Wie man vom Menschen zur Frau wird

In welchen sozialen Prozessen und Verhältnissen konstituiert sich das Verständnis von der Frau?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2021

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. DIE FRAU ALS DAS ANDERE GESCHLECHT
2.1 Die Rolle der Frau
2.2 Biologische Fakten als soziale Konstrukte
2.3 IMMANENZ UND TRANSZENDENZ IM GESCHLECHTERVERHALTNIS

3. SOZIALE PROZESSE UND VERHALTNISSE

4. DIE ERZIEHUNG ALS ERSTER SCHRITT ZU DEM WERDEN EINER FRAU

5. AKTUALITATSVERGLEICH

6. FAZIT

7. LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung

,,Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ (Beauvoir 2020: 334). Mit diesem Zitat weist Simone de Beauvoir in ihrem Werk „Das andere Geschlecht“ aus dem Jahre 1949 auf, dass der Mensch nicht in den Status der Frau hineingeboren wird, sondern dass er erst durch soziale Umstande in die Rolle „des Anderen“ gedrangt wird. Das Werk „Das andere Geschlecht“ kann als epistemologischer Bruch innerhalb des Feminismus gesehen werden und umfasst eine Analyse der weiBen, westlichen Frau in Mitte des 20. Jahrhunderts.

Diese Arbeit soil argumentativ aufweisen, dass keine biologischen Fakten bestimmen, was eine Frau ist, noch ihre Unterordnung oder Positionierung als das „Andere“ legitimieren. Ihre Situation wird durch soziale Konstrukte bestimmt. Dafur soil zunachst geklart werden, was man unter das „andere“ Geschlecht versteht und wie dieses konstituiert wird. AuBerdem soil thematisiert werden, welche Rolle und Aufgaben die Frau in der Gesellschaft ubernimmt und wie die Frau dadurch definiert wird. Dabei soil speziell die Ehe als Rechtfertigung der weiblichen Existenz herangezogen werden. Im Anschluss mochte ich in Bezug auf das oben genannte Zitat zeigen, dass nicht die Biologie die Frau determiniert, sondern dass die Gesellschaft durch soziale Konstrukte ihr Sein bestimmt. Um die Situation der Frau als Geworden-Sein zu verstehen, werde ich das Begriffspaar der Immanenz und Transzendenz heranziehen, deren Bedeutung fur das Geschlecht erlautern und auf die daraus folgende Objektivierung der Frau eingehen. Durch welche sozialen Verhaltnisse und Prozesse konstituiert sich das Verstandnis der Frau? Um diese voranstehende Frage meiner Arbeit zu beantworten, sollen diese Prozesse und Verhaltnisse herausgearbeitet werden und im Folgenden aufzeigen, wie diese das ungleiche Geschlechterverhaltnis hervorrufen. Da vor allem die kindliche Erziehung als erster Schritt zum Werden der Frau verstanden werden kann, soil im Weiteren untersucht werden, wie sich die Erziehung in den ersten Jahren bei Jungen und Madchen unterscheiden und wie diese bereits zu der Objektivierung und Immanenz der Frau beitragt. Wichtig gilt zu beachten, dass sich alle bis hier hin herausgearbeiteten Erkenntnisse auf Simone de Beauvoirs 1949 veroffentlichten Werk „Das andere Geschlecht“ beziehen und seitdem viele Jahre vergangen sind, in welchen sich einiges verandert hat. Deshalb werde ich im nachsten Schritt einen Aktualitatsvergleich ziehen und die Relevanz und Gultigkeit von de Beauvoirs Arbeit kritisch prufen. AuBerdem soil untersucht werden inwiefern die Frau noch immer durch soziale Konstrukte definiert, determiniert und objektiviert wird. Zum Schluss dieser Arbeit sollen die zentralen Argumente dieser Arbeit zusammengefasst und eine pragnante Antwort auf meine Fragestellung formuliert werden.

2. Die Frau als das andere Geschlecht

Simone de Beauvoir (2020: 12) stellt heraus, dass in einer primitiven Gesellschaft immer eine Dualitat vorherrscht. Dies teilt die Menschheit in zwei Kategorien: Es gibt die, des Gleichen und die, des Anderen. Die Unterschiede werden in Kleidung, Gesicht, Korper, Gang, Interessen und vieles mehr sichtbar (vgl. de Beauvoir 2020: 11). In dieser Gesellschaft sind die Manner „das Subjekt, [...] das Absolute: Sie ist das Andere“ (de Beauvoir 2020: 12). Indem sich die Manner als das Subjekt setzen, haben sie die Frauen, ohne ihre Mitwirkung, zu dem Anderen gemacht (vgl. ebd.: 15, 19, 179). Das „Andere“ meint also die Frau, die vom Mann zu unterscheiden und immer in Bezug auf ihn zu definieren ist. In dem bereits in der Einleitung angefuhrten Zitat: „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ (de Beauvoir 2020: 334) weist de Beauvoir reduktionistische, deterministische Naturalismen ab (vgl. Konnertz 2005: 33), denn keine biologischen, psychischen oder okonomischen Gegebenheiten konnen die Frau zu der Rolle des „Anderen“ machen, welche sie in der Gesellschaft einnimmt (vgl. de Beauvoir 2020: 334). Stattdessen betont sie das soziale und kulturelle „Werden“ und „Gewordensein“ (vgl. Konnertz 2005: 33), da ein Individuum nur durch die Vermittlung anderer zu dem „Anderen“ gemacht werden kann (vgl. de Beauvoir 2020: 334). Biologische und anatomische Unterschiede der Geschlechter fuhren erst durch Bedeutungs- und Rollenzuschreibungen der Gesellschaft zu unterschiedlichen Machtverhaltnissen und zu der Unterdruckung der Frau (vgl. ebd.: 49). AuBerdem versteht Beauvoir den menschlichen Korper nicht als ein Ding, sondern als eine Situation (vgl. Konnertz 2005: 39). Da der Korper die Geschlechterdifferenzierung bedingt, sowie die Moglichkeit der Frau zu gebaren, ist der Korper die Situation des Frau- Werdens (vgl. ebd.: 39; 48). Diese Situation, das konkrete In-der-Welt-Sein kann nur durch andere Menschen widergespiegelt und erfahren werden. Um sich seines selbst bewusst zu werdenbenotigt es also Beziehungen zu anderen. Der Andere kann das Subjekt zu einem Objekt machen und entfremden (vgl. ebd.: 36). Da sich die Frau in dem Spiegel nur als „verkehrte Andere“ des mannlichen Subjekts sehen kann (vgl. Treusch-Dieter 2005: 91), bleibt sie in dem Mythos der Frau gefangen, welcher ihre Existenz, ihren Subjektcharakter und ihr soziokulturelles funktionieren verleugnet (vgl. Konnertz 2005: 37). Aristoteles Auffassung, „Das Weib ist Weib dadurch, dass ihm bestimmte Eigenschaften fehlen“ (Aristoteles in: de Beauvoir 2020: 12), welche bis ins 20. Jahrhundert sehr prasent war, sperrt die Frau in ihr Geschlecht ein und definiert sie in Bezug auf den Mann als Mangelwesen. Somit wird die Frau durch die, in der Welt dominierenden, Manner zu dem „Anderen“.

2.1 Die Rolle der Frau

Wie bereits herausgearbeitet, nimmt die Frau die Rolle des „Anderen“ in der Gesellschaft ein, welche ihr durch den Mann zugeschrieben wird (vgl. de Beauvoir 2020: 25). Ihr Status in der Gesellschaft wird durch den Konflikt zwischen Familie und Staat bestimmt (vgl. ebd. 179) und hartnackig uberblende Traditionen halten sie in ihrer Rolle gefangen (vgl. ebd. 186). Sie nimmt die einengende Rolle der Ehefrau, Mutter und der Hausfrau ein, welche ihr nicht die gleiche Wurde zukommen lassen, wie dem Mann. Ihre Rolle in der Familie problematisiert die Mitwirkung am offentlichen Leben, da ihre familiaren Aufgaben nur schwer mit einem Beruf kompatibel sind oder sie einer doppelten Belastung aussetzen, in welcher sie Hausfrau und Arbeiterin zugleich ist (vgl. ebd.: 178, 186). Im Gegensatz zu dem Mann hat sie keinen sozialen Ausgleich, die Anerkennung durch das Mitsein bleibt ihr verwehrt (vgl. ebd.: 186). Auch wenn fur die Manner die Aufgaben im Haus ebenso wertvoll erscheinen, konnte sie ohne ihn nicht fur den Lebensunterhalt aufkommen, wodurch sie herabgesetzt und abhangig ist (vgl. ebd.: 22f.). Mit der Ehe geht namlich immer eine vergeschlechtliche Arbeitsteilung einher. Wahrend der Mann nach auBen orientiert ist, ihm die Transzendenz zugeschrieben wird, ist die Frau nur nach innen orientiert und der Immanenz ausgesetzt. Auf diese Begriffe werde in einem weiteren Kapitel noch genauer eingehen. Fur die Gesellschaft fuhrt die Frau nur dann ein erfulltes und „richtiges“ Leben, wenn sie dem Dienst an der Gesellschaft gerecht wird und den Nachwuchs gebart. Damit einher geht der Dienst an den Mann, sie hat seine sexuellen und reproduktiven Bedurfnisse zu befriedigen. ,,Die Ehe ist ihr einziger Broterwerb, die einzig soziale Rechtfertigung ihrer Existenz, und sie wird ihr aus zwei Grunden auferlegt: die Frau soil der Gemeinschaft Kinder schenken, [...]. Sie soil aber auch die sexuellen Bedurfnisse des Mannes befriedigen und seinen Haushalt fuhren.“ (vgl. Beauvoir 2020: 518). In beiden zu erbringenden Dienstleistungen ist die Frau kein Subjekt, sondern nur ein Objekt der Transzendenz eines Anderen. Die gesamte Welt wurde von Mannern gemacht, sie ist ein Produkt des Mannes und das Geschlecht der Frau sichert seine Produktion (vgl. Treusch-Dieter 2005: 88). Die Frau wird zum Objekt der mannlichen Sexualitat und ein Wert wird ihr erst durch die Beziehung zu ihm zugeschrieben (vgl. ebd. 84, 88): Die Frau stellt somit die Verkorperung eines mannlichen Traums dar, was sie zum absolut Anderen ohne Wechselseitigkeit erstarren lasst (vgl. Konnertz 2005: 37). Die Frau wird von dem Mann immer nur im Vergleich zu ihm selbst und somit nicht als autonomes Wesen definiert (vgl. de Beauvoir 2020: 12). Zu beachten gilt auch, dass das Ausscheren der Frau aus einer dieser genannten Rollen auf gesellschaftliche Missachtung stoBt.

[...]

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Details

Titel
Wie man vom Menschen zur Frau wird
Untertitel
In welchen sozialen Prozessen und Verhältnissen konstituiert sich das Verständnis von der Frau?
Hochschule
Universität Potsdam
Veranstaltung
soziologische Theorie
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
14
Katalognummer
V1189923
ISBN (eBook)
9783346662897
ISBN (Buch)
9783346662903
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Simone de Beauvoir, das andere Geschlecht, Gender, Sex, Rolle der Frau, Immanenz, Transzendenz, Geschlechterverhältnis, Biologische Fakten, soziale Konstruktion, Frau, Mann
Arbeit zitieren
Sophie-Louise Wagner (Autor:in), 2021, Wie man vom Menschen zur Frau wird, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1189923

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