Dürer als Wissenschaftler. Rezeption vom 18. bis zum 20. Jahrhundert


Hausarbeit, 2021

20 Seiten, Note: 3,0

Black A. Smith (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Albrecht Dürer

3. Dürer Rezeption durch Wissenschaftler
3.1. Achtzehntes Jahrhundert
3.2. Neunzehntes Jahrhundert
3.2.1. Baukunst
3.2.2. Geometrie
3.3. Zwanzigstes Jahrhundert

4. Konklusion

5. Literaturverzeichnis

1. Einführung

Die Renaissance in der Geschichte der europäischen Kultur wechselte die Kultur des Mittelalters ab. Eine Besonderheit der Renaissance ist die weltliche Natur dieser Kultur und vor allem ihr Interesse an den Menschen und deren Aktivitäten. Es zeigt sich in dieser Epoche das Interesse an der antiken Kultur. Die Kunst von Albrecht Dürer ist mehr als fünf Jahrhunderte alt, aber seine Werke verlieren bis heute nicht an Bedeutung. Albrecht Dürer wird überwiegend als Künstler und Mensch mit einem Erfindergeist betrachtet und auf diese Weise in der Kunstgeschichte behandelt. Es lohnt sich jedoch, auf seine Vielseitigkeit und seine Erfolge als Wissenschaftler zu schauen und sich ebenfalls daran zu erinnern, dass es zu unterschiedlichen Epochen auch unterschiedliche Rezeptionen von den Künstlern geben kann. Da dieser Bereich seines Lebens nur sehr wenig behandelt und untersucht wurde, kann man nur davon profitieren, wenn man seinem wissenschaftlichen Denken Beachtung schenkt, und auf diese Weise seine künstlerische Seite besser zu verstehen lernt.

Albrecht Dürer war nicht nur ein großer Künstler, sondern auch ein vielseitiger Wissenschaftler, der viele dringende Probleme der zeitgenössischen Wissenschaft untersuchte. Er war ein Zeichner, „Maler, Kupferstecher, Bildhauer Architekt und erfand außerdem ein System der Fortifikation“1

Humanist, Wissenschaftler [...] der erste Künstler in Deutschland, der [...] Mathematik und Mechanik, [...] studier[te]. Er war der erste in Deutschland, der versuchte, seine wissenschaftlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Perspektive und Proportionen in der Kunst anzuwenden.2

Er studierte Geometrie, Perspektiventheorie, Kartographie, Astronomie und entwarf Instrumente für wissenschaftliche Experimente. „[E]r war der einzige deutsche Künstler des 16. Jahrhunderts, der ein literarisches Erbe hinterließ.“ Dürer war einer der ersten Künstler Nordeuropas, der sich mit Kunsttheorie beschäftigt hat. Er hat Werke zu Mathematik, Numerologie und Anthropometrie, Handbücher für Künstler sowie detaillierte Stern- und Geokarten geschrieben. All dies spiegelte sich natürlich in seiner Arbeit und der Kunst wider, in der er sich als Denker zum Ausdruck brachte und nur das darstellte, was er durchdacht und verstanden hatte. In der Wissenschaft suchte er nach Antworten auf Fragen, die sich aus seinem Wunsch ergaben, die Gesetze der Harmonie der Welt um ihn herum zu verstehen. Diese Gesetze zu verstehen war ihm sowohl in der Rolle eines professionellen Künstlers als auch in der eines kreativen Vertreters des Humanismus der deutschen Renaissance wichtig.

Das Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung der intellektuellen und wissenschaftlichen Aktivitäten von Albrecht Dürer währen der Renaissance, die ihm dazu dienten neues Wissen zu erlangen und dies anzuwenden, um eine Vielfalt an Problemen in der darstellenden Kunst lösen zu können. Des Weitern wird in dieser Hausarbeit darauf abgezielt Albrecht Dürer als Künstler und Wissenschaftler zu deuten.

Die Analyse wird anhand der Rezeptionen von Dürer durch Erasmus von Rotterdam im sechzehnten Jahrhundert, über Doppelmayrs Mathematicis im achzehnten Jahrhundert, über Friedrich Engels theoretische Naturwissenschaft, Michel Chasles Geometrie, Cantors Mathematik und Panofsky im neunzehnten Jahrhundert, über Zeuthens Mathematik im Altertum und Mittelalter, Leonardo Olschki, Vernadskys Werke zur allgemeinen Wissenschaftsgeschichte und Matvievskayas Analyse von Dürer als Wissenschaftler. Diese schriftliche Kursleistung wird dies anhand von Darstellung der Rezeption des Künstlers in den oben genannten Zeiträumen offenlegen. Ebenfalls wird erwartet, dass dadurch die Aktualität von Dürers Werken und seiner wissenschaftlichen Beiträge bis in die heutige Zeit, deutlich gemacht wird.

2. Albrecht Dürer

An der Wende vom vierzehnten zum fünfzehnten Jahrhundert war Deutschland noch stärker fragmentiert als in früheren Epochen, was zur stärkeren Beständigkeit der in der Kultur enthaltenen feudalen Grundlagen beitrug. Die deutsche Renaissance kam etwa ein halbes bis ein ganzes Jahrhundert später zum Vorschein als die italienische Renaissance, und die Entwicklung deutscher Städte, was die Kultur angeht, blieb sogar im Vergleich zu den Niederlanden zurück. „Diese bewunderungswürdige, bahnbrechende Entwickelung Italiens zeigt sich namentlich in Deutschland, erst ein halbes Jahrhundert später“3 und „Renaissanceformen wurden im Norden erst ein Jahrhundert später als in Italien, nämlich seit dem frühen 16. Jahrhundert, und nur sehr zögerlich aufgenommen. […] in einigen Regionen wurde die Renaissance niemals wirklich heimisch“.4

Dürer war einer der Künstler, die ein besonderes Schicksal hatten. Diese Epoche, der nördlichen Renaissance, in der er Werke vollbracht hat, war zur gleichen Zeit sehr reich an Entwicklungsmöglichkeiten um sein Talent blühen zu lassen und stellte auch viele Hürden zu überwinden. Es war aber auch schwierig, weil die Jahre seines Lebens mit einer angespannten und turbulenten Zeit in der Geschichte seiner Heimat zusammenfielen. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland eine Explosion von sozialen Protesten, für die es in Europa keine vergleichbaren Beispiele bis dahin gab. Diese Proteste umfassten verschiedene Schichten der Gesellschaft. Es waren Proteste gegen die veraltete feudale Lebensweise, gegen eine solche Form menschlicher Beziehungen, die einen enormen Druck auf Menschen ausübte und die Freiheit ihrer Aktivitäten in verschiedenen Bereichen der gesellschaftlichen, sozialen und spirituellen Existenz eingeengt hat.5 Diese Proteste fanden ebenfalls Ausdruck im Kampf für Erneuerung der Kirchenstruktur, Reformierung der Religion, Schaffung eines einheitlichen deutschen Staates und für die Befreiung des Menschen vom mittelalterlichen Denken. Diese Reformation trug zum Aufstieg aller progressiven Kräfte im Land und gleichzeitig zu einem Aufblühen der Kunst bei. Italien und vor allem der italienische Humanismus hatten großen Einfluss auf die Entwicklung der Kultur in Deutschland.6

Die Ära der berühmten Bauernkriege und der Reformation blieb in Erinnerung der nachfolgenden Generationen als die ausdrucksvollste, heldenhafteste und zugleich tragischste Seite in der Geschichte Deutschlands. Der tiefe Schock, der das deutsche Volk zu dieser Zeit erfasste, schärfte und konzentrierte die kreativen Kräfte der Künstler und Denker in Deutschland bis an ihre Grenzen. Der Abdruck dieser Spannung lag auf allen Erscheinungsformen des spirituellen Lebens. Es war der Druck der dringenden Notwendigkeit, Antworten auf eine breite Vielfalt von Fragen zu finden – Fragen die sich im Kopf einer Person stellten, deren uralte Lebensgrundlagen und Werte im Wirbel der blutigen Ereignisse auseinandervielen.

Die Gewohnheit der Menschen, die sich innerhalb mehreren Jahrhunderten entwickelt und in den Köpfen festgesetzt hat, religiös zu denken und so die Gefühle und Protests zum Ausdruck zu bringen, führte dazu, dass selbst während des revolutionären Aufschwungs häufig neue Konzepte und radikale Forderungen weiterhin in religiöser Form aufgestellt wurden. Der Mensch neigte noch immer in verschiedenen Formen religiöser Überzeugungen nach Inspiration zu suchen.

Am Beispiel von werken vieler Künstler des 15. Jahrhunderts kann man nachvollziehen, wie sich die Renaissance in Deutschland entwickelt hat. In Altarbildern zum Beispiel, erscheinen narrative Elemente, die den Wunsch repräsentieren, Gefühle und wissenschaftliche Fragen durch religiöse Motive auszudrücken. Aber das Verständnis von Proportionen-, Größen- und Raumverhältnissen, die Einführung von goldenen Hintergründen, die Aufteilung von Gemälden und Gravuren in Fragmente und die unregelmäßigen Linienbrüchen, deuten auf einen Mangel an Konsistenz in der künstlerischen Weltanschauung und eine enge Verbindung mit der mittelalterlichen Tradition hin.

Eine Religiosität vom höchsten Grad hat die Deutschen zur Reformation geführt und einen großen Einfluss auf die Kunst gehabt. Die Idee der göttlichen Harmonie und Gnade auf der ganzen Welt hat sich auf jedes Objekt der darstellenden Kunst ausgefächert.

Aber die Gesinnung, welcher die Reformation entsprungen ist, durchdringt auch die deutsche Kunst jener Zeit, ersetzt ihr an geistigen Gehalt , was ihr an formaler Vollendung fehlt, und so wahr die Reformation als die eigentliche That des deutschen Geistes dasteht, so wahr ist die deutsche Kunst der Reformationsepoche im höchsten Sinne national.7

Auch Dürer strebt an, ein ideales und ästhetisch schönes Bild zu schaffen, referiert jedoch gleichzeitig auf naturalistische Details und gotischen Ausdruck von Formen.8

Gotische Formgebilde haben Dürers erste künstlerische Eindrücke bestimmt. [Sie ]lag[en] ihm im Blute, sie hatte[n] ein Wort mitzusprechen […] Tema con variazioni. Die Gotik und [ihr] Formwille ist das […] Thema, dem [...] neue Abwandlungen geschaffen werden. Der Unterschied ist nur, daß bei einer Variationenfolge die Stücke gleichwertig nebeneinanderstehen und ihrer keins das Thema zu verleugnen sucht. Bei Dürer hingegen ist es ein stetes Darüberhinauswollen, ein ewiger Kampf mit der Gotik. Deutschlands größester Künstler hat zeitlebens gerungen mit Deutschlands ältesten Kunstüberlieferungen9

Dürers Karriere fiel mit dem Höhepunkt der deutschen Renaissance zusammen, deren komplexer, weitgehend disharmonischer Charakter seine gesamte Kunst prägte. Seine Kunst sammelt in sich die viele deutsche künstlerischer Traditionen.

Wenn wir uns Dürer vom Standpunkt der modernen Kunsttheorie nähern, das heißt, der Theorie der Ästhetik stellt es sich heraus, dass Dürers Kunsttheorie zusätzlich mit anderen Ansichten verbunden ist, die in seinen beiden theoretischen Hauptbüchern zum Ausdruck kamen10: Vier Bücher über menschliche Proportionen von 1528 und Underweysung der messung, mit dem zirckel und richtscheyt, in Linien, ebnen unnd gantzen corporen von 1525. Laut Dürer definierte die Renaissance den Begriff der Kunsttheorie anders, das heißt abgesehen von der Ästhetik war ebenfalls die Theorie der Perspektive und Proportionen darin enthalten. Die Theorie der bildenden Kunst der Renaissance ist in ihrem Zweck und in ihrer Methode sehr heterogen, insbesondere bei Dürer.

Die Untersuchung der Proportionen des menschlichen Körpers in Albrecht Dürers Kunst ist für das Verständnis von Harmonie in der darstellenden Kunst wichtig, um die Theorie der Maßverhältnisse weiterzuentwickeln. Die Kenntnis der Proportionen einer Person, die im grafischen und wissenschaftlichen Bereichen von Dürer vertreten sind, ist wichtig, um junge Künstler in allen Phasen der theoretischen Ausbildung zu unterrichten. Dieses Wissen wird bei der Ausführung von praktischen Aufgaben gefestigt.

Bei der Entwicklung und Herstellung von Objekten in der Architektur, im Design und von Werken der bildenden und dekorativen Kunst ist die Proportionalitätstheorie einer der Faktoren mit dem die Harmonie in Werken erreicht wird. Bei der Lösung dieser Aufgabe sollten die Kriterien für die noch zu verbessernden Maß- und Größenverhältnisse aus unterschiedlichen Sichtpunkten angegeben werden.

[...]


1 Engels, Friedrich: Albrecht Dürer in: Michail Lipschitz (Hg.): Karl Marx, Friedrich Engels über Kunst und Literatur. Berlin 1953, S173

2 Kislykh, Galina: Albrecht Dürer Und Seine Druckgraphiken. http://germanprints.ru/articles/durer_and_prints/index.php?lang=de. Last access 15.03.2020

3 Tuckermann, Wilhelm: Die Gartenkunst der italienischen Renaissance-Zeit. Berlin 1884, S 69

4 Bartetzky, Arnold: Die Baumeister der "Deutschen Renaissance": ein Mythos der Kunstgeschichte? Markkleeberg 2004, S8

5 Vgl. Zhabzev, Vladimir: Vsemirnaja Istoriya Iskusstva (Kunstgeschichte der Welt). Minsk 2011, S 76

6 Vgl. Prölss, Robert: Geschichte der dramatischen Literatur und Kunst in Deutschland von der Reformation bis auf die Gegenwart, Bd. 1. Leipzig 1883, S 25-91

7 Ranke, Leopold Von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, Bd. 3. Berlin 1840; S 598

8 Vgl. Wölfflin, Heinrich: Die Architektur der deutschen Renaissance. München 1914, S 5,7,9-11

9 Pastor, Willy: Das Leben Albrecht Dürers. Berlin 1923, S 11; Gutenberg: https://www.projekt-gutenberg.org/pastor/duerer/chap003.html, Last access 14.03.2021

10 Vgl. Panofsky Erwin: Dürers Kunsttheorie: vornehmlich in ihrem Verhältnis zur Kunsttheorie der Italiener. Berlin 1915, S 1-6

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Dürer als Wissenschaftler. Rezeption vom 18. bis zum 20. Jahrhundert
Hochschule
Universität Osnabrück  (Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit)
Veranstaltung
Cranach – Dürer
Note
3,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
20
Katalognummer
V1128990
ISBN (eBook)
9783346492500
ISBN (Buch)
9783346492517
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dürer, Als, Wissenschaftler, Kulturgeschichte, Frühe, Neuzeit, Rezeption, vom, 18, Bis, zum, 20, Jahrhundert, Kunst, Kunstgeschichte
Arbeit zitieren
Black A. Smith (Autor:in), 2021, Dürer als Wissenschaftler. Rezeption vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1128990

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