Die Kunstausbildung des Bauhauses unter Johannes Itten

Welche pädagogischen Absichten verfolgte Johannes Itten und inwieweit ist dessen Pädagogik heute noch aktuell?


Hausarbeit, 2020

14 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographie Johannes Itten Johannes Itten und das Bauhaus
2.1. Johannes Ittens Vorkurs
2.2. Unterrichtstätigkeiten
2.3. Pädagogische Grundabsichten, Anschauungen und prägende Einflüsse

3. Aktualität Johannes Ittens Pädagogik

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1919 war ein wegweisendes Jahr in unserer Weltgeschichte. Nach dem ersten Weltkrieg lag ein Großteil der Welt in Trümmern, viele hatten jeden Sinn des Lebens, sowie jede Perspektive im Alltag verloren. Diese Zeit prägte unsere Geschichte nachhaltig und führte zu vielerlei Veränderungen. Diese Veränderungen spiegelte sich unter anderem auch in neuen, revolutionären Kunstgedanken, unter welchen Schüler und Schülerinnen fortan unterrichtet wurden, sowie der damit verbundenen Veränderung des Lehrplanes im Kunstunterricht. Das Bauhaus, als Kunstschule, gegründet von Walter Gropius, machte es sich zum Ziel, den traditionellen Kunstunterricht, sowie die Art der Vermittlung innerhalb des Unterrichts, grundlegend zu verändern.1 Die Kunstschule wollte wegweisend für die Verbindung des künstlerischen mit dem Handwerk sein. In diesem Vorhaben ergänzte die damals zu verortende Zeit der Industrialisierung das Vorhaben Gropius zudem. Auch hinsichtlich der Besetzung des Lehrstuhls, wies die Schule, unvergleichbar mit anderen Schulen der Zeit, einen großen Unterschied auf. So wurde in keiner anderen Institution mit einem solch hohem Maß von führenden Künstlern, wie zum Beispiel Johannes Itten, Ludwig Mied oder Paul Klee, unterrichtet.

In der folgenden Ausarbeitung möchte ich mich explizit mit einem Lehrer des Bauhauses, Johannes Itten, welcher zudem zu den bedeuteten Künstlern seiner Zeit zählte, in Hinsicht auf den Wandel des Kunstunterrichts in den Jahren 1919-1933 beschäftigen. Durch seine Arbeit am Bauhaus wurde der Wandel des allgemeinen Kunstunterrichts, sowie die damit verbundenen Lehrformen, nachhaltig geprägt. Vor allem sein allgemein sehr großer Einfluss an der Kunstschule, die Umsetzung des Lehrplanes, sowie die für ihn daraus resultierende Stellung an dem Bauhaus heben ihn von anderen Lehrern der Kunstschule deutlich ab.

Doch wer war Johannes Itten, welchen Einfluss hatte dieser auf den Kunstunterricht im Bauhaus und wie aktuell sind dessen pädagogischen Ansätze heute noch? Diese Frage gilt es im Folgenden zu beleuchten und zu klären.

2. Biographie Johannes Itten

Johannes Itten wurde im Jahr 1888 in einem Ort im Berner Oberland, Schweiz, geboren.2 Von 1898-1904 besuchte er eine Schule in Thun. Nach seiner Schulzeit beginnt er seinem Vater folgend ein Lehrseminar in Hofwill bei Bern. Dort ließ er sich zum Primarlehrer, also Lehrer der Klassenstufen 1-6 ausbilden. Nach eigener unbefriedigender Schulzeit eröffnet sich für Johannes Itten durch die Ausbildung ein Zugang zu darstellenden und musischen Tätigkeiten. Nach Abschluss seiner Ausbildung begann er im Jahr 1909 das Studium zum Sekundarlehrer. Da der akademische Lehrbetrieb jedoch nicht mit seinen pädagogischen Ansichten zu vereinbaren war, entschied er sich das Studium vorzeitig zu beenden. Es folgte ein naturwissenschaftliches Studium in Bern, doch auch dieses beendete Johannes Itten nicht vollkommen.3 Von der Idee angetan, ein Maler in Genf zu werden, beschließt er seinen Lehrberuf aufzugeben und belegt dort die Kunsthochschule.4 Schnell ist er aber auch von diesem Studium und der dabei ausgeführten monotonen Nachahmung enttäuscht und verwirft vorerst auch diesen Wunsch. Auf den Abbruch des Kunststudiums folgend beschloss er im Jahr 1912 zu verreisen und lernte dabei neue Kunstrichtungen kennen, welche er sich teilweise auch selbst aneignete. Nach seiner Reise beschloss Johannes Itten einen zweiten Versuch in Stuttgart zu wagen, um dort bei einem seiner Vorbilder, Adolf Hölzel, das Kunststudium erneut aufzunehmen. Doch auch dieses beendete er nicht vollständig. Erneut nahm er seine Lehrtätigkeit auf und unterrichtete privat. Nach zwei weiteren Jahren zog er von Stuttgart nach Wien um sich dort, den Wunsch, der eigenen Kunstschule zu ermöglichen.5 Die Eröffnung der eigenen Kunstschule, auch „Itten-Schule“, ermöglichte es ihm zuvor erlernte Methoden zu erproben, zu variieren und beliebig zu erweitern. Zudem stellte er erstmals eigene Werke öffentlich aus. In Folge des Naziregimes wurde die „Itten-Schule“ jedoch wieder geschlossen. Mit seiner erste Frau, Hildegard Anbelang, welche er in Wien kennenlernte, zog er nach der Schließung seiner Schule zusammen nach Weimar. In Weimar lernte er Walter Gropius, über dessen Frau kennen und erhielt von diesem ein Angebot.

„Gropius ließ sich die Arbeitsweise seines Unterrichts erklären und schlug ihm daraufhin vor, als Lehrer an das Bauhaus zu kommen.“6 Als erster ausgebildeter Lehrer unterrichtete Johannes Itten am Bauhaus und prägte den Kunstunterricht mit eigenen Ideen und Ansichten entscheidend. Nach Meinungsverschiedenheiten mit Walter Gropius verließ er 1923 die Kunstschule Bauhaus und schloss sich drei Jahre lang der Mazdaznan-Tempel-Gemeinschaft bei Zürich an. Nach diesen Jahren folgten die Führung einer Kunsthochschule in Krefeld, ein Lebensabschnitt in Holland, sowie das Direktorat an der Kunstgewerbeschule Zürich. 1939 heiratete er seine zweite Frau Annelisse Schlösser und arbeitete als Leiter der Textilfachhochschule. Während der vielen unterschiedlichen Stationen in seinem Leben, sowie all seinen Lehrtätigkeiten, entwickelte Johannes Itten Farblehren7, veröffentlichte Bücher und beschäftigte sich mit Kontrasten. Elemente seiner Arbeiten lassen sich bis heute im Kunstunterricht finden. Im Jahr 1967 verstarb Itten im Alter von 79 Jahren.

Johannes Itten und das Bauhaus

2.1. Johannes Ittens Vorkurs

Nachdem Gropius Johannes Itten als Lehrer in der Kunstschule „Das Bauhaus“ einberief, sollte dieser Aufgaben wie die Einführung in die Werkstätte, sowie die theoretische Lehre der Schüler und Schülerinnen übernehmen. Johannes Itten galt als sogenannter Formmeister der Werkstätten. Die Kunstschule war dabei nach Gropius Vorstellungen, eine Schule, welche allen Schülern und Schülerinnen, unabhängig deren gesellschaftlichen Standes, offen war. So sollte jedermann eine Möglichkeit erhalten, Fähigkeiten ausbilden und zu nutzen. Doch dieses Leitbild der Schule hatte zur Folge dass Schüler und Schülerinnen mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen zu unterrichten waren. Diese verschiedensten Grundlagen galt es auf eine gemeinsame Ebene zu bringen. Diese Vermittlung einer gemeinsamen Grundlage, auf welche dann im Weiteren aufgebaut werden kann, übernahm Johannes Itten. So trat dieser relativ schnell mit seiner Idee des sogenannten „Vorkurses“ an Walter Gropius heran, welcher diesem sofort die Leitung und Durchführung bewilligte.8

Der ab Herbst 19199 durchgeführte Vorkurs, stellte ein gewisses Probesemester für jeden Schüler und jede Schülerin dar. So wurden diese vorerst unabhängig ihrer Fähigkeiten und ihrem Vorwissen provisorisch aufgenommen und mussten verpflichtend den sechsmonatigen Vorkurs oder auch Elementarunterricht absolvieren. Dieser diente dazu, die Schüler und Schülerinnen zunächst sowohl im Umgang mit Materialien als auch hinsichtlich der Eigenschaften von Formen und Farben zu schulen. Zudem wurde neben wöchentlichen Hausaufgaben in Werkstätten wie der Metallwerkstatt oder der Tischlerei unterrichtet. Nach Johannes Ittens Vorstellung sollte der Vorkurs drei grundlegende Ziele verfolgen. Zu allererst sollte er dazu dienen die Studenten und Studentinnen von allen, zuvor erworbenen künstlerischen Begabungen frei zu machen und sie dabei ermutigen eigene Arbeiten zu entwickeln.10 Dies sollte durch eigene Erkenntnisse und Ergebnisse bezweckt werden. Zudem sollte der Vorkurs den Studenten und Studentinnen zu einem natürlichen Selbstvertrauen verhelfen. Aber auch Material- und Texturstudien, Gesetzte der Form und Farbe, Grundgesetze des bildnerischen Gestaltens, sollten nach vorherigem Ablegen der „Kunstfertigkeiten“ gelehrt werden. Besonders das Ablegen des traditionellen Kunstgedankens, sowie der traditionellen Art der Lehre, war ihm dabei sehr wichtig. Als wichtigstes Ziel sah dieser „den Menschen in seiner Ganzheit als schöpferisches Wesen aufzubauen.“11 Es stand demnach klar im Vordergrund des Vorkurses den Studenten und Studentinnen gemeinsame Grundlagen zu vermitteln, diese jedoch aber auch von allen zuvor angeeigneten Zwängen und Traditionen zu befreien und ihnen zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit zu verhelfen.12 Hatten die Studenten und Studentinnen diesen Vorkurs durchlaufen, begann ihr eigentliches Studium an der Kunstschule mit dem Erlernen eines handwerklichen Berufs in einer der Werkstätten. Und auch nach Beendigung des Vorkurses bekamen die Studenten und Studentinnen weiterhin Aufgaben von ihm, welche diese bei der praktischen Erprobung in den Werkstätten helfen sollte. Es zeigt sich also auch hier, dass Johannes Itten einen strikten, traditionellen Lehrplan und die Vermittlung der Lehre ablehnte. Obwohl Itten bereits nach vier Jahren seine Lehrtätigkeit an der Kunstschule aufgab, blieb bis zur Schließung des Bauhauses im Jahr 1933 der von ihm eingeführte Vorkurs „als ein entscheidendes Strukturelement dieser Reformkunstschule unangetastet.“13

2.2. Unterrichtstätigkeiten

Hinsichtlich der Betrachtung des kunstdidaktischen Handels Johannes Ittens, ist es notwendig, dessen Interessen näher zu beleuchten. Am wichtigsten ist dabei sein Interesse an der sogenannten „Mazdaznan-Lehre“, da diese einen wesentlichen Einfluss auf seinen Kunstunterricht ausübte.14

Der Begriff Mazdaznan bedeutet „Gott kennen“ oder „Meistergedanke“ und bedeutet „mit dem göttlichen Geist eins zu werden“ und „Gott in dir“. Die Lehre ist als eine religiöse, mystische Heilslehre, welche dem asiatischen Raum entstammt, zu verstehen. Die Anhänger der Lehre befolgen strenge Ernährungs-, Atem- und Bewegungsregeln und folgten nach eigenem Verständnis einer Heils- und Rassenlehre. All dies galt dem Zweck einer höheren Entwicklung, sowie der möglichst langen Erhaltung der Gesundheit.

Betrachtet man Johannes Ittens Unterrichtstätigkeiten, so wird deutlich, dass diese grundlegend von dessen religiöser Ausrichtung geprägt wurden. Immer mehr schaffte er es, Elemente der Mazdaznan-Lehre, vor allem die Atemlehre, in den Bauhausalltag einzubringen und führte damit zu einer unfreiwilligen Teilung der Lernenden. So gruppierten sich Studenten und Studentinnen in Anhänger oder Gegner der von ihm vertretenden östlichen Heilslehre.

Aufgrund des zu diesem Zeitpunkt schon großen Einfluss seinerseits an der Kunstschule, sowie dem von ihm eingeführten Vorkurs, schaffte es dieser in nahezu alle Bereiche des Bauhauses die Mazdaznan-Lehre einzubringen.

So mussten die Studenten und Studentinnen im Vorkurs nicht nur das disziplinierte Training der Mazdaznan Atemlehre mit Rhythmus- und Lockerungsübungen durchführen, womit sie laut Johannes Itten zu einer notwenigen Disziplin erzogen werden sollten, sondern auch die Kantine am Bauhaus richtete sich nach seinem Einfluss an der Ernährungslehre der Mazdaznan aus. Johannes Itten als zentrale Figur am Bauhaus prägte so, die Anfangsphase der Kunstschule sehr. Er reformierte nicht nur die traditionelle Akademiepädagogik und machte mit Hilfe anderer Künstler eine praxisorientierte Ausbildung daraus, sondern arbeitete dabei zudem viele Aspekte der Mazdaznan-Lehre in den Studienalltag verpflichtend ein.

[...]


1 Vgl. Bauhaus Kooperation: Bauhaus Weimar 1919-1925.

2 Vgl. Christoph Wagner: Johannes Itten – Biographie in Bildern, S.82.

3 Vgl. Rainer Wick: Bauhaus Pädagogik. 1. Aufl.

4 Vgl. Ebd.

5 Vgl. Willy Rotzler: Johannes Itten – Ein Uomo universale, S.10.

6 Eberhard Roters: Maler am Bauhaus, S. 43.

7 Vgl. Christoph Wagner: Johannes Itten. Leitmotive einer Künstlerbiographie. In: Ernest W Uthemann: Johannes Itten, S.71.

8 Vgl. Johannes Itten/ Annelise Itten: Gestaltungs- und Formlehre. Mein Vorkurs am Bauhaus und später.

9 Vgl. Ebd.

10 Vgl. Till Neu: Von der Gestaltungslehre zu den Grundlagen der Gestaltung. Von Ittens Vorkurs am Bauhaus zu wissenschaftsorientierten Grundlagenstudien: eine lehr- und wahrnehmungstheoretische Analyse, S.45.

11 Johannes Itten/ Annelise Itten: Gestaltungs- und Formlehre. Mein Vorkurs am Bauhaus und später, S. 8.

12 Vgl. Wick, Rainer: Johannes Itten am Bauhaus: Ästhetische Erziehung als Ganzheitserziehung. In: Katalogbuch "Johannes Itten. Künstler und Lehrer", Kunstmuseum Bern, S. 117.

13 Rainer K. Wick/ Jörg Ziegenspeck: Johannes Itten. Kunstpädagogik als Erlebnispädagogik? S. 20.

14 Vgl. Willy Rotzler: Johannes Itten. Werke und Schriften, S.229.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Kunstausbildung des Bauhauses unter Johannes Itten
Untertitel
Welche pädagogischen Absichten verfolgte Johannes Itten und inwieweit ist dessen Pädagogik heute noch aktuell?
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1,0
Jahr
2020
Seiten
14
Katalognummer
V998069
ISBN (eBook)
9783346372888
ISBN (Buch)
9783346372895
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bauhaus Pädagogik, Itten, aktuell, pädagogische Absichten
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Die Kunstausbildung des Bauhauses unter Johannes Itten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/998069

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