Deutsch als Mutter- und Fremdsprache. Der Erwerb des Kasus


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen
2.1 Überblick zum Erstspracherwerb
2.2 Überblick zum Zweitspracherwerb
2.3 Erst- und Zweitspracherwerb im direkten Vergleich

3. Kasuserwerb
3.1 Kasus
3.2 Kasuserwerb
3.3 Kasuserwerb in L2 (Deutsch)
3.4 Kasuserwerb in L1 (Deutsch)
3.5 Vergleich

4. Auswirkung der Erkenntnisse auf den Schulunterricht
4.1 Mögliche Einbindung der Erkenntnisse in die Planung und Durchführung von Förderunterricht
4.2 Bestandsaufnahme „Kasus im Schulbuch“ und mögliche Änderungsvorschläge

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Seminar, im Zuge dessen die folgende Arbeit entstanden ist, hat mir in meiner Funktion als Studentin mehr abverlangt als kaum ein anderes Seminar in meiner Studienzeit. Die komplexen Strukturen von Kasus und Kasuserwerb zu verstehen und miteinander in Bezug zu bringen, ist mir nur durch die gute Zusammenarbeit innerhalb meiner Arbeitsgruppe einigermaßen gelungen. Auch die intensive Auseinandersetzung mit der vielfältigen Literatur zum Kasuserwerb innerhalb unserer Arbeitsgruppe hat mir beim Verfassen dieser Arbeit geholfen. Deshalb möchte ich diese Einleitung dazu nutzen, der Arbeitsgruppe meinen Dank auszusprechen und auch dafür argumentieren, dass diese Form des Arbeitens in weiteren Seminaren durchgesetzt wird.

Im Folgenden werde ich ein Teilthema des Seminars behandeln, indem ich den Kasuserwerb in L1 mit dem in L2 vergleiche. Hierbei soll herausgestellt werden, wie L1- und L2-Lerner den Prozess des Kasuserwerbs durchlaufen, ob es Unterschiede gibt und welche Gemeinsamkeiten vorliegen. Außerdem soll herausgestellt werden, ob die Vermutung, dass bei beiden KE[1]der strukturelle vor dem lexikalischen Kasus erworben wird, zutrifft.

Weiterhin sollen die Erkenntnisse hinsichtlich des Grammatikunterrichts reflektiert werden. Es soll darauf eingegangen werden, inwieweit die gewonnenen Erkenntnisse den Grammatikunterricht zum Thema Kasus verändern sollten und welche Möglichkeiten es gibt, L1- und L2-Lerner in ihrem Erwerbsprozess aktiv und vor allem sinnvoll zu unterstützen.

2. Grundlagen

Um im Hauptteil dieser Arbeit einen Vergleich des Kasuserwerbs in Deutsch als Erstsprache und Deutsch als Zweitsprache vornehmen zu können, sollen zunächst grundlegende Informationen zu Erstspracherwerb und Zweitspracherwerb aufgeführt werden.

2.1 Überblick zum Erstspracherwerb

DITTMANN bezeichnet den Spracherwerb (hier: den Erwerb der Muttersprache) als eine der komplexesten Aufgaben, mit denen das Kind im Zuge seiner Entwicklung konfrontiert wird. (DITTMANN 2006)

Der Einfluss der kindlichen Umgebung ist hierbei, so APELTAUER, ebenso ausschlaggebend wie ein genetischer, kognitiver und interaktiver Input. So lernt das Kind die semantischen Beziehungen und Verhältnisse von Signifikat und Signifikant durch den aktiven Umgang mit seiner Umwelt und den ihn umgebenden Menschen. Familie und soziales Umfeld geben dem Kind die Möglichkeit, sich kommunikative Ablaufstrukturen und die vorhandene Gesprächskultur in Interaktion mit anderen anzueignen.

Innerhalb des Spracherwerbs lernt das Kind die Sprachlaute und Wörter seiner Muttersprache und syntaktische Regeln. Außerdem erwirbt es ein so komplexes Wissen über diese Sprache, dass es nachher mit Hilfe seines Lexikons in der Lage ist, eigene Wörter zu bilden. (DITTMANN 2006) Der allgemeine Grammatikerwerb findet nicht isoliert statt und kann nach CLAHSEN in fünf Phasen beschrieben werden, die im Verlauf der Arbeit eine Grundlage bei der Untersuchung des Kasuserwerbs sein werden.

In der ersten Phase produziert das Kind mit einem Wortschatz von etwa 50 Wörtern Einwortäußerungen, die einen Satzcharakter haben (z.B. sagt mein Patenkind „Ball.“ für „Ich will den Ball haben.“). In der zweiten Phase erwirbt das Kind die Fertigkeit, zwei Wörter miteinander zu kombinieren und somit das eigentlich syntaktische Prinzip, wenngleich auch Präpositionen, Artikel oder Verben häufig ausgelassen werden. In der dritten Phase können längere Satzstrukturen und die teilweise richtige Verbstellung (Verbzweit- und Verbletztstellung) beobachtet werden. Mit Phase vier (ca. 3 Jahre) gelingt die Bildung einfacher, syntaktisch korrekter Hauptsätze. Außerdem beginnt der Erwerb des Kasussystems. In Phase fünf können bereits Satzreihen und Satzgefüge gebildet werden und der Kasuserwerb wird fortgesetzt. (CLAHSEN 1984)

Festzustellen ist, dass der Kasuserwerb mit der vierten Phase spät einsetzt und mit der letzten Phase nicht vollständig abgeschlossen wird. Die Gründe dafür sollen im Hauptteil intensiver diskutiert werden.

2.2 Überblick zum Zweitspracherwerb

In deutschen Schulen nimmt der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund deutlich zu. Viele dieser Schüler und Schülerinnen lernen die deutsche Sprache nicht als Erstsprache sondern als Zweitsprache. Eine Zweitsprache ist von einer Fremdsprache dahingehend abzugrenzen, dass der Erwerb der L2[2]innerhalb der Zielkultur stattfindet und einen hohen Stellenwert im Leben des Menschen einnimmt. Der Erwerb der L2 läuft weniger gesteuert ab als der Erwerb einer Fremdsprache.[3]

Im weiteren Verlauf der Arbeit soll geklärt werden, ob und inwieweit der Kasuserwerb in L2 sich von dem in L1 abgrenzt. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass die Kontrastivhypothese beinhaltet, dass L2 Lerner identische Regeln und Elemente innerhalb von L1 und L2 leichter und meist fehlerfrei lernen würden, während unterschiedliche Elemente Schwierigkeiten bürgen (LADO 1957) . CHOMSKY vertritt mit der Identitätshypothese den Standpunkt, dass jede Sprache zu jedem Zeitpunkt erlernbar sei, der Erst- und Zweitpracherwerb im Wesentlichen gleich verlaufe und es für den Spracherwerb keine Rolle spiele, ob bereits eine Sprache erlernt wurde oder nicht. Die Hypothese beruht auf dem Verständnis, dass auch der Zweitspracherwerb ein kreativer, kognitiver Prozess sei, während welchem der Lerner systematisch Annahmen über Struktur und Grammatik der zu erwerbenden Sprache überprüft und ggf. revidiert.

2.3 Erst- und Zweitspracherwerb im direkten Vergleich

Während der Erstspracherwerb damit beginnt, dass der Säugling seine Muskulatur trainiert und in Lallphasen und später Babbelphasen erstmals sprachlich agiert, ist dies bei dem Erwerb der Zweitsprache nicht mehr der Fall. ELSEN beobachtet im Erstspracherwerb zunächst Lautäußerungen, die Formung der einzelnen Vokale und Konsonanten sowie Silben- und Wortbildung, bevor es überhaupt zu Wortverbindungen und Satzstrukturen kommt. Im Zweitspracherwerb ist beim Lerner bereits eine Sprache ausgebildet und somit werden die ersten Phasen des Spracherwerbs übersprungen.

Trotzdem kann festgehalten werden, dass gerade bei jungen Menschen bis 6 Jahren in der L2 Sprache ein muttersprachliches Niveau erreicht werden kann und auch in späteren Lebensphasen noch ein hohes Niveau innerhalb der L2 zu erreichen ist. Gründe dafür sind vor allem, dass der L2-Erwerb in einer Umgebung stattfindet, in welcher die L2 gesprochen wird und sich der Lerner in der Zielkultur bewegt. Das Alter spielt dennoch sowohl im L1- als auch im L2-Erwerb eine entscheidende Rolle.

Eine Phasierung im Grammatikerwerb ist sowohl beim L1- als auch beim L2-Erwerb zu erkennen. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit sollen die jeweiligen Phasen, mit einem Fokus auf den Kasuserwerb, aus L1- und L2-Erwerb diskutiert und gegenübergestellt werden. Dazu schließe ich mich der Annahme an, dass die L1 einen prägenden Einfluss auf den Erwerbsprozess der L2 nimmt.

[...]


[1]Im Folgenden wird teilweise die Abkürzung „KE“ für den Begriff „Kasuserwerb“ verwendet.

[2]Im Folgenden wird für den Begriff „Erstsprache“ die Abkürzung „L1“ und für den Begriff „Zweitsprache“ die Abkürzung „L2“ verwendet.

[3]So erlernt ein Schüler mit türkischem Migrationshintergrund, der in Deutschland lebt und zur Schule geht, Deutsch als Zweitsprache, während ein französisches Kind an einer Schule in seinem Heimatland die deutsche Sprache als Fremdsprache erlernt.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Deutsch als Mutter- und Fremdsprache. Der Erwerb des Kasus
Hochschule
Universität zu Köln
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
18
Katalognummer
V277547
ISBN (eBook)
9783656711759
ISBN (Buch)
9783656713425
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kasus, Kasuserwerb, Spracherwerb, Grammatikunterricht
Arbeit zitieren
Silke Hoss (Autor:in), 2012, Deutsch als Mutter- und Fremdsprache. Der Erwerb des Kasus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277547

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