Eine kritische Würdigung der unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG. Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage


Bachelorarbeit, 2021

74 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung

2 Unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG
2.1 Grundlagen und Teleologie
2.2 Tatbestandsvoraussetzungen für die unentgeltliche Übertragung
2.2.1 Persönliche Voraussetzungen
2.2.2 Sachliche Voraussetzungen
2.2.2.1 Übertragung aller funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang
2.2.2.2 Unentgeltliche Übertragung
2.2.2.3 Aufgabe der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit des Übergebers
2.2.2.4 Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven
2.3 Ertragsteuerrechtliche Folgen der Buchwertfortführung
2.4 Verhältnisse zu anderen Normen

3 Unentgeltliche Übertragung oder Überführung nach § 6 Abs. 5 EStG
3.1 Grundlage und Teleologie
3.2 Überführung nach § 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG
3.3 Übertragung nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG
3.3.1 Anwendungsbereich
3.3.2 Der Begriff der Unentgeltlichkeit
3.3.2.1 Definition
3.3.2.2 Ansichten zur Trennungstheorie
3.3.2.3 Übertragung gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten
3.4 § 6 Abs. 5 S. 4 EStG
3.5 Verhältnisse zu anderen Normen

4 Rechtsprechungen und Verwaltungsauffassungen
4.1 BMF vom 03.05.2005 zu den Zweifelsfragen zu § 6 Abs. 3 EStG
4.2 Divergenzen zwischen BFH und BMF
4.2.1 Zeitgleiche Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG mit § 6 Abs. 5 EStG…...
4.2.2 Gesamtplangedanke
4.2.3 Zeitpunktbezogene Ausgliederung
4.3 BMF vom 20.11.2019 zu den Zweifelsfragen zu § 6 Abs. 3 EStG
4.3.1 Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils
4.3.2 Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils
4.3.3 Funktionsfähige betriebliche Einheit

5 Anwendungsfälle der Unternehmensnachfolge
5.1 Konzept der Übertragung
5.2 Ausgangssachverhalt
5.3 Ausgliederungsmodell
5.4 Weitere Lösungsmöglichkeiten
5.4.1 Übertragung unter Nießbrauch
5.4.2 Versorgungsleistungen

6 Zusammenfassung

Anhang

Literaturverzeichnis

Rechtsprechungsverzeichnis

Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen

Rechtsquellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Persönlicher Anwendungsbereich

Abb. 2: Einheitstheorie

Abb. 3: Anwendungsfälle des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG

Abb. 4: Anwendungsfälle des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Differenzierung der Wirtschaftsgüter hinsichtlich Zerschlagung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Zahlreiche Familienunternehmen stehen unmittelbar vor weitreichenden Umstrukturierungsmaßnahmen aufgrund einer anstehenden Unternehmensnachfolge. Die Entscheidung erstreckt sich über die steuerliche Komponente hinweg über die zivilrechtlichen Problematiken bis hin zur Beeinflussung der Zukunft des Kundenstamms sowie der Mitarbeiter.1 Die oftmals alters- oder krankheitsbedingte Maßnahme verlangt eine organisierte, strukturierte und vor allem frühzeitige Planung, um die vielschichtigen Problematiken zu bewältigen. Dabei steht die Unternehmenskontinuität sowie die finanzielle Absicherung des Übergebers im Fokus der Übertragung.2 Das primär gewünschte Szenario des Übergebers bildet das Verbleiben des Unternehmens in der Familienhand.3 Damit einem geeigneten Familienmitglied nicht schon zu Beginn der Unternehmerschaft Liquiditätsproblematiken widerfahren, erfolgt eine solche Übertragung häufig ohne einen festgelegten, fremdüblichen Veräußerungspreis. Vielmehr ist ein stetiger und dauerhafter Mittelzufluss gewünscht, damit einer potenziell entstehenden Versorgungslücke entgegengewirkt werden kann. Dieses auserkorene Gestaltungsziel gilt es in der steuerlichen Beratung zu erreichen, ohne die im Unternehmen enthaltenen, stillen Reserven zu besteuern.4 Um die Fortführung eines Unternehmens nicht zu erschweren etabliert der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 3 EStG eine Normierung, wodurch unentgeltliche Unternehmensübertragungen begünstigt werden.5 Um dieses Privileg in Kombination mit den erstrebten Zielen eines Übergebers realisieren zu können, ist die exakte Einhaltung der gestellten Regularien zwingend erforderlich. Eine geringfügige Abweichung von den Voraussetzungen löst eine ertragsteuerliche Mehrbelastung für den Übergeber aus, welche existenzielle Konsequenzen auslösen kann. Divergenzen zwischen der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung waren für eine rechtssichere Gestaltung einer Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht dienlich. Vor allem im Hinblick einer möglichen zeitgleichen Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG herrschte über Jahre hinweg Unstimmigkeit, weshalb es für die Praxis ein schmaler Grat zwischen Anwendbarkeit und Versagen der Normierungen war. Mit dem Schreiben vom 20.11.2019 versucht das BMF durch erhebliche Änderungen für Rechtssicherheit zu sorgen. Ob dies erreicht wurde und wie diese Maßnahmen die Gestaltungspraxis ändern, wird in dieser Arbeit dargestellt.

Um diese Fragen hinreichend zu beantworten, wird zunächst in Kapitel zwei die Konzeption des § 6 Abs. 3 EStG mit den relevanten Tatbestandsvoraussetzungen dargelegt. Selbiges wird in Kapitel drei für die Normierungen des § 6 Abs. 5 EStG vorgenommen, da dieser eine entscheidende Rolle in der Steuergestaltung einnimmt. Auf entstandene Diskrepanzen zwischen BFH und BMF, wodurch erhebliche Rechtsunsicherheit entstand, wird in Kapitel vier Stellung genommen. Letztlich werden in Kapitel fünf die teilweise neu entstandenen Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt, die für eine unentgeltliche Übertragung einer Sachgesamtheit von großer Bedeutung sind.

2 Unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG

2.1 Grundlagen und Teleologie

Für die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder des Anteils
eines Mitunternehmers an einem Betrieb, im Folgenden „betriebliche Sachgesamtheit“ genannt, ist § 6 Abs. 3 EStG maßgeblich. Dieser umfasst einerseits den Tatbestand der Übertragung durch Schenkung durch vorweggenommene Erbfolge zu Lebzeiten hinsichtlich der Unternehmensnachfolge.6 Andererseits ist der Übergang betrieblicher Sachgesamtheiten durch Erbfolge ebenfalls inkludiert.7 Explizit fällt die unentgeltliche Aufnahme von natürlichen Personen in ein Einzelunternehmen sowie die unentgeltliche Übertragung von Teilen eines Mitunternehmeranteils ebenso in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG.8

Ist eine Übertragung in den Bereich des § 6 Abs. 3 EStG einzugliedern, werden die Wirtschaftsgüter, die auf den Übernehmer übertragen werden, mit dem Wert angesetzt, welcher sich aus den Vorschriften der Gewinnermittlung des Übergebers ergeben. Der Übernehmer führt die Buchwerte aus dem Betriebsvermögen des Übergebers fort.9 Der Grundsatz des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und 5 EStG, wonach Einlagen und Entnahmen zum Teilwert erfolgen, wird durch diese spezielle Bewertungsvorschrift durchbrochen.10 Die interpersonelle Übertragung der enthaltenen stillen Reserven setzt gem. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG voraus, dass die Besteuerung dieser sichergestellt wird.11 Wie dies erreicht werden kann, wird in Punkt 2.2.2.4 erläutert. Das Subjektsteuerprinzip, wodurch stille Reserven bei dem Steuerpflichtigen besteuert werden, von dem diese erwirtschaftet worden sind, wird somit durchbrochen.12 Der ertragsteuerlich unbelastete Vermögensübergang dient der Existenzsicherung der jeweiligen betrieblichen Sachgesamtheit. Ohne das Privileg der Buchwertfortführung würden die stillen Reserven aufgedeckt werden. Diese sind dann aufgrund der Individualbesteuerung auf Ebene des Übergebers im Rahmen des § 16 EStG zu besteuern.13 Allerdings stehen dem Übergebers aufgrund des unentgeltlichen Vorgangs c. p. keine Mittel zur Verfügung, die aus der Aufdeckung der stillen Reserven resultierende Ertragssteuerlast zu decken. Eine Option, diese Last begleichen zu können, ohne einen Veräußerungspreis zu erhalten, ist die Veräußerung von Anlagevermögen. Hierdurch würde die Fortführung der Sachgesamtheit aufgrund fehlender Liquidität des Übergebers gefährdet werden. Durch die Buchwertfortführung wird ein Entlastungszweck erzielt, welcher die Generationennachfolge erleichtert und somit den Fortbestand der Sachgesamtheit sicherstellt.14 Unter dem Leitbild der ununterbrochenen Betriebsfortführung agiert der Gesetzgeber analog zum UmwStG.15 Durch § 24 UmwStG wird dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht gewährt, wodurch es möglich ist, eine in eine Personengesellschaft eingebrachte betriebliche Sachgesamtheit zu Buchwerten fortzuführen.

2.2 Tatbestandsvoraussetzungen für die unentgeltliche Übertragung

2.2.1 Persönliche Voraussetzungen

Die Normen des § 6 Abs. 3 EStG sind grundsätzlich unabhängig von der Gewinnermittlungsart praktikabel.16 Es wird nicht zwischen der Bilanzierung gem. den §§ 4 Abs. 1, 5 EStG und der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG differenziert. Ebenfalls wird nicht in der Rechtsform unterschieden. Die Buchwertfortführung wird sowohl für natürliche Personen und Personengesellschaften, als auch für Kapitalgesellschaften und Stiftungen gewährt.17 Dabei können diese sowohl Übergebers als auch Übernehmer sein.18 Eine Ausnahme hiervon bietet § 6 Abs. 3 S. 1 HS 2 EStG. Für den Fall der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen sowie der unentgeltlichen Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils wird vorausgesetzt, dass der Erwerber eine natürliche Person ist. Weitere Abweichungen sind im EStG nicht definiert. Es müssen indes weitere Vorschriften beachtet werden, welche die Buchwertfortführung ausschließen können. So müssen im Fall einer Kapitalgesellschaft als Übergebers oder Empfänger die Normen des KStG berücksichtigt werden. Hierbei ist § 8 Abs. 3 KStG von zentraler Bedeutung.19 Die Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung oder der verdeckten Einlage sind den Normen des EStG vorzuziehen.20 Überträgt eine Kapitalgesellschaft unentgeltlich eine betriebliche Sachgesamtheit auf einen Gesellschafter selbiger Kapitalgesellschaft, werden die stillen Reserven zwingend aufgedeckt und sind im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Kapitalgesellschaft zu besteuern.21 Selbiges gilt, wenn nicht auf den Gesellschafter der Kapitalgesellschaft übertragen wird, sondern auf eine diesem nahe stehende Person.22

Für den umgekehrten Fall, dass die betriebliche Sachgesamtheit auf eine Kapitalgesellschaft übertragen wird, bei der der Übergeber als Gesellschafter fungiert, ist der Vorgang als verdeckte Einlage zu qualifiziert.23 Diese wird gem. § 6 Abs. 6 S. 2 EStG zu Teilwerten bewertet. Somit entsteht dem übertragenden Gesellschafter ein steuerpflichtiger Gewinn aus dem Übertragungsvorgang in Höhe der stillen Reserven, welcher ggf. gem. §§ 16, 34 EStG begünstigt ist.24 Auf Ebene der Kapitalgesellschaft steigen wiederum die Anschaffungskosten des Gesellschafters um den Wert der übertragenen betrieblichen Sachgesamtheit.25 Folgende Übersicht veranschaulicht die persönlichen Voraussetzungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Persönlicher Anwendungsbereich26

Abweichend zum definierten Grundsatz zur Handhabung bei Kapitalgesellschaften qualifiziert die Übertragung bei folgenden Konstellationen nicht zur verdeckten
Einlage:

- Übertragung auf Stiftungen,27
- Übertragung auf eine gemeinnützige Kapitalgesellschaft, wenn Übergeber beteiligt ist, gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 4 EStG,
- Vererbung an eine Kapitalgesellschaft, wenn weder Erblasser oder ihm nah-stehende Personen an der übernehmenden Kapitalgesellschaft beteiligt sind28,
- Schenkung an eine Kapitalgesellschaft, wenn weder Schenker noch ihm nahestehende Personen an der übernehmenden Kapitalgesellschaft beteiligt sind29.

Folglich wird die Buchwertfortführung gewährt und die stillen Reserven werden durch die Übertragung nicht aufgedeckt.

Die genannten Ausnahmen bei Übertragungen auf Stiftungen bzw. gemeinnützigen Kapitalgesellschaften setzen zudem voraus, dass es sich bei der betrieblichen Sachgesamtheit nicht um einen Mitunternehmeranteil an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft handelt.30 Die Rückausnahme wird von dem Finanzministerium Schleswig-Holstein gestützt und führt an, dass die Personengesellschaft zwingend selbst gewerblich tätig sein muss.31 Grund hierfür ist die Tatsache, dass von einem derartigen Übernehmer kein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Auch nicht nach der Übertragung. Zur Folge hat dies, dass die stillen Reserven dem steuerfreien Bereich der Stiftung bzw. der gemeinnützigen Tätigkeit zugeordnet werden würden. Eine Besteuerung dieser stillen Reserven ist hierdurch nicht mehr sichergestellt. Die stillen Reserven werden somit aufgedeckt.32

2.2.2 Sachliche Voraussetzungen

2.2.2.1 Übertragung aller funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang

Wie eingangs beschrieben beschränkt sich die Norm des § 6 Abs. 3 EStG ausschließlich auf den Rechtsträgerwechsel von Betrieben, Teilbetrieben und den
Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb.33 Die einzelnen Begrifflichkeiten werden gesetzlich nicht genau definiert. Nach h. M. sind diese allerdings grundsätzlich mit den in § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG verwendeten Begriffen des „ganzen Gewerbebetriebs“, „Teilbetriebs“ oder des „Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist“ deckungsgleich.34 Von essenzieller Bedeutung für die Buchwertfortführung ist das Bestehen der betrieblichen Sachgesamtheit, welche im Zeitpunkt der Übertragung noch dazu im Stande ist, Einkünfte nach § 13 EStG, § 15 EStG oder § 18 EStG zu erzielen.35 Im Folgenden werden die unterschiedlichen Grundsätze zur Übertragung der einzelnen Teilbereiche dargestellt.

Die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG setzt für den Fall der Übertragung eines Betriebes voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen im Übertragungsvorgang inkludiert sind. Es müssen demnach explizit nicht sämtliche betriebliche Wirtschaftsgüter auf den Übernehmer übergehen. Eine vor der Übertragung stattfindende Veräußerung oder Entnahme der Wirtschaftsgüter, welche nicht den wesentlichen Betriebsgrundlagen zugeordnet werden, ist für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG unschädlich.36 Die restlichen Wirtschaftsgüter, die im Betriebsvermögen verbleiben und übertragen werden, müssen lediglich die wesentliche Betriebsgrundlage der betrieblichen Sachgesamtheit darstellen.37 Dabei wird bei der Wesentlichkeit rein auf die funktionale Bedeutung abgestellt. Funktional wesentlich sind nur Wirtschaftsgüter, die hinsichtlich ihrer Funktion für die Führung des Betriebes von besonderem wirtschaftlichem Gewicht sind.38 Die Höhe der stillen Reserven ist trivial.39 Falls wesentliche Betriebsgrundlagen, sowohl entgeltlich als auch unentgeltlich, noch vor dem Zeitpunkt der Übertragung der betrieblichen Sachgesamtheit auf einen anderen Rechtsträger übertragen werden, kann die Buchwertfortführung nach aktuellem Rechtsstand u. U. dennoch Anwendung finden. Eine derartige Ausgliederung darf allerdings nicht zu einer Betriebszerschlagung der betrieblichen Sachgesamtheit führen.40 Dies würde eine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe zur Konsequenz haben.41 Der Übernehmer muss zwingend eine funktionsfähige betriebliche Einheit erhalten.42 Wie diese definiert ist, wird in Punkt 4.3.3 erläutert. Der Betrieb gilt dann als übertragen, sobald das wirtschaftliche Eigentum an den Vermögensgegenständen sowie den Verbindlichkeiten an den Übernehmer übergegangen sind.43

Im Gesetzestext des § 6 Abs. 3 EStG wird zwischen den Begrifflichkeiten des Betriebs und des Teilbetriebs differenziert, allerdings nicht explizit abgegrenzt. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen sind hingegen dieselben. Auch hier ist das zu erfüllende Hauptmerkmal das Bestehen einer funktionsfähigen betrieblichen Einheit mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen.44 Der Teilbetriebsbegriff i. S. d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG umfasst einen jenen organisch geschlossenen Teil eines Gesamtbetriebes, welcher eine gewisse Selbstständigkeit aufweist und für sich alleine lebensfähig ist.45 Die Merkmale sind auf den Teilbetriebsbegriff des § 6 Abs. 3 EStG anwendbar, auch wenn grundsätzlich eine normspezifische Auslegung des Begriffs erforderlich ist.46 Die in § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG aufgenommene Fiktion, dass eine 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft bei einem entgeltlichen Veräußerungsvorgang zu einem Teilbetrieb qualifiziert, ist nicht auf § 6 Abs. 3 EStG übertragbar. Die unentgeltliche Übertragung einer Beteiligung, die das gesamte Nennkapital einer Kapitalgesellschaft umfasst, erfolgt unter Aufdeckung der stillen Reserven.47

Abschließend wird neben dem Betrieb und dem Teilbetrieb auch die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG begünstigt. Durch den Vorgang werden dem Übernehmer die der Mitunternehmerstellung begründenden Rechte und Pflichten übertragen.48 Sowohl der Anteil am Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft, als auch die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sind hierbei inhärent.49 Für beide Vermögensgruppen ist wiederum das Kriterium der funktionalen Wesentlichkeit der Wirtschaftsgüter maßgeblich.50 Wie zuvor ist eine Veräußerung wesentlicher Wirtschaftsgüter möglich. Dabei kommt es neben dem Bestehen einer funktionsfähigen Einheit auf den Umfang des Betriebsvermögens im Übertragungszeitpunkt an.51 Genaue Kriterien, welche Vorgänge schädlich für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG sind, werden in Punkt 4.3.1 aufgeführt. Zudem besteht gem. § 6 Abs. 3 S. 1 HS 2 Alt. 2 EStG die Möglichkeit, nur einen Teil des Mitunternehmeranteils zu übertragen. Bei dieser Gestaltung ist die Mitübertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens abkömmlich.52 Allerdings muss hierbei die Sperrfrist gem. § 6 Abs. 3 S. 2 EStG von fünf Jahren beachtet werden, in der der Übernehmer den Mitunternehmeranteil nicht veräußern oder aufgeben darf. In Punkt 4.3.2 wird differenziert, wann die Sperrfrist Anwendung findet und wann diese Sperrfrist nicht greift. Die Frist soll grundsätzlich dem vorbeugen, dass die stillen Reserven der wesentlichen Betriebsgrundlage durch ein anderes Steuersubjekt realisiert werden und dadurch Steuervorteile im Fokus stehen.53 Die Buchwertfortführung wird bei der Übertragung des Mitunternehmeranteils unabhängig von der Anzahl der Übernehmer gewährt.54 Selbiges gilt für das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft.55

Für die Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen, unabhängig davon, ob es sich um einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil handelt, ist ein einheitlicher Übertragungsvorgang erforderlich.56 Es müssen zum gewählten Übertragungszeitpunkt somit alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Übernehmer in einem einzigen Kausalgeschäft übergehen.57 Dies ist gewährleistet, wenn der Übertragung ein Übergabe- oder Schenkungsvertrag zugrunde liegt.58 Eine in mehrere, zeitlich aufeinander folgende Einzelakte aufgespaltene Gesamtübertragung schließt die Buchwertfortführung dennoch nicht grundsätzlich aus. Die Aufspaltung der Akte muss auf einem einheitlichen Willensbeschluss beruhen und zwischen den jeweiligen Übertragungsakten ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen.59 Somit kann bei Aufteilung in mehrere Kausalgeschäfte unter benannten Voraussetzungen ein einheitlicher Vorgang vorliegen und die Buchwertfortführung angewandt werden.60

2.2.2.2 Unentgeltliche Übertragung

Das normspezifische Kriterium der Unentgeltlichkeit nach § 6 Abs. 3 EStG wird geprägt durch den Rechtsgrund der Übertragung. Hierdurch kann differenziert werden, ob Unentgeltlichkeit tatsächlich i. S. d. Norm vorliegt oder ob es sich vielmehr um eine Veräußerung nach § 16 EStG handelt. Für § 6 Abs. 3 EStG sind die Schenkung, die vorweggenommene Erbfolge aber auch die Erbschaft von Todes wegen typisierende Rechtsgründe.61 Um den Charakter der Unentgeltlichkeit i. S. d. § 6 Abs. 3 EStG zu erreichen, ist der bloße Mangel einer Gegenleistung nicht ausreichend.62 Die Unentgeltlichkeit baut vielmehr auf dem Grundsatz des § 516 BGB auf. Demnach ist eine Unentgeltlichkeit erst dann erfüllt, wenn der Empfänger durch den Übertragungsvorgang bereichert wird, ohne eine Gegenleistung zu erbringen, die in der Wertigkeit gleich ist. Dieser Tatbestand fehlt i. d. R. bei einem Vorgang zwischen fremden Dritten, da hier der Grundsatz von gleichwertiger Leistung und Gegenleistung gilt.63

Die Unentgeltlichkeit wird nach § 6 Abs. 3 EStG von der Einheitstheorie geprägt.64 Es wird ermöglicht, dass der gesamte Vorgang als unentgeltlich qualifiziert, obwohl Teilentgelt fließt. Von einer Aufteilung des Vorgangs im Rahmen der Trennungstheorie, s. Punkt 3.3.2.2, wird abgesehen. Das Entgelt darf lediglich den Buchwert der betrieblichen Einheit nicht überschreiten.65 Gewährte Versorgungsleistungen hindern die Buchwertfortführung durch die Voraussetzung der Unentgeltlichkeit nicht.66 Die Versorgungsbedürftigkeit des Übergebers und der Versorgungswille des Übernehmers stehen hierbei im Vordergrund und sind zwingend erforderlich.67 Sofern das Entgelt allerdings die Grenze des Buchwerts übersteigt, wird der gesamte Veräußerungsvorgang als entgeltlich qualifiziert und wird als Veräußerungsgeschäft gem. § 16 EStG gewertet. Aus teleologischer Betrachtungsweise ist die Nichtanwendung der Trennungstheorie konsequent, da zu einer übertragenen Einheit auch Schulden gehören können.68 Die Übernahme betrieblicher Verbindlichkeiten schließt die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG aufgrund der Einheitstheorie deshalb nicht aus, da der Übernehmer hierdurch dennoch bereichert werden kann.69 Selbiges gilt bei einem negativen Kapitalkonto.70 Dieses kann durch die vorhandenen stillen Reserven kompensiert werden.71 Es ist zu beachten, dass tauschähnliche Vorgänge, insbesondere die Übertragung von Gesellschaftsrechten, als entgeltlicher Vorgang zu qualifizieren sind.72 Ebenso gelten neben Ausgleichs- und Abstandszahlungen auch übernommene Verbindlichkeiten als Entgelt, wenn diese nicht im übernommenen Betriebsvermögen passiviert sind.73 Folgendes Schaubild verdeutlicht die Einheitstheorie:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Einheitstheorie74

2.2.2.3 Aufgabe der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit des Übergebers

Unabhängig von der normspezifischen Auslegung des Begriffs des Gewerbebetriebes gilt paragraphenübergreifend, dass ein solcher tätigkeitsbezogen zu interpretieren ist.75 Aufgrund dessen gilt eine betriebliche Sachgesamtheit erst dann als übertragen, wenn der Übergeber die bisher ausgeübte gewerbliche Tätigkeit aufgibt.76 Wäre dies nicht der Fall, ist es dem Übernehmer nicht möglich, die vom Übergeber ausgeübte Tätigkeit uneingeschränkt fortzuführen.77 Eine Übertragung eines (Teil-) Betriebs mit gewerblichen Einkünften gem. § 15 EStG unter Vorbehalt des Nießbrauchs, wodurch dem Übergeber das Recht der Weiterführung seiner gewerblichen Tätigkeit gewährt wird, wurde vom BFH und vom FG Münster als gewinnrealisierende Betriebsaufgabe angesehen und schließt die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG aus.78 Dies gilt konsequenterweise ebenfalls für Tätigkeiten i. S. d. § 18 EStG.79 Die tätigkeitsbezogene Betrachtung gilt bei land- und forstwirtschaftlichem Betrieben nicht.80 Die Buchwertfortführung kann hier auch bei Nießbrauchvorbehalt angewendet werden. Grund ist die Begriffsauslegung der Einkünfte, die im Fall des § 13 EStG mehr substanzbezogen als tätigkeitsbezogen ist.81 Die Differenzierung zwischen Gewerbebetrieb und land- und forstwirtschaftlichen Betrieb wird kritisch betrachtet, da eine Rechtfertigung aufgrund Art. 3 Abs. 1 GG ausgeschlossen wird.82 Die Auffassung zum Nießbrauchsvorbehalt gilt nur für die Übertragung von Betrieben und Teilbetrieben. Zur Übertragung von Mitunternehmeranteilen unter Nießbrauch bewertet das BMF neu.83 Welche Voraussetzungen für die Anwendung erfüllt sein müssen, wird im Kapitel 4.3.1 beschrieben.

Das zwingende Erfordernis, dass die gewerbliche Tätigkeit vom Übergeber eingestellt werden muss, ist nach h. M. bedenklich. Die Voraussetzung ist dem Gesetzestext des § 6 Abs. 3 EStG nicht zu entnehmen. Ebenso steht die Fortführung durch den Übernehmer nicht im Kontrast zur ursprünglichen Teleologie der Norm. Die Fortsetzung der betrieblichen Einkünfteerzielung wird dem Übernehmer trotz Nießbrauch ermöglicht.84

2.2.2.4 Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven

Die stillen Reserven gelten als sichergestellt, wenn eine spätere Besteuerung in Deutschland nicht umgangen werden kann. Die interpersonelle Verlagerung ist dabei nicht schädlich.85 Die Steuerverstrickung der stillen Reserven beim Übernehmer wird durch die Änderung des Gesetzestextes des § 6 Abs. 3 EStG durch das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz I vom 20.12.2016 explizit vorausgesetzt. Dies wird grundsätzlich erreicht, indem der Übernehmer die betriebliche Sachgesamtheit im Inland fortführt.86 Von diesem Grundsatz wird allerdings abgewichen, wenn es sich bei dem übertragenen Vermögen um einen Mitunternehmeranteil an einer vermögensverwaltenden, gewerblich geprägten Personengesellschaft handelt und dieser in den steuerfreien Bereich einer Stiftung oder gemeinnützigen Körperschaft verlagert wird, vgl. Punkt 2.2.1.87

Die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG wird jedoch nicht grundsätzlich versagt, wenn die betriebliche Sachgesamtheit nicht auf einen im Inland ansässigen Steuerpflichtigen übertragen wird. Die Besteuerung der stillen Reserven gilt auch dann u. U. als sichergestellt, wenn die Sachgesamtheit auf eine im Ausland ansässige Person übergeht, da diese durch die übertragene Einheit im Inland nach § 1 Abs. 4 EStG beschränkt steuerpflichtig wird. Bei der Übertragung auf Steuerausländer ist die Besteuerung der stillen Reserven hingegen nicht sichergestellt, wenn eine vermögensverwaltende, gewerblich geprägte Personengesellschaft übertragen wird.88 In diesem Fall liegt das Besteuerungsrecht nach den üblichen DBA-Regelungen beim ausländischen Staat und nicht, wie vorausgesetzt, im Inland.89 Die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG bemisst sich zudem nicht an dem Steuersatz, der herangezogen wird, sobald die stillen Reserven aufgedeckt werden. Es ist ausreichend, wenn eine grundsätzliche Besteuerung mit dem geringeren Körperschaftsteuersatz sichergestellt wird.90

2.3 Ertragsteuerrechtliche Folgen der Buchwertfortführung

Sind alle o.g. Voraussetzungen erfüllt, kommt es bei dem Übergeber zur Ermittlung eines Gewinns. Der Vorgang wird weder als Betriebsveräußerung, noch als Betriebsaufgabe oder Entnahme qualifiziert.91 Grundlage für die Ermittlung des Gewinns nach § 6 Abs. 3 EStG sind die Wirtschaftsgüter, die Bestandteil der übertragenen Sachgesamtheit sind. Dabei sind gem. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG die Werte gewinnerhöhend anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben. Dies sind die nach Handels- und Steuerrecht zutreffend ermittelten Buchwerte.92 Dem gegenüber stehen wiederum die Buchwerte der übertragenen Wirtschaftsgüter, weshalb die Ermittlung des Gewinns lediglich formellen Charakter trägt. Ein Übertragungsgewinn entsteht hierbei nicht, weshalb der Vorgang steuerneutral ist.93 Die Anordnung des Buchwertes ist zwingend. Ein Wahlrecht zum Ansatz des höheren Teilwerts wird nicht gewährt.94 Diese Konsequenz ist maßgeblich für die in Punkt 2.1 erläuterte Teleologie.

Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt werden können, ist eine Buchwertfortführung ausgeschlossen. Dem Übergeber entsteht ein Gewinn in Höhe der stillen Reserven, welche zwingend nach § 16 Abs. 3 EStG aufgedeckt werden. Der Gewinn ist für den Übergeber ggf. gem. §§ 16, 34 EStG begünstigt. Allerdings entsteht die in Punkt 2.1 aufgeführte Problematik der fehlenden Liquidität des Übergebers. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Privilegs ist hinsichtlich des Gedankens des Realisationsprinzips konsequent, da durch den reinen Vermögenszuwachs keine Steuerzahlungen geleistet werden können.95

Mit dem Buchwertfortführungsprivileg geht eine Buchwertverknüpfung auf Ebene des Übernehmers einher. Dieser hat die Buchwerte des Rechtsvorgängers gem. § 6 Abs. 3 S. 3 EStG zu übernehmen und fortzuführen.96 Werden die übernommenen Buchwerte nachträglich, z. B. durch Betriebsprüfung, geändert, besteht aufgrund der Buchwertverknüpfung bei dem Übernehmer die Pflicht, die Buchwerte ebenfalls anzupassen.97 Die Option des Ansatzes eines höheren Teilwerts gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, um ein entsprechend höheres Abschreibungsvolumen zu generieren, besteht ebenso wenig wie vorig beim Übergeber. Die Einlage der Sachgesamtheit zu Teilwerten ist bei vorangegangener Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nur möglich, wenn der Übernehmer die Veräußerungsfrist gem. § 6 Abs. 3 S. 2 EStG nicht wahrt.98 Im Gegenzug entsteht dem Übergeber nachträglich ein Übertragungsgewinn, da die stillen Reserven aufgedeckt werden. Zusätzlich können im Rahmen der Gestaltung der Übertragung einer Sachgesamtheit Kosten entstehen. Diese sind jedoch weder bei dem Übergeber, noch beim Übernehmer steuermindernd zu berücksichtigen.99 Grund hierfür ist die fehlende betriebliche Veranlassung, denn die übertragene Sachgesamtheit an sich hat kein betriebliches Eigeninteresse, dass ein bestimmter Nachfolger den Betrieb übernimmt.100

Der Rechtsnachfolger übernimmt jegliche Rechtspositionen des Vorgängers. Dies ist entscheidend für die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen, der Abschreibungsmethoden und der Einhaltung der Sperrfrist nach § 6 Abs. 5 S. 4 EStG.101 Ebenso hat die Übertragung der Sachgesamtheit keinen Einfluss auf einen vom Übergeber eingestellten Investitionsabzugsbetrag, welcher aufgrund ausstehender Investition noch nicht aufgelöst wurde.102 Bei ausbleibender Investition wird der eingestellte Investitionsabzugsbetrag auf Ebene des früheren Betriebsinhabers aufgelöst.103 Auch die Übernahme und Fortführung einer vom Übergeber eingestellten Rücklage nach § 6 b EStG ist für den Übernehmer verpflichtend.104

Da bei Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG die stillen Reserven auf den Rechtsnachfolger übergeben werden, wird auch auf Ebene der Gewerbesteuer keine Besteuerung ausgelöst.105 Die laufenden gewerbesteuerlichen Konsequenzen hinsichtlich der Übertragung eines Gewerbebetriebs im Ganzen finden ihren Ursprung in § 2 Abs. 5 GewStG. Die Norm ist maßgeblich für die sachliche Gewerbesteuerpflicht. Der Gewerbebetrieb gilt somit nach § 2 Abs. 5 S. 1 GewStG aufgrund des Unternehmerwechsels beim Übergeber zum Zeitpunkt der Übertragung als eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der bisherige Unternehmer auch persönlicher Steuerschuldner nach § 5 Abs. 2 S. 1 GewStG. Gleichzeitig zur gewerbesteuerlichen Betriebseinstellung wird selbiger Gewerbebetrieb durch den Übernehmer nach § 2 Abs. 5 S. 2 GewStG zum Übertragungszeitpunkt neu gegründet. Die Neugründung wird versagt, wenn die übergebene Sachgesamtheit in einen bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird. Ab dem Zeitpunkt der Neugründung liegt gem. § 5 Abs. 2 S. 2 GewStG die persönliche Gewerbesteuerpflicht beim Übernehmer vor. Es handelt sich nach der Übertragung um zwei selbstständige Gewerbebetriebe. Bei unterjähriger Übertragung ist der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG i. H. v. 24.500 EUR beiden Steuerschuldnern in voller Höhe zu gewähren. Der Wechsel der sachlichen Steuerpflicht findet nicht statt, wenn die Beteiligungsstrukturen sich nicht im Totalen ändern. So bleibt die sachliche Steuerpflicht unverändert, wenn ein Einzelunternehmen durch Aufnahme zusätzlicher Gesellschafter zu einer Personengesellschaft umgewandelt wird. Selbiges gilt im Fall des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters einer Personengesellschaft und der damit verbundenen Umwandlung in ein Einzelunternehmen. Lediglich die persönliche Steuerpflicht verändert sich hinsichtlich des § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG.106

2.4 Verhältnisse zu anderen Normen

Innerhalb des § 6 EStG ist die Struktur eindeutig. Während § 6 Abs. 1 EStG als Grundsatz anzuwenden ist, gelten die danach folgenden Absätze als Ausnahme vom Grundsatz.107 Eine Konkurrenz innerhalb desselben Paragraphen ist für § 6 Abs. 3 EStG nicht gegeben, da dieser gesondert die Übertragung einer betrieblichen Sachgesamtheit kodifiziert. § 6 Abs. 4 bis 6 EStG bewerten den Vorgang der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter.108 Einzelne Vorschriften des EStG verwehren das Buchwertprivileg. So sind die Sonderregelungen des § 50i EStG wie auch § 4 Abs. 1 S. 3 EStG vorrangig anzuwenden.109 Ebenso beachtlich ist das grundsätzliche Verhältnis des EStG zu anderen Normen. Das UmwStG als lex specialis ist dem EStG prinzipiell vorzuziehen. § 24 UmwStG normiert die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen in Personengesellschaften. Als entscheidender Unterschied der Normen setzt § 24 UmwStG eine Einlage des eingetretenen Gesellschafters voraus. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, wird § 24 UmwStG dem § 6 Abs. 3 EStG bevorzugt. Erfolgt der Vorgang ohne Einlage, ist wiederum § 6 Abs. 3 EStG anzuwenden.110 Eine parallele Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG mit § 6 Abs. 5 EStG ist nach neuster Rechtsprechung möglich, auf die im Punkt 4.3 Bezug genommen wird.111

3 Unentgeltliche Übertragung oder Überführung nach § 6 Abs. 5 EStG

3.1 Grundlage und Teleologie

§ 6 Abs. 5 EStG bewertet den Übergang eines Wirtschaftsgutes von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen.112 Wie im zuvor beschriebenen § 6 Abs. 3 EStG wird auch in dieser Norm die Möglichkeit gewährt, eine Entnahme sowie Einlage zum Buchwert zu tätigen. Durch die Gewinnneutralität werden Umstrukturierungsmaßnahmen erleichtert.113 Objektiv betrachtet ist eine Aufdeckung der stillen Reserven nicht notwendig, da die stillen Reserven nicht auf ein anderes Steuersubjekt übergehen. Es erfolgt lediglich ein Wechsel hinsichtlich der Zuordnung zu einem Gewinnermittlungssubjekt.114 Der grundsätzlich relevanteste Unterschied zum zuvor beschriebenen § 6 Abs. 3 EStG bildet der Umfang des Vorgangs. § 6 Abs. 5 EStG beschränkt sich im Vorgang auf einzelne Wirtschaftsgüter, während in § 6 Abs. 3 EStG die gesamte funktionsfähige betriebliche Einheit übertragen wird.115 Integriert sind in § 6 Abs. 5 EStG alle wesentlichen und unwesentlichen, materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens.116 Die Überführung bzw. Übertragung dieser Wirtschaftsgüter qualifiziert nicht als Entnahme bzw. Einlage nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und 5 EStG mit verbundener Aufdeckung der stillen Reserven. Vielmehr wird der Vorgang als gewinnneutral bewertet, unter der Voraussetzung, dass das Wirtschaftsgut im betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen bleibt. Seit dem StEntlG aus dem Jahr 1999 wurde die Norm erweitert und inkludiert ebenso Vorgänge, wodurch der Rechtsträger eines Wirtschaftsgutes wechselt.117 Die Norm wird seither in zwei wesentliche Teilbereiche abgegrenzt.118 In S. 1 und 2 wird die Überführung von einzelnen Wirtschaftsgütern thematisiert, während S. 3 bis 6 die Übertragung normiert.119 Die Unterscheidung erfolgt hinsichtlich der persönlichen Zurechnung der Wirtschaftsgüter.120 Bei der Überführung bleibt der Rechtsträger eines Wirtschaftsgutes derselbe.121 Bei der Übertragung hingegen findet ein Wechsel des Rechtsträgers statt.122 Für beide Konstellationen ist die Sicherstellung der künftigen Besteuerung der stillen Reserven im Inland essenziell. Ebenso sind die Rechtsfolgen bei Anwendung der unterschiedlichen Teilbereiche dieselben. Gem. § 6 Abs. 5 S. 1 EStG wird sowohl bei der Überführung als auch bei der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter die Buchwertfortführung angeordnet. Neben der Buchwertfortführung werden vom Übernehmer ebenso die Ermittlungen der Absetzung für Abnutzung fortgeführt.123 Die einzelnen Abschnitte der enumerativen Aufzählung werden im folgenden Kapitel begutachtet.

3.2 Überführung nach § 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG

§ 6 Abs. 5 S. 1 EStG ist nach dem Gesetzestext bei der unentgeltlichen Transferierung, also der Überführung, eines einzelnen Wirtschaftsgutes zwischen unterschiedlichen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen einschlägig.124 Mehrere, gleichzeitig übertragene oder überführte Wirtschaftsgüter werden als einzeln i. S. d. Norm anerkannt.125 Die Normierung ist für natürliche Personen vorgesehen, die mehrere Betriebe unterhalten.126 Ein zivilrechtlicher Rechtsträgerwechsel findet nicht statt.127 Aufgrund des Mangels der Beteiligung mehrerer Rechtsträger ist die Voraussetzung der Unentgeltlichkeit in den Sätzen 1 und 2 nicht anwendbar.128 Selbst negative Wirtschaftsgüter i. F. v. Verbindlichkeiten können nach h. M. gem. § 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG überführt werden.129 Wie oben beschrieben ist die künftige Besteuerung von stillen Reserven für die Anwendung von zentraler Bedeutung und wird vorausgesetzt. Dies gilt für neben den bereits vorhanden stillen Reserven ebenso für in der Zukunft noch entstehende.130 Die in Punkt 2.2.2.4 dargestellten Grundsätze der Sicherung der Besteuerung von stillen Reserven ist auch auf § 6 Abs. 5 EStG übertragbar. Unterschiedliche Einkunftsarten der Betriebe sind sowohl auf Ebene der Einkommensteuer, als auch der Gewerbesteuer trivial.131 Die Überführung zum Buchwert eines Wirtschaftsgutes mit enthaltenen stillen Reserven in einen gewerbesteuerbefreiten Betrieb, wie §§ 13, 18 EStG, ist für die Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 1 EStG nicht schädlich. Dem deutschen Fiskus würde bei späterer Aufdeckung der stillen Reserven die gewerbesteuerliche Besteuerung entgehen. Umgekehrt sind dafür die stillen Reserven erstmalig gewerbesteuerlich verhaftet bei Überführung in einen gewerbesteuerpflichtigen Betrieb.132 Aufgrund der zwingenden Anordnung der Buchwertfortführung besteht kein Wahlrecht zur früheren Aufdeckung der stillen Reserven.133 Die Buchwertfortführung ist auch für Steuerpflichtige bindend, die nach § 6 Abs. 5 S. 2 EStG Wirtschaftsgüter aus einem eigenen Betriebsvermögen in dessen Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft überführen und umgekehrt.134 Ein Transfer zwischen Sonderbetriebsvermögen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften desselben Steuerpflichtigen ist ebenfalls in S. 2 inhärent.

Grundsätzlich liegt bei einer Personengesellschaft nur ein Betriebsvermögen vor. Selbst bei Ausübung unterschiedlicher Tätigkeiten wird die Personengesellschaft als einheitlicher Gewerbebetrieb angesehen. Voraussetzung hierfür ist die Erfüllung der Abfärberegelung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, wonach freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten als gewerbliche Tätigkeit umqualifiziert werden. Werden die Bagatellgrenzen unterschritten, weil die gewerbliche Tätigkeit eine untergeordnete Rolle spielt, existieren zwei unterschiedliche Betriebsvermögen und § 6 Abs. 5 S. 1 EStG kann angewendet werden. 135 Mehrstöckige Personengesellschaften stellen ebenfalls eine Ausnahmetatbestand dar. Eine Überführung von Wirtschaftsgütern kann gem. § 6 Abs. 5 S. 2 EStG zu Buchwerten vorgenommen werden, da die Personengesellschaft durch die Beteiligung als Mitunternehmer fungieren kann.136 Da Kapitalgesellschaften ebenso wie Mitunternehmerschaften nur ein gewerbliches Betriebsvermögen aufweisen, kommt die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 S. 1 EStG nicht in Betracht.137 Die Überführung zwischen zwei Kapitalgesellschaften qualifiziert als verdeckte Gewinnausschüttung bzw. verdeckte Einlage nach § 8 Abs. 2 KStG mit der Konsequenz der Gewinnrealisierung.138Lediglich durch den Tatbestand der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft kann eine Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 2 EStG praktiziert werden. Hierbei stellt ein Wirtschaftsgut, welches sich im Betriebsvermögen der
Kapitalgesellschaft befindet und der Personengesellschaft überlassen wird, Sonderbetriebsvermögen dar. Eine Überführung zu Buchwert wird gewährt.139

3.3 Übertragung nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG

3.3.1 Anwendungsbereich

Die in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG aufgelisteten Fallgruppen schließen die enumerative Eingrenzung des Anwendungsbereiches des § 6 Abs 5 EStG ab. Durch die aufgeführten Konstellationen wird die Buchwertfortführung auch für Übertragungen von Wirtschaftsgütern gewährt. Eine interpersonelle Verlagerung der stillen Reserven und eine Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips erinnern hierbei an den vorher beschriebenen § 6 Abs. 3 EStG. Eine Nutzungsüberlassung stellt ausdrücklich keine Übertragung dar.140 Der Übergang des zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentums ist zwingend erforderlich.141 Der wesentliche Unterschied, auch zu § 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG, ist die Beschränkung auf einzelne Wirtschaftsgüter.142 Zudem werden lediglich Sachverhalte normiert, die eine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft erfordern. Dabei kann eine Mitunternehmerschaft als Übergeber in Betracht kommen, aber auch die Mitunternehmer selbst, die entweder Sonderbetriebsvermögen bei derselben oder einer anderen Mitunternehmerschaft unterhalten oder über einen weiteren Betrieb verfügen.143 Beteiligter Mitunternehmer kann eine natürliche Person, eine andere Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft sein.144 Die Anwendbarkeit bei Übertragung zwischen unterschiedlichen Gesamthandsvermögen zweier Mitunternehmerschaften wird ausgeschlossen.145 Strittig ist, ob dies auch für Schwesterpersonengesellschaften gilt.146 Für doppelstöckige Personengesellschaften hingegen gilt der Ausschluss nicht.147 Im Folgenden werden die in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG aufgelisteten Sachverhalte klassifiziert.

§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG findet unter dem Kriterium Anwendung, dass der Mitunternehmer neben der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft über einen weiteren Betrieb verfügt.148 Unentgeltliche Übertragungen aus dem Privatvermögen des Mitunternehmers sind mit dem Teilwert zu bewerten.149 Die folgende Übersicht veranschaulicht die inkludierten Sachverhalte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Anwendungsfälle des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG150

Wie das Kriterium der Unentgeltlichkeit eingehalten werden kann, wird in Punkt 3.3.2 erläutert. Durch die explizite Nennung im Gesetzestext steht die Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten der Unentgeltlichkeit gleich.151 Wird aus dem Betrieb des Mitunternehmers ein Wirtschaftsgut in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft übertragen, erfährt die dingliche Mitberechtigung zwangsläufig eine Änderung. In diesem Fall werden der Mitunternehmerschaft durch Übertragung ins Gesamthandsvermögen Anteile am Wirtschaftsgut vom Mitunternehmer verschafft. Spiegelbildlich gilt dies auch im umgekehrten Fall. 152

§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass der Mitunternehmer über ein Sonderbetriebsvermögen verfügt. Hierbei können sich folgende Szenarien ergeben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Anwendungsfälle des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG153

Der Vorgang hat grundsätzlich unentgeltlich zu erfolgen. Wie bei § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG wird die Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten im Gegenzug anerkannt. Grundsätzlich wird in zwei verschiedene Szenarien differenziert. Bei ersterem findet der Rechtsträgerwechsel des Wirtschaftsgutes innerhalb des steuerlichen Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft statt. Eine Entnahme bzw Einlage i. S. d. Gesetzes liegt nicht vor, weshalb die Aufdeckung von stillen Reserven prinzipiell keine Anwendung findet.154 Hierunter fällt auch der Vorgang, dass die Übertragung eines Wirtschaftsgutes aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen dazu fungiert, eine Ausgleichszahlung für den ausscheidenden Mitunternehmer zu vermeiden. Als Gegenwert zur Übertragung erhält der ausscheidende Mitunternehmer Einzelwirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens. Somit liegt ein Tauschvorgang vor, bei dem der Buchwert des übertragenen Wirtschaftsgutes fortgeführt werden kann.155 Als zweites Szenario ergibt sich die Übertragung zwischen Sonderbetriebsvermögen und Gesamthandsvermögen von unterschiedlichen Mitunternehmerschaften.156 Relevanz erlangt diese Möglichkeit im Hinblick der Kombination mit dem Buchwertprivileg nach § 6 Abs. 3 EStG, s. Punkt 5.3.

Nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 3 EStG ist die Übertragung eines Wirtschaftsgutes zwischen zwei Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft privilegiert. Eine Differenzierung zwischen Sonderbetriebsvermögen I und II wird nicht vorgenommen.157Für beide Zugehörigkeiten ist die Buchwertfortführung anwendbar. Die verschiedenen Sonderbetriebsvermögen müssen zwingend derselben Mitunternehmerschaft angehören. Die Übertragung zwischen Sonderbetriebsvermögen von unterschiedlichen Mitunternehmerschaften ist ausgeschlossen.158 Eine Mitunternehmerstellung, die erst durch die Übertragung des Wirtschaftsgutes entsteht, ist für die Anwendung nicht schädlich.159 Zwar gehen die stillen Reserven auf einen anderen Rechtsträger über, allerdings verlässt das Wirtschaftsgut nicht den betrieblichen Funktionszusammenhang.160 Die stillen Reserven bleiben weiterhin im steuerlichen Gesamtvermögen der Mitunternehmerschaft verstrickt, weshalb der Vorgang nicht als Entnahme zu qualifizieren ist. Die Voraussetzung der Unentgeltlichkeit ist hierbei von starker Bedeutung. Eine Übertragung gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten scheidet anders als in den Fällen der Nr. 1 und 2 aufgrund mangelnder Nennung im Gesetzestext aus. Eine Aufteilung in einen unentgeltlichen und einen entgeltlichen Teil des Vorgangs bei teilentgeltlicher Übertragung ist vorzunehmen. Die Buchwertfortführung wird nur für den tatsächlich unentgeltlichen Teil bewilligt. Für den übrigen Teil sind die stillen Reserven aufzudecken. 161

3.3.2 Der Begriff der Unentgeltlichkeit

3.3.2.1 Definition

Die Unentgeltlichkeit wurde in Punkt 2.2.2.2 für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG definiert. Die Auslegung des Begriffs ist normspezifisch, weshalb die Definition nicht auf § 6 Abs. 5 EStG übertragen werden kann. Unentgeltlichkeit i. S. d. § 6 Abs. 5 EStG liegt vor, wenn keinerlei Gegenleistungen vereinbart wurden.162 Als Entgelt werden vor allem Geld- und Sachleistungen, aber auch die Einräumung einer Darlehensforderung durch die Mitunternehmerschaft, angesehen.163 Qualifiziert die Übertragung als entgeltlich, erzielt der Veräußerer einen entsprechenden steuerpflichtigen Veräußerungserlös.164 Die tatsächlichen Anschaffungskosten sind vom Erwerber in dieser Höhe zu aktivieren.165 Die Definition der Unentgeltlichkeit weicht von jener des § 6 Abs. 3 EStG im Umgang mit der Übernahme von Verbindlichkeiten ab. Selbst wenn die Verbindlichkeit in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem übertragenen Wirtschaftsgut steht, stellt dies eine Form des Entgelts dar.166 Die Auffassung birgt Diskussionspotential, weil die Übertragung nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG auch für passivierte Wirtschaftsgüter gilt.167 Eine Diskussion wird allerdings erst eröffnet, wenn der Wert der Verbindlichkeit den Buchwert des Wirtschaftsgutes übersteigt oder die strenge Trennungstheorie angewandt wird.168 Im Fall der modifizierten Trennungstheorie würde eine anteilige Gewinnrealisierung durch Übernahme von Verbindlichkeiten nicht in Betracht kommen. Hinsichtlich der Anwendung der unterschiedlichen Theorien differenzieren die Auffassungen der Finanzverwaltung und des BFH.169

[...]


1 Vgl. Lorenz (2021), S. 481.

2 Vgl. Spiegelberger (2007), S. 349.

3 Vgl. Günther (2020), S. 1.

4 Vgl. Niemeier/Schlag (2020), S. 82.

5 Vgl. Lorenz (2021), S. 483.

6 Vgl. Hiby (2020), Rz. 423.

7 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 469.1.

8 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 694.

9 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 691.

10 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 5.

11 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 695.

12 Vgl. Burger/Kahle (2020), S. 778.

13 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 1.

14 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 469.1.

15 Vgl. Gratz/Uhl-Ludäscher (2018), S. 1200.

16 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 692.

17 Vgl. Burger/Kahle (2020), S. 779.

18 Vgl. BFH-Urteil vom 20.07.2005, X R 22/02, BStBl. II 2006, S. 457; BMF-Schreiben vom 03.03.2005, IV B 2 – S 2241 – 14/05, BStBl. I 2005, S. 458 (1).

19 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 470.

20 Vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1990, VIII R 17/85, BStBl. II 1991, S. 512 (3).

21 Vgl. BFH-Urteil vom 15.9.2004, I R 7/02, BFH/NV 2005, S. 298.

22 Vgl. R 8.5 Abs. 1 S. 3 KStR.

23 Vgl. BMF-Schreiben vom 03.03.2005, IV B 2 – S 2241 – 14/05, BStBl. I 2005, S. 458 (2).

24 Vgl. BMF-Schreiben vom 03.03.2005, IV B 2 – S 2241 – 14/05, BStBl. I 2005, S. 458 (1).

25 Vgl. BMF-Schreiben vom 03.03.2005, IV B 2 – S 2241 – 14/05, BStBl. I 2005, S. 458 (1).

26 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 45.

27 Vgl. BMF-Schreiben vom 03.03.2005, IV B 2 – S 2241 – 14/05, BStBl I 2005, S. 458 (2).

28 Vgl. BFH-Urteil vom 19.02.1998, IV R 38/97, BStBl II 1998, S. 509.

29 Vgl. BFH-Urteil vom 19.02.1998, IV R 38/97, BStBl II 1998, S. 509.

30 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 45.

31 Vgl. FM SH vom 09.06.2016, ESt 14/2016 VI 306, S. 2241 – 2299.

32 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 45.

33 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 471.

34 Vgl. Hoffmann (2010), Rz. 1005.

35 Vgl. Ehmke (2020), Rz. 1222.

36 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 697.

37 Vgl. BFH-Urteil vom 09.12.2014, IV R 29/14, BStBl. II 2019 S. 723 (19).

38 Vgl. Ehmke, Rz. 1222e.

39 Vgl. BMF-Schreiben vom 20.11.2019, IV C 6 – S 2241/15/10003, BStBl. I 2019, S. 1291 (6).

40 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 311.

41 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 706.

42 Vgl. BMF-Schreiben vom 20.11.2019, IV C 6 – S 2241/15/10003, BStBl. I 2019, S. 1291 (10).

43 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 474.1.

44 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 312.

45 Vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1999, GrS 2/98, BStBl. II 00, S. 123.

46 Vgl. BFH-Urteil vom 02.10.1997, IV R 84/96, BStBl. II 98, 104.

47 Vgl. BFH-Urteil vom 20.07.2005, X R 22/02, BStBl. II 06, 457 (3).

48 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 474.1.

49 Vgl. BFH-Urteil vom 10.03.1998, VIII R 76/96, BStBl. II 1999, S. 269.

50 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 704.

51 Vgl. Binder/Riedel (2020), S. 1587.

52 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 705.

53 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 742.

54 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 313.

55 Vgl. BFH-Urteil vom 09.12.2009, X R 04/07, BFH/NV 2005, S. 888.

56 Vgl. H 16 (6) EStR zu § 16 EStG.

57 Vgl. Keß (2020), Rz. 5611.

58 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 66.

59 Vgl. BFH-Urteil vom 12.04.1989, I R 105/85, BStBl. II S. 653 (4).

60 Vgl. Keß (2020), Rz. 5611.

61 Vgl. Korn/Strahl, Rz. 474.2.

62 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 718.

63 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 718.

64 Vgl. BFH-Urteil vom 06.04.2016, X R 52/13, BStBl. II 2016, S. 710 (30).

65 Vgl. Seer (2020), Rz. 109.

66 Vgl. BFH-Urteil vom 11.12.2001, VIII R 58/98, BStBl. II 2002, S. 420.

67 Vgl. BFH-Urteil vom 17.09.2015, III R 49/13, BStBl. II 2017, S. 37 (53).

68 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 719.

69 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 316.

70 Vgl. BMF-Schreiben vom 13.01.1993, IV B 3 – S 2190 – 37/93, BStBl. I 1993, S. 50.

71 Vgl. BFH-Urteil vom 10.03.1998, VIII R 76/96, BStBl. II 1999, S. 269.

72 Vgl. BFH-Urteil vom 18.10.1999, GrS 2/98, BStBl. II 2000, S. 123.

73 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 316.

74 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 83.

75 Vgl. Ehmke (2020), Rz. 1222f.

76 Vgl. BFH-Urteil vom 25.01.2017, X R 59/14, BStBl. II 2019 S. 730 (40).

77 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 94.

78 Vgl. BFH-Urteil vom 25.01.2017, X R 59/14, BStBl. II 2019 S. 730 (40); FG Münster vom 18.9.2014, 13 K 724/11 E, DStR 2015, S. 6.

79 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 474.0.

80 Vgl. BFH-Urteil vom 07.04.2016, IV R 38/13, BStBl. II 2016, S. 765.

81 Vgl. BFH-Urteil vom 02.09.1992, XI R 26/91, BFH/NV 1993, S. 161; BFH-Urteil vom 12.06.1996, XI R 56,57/95, BStBl. II 1996, S. 527.

82 Vgl. Ehmke (2020), Rz. 1222.

83 Vgl. BMF-Schreiben vom 20.11.2019, IV C 6 – S 2241/15/10003, BStBl. I 2019, S. 1291 (7).

84 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 474.0.

85 Vgl. Schulze (2014), Rz. 165.

86 Vgl. Korn/Strahl (2020), Rz. 469.5.

87 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 97.

88 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 724.

89 Vgl. Edelmann (2019), Rz. 18.

90 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 724.

91 Vgl. BFH-Urteil vom 28.08.2001, VIII B 54/01, BFH/NV 2002, S. 24.

92 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 185.

93 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 723.

94 Vgl. BFH-Urteil v. 22.10.2013, X R 14/11, BStBl. II 2014, S. 158.

95 Vgl. Schreiber (2017), S. 386.

96 Vgl. BFH-Urteil vom 09.05.1996, IV R 77/95, BStBl. II 1996, S. 476.

97 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 192.

98 Vgl. Levedag (2014), S. 339.

99 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 210.

100 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 210.

101 Vgl. BFH-Urteil vom 10.12.2013, IV B 63/13, BFH/NV 2014, S. 512.

102 Vgl. BFH-Urteil vom 28.08.2001, VIII B 54/01, BFH/NV 2002, S. 24.

103 Vgl. BFH-Urteil vom 10.03.2016, IV R 14/12, BStBl. II 2016, S. 763 (18).

104 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 317.

105 Vgl. Hänsch (2020), Rz. 213.

106 Vgl. zu diesem Absatz Hänsch (2020), Rz. 214.

107 Vgl. Kraft/Teschke (2020), Rz. 19.

108 Vgl. BMF-Schreiben vom 8.12.2011, IV C 6 S 2241/10/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (36).

109 Vgl. BMF-Schreiben vom 05.01.2017, IV B 5 – S 1300/14/10007, BStBl. I 2017, S. 32 (20).

110 Vgl. Roser (2019), S U0078.1.

111 Vgl. Kutt (2020), Rz. 11.309.

112 Vgl. Becker (2019), S. 326.

113 Vgl. Scharfenberg (2012), S. 193.

114 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 11.

115 Vgl. Hennigfeld (2014), S. 2255.

116 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (3).

117 Vgl. Ehmke (2020a), Rz. 1280.

118 Vgl. Nickel/Wehrheim (2006), Rz. 1361.

119 Vgl. Korn/Strahl (2020a), Rz. 486.1.

120 Vgl. Stangl (2018), Rz. 545.

121 Vgl. Korn/Strahl (2020a), Rz. 486.1.

122 Vgl. Korn/Strahl (2020a), Rz. 486.1.

123 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 137.

124 Vgl. Scharfenberg (2012), S. 193.

125 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (6).

126 Vgl. Nickel/Wehrheim (2006), S. 1364.

127 Vgl. Scharfenberg (2012), S. 193.

128 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (3).

129 Vgl. Korn/Strahl (2020a), Rz. 489.

130 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (3).

131 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (5).

132 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 762.

133 Vgl. BFH-Urteil vom 25.07.2000, VIII R 46/99, DStR 2000, S. 1233.

134 Vgl. Ley (2016), Rz. 77.

135 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 103.

136 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 104.

137 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 341.

138 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 763.

139 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 105.

140 Vgl. Ehmke (2020a), Rz. 1317.

141 Vgl. BFH vom 18.06.2015, IV R 5/12, BStBl. II 15, 935 (42).

142 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (12).

143 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (9).

144 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 149.

145 Vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2009, I R 72/08, BStBl. II 2010, S. 471 (29).

146 Vgl. Kulosa (2020a), Rz. 805.

147 Vgl. BFH-Urteil vom 30.03.2017, IV R 11/15, BStBl. II 2019, S. 29 (35).

148 Vgl. Gragert/Wißborn (2012), S. 972.

149 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 352.

150 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 82.

151 Vgl. Niehaus/Wilke (2021), Rz. 1558.

152 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 778.

153 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 83.

154 Vgl. BFH-Urteil vom 19.09.2012, IV R 11/12, BFHE 239, S. 76.

155 Vgl. BFH-Urteil vom 30.03.2017, IV R 11/15, BStBl. II 2019, S. 29 (39).

156 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 801.

157 Vgl. Ehmke (2020a), Rz 1340.

158 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 11, S. 1279 (21).

159 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 11, S. 1279 (12).

160 Vgl. BFH-Urteil vom 06.12.2000, VIII R 21/00, BStBl. II 2003, S. 194.

161 Vgl. Ehmke (2020a), Rz. 1342.

162 Vgl. Hütig/Prinz (2012), S. 2597.

163 Vgl. BFH-Urteil vom 24.01.2008, IV R 37/06, BStBl. II 2011, S. 617.

164 Vgl. Kraft/Teschke (2021), Rz. 354.

165 Vgl. BFH-Urteil vom 20.05.2010, IV R 42/08, BStBl. I 2011, S. 1279 (8).

166 Vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6 – S 2241/10002, BStBl. I 2011, S. 1279 (15).

167 Vgl. Scharfenberg (2012), S. 195.

168 Vgl. Kulosa (2020), Rz. 786.

169 Vgl. Hänsch (2020a), Rz. 62.

Ende der Leseprobe aus 74 Seiten

Details

Titel
Eine kritische Würdigung der unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG. Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
74
Katalognummer
V1137311
ISBN (eBook)
9783346514103
ISBN (Buch)
9783346514110
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unentgeltliche Übertragung, 6 Abs. 3 EStG, Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil, 6 Abs. 5 EStG, Ausgliederung, Ausgliederungsmodell
Arbeit zitieren
Henrik Tolkmitt (Autor:in), 2021, Eine kritische Würdigung der unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG. Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1137311

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