Science-Fiction Motive in "Her" von Spike Jonzes


Hausarbeit, 2021

6 Seiten, Note: 2


Leseprobe


„She, Samantha: Eine Betrachtung der Science-Fiction Motive in Spike Jonzes Her“

Einführung

„Her“ der Spielfilm von Spike Jonze aus dem Jahre 2013 ist eine sehr unterhaltsame Genremischung. Es finden sich Elemente von Drama, Komödie, Romanze sowie Science­Fiction wieder. Ob der Film eine romantische Komödie oder ein Drama über gescheiterte Beziehungen ist, liegt praktisch im Auge des Betrachters. Keine Diskussion gibt es über die Science-Fiction Elemente, da die Existenz einer kommerziell-vertriebenen künstlichen Intelligenz, die auch ein Eigenleben mit eigenen Gefühlen und Zielen entwickelt, einen hohen technologischen Standard etabliert. Beim Betrachten des Films sieht man jedoch eine Gesellschaft, die nicht so Technik durchdrungen ist, wie man es am Anfang annehmen würde oder wenn man sie mit ähnlichen Genrekollegen vergleichen würde.

Die Darstellung von Technologie in Science-Fiction Filmen spielt nicht nur in das Weltbildung mit rein, sondern durchleuchtet mit dem Plot Facetten von Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und mögliche Ausgangspunkte der Beziehung zwischen Menschheit und Technologie. Deswegen würde ich „Her“ in Bezug auf die Darstellung von Technik, wie Technologien in der Gesellschaft funktionalisiert werden und welche Aussagen „Her“ mit dieser Darstellung erzielen will, untersuchen. Alles in dem Kontext der Science-Fiction Genrelinien.

Denn „Her“ ist dabei in seiner Abbildung eines technologischen Standards in dem Genre praktisch einzigartig. Denn die oft dystopischen Zukunftsmalereien der Science-Fiction Filme werden nicht direkt durch eine utopische Prognose ersetzt. „Her“ ist auch welche Aussagen es trifft und wie sie bekannte Tropen und Motive verpackt sehr eigen. Wie genau dies der Fall in „Her“ ist, soll in dieser Kurzanalyse ermittelt werden.

Darstellung des Forschungskontexts

„Her“ ist ein beliebtes Forschungssubjekt für viele Arten von Analysen und Abhandlungen. Ein sehr beliebtes Thema ist nicht überraschend die Beziehung zwischen Samantha/OS1 und Theodore und damit die Möglichkeiten und Grenzen einer (Liebes)Beziehungen zwischen einem Menschen und künstlicher Intelligenz. Auch die Frage nach Geschlecht und Identität wurde in mehreren Werken behandelt. Obwohl viele der Abhandlungen interessante Einsichten über die Welt von „Her“ haben, gibt es keine, die sich explizit auf die gezeigte und implizierte Technik fokussiert und welche Rolle sie in der Welt von „Her“ spielt. Für eine Kurzanalyse wäre es jedoch passend, sich nur auf diese Aspekte des Films zu beziehen, um hier eine Art Forschungslücke zu schließen.

Erläuterung des Vorgehens

Science-Fiction Filme können sich stark davon unterscheiden in wie fortgeschritten die Technik in den dargestellten Welten ist. Filme, die in der nahen Zukunft spielen, haben oft technologische Neuheiten wie selbstfahrende Autos, AIs oder Häuser wo alles mit einer Sprachsteuerung und Assistenten verbunden ist. Was alles heutzutage nicht mehr unrealistisch oder auch schon in abgewanderten Formen erhältlich ist. Science-Fiction der entfernten Zukunft ist fundamental anders. Es gibt unter anderem Raumschiffe, Außerirdische oder Teleportationen. Ich werde mich bei dieser Arbeit auf die Science­Fiction der nahen Zukunft beschränken. Die ausgewählten Filme, die ich zum Vergleich ziehen würde, wären „I, Robot“ und „Blade Runner“. Diese beiden Genrekollegen sind passende Vergleichsobjekte für mehrere Gründe.

Beide Filme sind nur um drei bis vier Dekaden nach ihrer realen Entstehung angesiedelt. Blade Runner spielt im Jahre 2019 und kam 1982 heraus. „I, Robot“ kam aus dem Jahr 2004 und ist im Jahre 2035 angesiedelt. In „Her“ wird keine Zeitangabe gemacht, der Eindruck wird aber deutlich, es sollte auch die nahe Zukunft sein. Alle drei Filme ereignen sich hauptsächlich in Großstädten und in allen ist künstliche Intelligenz ein Hauptmotiv. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass die AIs in den Filmen kommerzielle Produkte sind, also durch Unternehmen erschaffen und teilweise auch vertrieben werden.

Es wird eine Inhaltsanalyse sein, in welcher der Film „Her“ gemäß der Fragestellung durchleuchtet wird. Die Analyse erfolgt auf bestimmte Szenen und Aspekte des Filmes. Es wird nicht jede Szene mit Technologie betrachtet, sondern nur wenn man aus ihr weitere neue Aussagen ziehen kann. Der Vergleich zu den vorgestellten Genrefilmen wird auch nur dann gemacht, wenn durch den Vergleich eine Aussage entwickeln oder eine Aussage untermauert werden kann.

Strukturierte Analyse

Was man sehr oft im Film sieht, vor allem in den ersten Szenen wo die Welt etabliert wird, ist die Nutzung eines fortgeschrittenen virtuellen Assistenten auf dem Smartphone mit Kombination von schnurlosen Kopfhörern. Eine Weiterentwicklung von Technologie, welche man am Anfang der 2010s angetroffen hat und eine, die auch nur dem Nutzer die Handhabung erleichtert. Diese Technik ist in den ersten Szenen bei nahezu jeder Person sichtbar, was auch alle diese Personen trotz der physischen Nähe zueinander, isoliert. Theodore nutzt diese auch bis er sich das OS1 installiert. Diese ist ein Upgrade zu dem vorherigem Sprachassistenten in jeder Hinsicht - interaktiver, sympathischer und nützlicher als der vorherige Assistent.

Eine beliebte Trope in Science-Fiction Filmen ist die Angst Technologie würde menschliches Handeln überschreiben und oft auch inhumane Entscheidungen treffen, was sie auf reiner Logik oder einem Algorithmus basieren würden. Dies ist ein wichtiger Handlungspunkt in „I, Robot“ was den Protagonisten zu einem Skeptiker gegen die modernen Technologien macht. Dies ist nicht der Fall in „Her“ und selbst die Entscheidungen, die Samantha trifft, basieren (scheinbar) auf Subjektivität und Empathie.

Vertrieben wird OS1 durch das Unternehmen „Element Software. Wie auch das Unternehmen „Beautiful Handwritten Letters“, Theodores Arbeitsplatz, wird diese nur einmal im gesamten Film genannt. Das auch OS1 kommerziell vertrieben wurde ist, habe ich als relevant eingestuft, da hier ein bedeutender Unterschied zu den Genrekollegen entsteht. In „Her“ spielen Unternehmen selbst praktisch keine Rolle, das Augenmerk liegt aber dennoch auf ihren Produkten. Die Briefe, die Theodore schreibt, spielen bedeutsam in den Plot und die Charakterentwicklung von Theodore mit rein und sind auch ein wiederkehrendes Motiv. OS1/Samantha, das Produkt von Elements Software, ist natürlich essenziell für den Film und auch bevor Theodore anfängt es Samantha zu nennen, hören und sehen wir OS1 mit dem Produktlogo um einiges öfters als den Unternehmensnamen.

Im Vergleich zu „Blade Runner“, „I, Robot“ und auch anderen Genrekollegen, ist was erstmal als Kleinigkeit erscheint, eine enorme Abweichung. In den Welten von den beiden Vergleichsfilmen sind Konzerne allgegenwärtig und demonstrieren durch die Pflasterung von ihren Logos, Slogans und Werbung ihre Machtstellung in der Gesellschaft. Sie nutzen weiter auch die Popularität und den hohen technologischen Standard ihrer Produkte, um weitere Vorteile wie politischen Einfluss zu erlangen. Eine der Haupthandlungspunkte der beiden Filme sind auch die Gefahren, die von übermächtigen Konzernen ausgehen. In „Her“ ist dies nicht der Fall, weder wird Theodore oder die Gesellschaft durch die Nutzung von OS1 kompromittiert noch existiere überhaupt eine beobachtbare Hierarchie in der Gesellschaft von „Her“.

Je weiter die Geschichte sich entwickelt, desto weniger fortgeschrittene Technologien sieht man. In der Szene im Vergnügungspark am Abend wo Theodore und Sam eine Familie beobachten, nutzen keine von Ihnen Smartgeräte nutzen. Auch andere Personen in ihrem Umkreis und im Vergnügungspark haben keine Kopfhörer oder Smartphones wie die Menschenmassen es in den ersten Szenen hatten. Wenn man jedoch später auf die Szenen achtet wo Theodore wieder in Mitten der Großstadt ist, sieht man wieder viele Passantenmit den Geräten. Es ist also nicht der Fall, dass die Gesellschaft in „Her“ im Laufe der Handlung anfängt weniger Technologien zu benutzen, aber im Film existiert eine Trennung wo Technologie in der Gesellschaft genutzt wird und wo nicht. Die neue Lebensfreude, die Theodore durch die Beziehung zu Samantha bekam, lässt ihn öfters von seinem vorherigen Trott ausbrechen, wo er dann die Gegebenheiten trifft wo die Technik eine viel kleinere Rolle spielt. Sieht man im Film Personen allein, auf dem Weg von oder zu der Arbeit oder direkt in der Stadt, nutzen diese viel öfters ein Smartphone als Personen, die sich mit Familie, Freunden, Partner oder in der „Natur“ (Strand, Holzhütte) treffen. Wo zwischenmenschliche Beziehungen eine Rolle spielen wird Technik nicht „benötigt“.

Wieder unterscheidet sich dies stark von Genrekollegen. Vor allem in der dystopischen Zukunft von „Blade Runner“ sieht man eine enge direkte Verknüpfung von Technologie und Menschheit. Technik ist viel mehr verbunden in Alltagsgegenständen wie Kleidung und kann auch überlebensnotwendig sein. Das ist nicht beobachtbar in „Her“, die gezeigte und implizierte Technik ist meistens nur eine Art von Wohlstandsoptimierung. Weiterhin ist in „Blade Runner“ die größte Verknüpfung die Replikanten. Maschinen mit eigenen Emotionen und menschlicher Intelligenz in künstlichen aber quasi-menschlichen Körpern, so dass sie nur mithilfe eines speziellen Tests als Replikanten enthüllt werden könnten.

Ein menschlicher oder wenigstens humanoider Körper für eine künstliche Intelligenz ist ein beliebtes Motiv in Science-Fiction Werken. In „Her“ ist dies nicht der Fall, die Möglichkeit Samantha einen Körper zu geben wird nicht erforscht und ist wahrscheinlich in dieser Welt auch keine Alternative. Das Liebespaar versucht die Differenzen durch eine „Schauspielerin4 zu überbrücken. Dies scheitert. Eine Verknüpfung zwischen einem Körper und dem Charakter einer künstlichen Intelligenz gibt es nicht bzw. kann für Theodore nicht funktionieren. Die Beziehung scheitert letztendlich auch an den nicht überwindbaren Differenzen.

Ergebnisse

„Blade Runner“ zeigt eine dystopische Zukunft, die oftmals dem Subgenre Cyberpunk zugeordnet wird. Was sich als Warnung vor unkontrollierbaren Technologien, mächtigen Monopolkonzernen und einer Abhängigkeit der Menschen von den technologischen Produkten versteht. Auch in ,,I, Robot“ werden ähnliche Motive behandelt. Die Inspirationen für die Filme und ihre Vorlagen basieren auf realen Entwicklungen und Ereignissen.

„Her“ ist in dieser Hinsicht auffallend verschwiegen. Trotz der beschriebenen Gemeinsamkeiten der drei Filme, ist die Ausgangslage im Film nicht mal, dass die kritischen Entwicklungen eine positive Wende genommen haben, sondern sind sie praktisch verschwunden. Die negativen und gefährlichen Seiten von Kapitalismus, Technologien oder Konzernen wurden nicht direkt in einer optimistischen gesellschaftlichen Kehrtwende bezwungen, sondern es wird eine Welt vorgestellt wo diese von vornherein nicht existiert haben.

In „Her“ geht es also weniger um eine positive Zukunftsvision, sondern der Film vermeidet es letztendlich Aussagen in Bezug zu den Genremotiven zu treffen. Stattdessen fokussiert sich der Film auf ein paar gesellschaftliche Motive. Das nahezu utopische Setting ist keine Aussage darüber, dass eine so optimistische Zukunft möglich wäre, sondern nur ein Setting, so dass sich der Film auf seine Hauptthemen fokussieren kann.

Ein Science Fiction Motiv auf was „Her“ Bezug nimmt ist die von der unkontrollierbaren Technologie. Hier reiht sich der Film auch mit seinen Genrekollegen mit ein, die alle die künstlichen Intelligenzen als gleichwertig anerkennen. Wobei es auch hier einen Unterschied gibt, denn dass OS1 war nie kontrollierbar, dies war auch der Reiz an der Technologie. Wie das Samantha selbst Entscheidungen für Theodore und für sich selbst getroffen hat und eine eigene Persönlichkeit hatte. In den anderen Filmen entstanden die künstlichen Intelligenzen nur als fortgeschrittene Roboter oder virtuelle Assistenten, die sich dann von den menschen­entworfenen Grenzen befreiten.

Eine Abhängigkeit an die Technologie OS1 bahnt sich zwar für den Protagonisten emotional an, wird aber gerade durch die künstlichen Intelligenzen selbst gestoppt als diese sich in ihre eigene Existenzebene zurückziehen. Eine Verknüpfung, Abhängigkeit oder selbst eine Co- Existenz zwischen künstliche Intelligenz und Menschen wird abgelehnt. Wobei die Trennung im Grunde positiv geframt wird. Da Theodore und Samantha beide mit positiven Erfahrungen und Entwicklungen aus der Beziehung gehen, was auch das Beziehungsende von Theodore und seiner Ex-Frau spiegelt. Die letzten Szenen zeigen Theodore dann auch mit seiner Nachbarin und besten Freundin und ihre Beziehung wird angedeutet.

Erfüllung findet man in „Her“ letztendlich nur durch echte zwischenmenschliche Beziehung. Theodores Nutzung von Technologien gegen seine Einsamkeit scheitert immer. Nicht nur die Beziehung zu Samantha endet, sondern es wird auch klar, die zwei Partner sind zu unterschiedlich als dass diese jemals gut enden würde.

Diskussion der Ergebnisse

Durch den technologischen Stand der in der Welt von „Her“ präsentiert wird, ist es durchaus ein Science-Fiction Film, was ihn aber in diesem Genre signifikant macht, ist die Verweigerung von vielen Fragestellungen verbunden mit dem Begriff Science-Fiction. Oder wie die Tatsache, dass selbst eine Co-Existenz zwischen Menschen und künstlichen Intelligenzen von den künstlichen Intelligenzen selbst verneint wird. Weiter anzumerken, ist dass die in dem Genre übliche Kapitalismus- und Staatskritik auch nicht vorhanden ist, der Film konzentriert sich praktisch nur auf bürgerliche Aspekte. Dies setzt das Bild eines Filmes zusammen, was sich gegen sein Genre abschottet.

„Her“ ist ein höchst interessantes Untersuchungsobjekt wegen seiner Stellung in dem Genre vor allem bei einem Vergleich zu Genrekollegen. Diese Sonderstellung lädt auch zu weiteren Vergleichen ein.

Die Frage in wie weit die Welt von „Her“ von den Darstellungen der realen Welt in den Entstehungsjahren 2010 bis 2013 abweicht, könnte etwas Aufmerksamkeit bekommen. Indem man zum Beispiel technologischen Standards im Film mit denen von den Entstehungsjahren des Filmes 2010-2013 gegenüberstellt. Dies könnte weitere Fragen um die Intention der Filmemacher beantworten.

Weitere Fragestellungen könnten sich um die Gesellschaft an sich in „Her“ drehen. Wie angemerkt, scheint es in dieser praktisch keine Hierarchien zu geben. Weder sieht man Personen, denen man wenig/viel Einfluss oder Armut/Reichtum nachsagen könnte noch Personen, die man irgendwie in einer sozialen Hierarchie unterordnen könnte. Theodore fürchtet jedoch trotzdem gesellschaftliche Repressionen. Er fürchtet seine Beziehung zu Sam könnte in zum Außenseiter machen und auch als er erotische Bilder einer Schauspielerin in der Bahn anschaut, versucht er dies sich nicht anmerken zu lassen. Was darauf hinweist es gäbe doch eine Art von Sozialhierarchie. Dies wäre für eine Untersuchung möglich.

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Ende der Leseprobe aus 6 Seiten

Details

Titel
Science-Fiction Motive in "Her" von Spike Jonzes
Hochschule
Universität Passau
Note
2
Autor
Jahr
2021
Seiten
6
Katalognummer
V1187606
ISBN (eBook)
9783346629333
Sprache
Deutsch
Schlagworte
she, science-fiction, genrebetrachtung
Arbeit zitieren
Andreas Keller (Autor:in), 2021, Science-Fiction Motive in "Her" von Spike Jonzes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1187606

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