicht genügend Beiträge, um einen Band zu füllen, zur Verfügung. Wir haben deshalb beschlossen, zwei Reiseberichte zu edieren, der eine betrifft die Reise des jungen Christian August und seines Bruders Johann Ludwig von Sulzbach nach Polen, Italien und Frankreich, und der andere das in der Forschungsliteratur zu Christian Knorr von Rosenroth immer wieder zitierte lateinische Itinerarium, in welchem Knorr seine Bildungsreise von Leipzig nach Leiden beschreibt. Beide Berichte werden ausführlich kommentiert. Auf diese Weise sollen zwei Texte zugänglich gemacht werden, die einerseits einen Beitrag zur Biografie der Sulzbacher Prinzen bzw. von Knorr liefern, andererseits auch die Reiseliteraturforschung und die Forschung zu Wunderkammern interessieren dürften.

←8 | 9→

Das Itinerarium von
Christian Knorr von Rosenroth

herausgegeben unter Mitarbeit von Irmgard Scheitler und Marco Vespa

von

Rosmarie Zeller

Einleitung

Die Handschrift

Das Itinerarium von Christian Knorr von Rosenroth geistert schon länger durch die Knorr-Forschung, kleine Teile wurden zu Anfang des 20. Jahrhunderts von Arnold Fuchs publiziert, teilweise auch mit Übersetzungen.1 Die Handschrift liegt in Wolfenbüttel unter der Signatur Cod. Guelf. 253.1, Bl. 57r bis 119v. Die Handschrift stammt aus dem Besitz des aus Sulzbach stammenden Jakob Burckhard (1681-1752), der Bibliothekar in Wolfenbüttel war. Er soll zufällig zu diesen Autografen gekommen sein.2 Im gleichen Konvolut befinden sich eine Anleitung zur Landwirtschaft und ab Bl. 152r Auszüge aus der von Adam Olearius herausgegebenen Orientalischen Reisebeschreibung von Jürgen Andersen.3 Das ist nicht ganz unwichtig, wenn man sich fragt, welchen Zweck Knorr mit seinem Itinerarium verfolgte. In Sulzbach bestand jedenfalls ein gewisses Interesse an Reisebeschreibungen bzw. Länderbeschreibungen, ←9 | 10→wie die Werke von Johann Heinrich Seyfried zeigen.4 Ob dahinter der Hof steckt oder die Geschäftstüchtigkeit des Druckers Lichtenthaler, muss noch untersucht werden.

Die Handschrift ist auf weite Strecken eine Reinschrift mit wenig Korrekturen, aber mit Literaturangaben, was darauf hinweisen könnte, dass sie gedruckt werden sollte. Darauf deuten auch Verweise, die nicht eingelöst werden, was zudem zeigt, dass das Manuskript nicht nur am Ende einfach abbricht, sondern auch in sich unvollständig ist. So geht zum Beispiel der Verweis, dass später darüber berichtet werden soll, was der Wirt vom Krieg gegen die Türken in Ungarn erzählt habe (Bl. 57r), ins Leere. Bl. 61v fehlt die Abbildung der Wippe, auf die verwiesen wird.

Auf den Blättern 63v, 65v, 66r, die Hamburg betreffen, gibt es relativ viele Korrekturen bzw. Nachträge am Rand. L. Balbiani stellt in ihrem Beitrag in diesem Band dar, dass man auf der Reise Notizen machte und diese erst hinterher zusammenfügte, was einerseits erklären kann, dass es sich beim Itinerarium um eine Reinschrift handelt und dass andererseits Nachträge gemacht wurden, weil vielleicht Zettel erst nachträglich zum Vorschein kamen oder weil man beim Abschreiben versehentlich etwas ausgelassen oder nachträglich Bücher mit weiteren Informationen gefunden hat. Das alles zeigt, dass es sich bei Knorrs Itinerarium nicht um einen Erlebnisbericht handelt und auch nicht um unmittelbar während der Reise gemachte Aufzeichnungen. In Anbetracht des Altersunterschiedes von Knorr und seinen Begleitern kann man sich auch fragen, ob Knorr eine Art Aufsichtsfunktion inne hatte und der Reisebericht als Rechenschaftsbericht entstanden ist, bis er dann in Bezug auf die holländischen Städte eine andere Funktion bekam, nämlich, wie gleich zu zeigen sein wird, die einer Publikation.

Der Verlauf der Reise

Am 13. April 1663 fährt Knorr mit zwei weiteren Personen, Johann Moller aus Glogau und Johann Christian von Schömberg aus der Lausitz, von Leipzig ab. Aus der Matrikel der Universität Leiden, wo sich alle drei am 19. Mai 1663 immatrikulieren, geht hervor, dass Moller, der dort Johann ←10 | 11→Miller heißt, 21 Jahre alt und Schömberg, der als Christian van Schumber geführt wird, 22 Jahre alt war, während Knorr 26 Jahre alt war.5 Am 14. April 1663 essen sie in Calbe, am Abend sind sie in Magdeburg, am 15. April verlassen sie Magdeburg und fahren auf der Elbe bis Rogätz, wo sie übernachten. Am 16. April sind sie in Jerichow, am 17. April in Wittenberge, am 18. April in Lauenburg und am gleichen Tag kommen sie in Hamburg an, wobei präzisiert wird, es sei der Tag vor Ostern. Am 20. April besteigen sie schon wieder das Schiff, wobei diese Reise relativ lange dauert, jedoch keine Angaben gemacht werden, außer dass sie am 27. April in Ritzebüttel sind und dann am 30. April 1663 in Amsterdam eintreffen. Von da an gibt es keine Daten mehr. Der Aufenthalt in Amsterdam kann nicht allzu lange gedauert haben, da sich die drei, wie erwähnt, am 19. Mai an der Universität Leiden immatrikulieren und vorher noch Haarlem besuchen. In Leiden bricht die Reisebeschreibung ab. Gegen das Ende hin wird sie auch zunehmend unpersönlicher und rein aufzählend, bis sie in der reinen Abschrift von Zöllen und Abgaben aus einer entsprechenden Vorlage endet. Wird am Anfang des Textes noch von persönlichen Begegnungen, wo sogar der Name des Wirtes oder des örtlichen Pfarrers fällt, gesprochen, so ist dies im weiteren Verlauf des Textes immer weniger der Fall. Es wird uns nicht einmal gesagt, wo sie in Amsterdam gewohnt haben und auch nicht, ob alle drei weitergereist sind. Ganz selten kommt noch ein „ich“ vor, so etwa, wenn bei einem getrockneten Tintenfisch erwähnt wird: „wie den, den ich einmal am Strand bei Katwijk gefunden habe“ (Bl. 99r). Dass Knorr je am Strand von Katwijk war, wird jedoch im Bericht nicht erwähnt. Ähnlich die Stelle, wo er sagt, dass er an der Kalverstrasse ein Horn von einem Einhorn gesehen habe (Bl. 96v), von dem aber nur auf diese indirekte Weise berichtet wird.

Auffälligerweise werden auch Personen, mit denen er zusammengetroffen ist, nur am Anfang des Reiseberichts erwähnt. Obwohl zum Beispiel, als er in Hamburg ist, erwähnt wird, dass am dortigen Gymnasium Ägidius Gutbier tätig ist, weiß man nicht, ob Knorr den Gelehrten getroffen hat, der ihn wegen seiner Kenntnis des Hebräischen interessieren müsste, hatte sich Knorr doch schon in Leipzig mit der Sprache zu befassen begonnen. Noch auffälliger ist dieses Nicht-Nennen von Personen in ←11 | 12→Amsterdam: die Knorr-Forschung spekuliert ja immer wieder darüber, wen Knorr in Amsterdam alles getroffen haben könnte, doch fällt im Itinerarium kein einziger Name. Das Gleiche gilt für die Universitätsstadt Leiden, wo nur die Verstorbenen anhand ihrer Grabtafeln erwähnt werden, obwohl Knorr ja an der Universität eingeschrieben war und dort sicher andere Personen getroffen hat. Für Knorrs Biographie gibt das Itinerarium also nicht sehr viel her, nicht einmal darüber, wo er wirklich war. Der Hinweis auf Katwijk zeigt, dass er Orte besucht hat, die im Itinerarium nicht vorkommen. Bekanntlich gibt es in der älteren Knorrforschung eine Diskussion darüber, ob Knorr in England gewesen sei.6 Dazu gibt es keinerlei Belege. Hingegen war er sicher in Italien, wie ein Hinweis in seiner Übersetzung von Della Portas Magia naturalis zeigt.7

Knorr führt in seiner Reisebeschreibung jene Elemente an, wie sie die Apodemiken der Zeit vorschrieben:8 man besucht die Kirchen, das Rathaus, die Zeughäuser, die Märkte, man bringt etwas über die politischen Einrichtungen in Erfahrung, über Abgaben und Zölle. Manchmal gibt es noch besondere Sehenswürdigkeiten wie Inschriften, deren Wiedergabe belegen soll, dass man wirklich an dem Ort war. Knorr weicht von dieser Tradition nicht ab. Einiges fällt aber doch auf, so scheint Knorr ein gewisses Interesse für technische Einrichtungen zu haben. Er beschreibt ausführlich, wie Glockenspiele oder Wasserspiele funktionieren, aber auch die Schaukel im Garten des Schlosses von Lauenburg (Bl. 61v). Auch bei der Beschreibung des Theaters in Amsterdam zeigt er eine Vorliebe für technische Details. Abgesehen von diesen technischen Beschreibungen enthält Knorrs Itinerarium auch Elemente, die ich in der

←12 | 13→Literatur sonst nicht gefunden habe, zum Beispiel erwähnt er in Köthen einen Wandteppich, der alle Wappen der Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft enthalte. Er besucht das Schloss Lauenburg und beschreibt vor allem dessen Garten ausführlich. Im Sulzbacher Zusammenhang ist dies umso interessanter, als das Schloss 1663 dem Vater von Julius Franz gehörte, der 1668 die Sulzbacher Prinzessin Hedwig Maria Augusta heiraten wird.9 Ebenfalls nirgends zu finden ist die Beschreibung der Villa außerhalb von Haarlem sowie die zahlreichen Beschreibungen der Inhalte von Kunst- und Wunderkammern, die einen großen Teil des Itinerariums ausmachen. Wenn Inhalte von Kunst- und Wunderkammern in Büchern beschrieben werden, erfolgt dies meistens nach Kategorien wie z. B. Tiere, Mineralien, Waffen, während bei Knorr alle Kategorien durcheinander vorkommen: Muscheln neben Kunstgegenständen, Gebrauchsgegenstände und Waffen neben getrockneten Tieren und Pflanzen. Die Suche nach den Quellen für die Inventare, die Knorr wiedergibt, blieb erfolglos. Zwar nennt zum Beispiel Hegenitius, den Knorr nachweislich benützt hat,10 den Inhalt der Kunstkammer in Leiden, aber in systematischer Reihenfolge, während Knorr unsystematisch aufzählt, was er gesehen hat, was darauf schließen lässt, dass er sie wirklich gesehen und deren Inhalt selbst notiert hat. Diese Inventare, so kurios sie uns heute anmuten, waren in ihrer Zeit nicht nur eine Möglichkeit fremde Tiere und Pflanzen kennen zu lernen, sondern sie waren, wie Eric Jorink nachweist, auch ein Beleg für das Wirken Gottes in der Natur.11 Neben der Bibel war das Buch der Natur das zweite Buch der Offenbarung. Jorink, der übrigens als einziger, so weit ich sehe, Knorrs Beschreibung der Kabinette zur Kenntnis genommen hat, schreibt zum Kabinett von Volkert Jansz, das Knorr ebenfalls besuchte, dass die Dichterin Margareta Godewyck (1627-1677) darin den Finger Gottes gesehen habe. Auch Jan Zoet (1609-1674) sah in dem Kabinett ein Buch, in dem Gott sich selbst beschrieben hat.12 Dass Knorr in dieser Tradition steht, zeigt

←13 | 14→sich an einigen Anmerkungen, so wenn er eine Muschel mit dem Zeichen INRI erwähnt (Bl. 94r). Schließlich steht auch Della Portas Magia naturalis, die Knorr später übersetzen wird, in dieser Tradition.

Auffällig ist ferner, dass Knorr ein gewisses Interesse für Abgaben, Zölle und die politische Organisation der besuchten Orte hat, was natürlich an seine Stats-Kunst erinnert.13

Es kann hier nicht darum gehen, Knorrs Intinerarium zu interpretieren, es soll nur darauf hingewiesen werden, dass mehr dahinter steckt, als man auf den ersten Blick vielleicht sieht.

Knorrs Quellen

Es ist bekannt, dass Reisebeschreibungen gerne abschreiben. Allerdings ist es mir für den größten Teil des Textes nicht gelungen, eine direkte Quelle auszumachen. Die bereits von Fuchs bzw. Breen geäußerte und von van Gemert wiederholte Behauptung, Zesens Beschreibung der Stadt Amsterdam14 sei die Quelle für Knorrs Beschreibung von Amsterdam, stimmt nicht. Natürlich gibt es Übereinstimmungen bei den Inschriften von Grabmälern oder der Beschreibung von Kirchen, aber diese sind in allen Beschreibungen von Amsterdam gleich oder ähnlich, so dass es schwierig ist, zu sagen, welches Buch Knorr benützt hat. Zesen ist es sicher nicht, denn sein Buch ist als Spaziergang durch Amsterdam aufgebaut und hat deshalb eine ganz andere Reihenfolge der Gebäude und Plätze als Knorr, der seinen Text nach dem üblichen Schema: Kirchen, öffentliche Gebäude usw. ordnet, auch sind die Informationen nicht dieselben. Hingegen zitiert Knorr an einer Stelle Zesens Leo belgicus,15 der über die staatlichen Organe informiert. Auch die niederländischen ←14 | 15→Beschreibungen16 stimmen in Details – ich denke da vor allem an die Orthografie der Grabtafeln – nicht überein. Knorr hat sie vielleicht benutzt, aber nicht abgeschrieben. Naheliegend wäre natürlich auch Zeillers verschiedene Länderbeschreibungen als Quellen heranzuziehen, aber auch da lässt sich überhaupt keine Übereinstimmung finden. Wenn in den Anmerkungen manchmal doch auf Zeiller oder Zesen hingewiesen wird, so eher um eine nicht ganz klare Stelle zu erläutern und nicht als Quelle der betreffenden Stelle. So ist zum Beispiel auffällig, dass Zeiller und Höveln bei der Beschreibung Hamburgs mehrere Grabinschriften erwähnen, während Knorr keine erwähnt, wobei er ja nur sehr kurz in Hamburg war. In der Beschreibung von Amsterdam gibt es einige Stellen, die ich nirgends sonst gefunden habe, zum Beispiel die Beschreibung des dichten Nebels, der manchmal zu Unglücken führt (Bl. 70v). Umso auffälliger ist, dass zum Beispiel diese Episode in einem Buch vorkommt, das in Sulzbach bei Lichtenthaler gedruckt wurde: Christoph Abraham von Eyl: Parisische Conferentzen, Dainnen […] eine […] Namen-Tafel Uber alle Provintzien / Städte /Vestungen und Oerter der vereinigten Niederlande. Das Buch stimmt für Amsterdam, Haarlem und Leiden weitgehend mit Knorrs Manuskript überein. Über Christoph Abraham von Eyl ist nichts bekannt, er scheint keine weiteren Bücher geschrieben zu haben. Die Vornamen lassen den Verdacht aufkommen, es handle sich um ein Pseudonym von Knorr, hat er doch in der Staatskunst den Vornamen seine Vaters Abraham Knorr auch als Pseudonym verwendet. Das Titelkupfer hat den typischen Aufbau der aus Sulzbach stammenden Titelkupfer. Links sind die Zuhörer. Der Vortragende selbst ist in ähnlicher Weise wie später Della Porta vor einer Landkarte abgebildet, auf der er die Städte zeigt. Die Landkarte erinnert an die Publikationen des andern Sulzbacher Hofbeamten Johann Heinrich Seyfried, der auch eine Reihe von geographischen Werken publiziert hat.17 Der Untertitel ←15 | 16→der Parisischen Conferentzen zeigt, dass das Werk durchaus aktuell ist, denn dieses sei „zu jetzigem zwischen der Cron Franckreich und denen Staaden derselben Niederlande angefangenen Kriege sehr dienlich“.18 In welcher Weise das Werk als eine Parteinahme zu verstehen ist, muss späteren Analysen vorbehalten werden. Interessant ist, dass Eyls Text gegenüber Knorrs Itinerarium manchmal etwas kürzer ausfällt, so zum Beispiel bei der Beschreibung der prunkvollen Villa außerhalb von Haarlem. Nur ausnahmsweise hat er mehr Text als Knorr. So beschreibt er zum Beispiel ausführlich den Bestand des Theatrum Anatonicum in Amsterdam.19 Bei der Beschreibung der Götterstatuen am Rathaus von Amsterdam gibt Eyl immer deren symbolische Bedeutung an.20 Auch sonst gibt er manchmal zusätzliche Erklärungen, so zum Beispiel beim „Hundsfisch“ (Bl. 92v). Dieser beiße dem Menschen Arme und Beine ab und im Sturm verschlucke er seine Jungen und speie sie dann wieder aus (S. 114). Solche Bemerkungen erinnern an die Anmerkungen, wie sie Knorr in seiner Übersetzung von Della Portas Magia naturalis anbrachte. Auch wissenschaftliche Berichtigungen wie die in Bezug auf den berühmten „Schiffhalter“ (Bl 93v), einen Saugfisch, dem man seit der Antike nachsagt, er könne Schiffe aufhalten, gehen in diese Richtung. Eyl korrigiert, dies sei ein Irrtum, die Schiffe würden durch die Meeresströmungen aufgehalten.21 Was ebenfalls auf Knorr als Autor hinweisen könnte, sind Bemerkungen wie die folgende in Bezug auf eine Muschel: „geben dergleichen [Muscheln] etliche Mahler Johanni dem Täuffer in die Hand / wenn sie die Tauff Christi mahlen / da doch bey den Juden die Tauff nicht mit Begiessung deß Wassers / sondern mit Untertauchung unter das Wasser geschehen.“22 Dass zwischen Eyl und Knorrs Text eine enge Beziehung besteht, zeigt sich auch an orthografischen Details, so zum Beispiel beim Grabmal von Heemskerk, wo im Original Zemblam steht, bei Knorr und Eyl aber Zemlan (Bl. 74v). Entweder ist von Eyl mit Knorr identisch oder er konnte Knorrs Manuskript benützen. Die andere Variante wäre anzunehmen, dass Knorrs Itinerarium für Amsterdam, ←16 | 17→Haarlem und Leiden eine lateinische Übersetzung von Eyls Buch ist, was aber wenig Sinn macht.

Transkription, Übersetzung und Kommentar

Die Transkription ist textgetreu. Kürzel wurden nach Möglichkeit aufgelöst. Auch gestrichene Stellen werden wiedergegeben, weil sie manchmal Hinweise auf Quellen oder darauf enthalten, dass der Text von einer Vorlage abgeschrieben wurde.

Was die Übersetzung betrifft, so wurde die bestehende Übersetzung der Passage über Hamburg (Bl. 63-70) übernommen und leicht bearbeitet, für die Passage über Amsterdam habe ich mich auf die niederländische Übersetzung gestützt (Bl. 92-109). Der Rest wurde von Irmgard Scheitler und Marco Vespa übersetzt. Die Epitaphe wurden nicht übersetzt, die niederländischen Verse werden im Anhang nur übersetzt, wenn sie bereits übersetzt vorliegen. Wie immer bei solchen Übersetzungen ist zu beachten, dass die modernen Begriffe nicht immer genau dem Konzept des 17. Jahrhunderts entsprechen. Eine besondere Herausforderung stellte die Übersetzung der Inhalte der Kunst- und Wunderkammern dar, da es teilweise sehr schwierig ist, zu rekonstruieren, um welche Tiere und Pflanzen es sich handelt. Nach Möglichkeit wurden im Kommentar Hinweise auf zeitgenössische Literatur gegeben, wie sie Knorr seinen Angaben nach zu schließen, selbst auch benützt hat. Selbstverständlich wurden die üblichen Wörterbücher (Grimm, Adelung) und Lexika (Zedler) verwendet. Es ging bei der Kommentierung in erster Linie darum, den Text zum Sprechen zu bringen, ihn mit den zeitgenössischen Diskursen zu verbinden und nicht zu fragen, ob es in der Wirklichkeit so war, wie Knorr schreibt.23


1 Arnold Fuchs: Aus dem Itinerarium des Christian Knorr von Rosenroth. In: Ge-schichts-Blätter für Stadt und Land Magdeburg 1914 /15, S. 2-12. Ders.: Aus dem Itinerarium des Christian Knorr von Rosenroth. Met eene inleiding en eene hol-landsche vertaling van den Latijnschen tekst door Dr. Joh. C. Breen. In: Veertiende Jaarboek van het Genootschaap Amstelodamum 1916, S. 201-256. Ders.: Aus dem Itinerarium des Christian Knorr von Rosenroth. (Übersetzung Hermann Joachim). In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 24, 1921, S. 87-139.

2 Siehe dazu: Rosmarie Zeller: Der Nachlaß Christian Knorr von Rosenroths in der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel. In: Morgen-Glantz 16, 2006, S. 55-70.

3 Orientalische Reisebeschreibunge Jürgen Andersen auß Schleßwig […]. Heraus gegeben durch Adam Olerarium. Schleswig 1669.

4 Siehe Rosmarie Zeller: Die Medulla Mirabilia Naturae des Sulzbacher Hofbeamten Johann Heinrich Seyfried im Kontext der Publikationen des Sulzbacher Hofes. In: Morgen-Glantz 30 (2020), S. 99-123.

Details

Seiten
492
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783034332484
ISBN (ePUB)
9783034344685
ISBN (Paperback)
9783034344661
DOI
10.3726/b19285
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Dezember)
Schlagworte
Allegorie Epochensignatur Frühe Neuzeit Personifikation Theater
Erschienen
Bern, Berlin, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 492 S., 74 s/w Abb., 1 Tab.

Biographische Angaben

Rosmarie Zeller (Band-Herausgeber:in)

Herausgegeben von Rosmarie Zeller.

Zurück

Titel: Morgen-Glantz 31 (2021)
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
494 Seiten