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Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text

2020
978-3-8233-9421-1
Gunter Narr Verlag 
Susanne Kabatnik

Warum existieren Konstruktionen wie Frage stellen oder Antwort geben, wenn es verbale Entsprechungen wie fragen oder antworten gibt? Empirische Studien zeigen, dass solche Nomen-Verb-Verbindungen im Vergleich zu Verben spezifische syntaktische Leistungen aufweisen, z.B. die Möglichkeit zur Attribuierung sowie Änderungen der Valenz. Auf Textebene zeichnet sich dadurch ein Zusammenspiel der Konstruktion mit anderen sprachlichen Einheiten ab und Informationen können so unterschiedlich perspektiviert und gewichtet, aber auch anders im Textverlauf eingebettet werden als mit dem Basisverb. Funktionsverbgefüge werden in diesem Band als kohärenzstiftende Mittel im Kontrast zu ihren polnischen Äquivalenten auf textuelle Funktionen hin untersucht. Die Datengrundlage bildet das deutsche und das polnische Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache.

ISBN: 978-3-8233-8421-2 Europäische Studien zur Textlinguistik Europäische Studien zur Textlinguistik 21 Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Eine korpusbasierte quantitativ-qualitative Untersuchung am Beispiel des Deutschen und des Polnischen Susanne Kabatnik Susanne Kabatnik Warum existieren Konstruktionen wie Frage stellen oder Antwort geben, wenn es verbale Entsprechungen wie fragen oder antworten gibt? Empirische Studien zeigen, dass solche Nomen-Verb-Verbindungen im Vergleich zu Verben spezifische syntaktische Leistungen aufweisen, z.B. die Möglichkeit zur Attribuierung sowie Änderungen der Valenz. Auf Textebene zeichnet sich dadurch ein Zusammenspiel der Konstruktion mit anderen sprachlichen Einheiten ab und Informationen können so unterschiedlich perspektiviert und gewichtet, aber auch anders im Textverlauf eingebettet werden als mit dem Basisverb. Funktionsverbgefüge werden in diesem Band als kohärenzstiftende Mittel im Kontrast zu ihren polnischen Äquivalenten auf textuelle Funktionen hin untersucht. Die Datengrundlage bildet das deutsche und das polnische Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache. ISBN: 978-3-8233-8421-2 Europäische Studien zur Textlinguistik Europäische Studien zur Textlinguistik 21 Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Eine korpusbasierte quantitativ-qualitative Untersuchung am Beispiel des Deutschen und des Polnischen Susanne Kabatnik Susanne Kabatnik Warum existieren Konstruktionen wie Frage stellen oder Antwort geben, wenn es verbale Entsprechungen wie fragen oder antworten gibt? Empirische Studien zeigen, dass solche Nomen-Verb-Verbindungen im Vergleich zu Verben spezifische syntaktische Leistungen aufweisen, z.B. die Möglichkeit zur Attribuierung sowie Änderungen der Valenz. Auf Textebene zeichnet sich dadurch ein Zusammenspiel der Konstruktion mit anderen sprachlichen Einheiten ab und Informationen können so unterschiedlich perspektiviert und gewichtet, aber auch anders im Textverlauf eingebettet werden als mit dem Basisverb. Funktionsverbgefüge werden in diesem Band als kohärenzstiftende Mittel im Kontrast zu ihren polnischen Äquivalenten auf textuelle Funktionen hin untersucht. Die Datengrundlage bildet das deutsche und das polnische Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache. Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Europäische Studien zur Textlinguistik herausgegeben von Steffen Pappert ( Duisburg-Essen ) Nina-Maria Klug ( Vechta ) Georg Weidacher ( Graz ) Band 21 Susanne Kabatnik Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Eine korpusbasierte quantitativ-qualitative Untersuchung am Beispiel des Deutschen und des Polnischen Europäische Studien zur Textlinguistik herausgegeben von Steffen Pappert ( Duisburg-Essen ) Nina-Maria Klug ( Vechta ) Georg Weidacher ( Graz ) Band 21 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb. dnb.de abrufbar Die Veröffentlichung beruht auf einer Dissertation der Philosophischen Fakultät der Universität Mannheim. Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT. © 2020 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 1860-7373 ISBN 978-3-8233-8421-2 (Print) ISBN 978-3-8233-9421-1 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0245-2 (ePub) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® 5 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1. Untersuchungsgegenstand und Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.2.1. Wie sich Stilratgeber Funktionsverbgefügen gegenüber positionieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.2.2. Wie Funktionsverbgefüge in DaF-Lehrwerken behandelt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.2.3. Funktionsverbgefüge in der linguistischen Forschungsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1.3. Textlinguistischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1.4. Forschungsfragen und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Daten und Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2.1. Generierung von Funktionsverbgefügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2.2. Wahl der Korpora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.3. Datenerhebung und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien . . 76 3.1. Erweiterung der Nominalphrase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.1.1. Artikelwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3.1.2. Adjektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.1.3. Funktionsverb-Partizipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.1.4. Funktionsnomen-Komposita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.1.5. Genitivphrasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3.1.6. Präpositionalphrasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3.1.7. Satzförmige Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3.2. Valenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.2.1. Valenzverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.3. Position des Funktionsnomens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3.4. Referenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 6 Inhaltsverzeichnis 4. Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 4.1.1. Frage stellen und zada(wa)ć pytanie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4.1.2. Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4.1.3. Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję . . . . . . . 152 4.1.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4.2.1. Informationsanreicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4.2.2. Informationsverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4.2.3. Informationsperspektivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 4.2.4. Informationsgewichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 4.2.5. Wiederaufnahme von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 6. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Online-Datenbanken & Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Korpusabfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Wortliste Funktionsverbgefüge-- Kookkurrenzanalyse und Zuordnung polnischer Konstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 7 1. Einleitung „Seitdem ich denken kann Will ich dem Schicksal diese eine Frage stellen, ob man es lenken kann Als ich sechs war Mussten wir unsre Sachen packen und unendlich weit wegfahr’n“ KC Rebell: Leer; Album: Abstand, 2016 (Hervorhebung S. K.) Den Gegenstand der Untersuchung bilden in der vorliegenden Arbeit die deutschen und polnischen Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen, zada(wa)ć pytanie , da(wa)ć odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję (Kamber 2008, Klinger 1983). Die Konstruktionen bestehen aus einem Funktionsverb und -nomen und korrespondieren mit einem Basisverb, wie z. B. fragen . Zu Funktionsverbgefügen existieren jedoch unterschiedliche Auffassungen: In Stilratgebern finden sich seit über einem Jahrhundert abwertende Äußerungen - gegenwärtig auch auf Schreibblogs, in Universitätsrichtlinien für Abschlussarbeiten sowie in modernen Textanalysetools im WWW -, die Funktionsverbgefüge als schlechtes und unverständliches Behördendeutsch abtun und dazu raten, die Gefüge mit einfachen Verben zu ersetzen (vgl. Wustmann 1891: 416 f.; Mackowiak 2011: 72; Textwende: Schreibtipps 1 ; s. Kap. 1.2.1). In Lehrwerken für den DaF-Unterricht finden Funktionsverbgefüge keine oder nur wenig Beachtung (vgl. Giacoma 2017; s. Kap. 1.2.2). In der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen werden Konstruktionen, wie Frage stellen , in Gegenüberstellung mit dem Basisverb als bedeutungsgleich aufgefasst - die Substitution mit dem Basisverb, wie z. B. in Er stellt ihr eine Frage vs. Er fragt sie etwas , würde lediglich mit stilistischen Veränderungen einhergehen (vgl. Hoffmann 2017: 225). Das einführende Zitat des Rappers KC Rebell lässt jedoch bereits vermuten, dass Funktionsverbgefüge, wie Frage stellen , spezifische kommunikative Leistungen entfalten können: Mit diese eine Frage bezieht sich KC Rebell auf eine ganz bestimmte Frage, die in Anschluss mit ob man es lenken kann spezifiziert wird. Solche Gefüge weisen nämlich syntaktische Leistungen auf, zu denen die Möglichkeit zur Attribuierung, Änderungen der Valenz und der kommunikativen Struktur sowie die Referenzfähigkeit gehören (Żmigrodzki 2000; Hinderdael 1985). Auf der Textebene zeichnet sich ein Zusammenspiel 1 https: / / www.textwende.de/ blog/ detail/ streckwoerter-vermeiden/ , (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 8 1. Einleitung der Konstruktionen mit anderen sprachlichen Einheiten, wie Artikelwörtern und Nebensätzen, ab und Informationen können so nicht nur unterschiedlich modifiziert und fokussiert, sondern auch anders in den Textverlauf eingebettet werden als mit dem Basisverb (vgl. Klinger 1983; Storrer 2013). Bislang fand die Textebene in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen jedoch wenig Beachtung und es fehlt eine systematische Klassifikation nach textuellen Leistungen. Die Forschungsfragen beziehen sich in der vorliegenden Untersuchung auf die Verknüpfung von Funktionsverbgefügen mit anderen sprachlichen Einheiten sowie ihre Leistungen im Textzusammenhang und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Deutschen und im Polnischen. In Kapitel 1 werden verschiedene Typen von Funktionsverbgefügen sowie unterschiedliche Zweige der germanistischen Forschungsliteratur der vergangenen sechzig Jahre zu Funktionsverbgefügen vorgestellt und mit den verschiedenen Auffassungen in Stilratgebern sowie dem gegenwärtigen und durch eine Lehrwerkanalyse ermittelten Stand zu Funktionsverbgefügen in DaF-Lehrwerken in Verbindung gebracht. Zudem wird der theoretische Hintergrund der vorliegenden Arbeit erläutert: Wesentliche Theorien und Konzepte aus der linguistischen Teildisziplin der Textlinguistik werden eingeführt und erklärt. In Kapitel 2 gehe ich auf die Datengrundlage und die Untersuchungsmethoden der vorliegenden Arbeit ein. Der Untersuchungsgegenstand wurde mithilfe einer Kookkurrenzanalyse durch die automatische Generierung von statistisch signifikanten deutschen Funktionsverbgefügen eingegrenzt, die polnischen Funktionsverbgefügen zugeordnet wurden (s. Kap. 2.1). Die Untersuchung der generierten Funktionsverbgefüge auf ihre Leistungen im Textzusammenhang wird auf der Datengrundlage von polnischen und deutschen Artikeln aus den Wikipedia-Korpora des IDS durchgeführt. Methodisch geleitet wird die vorliegende Arbeit vom korpusbasierten, quantitativ-qualitativen Ansatz nach Lemnitzer / Zinsmeister (2015). Unter Anwendung des traditionellen Substitutionstests mit dem Basisverb werden die Leistungen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang sichtbar gemacht. In Kapitel 3 wird auf Basis der Forschungsliteratur für die quantitative und qualitative Analyse der Treffer(kon)texte ein mehrdimensionales, textgrammatisches und -semantisches Kategoriensystem entwickelt. Ausgehend vom Deutschen übertrage ich die Annahmen in der Analyse der Daten auf das Polnische. Die textuellen Analyseebenen beziehen sich auf Erweiterungen, Valenz, Position und die Referenz der Funktionsverbgefüge, für die weitere Subklassifizierungen im Zusammenhang mit der Ebene des Textes vorgestellt werden. In Kapitel 4 werden die quantitativen Ergebnisse zur Korpusuntersuchung vorgestellt. Ich gehe dabei auf die Bereinigung der Treffer sowie die einzelnen textgrammatischen und -semantischen Analyseebenen der Funktionsverb- 1.1. Untersuchungsgegenstand und Terminologie 9 gefüge-Paare ein. Hierbei werden anhand von empirischen Ergebnissen kommunikative Leistungen von Funktionsverbgefügen überprüft. Im qualitativen Ergebnisteil der vorliegenden Arbeit werden die Funktionsverbgefüge unter Anwendung des Substitutionstests auf ihre Leistungen im Textzusammenhang untersucht, nämlich auf die Anreicherung, Verdichtung, Perspektivierung, Gewichtung und Wiederaufnahme von Informationen im Text. Im fünften und letzen Kapitel der Arbeit werden die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst, diskutiert sowie Schlussfolgerungen sowohl für die linguistische Forschung an Funktionsverbgefügen als auch die didaktische und schulpraktische Aufarbeitung der Gefüge abgeleitet. Die Erkenntnisse werden in den gegenwärtigen Forschungskontext gesetzt. Die vorliegende Arbeit ist relevant für die empirische Auseinandersetzung mit Funktionsverbgefügen in der Polonistik, der kontrastiven Linguistik, für die Textlinguistik und für DaF-Verlage. Die Arbeit richtet sich an Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie Studierende dieser Bereiche, als auch an Stilkritiker*innen und auch Software-Entwickler*innen im texttechnologischen Bereich, da sich wiederholende Forderungen aus Schreib- und Stilratgebern in modernen Tools zur automatischen Analyse und Korrektur von Texten wiederfinden (s. Kap. 1.2.1). 1.1. Untersuchungsgegenstand und Terminologie Den Gegenstand der Untersuchung bilden in der vorliegenden Arbeit die Konstruktionen Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre Äquivalente im Polnischen. Die Konstruktionen bestehen aus einem verbalen - stellen , geben , treffen - und einem nominalen Element - Frage , Antwort , Entscheidung - und bilden gemeinsam eine semantische Einheit, die mit einem korrespondierenden Basisverb zusammengefasst werden kann, wie fragen , antworten und entscheiden (vgl. Kamber 2008; Heine 2006: 49, Hermann 2019). Derartige Verbindungen aus einem Nomen und einem Verb - häufig als Funktionsverbgefüge bezeichnet (Kamber 2008) - zu definieren, gestaltet sich insgesamt jedoch problematisch und ist Ágel (2017: 315) zufolge „eine der undankbarsten grammatischen Aufgaben“. Der Gegenstand müsste nach Ágel (2017: 315) einerseits von angrenzenden Disziplinen, wie der Phraseologie- und Kollokationsforschung, abgegrenzt werden. Und andererseits ergeben sich durch die Abgrenzungsproblematik unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Konstruktionen zum Untersuchungsgegenstand Funktionsverbgefüge gerechnet werden können und welche nicht. Denn es existieren verschiedene Typen von Gefügen, die sich nicht nur semantisch, morphologisch und (morpho)syntaktisch, sondern auch pragmatisch voneinander unterscheiden (vgl. Helbig / Buscha 2011: 83 ff.). 10 1. Einleitung Semantische Besonderheiten weisen beispielsweise Nomen-Verb-Verbindungen, wie in Kontakt kommen und in Gang bringen , auf, denn in Kontakt kommen im Sinne von ‚jemand kommt mit etwas in Kontakt‘ unterscheidet sich von kontaktieren durch den Ausdruck von Passivität (vgl. Eroms 2000: 168 f.) und in Gang bringen von gehen durch die Anzeige von Kausativität (vgl. Helbig / Buscha 2011: 84) im Sinne von ‚jemand bewirkt, dass etwas in Gang gebracht wird‘. In anderen Gefügen, wie z. B. Antwort geben oder Entscheidung treffen , ist der Ausdruck von Passivität oder Kausativität in Gegenüberstellung mit den Basisverben antworten und entscheiden nicht zu verzeichnen (vgl. Hoffmann 2017: 225; Heringer 2014: 115; Storrer 2013: 198). Morphologische Unterschiede zu Nomen-Verb-Verbindungen, wie in Kontakt kommen und Entscheidung treffen , finden sich in Gefügen, wie Angst haben und Dienst leisten : Denn Angst haben steht nicht mit einem Verb in einem Ableitungsverhältnis, wie bei Kontakt - kontaktieren und Entscheidung - entscheiden , sondern mit einem Adjektiv (vgl. Welke 2007: 219; Helbig 1979: 274; Kamber 2008: 22), d. h. Angst steht mit ängstlich in Relation, und außer Kraft setzen weist kein korrespondierendes Basisverb auf (vgl. Helbig / Buscha 2011: 70 ff.), vgl. *kraften . Morphosyntaktisch können die Gefüge aus einem Verb und einer Nominalphrase bestehen, wie z. B. Arbeit und Hilfe leisten , oder aus einem Verb und einer Präpositionalphrase, wie z. B. zum Staunen oder Laufen bringen (vgl. Helbig / Buscha 2011: 68; Hinderdael 1985; Heidolph et al. 1984: 440). Zudem weisen einige Nomen der Gefüge die Fähigkeit zur freien Artikelwahl und zur Pluralbildung sowie die Möglichkeit zur Attribuierung auf, andere dagegen nicht (vgl. Helbig / Buscha 2011: 89 f.; Heidolph et al. 1984: 441 f.), vgl. z. B. die richtigen Entscheidungen treffen vs. *in die richtigen Fahrten kommen. Engelen (1968) beispielsweise zählt nur präpositionale Verbindungen, wie zur Entscheidung kommen oder in Vergessenheit geraten, zum Gegenstandsbereich der Funktionsverbgefüge. Dagegen finden sich bei von Polenz (1963), Daniels (1963), Schmidt (1968) und Popadić (1971) sowohl präpositionale Gefüge als auch akkusativische, wie in Ordnung und zur Aufführung bringen oder Entscheidung treffen und Antwort geben. Welke (2007: 219), Helbig (1979: 274) und Kamber (2008: 22) rechnen zu Nomen-Verb-Verbindungen sowohl Verbalsubstantive, wie in Fahrt kommen von fahren , als auch Adjektivableitungen, wie in Gefahr sein von gefährlich. Die Definitionsproblematik ist jedoch nicht nur der Grund für die unterschiedlichen Ein- und Abgrenzungskriterien der Gefüge, sondern auch für die terminologische Vielfalt in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand: • Funktionsverbformel (von Polenz 1963) • Nominale Umschreibung (Daniels 1963) 1.1. Untersuchungsgegenstand und Terminologie 11 • Streckform (Schmidt 1968) • Funktionsverbgefüge (Engelen 1968, Herrlitz 1973, Persson 1975, Helbig 1979 / 1984, von Polenz 1987, Gautier 1998, Pottelberge 2001, Heringer 1988, Seifert 2004, Heine 2006, Storrer 2006a, Storrer 2006b, Storrer 2013, Kamber 2008, Zifonun et al. 1997, Burger 2015, grammis 2019: Elementare Prädikate 2 , Ágel 2017, Taborek 2018) • Funktionsverbfügung (Heringer 1968, Bahr 1977) • Analytische Verbalverbindung (Popadić 1971) • Nominalisierungsverbgefüge (von Polenz 1987, Storrer 2006a, Storrer 2006b, Zifonun et al. 1997, grammis 2019: Elementare Prädikate 3 , Ágel 2017) • Verbonominale Konstruktionen (Pottelberge 2001) • Streckverbindungen (Heringer 1988) • Streckverbgefüge (Storrer 2006b, Storrer 2013) • Verbale Phraseme und singuläre Kollokation (Burger 2015) • Kollokativgefüge (Ágel 2017) Nach der Einteilung der Autoren und Autorinnen handelt es sich bei den in der vorliegenden Arbeit untersuchten Gefügen Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen (s. Kap. 2.1) nach Storrer (2006b, 2013, Taborek 2018) um Streckverbgefüge, nach Heringer (1988) um Streckverbindungen, nach Zifonun et al. (1999) um Nominalisierungsverbgefüge, nach Ágel (2017) um Kollokativgefüge und nach Kamber (2008) um Funktionsverbgefüge im weiteren Sinn. Die verschiedenen Termini können sich dabei auf den gesamten Gegenstandsbereich beziehen oder sie fokussieren einen bestimmten Subtyp der Nomen-Verb-Verbindungen. Trotz der verschiedenen Herangehensweisen der Autoren und Autorinnen haben sich v. a. drei Definitionsansätze durchgesetzt: Erstens bezieht sich der Terminus ‚Funktionsverbgefüge‘ als Oberbegriff auf verschiedene Nomen-Verb-Verbindungen (vgl. z. B. Gautier 1998, Helbig / Buscha 2001 / 2011, Seifert 2004, Heine 2006, Kamber 2008), d. h. sowohl in Gang kommen , in Kontakt treten , in Frage stellen und in Kauf nehmen als auch Frage stellen , Schaden nehmen und Anwendung finden werden als Funktionsverbgefüge bezeichnet, auch wenn sie sich syntaktisch, semantisch und funktional voneinander unterscheiden (Abbildung 1). Zweitens wird in Anlehnung an von Polenz (1987) sowohl der Terminus ‚Nominalisierungsverbgefüge‘ als auch ‚Funktionsverbgefüge‘ verwendet (vgl. von Polenz 1987, Zifonun et al. 1997, Storrer 2006a, grammis 2 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2082 (letzter Zugriff: 14. 06. 2019). 3 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2082 (letzter Zugriff: 14. 06. 2019). 12 1. Einleitung 2018: Elementare Prädikate 4 , Ágel 2017). Als ‚Funktionsverbgefüge‘ werden lediglich die Konstruktionen bezeichnet, die sich durch den Ausdruck einer bestimmten Aktionsart vom entsprechenden Verb unterscheiden - Kontakt halten unterscheidet sich von kontaktieren durch den Ausdruck von Durativität (Abbildung 2). Mit ‚Nominalisierungsverbgefüge‘ werden dagegen verschiedene Nomen-Verb-Verbindungen als Oberbegriff zusammengefasst, also z.B. Antwort geben oder in Wegfall kommen . Drittens wird diese Unterscheidung mit ‚Nominalisierungsverbgefügen‘ als Oberbegriff und ‚Funktionsverbgefügen‘ als Terminus für einen bestimmten Subtyp durch einen weiteren Subtyp ergänzt: Funktionsverbgefügen, wie in Gang bringen oder in Wegfall kommen , werden Streckverbgefüge, wie Frage stellen oder Entscheidung treffen , gegenübergestellt (vgl. Storrer 2006b, 2013; Taborek 2018; Abbildung 3). 5 11 Entscheidung treffen , gegenübergestellt (vgl. Storrer 2006b, 2013; Taborek 2018; Abbildung 3). 5 Abbildung 1: ‚Funktionsverbgefüge‘ als Oberbegriff für Nomen-Verb-Verbindungen Abbildung 2: ‚Funktionsverbgefüge‘ als Teilmenge von Nominalisierungsverbgefügen 5 Die Opposition von Streckverbindungen, wie z.B. Frage stellen , und Funktionsverbgefügen, wie z.B. in Gang bringen , findet sich auch bei Heringer (1988). ‚Funktionsverbgefüge‘ 1: ‚Funktionsverbgefüge‘ 2: zum Ausdruck bringen Arbeit leisten, in Wegfall kommen in Fahrt kommen, Frage stellen, Angst haben, in Gang bringen Entscheidung treffen, Dienst leisten in Kontakt treten, Absage erteilen Anwendung finden Nominalisierungsverbgefüge zum Ausdruck bringen Arbeit leisten, in Wegfall kommen in Fahrt kommen, Frage stellen, Angst haben, in Gang bringen Entscheidung treffen, Dienst leisten in Kontakt treten, Absage erteilen Funktionsverbgefüge in Gang bringen in Wegfall kommen in Bewegung bleiben Abbildung 1: ‚Funktionsverbgefüge‘ als Oberbegriff für Nomen-Verb-Verbindungen 4 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2082 (letzter Zugriff: 14. 06. 2019). 5 Die Opposition von Streckverbindungen, wie z. B. Frage stellen , und Funktionsverbgefügen, wie z. B. in Gang bringen , findet sich auch bei Heringer (1988). 1.1. Untersuchungsgegenstand und Terminologie 13 11 Entscheidung treffen , gegenübergestellt (vgl. Storrer 2006b, 2013; Taborek 2018; Abbildung 3). 5 Abbildung 1: ‚Funktionsverbgefüge‘ als Oberbegriff für Nomen-Verb-Verbindungen Abbildung 2: ‚Funktionsverbgefüge‘ als Teilmenge von Nominalisierungsverbgefügen 5 Die Opposition von Streckverbindungen, wie z.B. Frage stellen , und Funktionsverbgefügen, wie z.B. in Gang bringen , findet sich auch bei Heringer (1988). ‚Funktionsverbgefüge‘ 1: ‚Funktionsverbgefüge‘ 2: zum Ausdruck bringen Arbeit leisten, in Wegfall kommen in Fahrt kommen, Frage stellen, Angst haben, in Gang bringen Entscheidung treffen, Dienst leisten in Kontakt treten, Absage erteilen Anwendung finden Nominalisierungsverbgefüge zum Ausdruck bringen Arbeit leisten, in Wegfall kommen in Fahrt kommen, Frage stellen, Angst haben, in Gang bringen Entscheidung treffen, Dienst leisten in Kontakt treten, Absage erteilen Funktionsverbgefüge in Gang bringen in Wegfall kommen in Bewegung bleiben Abbildung 2: ‚Funktionsverbgefüge‘ als Teilmenge von Nominalisierungsverbgefügen 12 Abbildung 3: ‚Funktionsverbgefüge‘ und Streckverbgefüge als Subtypen von Nominalisierungsverbgefügen Die Gegenüberstellung von Gefügen, wie in Gang bringen oder in Wegfall kommen , einerseits und Nomen-Verb-Verbindungen, wie Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen , andererseits (Abbildung 3) basiert v.a. auf morphosyntaktischen und semantischen Unterschieden in Bezug auf den Grad der Festigkeit und Lexikalisierung des jeweiligen Konstruktionstyps, der sich beispielsweise a) in der Attribuierungsfähigkeit, b) der freien Artikelwahl, c) der Möglichkeit zur Pluralbildung und d) der Referenzfähigkeit der Gefüge manifestiert (vgl. Heidolph et al. 1984: 441f.; Helbig/ Buscha 2011: 87ff.; s. Kap. 3; 4.2.1): 6 a) Attribuierung Gruppe 1 Gruppe 2 *in guten Gang bringen *in richtigen Wegfall kommen ? in schneller Bewegung bleiben gute Fragen stellen die richtigen Antworten geben wichtige Entscheidungen treffen 6 Gemeinsam haben alle diese Konstruktionen, dass ihr Verb, das sog. Funktionsverb, nicht dieselbe Bedeutung aufweist wie ihr Gegenspieler als Vollverb, z.B. bedeutet treffen in Entscheidung treffen etwas anderes als Freunde treffen (vgl. Helbig/ Buscha 2011: 69). Darüber, ob das Funktionsverb als semantisch leer, de- oder umsemantisiert aufgefasst werden kann, besteht in der Forschungsliteratur zu Nomen-Verb- Verbindungen keine Einigkeit (vgl. Kamber 2008: 23; Hermann 2019). ‚Funktionsverbgefüge‘ 3: Nominalisierungsverbgefüge Streckverbgefüge Frage stellen Antwort geben Entscheidung treffen Funktionsverbgefüge in Wegfall kommen in Gang bringen in Vergessenheit geraten Abbildung 3: ‚Funktionsverbgefüge‘ und Streckverbgefüge als Subtypen von Nominalisierungsverbgefügen Die Gegenüberstellung von Gefügen, wie in Gang bringen oder in Wegfall kommen , einerseits und Nomen-Verb-Verbindungen, wie Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen , andererseits (Abbildung 3) basiert v.a. auf morphosyntaktischen und semantischen Unterschieden in Bezug auf den Grad der Festigkeit und Lexikalisierung des jeweiligen Konstruktionstyps, der sich beispielsweise a) in der Attribuierungsfähigkeit, b) der freien Artikelwahl, c) der 14 1. Einleitung Möglichkeit zur Pluralbildung und d) der Referenzfähigkeit der Gefüge manifestiert (vgl. Heidolph et al. 1984: 441f.; Helbig/ Buscha 2011: 87ff.; s. Kap. 3; 4.2.1): 6 a) Attribuierung Gruppe 1 Gruppe 2 *in guten Gang bringen *in richtigen Wegfall kommen ? in schneller Bewegung bleiben gute Fragen stellen die richtigen Antworten geben wichtige Entscheidungen treffen b) Artikelwahl Gruppe 1 Gruppe 2 ? in einen / den / keinen Gang bringen *in einen / den / keinen Wegfall kommen ? in einer / der / keiner Bewegung bleiben eine / die / keine Frage stellen eine / die / keine Antwort geben eine / die / keine Entscheidung treffen c) Pluralbildung Gruppe 1 Gruppe 2 *in (die / viele) Gänge bringen *in (die / einige) Wegfälle kommen *in (den / zahlreiche) Bewegungen bleiben (viele) Fragen stellen (einige) Antwort(en) geben (zahlreiche) Entscheidungen treffen d) Referenzfähigkeit Gruppe 1 Gruppe 2 *Das Auto wurde in Gang gebracht. Er / Der Gang… *Vergünstigungen kommen in Wegfall. Er / Der Wegfall… ? Man sollte immer in Bewegung bleiben. Sie / Die Bewegung… Die Fragen wurden erneut gestellt. Sie / Die Fragen… Er hat ihm Antworten gegeben. Sie / Die Antworten… Die Entscheidungen wurden getroffen. Sie… Die Gefüge der Gruppe 1 (in Gang bringen) drücken eine Aktionsart aus und verhalten sich syntaktisch wie Phraseologismen im engeren Sinn (vgl. Burger 2015: 57 / 161; Helbig / Buscha 2011: 69 f.), d. h. die Gestalt der Konstruktionen ist 6 Gemeinsam haben alle diese Konstruktionen, dass ihr Verb, das sog. Funktionsverb, nicht dieselbe Bedeutung aufweist wie ihr Gegenspieler als Vollverb, z. B. bedeutet treffen in Entscheidung treffen etwas anderes als Freunde treffen (vgl. Helbig / Buscha 2011: 69). Darüber, ob das Funktionsverb als semantisch leer, de- oder umsemantisiert aufgefasst werden kann, besteht in der Forschungsliteratur zu Nomen-Verb-Verbindungen keine Einigkeit (vgl. Kamber 2008: 23; Hermann 2019). 1.1. Untersuchungsgegenstand und Terminologie 15 in Bezug auf die Möglichkeit zur Attribuierung, Artikelwahl und Pluralbildung festgelegt und die Konstruktionen sind nicht referenzfähig. 7 Die Verbindungen aus Gruppe 2 weisen eine starke Bedeutungsähnlichkeit zum Basisverb auf (vgl. grammis online 2018: 8 Nominalisierungsverbgefüge; Hoffmann 2017: 225; Heringer 2014: 115) und verhalten sich im Satz wie freie Wortverbindungen aus Nomen und Verben (vgl. Helbig / Buscha 2011: 88 ff.; Storrer 2006b: 286), d. h. sie sind attribuierbar, der Artikel ist frei wählbar, Pluralbildung ist möglich und die Nomen der Gefüge sind referenzfähig - sie können also je nach kontextuellen Gegebenheiten und Erfordernissen verändert und angepasst werden. Durch die obigen Beispiele zu in Bewegung bleiben und der Bedeutungsveränderung in in einer / der Bewegung bleiben von unspezifischer zu spezifischer Lesart und der dadurch möglichen Referenzfähigkeit wird deutlich, dass auch Konstruktionen der Gruppe 1 einen geringeren Grad an Festigkeit und Lexikalisierung aufweisen können, d. h. auch Gefüge der Gruppe 1 - Funktionsverbgefüge im engeren Sinn - , können mehr oder weniger fest und lexikalisiert sein. Ich schlage deswegen eine skalare Betrachtungsweise der verschiedenen Konstruktionstypen nach ihrem Festigkeits- und Lexikalisierungsgrad vor, von links nach rechts mit absteigendem Grad: 7 Die Referenzfähigkeit von Bewegung in ? Man sollte immer in Bewegung bleiben. Sie / Die Bewegung … kann jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. 8 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2082 (letzter Zugriff: 29. 03. 2018). 16 1. Einleitung 14 grammis online 2018: 8 Nominalisierungsverbgefüge; Hoffmann 2017: 225; Heringer 2014: 115) und verhalten sich im Satz wie freie Wortverbindungen aus Nomen und Verben (vgl. Helbig/ Buscha 2011: 88ff.; Storrer 2006b: 286), d.h. sie sind attribuierbar, der Artikel ist frei wählbar, Pluralbildung ist möglich und die Nomen der Gefüge sind referenzfähig - sie können also je nach kontextuellen Gegebenheiten und Erfordernissen verändert und angepasst werden. Durch die obigen Beispiele zu in Bewegung bleiben und der Bedeutungsveränderung in in einer/ der Bewegung bleiben von unspezifischer zu spezifischer Lesart und der dadurch möglichen Referenzfähigkeit wird deutlich, dass auch Konstruktionen der Gruppe 1 einen geringeren Grad an Festigkeit und Lexikalisierung aufweisen können, d.h. auch Gefüge der Gruppe 1 - Funktionsverbgefüge im engeren Sinn - , können mehr oder weniger fest und lexikalisiert sein. Ich schlage deswegen eine skalare Betrachtungsweise der verschiedenen Konstruktionstypen nach ihrem Festigkeits- und Lexikalisierungsgrad vor, von links nach rechts mit absteigendem Grad: Abbildung 4: Mehrworteinheiten nach Grad der Festigkeit und Lexikalisierung Den linken Endpunkt der Skala in Abbildung 4 bilden Phraseologismen, die sich durch ihre übertragene Bedeutung von Funktionsverbgefügen unterscheiden (vgl. Tao 1997: 26f.; Helbig/ Buscha 2011: 69f./ 85), sie teilen aber mit einigen Gefügen Eigenschaften: In grün hinter 8 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2082, letzter Zugriff: 29.03.2018. grün hinter den Ohren sein in Gang bringen Anwendung finden in Vergessenheit geraten in Kontakt kommen Anstrengungen unternehmen Frage stellen Hoch Grad an Festigkeit und Lexikalisierung Niedrig Abbildung 4: Mehrworteinheiten nach Grad der Festigkeit und Lexikalisierung Den linken Endpunkt der Skala in Abbildung 4 bilden Phraseologismen, die sich durch ihre übertragene Bedeutung von Funktionsverbgefügen unterscheiden (vgl. Tao 1997: 26 f.; Helbig / Buscha 2011: 69 f./ 85), sie teilen aber mit einigen Gefügen Eigenschaften: In grün hinter den Ohren sein und in Gang bringen ist beispielsweise die Artikelwahl und die Möglichkeit zur Pluralbildung festgelegt und die Nomen sind nicht referentiell zu verstehen (vgl. Burger 2015: 17 f.; / 19 ff.; Basarić / Petrič 2015: 183), vgl. ? in die Gänge bringen. Die Gänge… und ? grün hinter dem Ohr sein. Das Ohr… . 9 Abstufungen finden sich z. B. in der Attribuierung von in schnelle Vergessenheit geraten oder große Anstrengungen unternehmen . Rechts in der Skala stehen Konstruktionen mit einem niedrigen Grad an Festigkeit und Lexikalisierung. Den rechten Endpunkt bilden Kollokationen (vgl. Burger 2015: 38), wie Zähne putzen , die sich von Funktionsverbgefügen dadurch unterscheiden, dass es 9 Feste und lexikalisierte (bzw. auch idiomatisierte) Wortverbindungen werden im mentalen Lexikon anders abgespeichert als andere Lexikoneinheiten (vgl. Burger 2015: 17 f.; Basarić / Petrič 2015: 183). Ein Phraseologismus, wie grün hinter den Ohren sein , besteht zwar wie feste Funktionsverbgefüge aus mehreren Lexemen, er erhält wegen der übertragenen Bedeutung jedoch nur eine Repräsentation im mentalen Lexikon, wie z. B. ‚jung‘ oder ‚unerfahren sein‘ (vgl. Burger 2015: 17 f.). Und weil sich grün hinter den Ohren sein weder auf etwas Grünes noch auf Ohren oder den Platz dahinter bezieht, also in übertragener Bedeutung zu verstehen ist, können diese Lexeme im Text nicht thematisch weitergeführt werden (vgl. Burger 2015: 57 / 161; Helbig / Buscha 2011: 88; Heidolph et al. 1984: 441 f.). 1.1. Untersuchungsgegenstand und Terminologie 17 sich bei den Lexemen Zähne und putzen im Saussure’schen Zeichenbegriff um mehrere Signifikate und Signifikanten handelt (vgl. Saussure 1967), die nicht mit einem bedeutungsverwandten Lexem in Relation stehen, wie z. B. *zähnen im Sinne von ‚Zähne putzen‘. Dagegen korrespondieren Frage stellen, Anstrengungen unternehmen und in Vergessenheit geraten beispielsweise mit fragen , sich anstrengen und vergessen (vgl. Helbig / Buscha 2011: 69; Tao 1997: 12 ff.). Wie ich im Ergebnisteil der vorliegenden Arbeit zeigen werde, können weniger lexikalisierte und feste Gefüge, wie Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen verschiedene Verknüpfungsrelationen im Text herstellen, wie z. B. die Wiederaufnahme von oder den Verweis auf vorerwähnte oder nachstehende Informationen im Text: Sie haben die Frage gestellt, sie wurde aber nicht beantwortet (s. Burger 2015: 161; Gautier 1998). Es wäre jedoch denkbar, dass auch die linkspositionierten und festeren Gefüge, bestimmte Leistungen im Textzusammenhang entfalten können, wie z. B. in: (1) Die Maschine wurde in Gang gebracht - das In-Gang-bringen hat lange gedauert ; (2) Die Opfer sind in Vergessenheit geraten - das Vergessen schreitet schnell voran ; (3) Sie sind miteinander in Kontakt getreten - Der Kontakt hielt lange an . In (1) bezieht sich das In-Gang-bringen rückwärtsgewandt auf in Gang bringen , das Vergessen auf Vergessenheit in (2) und Kontakt auf das Nomen des Gefüges in Kontakt kommen in (3). Da sich die Gefüge durch eine starke Heterogenität auszeichnen, ist die in Abbildung 4 präsentierte skalare Betrachtungsweise von unterschiedlichen Typen von Funktionsverbgefügen in Bezug auf ihren Grad der Lexikalisierung und Festigkeit nicht in regelmäßigen Abstufungen aufzufassen, sondern vielmehr mit sich kreuzenden Merkmalen, wie z.B. der Möglichkeit zur Attribuierung von bspw. große Anstrengungen unternehmen oder in lange Vergessenheit geraten trotz ungrammatischer Singularbzw. Pluralform bspw. in *eine Anstrengung unternehmen oder * in Vergessenheiten geraten. Und weil sich textuelle Leistungen womöglich gar nicht nur auf einen spezifischen Typus von Nomen-Verb-Verbindungen beziehen können, sondern auch auf andere Arten von Gefügen, wähle ich für die Zwecke der Untersuchung von Nomen-Verb-Verbindungen auf ihre Leistungen im Textzusammenhang die weite Definition nach Kamber (2008: 22ff.; s. Abbildung 1). Im Folgenden bezeichne ich die Gefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen als Funktionsverbgefüge, die sich aus den Funktionsverben stellen, geben und treffen und den nominalen Komponenten Frage , Antwort und Entscheidung zusammensetzen. Analog zu ‚Funktionsverb‘ verwende ich den Terminus ‚Funktionsnomen‘ (Wotjak / Heine 2007, Basarić / Petrič 2015). Der se- 18 1. Einleitung mantisch-funktionale Vergleich von Funktionsverbgefügen und ihren Basisverben bildet die Basis für verschiedene Forschungsarbeiten und Positionierungen sowohl von Laien als auch Expert*innen, die im folgenden Abschnitt vorgestellt werden. 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen Zu Funktionsverbgefügen existieren verschiedene Positionen, die in diesem Kapitel vorgestellt werden. Da die vorliegende Arbeit textuelle Leistungen von Funktionsverbgefügen fokussiert, sind für diesen Beitrag v. a. die Auffassungen in Schreibratgebern, in Lehrwerken für den DaF-Unterricht sowie in der linguistischen Forschungsliteratur zu Leistungen von Funktionsverbgefügen relevant. Seit über einem Jahrhundert stehen Funktionsverbgefüge in Schreibratgebern in negativer Kritik: Die Gefüge würden den Text unnötig verlängern, sie klingen unschön und sollen vermieden werden. Trotz entsprechender Antworten auf die Kritik der Ratgeber seitens der Linguistik, finden derartige Ratschläge zur Vermeidung von Funktionsverbgefügen mit der Digitalisierung Einzug ins WWW , z. B. in Form von Schreibblogs und modernen Textanalysetools, die in Abschnitt 1.2.1 gezeigt werden. Da im DaF-Unterricht auch Fertigkeiten der Textproduktion eingeübt werden, wird Abschnitt 1.2.2 von der Frage geleitet, ob bzw. inwiefern Funktionsverbgefüge im Unterricht für Deutsch als Fremdsprache behandelt werden. Abschnitt 1.2.3 handelt von wesentlichen Untersuchungsergebnissen zum Gegenstand Funktionsverbgefüge aus 60 Jahren Forschung. 1.2.1. Wie sich Stilratgeber Funktionsverbgefügen gegenüber positionieren Die Stilistik blickt auf eine jahrzehntelange Tradition der Abwertung von Funktionsverbgefügen in Stil- und Schreibratgebern zurück. Bereits 1963 fassen Daniels und von Polenz abwertende Bezeichnungen aus verschiedenen Stilratgebern - darunter Wustmann (1891), Engel (1931) und Reiners (1945) - zusammen, wie z. B. aufgeblähte Wendungen , Sprachbeulen , Verbsurrogate , unechte Zeitwörter , Zeitwortattrappen , Abklatschwörter und schwülstige Umschreibungen - wer Funktionsverbgefüge verwendet, der leide zudem an einer Dingwortseuche oder Verbaphobie (Daniels 1963: 9 f.; von Polenz 1963: 11; s.a. Wustmann 1891: 416). Trotz zahlreicher linguistischer Publikationen zu Funktionsverbgefügen, in denen Linguisten und Linguistinnen der Kritik am Gebrauch von Funktionsverbgefügen seit den Arbeiten von Kolb (1963), v. Polenz (1963) und Daniels (1963) mit Untersuchungsergebnissen entgegnen - Funktionsverbgefüge zeich- 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 19 nen sich durch semantische, syntaktische und kommunikative Funktionen aus (u. a. Schmidt 1968, Klein 1968, von Polenz 1987, Heine 2006, Storrer 2013; s. Kap. 1.2.3) -, wird die Abwertungstradition in der Ratgeberliteratur bis in die Gegenwart weitergeführt: Die einfachste Spielart der Hauptwörterkrankheit sind die Streckverben. Jedes Verbum kann man auseinanderstrecken, indem man das Verbum in ein Hauptwort verwandelt und ein farbloses Zeitwort hinzufügt. […] Namentlich Menschen, die von Natur Langweiler und Kanzleiräte sind, neigen zu dieser Form der Hauptwörterei. Sie sind zu faul, um zu besprechen, zu prüfen und zu entscheiden. Sie treten in Erwägungen ein, sie nehmen die Sache in Bearbeitung, sie stellen etwas unter Beweis […] und fällen schließlich - so Gott will - eine Entscheidung. Meiden Sie die Streckverben! (Reiners 2009: 72) In der 37. Auflage von Reiners Stilfibel (2009) wird nicht nur weiterhin für das Vermeiden von Streckverbgefügen plädiert, es zeigt sich darüber hinaus, dass sich die Forderung Reiners „Meiden Sie die Streckverben“ auch in anderen Ratgebern, wie z. B. bei Mackowiak (2011) und List (2013), wiederfindet: Funktionsverbgefüge (veraltet auch Streckformen) nennt man diese Ausdrücke. Sie machen einen Text etwas weniger verständlich, weil sie vom Leser verlangen, erst einmal die Beziehung zwischen dem Verb und dem Substantiv nachzuvollziehen: Wen stelle ich an? Überlegungen. Das wäre beim einfachen Verb überlegen gar nicht nötig. Hier wird nur aufgebläht. (Mackowiak 2011: 72) Mehr Verben, weniger Substantive: Handlungen werden durch Verben wiedergegeben. Verben sind frisch, farbig, lebendig und anschaulich. Sätze mit vielen Hauptwörtern sind ermüdend. […] Diese Verben nennt man Streckverben: in Erwägung ziehen erwägen, Verzicht leisten verzichten […] Bei diesen Verben können wir Zeit sparen, wenn wir die Vorsilbe weglassen, denn sie ist überflüssig. (List 2013: 12) Reiners (2009), Mackowiak (2011) und List (2013) zufolge machen Funktionsverbgefüge Texte weniger verständlich, werden nur von Langweilern und Kanzleiräten gebraucht und sollen vermieden werden. Die Kritik am Gebrauch von Funktionsverbgefügen schlägt sich gegenwärtig jedoch nicht nur in Schreibratgebern in Printform nieder, sondern sie breitet sich nun auch im Internet aus: Auf Schreibblogs, Webseiten von Universitäten und in modernen Textanalysetools finden sich Ratschläge zur Vermeidung von Nomen-Verb-Verbindungen beim Verfassen von Texten, vgl. das folgende Beispiel aus der Zeit online: 20 1. Einleitung Abbildung 5: Zeit online - deutsche Stilkunde So schreibt die Zeit online unter dem Titel „Die Krone der Hässlichkeit“, Funktionsverbgefüge gehörten zum „Bürokratenjargon“ und werden als „schwer verständliches abstoßendes Deutsch“ abgetan - anzeigen sei anstelle von zur Anzeige bringen „sowieso das bessere Deutsch“ (Zeit online: Lektion 12 - Sätze und Nominalstil 10 ; Abbildung 5). Die Schreibblogs „Textwende“ und „Die Brief-Profis“ vergleichen Funktionsverbgefüge mit mittelalterlicher Folter: „Im Mittelalter wurden Menschen unter Schmerzen auf der Streckbank in die Länge gezogen. Heute werden nur noch Verben gewalttätig verlängert“ (Abbildung 6) und „Streckverb klingt so nach Folter“ (Abbildung 7). Verdeutlicht wird dieses Sinnbild durch die Illustration in Abbildung 6, in der eine Figur in die Länge gezogen wird und um Hilfe ruft. Begleitet werden derartige Äußerungen von 10 https: / / www.zeit.de/ 2012/ 20/ Lektion-12-Saetze-Nominalstil (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 21 Abbildung 6: Textwende - Schreibtipps: Besser schreiben mit Verben 1 1 https: / / www.textwende.de/ blog/ detail/ streckwoerter-vermeiden/ (letzter Zugriff: 06.10. 2018). 22 1. Einleitung dem Ratschlag, Funktionsverbgefüge, wie z. B. eine Änderung vornehmen oder eine Feststellung machen , durch Verben, wie ändern oder feststellen , zu ersetzen: Abbildung 7: Die Brief-Profis - Behördendeutsch in verständliche Sprache umwandeln 11 Wie bei Reiners (2009), Mackowiak (2011) und List (2011) werden Funktionsverbgefüge auf Schreibblogs im Internet als Behördendeutsch abgetan und sind „kraftlos und abstrakt“ (Textwende: Schreibtipps 12 ). Durch die Substitution der Gefüge mit den entsprechenden Basisverben sollen die Texte wieder in „verständliche Sprache“ (Die Brief-Profis: Behördendeutsch) übersetzt werden, wodurch impliziert wird, dass Texte mit Funktionsverbgefügen weniger oder nicht verständlich sind. 11 https: / / diebriefprofis-blog.de/ behoerdendeutsch-streckverben/ (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 12 https: / / www.textwende.de/ blog/ detail/ streckwoerter-vermeiden/ (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 23 Zudem ist zu beobachten, dass die Ratschläge zur Vermeidung von Funktionsverbgefügen auch in den universitären Bereich dringen, denn verschiedene Universitäten raten ihren Studierenden zum Verfassen von Abschlussarbeiten, auf Funktionsverbgefüge zu verzichten und sie mit dem Basisverb zu ersetzen, vgl. die folgenden Abbildungen: Abbildung 8: TU Braunschweig - Gestaltungsrichtlinien für wissenschaftliche Ausarbeitungen des Instituts für Bauwirtschaft und Baubetrieb 13 13 https: / / www.tu-braunschweig.de/ Medien-DB/ ibb/ sonstiges/ ibb_sonstiges_gestaltungsrichtlinien.pdf (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 24 1. Einleitung Abbildung 9: TU Chemnitz - Workshop zu wissenschaftlichem Arbeiten und Schreiben 14 In den Gestaltungsrichtlinien für wissenschaftliche Ausarbeitungen des Instituts für Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Braunschweig (Abbildung 8) sowie in einem Workshop zu wissenschaftlichem Schreiben der TU Chemnitz (Abbildung 9) findet sich der Ratschlag verankert, Funktionsverbgefüge, wie unter Beweis stellen und eine Analyse durchführen , mit Basisverben, wie beweisen und analysieren , zu ersetzen. Funktionsverbgefüge sollen als Sprachmüll vermieden werden. Interessant ist, dass es sich bei der TU Braunschweig und der TU Chemnitz um technische Universitäten handelt, die Funktionsverbgefüge für wissenschaftliche Ausarbeitungen vermeiden wollen, denn Untersuchungen zu Funktionsverbgefügen hinsichtlich ihrer Textsortenspezifik zeigen, dass Funktionsverbgefüge häufig in technischen und wissenschaftlichen Texten verwendet werden (vgl. Vigašová 1968, Richter 1988) und werden als geradezu typisch für diese Textsorten gehandhabt. Der Grund dafür wird in den Leistungen von Funktionsverbgefügen zur Terminologiebildung gesehen, denn z.B. Transportarbeit bzw. gute Vorarbeit leisten oder Sicherheitsmaßnahmen treffen (Popadić 1971: 56/ 57) haben eine fachspezifische Bedeutung, die mit einem einfachen 14 https: / / www.tu-chemnitz.de/ wirtschaft/ vwl3/ lehre/ SS2017/ Wissenschaftliches_Arbeiten_SoSe17.pdf ) (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 25 Verb nicht ausgedrückt werden kann (vgl. Popadić 1971: 56; s. Kap. 1.2.3). Deswegen ist es verwunderlich, dass gerade technische Universitäten in Workshops und Richtlinien zu gutem wissenschaftlichem Stil davon abraten, Funktionsverbgefüge zu verwenden. Auffällig ist an der Kritik aus dem Internet, dass sich der Wortlaut der frühen Stilkunde wiederholt, vgl. z. B. aufgeblähte Wendungen (zitiert nach Daniels 1963: 9) oder Blähverben (List 2013: 12) mit „Gemeint sind Verben, die sich mit einem Substantiv aufblähen“ (Die Brief-Profis: Behördendeutsch 15 ). Es entsteht der Eindruck, die Ratschläge der Autoren und Autorinnen lassen sich auf Wustmanns Stilkunde „Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen“ aus dem Jahre 1891 zurückführen, in der er den Verbsurrogaten ein Kapitel widmet und sie als „Schwulst“ bezeichnet (Wustmann 1891: 416 ff.): Abbildung 10: Wustmann (1891: 417) Auf Wustmann (1891) basierende Ratschläge zur Vermeidung von Nomen-Verb-Verbindungen finden sich aber nicht nur in der Ratgeberliteratur zum Verfassen von guten (wissenschaftlichen) Texten, sondern auch in modernen Online-Anwendungen zur automatischen Textprüfung, in die Ratschläge zur Vermeidung von Funktionsverbgefügen eingespeist werden. Der Benutzer oder 15 https: / / diebriefprofis-blog.de/ behoerdendeutsch-streckverben/ (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 26 1. Einleitung die Benutzerin gibt einen beliebigen Text in ein Textfenster des Analysetools im Internet ein und wird ggf. durch eine Warnung auf einen Fehler oder ein Problem im Text aufmerksam gemacht. Der Text soll anschließend entsprechend überarbeitet werden. Um dies zu demonstrieren, habe ich die konstruierten Sätze Dass ich heute eine Entscheidung treffen muss, steht fest und Dass sie heute eine Frage stellt, war klar in die Online-Anwendungen „Textanalysetool“ und „Wortliga“ zur Überprüfung eingegeben. Abbildung 11: Entscheidung treffen im „Textanalysetool" 16 Abbildung 12: Frage stellen im Textanalysetool "Wortliga" 17 (Hervorhebung S. K.) 16 http: / / www.textanalyse-tool.de/ (letzter Zugriff: 29. 10. 2018). 17 https: / / wortliga.de/ textanalyse/ (letzter Zugriff: 29. 10. 2018). 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 27 Die eingegebenen Sätze Dass ich heute eine Entscheidung treffen muss, steht fest und Dass sie heute eine Frage stellt, war klar werden von beiden Programmen als einfach eingestuft (s. rechte Seite in Abbildung 11 und Abbildung 12). Interessant sind dabei die Fehlermeldungen der Softwaresysteme, denn beide Programme stufen die Funktionsnomen Entscheidung und Frage als problematisch ein und fordern die Benutzer*innen zur Vermeidung des Nominalstils bzw. zur Suche nach Synonymen auf (s. rechte Seite in Abbildung 11 und Abbildung 12), obwohl die Nomen Entscheidung und Frage als Grundwortschatz des Deutschen eingestuft werden können (vgl. Klein 2013: 41). Daraus kann geschlussfolgert werden, dass Wustmanns Sprachkritik aus dem Jahre 1891 auch in Online-Softwaresystemen zur automatischen Textprüfung im Internet des 21. Jahrhunderts Anwendung findet. Die abwertenden Kommentare zu Funktionsverbgefügen in Stilkunden des 19. und 20. Jahrhunderts finden sich in gegenwärtigen Schreibratgebern on- und offline wieder. Betroffen sind im Internet verschiedene Schreibblogs, Websites von Universitäten sowie automatische Korrekturhilfen im Internet: Die Konstruktionen seien hässlich, zu lang; sie würden den Text aufblähen und ihn weniger verständlich machen. Zusätzlich fordern die Ratgeber*innen dazu auf, Funktionsverbgefüge durch entsprechende Basisverben zu ersetzen, d. h. die Ratschläge beziehen sich auf die Ebene des Textes in Bezug auf Produktion und Rezeption. Weil das Produzieren und Rezipieren von Texten zu den Zielkompetenzen im Fremdsprachenunterricht gehören, werden im Folgenden Lehrwerke für den DaF-Unterricht auf die Thematisierung von Funktionsverbgefügen überprüft. 1.2.2. Wie Funktionsverbgefüge in DaF-Lehrwerken behandelt werden Im DaF-Unterricht sollen Lerner und Lernerinnen rezeptive wie produktive Fertigkeiten der Zielsprache Deutsch erlernen. Dazu gehören das Hör- und Leseverstehen sowie die Sprech- und Schreibkompetenz (vgl. Rössler 2012: 57; Funk et al. 2014: 84 / 108), d. h. sowohl die Textrezeption als auch -produktion sind als Zielkompetenzen der Lerner und Lernerinnen für den DaF-Unterricht zentral (Funk et al. 2014). Funktionsverbgefüge kommen in verschiedenen, auch alltagssprachlichen Textsorten mündlich wie schriftlich vor, z. B. in Zeitungstexten (Popadić 1973, Kamber 2008), Wikipedia-Artikeln (Storrer 2013), literarischer Prosa (Daniels 1963, Storrer 2013), aber auch in Musik-Texten und gesprochener Sprache (s. Kap. 1.2.3). Zudem sind Funktionsverbgefüge frequent (vgl. z.B. Kamber 2008, Storrer 2013; s. Kap. 2.1) - Frage stellen ist eines der häufigsten Gefüge (vgl. Kamber 2008, s. Kap. 2.1; 4.1) - und sie kommen, wie ich in Ab- 28 1. Einleitung schnitt 1.2.3 zeigen werde, in einer Vielzahl typologisch unterschiedlicher Sprachen vor. Frage stellen findet sich beispielsweise in romanischen, slawischen und germanischen Sprachen sowie im Türkischen (s. Kap. 1.2.3). Es könnte also hinsichtlich der Erstsprachen der Lerner*innen sinnvoll sein, besonders frequente Konstruktionen in Lehrwerke mit aufzunehmen und sie in Bezug auf ihre Form und Funktion zu thematisieren. Untersuchungen zu Mehrworteinheiten, wie Kollokationen, Phraseologismen und Funktionsverbgefüge, zeigen jedoch, dass sie in DaF-Lehrwerken nicht oder nur selten behandelt werden (Targońska 2018: 75; Ďurčo / Vajičková 2016: 125; Flinz i. Dr.: 12; Kamber 2008, Giacoma 2017). Giacoma (2017) bezeichnet Funktionsverbgefüge als „Schwarzfahrer der Didaktik“ und schreibt: „Wenn man Fremdsprachenlernen als eine Reise betrachtet, könnte man demzufolge denken, dass FVG heimlich und ohne gültige Fahrkarte mit den Lernenden mitfahren“ (Giacoma 2017 18 ). Dies muss zwar nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Konstruktionen dadurch überhaupt nicht erworben werden könnten (vgl. Pagonis/ Salomo 2014). Es scheint aber zumindest so, als würde kein besonderer Fokus auf Funktionsverbgefügen liegen, was sich mit der Analyse der folgenden DaF-Lehrwerke in Bezug auf die Thematisierung von Funktionsverbgefügen deckt: Radio D (2005), Berliner Platz 1 (2009), studio d (A1, Band 1 und 2, 2012), studio d - Die Mittelstufe (B1, 2013) und klipp und klar (B1, 2016). In nur zwei von fünf Lehrwerken werden Funktionsverbgefügen thematisiert, nämlich studio d - Die Mittelstufe (B1, 2013) und klipp und klar (B1, 2016). Im Unterschied zu Radio D (2005), Berliner Platz 1 (2009), studio d (A1, Band 1 und 2, 2012) handelt es sich bei studio d - Die Mittelstufe (B1, 2013) und klipp und klar (B1, 2016) um Lehrwerke der Niveaustufe B1, d. h. Lehrwerke, die Funktionsverbgefüge nicht explizit thematisieren sind A1-Lehrwerke. Zur Niveaustufe A1 schreibt das Goethe-Institut: Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen - z. B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben - und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen. (Goethe-Institut 2019: Niveaustufen 19 ; Hervorhebung S. K.) 18 Book of Abstracts unter: http: / / centres.fusl.ac.be/ LING10_08/ document/ Linguistics_ site/ SeSLa/ documents/ lightverbs/ Book%20of%20Abstracts_20171023_FINAL.pdf (letzter Zugriff 15. 10. 2018). 19 https: / / www.goethe.de/ ins/ de/ de/ kuv/ stu.html (letzter Zugriff: 11. 06. 2019). 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 29 Die Thematisierung von Funktionsverbgefügen und anderen polylexikalischen Einheiten könnte demnach erst ab einer höheren Niveaustufe angesetzt sein. Wohl gemerkt, verwendet jedoch auch das Goethe-Institut bei der Beschreibung der Niveaustufe A1 die Funktionsverbgefüge Frage stellen und Antwort geben , die in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Zu vertraute[n], alltägliche[n] Ausdrücke[n] könnten also auch Gefüge wie Frage stellen und Antwort geben gehören (vgl. Klein 2013: 41), sodass eine Thematisierung von Funktionsverbgefügen bereits ab einer früheren Niveaustufe sinnvoll sein könnte (Ďurčo / Vajičková 2016: 125). Wie werden Funktionsverbgefüge also in den anderen beiden Lehrwerken behandelt? In klipp und klar (B1, Fandrych et al. 2016) wird erklärt, was Funktionsverbgefüge sind, aus welchen Komponenten sie bestehen und welche semantischen Funktionen sie in Gegenüberstellung mit dem Basisverb übernehmen, wie z. B. die Markierung einer beginnenden Handlung durch in Gang bringen oder den Ausdruck von Ernsthaftigkeit durch Gespräch führen anstelle von sprechen (vgl. Fandrych et al. 2016: 130 f.). Zudem werden die folgenden Aufgabentypen aufgeführt: • ein Lückentext, in dem die passenden Funktionsverben ergänzt werden sollen, • eine Zuordnungsübung, in der die Komponenten des Gefüges einander zugeordnet werden sollen, • eine Ergänzungsaufgabe, in der eine Liste von Funktionsverbgefügen erstellt werden soll, • und eine Interpretationsaufgabe, in der erklärt werden soll, was im präsentierten Satz betont wird (Abbildung 13). Die verschiedenen Aufgabentypen sowie die theoretische Thematisierung von Funktionsverbgefügen im Grammatikteil von klipp und klar (B1, 2016: 130 / 131) lassen darauf schließen, dass Funktionsverbgefügen in diesem Lehrwerk ein höherer Stellenwert zugeschrieben wird als beispielsweise in studio d (B1, 2013), in dem - wie ich unten zeigen werde - lediglich weniger umfangreiche Aufgaben ohne weitere Erklärungen aufgeführt werden. In Bezug auf die Ebene des Textes erscheint in von klipp und klar (B1, 2016) die angesprochene Interpretationsaufgabe zu Funktionsverbgefügen relevant: 30 1. Einleitung Abbildung 13: Interpretationsaufgabe zu Funktionsverbgefügen in klipp und klar (Fandrych et al. 2016: 131) Abbildung 13 zeigt eine Übung aus klipp und klar (B1, 2016), in der die Aufmerksamkeit der Lerner und Lernerinnen auf zusätzliche Bedeutungsaspekte im Zusammenhang mit Funktionsverbgefügen gelegt wird. Die zusätzlichen Bedeutungsaspekte der Gefüge beschränken sich laut der Übung aber nicht nur auf die Bedeutung der Gefüge im Vergleich mit den Basisverben, sondern sie hängen auch mit der Abfolge der Wörter im Satz zusammen. So kann zur Debatte in g) Die Eltern stellen dieses Problem noch einmal grundsätzlich zur Debatte und h) Zur Debatte steht seit Jahren auch die Zahl der verfügbaren Studienplätze durch die Stellung der Glieder im Satz unterschiedlich betont werden (Daniels 1963: 228 f.; Wöllstein 2014: 39). Diese Übung stellt jedoch einen Einzelfall in den untersuchten Lehrwerken dar. Andere Übungen fokussieren Funktionsverbgefüge im Zusammenhang mit den entsprechenden Basisverben, die die Gefüge in Substitutionsaufgaben ersetzen sollen, vgl. die folgende Übung (Fandrych et al.: 131): 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 31 Abbildung 14: Substitutionsübung zu Funktionsverbgefügen in klipp und klar (Fandrych et al. 2016: 131) Abbildung 14 zeigt eine Übung aus dem DaF-Lehrwerk klipp und klar (Fandrych et al. 2016: 131), in der die in einem Text vorkommenden Funktionsverbgefüge durch die entsprechenden Verben ersetzt werden sollen. Trotz der Thematisierung von zusätzlichen Bedeutungsaspekten von Funktionsverbgefügen in klipp und klar soll der Text in der Substitutionsaufgabe paraphrasiert werden, was einen Widerspruch darstellt. Bereits im ersten Satz des zu paraphrasierenden Textes Viele Menschen bringen ihre Abneigung gegen Rauchen in der Öffentlichkeit deutlich zum Ausdruck geht durch die Paraphrase mit ausdrücken , also Viele Menschen drücken ihre Abneigung gegen Rauchen in der Öffentlichkeit deutlich aus , die durative bzw. iterative Lesart des Funktionsverbgefüges (vgl. Eroms 2000: 167, Helbig/ Buscha 2011: 73) verloren. Die Paraphrase stellt folglich zwar keine echte Ausdrucksalternative dar (vgl. Kap. 4.2 Ergebnisse), soll aber trotzdem eingeübt werden, was aus (fremdsprachen-)didaktischer Perspektive kontraproduktiv erscheint. Zudem wirkt der Textauszug durch die hohe Dichte an Funktionsverbgefügen unauthentisch, geradezu so, als hätte man einen Text mit den entsprechenden Verben einfach umformuliert, und die Lerner und Lernerinnen sollen den Text wieder in die ursprüngliche Form bringen. Dies wäre aber genauso unangebracht, denn auch die mit den Funktionsverbgefügen korrespondierenden Basisverben ( entscheiden - Entscheidung treffen ) weisen wie auch die Gefüge ein spezifisches Kombinations- und Funktionspotenzial auf (vgl. Storrer 2006a: 176), d. h. sowohl durch die Substitution von Funktionsverbgefügen mit Basisverben als auch durch die Substitution von Basisverben mit Funktionsverbgefügen werden spezifische Ausdrucksmöglichkeiten der jeweiligen Konstruktion ignoriert, was neueren und gebrauchsbasierten Ansätzen für den Fremdsprachenunterricht nicht entspricht (vgl. Goldberg 1995, Tomasello 2003, Stoll 2008, Klages / Pagonis 2014). Im Lehrwerk studio d (B1, Funk et al. 2013) werden Funktionsverbgefüge zwar auch thematisiert, im Vergleich zu klipp und klar (B1, Fandrych et al. 2016) 32 1. Einleitung jedoch nicht in gleicher Ausführlichkeit, denn in studio d sind keine Erklärungen zu Nomen-Verb-Verbindungen enthalten, d. h. auch keine Definitionen oder andere Hinweise zur Bedeutung und Funktion, vgl. die folgenden Übungen in Abbildung 15: Abbildung 15: Übungen zu Funktionsverbgefügen in studio d (B1, Funk et al. 2013: 75) Abbildung 15 zeigt vier Übungen zu Funktionsverbgefügen aus dem DaF-Lehrwerk studio d (B1, Funk et al. 2013: 75). Es sollen zuerst Funktionsverben mit Funktionsnomen verknüpft werden, die danach entsprechenden Basisverben zugeordnet werden sollen. Mit dem Hinweis „Nomen-Verb-Verbindungen können ersetzt werden“ sollen in der nächsten Übung alle Funktionsverbgefüge im Text mit Basisverben ersetzt werden und im Anschluss daran soll diskutiert werden, welcher Text verständlicher und besser im Ausdruck ist (Funk et al. 2013: 75). Zwei von vier Aufgaben zielen in studio d auf die Substitution mit dem Basisverb; die vierte Aufgabe zur Diskussion in der Gruppe thematisiert die Verständlichkeit des Textes mit und ohne Funktionsverbgefüge. Der Grund für derartige Aufgaben mit dem Fokus auf die Substitution von Funktionsverbgefügen könnte sein, dass Funktionsverbgefüge seit über einem Jahrhundert in Schreibratgebern als schlechter und unverständlicher Stil abgetan werden (vgl. 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 33 Wustmann 1891: 416ff.; Daniels 1963: 9f.; Reiners 2009: 72; Mackowiak 2011: 72; s. dazu ausführlich Kap. 1.2.1). Gefüge, wie Frage stellen und Entscheidung treffen , sollen den Ratgebern zufolge vermieden werden und mit einem Basisverb, wie fragen oder entscheiden , ersetzt werden (vgl. Reiners 2009: 72), was in Lehrwerken, wie studio d - Die Mittelstufe (B1, Funk et al. 2013) und klipp und klar (B1, Fandrych et al. 2016), zur Übung gemacht wird. Die Analyse der Lehrwerke Radio D (2005), Berliner Platz 1 (2009), studio d (A1, Band 1 und 2, 2012), studio d - Die Mittelstufe (B1, 2013) und klipp und klar (B1, 2016) ergibt, dass Funktionsverbgefüge trotz ihrer Relevanz für den DaF-Unterricht durch ihr Vorkommen in verschiedenen Textsorten und Sprachen sowie ihre Frequenz nur in zwei von drei untersuchten DaF-Lehrwerken behandelt werden. Die ausführlichste Darstellung von Funktionsverbgefügen bietet das DaF-Lehrwerk klipp und klar (B1, 2016). Es ist das einzige der untersuchten Lehrwerke, das eine Übung mit dem Schwerpunkt auf semantischen Funktionen der Gefüge anbietet. Fokussiert werden in den Übungen die Zuordnung von Funktionsverben und -nomen sowie die Substitution mit einem einfachen Verb. Funktionsverbgefüge werden insgesamt also kaum im konkreten Sprachgebrauch thematisiert, was erstens als Hinweis für den Einfluss von Ratschlägen zur Vermeidung von Funktionsverbgefügen aus der Ratgeberliteratur gewertet werden kann und zweitens auch neueren Ansätzen der Fremdsprachendidaktik nicht entspricht. Im nächsten Abschnitt werden Untersuchungsergebnisse aus 60 Jahren Forschung zu Funktionsverbgefügen zusammengefasst. 1.2.3. Funktionsverbgefüge in der linguistischen Forschungsliteratur Die germanistische Forschungsliteratur blickt gegenwärtig auf knapp sechzig Jahre Forschung zu Funktionsverbgefügen zurück, die anhand der Vorstellung verschiedener Forschungszweige zu Funktionsverbgefügen in Grundzügen vorgestellt werden soll. 20 Trotz der unterschiedlichen Untersuchungsschwerpunkte haben die Forschungsarbeiten zu Funktionsverbgefügen den Bezug zur Kritik am Gebrauch von Funktionsverbgefügen gemeinsam (z. B. Daniels 1963, von Polenz 1963, Heringer 1968, Schmidt 1968, Storrer 2013), die in zahlreichen Stil- und Schreibratgebern wiederholt aufgegriffen wird: Funktionsverbgefüge gehören zu schlechtem Stil und sollen mit einfachen Verben ersetzt werden (vgl. Wustmann 1891: 416 ff.; Reiners 1943-2009), weil sie „Texte weniger verständ- 20 Für einen umfassenden Überblick über die polonistische Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen verweise ich auf Żmigrodzki (2000), Jędrzejko (1992, 1998, 2002), Vetulani (2000, 2012), Domińczak (2014), Piątkowski (2018). 34 1. Einleitung lich machen“ würden (Mackowiak 2011: 72; s. dazu ausführlich Kap. 1.2.1). Der Forschungszweig zu Funktionsverbgefügen in Verbindung mit dem Ausdruck von Aspekt und Aktionsart mit den frühen Arbeiten z. B. von Kolb (1963), v. Polenz (1963), Heringer (1968) und Klein (1968) legt jedoch offen, dass sich Funktionsverbgefüge von Basisverben unterscheiden: Durch die Verbindung des punktuellen Grundverbums entscheiden mit einem Erstreckungsverbum wird der an sich momentane Vorgang des Entscheidens zeitlich zerdehnt. Zur Entscheidung bringen ist nicht dasselbe wie entscheiden , sondern bedeutet ‚einer Entscheidung zuführen, eine Entscheidung herbeiführen‘ oder ‚eine Entscheidung vorbereiten und treffen‘. (von Polenz 1963: 14; Hervorhebung im Original) Die pauschale Verurteilung nominaler Fügungen ist nicht gerechtfertigt. Die grammatikalisierten Funktionsverbfügungen mit kommen und bringen werden vor allem dazu benutzt, um die Wertigkeit und die Aktionsart des Grundverbs zu verändern. (Heringer 1968: 121; Hervorhebung im Original) Wegen der semantisch-aspektuellen Unterschiede zwischen den Konstruktionstypen können Funktionsverbgefüge nicht immer durch Basisverben ersetzt werden (von Polenz 1963: 14; Heringer 1968: 121) - wie in Stilratgebern gefordert wird. Im Anschluss an die Ergebnisse von v. Polenz (1963), Heringer (1968) und Klein (1968) werden Funktionsverbgefüge nach verschiedenen Aktionsarten systematisiert. Gefüge mit dem Ausdruck einer andauernden Handlung, also durativen Aktionsart, sind z. B. zur Verfügung stehen oder in Kontakt bleiben. Der Beginn einer Handlung, d. h. in inchoativer Aktionsart, kann durch Gefüge, wie in Gang kommen und in Kontakt treten , markiert werden (vgl. z. B. Klein 1968, Fabricius-Hansen 1975, Fink 1976, Bahr 1977, von Polenz 1994, Kang 2010; s. Kap. 1.1). Ein weiterer Forschungszweig innerhalb der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen setzt sich mit der Problematik einer Definition des Untersuchungsgegenstandes Nomen-Verb-Verbindung auseinander (u. a. Dobrovol´skij 1979, Helbig 1979, Dyhr 1980, Lehmann 1983, von Polenz 1987, Elsayed 2000, van Pottelberge 2001, Wotjak / Heine 2005, Helbig 2006). Die Forschungsarbeiten thematisieren Funktionsverbgefüge in Bezug auf die Kriterien zur Eingrenzung des Gegenstandes und zur Abgrenzung von anderen angrenzenden linguistischen Disziplinen, wie der Phraseologie- und der Kollokationsforschung. Die Schwierigkeit der Definition von Funktionsverbgefügen liegt v. a. an der Vielzahl unterschiedlicher Konstruktionen, die sich sowohl funktional als auch formal voneinander unterscheiden (vgl. Tao 1997: 7 ff./ 12 ff.; Helbig / Buscha 2011: 83 ff.; s. dazu auch Kap. 1.1). Ob eine Konstruktion zum Gegenstandsbereich der Funktionsverbgefüge gerechnet werden kann oder nicht, entscheidet 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 35 sich mit der Wahl einer engeren oder weiteren Definition des Untersuchungsgegenstandes. Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit wird die weite Definition nach Kamber (2008) angewendet, in der unterschiedliche Typen von Nomen-Verb-Verbindungen zum Untersuchungsgegenstand gezählt werden (vgl. Kamber 2008: 22ff.; s. Kap. 1.1). In Bezug auf die Bedeutung Funktionsverbgefügen, wie Frage stellen , Antwort geben oder Entscheidung treffen , in Gegenüberstellung mit ihren Basisverben, also fragen, antworten und entscheiden , finden sich in der Forschungsliteratur die folgenden Auffassungen: Der Terminus „Streckformen“ ist stilistisch wertend gedacht. [Streckformen] […] sind Verbalphrasen, die nicht nur verbale Teile enthalten, aber an Stelle von einfachen Verben stehen. Zwar ist ihr Kern ein Verb, aber daneben enthalten sie noch verbale Teile in nominaler Form: Wer kann [Hilfe leisten]? Wer soll [Auskunft geben]? (Heringer 2014: 115; Hervorhebung S. K.) „Funktionsverbgefüge“ (Streckformen), d. h. Konstruktionen aus Funktionsverb und (präpositional regiertem) Substantiv, die formal i. d. R. durch ein einfaches Verb ersetzbar sind, aber dann ihren amtlichen Charakter verlieren: […] ein Geständnis ablegen[…]. (Hoffmann 2017: 225; Hervorhebung S. K.) Nominalisierungsverbgefüge unterscheiden sich semantisch von entsprechenden einfachen Prädikatsausdrücken in der Regel nicht hinsichtlich der Verifikationsregeln für die damit gebildeten Prädikate, sondern hinsichtlich ihrer pragmatisch-stilistischen Wirkungen: Für Nominalisierungsverbgefüge ist typisch der Gebrauch in akademischer, technischer, amtssprachlicher oder formal-öffentlicher Rede, wie schon v. Polenz 1987 festgestellt hat. Sie sind also im Wesentlichen pragmatisch bedingte Varianten der einfachen Ausdrücke. (grammis online 2019 21 : Nominalisierungsverbgefüge; Hervorhebung S. K.) Heringer (2014), Hoffmann (2017) und grammis (2019) zufolge werden Gefüge, wie Frage stellen und Entscheidung treffen , anstelle von einfachen Verben verwendet; sie können ersetzt werden, weil sie sich semantisch nicht von Basisverben, wie fragen und entscheiden , unterscheiden und lediglich Varianten der Verben darstellen. 22 Die Unterschiede zwischen diesen Nomen-Verb-Verbindungen 21 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2082 (letzter Zugriff: 29. 03. 2018). 22 Die Auffassung, dass sich Gefüge, wie Frage stellen , semantisch nicht von fragen unterscheiden, wird nicht von allen Autor*innen in gleicher Weise geteilt. Heidolph et al. (1981), Fabricius-Hansen (1975) und Hinderdael (1985) weisen auf aspektuelle Unter- 36 1. Einleitung und Basisverb-Konstruktionen, wie z. B. in Sie stellt ihm eine Frage . vs. Sie fragt ihn etwas, seien v. a. auf stilistischer Ebene angesiedelt und eine Substitution des Gefüges mit dem Basisverb hätte lediglich den Verlust des „amtlichen Charakters“ zur Folge (vgl. Heringer 2014: 115; Hoffmann 2017: 22; grammis online 2018 23 : Nominalisierungsverbgefüge). Dies spiegelt sich in den Auffassungen der Stil- und Schreibratgeber, die Gefüge, wie Frage stellen und Entscheidung treffen , seit Wustmann (1891: 416 f.) stilistisch als schwülstiges Behördendeutsch und Behördenjargon abtun, denn „[n]amentlich Menschen, die von Natur Langweiler und Kanzleiräte sind, neigen zu dieser Form der Hauptwörterei“ (Reiners 2009: 72) und „[w]er so etwas schreibt, hat einen Stock verschluckt“ (Textwende: Besser schreiben mit Verben 24 ). Als Hinweis auf die angesprochenen stilistischen Unterschiede werden Studien zur Textsortenspezifik 25 - ein weiterer Forschungszweig in der Forschung zu Nomen-Verb-Verbindungen - herangezogen, die zeigen, dass die Gefüge häufig in Textsorten mit offiziellem Sprachduktus und amtlichen Charakter vorkommen, wie z. B. in politischer Berichterstattung (Panzer 1986), technischer Fachsprache (Vigašová 1968), wissenschaftlichen Texten (Richter 1988), Texten aus Wirtschaft und Handel (Schaarschuh 1990, Marušić 2012) und in Gesetzestexten (Seifert 2004, Crestani 2013, Storrer 2013). Die Hypothese, dass Funktionsverbgefüge häufiger in Gesetzestexten vorkommen, konnte allerdings nicht bestätigt werden, denn [d]er empirische Befund hat […] ergeben, daß die Gebrauchsfrequenz der FVG in Gesetzestexten a) nicht höher als in anderen fachsprachlich geprägten Textsorten und b) zumindest in der Gegenwart kein konstantes Merkmal ist. Offensichtlich handelt es sich bei der Auffassung, FVG seien besonders typisch für die Gesetzessprache, um ein Vorurteil. (Seifert 2004: 201 f.) schiede zwischen akkusativischen Nomen-Verb-Verbindungen und den entsprechenden Basisverben hin (vgl. Heidolph et al. 1981: 436; Fabricius-Hansen 1975: 120 ff.; 2006: 266; Hinderdael 1985: 607). Da in der vorliegenden Arbeit der Fokus auf textuellen Funktionen von Funktionsverbgefügen liegt, soll die Diskussionslinie um den Aspektbzw. Aktionsartenausdruck von Funktionsverbgefügen nicht weiter verfolgt werden. Es sei dennoch auf Tao (1998), van Pottelberge (2001), Seifert (2004) und Heine (2006) verwiesen, in denen eine detaillierte Übersicht zu finden ist. 23 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2082 (letzter Zugriff: 11. 06. 2019). 24 https: / / www.textwende.de/ blog/ detail/ streckwoerter-vermeiden/ (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 25 In der vorliegenden Arbeit wird eine weite Textdefinition angewendet, bei der „jede sprachliche Äußerung, die einen kommunikativen Zweck erfüllt, ein Text [ist]“ (Schwarz-Friesel / Consten 2014: 18). 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 37 Außerdem weist Pottelberge (2001) darauf hin, dass es unter Funktionsverbgefügen im weiteren Sinn sowohl Konstruktionen gibt, die einen elaborierten Sprachgebrauch kennzeichnen, wie z. B. eine Kalkulation vornehmen , als auch Gefüge, die stilistischer näher am Standard anzusiedeln sind (vgl. Pottelberge 2001: 249). Deswegen kommen Funktionsverbgefüge nicht nur in amtlichen und offiziellen Textsorten vor, sondern finden auch in einer Vielzahl anderer kommunikativer Gattungen 26 Anwendung, wie z. B. Zeitungstexten (Schmidt 1968, Popadić 1971), literarischer Prosa (Storrer 2013), Wikipedia-Artikeln (Storrer 2013), in gesprochenen Texten (1) (vgl. Deppermann 2006: 45) oder in Rap-Texten (2)(3), vgl. folgende Beispiele: (1) was (.) äh äh herr kretschmann (.) ich würde gerne ihnen nachher auch noch ne ◄ frage stellen ► (.) hh ähm ( ID : FOLK _E_00 064_ SE _01_T_05; Hervorhebung S. K.) (2) „Vermiss die Fam, die Gang, die Straßen Richter legen uns in Ketten, aus Stacheldraht Kinder schlafen in Zellen wegen Tatverdacht Immer Fragen stellen - LKA , zu abgefuckt, der verkackte Staat“ (187 Straßenbande: Lieblingszahl, Album: Der Sampler 3; Hervorhebung S. K.) (3) „Du denkst du und deine Spinner-Clique kickt Raps und kommt gegen mich an? […] Ich rap weltklasse auch wenn ich dafür kein Geld fasse Ich kick Rhymes die Chicks aufblühen und verwelken lassen“ (Morlockk Dilemma, Leipzig steht in Flammen, Album: Egoshooter; Hervorhebung S. K.) Weil Beispiel (1) aus den Stuttgart 21 Schlichtungsgesprächen (Folk-Korpus, IDS) - einem politischen und öffentlichen Diskurs zum Neubauprojekt des Stuttgarter Bahnhofs - stammt, könnte argumentiert werden, dass derartige Gespräche zwar mündlich vermittelt sind, sich aber durch den offiziellen und öffentlichen Rahmen der Veranstaltung durch als konzeptionell schriftlich klas- 26 Zu dem Begriff der kommunikativen Gattung schreiben Fiehler el al. (2004): „Gesprochen und geschrieben wird nicht schlechthin, sondern jedes Sprechen und Schreiben geschieht in und ist Bestandteil von kommunikativen Praktiken […]. Gesprochen wird im Rahmen eines Kaffeeklatsches, einer Dienstbesprechung, einer telefonischen Vereinbarung eines Arzttermins, einer Rede, einer Theaterrolle etc.; geschrieben wird ein Brief, ein Aufsatz, ein Protokoll, ein Einkaufszettel etc. Jede Verständigung besteht in der Realisierung eines konkreten, singulären Exemplars einer solchen kommunikativen Praktik. […] Wissenschaftlich werden diese kommuniaktiven Praktiken als verschiedene Diskurstypen oder Textsorten bzw. als kommunikative Gattungen etc. thematisiert und rekonstruiert.“ (Fiehler et al. 2004: 15 f.; Hervorhebung im Original). 38 1. Einleitung sifizieren lassen (vgl. Koch/ Oesterreicher 1985: 17). Den nachstehenden Beispielen (2) und (3) aus den Musiktexten der Rapper der 187 Straßenbande und Morlock Dilemma kann jedoch durch Ausdrücke und Wendungen wie Fam (Familie), Gang , Chicks , abgefuckt und verkackter Staat kein amtlicher Sprachduktus attestiert werden. Wären Funktionsverbgefüge, wie Frage stellen , also stilistisch markiert, dann würden sie vermutlich nicht in Rap-Texten vorkommen, die sich durch einen provokativen und vulgären Sprachstil auszeichnen (vgl. Androutsopoulos 2003, Kabatnik 2014). Funktionsverbgefüge werden aber nicht nur im Rap verwendet, es können sich darüber hinaus auch neue und textsortenspezifische Gefüge, wie z. B. Raps oder Rhymes kicken für rappen oder rhymen (engl. ‚sprechsingen‘) entwickeln. Die Existenz von Funktionsverbgefügen lässt sich demnach nicht oder zumindest nicht allein mit amtlichem oder elaboriertem Stil von Funktionsverbgefügen (im weiteren Sinn) im Vergleich mit Basisverben begründen (vgl. Pottelberge 2001: 249 f.). Zudem sind Funktionsverbgefüge kein allein deutsches Phänomen und kommen in einer Vielzahl verschiedener Sprachen vor, z. B. im Englischen (z. B. Stevenson et al. 2004), Französischen (z. B. Cortès 1999), Japanischen (z. B. Ahn 1990), Niederländischen (z. B. Klimaszewska 1983) sowie in vielen slawischen Sprachen, wie dem Russischen (z. B. Abramov 1989) und Polnischen (z. B. Żmigrodzki 2000; Taborek 2018). 27 Das Funktionsverbgefüge Frage stellen existiert beispielsweise in den folgenden Sprachen (Tabelle 1): Sprache Funktionsverbgefüge Basisverb Englisch to ask [sb.] a question to ask Niederländisch de [o. een] vraag stellen Vragen Französisch poser une question à qn questionner qn sur qc 27 Kontrastive Arbeiten zu Funktionsverbgefügen wurden mit den folgenden Sprachenpaaren durchgeführt: französisch-deutsch (Blochwitz 1980; Cortès 1999), niederländisch-deutsch (Hinderdael 1981, 1985, 1987; Klimaszewska 1983), deutsch-niederländisch (Hermann 2019), chinesisch-deutsch (Yuan 1984, 1986), russisch-deutsch (Lötsch 1985, 1996; Abramov 1989), deutsch-serbokroatisch (Djordjević 1986), deutsch-slowakisch (Ehrgangová 1986), deutsch-schwedisch (Walder 1987) und (Persson 2000), deutsch-spanisch (Busch 1988), deutsch-ungarisch (Bassola 1997), deutsch-finnisch (Heine 2008, 2009), deutsch-koreanisch (Kostrzewa / Cheon-Kostrzewa 2008), deutsch-tschechisch (Frank / Silhanova 2014) und deutsch-dänisch (Petersen 2016). Kontrastive Beiträge aus der Polonistik: polnisch-französisch (Giermak-Zielińska 1979), polnisch-französische (auf Französich) (Vetulani 1994, 1995b), polnisch-tschechisch (Greń 1994; Mietla 1998), polnisch-serbokroatisch-mazedonisch (Mindak 1983), polnisch-slowakisch (Szymczak 1999, 2003; Szymczak-Rozlach 2009, 2010). 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 39 Sprache Funktionsverbgefüge Basisverb Portugiesisch fazer uma pergunta (a alguém) Perguntar Spanisch hacer [o plantear]una pregunta a alguien preguntar por Italienisch porre una domanda domandare [oder chiedere] (qc) a qu Latein proponere quaestionem Quaerere Polnisch zadawać [perf. zadać] komuś pytanie pytać [perf. s oder za pytać] Russisch зада́ть кому́-ли́бо вопро́с спроси́ть св. Slowenisch postaviti komu vprašanje spraševati [perf. vprašati] Bulgarisch задавам въпрос питам [o. попитвам] Türkisch soru sormak sormak -e -i Arabisch طرح سؤالاً سأل / يسأل Chinesisch 对某人提个问题 向某人打听某事 Griechisch κάνω μια ερώτηση σε κάποιον Ρωτώ Tabelle 1: Frage stellen und fragen in 15 Sprachen (Pons-Online 2019) Den Wörterbucheinträgen in Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass das Funktionsverbgefüge Frage stellen in allen Sprachen jeweils ein eigenständiges Lemma bildet und es ist - zumindest für die Sprachen mit lateinischem Alphabet - abzulesen, dass die meisten Gefüge in einem Ableitungsverhältnis mit den Basisverben stehen, vgl. z. B. das Polnische zadawać / zadać pytanie vs. pytać oder das Türkische soru sormak vs. sormak -e -i. Eine Ausnahme bildet das Englische mit to ask a question vs. to ask. Zudem weisen diese 15 Sprachen durch ihre unterschiedliche Entstehung und Entwicklung auch starke typologische Varianz auf: das Türkische als agglutinierende, das Chinesische als isolierende Sprache und die flektierenden Sprachen, wie das Deutsche und das Polnische (vgl. Haarmann 1976, Moravcsik 2013). Trotz der sprachsystematischen Unterschiede haben die aufgeführten Sprachen gemeinsam, dass das Funktionsverbgefüge Frage stellen in ihrem Wortschatz vorkommt, sogar im Lateinischen. Im Polnischen, der Vergleichssprache dieser Arbeit, existieren Funktionsverbgefüge im weiteren Sinn, wie z. B. Frage stellen - zadać / zadawać pytanie , aber auch Funktionsverbgefüge im engeren Sinn, wie in Gang bringen - auf Polnisch 40 1. Einleitung puścić coś w ruch ‚etwas in Gang bringen‘, was überraschend ist, weil es für in Gang bringen ja das Verb uruchomić ‚in Gang bringen‘ gibt, d. h. trotz des Ausdrucks von Kausativität durch das Verb uruchomić ‚in Gang bringen‘ existiert im Polnischen ein kausatives Funktionsverbgefüge, das mit dem Basisverb in Ableitungsrelation steht und ebenfalls Kausativität ausdrückt (vgl. Korytkowska 2004; Skibicki 2016: 288 ff.). Würden die Funktionen von Funktionsverbgefügen also allein im Ausdruck von Aspekt und Aktionsart liegen, dann dürfte es im Polnischen dem Ökonomieprinzip der Sprache nach (Sivula 1989, Barz 1997) keine Funktionsverbgefüge geben. Und würden sich Funktionsverbgefüge, wie Frage stellen , nicht von Basisverben unterscheiden, würde dies bedeuten, dass sich typologisch unterschiedliche Sprachen semantische Dubletten leisten würden (vgl. s. Kap. 1.2.3). Warum existieren derartige Mehrwortlexeme in so vielen typologisch unterschiedlichen Sprachen, wenn es entsprechende Basisverben gibt? In diesem Zusammenhang ist ein weiterer Forschungszweig wesentlich, der sich mit den Arbeiten von Daniels (1963), Schmidt (1968) und Popadić (1971) entwickelte. Diese Arbeiten konzentrieren sich v. a. auf die semantischen und syntaktischen Leistungen von Funktionsverbgefügen in Gegenüberstellung mit Basisverben, d. h. sie untersuchen die Konstruktionen auf ihren pragmatischen Mehrwert. Die Autoren und Autorinnen werten in ihren Analysen authentische Sprachdaten in Form von literarischer Prosa (Daniels 1963) und Zeitungsartikeln aus (Schmidt 1968, Popadić 1971) und stellen damit die ersten Arbeiten mit korpuslinguistischem Ansatz dar. Häufig finden sich in diesen Arbeiten Funktionsverbgefüge im weiteren Sinn, wie z. B. eine Feststellung machen (Daniels 1963: 230), einen Befehl geben (Schmidt 1968: 50) oder Arbeit / Beitrag leisten (Popadić 1971: 43 f.), d. h. weniger lexikalisierte und syntaktisch restringierte Gefüge (Daniels 1963; Schmidt 1968: 56; Popadić 1971, Eroms 2000; Hinderdael 1985; Storrer 2006a, 2006b, 2007, 2013). Derartige Leistungen von Funktionsverbgefügen werden in der Forschungsliteratur zu Nomen-Verb-Verbindungen unter stilistischen, syntaktischen oder kommunikativen Leistungen zusammengefasst (vgl. Daniels 1963, Schmidt 1968: 56; Hinderdael 1985), vgl. die folgende Auflistung: • Modifikation und Spezifizierung der Funktionsnomen durch Attribute (vgl. Daniels 1963: 230; Popadić 1971: 56; Hinderdael 1985: 256; Heine 2005: 163 f.; Helbig / Buscha 2011: 90) • „Zusammenballung und Konzentration von Aussagen auf engem Raum“ (Daniels 1963: 227, s. dazu auch Schmidt 1968: 70 f.; Popadić 1971: 56; Hinderdael 1985: 256 ff.; Seifert 2004: 106, 195) 1.2. Positionierungen zu Funktionsverbgefügen 41 • Verteilung der Komponenten des Gefüges auf mehrere Sätze (vgl. Daniels 1963: 230; Storrer 2006a: 173; Schmidt 1968: 49 f.; Popadić 1971: 51) • Valenzreduzierung und Vereinheitlichung der Valenz (Heringer 1968; Popadić 1971: 40; Hinderdael 1985: 214; Seifert 2004: 192; Helbig / Buscha 2011: 93; Heidolph et al. 1984: 439) • Präzision der Aussage (Schmidt 1968: 97; Popadić 1971: 25), Aussagenverallgemeinerung (vgl. Hinderdael 1985: 213 f.; Popadić 1971; Helbig / Buscha 2011: 93) • Perspektivierung der Handlung (vgl. Daniels 1963: 226 / 229; Schmidt 1968: 68) • Betonung und Gewichtung unterschiedlicher Positionen der Glieder im Satz (Popadić 1971: 25; Hinderdael 1985: 159; Helbig / Buscha 2011: 94), Auswirkungen auf kommunikative Struktur und thematische Progression (vgl. Hinderdael 1985: 218 f.; Seifert 2004: 192; Heine 2006: 162 ff.) • Referenzfähigkeit (Heidolph et al. 1984: 441; Eroms 2000: 170), Wiederaufnahme im Folgetext (Seifert 2004: 197; Schmidt 1968: 73; Hinderdael 1985: 221; Storrer 2006a / 2013, Gautier 1998; Helbig / Buscha 2011: 88) Semantische und syntaktische Leistungen von Funktionsverbgefügen werden mit kommunikativen verknüpft und die Autoren und Autorinnen weisen auf besondere Leistungen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang hin (vgl. Gautier 1998, Seifert 2004, Storrer 2006a, 2013). Beispielsweise können die Funktionsnomen durch Attribute modifiziert werden und so auf eine bestimmte Weise im Text dargestellt werden (vgl. Daniels 1963: 230; Popadić 1971: 56; Hinderdael 1985: 256; Heine 2006: 163 f.; Lucius-Hoene / Deppermann 2004: 171) oder die Informationen können im Text unterschiedlich angeordnet und wiederaufgenommen werden, wodurch sich eine „unterschiedliche kommunikative Struktur“ (Hinderdael 1985: 218 f.; s.a. Heine 2006) ergibt, die die „thematische Progression“ (Seifert 2004: 192; s.a. Storrer 2013) im Text beeinflusst. Die aufgeführten Arbeiten zeigen, dass Funktionsverbgefüge spezifische semantische, syntaktische und kommunikative Funktionen erfüllen können. Trotz der zahlreichen Hinweise in der Forschungsliteratur auf den Zusammenhang von Funktionsverbgefügen mit der Strukturierung von Informationen im Text, existiert keine mir bekannte deutsche, polnische bzw. deutsch-polnische Monographie, die Leistungen von Nomen-Verb-Verbindungen auf der Ebene des Textes fokussiert. Was also bislang fehlt, ist eine systematische Klassifikation von Funktionsverbgefügen nach ihren Leistungen im Textzusammenhang. Auf den textlinguistischen Hintergrund der vorliegenden Arbeit gehe ich im Folgenden ein. 42 1. Einleitung 1.3 Textlinguistischer Hintergrund In der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen werden Leistungen der Konstruktionen in Gegenüberstellung mit Basisverben aufgeführt (vgl. z. B. Seifert 2004), die sich auf syntaktische, semantische und kommunikative Eigenschaften von Äußerungen beziehen. Dazu gehören beispielsweise die Erweiterung der Nominalphrase des Gefügenomens, Änderungen der Thema-Rhema-Gliederung und die Wiederaufnahme des Gefügenomens im Folgetext (Hinderdael 1985: 218 f.; Seifert 2004: 192; Heine 2006: 162 ff.; Heidolph et al. 1984: 441; Eroms 2000: 170). Diese Leistungen lassen sich von der Ebene des Textes aus betrachten, also aus Sicht der Textlinguistik, auf deren wesentliche Konzepte und Theorien ich im Folgenden eingehe. Die Textlinguistik befasst sich mit dem Zusammenhang sprachlicher Einheiten und ihrer Verknüpfung zu einem textuellen Gebilde (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 13; Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 13). Die grundlegende Analyseeinheit der Textlinguistik ist der Text, der definiert wird als […] thematisch und / oder funktional orientierter, kohärenter sprachlicher oder sprachlich-figürlicher Komplex, der mit einer bestimmten […] Kommunikationsabsicht […] geschaffen wurde, eine erkennbare kommunikative Funktion […] erfüllt und eine inhaltlich und funktional abgeschlossene Einheit bildet. (Göpferich 1995: 56 f.) Wesentlich ist innerhalb der Textlinguistik das hier angesprochene Konzept der Kohärenz, das sich als inhaltlicher und formaler Zusammenhang von Sinnrelationen im Text beschreiben lässt (vgl. Busse 1992; Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 24). Kohärenz kann implizit durch die mentale Verknüpfung von sprachlichen Einheiten durch den / die Rezipent*in erzeugt werden oder explizit durch grammatisch-funktionale sprachliche Mittel auf der Textoberfläche, d. h. durch die sog. Kohäsion und ihre Kohäsionsmittel, mit denen Inhalte im Text miteinander verknüpft und wiederaufgenommen werden können (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 84 f.; Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 29 / 36; Breindl 2016: 42; s. Kap. 3.4; 4.2.5). Mit Konnexion wird die Textverknüpfungsart bezeichnet, mit der sprachliche Einheiten auf linearer Ebene durch Konnektoren miteinander verbunden werden (vgl. Brinker et al. 2001: 331; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 84 ff.), wie z. B. durch die Kon- oder Subjunktionen und und weil im folgenden Beispiel: (1) Karl und Sophie können nicht kommen (S1), weil sie keine Zeit haben (S2). Sowohl die Nominalphrasen Karl und Sophie als auch die beiden Sätze Karl und Sophie konnten nicht kommen und sie hatten keine Zeit werden durch die 1.3 Textlinguistischer Hintergrund 43 Konbzw. Subjunktionen und und weil additiv bzw. kausal miteinander verbunden. Je nach Art der Verknüpfung wird hier von einer textuellen Ko- oder Subordination gesprochen (vgl. Brinker et al. 2001: 331 f.). Demnach werden die Nominalphrasen Karl und Sophie durch und koordiniert, die beiden Sätze S1 und 2 werden dagegen subordiniert. Konnexion kann aber auch implizit realisiert werden, d. h. die Verknüpfung der sprachlichen Einheiten ist auf der Textoberfläche nicht sichtbar, sondern wird vom / von der Rezipient*in / en mental hergestellt, wie z. B.: (2) Sie konnten nicht kommen (S1). Sie haben keine Zeit (S2). Die Verknüpfung zwischen Satz 1 und 2 kann hergestellt werden, weil angenommen wird, dass durch die Anordnung der Sätze eine Folge und Ursache ausdrückt wird, d. h. eine kausale Relation (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 86 f.). Dass es sich bei Satz 2 um eine Begründung für den in Satz 1 ausgedrückten Sachverhalt handelt, wird nur nicht - wie oben in Bsp. (1) durch eine kausale Subjunktion - explizit gemacht (vgl. Brinker et al. 2001: 338 f.), sondern wird geschlussfolgert. Dieser Schlussfolgerungsprozess wird in der Textlinguistik als Inferenz bezeichnet (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 70; Breindl 2016: 38 ff.; s. Kap. 4.2.5.1.5). Dass die beiden Sätze als Folge und Ursache verstanden werden können, liegt zudem an ihren Subjekten sie , die als dieselben Textreferent*innen interpretiert werden können - sie aus Satz 1 wird in Satz 2 wiederaufgenommen. Die Wiederaufnahme und Weiterführung von Textreferenten wird in der Textlinguistik mit dem Konzept der Phorik beschrieben (vgl. Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 29; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 76 f.; Stede 2018: 64 f.): In einem Text werden nämlich nicht nur sprachliche Einheiten durch Konnexion miteinander verknüpft, sondern es wird auch eine Textwelt aufgebaut, in die fiktive wie real existierende Textreferenten eingeführt werden können (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 58 f.), wie z. B.: (3) Heute ist ein Virologe zu Gast. Durch die Nominalphrase ein Virologe wird ein bislang unbekannter Textreferent in die Textwelt eingeführt, der sog. Antezedent (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 58 f.). Markiert wird der Unbekanntheitsstatus des Virologen mit dem indefiniten Artikel ein (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 56 f.; s. Kap. 3.1.1; 4.2.5) . Durch die Wiederaufnahme eines Textreferenten im Folgetext kann auf denselben Textreferenten Bezug genommen werden, wodurch das Thema des Textes fortgesetzt wird, die sog. Thematische Progression (vgl. Brinker/ Cölfen/ Pappert 2018: 44, s. Kap. 4.2.4; 4.2.5): 44 1. Einleitung (4) Heute ist ein Virologe zu Gast (S1). Der Virologe spricht heute über das neue Virus (S2). Durch der Virologe in Satz 2 wird der in Satz 1 eingeführte Textreferent wiederaufgenommen. Weil es sich bei Virologe um dasselbe Wortmaterial handelt, ist diese Wiederaufnahme als Rekurrenz zu klassifizieren (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112; Dressler 1973: 20) - das Wiederaufnahmeverfahren, bei dem vorerwähnte Textreferenten durch die Wiederholung von identischem Wortmaterial wiederaufgenommen werden und zwischen den Einheiten Referenzidentität besteht (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112) . Dass es sich bei dem Virologen um denselben Textreferenten wie in Satz 1 handelt, wird durch den definiten Artikel der angezeigt (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 56 f., s. Kap. 3.1.1; 4.2.5). Neben dem Wiederaufnahmeverfahren der Rekurrenz gehören zu den wesentlichen Verfahren zur Wiederaufnahme von Textreferenten weiter die Substitution und die Pronominalisierung (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112 f.; Gansel / Jürgens 2007: 37 f.). Bei der Substitution handelt es sich um ein Wiederaufnahmeverfahren, bei dem der Textreferent, durch ein sprachliches Element ersetzt wird, vgl. folgendes Beispiel: (5) Heute ist ein Virologe zu Gast (S1). Der Wissenschaftler spricht über das neue Virus (S2). In diesem Beispiel wird der in S1 eingeführte Textreferent ein Virologe in S2 durch der Wissenschaftler wiederaufgenommen und im Text weitergeführt. Die Substitution des Textreferenten kann hier durch eine weitere Nominalphrase realisiert werden, die mit dem eingeführten Textreferenten in einer semantischen Relation steht (vgl. Dressler 1973: 16). Die Relation zwischen Wissenschaftler und Virologe lässt sich durch das Konzept der semantischen Relation der Hyperonymie beschreiben: Wissenschaftler ist ein Oberbegriff, ein Hyperonym, zu Virologe (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112 f.), durch das in diesem Beispiel Phorik erzeugt wird. Angezeigt wird die Referenzidentität von der Wissenschaftler mit ein Virologe wieder durch den definiten Artikel der Nominalphrase in Satz 2 der Wissenschaftler (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 56 f.; Adamzik 2016: 268, s. Kap. 3.1.1; 4.2.5). Bei dem Wiederaufnahmeverfahren der Pronominalisierung wird der eingeführte Textreferent - wie bei der Substitution auch - mit einer anderen sprachlichen Form ersetzt. Im Unterschied zur Substitution geschieht dies bei der Pronominalisierung aber nicht durch andere nominale Elemente, sondern durch Pro-Formen, d. h. durch Pronomina, Pronominaladverbien etc. (vgl. Missing 2017: 59 f.): 1.3 Textlinguistischer Hintergrund 45 (6) Heute ist ein Virologe zu Gast (S1). Er spricht über das neue Virus (S2). In Beispiel (6) wird der in S1 eingeführte Virologe in S2 durch das Personalpronomen er wiederaufgenommen. Zwischen ein Virologe und er besteht Referenzidentität. Wird ein eingeführter Textreferent durch dieselben oder andere sprachliche Einheiten, wie andere Nomina oder Pronomina, im Folgetext wiederaufgenommen, werden Verkettungen von referenzidentischen Ausdrücken, sog. Koreferenzketten, gebildet (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112; Hackl-Rößler 2006: 64 ff.; Stede 2018: 65; Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 29; Averintseva-Klisch 2018: 33 ff.; s. Kap. 3.4; 4.2.5): (7) Heute ist ein Virologe zu Gast (S1). Der Wissenschaftler spricht über das neue Virus (S2). Er berichtet über den Stand gegenwärtiger Forschung (S3). In diesem Beispiel wird der in S1 eingeführte Virologe zuerst durch die Nominalphrase in S2, dann durch er in S3 substituiert, wodurch der Virologe als Thema des Textes weitergeführt wird. Innerhalb der Phorik wird weiter unterschieden, in welcher Verweisrichtung der Bezugsausdruck zum Textreferenten steht. Handelt es sich um einen Rückwärtsverweis, wie z. B. in (7), d. h. wird zuerst der Antezedent eingeführt, auf den sich die Verweisausdrücke danach beziehen, ist die Wiederaufnahmerelation als Anapher zu kategorisieren (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 111 f., s. Kap. 3.4; 4.2.5). Die Verweisrichtung im Text kann aber auch umgekehrt ausgedrückt werden, denn ein Personalpronomen kann sich auch auf eine Entität im Text beziehen, die erst im Folgetext spezifiziert wird, vgl. z. B.: (8) Heute ist er zu Gast (S1). Der Virologe spricht über das neue Virus (S2). In diesem Beispiel wird zunächst das Personalpronomen er eingeführt, das sich auf den Virologen in Satz 2 bezieht, d. h. er und der Virologe sind als referenzidentisch zu interpretieren. Durch er wird der Virologe in Satz 2 angekündigt. Zwischen er und der Virologe besteht also die Relation eines Vorwärtsverweises, eine sog. Katapher, die beispielsweise in literarischer Prosa zur Steigerung der Spannung zum Einsatz kommen kann (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 121; Thomsen 1997; s. Kap. 4.2.5.3.2). Phorik kann - wie die Konnexion - auch implizit hergestellt werden. Auf der Textoberfläche sind die sprachlichen Einheiten dann nicht sichtbar. Denn der / die Rezipient*in / en erzeugt sie mental, wie z. B.: (9) In der Sendung heute ist ein Virologe zu Gast (S1). Der Moderator stellt ihn zunächst vor (S2). 46 1. Einleitung In diesem Beispiel zur impliziten Phorik geht es um den Moderator in Satz 2. Er ist durch den definiten Artikel als bekannt markiert, obwohl er in Satz 1 nicht als neuer Textreferent eingeführt wurde. Dass dieser Text trotzdem als kohärent eingestuft werden kann, liegt an der Verbindung von Moderator und Sendung aus Satz 1 und der damit zusammenhängenden Aktivierung im semantischen Netz (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 118; Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 36 f.). Der Moderator wird als Teil der Sendung im semantischen Netz mit aktiviert und dadurch für die Wiederaufnahme erreichbar. Eine Rolle spielt hierbei auch unser Welt- und Erfahrungswissen. Wir wissen in unserem Kulturkreis, dass es in Fernsehsendungen bestimmte Abläufe, Beiträge und Moderator*innen gibt, die nicht gesondert aufgeführt werden müssen, damit der Text verständlich und kohärent ist (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 63 f.). Der Text ist demnach unterspezifiziert: Dass es in Sendungen Moderator*innen gibt, wird „mitgedacht“: (10) In der Sendung heute ist ein Virologe zu Gast (S1). [Die Sendung leitet ein Moderator.] Der Moderator stellt ihn zunächst vor (S2). Der Moderator bleibt in (10) auf der Textoberfläche unvorerwähnt, wird aber implizit, also als indirekte Anapher, wiederaufgenommen (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 118; Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 36 f.). Mit Wiederaufnahmerelationen im Text geht die Position von sprachlichen Einheiten einher: Texte und Sätze sind dem Ansatz der funktionalen Satzperspektive nach in bekannte, vorerwähnte, alte Information und nicht bekannte, nicht vorerwähnte und neue Information gegliedert (vgl. Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 44 ff.; Gansel / Jürgens 2007: 41). Vorerwähnte Informationen sind thematische Elemente, sog. Themata; neue Elemente bilden das Rhema des Satzes (vgl. Dürscheid 2010: 177; Mathesius 1929: 202-210; Féry / Ishihara 2016: 3 f.). Ausdrucksmittel für die Thema-Rhema-Gliederung im Deutschen ist neben der Betonung v. a. die Satzbzw. Wortstellung: Thematische Elemente stehen linksperipher, rhematische Elemente werden rechtsperipher realisiert (vgl. Schwarz-Friesel / Consten: 104 f.; Zimmermann / Féry 2009: 1; Krifka / Musan 2012: 30 f.). Durch die Thema-Rhema-Gliederung im Satz können sprachliche Einheiten je nach referentiellem Status unterschiedlich gewichtet und perspektiviert werden (s. Kap. 3.3; 4.2.4), vgl. z. B.: (11) Zu Gast ist heute ein Virologe (S1). Der Virologe spricht über das neue Virus (S2). In Satz 1 wird ein Virologe als neuer Textreferent eingeführt. Die Nominalphrase besetzt die letzte Position im Satz und ist durch den indefiniten Artikel als rhematisches Element markiert. In Satz 2 wird der Virologe zum Thema des Satzes - 1.3 Textlinguistischer Hintergrund 47 angezeigt wird dies durch den definiten Artikel und die Position am Satzanfang. Es handelt sich um eine bereits bekannte Information, an die wiederum neue Informationen angeschlossen werden, nämlich, dass der Virologe über ein neues Virus spricht, das in diesem Satz das Rhema bildet. Ein neues Virus bildet in Satz 2 dann das Rhema (vgl. Schwarz-Friesel / Consten: 105). Im Wechsel von neuer und alter Information und der Verknüpfung und Wiederaufnahme sprachlicher Einheiten wird im Text Kohärenz erzeugt, die die Grundlage für gegenseitiges Verstehen und Verständlichkeit bildet (vgl. Schwarz-Friesel / Consten: 70 / 93 / 104 f.; grammis 2019: Wortstellung und Informationsstruktur) 28 . Funktionsverbgefüge, der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Dissertation, werden in der textlinguistischen Forschungsliteratur zwar thematisiert (vgl. z. B. Panzer 1986, Vigašová 1968, Richter 1988, s. Kap. 1.2.3). Sie werden aber nicht auf Fähigkeiten zur Textverknüpfung oder der Aufbereitung von Informationen im Text untersucht, sondern finden sich v. a. im Bereich der Textsortenspezifik wieder. D.h. Funktionsverbgefüge werden Textsorten, wie z. B. wissenschaftlicher Fachliteratur oder amtlich-offiziellen, bürokratischen Texten, zugeschrieben und bilden Beschreibungsmerkmale für eine bestimmte Textsorte (vgl. Kordić / Marušić 2017). Da Funktionsverbgefüge sowohl aus einem verbalen und nominalen Element bestehen und sich die ausgewählten Gefüge durch einen geringen Grad an Festigkeit und Lexikalisierung sowie Referenzfähigkeit auszeichnen, erscheint es interessant, Funktionsverbgefüge von der Ebene des Textes aus zu betrachten. Für die Textverknüpfung stellen Nomen nämlich strukturell andere Möglichkeiten bereit als Verben, vgl. das folgende Beispiel: (12) Alle wichtigen Entscheidungen, die eben getroffen wurden und die alle rechtskräftig sind, haben große Tragweite. In Beispiel (12) wird das Funktionsnomen von Entscheidung treffen attributiv durch zwei koordinierte Relativsätze erweitert, mit denen die Entscheidung sowohl inhaltlich durch weitere Informationen angereichert als auch anaphorisch im Text weitergeführt wird (vgl. Helbig / Buscha 2011: 89 f.; Brinker / Cölfen / Pappert 2018: 29; Averintseva-Klisch 2018: 33 ff.): Im ersten Relativsatz die eben getroffen wurde wird die Entscheidung durch das Relativpronomen die pronominalisiert (s. Kap. 3.1; 4.2.1; 4.2.2), im zweiten Relativsatz durch das Indefinitpronomen alle (vgl. Brinker/ Cölfen/ Pappert 2018: 29; Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 55; s. Kap. 4.2.5). Der geringe Grad an Lexikalisierung und Festigkeit der Konstruktion sowie die Referenzfähigkeit des Funktionsnomens wirkt sich dem- 28 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 48 1. Einleitung nach nicht nur auf die syntaktische Ebene, sondern auch auf die textuelle aus (vgl. Gautier 1998, Storrer 2006a, 2013). Im Einzelnen werden diese strukturellen Möglichkeiten der Funktionsnomen sowie ihre Funktion auf der Ebene des Textes in Kap. 3 behandelt. Interessant ist, dass sich derartige Hinweise auf syntaktische und kommunikative bzw. textuelle Leistungen von Funktionsverbgefügen auch in der polonistischen Forschungsliteratur zu Nomen-Verb-Verbindungen finden, d. h. auch bestimmte polnische Funktionsverbgefüge sind attribuierbar, referenzfähig und können im Satz verschiedentlich positioniert werden (vgl. Kaczor 2013: 21 f.; Żmigrodzki 2000: 113 ff./ 145 ff.; Klinger 1983: 93 ff./ 99 ff.). Aufgrund dieser Hinweise aus der polonistischen Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen wird zur Untersuchung von textuellen Funktionen von Funktionsverbgefügen das Polnische als Vergleichssprache herangezogen und auf Kon- und Divergenzen überprüft. Bislang fehlt eine umfassende textlinguistische und kontrastive Untersuchung von Funktionsverbgefügen auf ihre Leistungen im Textzusammenhang. Diese Forschungslücke soll mit der vorliegenden Dissertation geschlossen werden, für die im Folgenden die Forschungsfragen formuliert werden. 1.4 Forschungsfragen und Ziele In der germanistischen und der polonistischen Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen existieren Hinweise auf semantische, syntaktische sowie textuelle Leistungen von Funktionsverbgefügen. Ich gehe im Folgenden zuerst auf die relevanten Eigenschaften deutscher und polnischer Funktionsverbgefüge ein und leite daraus anschließend die Forschungsfragen und Ziele für die vorliegende Dissertation ab. Ein weniger festes und lexikalisiertes Funktionsverbgefüge, wie Frage stellen , kann durch z. B. Artikelwörter sowie (Adjektiv-)Attribute (1)/ (2) erweitert werden, ist referenzfähig (3)/ (4), kann an verschiedenen Positionen im Satz stehen (5)/ (6), und unterscheidet sich in Bezug auf seine Aktanten vom Basisverb, vgl. (7)/ (8) mit (9)/ (10): Deutsch Polnisch (1)Sie stellt diese / wichtige Fragen. (2)(Ona) zadaje te / ważne pytania. (3)Sie stellte ihm eine Frage. Die Frage… (4)Zadaje mu pytanie. Pytanie to… (5)Eine Frage hat sie gestellt. (6)Pytanie zadała (ona). 1.4 Forschungsfragen und Ziele 49 Deutsch Polnisch (7)Sie hat (ihm) eine Frage gestellt. vs. (8)Zadała (mu) pytanie. vs. (9)Sie hat (ihn) (etwas) gefragt. (10)Zapytała go o coś. Weil die syntaktischen und kommunikativen Leistungen häufig mit weniger festen und lexikalisierten Gefügen, wie Frage stellen , in Verbindung gebracht werden (vgl. Helbig / Buscha 2011: 88 ff.; Storrer 2006a / 2013), entscheide ich mich für die folgenden Gefüge: Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie für die polnischen Entsprechungen zadać / zadawać pytanie , dać / dawać odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję . Trotz der zahlreichen Hinweise in der Forschungsliteratur auf den Zusammenhang von Funktionsverbgefügen mit der Strukturierung von Informationen im Text und kohärenzstiftenden Funktionen, existiert keine mir bekannte deutsche, polnische bzw. deutsch-polnische Monographie, die Leistungen von Nomen-Verb-Verbindungen auf der Ebene des Textes fokussiert. Weil Kohärenzbildungs- und Konzeptualisierungsprozesse kognitive Verfahren zur Verarbeitung und Aufbereitung von Informationen darstellen, die nicht an Einzelsprachen gebunden sind (vgl. Levelt 1989, Bierwisch / Schreuder 1992, Schnotz 1994; s. Kap. 1.3), könnte ein Vergleich von zwei typologisch unterschiedlichen Sprachen Hinweise auf kohärenzstiftende Funktionen von Funktionsverbgefügen geben. Was also bislang fehlt, ist eine systematische Klassifikation von Funktionsverbgefügen nach ihren Leistungen im Textzusammenhang. Aus diesem Desiderat können für die vorliegende Dissertation die folgenden Forschungsfragen und Ziele abgeleitet werden: 1. Mit welchen sprachlichen Einheiten können die ausgewählten deutschen und polnischen Funktionsverbgefüge verknüpft werden und welche Leistungen lassen sich am vorhandenen Datenmaterial nachweisen? 2. Können im Deutschen und im Polnischen vergleichbare Leistungen von Funktionsverbgefügen identifiziert werden und welche Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede gibt es? 3. Wie wirkt sich die Verknüpfung von Funktionsverbgefügen mit anderen sprachlichen Einheiten auf die Ebene des Textes aus? 4. Welche Leistungen erfüllen deutsche und polnische Funktionsverbgefüge im Textzusammenhang? 5. Wie lassen sich die Leistungen systematisieren und klassifizieren? Die aufgeführten Forschungsfragen sollen unter Anwendung sowohl quantitativer als auch qualitativer Analysemethoden anhand einer breit angelegten 50 1. Einleitung Korpusuntersuchung der Gefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie der polnischen Äquivalente auf der Datengrundlage deutscher und polnischer Wikipedia-Artikel ( IDS ) beantwortet werden. Die Relevanz der ausgewählten Funktionsverbgefüge ergibt sich zum einen aus der Abfrage ihrer Vorkommensfrequenzen im Vergleich mit anderen Konstruktionen - es handelt sich bei den ausgewählten Gefügen um frequente Konstruktionen. Zum anderen sind diese Gefüge interessant, weil sie alltagsweltliche und miteinander in Relation stehende (Sprach-)Handlungen bezeichnen (vgl. Aitchison 1997), vgl. z. B. das Adjazenzpaar Frage stellen und Antwort geben , aber auch aus handlungslogischer Sicht Fragen stellen - Entscheidungen treffen sowie Entscheidungen treffen - Antworten geben (vgl. Fetzer 1997: 4; Schegloff 2007; Hinnekamp 2018: 149). Die Dissertation zielt auf die Kritik am Gebrauch von Funktionsverbgefügen v. a. in Bezug auf den Stil und die Verständlichkeit in Texten sowie die Forderung nach der Substitution und soll dieser mit einer empirischen Untersuchung mit dem Fokus auf Leistungen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang entgegnen. Die angewandte Substitution von Funktionsverbgefügen mit Basisverben geht dabei zum einen der Forderung der Stilratgeber zur Vermeidung von Funktionsverbgefügen nach und bildet zum anderen eine Untersuchungsmethode, die die spezifischen Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text sichtbar macht. Im folgenden Abschnitt gehe ich auf die ausgewählte Datengrundlage, die Generierung der Gefüge aus dem Korpus sowie die methodische Vorgehensweise der vorliegenden Korpusstudie samt der Bildung von textgrammatischen und -semantischen Annotationskategorien ein. 2.1. Generierung von Funktionsverbgefügen 51 2. Daten und Methode Die vorliegende Arbeit zielt auf die Untersuchung von Funktionsverbgefügen hinsichtlich ihrer textuellen Funktionen. Weniger feste und lexikalisierte Gefüge stehen dabei im Zentrum der Untersuchung, da diese Gruppe von Nomen-Verb-Verbindungen durch ihre syntaktische Flexibilität mit kommunikativen Leistungen in Verbindung gebracht wird (vgl. Helbig / Buscha 2011: 88 ff.; Heine 2006; Storrer 2006a / 2013). Die Forschungsfragen beziehen sich in der vorliegenden Untersuchung auf die Verknüpfung von Funktionsverbgefügen mit anderen sprachlichen Einheiten, auf Gemeinsamkeiten und Unterschieden des Sprachenpaars Deutsch und Polnisch sowie auf die Frage nach den Leistungen der Gefüge im Textzusammenhang, für die in den folgenden Abschnitten die Daten und Untersuchungsmethoden vorgestellt werden. Die Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes wurde mithilfe einer Kookkurrenzanalyse mit COSMAS II durchgeführt und aus DeReKo (2018-I) wurden deutsche Funktionsverbgefüge generiert, die anschließend polnischen Funktionsverbgefügen mithilfe von Wörterbüchern und Übersetzungstools im WWW zugeordnet wurden (s. Kap. 2.1). In Abschnitt 2.2 wird die Vorgehensweise bei der Auswahl der Datengrundlage beschrieben, die für die Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang geeignet und in den Sprachen Deutsch und Polnisch verfügbar ist. Anschließend wird in Abschnitt 2.3 die methodische Vorgehensweise bei der Datenerhebung sowie der -analyse beschrieben. 2.1. Generierung von Funktionsverbgefügen Den Gegenstand der Untersuchung bilden in der vorliegenden Arbeit Funktionsverbgefüge (Kamber 2008) - d. h. Konstruktionen, die aus einem Funktionsnomen und -verb bestehen, wie z. B. Beitrag leisten , die mit einem korrespondierenden Basisverb, z. B. beitragen, in Verbindung stehen (vgl. Kamber 2008; Heine 2006: 49; Hermann 2019). Derartige Nomen-Verb-Verbindungen sind jedoch erstens sehr heterogen und zweitens schwer zu erfassen, weil sowohl die Einals auch Abgrenzung des Gegenstandbereichs auf verschiedenen linguistischen Ebenen erfolgt, sodass es keine völlige Einheitlichkeit geben kann (vgl. Ágel 2017: 315; s. Kap. 1.1). Im Folgenden soll ein Verfahren zur Detektion von für die vorliegende Untersuchung relevanten Funktionsverbgefüge vorgestellt werden, das Nomen-Verb-Verbindungen zum einen durch statistisch-mathematische Ko- 52 2. Daten und Methode okkurrenzanalysen aus dem Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) generiert und zum anderen auf der Abfrage von Vorkommensfrequenzen basiert. Die daraus entstehende Liste von statistisch signifikanten Nomen-Verb-Verbindungen wird auf ihren Bestand im polnischen überprüft, sodass anschließend deutsche und polnische Funktionsverbgefüge-Paarungen für die vorliegende Untersuchung ausgewählt werden können. Funktionsverbgefüge können sich semantisch, morphologisch, (morpho-) syntaktisch, aber auch pragmatisch voneinander unterscheiden (vgl. Helbig / Buscha 2011: 83 ff.). Es existieren beispielsweise Gefüge, die aus einem Funktionsverb und einer Nominalphrase bestehen, wie z. B. Kritik üben oder Beitrag leisten , sowie Verbindungen, die sich aus einem Funktionsverb und einer Präpositionalphrase zusammensetzen, wie z. B. in Gang bringen oder in Auftrag geben (vgl. Helbig / Buscha 2011: 68; Hinderdael 1985; Heidolph et al. 1984: 440). Gemeinsam haben die Gefüge Kritik üben , Beitrag leisten , in Gang bringen und in Auftrag geben , dass sie mit einem Verb in Ableitungsrelation stehen, also mit kritisieren , beitragen , gehen und beauftragen . Es gibt jedoch auch Nomen-Verb-Verbindungen, die nicht mit einem Verb in Ableitungsrelation stehen, sondern beispielsweise mit einem Adjektiv, wie z. B. Angst haben mit ängstlich, in Zorn geraten mit zornig oder in Insolvenz gehen mit insolvent (vgl. Welke 2007: 219; Helbig 1979: 274; Kamber 2008: 22). Andere Gefüge wiederum weisen kein Basisverb auf, wie z. B. Dienst leisten - *diensten, in Abrede stellen - *abreden und in Kraft treten - *kraften (vgl. Helbig / Buscha 2011: 70 ff.). Zudem kann in einigen Fällen zwar ein formal ähnliches Verb gebildet werden, es entspricht aber nicht der Bedeutung des Funktionsverbgefüges, z. B. Abstand nehmen ≠ abstehen und Anstoß nehmen ≠ anstoßen . Weiter weisen einige Funktionsnomen die Fähigkeit zur freien Artikelwahl und zur Pluralbildung sowie die Möglichkeit zur Attribuierung auf, andere dagegen nicht (vgl. Helbig / Buscha 2011: 89 f.; Heidolph et al. 1984: 441 f.), vgl. z. B. die richtigen Entscheidungen treffen vs. *in die richtigen Fahrten kommen. Häufig findet sich in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen die Gegenüberstellung von Konstruktionen, wie in Gang bringen , einerseits und Nomen-Verb-Verbindungen, wie Beitrag leisten , andererseits. Die Unterscheidung dieser Typen von Funktionsverbgefügen im weiteren Sinn (vgl. Helbig / Buscha 2011: 85) basiert v. a. auf morphosyntaktischen und semantischen Unterschieden in Bezug auf den Grad der Festigkeit und Lexikalisierung des jeweiligen Konstruktionstyps, der sich beispielsweise a) in der Attribuierungsfähigkeit, vgl. einen guten Beitrag leisten vs. * in guten Gang bringen, b) der freien Artikelwahl, vgl. diesen Beitrag leisten vs. *in diesen Gang bringen, 2.1. Generierung von Funktionsverbgefügen 53 c) der Möglichkeit zur Pluralbildung, vgl. Beiträge leisten vs. *in die Gänge bringen, d) der Referenzfähigkeit, vgl. …leistete einen Beitrag. Dieser… vs. *…wurde in Gang gebracht. Er… der Gefüge manifestiert (vgl. Heidolph et al. 1984: 441 f.; Helbig / Buscha 2011: 87 ff.; s. Kap. 3; 4.2.1). Verbindungen des Typs Beitrag leisten verhalten sich syntaktisch wie freie Wortverbindungen, wie z. B. in ein tolles Buch lesen und es [das Buch] dann weitergeben (vgl. Helbig / Buscha 2011: 88 ff.; Storrer 2006b: 286), d. h. die Nomen sind attribuierbar, die Artikelwahl ist frei, Pluralbildung ist möglich und die Nomen der Gefüge sind referenzfähig (vgl. Eroms 2000: 170; Helbig / Buscha 2011: 85) - sie können also je nach kontextuellen Gegebenheiten und Erfordernissen verändert und angepasst werden. Gerade diese Unterscheidung nach dem Grad der Festigkeit und Lexikalisierung der Konstruktionen erscheint in Bezug auf die Ebene des Textes wesentlich, weil kommunikative Funktionen von Funktionsverbgefügen häufig mit dem weniger festen und lexikalisierten Konstruktionstyp in Verbindung gebracht werden (vgl. Helbig / Buscha 2011: 88 ff.; Storrer 2006a / 2013; Heine 2006: 162 ff.). 29 Ziel ist es, für die vorliegende Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang erstens Gefüge vom Typ Beitrag leisten zu ermitteln, die zweitens keine Randerscheinungen des Deutschen darstellen, d.h. die auch im quantitativen Sinn für eine Korpusstudie geeignet sind. Die Funktionsverbgefüge sollen außerdem ein Basisverb aufweisen, das der Bedeutung des Gefüges entspricht. Dass die Konstruktionen ein Basisverb aufweisen, ist für die vorliegende Untersuchung unabdingbar, weil die Analyse der Funktionsverbgefüge im Textzusammenhang (s. Kap. 4.2) auf der Substitution mit dem Basisverb als qualitative Untersuchungsmethode (vgl. Ágel 2017: 504f.) basiert, die die Leistungen der Gefüge auf der Ebene des Textes sichtbar macht. Zudem wird den Forderungen der Stilratgeber auf diese Weise Rechnung getragen, die seit Wustmann 1891 bis in die Gegenwart im WWW fordern, Funktionsverbgefüge mit Basisverben zu ersetzen, was in Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache zur Übung gemacht wird (vgl. Fandrych et al. 2016: 130f.; Funk et al. 2013: 75; s. Kap. 1.2.1). 29 Ich habe in Abschnitt 1.1 jedoch eine skalare Betrachtungsweise der verschiedenen Gefüge vorgeschlagen, denn auch andere Typen von Gefügen können im Grad der Festigkeit und Lexikalisierung variieren (vgl. Helbig/ Buscha 2011: 85), wie z.B. in schnelle Vergessenheit geraten. Das Vergessen… , sodass kommunikative Leistungen auch für andere Typen von Funktionsverbgefügen angenommen werden können (vgl. Heine 2006: 162ff.). 54 2. Daten und Methode Für die Generierung der deutschen Funktionsverbgefüge aus DeReKo (2018-I) bilden bereits bestehende Auflistungen verschiedener Funktionsverbgefüge den Ausgangspunkt der Kookkurrenzanalyse (vgl. z. B. Kamber 2008, Helbig / Buscha 2011, Popadić 1971, Hinderdael 1985, Schmidt 1968), die jedoch erstens nicht auf statistisch-mathematischen Analyseverfahren basieren. Ob Konstruktionen, wie Beobachtungen anstellen oder Kritik üben , frequente Konstruktion des Deutschen sind oder nicht, ist der Funktionsverbgefüge-Listen nicht zu entnehmen (vgl. Helbig / Buscha 2011: 70; Popadić 1971, Hinderdael 1985, Schmidt 1968). Und zweitens liegt der Fokus in den Auflistungen häufig auf festen und lexikalisierten, präpositionalen Gefügen (vgl. z. B. Kamber 2008) - für die Untersuchung sollen aber weniger feste und lexikalisierte Gefüge generiert werden, was mit dem Merkmal ‚besteht aus Funktionsverb und Nominalphrase‘, z. B. in Beitrag leisten , korreliert (vgl. Helbig / Buscha 2011: 85). Für die Kookkurrenzanalyse werden also zunächst die (di-)transitiven Funktionsverben ausgewählt, die von den Autoren und Autorinnen wiederholt aufgeführt werden (vgl. Kamber 2008, Popadić 1971, Heidolph et al. 1984: 440; Fabricius-Hansen 2006: 262; Helbig / Buscha 2011: 70-83): ausüben, anstellen, erteilen, üben, vornehmen, erheben, leisten, treffen, halten, setzen, stellen, nehmen, geben Um eine korpusbasierte Generierung von Funktionsverben und Kookkurrenzpartner-Funktionsnomen zu erhalten, wurde für jedes dieser Funktionsverben eine Kookkurrenzanalyse mit COSMAS II ( IDS ) durchgeführt. Bei der Kookkurrenzanalyse beispielsweise von treffen wurden mithilfe von COSMAS II zunächst alle Kookkurrenzpartner des Funktionsverbs unter Eingabe von &treffen für alle Wortformen des Verbs ermittelt. Von diesen automatisch generierten Kookkurrenzpartnern wurden die 100 salientesten aus der COSMAS - II -Liste exportiert. Die statistische Signifikanz setzt sich dabei aus einem hohen LLR -Wert, dem Rang in der Liste (#) und der Häufigkeit zusammen (vgl. Keibel 2008, 2009). 30 Statistisch signifikant sind in Bezug auf das Verb treffen z. B. die Lexeme hart oder Mittwoch . Bei hart handelt es sich jedoch nicht um ein Nomen und Mittwoch steht in keiner Ableitungsrelation mit einem Verb, d. h. hart treffen und (am) Mittwoch treffen sind keine Funktionsverbgefüge und werden deswegen aussortiert. Dagegen haben andere Kookkurrenzpartner von treffen ein Verb in Ableitungsverhältnis, wie z. B. Schuss von schießen oder Blitz von blitzen ; in Schuss treffen oder Blitz treffen ist treffen in wörtlicher Lesart zu interpretieren 30 Keibel, Holger (2008, 2009): Mathematische Häufigkeitsmaße in der Korpuslinguistik: Eigenschaften und Verwendung. Mannheim: Institut für Deutsche Sprache. Unter: http: / / www.ids-mannheim.de/ kl/ dokumente/ freqMeasures.html (letzter Zugriff: 17. 06. 2019). 2.1. Generierung von Funktionsverbgefügen 55 (vgl. DWDS : treffen 31 ), weshalb derartige Kookkurrenzen ebenfalls bereinigt werden. Alle übrigen Verbindungen sind Funktionsverbgefüge mit einem korrespondierenden Basisverb, vgl. die folgende Tabelle: # LLR kumul. Häufig links rechts Kookkurrenzen Basisverb 2 287 943 127 776 71 000 -5 -1 Entscheid entscheiden 1 312 840 56 776 56 776 -5 -1 Entscheidung entscheiden 19 35 634 669 615 9344 -5 -1 Vorbereitung vorbereiten 6 71 121 258 384 8513 -5 -1 Vorkehrung vorkehren 73 12 109 1 344 129 7874 -1 -1 Wahl wählen 78 10 908 1 365 704 4701 -2 -1 Aussage aussagen 60 13 793 1 265 180 3333 -2 -1 Regelung regeln 44 17 948 1 111 382 2908 -5 -1 Vereinbarung vereinbaren 43 18 153 1 108 474 2538 -5 -1 Absprache absprechen Tabelle 2: Kookkurrenzanalyse des Funktionsverbs treffen (&treffen) in DeReKo Tabelle 2 zeigt die nominalen Kookkurrenzpartner des Funktionsverbs treffen , die mit einem bedeutungsverwandten Basisverb korrespondieren. Für das Funktionsverb treffen ergibt die Kookkurrenzanalyse die Funktionsverbgefüge Entscheid , Entscheidung , Vorbereitungen , Vorkehrungen , Wahl , Aussage , Regelung , Vereinbarung und Absprache treffen . Dieses Verfahren wurde für die Funktionsverben ausüben , anstellen , erteilen , üben , vornehmen , erheben , leisten , halten , setzen , stellen , nehmen und geben wiederholt und die generierten Nomen-Verb-Verbindungen wurden anschließend auf ihre Häufigkeit in DeReKo (2018-I) überprüft, was am Beispiel der treffen -Gefüge in Tabelle 3 demonstriert wird: Funktionsverbgefüge Basisverb Suchanfrage abs. Treffer Entscheid treffen entscheiden &Entscheid / s0 &treffen 6.434 Entscheidung treffen entscheiden &Entscheidung / s0 &treffen 206.409 Vorbereitung treffen vorbereiten &Vorbereitung / s0 &treffen 23.964 31 https: / / www.dwds.de/ wb/ treffen (letzter Zugriff: 17. 06. 2019). 56 2. Daten und Methode Funktionsverbgefüge Basisverb Suchanfrage abs. Treffer Vorkehrung treffen vorkehren &Vorkehrung / s0 &treffen 12.183 Wahl treffen wählen &Wahl / s0 &treffen 19.342 Aussage treffen aussagen &Aussage / s0 &treffen 21.701 Regelung treffen regeln &Regelung / s0 &treffen 13.337 Vereinbarung treffen vereinbaren &Vereinbarung / s0 &treffen 17.776 Absprache treffen absprechen &Absprache / s0 &treffen 8.439 Tabelle 3: Häufigkeitsabfrage - Funktionsverbgefüge mit treffen in DeReKo (2018-I) Tabelle 3 ist zu entnehmen, dass Entscheidung treffen das häufigste Gefüge aus den zu treffen generierten Funktionsverbgefügen darstellt. Häufige Gefüge aus den anderen Kookkurrenzanalysen sind z. B. Akzent setzen , Vortrag halten , Versuch unternehmen , Beitrag leisten , Änderung vornehmen oder Überlegungen anstellen . Durch die Ergebnisse der Kookkurrenzanalyse der Funktionsverben mithilfe von COSMAS II konnte ein eigenes Korpus von Funktionsverbgefügen generiert werden, das die Basis für anschließende Frequenzabfragen in DeRe- Ko (2018-I) bildet (s. die Auflistung aller generierten Funktionsverbgefüge im Anhang). Im nächsten Schritt wurde überprüft, ob die generierten deutschen Funktionsverbgefüge im Polnischen vorkommen. Als Hilfsmittel dafür wurden bilinguale deutsch-polnische Wörterbücher verwendet. Ich beschränke mich für die vorliegende Arbeit auf bereits bestehende Wörterbucheinträge zu Funktionsverbgefügen. Es sei jedoch auf das korpusbasierte Verfahren zur Ermittlung von deutschen und polnischen Funktionsverbgefüge-Volläquivalenten durch den Vergleich von syntagmatischen Mustern verwiesen, das von Taborek (2017, 2018) entwickelt wurde. Konieczna (1980, 1981), Drechsel (2009) und Taborek (2017) weisen in Bezug auf Funktionsverbgefüge und Kollokationen auf erhebliche Mängel in Printwörterbüchern hin, durch die sich die Zuordnung von deutschen und polnischen Funktionsverbgefügen als problematisch erweist, denn: • In Wörterbüchern finden sich beispielsweise sowohl Einträge zu Funktionsnomen, wie Beitrag, als zu Funktionsverben, wie leisten ; die Lemmata werden jedoch nicht als Funktionsverbgefüge aufgeführt. • In bilingualen Wörterbüchern werden beispielsweise deutsche Funktionsverbgefüge aufgeführt, die mit einer polnischen verbalen Form übersetzt werden, obwohl ein polnisches Funktionsverbgefüge existiert, z. B. weist in Gang 2.1. Generierung von Funktionsverbgefügen 57 bringen sowohl die verbale Entsprechung uruchomić als auch das Funktionsverbgefüge puścić coś w ruch auf. • Die Angaben zur Äquivalenz von deutschen und polnischen Funktionsverbgefügen können in Wörterbüchern fehlerhaft sein, wie z. B. der Eintrag im Großwörterbuch Polnisch-Deutsch (Piprek / Ippoldt 2000) wydać decyzję für das deutsche Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen , denn wydać decyzję kann im Sinne von ‚Entscheid erlassen‘ übersetzt werden (vgl. Linguee: wydać decyzję 32 ), was dem deutschen Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen nicht entspricht. Für die Zuordnung von deutschen und polnischen Funktionsverbgefügen werden für die vorliegende Untersuchung aufgrund der angesprochenen Unzulänglichkeiten in Printwörterbüchern Übersetzungstools und Wörterbücher aus dem WWW verwendet, die den Vorteil haben, dass sie regelmäßig aktualisiert, erweitert und gewartet werden (vgl. Haß / Schmitz 2010: 2 ff.). Für die Überprüfung der aus DeReKo (2018-I) generierten deutschen Funktionsverbgefüge auf ihr Vorkommen im Polnischen verwende ich die Online-Wörterbücher Pons-online, dict.cc, leo.org, Linguee sowie das Übersetzungstool von Google, den Google-Translator. Keines der verwendeten Online-Wörterbücher bzw. Übersetzungstools gibt für das deutsche Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen die Form wydać decyzję an, sondern die Form podjąć / podejmować decyzję (vgl. Pons online 2019: Entscheidung treffen 33 ; Google-Translator 2019; Linguee 2019: Entscheidung treffen 34 ; s.a. Wiktorowicz et al. 2010). Für jedes der generierten deutschen Gefüge, wie z. B. Vorbereitungen , Aussagen oder Entscheidungen treffen , wurde in den aufgeführten Online-Wörterbüchern und -Tools überprüft, ob • eine polnische Konstruktion existiert, die aus einem Funktionsnomen und einem Funktionsverb besteht, • die Konstruktion eine bedeutungsverwandte verbale Entsprechung aufweist • und diese verbale Entsprechung in Ableitungsrelation mit dem Funktionsnomen steht. Ausgeschieden sind Gefüge, wenn sie mindestens einem dieser Kriterien nicht entsprechen. So hat beispielsweise das zu erheben generierte deutsche Gefüge Forderung erheben (von fordern) laut den verwendeten Online-Wörterbüchern 32 https: / / www.linguee.de/ deutsch-polnisch/ search? query=wydac+decyzje (letzter Zugriff: 13. 12. 2018). 33 h t t p s : / / d e . p o n s . c o m / % C 3 % B C b e r s e t z u n g ? q = E n t s c h e i d u n g + t r e f fen&l=depl&in=&lf=de&qnac= (letzter Zugriff: 17. 06. 2019). 34 https: / / www.linguee.de/ deutsch-polnisch/ search? source=auto&query=Entscheidung+treffen (letzter Zugriff: 17. 06. 2019). 58 2. Daten und Methode und Übersetzungstools keine polnische Entsprechung, die aus einem Funktionsnomen und -verb besteht. Die deutsche Konstruktion Forderung erheben wird im Polnischen mit anderen sprachlichen Mitteln, wie z. B. verbal mit wymagać ‚fordern‘, realisiert. Dagegen weist die deutsche Konstruktion Antrag stellen mit dem Basisverb beantragen zwar ein polnisches Funktionsverbgefüge, nämlich składać / złożyć podanie 35 ‚Antrag stellen‘ auf, die polnische Konstruktion hat jedoch kein bedeutungsverwandtes Basisverb. 36 Diese deutsche und polnische Funktionsverbgefüge-Paarung Antrag stellen und składać/ złożyć podanie kommt wegen des fehlenden polnischen Basisverbs für die vorliegende Untersuchung nicht in Frage. Anders verhält es sich bei Funktionsverbgefügen, wie Unterricht erteilen (von unterrichten), das sowohl ein polnisches Gefüge, nämlich udzielać lekcji ‚Unterricht erteilen‘, als auch ein Basisverb aufweist, nämlich uczyć / nauczać ‚lehren‘. Das Basisverb uczyć / nauczać ‚lehren‘ steht jedoch morphologisch nicht mit dem Funktionsnomen lekcja ‚Unterricht‘ in Ableitungsrelation und scheidet für die Untersuchung aus - es könnte nämlich der Einwand erhoben werden, udzielać lekcji ‚Unterricht erteilen‘ und uczyć / nauczać ‚lehren‘ würden sich ohnehin semantisch voneinander unterscheiden, was die unterschiedlichen Wortstämme markieren. Dieses Verfahren wurde für jedes generierte deutsche Funktionsverbgefüge wiederholt und der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit konnte durch das Aussortieren von Gefügen ohne eine Entsprechung in beiden Sprachen weiter eingegrenzt werden, sodass anschließend eine Liste von deutschen und polnischen Funktionsverbgefügen erstellt werden konnte, die • weniger feste und lexikalisierte, • statistisch signifikante deutsche Funktionsverbgefüge • sowie polnische Äquivalente • mit korrespondierenden Basisverben enthält. Die generierten deutschen Gefüge wurden im nächsten Schritt auf ihre Vorkommensfrequenzen in DeReKo überprüft und nach absteigender Häufigkeit sortiert, vgl. die folgende Tabelle 4: 35 Der Grund für diese zwei verbalen Formen ist, dass das Polnische für die meisten Verben eine perfektive, z. B. złożyć ‚einreichen‘, und eine imperfektive Variante, z. B. składać ‚einreichen‘, vorsieht. Mit perfektiven Verben lassen sich im Polnischen einmalige und abgeschlossene Handlungen ausdrücken, mit imperfektiven Verben können Vorgänge oder gewohnheitsmäßige Handlungen verbalisiert werden (vgl. Skibicki 2016: 284; Engel et al. 1999). 36 Im Polnischen existiert zwar das Verb podać , entspricht aber nicht der Bedeutung von Antrag stellen im Sinne von ‚beantragen‘, sondern bedeutet ‚geben‘ oder ‚reichen‘ (vgl. Pons 2019: podawać / podać; https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=podac&l=depl&in=&lf=de&qnac=; letzter Zugriff: 14. 06. 2019). 2.1. Generierung von Funktionsverbgefügen 59 abs. Treffer rel. pMW Deutsch: FVG Basisverb Polnisch: FVG Basisverb 528.523 58.10 Frage stellen fragen zadawać/ zadać pytanie (za-/ s-)pytać 206.409 22.70 Entscheidung treffen entscheiden podjąć/ podejmować decyzję (z-)decydować 236.923 21.70 Information geben informieren podać/ podawać informację informować/ poinformować 168.847 18.60 Beitrag leisten beitragen wnieść / wnosić wkład przykładać się / składać się 136.098 15.00 Antwort geben antworten dać / dawać odpowiedź odpowiadać/ odpowiedzieć 116.286 10.60 Arbeit leisten arbeiten wykonać/ wykonywać pracę pracować 52.441 4.80 Hilfe leisten helfen udzielać / udzielić pomocy pomagać/ pomóc 37.663 3.60 Versuch unternehmen versuchen podejmować / podjąć próbę (s-)próbować 26.597 2.57 Vorbereitung treffen vorbereiten (po-)czynić przygotowania przygotowywać/ przygotować 25.862 2.40 Änderung vornehmen ändern dokonać / dokonywać zmiany zmieniać / zmnienić 7.427 0.80 Zustimmung erteilen zustimmen wydać / wydawać zgodę zgadzać / zgodzić się Tabelle 4: Deutsche und polnische Funktionsverbgefüge - Frequenz in DeReKo (2018-I) 37 37 Die zugehörigen Suchanfragen werden im Anhang aufgeführt. 60 2. Daten und Methode Tabelle 4 zeigt Beispiele für deutsche und polnische Funktionsverbgefüge-Paarungen, die nach der Frequenz der deutschen Funktionsverbgefüge in DeReKo (2018-I) nach absteigender Häufigkeit sortiert sind. Die Frequenz ist in absoluten Treffern angegeben, aber auch in relativer Häufigkeit in Bezug auf die Korpusgröße durch die Angabe der Treffer pro Million Wortformen (pMW) (vgl. COSMAS II : Häufigkeitsmaße 38 ; Keibel 2008, 2009 39 ). Relative Frequenzen, wie Treffer pro Million Wortformen erlauben es, einzelne Lexeme bzw. Wortkombinationen ihrer Häufigkeit nach in verschiedene Häufigkeitsklassen einzuteilen. Ein Lexem, wie Dadaismus, ist laut der Häufigkeitsklassen des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache mit einem p MW -Wert von 0,23 p MW als selten einzustufen. Dagegen gehören die Artikel der, die, das, des, dem, den mit 92.00 p MW zu den frequentesten sprachlichen Einheiten und werden der höchsten Häufigkeitsklasse zugeteilt (Keibel 2008, 2009). Das Funktionsverbgefüge Frage stellen kann mit einem Häufigkeitsmaß von 58.1 p MW demnach als sehr frequente Konstruktion eingestuft werden. Dass das Funktionsverbgefüge Frage stellen im Deutschen sehr frequent ist, deckt sich mit der von Kamber (2008) durchgeführten Korpusuntersuchung, in der Frage stellen das frequenteste Gefüge aller von Kamber untersuchten Konstruktionen darstellt (vgl. Kamber 2008: 107). Weiter häufig sind in Tabelle 4 die Gefüge Entscheidung treffen mit 22.7 p MW und Information geben mit 21.7 p MW ; Beitrag leisten mit Antwort geben weisen mit 18.6 p MW und 15.0 p MW im Vergleich mit den anderen Gefügen in der Tabelle eine mittlere Häufigkeit auf. Relativ selten sind dagegen beispielsweise die Gefüge Versuch unternehmen (3.6 pMW), Vorbereitung treffen (2.57 pMW), Änderung vornehmen (2.4 pMW) und Zustimmung erteilen (0.8 pMW), d. h. vergleichbar mit Dadaismus mit 0,23 p MW . Von den aufgeführten generierten deutschen Funktionsverbgefügen mit hoher oder mittlerer Frequenz sind insbesondere drei Konstruktionen interessant, nämlich Frage stellen und Entscheidung treffen als häufigste Gefüge sowie Antwort geben : Fragen stellen und Antworten geben stehen miteinander in semantischer Relation (vgl. Aitchison 1997, Schwarz / Chur 2004: 58). Die Funktionsnomen Frage und Antwort bilden einerseits auf semantischer Ebene Antonyme, und zum anderen bezeichnen die Gefüge Frage stellen und Antwort geben Sprachhandlungen, die sequenziell aufeinanderfolgen und ein Adjazenzpaar bilden (vgl. 38 https: / / www.ids-mannheim.de/ cosmas2/ server/ themen/ haeufigkeitsmasse/ relativ.html (letzter Zugriff: 14. 06. 2019). 39 Keibel, Holger (2008, 2009): Mathematische Häufigkeitsmaße in der Korpuslinguistik: Eigenschaften und Verwendung. Mannheim: Institut für Deutsche Sprache. Unter: http: / / www.ids-mannheim.de/ kl/ dokumente/ freqMeasures.html (letzter Zugriff: 14. 06. 2019). 2.1. Generierung von Funktionsverbgefügen 61 Schwarz / Chur 2004: 58; Liedtke 2016: 28). Aber auch Fragen stellen , Entscheidungen treffen und Antworten geben können aus (sprach-)handlungslogischer und semantischer Sicht miteinander verknüpft sein, z. B. als aufeinanderfolgende Handlungen im Sinne von ‚zuerst Fragen stellen - dann Entscheidungen treffen - und schließlich Antworten geben‘ , was für eine Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang, d. h. in Bezug auf textsemantische und -pragmatische Phänomene (vgl. Averintseva-Klisch 2018), nicht unwesentlich erscheint. Zudem bilden Fragen ein prominentes Untersuchungsobjekt in der Linguistik hinsichtlich inhaltlicher, formaler und pragmatischer Gesichtspunkte, beispielsweise in Bezug auf verschiedene Wortstellungsmuster, Intonationskurven, enthaltene Präsuppositionen und ihre Funktion, Gespräche zu lenken und Wissensasymmetrien auszugleichen (z. B. Khalil 2012, Yang 2003, Hayano 2013, Spranz-Fogasy 2014: 10; Schegloff 2007; MacMartin 2008, Stivers 2013, Heritage 2013: 386). Antworten bilden in Bezug auf kooperatives sprachliches Handeln und die sequenzielle Organisation im Gespräch den zweiten Teil des Frage-Antwort-Paares (vgl. Liedtke 2016: 28) und geben neben inhaltlich-explizitem Wissen Aufschluss über kulturell geprägte Präferenzen oder Vermeidungsstrategien zu gestellten Fragen (vgl. z. B. Pomerantz/ Heritage 2013, vgl. auch MacMartin 2008, Kabatnik et al. 2019). Entscheidungen werden als Prozesse in der Psychologie und der Soziologie untersucht, insbesondere hinsichtlich intrinsischer und extrinsischer Wirkfaktoren sowie individueller als auch kollektiver Entscheidungsprozesse (vgl. Kerndörfer 2013, Kirsch 2013), die mental wie verbal realisiert werden können. Jacob (2017) modelliert Entscheidungsprozesse als kommunikative Praxis aus funktionalpragmatischer und diskurslinguistischer Perspektive, die als „soziales und kommunikatives Geschehen“ aufgefasst (Stollberg-Rilinger 2015: 631 f.), den menschlichen Alltag bestimmen und (beg-)leiten (vgl. Jacob 2017: 1). Aufgrund der statistischen Signifikanz der generierten Gefüge, ihrer Häufigkeit in DeReKo (2018-I) sowie ihrer alltagsweltlichen Relevanz entscheide ich mich für die Untersuchung von Leistungen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang für die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie für die polnischen Äquivalente zada(wa)ć pytanie , da(wa)ć odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję . In einem korpusbasierten Verfahren zur Generierung von weniger festen und lexikalisierten Funktionsverbgefügen mithilfe einer mit COSMAS II durchgeführten Kookkurrenzanalyse von dreizehn Funktionsverben wurden statistisch signifikante deutsche Funktionsverbgefüge ermittelt und polnischen Äquivalenten zugeordnet. Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit konnte auf diese Weise eingegrenzt und aus einer Vielzahl möglicher Konstruktionen konnten deutsche und polnische Gefüge ausgewählt werden. Die ausgewählten 62 2. Daten und Methode Gefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen bezeichnen alltagsweltliche mentale und / oder verbale Prozesse, die von verschiedenen (sprach-) wissenschaftlichen (Teil-)Disziplinen erforscht werden. Aufgrund ihrer semantischen und pragmatisch-interaktionalen Verbindung zueinander sind diese Gefüge für die Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang geeignet. Im nächsten Abschnitt wird für die vorliegende Studie eine geeignete Datengrundlage in Form von deutschen und polnischen Text-Korpora ausgewählt. 2.2. Wahl der Korpora Den Untersuchungsstand der vorliegenden Arbeit bilden die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente zada(wa)ć pytanie , da(wa)ć odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję . Für die Beantwortung der Forschungsfragen zu Funktionen von deutschen und polnischen Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang soll im Folgenden eine geeignete und vergleichbare Datengrundlage in Form von deutschen und polnischen Korpora ausgewählt werden. Die Frage nach den Funktionen von Funktionsverbgefügen im Text bezieht sich auf die Kritik am Gebrauch von Funktionsverbgefügen seit Wustmanns Stilkunde aus dem Jahre 1891, die gegenwärtig auf Schreibblogs, in universitären Richtlinien zum Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten als auch in modernen Textanalysetools im WWW rezipiert wird (vgl. Wustmann 1891: 416 ff.; Reiners 1943-2009; Mackowiak 2011: 72; Textwende: Schreibtipps 40 ; TU Braunschweig: Gestaltungsrichtlinien 41 , Textanalysetool" 42 ; s. Kap. 1.2.1). Funktionsverbgefüge werden dort als schlechter und unverständlicher Behördenstil abgetan (vgl. z. B. Reiners 2009: 72; Textwende: Schreibtipps 43 ) und auch in der linguistischen Forschungsliteratur werden Funktionsverbgefüge, wie Frage stellen , mit einem öffentlichen und amtlichen Sprachduktus in Verbindung gebracht (vgl. grammis online 2019 44 ; Hoffmann 2017: 225; Heringer 2014: 115). Funktionsverbgefüge kommen zwar z. B. in Gesetzestexten (Seifert 2004, Cres- 40 https: / / www.textwende.de/ blog/ detail/ streckwoerter-vermeiden/ (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 41 https: / / www.tu-braunschweig.de/ Medien-DB/ ibb/ sonstiges/ ibb_sonstiges_gestaltungsrichtlinien.pdf (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 42 http: / / www.textanalyse-tool.de/ (letzter Zugriff: 29. 10. 2018). 43 https: / / www.textwende.de/ blog/ detail/ streckwoerter-vermeiden/ (letzter Zugriff: 06. 10. 2018). 44 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2082 (letzter Zugriff: 29. 03. 2018). 2.2. Wahl der Korpora 63 tani 2013, Storrer 2013), politischen (Panzer 1986), wissenschaftlichen (Richter 1988) und wirtschaftlichen Texten (Schaarschuh 1990, Marušić 2012) vor, sie werden aber auch in einer Vielzahl stilistisch unterschiedlicher Textsorten verwendet, wie z. B. in Zeitungstexten (Schmidt 1968, Popadić 1971), literarischer Prosa (Daniels 1963, Storrer 2013) und in der Online-Enzyklopädie Wikipedia (Storrer 2013), d. h. jede dieser Text(sort)en würde für die Untersuchung von Funktionsverbgefügen in Frage kommen, sofern vergleichbare deutsche und polnische Korpora existieren. In diesem Zusammenhang erscheint die Online-Enzyklopädie Wikipedia besonders interessant, denn als weltweit größte multilinguale Online-Wissensressource bildet die Wikipedia eine wesentliche Quelle der gegenwärtigen Informationsbeschaffung im Internet und ist in Form von mehrsprachigen Korpora verfügbar (vgl. Cölfen 2012: 512 f.; Pscheida 2010: 336, Mederake 2016, van Dijk 2010: 86; Lih 2009; Tiedemann 2012; Wołk/ Marasek 2014, Margaretha / Lüngen 2014). Als Online-Enzyklopädie, bei der unter Voraussetzung einer Registrierung ein Jeder mitwirken kann, ist die Wikipedia ein kollaboratives und gemeinnütziges Schreibprojekt auf ehrenamtlicher Basis, bei dem der Textproduktionsprozess einer ständigen Aushandlung innerhalb der Wikipedia-Community unterliegt (Mederake 2016: 179). Die Wikipedia existiert in insgesamt 302 Sprachversionen (Wikipedia: Sprachen 45 ). Die deutsche Version hat nach der englischen und schwedischen die meisten Artikel (Wikipedia: Statistik - Vergleich verschiedener Sprachversionen), 46 d. h. es werden sehr große und frei verfügbare Datenmengen auch für die Wissenschaft bereitgestellt, sodass die Wikipedia in unterschiedlichen humanwissenschaftlichen Forschungsrichtungen untersucht wird (vgl. Pscheida 2010: 334), z. B. zum Kooperationssowie Konfliktlösungsverhalten im Wikipedia-Sozio-System (Wilkinson / Hubermann 2007, Matei / Dobrescu 2006), zur Motivation und Partizipation der Verfasser und Verfasserinnen (Hassel 2007, Möllenkamp 2007), zur Qualität der Wikipedia-Artikel (Blumenstock 2008, Stvilia et al. 2005) sowie zur Wikipedia als Lern- und Lehrplattform für (auto)didaktische Zwecke ( Jaschniok 2007, Büffel / Pfeil / Schmalz 2007, Wolf 2007; s.a. den Forschungsstand zur Wikipedia: Wikipedistik 47 ). Für die Linguistik ist die Wikipedia aber nicht nur wegen der verfügbaren Datenmassen und verschiedenen Sprachversionen interessant, sondern auch als Textsorte Enzyklopädie-Artikel, die in einem Aushandlungsprozess der Verfasser und Verfasserinnen als kollaborative Schreibpraxis im Internet entsteht und dieser in der Versionengeschichte und in Diskussions- 45 Liste mit genauen Angaben über die einzelnen Sprachversionen unter folgendem Link: https: / / meta.wikimedia.org/ wiki/ List_of_Wikipedias (letzter Zugriff: 07. 10. 2018). 46 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Wikipedia: Statistik#Vergleich_verschiedener_Sprachversionen_der_Wikipedia (14. 11. 2018). 47 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Wikipedia: Wikipedistik (letzter Zugriff: 14. 11. 2018). 64 2. Daten und Methode seiten zu einzelnen Artikeln nachverfolgt werden kann (vgl. Gredel / Mell 2018, Gredel 2018a, b, c). Wikipedianer*innen diskutieren beispielsweise über die Konzeption oder die Struktur von Wikipedia-Artikeln und passen die Inhalte gegebenenfalls an (vgl. Stvilia et al. 2005: 17; van Dijk 2010). Wikipedia-Daten, denen auch Angaben zu Benutzern und Benutzerinnen, wie z. B. der Status innerhalb der Community oder die Anzahl verfasster Artikel, entnommen werden können, eignen sich für diskurslinguistische Fragestellungen nach Macht- und Aushandlungsprozessen in komplexen Sozio-Systemen (vgl. Gredel / Mell 2018, Gredel 2018a, b, c). Zudem gehören Wikipedia-Texte durch ihre Lokalisierung im WWW zu Hypertexten, in denen verschiedene Phänomene internetbasierter Kommunikation, wie z. B. Verlinkungen und Emoticons, aber auch multimodale Elemente in Form von Sprach- und Videoaufnahmen zu finden sind (vgl. Storrer 2018a, b; Gredel / Herzberg / Storrer, 2018; Wikipedia: Artikel mit Video 48 ). Beim Verfassen der Artikel befolgen die Wikipedianer und Wikipedianerinnen Konventionen, die in den Wikipedia-Guidelines zusammengefasst werden und neben Informationen zur Zitierweise oder Angaben zur angemessenen Länge von Artikeln auch Richtlinien zur Verständlichkeit beinhalten (Wikipedia: Wie schreibe ich gute Artikel 49 ): Ein guter Artikel in Wikipedia soll verständlich sein. Überprüfe neue Artikel oder Änderungen auf allgemeine Verständlichkeit , siehe Checkliste Verständlichkeit. Menschen ohne einschlägige fachliche Vorbildung sollen einen Artikel, zumindest aber die zusammenfassende Einleitung verstehen können. Zur Verständlichkeit erforderliche Erklärungen sollen direkt im Artikel gegeben werden. Verweise geben weiterführende und vertiefende Informationen zum Thema. Artikel, auf die verwiesen wird, sollten ebenfalls verständlich sein. (Wikipedia: Allgemeinverständlichkeit; Hervorhebung im Original 50 ) Die Richtlinien zur Allgemeinverständlichkeit in Wikipedia-Artikeln beziehen sich auf die Grundsätze des Hamburger Verständlichkeitskonzepts, das z. B. auf die Einfachheit im Ausdruck, die Gliederung des Textes sowie auf die Kürze und Prägnanz der Produktion eines verständlichen Textes setzt (Tausch / Langer / Schulz von Thun 2015; Wikipedia: Hamburger Verständlichkeitskonzept 51 ). 48 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kategorie: Wikipedia: Artikel_mit_Video (letzter Zugriff: 17. 06. 2019). 49 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Wikipedia: Wie_schreibe_ich_gute_Artikel#Begriffsdefinition_und_Einleitung (16. 11. 2018). 50 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Wikipedia: Allgemeinverst%C3%A4ndlichkeit (letzter Zugriff: 14. 11. 2018). 51 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Hamburger_Verst%C3%A4ndlichkeitskonzept#cite_ref- Buch_1-0 (16. 11. 2018). 2.2. Wahl der Korpora 65 Die Qualität sowie die Verständlichkeit der Wikipedia-Artikel konnte nicht nur durch empirische Studien belegt werden (Kurzidim 2004, Wiegand 2007), sondern lässt sich auch mit Klickzahlen im Internet in Verbindung bringen: Neben anderen Online-Diensten wie Google, Facebook oder Amazon gehört die Wikipedia zu den meistaufgerufenen Seiten im WWW der Gegenwart und besetzt Platz 5 (vgl. Wikipedia: Liste der meistaufgerufenen Websites 52 ) bzw. Platz 7 (Chip: Die meistgeklickten Webseiten der Welt 53 ) der weltweiten Ranglisten. Würden Funktionsverbgefüge, wie von Stil- und Schreibratgebern behauptet wird (vgl. Mackowiak 2011: 72), Texte unverständlich machen, dann dürften die schwülstigen Umschreibungen (zitiert nach Daniels 1963: 9 f.) nicht in Wikipedia-Artikeln vorkommen. Aus der Korpusstudie von Storrer (2013) geht jedoch hervor, dass die dort untersuchten Funktionsverbgefüge Abbitte leisten , Absage erteilen , Anwendung finden , Entscheidung treffen und Kritik üben im Wikipedia-Korpus sogar häufiger vorkommen als im Vergleichskorpus mit juristischen Texten (vgl. Storrer 2013: 197). Durch den Bezug zu linguistischen Verständlichkeitskonzepten und dem Vorkommen von Nomen-Verb-Verbindungen eignen sich Wikipedia-Artikel hervorragend als Datengrundlage für die Erforschung von Funktionsverbgefügen bezüglich ihrer Leistungen im Textzusammenhang. Für die Vergleichssprachen der vorliegenden Untersuchung Deutsch und Polnisch 54 sind zwei Arten von Korpora mit Wikipedia-Artikeln verfügbar, nämlich die Parallelkorpora der Korpus-Plattform OPUS (Tiedemann 2012 55 ; Wołk / Marasek 2014) mit Wikipedia-Artikel-Korpora in 20 Sprachen 56 - darunter sind bei- 52 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Liste_der_meistaufgerufenen_Websites (letzter Zugriff: 27. 11. 2018). 53 https: / / praxistipps.chip.de/ die-meistgeklickten-webseiten-der-welt-das-sind-die-beliebtesten-seiten_101274 (letzter Zugriff: 27. 11. 2018). 54 Für das Sprachenpaar Deutsch-Polnisch existieren verschiedene frei verfügbare Korpora, wie z. B. InterCorp (Černák / Rosen 2012) und Europarl (Koehn, 2005). Das Europarl-Korpus besteht aus übersetzten EU-Parlamentsdebatten in 21 Sprachen. Das Parallelkorpus InterCorp beinhaltet neben Zeitungs- und Rechtstexten auch EU-Parlamentsberichte oder Filmuntertitel und ist ein Teilprojekt des tschechischen Nationalkorpus. 55 OPUS bietet Korpora zu verschiedenen schriftlichen wie mündlichen Text(sort)en in 20 Sprachen an, wie z. B. Übersetzungen von TED-Talks, originale UN-Sicherheitsratsdokumente oder Übersetzungen europäischer Literatur (Skadiņš / Tiedemann / Rozis / Deksne 2014; Tiedemann 2012). Verfügbar unter: http: / / opus.nlpl.eu/ (letzter Zugriff: 19. 11. 2018) 56 Die verschiedenen Sprachversionen der Wikipedia-Korpora auf OPUS sind: Arabisch (ar), Bulgarisch (bg), Tschechisch (cs), Deutsch (de), Griechisch (el), Englisch (en), Spanisch (es), Persisch (fa), Französisch (fr), Hebräisch (he), Ungarisch (hu), Italienisch (it), Niederländisch (nl), Polnisch (pl), Portugiesisch (pt), Rumänisch (ro), Russisch (ru), Slowenisch (sl), Türkisch (tr), Vietnamesisch (vi). (vgl. OPUS: Wikipedia; http: / / opus.nlpl. eu/ Wikipedia.php, Stand: 19. 11. 2018). 66 2. Daten und Methode spielsweise Arabisch, Russisch und Vietnamesisch sowie Englisch, Französisch, Deutsch und Polnisch - und die Vergleichskorpora des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache, 57 die mit dem Deutschen in insgesamt neun Sprachversionen zur Verfügung stehen, und zwar in Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Norwegisch, Kroatisch, Ungarisch und Polnisch (Margaretha / Lüngen 2014 58 ). Die Parallelkorpora der OPUS -Plattform basieren auf maschinellen Übersetzungen von Originaltexten in eine bzw. mehrere Zielsprachen (Wołk/ Marasek 2014) und eignen sich für Fragestellungen, die sich beispielsweise auf die Ausprägung einer sprachlichen Form bzw. Mehrworteinheit in verschiedenen Sprachsystemen befassen, z. B. wie die Konstruktion Frage stellen im Polnischen widergegeben wird und ob es unterschiedliche Übersetzungsvarianten gibt, was an den folgenden Beispielen aus Linguee demonstriert wird (Hervorhebung S. K.) 59 (1) Deutsch: Eine Frage stellt sich natürlich immer wieder, nämlich, ob die humanitäre Hilfe die Richtigen erreicht, und hier spielt Transparenz eine sehr wichtige Rolle. Polnisch: Oczywiście rodzi się jedno pytanie - pytanie zadawane od dawna - o to, czy pomoc humanitarna dociera do rzeczywistych odbiorców, przejrzystość odgrywa tu bardzo ważną rolę. (2) Deutsch: Wenn ihm eine Frage gestellt wird, sollte ein Präsident versuchen, sie irgendwie zu beantworten und eine mutige Entscheidung treffen: Er sollte sagen „Ich bin dafür” oder „Ich bin dagegen” und dies begründen. Polnisch: Gdy słyszy pytanie, powinien spróbować na nie odpowiedzieć i podjąć odważną decyzję: oświadczyć „Jestem za” lub „Jestem przeciw”, po czym wyjaśnić, dlaczego. In keiner der polnischen Übersetzungen erscheint das Funktionsverbgefüge Frage stellen als Nomen-Verb-Verbindung: In (1) wird das Funktionsverbgefüge Frage stellen mit rodzić pytanie übersetzt, was wörtlich ‚eine Frage gebären‘ bedeutet (vgl. Pons online: rodzić 60 ). In (2) wird Wenn ihm eine Frage gestellt wird mit Gdy słyszy pytanie wiedergegeben, was wörtlich ‚wenn er eine Frage hört‘ 57 https: / / cosmas2.ids-mannheim.de/ cosmas2-web/ faces/ home.xhtml (letzter Zugriff: 18. 06. 2019). 58 https: / / cosmas2.ids-mannheim.de/ cosmas2-web/ faces/ investigation/ archive.xhtml (letzter Zugriff: 19. 11. 2018). 59 Linguee.de Suchbegriff „eine Frage stellt“ https: / / www.linguee.de/ deutsch-polnisch/ search? source=auto&query=eine+Frage+stellt (letzter Zugriff: 10. 12. 2018). 60 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=rodzic&l=depl&in=&lf=de (letzter Zugriff: 13. 12. 2018). 2.2. Wahl der Korpora 67 bedeutet, d. h. in Übersetzung (2) ist kein Funktionsverbgefüge vorhanden, sondern nur das Nomen Frage ‚pytanie‘. Das deutsche Funktionsverbgefüge Frage stellen kann also je nach kontextuellen Erfordernissen auch mit anderen sprachlichen Mitteln übersetzt werden (vgl. Kvam 2010: 55). In Übersetzungen kann es zudem zur Übertragung von Strukturen der Ausgangssprache auf die Zielsprache als Shining-through-Effekte kommen (Teich 2003: 61; Hansen 2006: 115), was sich auf Untersuchungsergebnisse auswirken kann. Die Wikipedia-Übersetzungsmaschine der OPUS -Plattform wird außerdem von den Entwicklern als weiter verbesserungsfähig im Vergleich mit menschlichen Übersetzungen eingestuft (Wołk/ Marasek 2014: 131), was auf zusätzliche Fehlerquellen schließen lässt. Da in der vorliegenden Arbeit deutsche und polnische Funktionsverbgefüge auf systematisierbare Funktionen im Textzusammenhang im jeweiligen sprachlichen Einzelsystem untersucht werden, wären mögliche Übersetzungsvarianten, Shining-through-Effekte sowie maschinelle Übersetzungsfehler Störfaktoren in der Untersuchung, sodass ich mich für die Zwecke der vorliegenden Arbeit für Vergleichskorpora entscheide. Bei Vergleichskorpora handelt es sich um Sammlungen von Originaltexten in verschiedenen Sprachen zu „einem vergleichbaren Diskursbereich“ (Lemnitzer/ Zinsmeister 2015: 138), d. h. zu einem gemeinsamen Thema bzw. zu einer Textsorte, wie z. B. einem deutschen (Wikipedia: Krim 61 ) und einem polnischen Original-Artikel zur Krim (Wikipedia: Krym 62 ), die keine Übersetzungen voneinander sind und (vermutlich) von unterschiedlichen menschlichen - und ausdrücklich nicht maschinellen - Textproduzenten und -produzentinnen verfasst wurden. 63 Da ich an natürlicher und von anderen Sprachen unabhängiger Sprachproduktion interessiert bin, fällt die Wahl für die Untersuchung von deutschen und polnischen Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang auf die Wikipedia-Vergleichskorpora des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache, die in weitere Subkorpora, 64 z. B. nach ihrem Entstehungsjahr unterteilt wer- 61 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Krim (letzter Zugriff: 17. 06. 2019). 62 https: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Krym (letzter Zugriff: 17. 06. 2019). 63 Informationen über den Einfluss von verschiedenen Sprachversionen der Wikipedia aufeinander liegen derzeit nicht vor, d. h. es wäre möglich, dass beispielsweise englische Wikipedia-Artikel als inhaltliche Grundlage für andere Sprachversionen verwendet werden, was sich zwar auf die verschiedenen Sprachversionen der Wikipedia auswirken kann, aber nicht muss. 64 Zusätzlich zu Wikipedia-Artikeln bietet das IDS die Subkorpora Wikipedia-Diskussionen und Wikipedia-Benutzerdiskussionen an. Bei Wikipedia-Diskussionen handelt es sich um Diskurs der Wikipedia-Community zu den einzelnen Artikeln. Benutzerdiskussionen sind dagegen Einträge von angemeldeten Benutzer*innen auf ihren Profilseiten (van Dijk 2010; Wikipedia: Namensräume der Wikipedia, unter: https: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Hilfe: Namensr%C3%A4ume#Namensr%C3%A4ume_der_Wikipedia, letzter Zugriff: 19. 11. 2018). Die (Benutzer-)Diskussionsseiten können also Community-spezi- 68 2. Daten und Methode den ( COSMAS II : Wikipedia-Korpora 65 ). Das deutsche Wikipedia-Artikelkorpus existiert zum Zeitpunkt der Datenerhebung (Mai bis November 2018) in den Versionen der Entstehungsjahre 2013, 2015 und 2017. Das polnische Subkorpus ist zum Erhebungszeitpunkt jedoch nur in den Versionen aus den Jahren 2013 und 2015 verfügbar, sodass für die zeitliche Konsistenz der Datengrundlage die Wikipedia-Subkorpora aus dem Jahr 2015 für beide Sprachen ausgewählt wurden (vgl. Kupietz et al. 2018). Das deutsche Wikipedia-Artikel-Korpus ( WPD 15) setzt sich aus 1 802 682 Texten und 824 692 227 Textwörtern zusammen, das polnische Korpus (WPP15) enthält 1 105 401 Texte und 282 995 410 Textwörter. Das polnische Wikipedia-Korpus ist demzufolge deutlich kleiner als das deutsche, was in Bezug auf die quantitativen und qualitativen Ergebnisse der Ergebnisse zu berücksichtigen ist. Als Datengrundlage für die Untersuchung der Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie der polnischen Äquivalente wurden die Wikipedia-Artikel-Korpora des IDS aus dem Entstehungsjahr 2015 ausgewählt. Wikipedia-Artikel eignen sich für die vorliegende Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang, weil die Artikel auf linguistischen Konzepten zur Verständlichkeit von Texten basieren. Im nächsten Abschnitt gehe ich auf die weitere Vorgehensweise bei der Datenerhebung sowie die Analysemethoden der vorliegenden Arbeit ein. 2.3. Datenerhebung und Vorgehensweise Die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente zada(wa)ć pytanie , da(wa)ć odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję werden in der vorliegenden Arbeit auf ihre Leistungen im Textzusammenhang untersucht. Für die Untersuchung dieser Konstruktionen wurden als Datengrundlage die deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpora ( WPD 15, WPP 15) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache ausgewählt, aus denen ein geeigneter Datensatz sowie -menge extrahiert wurde. Im Folgenden wird die Vorgehensweise bei der Erhebung sowie der Analyse der Daten vorgestellt. Für die Untersuchung von textuellen Leistungen von Funktionsverbgefügen wurde der korpusbasierte, quantitativ-qualitative Ansatz nach Lemnitzer / Zinsmeister (2015) herangezogen. Die Daten werden diesem Ansatz nach quantififische Äußerungen enthalten - eine „wikipediaeigene Diskussionskultur“ (Mederake 2016, 98), die nicht auf die Verständlichkeit für die breite Masse angelegt ist. 65 https: / / cosmas2.ids-mannheim.de/ cosmas2-web/ faces/ investigation/ archive.xhtml (letzter Zugriff: 19. 11. 2018). 2.3. Datenerhebung und Vorgehensweise 69 ziert, aber in weiteren Schritten auch qualitativ und im Sinne des Kontextualismus analysiert (Wittgenstein 1967, Firth 1968). Der Kontextualismus untersucht sprachliche Einheiten auf ihre Funktionen im Kontext (Lemnitzer/ Zinsmeister 2015: 30) 66 und versteht sich als Gebrauchsorientierte Theorie der Bedeutung, denn „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache“ (Wittgenstein 1967: 43) oder „You shall know a word by the company it keeps.“ (Firth 1968b: 179). Mit diesem Ansatz werden Mehrworteinheiten, wie und er (‚Kollokationen‘ nach Lemnitzer / Zinsmeister 2015: 32; Hervorhebung S. K.) und Antrag stellen (‚Kolligationen‘ nach Lemnitzer / Zinsmeister 2015: 32, ‚Funktionsverbgefüge‘ nach Kamber 2008: 22), im „rohen“ und nicht vorannotierten bzw. getaggten Korpus auf ihren Gebrauch im Kontext analysiert und gehören nach Lemnitzer / Zinsmeister (2015) zum Hauptuntersuchungsschwerpunkt des Kontextualismus (Lemnitzer/ Zinsmeister 2015: 32 ff.; Bsp. aus Lemnitzer/ Zinsmeister 2015: 32; Hervorhebung S. K.). Für die Untersuchung von Funktionsverbgefügen auf ihre Funktionen im Textzusammenhang, d. h. als „Paare sprachlicher Einheiten […], deren Zusammenhang durch die Bezeichnung ihrer syntaktischen Kategorie und der Beziehungen zwischen diesen Kategorien weiter qualifiziert ist“ (Lemnitzer/ Zinsmeister 2015: 32) erscheint der korpusbasierte quantitativ-qualitative Ansatz nach Lemnitzer / Zinsmeister (2015) als geeignet. Zwei Einschränkungen werden in Bezug auf diese Untersuchungsmethode vorgenommen: Erstens wird nicht die gesamte Anzahl an absoluten Treffern im Korpus untersucht, sondern lediglich eine im quantitativen Sinn geeignete Auswahl an Treffern als Zufallsstichprobe. Und zweitens analysiere ich die Daten nicht ausschließlich induktiv, sondern leite auf der Basis der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen ein Annotationsschema in Form eines Kategoriensets ab (s. Kap. 3), das anschließend induktiv erweitert wird, d. h. es werden deduktive mit induktiven Analysemethoden kombiniert (vgl. Meindl 2011: 27 f.). 66 Im Gegensatz dazu fokussiert der korpusbasierte-quantitative Ansatz eine theorieunabhängige, aber rein quantitative Ausrichtung, der korpusgestützte Ansatz dagegen eine stark theoriegeleitete Methodik im Sinne des Generativismus (vgl. Lemnitzer / Zinsmeister 2015: 36 f.). Viele Autor*innen, wie z. B. Perkuhn / Keibel / Kupietz (2012) und Tognini-Bonelli (2001), gehen lediglich von einer Zweiteilung dieser Forschungsmethoden aus: Der korpusgestützte Ansatz nutzt einzelne Beispiele aus dem Korpus zum Stützen bzw. Widerlegen einer These (vgl. Perkuhn / Keibel / Kupietz 2012, Tognini-Bonelli 2001), der korpusbasierte Ansatz verwendet die Daten als einzige Grundlage für die Theorienbildung. Der korpusbasierte quantitativ-qualitative Ansatz nach Lemnitzer / Zinsmeister (2015) bildet wegen der theoretischen Verortung im Kontextualismus bei induktiver Methodik eine Art Mittelweg zwischen korpusbasiertem und -gestützten Ansatz im Sinne von Perkuhn / Keibel / Kupietz (2012) und Tognini-Bonelli (2001). 70 2. Daten und Methode Die Erhebung der Daten für die vorliegende Untersuchung beläuft sich auf einen Zeitraum von Mai bis November 2018 und basiert auf wichtigen Vorüberlegungen und -tests, durch die Suchanfragen in COSMAS II schrittweise weiter angepasst wurden. Bei den ausgewählten Funktionsverbgefügen handelt es sich um einen bestimmten Typ von Mehrworteinheiten, die aus einem Funktionsverb - stellen , geben , treffen - und einem Funktionsnomen - Frage , Antwort , Entscheidung (vgl. Kamber 2008; Heine 2006: 49, Hermann 2019) - bestehen und sich durch einen geringen Grad an Festigkeit und Lexikalisierung auszeichnen (vgl. Helbig / Buscha 2011: 87), d. h. die Komponenten der Gefüge können verschiedene Flexionsformen bilden, erweitert werden und an verschiedenen Positionen im Satz vorkommen, was bei der Erhebung der Daten berücksichtigt werden muss, vgl. die folgenden Beispiele: Deutsch Polnisch (1)Sie stellt diese / wichtige(n) Fragen. (2)Ona zadaje te / ważne pytania. (3)Sie stellte ihm eine Frage. (4)Zadaje mu pytanie. (5)Eine Frage hat sie gestellt. (6)Pytanie zadała (ona). (7)Sie hat eine Frage gestellt. (8)Zadała pytanie. Die Beispiele zeigen, dass die deutschen und polnischen Funktionsnomen Frage und pytanie beispielsweise im Singular (3, 4) oder Plural (1, 2) gebildet werden können, am Satzanfang (5, 6) oder am -ende (7, 8) stehen können sowie durch verschiedene Erweiterungen voneinander getrennt (1, 2) oder zusammen stehen können (7, 8) (vgl. Daniels 1963: 230; Popadić 1971: 56; Żmigrodzki 2000: 119 ff./ 178; Popadić 1971: 25; Hinderdael 985: 159 / 218 f.; Seifert 2004: 192; Heine 2006: 162 ff.). Hinsichtlich der Abfolge und der Flexionsformen der Funktionsverbgefüge wurden aufgrund dieser syntaktischen Variabilität der Komponenten (vgl. Schmidt 1968: 56; Helbig / Buscha 2011: 88 ff.) keine Einschränkungen bei der Datenerhebung vorgenommen. Weil die Funktionsnomen und -verben auch in wörtlicher Bedeutung, d. h. auch außerhalb der Wortverbindung vorkommen können (Helbig / Buscha 2011: 87), wie z. B. in Sie trafen sich vor dem Bahnhof. Dort verkündeten sie ihre Entscheidung, beschränkt sich die Suchanfrage in COSMAS II auf die Satzgrenze (Suchbefehl: / s0), die nach der in der Korpuslinguistik üblichen Definition durch einen Punkt markiert ist (vgl. Perkuhn / Keibel / Kupietz 2012: 26). Es wurden also alle möglichen Flexionsformen (Suchbefehl: &) und Positionen der Funktionsnomen und -verben bei der Erhebung der Daten mithilfe von COSMAS II aus den Wikipedia-Artikel-Korpora (2015) berücksichtigt. Weil die vorliegende Arbeit auf Funktionen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang im Sinne des Kontextualismus (Lem- 2.3. Datenerhebung und Vorgehensweise 71 nitzer / Zinsmeister 2015: 37) zielt, wird der Trefferkontext bei der Datenerhebung vom Treffer ausgehend um 10 Sätze links und 10 Sätze rechts erweitert (vgl. Perkuhn / Keibel / Kupietz 2012: 111). Die Suchanfrage &[Funktionsnomen] / s0 &[Funktionsverb] wird auf die Gefüge Antwort geben und Entscheidung treffen angewendet. Weil zu Frage stellen das formal ähnliche Funktionsverbgefüge in Frage stellen im Sinne von ‚an etw./ jmd. zweifeln‘ (vgl. DWDS : Frage) 67 existiert, das sich von Frage stellen durch einen höheren Grad an Festigkeit und Lexikalisierung unterscheidet (vgl. Kamber 2008: 136), musste die Suchanfrage bei Frage stellen weiter angepasst werden. Zudem existiert zu Frage stellen die reflexive Variante sich eine Frage stellen , vgl. die folgenden Beispiele aus Linguee (Hervorhebung S. K.) 68 (1) sich eine Frage stellen: Dann würde sich die Frage nach der Verhältnismässigkeit stellen. Diese Frage stellt sich dem Rechtsstaat immer dann, […]. Für sie stellt sich natürlich eine Frage sehr einschneidend: […]. Es stellt sich jedoch schon die Frage, ob […]. (2) etw. in Frage stellen: […] würden die politischen Institutionen in Frage gestellt, […]. Die Existenz der Regionalstelle ist langfristig in Frage gestellt, […]. […] den Mut aufgebracht, sich selbst in Frage zu stellen. […] liebgewordene Traditionen in Frage zu stellen, […]. Die Beispiele (9) und (10) zeigen, dass sich die reflexive Konstruktion im Grad der Festigkeit von der präpositionalen unterscheidet. Das Nomen kann in der Reflexivkonstruktion um verschiedene sprachliche Einheiten erweitert werden (9). Die präpositionale Konstruktion ist dagegen fest, Attribute des Funktionsnomens konnten nicht identifiziert werden und die Komponenten der Konstruktion stehen in Kontaktstellung. 69 Da die Funktionsverbgefüge sich eine Frage stellen sowie in Frage stellen nicht zum Untersuchungsgegenstand der 67 https: / / www.dwds.de/ wb/ Frage (Stand: 21. 11. 2018). 68 Suchanfrage &Frage / s0 &stellen in DeReKo 2018-I (W-gesamt - alle Korpora des Archivs W mit Neuakquisitionen) (am 21. 11. 2018). 69 Durch die Beispiele allein kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die präpositionale Konstruktion generell keine Erweiterungen zulässt. Für genauere Aussagen wären umfangreichere Korpusuntersuchungen vonnöten. 72 2. Daten und Methode vorliegenden Arbeit gehören, sollen möglichst beide Konstruktionstypen vor der Datenerhebung maschinell aussortiert werden. Der höhere Festigkeitsgrad von in Frage stellen erweist sich dabei als hilfreich, denn durch die Anpassung der Suchanfrage mit dem Suchbefehl, keine Konstruktionen mit der Präposition in vor Frage aufzuspüren, führt zu einem höheren Maß an Präzision und Recall (vgl. Perkuhn / Keibel / Kupietz 2012: 40) in Bezug auf die Frage-stellen -Konstruktion, vgl. die folgende Suchanfrage: # LINKS ((&Frage %-w1 in) / +s0 &stellen) ODER # RECHTS ((&Frage %-w1 in) / -s0 &stellen) Da das Reflexivpronomen in der Reflexivkonstruktion sich eine Frage stellen nicht immer mit dem Funktionsnomen Frage in Kontaktstellung steht (10) und durch den Ausschluss des Reflexivpronomens unter Umständen andere (Verb-) Formen verloren gehen würden, habe ich die sich-eine-Frage-stellen -Konstruktion nicht automatisch von COSMAS II aussortieren lassen, sondern die reflexiven Formen von Frage stellen händisch aussortiert. Für die Suchanfragen im polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) werden zwar dieselben Maßstäbe angesetzt wie für die Erhebung der deutschen Daten, d. h. Funktionsnomen und -verb sollen in allen Flexionsformen und an verschiedenen Positionen im Satz vorkommen können, die Suchanfragen für die polnischen Gefüge zada(wa)ć pytanie , da(wa)ć odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję unterscheiden sich aber von den deutschen Anfragen, weil die fremdsprachigen Wikipedia-Korpora des IDS nicht lemmatisiert sind. Für die Erhebung der polnischen Daten mussten bei der Suchanfrage deswegen reguläre Ausdrücke verwendet werden (Perkuhn / Keibel / Kupietz 2012: 34), d. h. jede Flexionsform der beiden Komponenten wurde einzeln eingegeben und geklammert, vgl. die folgende Suchanfrage: 70 Suchanfrage zu zadać pytanie ‚Frage stellen‘ (zadać ODER zadam ODER zadałem ODER zadałam ODER zadasz ODER zadałeś ODER zadałaś ODER zada ODER zadał ODER zadała ODER zadało ODER zadamy ODER zadaliśmy ODER zadałyśmy ODER zadacie ODER zadaliście ODER zadałyście ODER zadają ODER zadali ODER zadały ODER zadał ODER zadała ODER zadałbym ODER zadałabym ODER zadałbyś ODER zadałabyś ODER zadało ODER zadałby ODER zadałaby ODER zadałoby ODER zadalibyśmy ODER zadałybyśmy ODER zadalibyście ODER zadałybyście ODER zadaliby ODER zadałyby ODER zadaj ODER zadajmy ODER zadajcie ODER zadadzą ODER zadane ODER zadawszy)/ s0 (pytanie ODER pytania ODER pytań ODER pytaniu ODER pytaniom ODER pytaniem ODER pytaniami ODER pytaniu ODER pytaniach) 70 Alle in der vorliegenden Arbeit gebrauchten Suchanfragen befinden sich in einer separaten Auflistung im Anhang. 2.3. Datenerhebung und Vorgehensweise 73 Zu beachten ist in Bezug auf die Gefüge im Polnischen, dass die Konstruktionen jeweils in einer perfektiven, z. B. zadać pytanie, und einer imperfektiven Form, z. B. zadawać pytanie vorkommen (Engel et al. 1999: 551ff.), d. h. für die Erhebung der Daten zu den polnischen Gefügen wurden insgesamt sechs Suchanfragen gestellt und sechs Datensätze aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus ( WPP 15) exportiert. Für die Untersuchung von polnischen und deutschen Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang, sollte eine im quantitativen Sinne geeignete Stichprobe von mindestens 1000 Treffern pro Sprache (Bortz / Döring 2006: 397) exportiert werden. Deswegen habe ich pro Funktionsverbgefüge eine Stichprobengröße von mindestens 300 zufälligen Treffern angesetzt. Eine Ausnahme bilden dabei die Funktionsverbgefüge Frage stellen und die polnische Entsprechung zada(wa) ć pytanie , für die aufgrund eines noch unbekannten Umfangs reflexiver Formen zum Zeitpunkt der Datenerhebung eine umfangreichere Stichprobe von 500 bzw. 604 Treffern gezogen wurde, um die Anzahl an Falsch-Positiven - „fälschlicherweise gefundenen Treffer[n]“ (Perkuhn / Keibel / Kupietz 2012: 39) - einzugrenzen, vgl. die folgende Zusammenfassung der Datenerhebung aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) in der folgenden Tabelle: Sprache Funktionsverbgefüge Abs. Treffer rel. Häufigk. pMW Zufallsstichprobe Deutsch Frage stellen 6.256 7.586 500 Antwort geben 1.522 1.846 300 Entscheidung treffen 4.348 5.272 300 Polnisch zadać pytanie 304 1.0740 304 zadawać pytanie 549 1.9400 300 dać odpowiedź 195 0.6891 195 dawać odpowiedź 138 0.4876 138 podjąć decyzję 7.640 27.0000 150 podejmować decyzję 1.321 4.6680 150 Summe 2337 Tabelle 5: Datenerhebung: Trefferzahlen absolut - relativ - Stichprobengröße ( WPD 15 & WPP 15) Tabelle 5 zeigt für die ausgewählten Funktionsverbgefüge die absoluten Trefferzahlen, die exportierte Stichprobengröße sowie die relativen Frequenzen in pro Million Wortformen (p MW ) in den Wikipedia-Artikel-Korpora ( WPD 15, WPP 15). Auffällig ist unter den polnischen Treffern, dass das Funktionsverbge- 74 2. Daten und Methode füge podjąć decyzję mit einer Häufigkeit von 27 pMW nicht nur deutlich häufiger vorkommt als die polnischen Gefüge podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘, da(wa)ć odpowiedź ‚Antwort geben‘ und zada(wa)ć pytanie ‚Frage stellen‘, sondern auch insgesamt mit 7,640 Treffern häufiger ist als die deutschen Gefüge mit Frage stellen als häufigstes Gefüge mit 7.586 p MW und 6.256 absoluten Treffern. Überraschend ist dieses Ergebnis, weil das polnische Wikipedia-Korpus deutlich kleiner ist als das deutsche - das polnische Korpus ( WPP 15) besteht aus 1 105 401 Texten und 282 995 410 Textwörtern und das deutsche ( WPD 15) aus 1 802 682 Texten und 824 692 227 Textwörtern, d. h. in Relation zur Korpusgröße ist die perfektive Variante des polnischen Funktionsverbgefüges podjąć decyzję ‚Entscheidung treffen‘ eine saliente Form. Die Summe der exportierten Treffer setzt sich aus 1100 exportierten deutschen und aus 1237 polnischen Treffern zusammen und ergibt einen Datensatz von 2337 Treffer(kon)texten (10 Sätze links und rechts vom Treffer), in denen die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente zada(wa)ć pytanie , da(wa)ć odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję auf ihre Leistungen im Textzusammenhang analysiert werden können. Die exportierten Zufallsstichproben wurden anschließend in Microsoft Excel manuell bereinigt. Zu den bereinigten Falsch-Positiven bzw. Nicht-Treffern gehören beispielsweise die folgenden Treffer mit Funktionsverben in der Vollverbbedeutung (11), reflexive Funktionsverbgefüge (12) oder trennbare Partikelverben (13) (Hervorhebung S. K.): (11) Bis heute gibt es keine klare Antwort auf diese Frage. 71 (12) […], daher stellte sich für die Führung des Leningrader Straßenbahn-Verkehrsbetriebs die Frage nach der Entwicklung eines neuen Fahrzeuges. 72 (13) Diese Frage wird oft verwendet; so stellt sie beispielsweise die ehemalige Fernsehmoderatorin Eva Herman ihrem Buch Das Prinzip Arche Noah voran. 73 Nach der manuellen Bereinigung der exportierten Daten wurde auf der Basis von syntaktischen Kategorien aus der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen ein mehrdimensionales Kategoriensystem erstellt, nach dem die deutschen und polnischen Treffer aus den Wikipedia-Artikeln annotiert wurden (s. Kap. 3; 4). 71 WPD15 / L27.79758: Lawon-Affäre, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Lawon-Affäre: Wikipedia, 2015. 72 WPD15 / L34.90215: LM-49, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ LM-49: Wikipedia, 2015 73 WPD15 / L28.15229: Liste geflügelter Worte / W, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Liste_geflügelter_Worte/ W: Wikipedia, 2015 2.3. Datenerhebung und Vorgehensweise 75 Die Gefüge wurden in Bezug auf die Erweiterung, Position und Referenz des Funktionsnomens sowie die Realisierung der Valenz analysiert, die in der Forschungsliteratur mit der Modifikation und der Spezifizierung von Informationen, der Schattierung der Mitteilungsperspektive sowie der Ballung von Informationen in Verbindung gebracht werden (vgl. Daniels 1963, Schmidt 1968, Seifert 2004). Unter Anwendung der Substitution mit dem Basisverb als qualitative Untersuchungsmethode (vgl. Glinz, 1952; Ágel 2017: 504 f.), die die spezifischen Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text sichtbar macht, wurden die ausgewählten deutschen und polnischen Funktionsverbgefüge anschließend und in ihrer sprachlichen Umgebung auf die Anreicherung (s. Kap. 4.2.1), Verdichtung (s. Kap. 4.2.2 ), Perspektivierung (s. Kap. 4.2.3), Gewichtung (s. Kap. 4.2.4) und die Wiederaufnahme von Informationen (s. Kap. 4.2.5) analysiert. Gemäß der Annotationsmaximen nach Geoffrey Leech (1997) ist der Ursprungstext wiederherstellbar und es besteht die Möglichkeit zur separaten Archivierung von Annotation und Ursprungstext. Die Annotation habe ich in wiederholten Annotationsschleifen, d.h. mehrfach und zu verschiedenen Zeitpunkten, durchgeführt (Lemnitzer/ Zinsmeister 2015: 103; Leech 1997). Ein Kriterienkatalog zur Validität und Reliabilität der Untersuchung wird in Abschnitt 3 vorgestellt. Für die Analyse von deutschen und polnischen Funktionsverbgefügen auf ihre Leistungen im Textzusammenhang wurde der korpusbasierte, quantitativ-qualitative Ansatz nach Lemnitzer/ Zinsmeister (2015) herangezogen, bei dem unter Anwendung quantitativer und qualitativer Analysemethoden Wortverbindungen auf ihren Gebrauch im Kontext untersucht werden. Aus den deutschen und polnischen Wikipedia-Korpora des IDS wurden unbereinigte Treffer exportiert, die im nächsten Schritt manuell bereinigt, nach syntaktischen Kategorien quantifiziert und anschließend qualitativ im Treffer(kon)text analysiert wurden. Das der Analyse zugrundeliegende Kategoriensystem wird im nächsten Abschnitt vorgestellt. 76 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien In der vorliegenden Arbeit werden Funktionsverbgefüge auf kommunikative Leistungen untersucht. Diese Leistungen stehen mit weniger festen und lexikalisierten Funktionsverbgefügen in Verbindung (vgl. vgl. Helbig / Buscha 2011: 88 ff.; Storrer 2006a; 2013). Die Analyse der Funktionsverbgefüge erfolgt nach dem korpusbasierten, quantitativ-qualitativen Ansatz nach Lemnitzer / Zinsmeister (2015), bei dem Wortverbindungen auf ihren Gebrauch im Kontext sowohl quantitativ als auch qualitativ untersucht werden. Für die quantitative Analyse der Treffer(kon)texte der Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie der polnischen Äquivalente aus den Wikipedia-Artikel-Korpora ( WPD 15; WPP 15, IDS ) habe ich auf der Basis der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen ein mehrdimensionales Kategoriensystem entwickelt. Ich gehe bei der Kategorienbildung zunächst vom Deutschen aus und übertrage die Annahmen in der Analyse der Daten auf das Polnische. Die Analyseebenen beziehen sich auf Erweiterungen (s. Kap. 3.1), Valenz (s. Kap. 3.2), Position (s. Kap. 3.3) und die Referenz (s. Kap. 3.4) der Funktionsverbgefüge, für die im Folgenden weitere Subklassifizierungen im Zusammenhang mit der Ebene des Textes vorgestellt werden. 3.1. Erweiterung der Nominalphrase Morphosyntaktische Erweiterungen von Funktionsverbgefügen werden in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen mit einem bestimmten Typ von Nomen-Verb-Verbindungen behandelt: Unterschieden werden Nomen-Verb-Verbindungen nach dem Grad ihrer Festigkeit und Lexikalisierung (vgl. Helbig / Buscha 2011: 85). Dies manifestiert sich auf morphosyntaktischer Ebene beispielsweise in der Attribuierungsfähigkeit des Funktionsnomens, d. h. es existieren Gefüge, die nicht attribuiert werden können, wie z. B. * in guten Gang bringen ; andere Gefüge, wie z. B. einen guten Beitrag leisten , lassen verschiedene Erweiterungen des Funktionsnomens zu (vgl. Heidolph et al. 1984: 441 f.; Helbig / Buscha 2011: 87 ff.; s. Kap. 1.1; 4) . Der Festigkeits- und Lexikalisierungsgrad des jeweiligen Konstruktionstyps bestimmt, ob und inwieweit die Funktionsnomen erweitert werden können (vgl. Helbig / Buscha 2001: 89; Heine 2005: 44; Kamber 2008: 28 f.). Die Funktionsverbgefüge der vorliegenden Arbeit 3.1. Erweiterung der Nominalphrase 77 Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen gehören zu den weniger festen und lexikalisierten Gefügen und können mit unterschiedlich komplexen sprachlichen Einheiten verknüpft werden (vgl. Burger 2015: 57), wie z. B. mit Artikelwörtern, Adjektiven, Nomen und Sätzen (Schmidt 1968, Gautier 1998, Storrer 2013), auf die ich im Folgenden in Bezug auf weitere Subklassen und ihre Bedeutung für den Textzusammenhang eingehe. 3.1.1. Artikelwörter Syntaktisch variable Gefüge, wie Frage stellen, Antwort geben und Entscheidung treffen können durch Artikelwörter erweitert werden (vgl. Helbig / Buscha 2001: 89; Heine 2005: 44; Kamber 2008: 28 f.) und werden nach ihrer Artikelklasse subkategorisiert (vgl. z. B. Hinderdael 1985: 145 / 260 ff.; Schmidt 1968: 50 ff.), wie z. B. einen oder den Vortrag halten (Hinderdael 1985: 145), diesen Befehl geben, ihren Einfluss üben und keinen Befehl geben (Schmidt 1968: 50 / 52), vgl. die folgenden Beispiele aus dem Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): (1) Die Fragen sind symmetrisch gestellt […]. 74 (2) […] gab Peter Altenberg eine gefährliche Antwort […]. 75 (3) Die Instanz trifft ihre Entscheidung auf Basis des Gewinnerwartungswertes. 76 (4) […] werden diese Fragen im Folgenden an die Mutter von zwei Kindern gestellt […]. 77 (5) Sechs Prozent gaben keine Antwort. 78 In den aufgeführten Beispielen werden die Funktionsnomen Frage , Antwort und Entscheidung durch bestimmte (1) und unbestimmte Artikel (2), Possessiv- (3) und Demonstrativartikel (4) sowie Negationsartikel (5) erweitert (z. B. Hinderdael 1985: 145 / 260 ff., Schmidt 1968: 50 ff.; Storrer 2006b). Für die Ebene des Textes sind Artikelwörter als Erweiterungen der Funktionsnomen wesentlich, weil sie die Bedeutung von Nomen spezifizieren, Bezüge anzeigen und auf Textreferenten verweisen können (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 53; Adamzik 74 WPD15 / C06.46928: Conflict Tactics Scales, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Conflict_Tactics_Scales: Wikipedia, 2015 75 WPD15 / L26.93889: Lina Loos, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Lina_ Loos: Wikipedia, 2015 76 WPD15 / D85.21420: Delegationswert, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Delegationswert: Wikipedia, 2015 77 WPD15 / J75.55604: Junge-oder-Mädchen-Problem, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Junge-oder-Mädchen-Problem: Wikipedia, 2015 78 WPD15 / M00.42610: Minnesota, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Minnesota: Wikipedia, 2015 78 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien 2016: 268; Żmigrodzki 2000: 140; Engel et al. 1999: 61 f.; s. Kap. 4.2.5). In (3) werden die Entscheidungen durch ihre als jemandem zugehörig markiert (vgl. Engel et al. 1999: 61 f.) und durch keine in (5) kann verneinend zusammengefasst werden (vgl. grammis online 2019: Quantifikativ-Artikel 79 ). Diese/ die Fragen in (1) und (4) sind spezifisch und der Demonstrativbzw. bestimmte Artikel zeigen an, dass es sich um bereits bekannte, vorerwähnte oder im Kontext identifizierbare Fragen handelt, d. h. die und diese markieren geteilte Wissensbestände zwischen Textrezipient*in und -produzent*in (vgl. Adamzik 2016: 252 f./ 256; Ágel 2017: 200; Engel et al. 1999: 61 f.; s. Kap. 3.4; 4.2.5). Indefinite Artikelwörter, wie in (2), können Informationen im Text dagegen als unbekannt kennzeichnen. In (2) wird durch eine markiert, dass die Antwort nicht vorerwähnt ist, sondern als neuer Textreferent eingeführt wird (vgl. Engel et al. 1999: 802 f.; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 53 ff.), wodurch die Analyse der Artikelwörter von Funktionsnomen für die Untersuchung von Leistungen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang relevant wird. Artikelwörter sind auf der Textebene wesentliche Marker, die die Bedeutung von Nomen je nach Art des Artikels spezifizieren, Inhalte im Text in Relation setzen sowie Textreferenten als neu oder bekannt markieren können. In Bezug auf Artikelwörter wird das Annotationsschema in Artikelwörter nach ihrer Subklasse weiter unterteilt. Im Folgenden gehe ich auf adjektivische Erweiterungen ein. 3.1.2. Adjektive Adjektiverweiterungen bilden im Zusammenhang mit Funktionsverbgefügen insgesamt ein häufiges Thema in Forschungsliteratur zu Nomen-Verb-Verbindungen. Adjektivische Erweiterungen der Funktionsnomen können zum einen semantisch nach qualifizierenden und quantifizierenden Funktionen unterteilt werden (vgl. z. B. Daniels 1963: 230; Schmidt 1968: 50 f.; Popadić 1971: 43 f.; Heidolph et al. 1984: 442; Hinderdael 1985: 257; Heine 2005: 163; Storrer 2013: 202; Żmigrodzki 2000: 113 ff.), z. B. in • Qualitätsadjektive, wie eine verwunderliche Feststellung machen (Daniels 1963: 230), einen wesentlichen Beitrag leisten (Popadić 1971: 43 f.), • Zahladjektive, wie 1.147 Anzeigen erstatten (Gautier 1998: 131; s.a. Schmidt 1968: 51) • und Verbalableitungen als partizipiale Adjektive, wie in […] nie dagewesene[r] Gefährdung sein (Hinderdael 1985: 258; s.a. Popadić 1971: 42). 79 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 377 3.1. Erweiterung der Nominalphrase 79 Zum anderen können die Adjektiverweiterungen der Funktionsnomen unterschiedlich komplex sein, wie z. B. ein heiteres, ruhiges Leben führen (Daniels 1963: 231), gesellschaftlich nützliche Arbeit leisten (Seifert 2004: 106) oder in einer bisher noch nie dagewesenen Gefährdung sein (Hinderdael 1985: 258; s. dazu auch Schmidt 1968: 50 f.; Heidolph et al. 1984: 442; Heine 2005, Storrer 2006b, 2007, 2013; s. Kap. 4.2.2), vgl. die folgenden Belege aus dem Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): (6) […] und sie haben erkannt, dass sie frei sind, kleine Entscheidungen zu treffen […]. 80 (7) […], gaben sie zur Abwechslung auch falsche Antworten oder legten auf. 81 (8) Aufbauend […] können die geeigneten Fragen gestellt […] werden. 82 (9) Dem anderen Kandidaten wurden drei Fragen […] gestellt. 83 (10) […] verwaltungs- und kommandotechnische Entscheidungen […] getroffen wurden, […]. 84 (11) […] gab er jedoch ganz unterschiedliche Antworten. 85 Die Funktionsnomen werden in den Beispielen um Qualitätsadjektive, wie klein (6) und falsch (7), um Zahladjektive, wie drei (9), und um partizipiale Adjektive, wie geeignet (8), erweitert; die Adjektive können in Adjektivphrasen koordiniert werden, wie verwaltungs- und kommandotechnische in (10); oder aber die Phrasen enthalten weitere subordinierte Elemente, wie z. B. die Gradpartikel ganz in ganz unterschiedliche Antworten (11), wodurch die Informationen im Text „bereichert“ oder „abgetönt“ werden können (Popadić 1971: 42). Qualitätsadjektive können Nomen durch Eigenschaftszuschreibungen modifizieren und spezifizieren, wodurch Inhalte subjektiv bewertet werden können (vgl. Popadić 1971: 42 f., Schmidt 1968: 49; Heine 2005: 166; Storrer 2006a: 172; Lucius-Hoene / Deppermann 2004: 171; Kaczor 2003: 21; s. Kap. 4.2.1). Zahladjektive können Inhalte nicht nur in Bezug auf ihre Anzahl determinieren, sondern - wie Gautier 80 WPD15 / A35.23012: Abiturreden, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Abiturreden: Wikipedia, 2015 81 WPD15 / C20.69348: Call-in-Gewinnspiel, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Call-in-Gewinnspiel: Wikipedia, 2015 82 WPD15 / B01.56685: Blaumeise, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Blaumeise: Wikipedia, 2015 83 WPD15 / E06.91846: Einer wird gewinnen, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Einer_wird_gewinnen: Wikipedia, 2015 84 WPD15 / K18.58107: Kopfjagd (Film), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kopfjagd_(Film): Wikipedia, 2015 85 WPD15 / M01.55495: Maigret, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Maigret: Wikipedia, 2015 80 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien (1998) zeigt - auch auf Textpassagen verweisen und diese zusammenfassend wiederaufnehmen (Gautier 1998: 131). Partizipiale Adjektive, wie geeignet von sich eignen , kodieren als „verbo-adjektivische Zwitterformen“ sowohl temporale als auch qualifizierende Informationen (vgl. Engel et al. 1999: 619 ff.; Ágel 2017: 708). Zudem kann durch partizipiale Adjektive auf vorerwähnte oder aktivierte Inhalte geschlossen werden, vgl. z. B. von die Fragen sind geeignet zu die geeigneten Fragen , wodurch Informationen im Text wiederaufgenommen und weitergeführt werden können (vgl. Ágel 2017: 764 / 717 f.). Durch komplexe Adjektivattribute, wie z. B. verwaltungs- und kommandotechnische Entscheidungen (10) oder ganz unterschiedliche Antworten (11), können die Funktionsnomen nicht nur mehrfach modifiziert und spezifiziert werden, sondern die Inhalte können auch weiter kommentiert werden, wodurch die Informationen im Text einerseits stark verdichtet werden können (vgl. Daniels 1963: 227; Hinderdael 1985: 217; Helbig / Buscha 2001: 93 f.; Seifert 2004: 106, 195; Storrer 2013: 206). Andererseits können durch die Art der Adjektive und Kommentare auch subjektive Einstellungen und Wertungen zum Ausdruck kommen, wodurch Informationen im Text unterschiedlich perspektiviert werden können (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 137; Adamzik 2016: 301 / 255; Ágel 2017: 764). Adjektivattribute können Informationen auf der Ebene des Textes modifizieren, spezifizieren, perspektivieren und wiederaufnehmen sowie Inhalte durch unterschiedliche Komplexitätsgrade verdichten. Ich unterscheide Adjektivattribute in der vorliegenden Arbeit bezüglich ihrer Semantik nach qualitativen und quantitativen Eigenschaften sowie ihres Komplexitätsgrades in einfache, komplex-koordinierte und komplex-subordinierte Adjektivphrasen. Im Folgenden gehe ich auf ein Spezifikum der partizipialen Attribuierung ein. 3.1.3. Funktionsverb-Partizipien Unter den gelisteten Erweiterungen der Funktionsnomen finden sich in der Forschungsliteratur Attribute, in denen das Funktionsverb das Funktionsnomen als partizipiales Adjektiv attribuiert, wie z. B. einen Kampf führen > ein geführter Kampf (Popadić 1971: 54 f.; Hinderdael 1985: 213; Klinger 1983: 96), vgl. die folgenden Beispiele aus dem Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): (12) Das Motiv der zu stellenden Frage: Fragen zur Überquerung der Brücke des Todes. 86 86 WPD15 / D01.31560: Die Ritter der Kokosnuß, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Die_Ritter_der_Kokosnuß: Wikipedia, 2015 3.1. Erweiterung der Nominalphrase 81 (13) Die gegebenen Antworten wurden mit der gezogenen Punktzahl multipliziert. 87 In den Beispielen (12) und (13) fungieren die Funktionsverben der Gefüge als partizipiale Attribute zu ihren Funktionsnomen: Frage wird mit stellen attribuiert und Antwort mit geben . Die Funktionsverben kodieren dabei durch ihre Form als „verbo-adjektivische“ Zwitterformen (vgl. dazu z. B. Hentschel 2009: 273, zitiert nach Ágel 2017: 717) sowohl verbale als auch adjektivische Eigenschaften: zu stellende Fragen beziehen sich auf Zukünftiges im Sinne von ‚die Fragen sind zu stellen‘; die gegebenen Antworten verweisen dagegen auf Vergangenes in etwa durch ‚die Antworten wurden gegeben‘, d. h. die Funktionsverb-Partizipien können Funktionsnomen in Bezug auf temporale Informationen modifizieren und spezifizieren (vgl. Engel et al. 1999: 619 ff.; Ágel 2017: 708) sowie auf Inhalte verweisen und diese wiederaufnehmen (vgl. Ágel 2017: 717 f.; s. Kap. 4.2.5). Derartige partizipiale Erweiterungen der Funktionsnomen werden in der Analyse gesondert betrachtet, weil die Funktionsverbgefüge nicht in ihrer ursprünglichen Form als Funktionsnomen und -verb verwendet werden, sondern als Ableitungen der Funktionsverbgefüge (vgl. Ágel 2017: 770 ff.), die mit anderen Verben prädikatiert werden, wie z. B. die gegebenen Antworten wurden […] multipliziert , wodurch Informationen verdichtet werden (Popadić 1971: 54). Funktionsverben können ihre Funktionsnomen als Partizipien attribuieren, wodurch die Informationen im Text modifiziert, spezifiziert, verdichtet und wiederaufgenommen werden können. Als Ableitungen von Nomen-Verb-Verbindungen werden Funktionsverb-Partizipien von anderen Adjektivattributen unterschieden. Im Folgenden gehe ich auf nominale Erweiterungen der Funktionsnomen ein. 3.1.4. Funktionsnomen-Komposita Unter den Erweiterungen der Funktionsnomen finden sich in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen Funktionsnomen-Komposita, wie z. B. ein gemeinsames Reiseleben führen (Daniels 1963: 231), einen Hauptbeitrag (Schmidt 1968: 51) oder Transportarbeiten leisten (Popadić 1971: 57; s. dazu auch Gautier 1998: 130; Seifert 2004: 105 ff.; Heine 2005: 163; Helbig 1984: 176 f.; Yuan 1987: 196 ff.; Burger 2015: 162). In den untersuchten Korpusdaten kommen derartige 87 WPD15 / D00.37214: Dalli Dalli, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Dalli_Dalli: Wikipedia, 2015 82 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien Funktionsnomen-Komposita jedoch nur selten vor (s. Kap. 4.1), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (vgl. Hervorhebung S. K.): (14) Der FDP Wirtschaftsminister verband die Lösung dieser Frage mit dem Stellen der Koalitionsfrage. 88 (15) Jeder bekommt sowohl Quizfragen als auch persönliche Fragen zu privatem Umfeld, Hobbys, Beruf und Bildungsgrad gestellt. 89 (16) […] deuten darauf hin, dass auch Veto-Entscheidungen unbewusst getroffen werden. 90 Die Funktionsnomen Frage und Entscheidung werden in den Beispielen durch die Nomen Koalition , Quiz und Veto morphologisch erweitert und determiniert (vgl. Reimann / Kessel 2005: 104; Engel et al. 1999: 745), wodurch die Informationen im Text modifiziert werden. Interessant sind derartige morphologische Erweiterungen der Funktionsnomen, weil die Verknüpfungen der Nomen im Kompositum unterschiedliche Relationen der Nomen zueinander ausdrücken können (vgl. Engel et al. 1999: 745; Popadić 1971: 56; Hinderdael 1985: 264): Eine Quizfrage ist beispielsweise eine Frage in oder aus einem Quiz; eine Koalitionsfrage ist eine Frage zur Koalition - entweder in Bezug auf mögliche Regierungspartner oder das Fortbestehen einer Regierungseinheit (vgl. Duden online 2019: Koalitionsfrage 91 ). Durch Funktionsnomen-Komposita können also nicht nur spezifische Informationen ausgedrückt werden (vgl. Popadić 1971: 56; Hinderdael 1985: 265; Ágel 2017: 569), sondern diese spezifischen Informationen können auch modifiziert und komprimiert werden (vgl. Daniels 1963: 231; Schmidt 1968: 71; Popadić 1971: 55 f.; Hinderdael 1985: 580; Seifert 2004: 107). Die Verdichtung der Information kann weiter durch Attribuierungen des Funktionsnomens fortgesetzt werden, wie z. B. ein gemeinsames Reiseleben führen (Daniels 1963: 231; s. dazu auch Popadić 1971: 56; Hinderdael 1985: 264). Durch die nominale Form der Erweiterung können zudem phorische Bezüge im Text hergestellt werden, z. B. kann Quiz in Quizfragen auf ein vorerwähntes Frage-Antwort-Spiel verweisen und dieses thematisch wiederaufnehmen (vgl. Wildgen 1981: 3; Wolf 2007; s. Kap. 3.4). Funktionsnomen können durch Komposition zu Funktionsnomen-Komposita erweitert werden, wodurch Informationen im Text modifiziert, spezifiziert, verdichtet und wiederaufgenommen werden können. Funktionsnomen-Kom- 88 WPD15 / A16.52078: Anstalt für Kabelkommunikation, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Anstalt_für_Kabelkommunikation: Wikipedia, 2015 89 WPD15 / V81.35390: Verbundener Vertrag, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Verbundener_Vertrag: Wikipedia, 2015 90 WPD15 / B39.88441: Bereitschaftspotential, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Bereitschaftspotential: Wikipedia, 2015 91 https: / / www.duden.de/ rechtschreibung/ Koalitionsfrage (letzter Zugriff: 20. 06. 2019) 3.1. Erweiterung der Nominalphrase 83 posita bilden deshalb in der vorliegenden Arbeit eine Subkategorie nominaler Erweiterungen von Funktionsverbgefügen. Im Folgenden gehe ich auf nominale Attribute in Form von Genitivphrasen ein. 3.1.5. Genitivphrasen Unter den Erweiterungen der Funktionsnomen finden sich in der Forschungsliteratur Nominalphrasen im Genitiv, die die Funktionsnomen nominal attribuieren (Engel et al. 1999: 922; Żmigrodzki 2000: 119), wie z. B. ein Leben der Sorgen und Arbeit führen (Daniels 1963: 231), eine Analyse der Situation geben (Schmidt 1968: 51) oder im Besitz der bekannten Wahrheit bleiben (Hinderdael 1985: 261), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): (17) In jeder Sendung wird eine Frage der Woche gestellt […]. 92 (18) Entscheidungen des Arbeitskreises werden […] getroffen. 93 (19) […] woraus der Mensch befähigt ist, in Freiheit eine Antwort der Liebe zu geben […]. 94 Die Funktionsnomen Frage , Antwort und Entscheidung werden in den Beispielen (17)-(19) mit den Genitivphrasen der Woche , der Liebe und des Arbeitskreises erweitert, wodurch die nominal realisierten Inhalte zum einen zueinander in Beziehung gesetzt werden können: In (17) handelt es sich um eine Frage aus einer Woche im Sinne von ‚jede Woche gibt es eine andere Frage‘, wodurch die Fragen einer bestimmten Woche zugehörig sind. In (18) werden die Entscheidungen mit einem Arbeitskreis verknüpft - ‚der Arbeitskreis verursacht die Entscheidungen‘, wodurch das Funktionsnomen um Informationen zum Urheber spezifiziert wird. In (19) wird Antwort durch der Liebe näher beschrieben, im Sinne von Liebe als Eigenschaft der Antwort (vgl. Ágel 2017: 759 f.; Engel et al. 1999: 927 f.). Durch die Verknüpfung von Funktionsnomen und Genitivphrase können Informationen im Text durch zusätzliche Bedeutungsaspekte angereichert werden, d. h. Genitivattribute können Inhalte modifizieren und spezifizieren und tragen so zur Evaluierung im Text bei (vgl. Daniels 1963: 230 ff.; Schmidt 1968: 49; Hinderdael 1985: 261; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 140). Durch die nominale Form können Genitivattribute zum einen durch weitere sprachliche Einheiten, wie Artikelwörter (s. Kap. 3.1.1), Adjektive (s. Kap. 3.1.2), 92 WPD15 / M18.72594: Michael Vester, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Michael_Vester: Wikipedia, 2015 93 WPD15 / A60.29261: Arbeitskreis Zensus, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Arbeitskreis_Zensus: Wikipedia, 2015 94 WPD15 / A32.58127: Anselm Günthör, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Anselm_Günthör: Wikipedia, 2015 84 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien andere Nomen (s. Kap. 3.1.4-3.1.6) und Sätze (s. Kap. 3.1.7), erweitert werden und dadurch Informationen weiter verdichten sowie auf vorerwähnte Textreferenten verweisen, z.B. Entscheidungen des Arbeitskreises (18), und diese im Textverlauf wiederaufnehmen (vgl. Ágel 2017: 432f./ 759ff.; Adamzik 2016: 264; s. Kap. 3.4). Genitivattribute können Informationen durch Erweiterung nicht nur modifizieren oder verdichten, sie wiederaufnehmen und fortführen, sondern auch perspektivieren, denn je nach Art des Genitivattributs werden selegierte Relationen zum Ausdruck gebracht. Funktionsnomen können durch Genitivphrasen attribuiert werden, durch die die Informationen im Text modifiziert, spezifiziert, verdichtet, perspektiviert und wiederaufgenommen werden können. In Bezug auf die Analyse von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang sollen sie daher von anderen nominalen Erweiterungen der Funktionsnomen abgegrenzt werden. Im Folgenden gehe ich auf präpositionale Erweiterungen von Funktionsnomen ein. 3.1.6. Präpositionalphrasen Unter den Erweiterungen von Funktionsnomen finden sich in der Forschungsliteratur nominale Erweiterungen in Form von Präpositionalphrasen (vgl. Hinderdael 1985: 263; Schmidt 1968: 50; Żmigrodzki 2000: 119 ff.), wie z. B. Fragen von so kühlem Ernst stellen (Daniels 1963: 232), Anklage gegen die USA erheben (Schmidt 1968: 51) oder im Dienst an der Sache Jesu Christi bleiben (Hinderdael 1985: 263), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): (20) Direkte Fragen zur Tat werden diesmal nicht gestellt […]. 95 (21) Die Antwort auf ein solches Signal wird mit drei Zeichen pro Minute gegeben […]. 96 (22) Eine Entscheidung im kommunalen Bereich trifft die Bürgerwerkstatt nicht […]. 97 Die Funktionsnomen Frage , Antwort und Entscheidung werden durch die Präpositionalphrasen zur Tat , auf ein solches Signal und im kommunalen Bereich erweitert, wodurch die Nomen beispielsweise in Bezug auf ein Thema, z. B. (20) Fragen zur Tat , ein Ereignis, z. B. (21) Antwort auf ein solches Signal , oder hin- 95 WPD15 / Z12.83026: Zigeuner, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Zigeuner: Wikipedia, 2015 96 WPD15 / A06.91972: Alpines Notsignal, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Alpines_Notsignal: Wikipedia, 2015 97 WPD15 / B10.52871: Bürgerwerkstatt, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bürgerwerkstatt: Wikipedia, 2015 3.1. Erweiterung der Nominalphrase 85 sichtlich ihrer Lokalisierung, z. B. (22) in Entscheidung im kommunalen Bereich , spezifiziert werden und in Relation mit dem Funktionsnomen gesetzt werden können (vgl. Engel et al. 1999: 477; s.a. Ágel 2017: 753 f.). Die Leistung von präpositionalen Erweiterungen der Funktionsnomen liegt daher einerseits in der Modifikation und Spezifikation von Informationen (vgl. z. B. Daniels 1963: 230 f.; Hinderdael 1985: 575; s.a. Averintseva-Klisch 2013: 37), andererseits können Inhalte durch die Verknüpfung des Funktionsnomens und der Präpositionalphrase verdichtet werden (vgl. Schmidt 1968: 70), vgl. z. B. jmd. entscheidet im kommunalen Bereich vs. die Entscheidung im kommunalen Bereich . Darüber hinaus können die nominalen Formen in den Präpositionalphrasen auf vorerwähnte oder bekannte Textreferenten verweisen, wie z. B. solches Signal in (21) die Antwort auf ein solches Signal , und diese im Text weiterführen (vgl. Ágel 2017: 753 f./ 770; Averintseva-Klisch 2013: 33 ff./ 37; Engel et al. 1999: 61; Schwarz-Friesel-Consten 2014: 114; Adamzik 2016: 264 f.; s. Kap. 3.4; 4.2.5). Präpositionalphrasen weisen in Bezug auf ihren Status als Erweiterung des Funktionsnomens jedoch eine Schwierigkeit auf: Sie können nämlich entweder als Attribute oder als Objekte zum Nomen interpretiert werden (vgl. Helbig / Buscha 1979: 520; Hinderdael 1985: 575). Der Grund dafür liegt in der Form des Funktionsnomens als Verbalableitung (vgl. Helbig / Buscha 2011: 69; Kamber 2008: 22 f.), z. B. Frage von fragen, Antwort von antworten und Entscheidung von entscheiden . Basisverben können in ihren Satzbauplänen Präpositionalobjekte in Form von Präpositionalphrasen enthalten (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 261; s. Kap. 3.2), wie z.B. nach etw. fragen oder auf etwas antworten , die in der Valenz des Funktionsverbgefüges vorkommen können, wie z.B. eine Frage nach etw. stellen oder eine Antwort auf etw. geben (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 261, s. Kap. 3.2.1.1). Derartige nach- oder auf- Präpositionalphrasen können auf Satzebene hinsichtlich ihrer Satzgliedfunktion als Objekte oder als Attribute des Funktionsnomens interpretiert werden (vgl. Helbig / Buscha 1979: 520; Hinderdael 1985: 575), die von Ágel (2017: 770) deshalb als ‚Präpositional(objekt)attribute‘ bezeichnet werden. Ich entscheide mich in der Analyse für die folgende Vorgehensweise: Auf der Analyseebene der Erweiterungen des Funktionsnomens fokussiere ich Funktionsnomen mit Präpositionalphrasen in Kontaktstellung, wie (20)-(22), d. h. es werden Belege quantifiziert, in denen die Präpositionalphrase direkt mit dem Nomen verknüpft ist. In Abschnitt 3.2.1.1 werden für die Analyseebene der Valenz von Funktionsverbgefügen für jedes der Gefüge Satzbaupläne aus der Valenz des Basisverbs, also z.B. für Frage stellen von fragen , abgeleitet, sodass beispielsweise nach- oder auf- Präpositionalphrasen als realisierte Aktanten der Funktionsverbgefüge-Valenz berücksichtigt werden, die verschiedene Positionen im Satz einnehmen können (vgl. Pittner/ Berman 2015: 37; s. Kap. 3.2.1.1), wie z. B. Die Antwort wird mit drei Zeichen pro Minute auf ein solches Signal gegeben. 86 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien Funktionsnomen können um Präpositionalphrasen erweitert werden, wodurch Informationen im Text modifiziert, spezifiziert, wiederaufgenommen und verdichtet werden können. Auf der Ebene der Erweiterungen von Funktionsnomen werden Präpositionalphrasen in Kontaktstellung mit dem Funktionsnomen berücksichtigt. Im Folgenden werden satzförmige Erweiterungen von Funktionsnomen thematisiert. 3.1.7. Satzförmige Erweiterungen In der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen werden satzförmige Erweiterungen der Funktionsnomen aufgeführt, die nach ihren Satztypen subklassifiziert werden können (vgl. Daniels 1963: 233; Schmidt 1968: 52; Hinderdael 1985: 265; Popadić 1971: 52; Storrer 2006b: 173; 2013: 203; Żmigrodzki 2000: 135), wie z. B.: • Relativsätze (23) […] die Erfahrung machen können, die ihm sein konservativer Vorgänger voraushatte (Popadić 1971: 52; Hervorhebung S. K.) (24) Er ertappte sich bei […] Entscheidungen, die er nur traf, um sich eine Last vorläufig vom Hals zu schaffen (Storrer 2013: 203; Hervorhebung S. K.) • Konjunktionalsätze (25) …, vielleicht konnten Sie ihn auf den Gedanken bringen, daß ich dringend Geld brauche. (Hinderdael 1985: 266; Hervorhebung S. K.) • Infinitivsätze (26) Als Glaubensgemeinschaft darf sie selber bei allem kirchlichen und gesellschaftlichen Einsatz nicht in die Versuchung geraten, auf die eigenen Leistungen statt auf Gott zu vertrauen. (Hinderdael 1985: 265; Hervorhebung S. K.) • Direkte Rede (27) Wer … vor Augen hält, kann sehr wohl auf den Gedanken kommen: Ist hier aus der Botschaft vom wirklichen Jesus von Nazaret [sic! ] nicht ein Erzählen von „Göttergeschichten“, also „Mythologie“ geworden? (Hinderdael 1985: 266) • Indirekte Rede (28) …, daß ich niemals auf die Vermutung gekommen bin, diese Vorrichtung, …, könne schon seit langem gar keinen Zweck mehr erfüllen (Hinderdael 1985: 266) In den Beispielen werden die Funktionsnomen Erfahrung , Entscheidung , Gedanken und Versuchung um Relativ-, Konjunktional- und Infinitivsätze sowie 3.1. Erweiterung der Nominalphrase 87 direkte und indirekte Rede erweitert und bilden satzförmige Erweiterungen im weiteren Sinn (vgl. Ágel 2017). 98 Unter den aufgeführten Relativsätzen werden in der Forschungsliteratur zwei Typen unterschieden, nämlich Relativsatz Typ 1, bei dem das Funktionsverbgefüge im Matrixsatz steht und das Funktionsnomen durch einen Relativsatz erweitert wird, z. B. (23) Erfahrung machen, die […] (vgl. Popadić 1971: 52; Storrer 2006a: 173). Bei Relativsätzen des zweiten Typs werden die Funktionsnomen und -verben auf zwei Sätze verteilt: das Funktionsnomen wird um einen Relativsatz erweitert (vgl. Storrer 2006a: 173), in dem das Funktionsverb das Prädikat bildet, z. B. (24) Entscheidungen, die er nur traf. Für die aufgeführten Satztypen finden sich ähnliche Belege im Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): (29) […] hat bereits eine schwere Entscheidung getroffen, die das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet […]. 99 (30) Die Antworten, die er gibt, haben für seine Gesprächspartner häufig einen beleidigenden oder entlarvenden Charakter. 100 (31) Im Frühjahr 2011 wurde endgültig die Entscheidung seitens der Britischen Olympic Association getroffen, dass die Mannschaft an den Olympischen Spielen 2012 in London teilnehmen wird. 101 (32) Propst Mösner und Albin Schwaiger trafen schließlich die Entscheidung, die meteorologischen Beobachtungen […] fortzusetzen […]. 102 (33) […], indem er ihm 1903 die Frage stellte: "Kennen Sie Cézanne? " 103 (34) Auf diese Fragen gab ihm der fähigste unter den Befragten die Antwort, das Mittel, das man dazu benötige, sei nichts anderes als die Gerechtigkeit. 104 98 Satzförmige Erweiterungen im engeren Sinn beziehen sich auf Relativsatzerweiterungen, die syntaktisch in Nominalphrasen eingebettet sind (vgl. Duden 2009), d. h. lediglich wie in Beispiel (29) und (30). 99 WPD15 / B05.00721: Bad Boys II, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bad_ Boys_II: Wikipedia, 2015 100 WPD15 / K16.80801: Klein Fritzchen, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Klein_Fritzchen: Wikipedia, 2015 101 WPD15 / B32.50216: Britische Männer-Handballnationalmannschaft, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Britische_Männer-Handballnationalmannschaft: Wikipedia, 2015 102 WPD15 / M28.21039: Miley Cyrus, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Miley_Cyrus: Wikipedia, 2015 103 WPD15 / B27.71715: Bernard Berenson, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bernard_Berenson: Wikipedia, 2015 104 WPD15 / K66.16895: Kleitophon (Dialog), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kleitophon_(Dialog): Wikipedia, 2015 88 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien Die Funktionsnomen Frage , Antwort und Entscheidung werden in den Beispielen (29)-(34) satzförmig erweitert: Ein Relativsatz Typ 1 wird in (29) realisiert - Typ 2 in (30), ein Konjunktionalsatz in (31), ein Infinitivsatz in (32) sowie direkte Rede in (33) und indirekte in (34) (vgl. Hinderdael 1985: 165 f.; Ágel 2017: 770). Satzförmige Erweiterungen können in Bezug auf die Funktionsnomen verschiedene Funktionen erfüllen: Konjunktionalsätze können entsprechend ihrem Subjunktor verschiedene Illokutionstypen zum Ausdruck bringen, wie z. B. die Feststellung in (31), dass die Mannschaft an den Olympischen Spielen 2012 in London teilnehmen wird (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 84; Engel et al. 1999: 477). Relativsätze können Funktionsnomen modifizieren, spezifizieren und situieren, wie z. B. in (29) Entscheidung […], die das Verhältnis […] belastet im Sinne von ‚belastende Entscheidung‘ (vgl. Schmidt 1968: 49; Hinderdael 1985: 217 / 266; Seifert 2004: 105 ff.; Ágel 2017: 680 ff.; Engel et al. 1999: 477 ff.). Zudem nehmen die Relativpronomen die Funktionsnomen pronominal wieder auf, wodurch Informationen im Text weitergeführt werden können (vgl. Ágel 2017: 462 ff./ 687; Ágel 2017: 884; Engel et al. 1999: 477; von Polenz 2008: 264; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 104 ff.; Adamzik 2016: 268). Durch die Erweiterung als Satz können die Funktionsnomen zudem um komplexe Informationen erweitert werden, d. h. um weitere Prädikate, Subjekte und Objekte, wie in (34) das Mittel, das man dazu benötige, sei nichts anderes als die Gerechtigkeit , d. h. satzförmige Erweiterungen können weitere Nominalphrasen (s. Kap. 3.1.5), Adjektivphrasen (s. Kap. 3.1.2), Präpositionalphrasen (s. Kap. 3.1.6) sowie weitere Sätze einbetten, wodurch vielschichtige und komplexe Informationen komprimiert werden können (vgl. Daniels 1963: 231). Funktionsnomen können durch Sätze erweitert werden, wodurch komplexe Informationen im Text vermittelt werden können, wobei die Funktionsnomen nicht nur modifiziert und spezifiziert, sondern auch im Textverlauf weitergeführt werden können. Ich unterscheide die satzförmigen Erweiterungen der Funktionsnomen nach ihrem Satztyp. Funktionsnomen können durch verschieden komplexe sprachliche Einheiten erweitert werden. Unter den Erweiterungen der Funktionsnomen finden sich Artikelwörter, Adjektive, Nomen und Sätze, die weiter subklassifiziert werden können: Artikelwörter werden nach ihrer Artikelklasse, wie z. B. (un)bestimmer Artikel, Possessiv- oder Demonstrativartikel unterschieden. Adjektive können zum einen semantisch voneinander abgegrenzt werden, z. B. in Bezug auf qualifizierende oder quantifizierende Funktionen; und zum anderen nach ihrem Komplexitätsgrad bezüglich der Ko- und Subordination von Elementen in der Adjektivphrase. Unterschieden werden von diesen adjektivischen Erweiterungen Ableitungen des Funktionsverbs, die als Funktionsverb-Partizipien das 3.2. Valenz 89 Funktionsnomen attribuieren können, wie z. B. die gestellten Fragen . Nominale Erweiterungen können morphosyntaktisch voneinander abgegrenzt werden: Zum einen können Funktionsnomen mit anderen Nomen Komposita bilden, zum anderen kommen nominale Erweiterungen in Form von Genitiv- und Präpositionalphrasen vor. Satzförmige Erweiterungen der Funktionsnomen können nach ihrem Satztyp subklassifiziert werden. Die gelisteten syntaktischen Erweiterungsmöglichkeiten der Nominalphrasen werden in der Forschungsliteratur mit der Modifikation, Spezifikation, Perspektivierung, Verdichtung und der Wiederaufnahme in Verbindung gebracht und sind für die Analyse von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang relevant. Im Folgenden gehe ich auf die Valenz von Funktionsverbgefügen ein. 3.2. Valenz Unterschiedliche sprachliche Einheiten können miteinander verknüpft werden. Ihre Valenz bestimmt dabei durch die Eröffnung eines Satzrahmens - eines strukturellen Bauplans für die Bildung von grammatischen Sätzen -, welche Leerstellen mit welchen sprachlichen Einheiten besetzt werden können oder müssen (vgl. Reimann / Kessel 2005: 14; Ágel 2000: 16). In Abhängigkeit von der jeweiligen sprachlichen Einheit unterscheiden sich Satzbaupläne voneinander und ergeben auf der Ebene des Textes unterschiedliche Textmuster (vgl. Heringer 2015: 84). Im Zusammenhang mit Nomen-Verb-Verbindungen werden Valenzveränderungen im Kontrast zu ihren Basisverben thematisiert: Funktionsverbgefüge weisen im Vergleich mit den entsprechenden Basisverben oft andere Satzbaupläne auf, die sich insbesondere in der Anzahl und der Art der Aktanten von den Satzbauplänen der Basisverben unterscheiden (vgl. v. Polenz 1963, 1987; Heringer 1968, 1972; Heidolph et al. 1981; Hinderdael 1985; Zifonun 1997; Fabricius-Hansen 2006; Żmigrodzki 2000: 145 ff.; Jędrzejko 1992, 1996; Vetulani 2000: 44). Für die vorliegende Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang ist die Valenz als Analyseebene also relevant. Valenzmuster von Funktionsverbgefügen lassen sich jedoch aufgrund der Heterogenität der Gefüge (s. Kap. 1.1) nur schwer systematisieren (vgl. Zifonun et al. 1997: 1068f.). Für die Untersuchung der Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen im Textzusammenhang werden in Abschnitt 3.2.1.1 von Basisverben Valenzmuster der Gefüge sowie ein Kategoriensystem für die Korpusanalyse abgeleitet, das auf der Reduktion (s. Kap. 3.2.1.1) sowie Vereinheitlichung (s. Kap. 3.2.1.2) von Valenzmustern basiert. 90 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien 3.2.1. Valenzverschiebung Mit dem Begriff ‚Valenz‘ werden in der Linguistik semantisch-syntaktische Bindungsverhältnisse zwischen sprachlichen Einheiten bezeichnet (vgl. Ágel 2017: 269; Heringer 2015: 39; Helbig / Schenkel 2011: 12). Beschrieben werden sprachliche Elemente v. a. nach ihrer Wertigkeit, d. h. danach, wie viele Leerstellen für andere sprachliche Elemente eröffnet werden und wie diese Leerstellen semantisch-formal gefüllt werden müssen (vgl. Helbig / Schenkel 2011: 12). Als Valenzträger haben Prädikate die Eigenschaft, Ergänzungen an sich zu binden und sie formal und inhaltlich zu bestimmen (vgl. Ágel 2017: 262). Das Prädikat bestimmt, welche Aktanten mit welcher Notwendigkeit am Geschehen, d. h. im jeweiligen (Kon-)Text, beteiligt sind (vgl. Ágel 2017: 257; Fischer 2001: 259). Ein Verb wie gehen weist beispielsweise zwei Leerstellen für Aktanten auf: Eine Stelle für das Subjekt des Satzes (K sub ) und eine Leerstelle für eine Adverbativergänzung (K adv ), die den Zielort der Handlung beschreibt (vgl. E- VALBU 2019, gehen). 105 Da sowohl das Subjekt als auch die Adverbativergänzung in einem Satz, wie Ich gehe zur Uni , nicht weggelassen werden können, sind beide Ergänzungen obligatorische Aktanten von gehen . Daraus ergibt sich das folgende Valenzmuster für das Verb gehen (E- VALBU 2019, gehen): 106 Satzbauplan von gehen : K sub , K adv Die Notwendigkeit von sprachlichen Einheiten bemisst sich dabei einerseits nach der Notwendigkeit für eine bestimmte kommunikative Situation, zum anderen an der Notwendigkeit für die Kohärenz eines Textes (Storrer 1992: 105 ff.), d. h. dass unter bestimmten kontextuellen Bedingungen eine Adverbativergänzung, wie zur Uni , auch weggelassen werden könnte, z. B. wenn diese Information irrelevant ist oder bereits aus dem Kontext hervorgeht (vgl. Welke 1989: 5). Sprachliche Einheiten können also andere sprachliche Elemente an sich binden und ihre Form sowie Semantik vorherbestimmen. Valenzstrukturen sind jedoch nicht statisch, sondern sie können sich im Zuge von Wortbildungsprozessen, wie z. B. bei der Derivation von gehen zu runtergehen , verändern und es kann zu Valenzverschiebungen im Satzbauplan der Wortbildungsprodukte kommen (vgl. Ágel 2017: 619) - runtergehen hat beispielsweise keine Adverbativergänzung, sondern eine Akkusativergänzung etwas runtergehen , wie z. B. eine Treppe runtergehen (vgl. Ágel 2017: 619). Derartige Valenzverschiebungen sind auch in Bezug auf Funktionsverbgefüge zu beobachten, weil sie als Verbalabstrakta von Basisverben abgeleitet werden (vgl. Kamber 2008: 22 f./ 113, Helbig / Buscha 2011: 69; Hinderdael 1985: 647; Hasselberg 1994; Relleke 1974: 105 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400528/ 4 (letzter Zugriff: 10. 02. 2019). 106 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400528/ 4 (letzter Zugriff: 09. 02. 2019). 3.2. Valenz 91 2; grammis 2019: Verbgruppe als Prädikatsausdruck 107 ). Das Funktionsnomen Frage in Frage stellen beispielsweise steht in einem Ableitungsverhältnis mit dem Basisverb fragen: {frag} verbindet sich mit {e} zu dem Verbalsubstantiv Frage (vgl. Busch / Stenschke 2018: 105 ff.; Meibauer et al. 2015: 56, grammis 2019: Verbgruppe als Prädikatsausdruck 108 ), das sich mit einem passenden Funktionsverb zu einem Funktionsverbgefüge verbinden kann und ein eigenständiges Valenzmuster aufweist (vgl. Heidolph et al. 1981: 440; Hinderdael 1985: 645; Fabricius-Hansen 2006: 263; Stumpf 2019: 6; Wotjak 1992: 55). 1. {frag} + {e} = Frage 2. Frage + stellen = FVG 3. FVG + X = grammatischer Satz Sowohl das Basisverb fragen als auch das abgeleitete Nomen Frage und das Funktionsverb stellen weisen eine spezifische Valenzstruktur auf, die im Funktionsverbgefüge miteinander verschmilzt, d. h. sowohl das Valenzverhalten des Basisverbs fragen als auch des Funktionsverbs stellen ist im Funktionsverbgefüge Frage stellen implizit integriert (vgl. z. B. Heidolph et al. 1981: 440; Hinderdael 1985: 645; Fabricius-Hansen 2006: 263). Wenn das Basisverb fragen also einen Rezipienten im Satzbauplan aufweist, z. B. jemanden fragen , dann ist der Rezipient auch im Valenzmuster von Frage stellen , also jemandem eine Frage stellen , enthalten (vgl. Stumpf 2019: 8). In der Forschungsliteratur zur Valenz von Funktionsverbgefügen finden sich Generalisierungen. Beispielsweise würden präpositionale Funktionsverbgefüge eine Akkusativergänzung fordern, z. B. etwas in Gang bringen ; akkusativische Funktionsverbgefüge würden dagegen Dativergänzungen im Satzbauplan enthalten, wie z. B. jemandem eine Frage stellen (vgl. Heidolph et al. 1981: 440). Auf die akkusativischen Funktionsverbgefüge Frage stellen und Antwort geben lässt sich diese Generalisierung übertragen: Sowohl Frage stellen als auch Antwort geben können mit einer Dativergänzung realisiert werden, wie z. B. in stellt […] seiner Mutter Fragen 109 oder gibt […] den Medienberichten Antwort 110 (s. Kap. 3.2.1.1). Auf das akkusativische Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen lässt sich dieses Muster jedoch nicht anwenden, vgl. *jemandem eine Entscheidung treffen . 107 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2357 (letzter Zugriff: 09. 02. 2019). 108 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2357 (letzter Zugriff: 09. 02. 2019). 109 WPD15 / Q22.80624: Que Sera, Sera, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Que_Sera,_Sera: Wikipedia, 2015 110 WPD15 / B17.04315: Back to Basics (Christina-Aguilera-Album), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Back_to_Basics_(Christina-Aguilera-Album): Wikipedia, 2015 92 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien Einen für die vorliegende Arbeit geeigneten Vorschlag zur Ermittlung von Valenzstrukturen von Funktionsverbgefügen macht Fabricius-Hansen (2006), indem sie das Valenzmuster von Funktionsverbgefügen unter Berücksichtigung des Satzbauplans des zugrundeliegenden Basisverbs ableitet und am Beispiel von Kritik üben und Erlaubnis erteilen demonstriert: Liegt der nominalen Komponente ein transitives Verb zugrunde, wie z. B. jemand kritisiert jemanden , kann die Ergänzung präpositional (oder dativisch) mit dem Funktionsverbgefüge realisiert werden - mit der Valenzstruktur Jemand übt Kritik an jemandem (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 263; Hinderdael 1985: 646). Sieht der Satzbauplan des Basisverbs beispielsweise ein Dativobjekt vor, wie erlauben in jemand erlaubt jemandem etwas , dann wird dieses Dativobjekt in die Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges übertragen - Jemand erteilt jemandem eine Erlaubnis : 90 Alle üben Kritik [an[dem Chef]]. S UBJEKT , A GENS P RÄP .-O BJ . P ATIENS | Alle kritisieren S UBJEKT , A GENS | [den Chef]. A KK .-O BJ ., P ATIENS Abbildung 16: Kritik üben vs. kritisieren Man erteilte [dem Besitzer] die Erlaubnis umzubauen. S UBJEKT , A GENS D AT .-O BJ ., R EZIPIENT T HEMA | | | Man erlaubte [dem Besitzer] umzubauen. S UBJEKT , A GENS D AT .-O BJ ., R EZIPIENT T HEMA Abbildung 17: Erlaubnis erteilen vs. Erlauben (Fabricius-Hansen 2006: 263; Hervorhebung im Original) Die Akkusativergänzung von kritisieren wird zu einem Präpositionalobjekt 114 von Kritik üben , das Dativobjekt von erlauben wird als Dativobjekt in die Struktur von Erlaubnis erteilen übertragen, d.h. nur im Fall von Kritik üben liegt Valenzverschiebung vor. Wesentlich ist die Valenzverschiebung in Bezug auf den Textzusammenhang, weil durch den Prozess der Valenzverschiebung nicht nur andere Aktanten von einem Funktionsverbgefüge gefordert werden können, wie z.B. den Chef kritisieren vs. am Chef Kritik üben (vgl. Weisgerber 1958: 52; Daniels 1963: 218; Heringer 1966: 476; Hinderdael 1985: 215; 2006a: 174), sondern es können durch Verschiebungen der Valenz auch obligatorische Aktanten zu fakultativen werden (vgl. Burger 2015: 162; Storrer 2006a: 174; Vetulani 2000: 46f.). Ob also von einer Valenzverschiebung in Bezug auf die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben oder Entscheidung treffen ausgegangen werden kann, ist für jedes Gefüge im Einzelnen zu überprüfen. Da es bislang keine Valenz-Wörterbücher für Funktionsverbgefüge gibt, werden im Folgenden die Valenzmuster der untersuchten Gefüge nach dem vorgestellten Vorgehen von Fabricius-Hansen (2006) abgeleitet und auf Verschiebung und Reduktion im Vergleich mit den Basisverben überprüft. 114 Zum Status der PP zum NVG gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einerseits wird der Objektstatus postuliert (z.B. Fabricius-Hansen 2006), andererseits gibt es Argumente dafür, dass es sich um ein Präpositionalattribut handelt (z.B. Hinderdael 1985; Storrer 2013; s. a. die Diskussion in Eisenberg 2004, 306). Abbildung 16: Kritik üben vs. kritisieren 90 Alle üben Kritik [an[dem Chef]]. S UBJEKT , A GENS P RÄP .-O BJ . P ATIENS | | Alle kritisieren [den Chef]. S UBJEKT , A GENS A KK .-O BJ ., P ATIENS Abbildung 16: Kritik üben vs. kritisieren Man die Erlaubnis umzubauen. S UBJEKT , A GENS T HEMA | T HEMA | [dem Besitzer] D AT .-O BJ ., R EZIPIENT | [dem Besitzer] D AT .-O BJ ., R EZIPIENT Man umzubauen. S UBJEKT , A GENS erteilte erlaubte Abbildung 17: Erlaubnis erteilen vs. Erlauben (Fabricius-Hansen 2006: 263; Hervorhebung im Original) Die Akkusativergänzung von kritisieren wird zu einem Präpositionalobjekt 114 von Kritik üben , das Dativobjekt von erlauben wird als Dativobjekt in die Struktur von Erlaubnis erteilen übertragen, d.h. nur im Fall von Kritik üben liegt Valenzverschiebung vor. Wesentlich ist die Valenzverschiebung in Bezug auf den Textzusammenhang, weil durch den Prozess der Valenzverschiebung nicht nur andere Aktanten von einem Funktionsverbgefüge gefordert werden können, wie z.B. den Chef kritisieren vs. am Chef Kritik üben (vgl. Weisgerber 1958: 52; Daniels 1963: 218; Heringer 1966: 476; Hinderdael 1985: 215; 2006a: 174), sondern es können durch Verschiebungen der Valenz auch obligatorische Aktanten zu fakultativen werden (vgl. Burger 2015: 162; Storrer 2006a: 174; Vetulani 2000: 46f.). Ob also von einer Valenzverschiebung in Bezug auf die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben oder Entscheidung treffen ausgegangen werden kann, ist für jedes Gefüge im Einzelnen zu überprüfen. Da es bislang keine Valenz-Wörterbücher für Funktionsverbgefüge gibt, werden im Folgenden die Valenzmuster der untersuchten Gefüge nach dem vorgestellten Vorgehen von Fabricius-Hansen (2006) abgeleitet und auf Verschiebung und Reduktion im Vergleich mit den Basisverben überprüft. 114 Zum Status der PP zum NVG gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einerseits wird der Objektstatus postuliert (z.B. Fabricius-Hansen 2006), andererseits gibt es Argumente dafür, dass es sich um ein Präpositionalattribut handelt (z.B. Hinderdael 1985; Storrer 2013; s. a. die Diskussion in Eisenberg 2004, 306). Abbildung 17: Erlaubnis erteilen vs. Erlauben (Fabricius-Hansen 2006: 263; Hervorhebung im Original) Die Akkusativergänzung von kritisieren wird zu einem Präpositionalobjekt 111 von Kritik üben , das Dativobjekt von erlauben wird als Dativobjekt in die Struk- 111 Zum Status der PP zum NVG gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einerseits wird der Objektstatus angenommen (z. B. Fabricius-Hansen 2006), andererseits gibt es Argumente dafür, dass es sich um ein Präpositionalattribut handelt (z. B. Hinderdael 1985; Storrer 2013; s. a. die Diskussion in Eisenberg 2004, 306). 3.2. Valenz 93 tur von Erlaubnis erteilen übertragen, d. h. nur im Fall von Kritik üben liegt Valenzverschiebung vor. Wesentlich ist die Valenzverschiebung in Bezug auf den Textzusammenhang, weil durch den Prozess der Valenzverschiebung nicht nur andere Aktanten von einem Funktionsverbgefüge gefordert werden können, wie z. B. den Chef kritisieren vs. am Chef Kritik üben (vgl. Weisgerber 1958: 52; Daniels 1963: 218; Heringer 1966: 476; Hinderdael 1985: 215; 2006a: 174), sondern es können durch Verschiebungen der Valenz auch obligatorische Aktanten zu fakultativen werden (vgl. Burger 2015: 162; Storrer 2006a: 174; Vetulani 2000: 46 f.). Ob also von einer Valenzverschiebung in Bezug auf die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben oder Entscheidung treffen ausgegangen werden kann, ist für jedes Gefüge im Einzelnen zu überprüfen. Da es bislang keine Valenz-Wörterbücher für Funktionsverbgefüge gibt, werden im Folgenden die Valenzmuster der untersuchten Gefüge nach dem vorgestellten Vorgehen von Fabricius-Hansen (2006) abgeleitet und auf Verschiebung und Reduktion im Vergleich mit den Basisverben überprüft. 3.2.1.1. Ableitung von Valenzstrukturen Die Grundlage für die Ableitung der Valenzmuster der Gefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen bilden die Ausführungen von Fabricius-Hansen (2006) zur Valenz von Funktionsverbgefügen (s. Kap. 3.2.1): Durch die Analyse der Valenzstruktur des Basisverbs kann der Satzbauplan von Funktionsverbgefügen hergeleitet werden, d.h. die im Valenzmuster enthaltenen Aktanten des Funktionsverbgefüges können aus dem Valenzmuster der zugrundeliegenden Basisverben fragen , antworten und entscheiden abgeleitet werden. Für die vorliegende Arbeit ist die Ableitung des Valenzmusters der ausgewählten Funktionsverbgefüge relevant, weil genaue Aussagen über die Informationsstruktur von Funktionsverbgefügen getroffen werden können, wenn der Satzbauplan der Funktionsverbgefüge bekannt ist, d.h. wenn die Valenzstruktur der Gefüge bestimmt ist, können strukturelle Abweichungen, wie z.B. das Auslassen von Mitspielern im Text, dokumentiert werden. Der Vergleich der Valenzstrukturen von Basisverb und Funktionsverbgefüge zeigt, ob bzw. inwiefern von Valenzveränderungen in Bezug auf die untersuchten Funktionsverbgefüge gesprochen werden kann, was anschließend die Grundlage für die Ableitung des Kategoriensystems für die Untersuchung von Funktionsverbgefügen auf der Analyseebene der Valenz, d.h. in Bezug auf die Realisierung von Aktanten im Text, bildet. In Abschnitt 3.2.1.1.1 gehe ich auf die Funktionsverbgefüge-Basisverb-Paarung fragen vs. Frage stellen ein, in 3.2.1.1.2 auf antworten vs. Antwort geben und in Abschnitt 3.2.1.1.3 thematisiere ich die Paarung entscheiden vs. Entscheidung treffen. 94 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien 3.2.1.1.1. fragen vs. Frage stellen Die Ableitung der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges Frage stellen beginnt bei der Ermittlung des Valenzmusters des Basisverbs fragen , für das das Valenzwörterbuch E-VALBU den folgenden Satzbauplan vorschlägt (vgl. E-VAL- BU 2019: fragen): 112 Satzbauplan von fragen : K Sub , (K1 Akk ), (K2 Akk ) Die Valenzstruktur von fragen enthält dem Satzbauplan zufolge ein obligatorisches Subjekt (K Sub ) und zwei weitere, aber fakultative Ergänzungen im Akkusativ (K1 Akk , K2 Akk ) mit jemand fragt (jemanden) (etwas) als vollständiges Valenzmuster des Verbs fragen. Das Verb fragen kann jedoch auch präpositional durch nach ergänzt werden (E- VALBU 2019: fragen 113 ). Das Valenzmuster von fragen nach ist für die Bestimmung der Valenz des Funktionsverbgefüges Frage stellen wesentlich, weil sich die Valenz dieser Basisverbvariante auf die Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges übertragen kann (s. u. Satzbauplan von Frage stellen ), vgl. den folgenden Satzbauplan von fragen nach (E-VALBU 2019: fragen nach 114 ): Satzbauplan von fragen nach : K Sub , (K Akk ), K Prp Der Satzbauplan des Basisverbs fragen nach hat zwei obligatorische Aktanten: das Subjekt (K Sub ) und eine Präpositivergänzung (K Prp ), die Akkusativergänzung ist, wie bei etwas fragen , fakultativ (K Akk ), vgl. z. B. jemand fragt (jemanden) nach jemandem / etwas . Aus den Valenzmustern der möglichen Basisverben wird für Frage stellen der folgende Satzbauplan hergeleitet (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 261): 93 Alle stellen [dem Chef] Fragen [nach mehr Gehalt]. S UBJEKT , A GENS D AT .-O BJ . P RÄP .-O BJ . | | | Alle fragen [den Chef] [etwas]/ nach mehr Gehalt. S UBJEKT , A GENS A KK .-O BJ . A KK .-O BJ ./ P RÄP .-O BJ . Abbildung 18: Frage stellen vs. fragen Das Valenzmuster des Funktionsverbgefüges Frage stellen setzt sich aus einem Subjekt (K sub ), einer Dativergänzung (K Dat ) und einer Präpositivergänzung (K Prp ) zusammen. Da ein Satz wie Alle stellen Fragen als grammatisch eingestuft werden kann, ist sowohl die Dativergänzung als auch die Präpositivergänzung fakultativ. Damit lässt sich der folgende Satzbauplan für Frage stellen ableiten: Satzbauplan von Frage stellen : K Sub , K Frage , (K Dat ), (K Prp ) Vergleicht man nun die Valenzstruktur des Basisverbs fragen (K Sub , (K1 Akk) , (K2 Akk )) bzw. fragen nach (K Sub , (K Akk ), K Prp ) mit dem Satzbauplan des Funktionsverbgefüges Frage stellen (K Sub , K Frage (K Dat ), (K Prp )), so verändert sich zwar nicht die Anzahl der Aktanten - denn die Valenzstrukturen sind dreistellig - ich zähle das Funktionsnomen nicht als Aktanten der Valenzstruktur des Gefüges - , sondern die Veränderung betrifft einerseits die Akkusativergänzung den Chef in der Valenz der Basisverben, die als Dativergänzung dem Chef beim Funktionsverbgefüge realisiert wird, und andererseits betrifft die Veränderung die Präpositivergänzung des Basisverbs fragen nach , z.B. nach mehr Gehalt , die in der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges Frage stellen fakultativ ist, vgl. die Satzstrukturen in der folgenden Übersicht: Satzbauplan von fragen vs. Frage stellen : fragen : K Sub , (K1 Akk ), (K2 Akk ) fragen nach : K Sub , (K Akk ), K Prp Frage stellen : K Sub , K Frage , (K Dat ), (K Prp ) Abbildung 18: Frage stellen vs. fragen 112 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400607/ 1 (letzter Zugriff: 07. 02. 2019); die Zahlen der Akkusativergänzung K1 und K2 habe ich ergänzt (S. K.). 113 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbvalenz/ 400607 (letzter Zugriff: 07. 02. 2019). 114 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400607/ 2 (letzter Zugriff: 07. 02. 2019). 3.2. Valenz 95 Das Valenzmuster des Funktionsverbgefüges Frage stellen setzt sich aus einem Subjekt (K sub ), einer Dativergänzung (K Dat ) und einer Präpositivergänzung (K Prp ) zusammen. Da ein Satz wie Alle stellen Fragen als grammatisch eingestuft werden kann, ist sowohl die Dativergänzung als auch die Präpositivergänzung fakultativ. Damit lässt sich der folgende Satzbauplan für Frage stellen ableiten: Satzbauplan von Frage stellen : K Sub , K Frage , (K Dat ), (K Prp ) Vergleicht man nun die Valenzstruktur des Basisverbs fragen (K Sub , (K1 Akk) , (K2 Akk )) bzw. fragen nach (K Sub , (K Akk ), K Prp ) mit dem Satzbauplan des Funktionsverbgefüges Frage stellen (K Sub , K Frage (K Dat ), (K Prp )), so verändert sich zwar nicht die Anzahl der Aktanten - denn die Valenzstrukturen sind dreistellig - ich zähle das Funktionsnomen nicht als Aktanten der Valenzstruktur des Gefüges - , sondern die Veränderung betrifft einerseits die Akkusativergänzung den Chef in der Valenz der Basisverben, die als Dativergänzung dem Chef beim Funktionsverbgefüge realisiert wird, und andererseits betrifft die Veränderung die Präpositivergänzung des Basisverbs fragen nach , z. B. nach mehr Gehalt , die in der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges Frage stellen fakultativ ist, vgl. die Satzstrukturen in der folgenden Übersicht: Satzbauplan von fragen vs. Frage stellen : fragen : K Sub , (K1 Akk ), (K2 Akk ) fragen nach : K Sub , (K Akk ), K Prp Frage stellen : K Sub , K Frage , (K Dat ), (K Prp ) Das Valenzmuster von Frage stellen weist zwar dieselbe Anzahl an Aktanten wie die Basisverben fragen und fragen nach auf, es fehlen jedoch die Akkusativergänzungen im Valenzmuster des Funktionsverbgefüges, die stattdessen als Dativergänzung realisiert werden (vgl. Heidolph et al. 1981: 440; Fabricius-Hansen 2006: 261; Żmigrodzki 2000: 145 ff.; Jędrzejko 1992, 1996). Im Gegensatz zum Valenzmuster von fragen nach ist die nach -Präpositivergänzung in der Valenz von Frage stellen fakultativ, d. h. die Valenz des Funktionsverbgefüges ist um einen obligatorischen Aktanten reduziert (vgl. Ágel 2017: 617 f.; Starke 1969: 181; Żmigrodzki 2000: 145 ff.; Jędrzejko 1992, 1996), vgl. die folgenden Beispiele für das Valenzmuster von Frage stellen : K Sub , K Frage (K Dat ), (K Prp ) aus dem Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): 96 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien (1) Im Lied stellt ein Mädchen Sub seiner Mutter Dat Fragen nach der Zukunft Prp . 115 (2) Bei einer öffentlichen Anhörung stellt sie Sub Finley Dat unangenehme Fragen. 116 (3) Dabei stellte er Sub mehrfach die Frage nach einem übermäßigen Alkoholgenuss von Präsident Kaczyński Prp . 117 (4) Einer Sub erzählt sein Problem und stellt eine damit verbundene Frage. 118 In (1) zeigt sich das vollständige Valenzmuster von Frage stellen: K sub wird durch ein Mädchen realisiert, K Dat durch seiner Mutter und K Prp durch nach der Zukunft . Dass die Dativergänzung seiner Mutter und die Präpositivergänzung nach der Zukunft als fakultativ eingestuft werden können, zeigt die Weglassprobe (vgl. Ágel 2017: 259), denn ein Satz wie Im Lied stellt ein Mädchen Fragen ist auch ohne die Dativ- und Präpositivergänzung grammatisch. Gestützt wird diese Annahme von den Beispielen (2), (3) und (4), denn in (2) fehlt die Präpositivergänzung, d. h. nur die Dativergänzung Finley wird realisiert, in (3) wird nur die Präpositivergänzung nach einem übermäßigen Alkoholgenuss von Präsident Kaczyński ohne eine Dativergänzung verbalisiert und in (4) wird das Funktionsverbgefüge Frage stellen in seiner Minimalstruktur, d. h. ohne Ergänzungen realisiert. Das Valenzmuster ist also nur in (1) vollständig, in allen anderen Belegen fehlen entweder die Dativ- und Präpositivergänzung oder beide Ergänzungen. Für die Ebene des Textes ist die Möglichkeit zur Einsparung von Aktanten wesentlich, weil sich so unterschiedliche Möglichkeiten für die Vertextung von Informationen ergeben: Durch die Reduktion von Aktanten können Informationen in Selektion realisiert werden, wodurch andere Inhalte fokussiert werden können (vgl. Seifert 2004: 105 / 194; Burger 2015: 162; Hinderdael 1985: 647; Schwarz-Friesel-Consten 2014: 134). Zudem können die Äußerungen durch die fehlenden Ergänzungen generalisiert werden, wodurch Sachverhalte nicht nur verkürzt, sondern dadurch auch auf eine bestimmte Weise perspektiviert werden können (vgl. Rensky 1966: 295; Popadić 1971: 40; Helbig 1984: 176 f.; Yuan 1987: 196 ff.; Hinderdael 1985: 214; Heidolph et al. 1984: 439; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 101 / 214 ff.). 115 WPD15 / Q22.80624: Que Sera, Sera, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Que_Sera,_Sera: Wikipedia, 2015 116 WPD15 / D38.16469: Die Farmerstochter, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Die_Farmerstochter: Wikipedia, 2015 117 WPD15 / J41.93412: Janusz Palikot, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Janusz_Palikot: Wikipedia, 2015 118 WPD15 / K16.50635: Kollegiale Beratung, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kollegiale_Beratung: Wikipedia, 2015 3.2. Valenz 97 Das Funktionsverbgefüge Frage stellen kann mit Dativ- und Präpositivergänzungen realisiert werden, die in der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges fakultativ sind. Die Möglichkeit zur Einsparung von Aktanten wird mit der Verdichtung und Perspektivierung von Informationen in Verbindung gebracht. In der Analyse der Valenz von Frage stellen wird nach Vollständigkeit des Musters unterschieden. Im Folgenden gehe ich auf das Valenzmuster von Antwort geben ein. 3.2.1.1.2 .antworten vs. Antwort geben Die Ableitung der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges Antwort geben beginnt bei der Ermittlung des Valenzmusters des Basisverbs antworten , für das das Valenzwörterbuch E-VALBU den folgenden Satzbauplan vorschlägt (E-VAL- BU 2019: antworten 119 ): Satzbauplan von antworten : K Sub , (K Akk ), (K Dat ), (K Prp ) Die Valenzstruktur des Basisverbs antworten weist insgesamt vier Leerstellen für Aktanten auf: ein obligatorisches Subjekt (K Sub ) und drei fakultative Ergänzungen, und zwar eine Akkusativergänzung (K Akk ), eine Dativergänzung (K Dat ) sowie eine Präpositivergänzung (K prp ) mit dem Strukturbeispiel jemand antwortet (jemandem) (etwas) (auf etwas). Aus dem Valenzmuster des Basisverbs wird für Antwort geben der folgende Satzbauplan hergeleitet (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 261): 96 Akkusativergänzung (K Akk ), eine Dativergänzung (K Dat ) sowie eine Präpositivergänzung (K prp ) mit dem Strukturbeispiel jemand antwortet (jemandem) (etwas) (auf etwas). Aus dem Valenzmuster des Basisverbs wird für Antwort geben der folgende Satzbauplan hergeleitet (vgl. Fabricius- Hansen 2006: 261): Alle geben [der Che�in] Antworten S UBJEKT , A GENS D AT .-O BJ . | | [auf ihre Fragen]. P RÄP .-O BJ . | [auf ihre Frage]. P RÄP .-O BJ . Alle antworten [der Che�in] S UBJEKT , A GENS D AT .-O BJ . [etwas] A KK .-O BJ . Abbildung 19: Antwort geben vs. antworten Das Valenzmuster von Antwort geben setzt sich aus einem Subjekt (K sub ), einer Dativergänzung (K Dat ) und einer Präpositivergänzung (K Prp ) zusammen mit jemand gibt (jemandem) Antwort (auf etwas) als Strukturbeispiel. Ein Antwort-geben -Satz, wie z.B. Alle geben Antwort , ist auch ohne eine Dativ- oder Präpositivergänzung grammatisch und die Ergänzungen können als fakultativ eingestuft werden. Der Satzbauplan des Funktionsverbgefüges Antwort geben lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Satzbauplan von Antwort geben : K Sub , K Antwort (K Dat ), (K Prp ) Verglichen mit der Valenzstruktur des Basisverbs antworten (K Sub , (K Akk ), (K Dat ), (K Prp )) mit der des Funktionsverbgefüges Antwort geben (K Sub , K Antwort , (K Dat ), (K Prp )), ist eine Veränderung hinsichtlich der Anzahl der Aktanten festzustellen: Das Basisverb antworten weist insgesamt vier Aktanten auf, drei fakultative und einen obligatorischen, das Funktionsverbgefüge Antwort geben dagegen nur drei, nämlich z.B. alle , der Che�in und auf ihre Fragen , d.h. ein obligatorisches und zwei fakultative: Die Akkusativergänzung etwas aus der Basisverbvalenz alle antworten der Che�in etwas fehlt in der Struktur des Funktionsverbgefüges. Beide Strukturen, also sowohl Basisverb als auch Funktionsverbgefüge, enthalten eine Dativ- und eine Präpositivergänzung, also der Che�in und auf ihre Fragen , die den Rezipienten und das Thema der Antwort bzw. der antworten- Handlung bezeichnen. Bis auf die fehlende Akkusativergänzung in der Valenzstruktur von Abbildung 19: Antwort geben vs. antworten Das Valenzmuster von Antwort geben setzt sich aus einem Subjekt (K sub ), einer Dativergänzung (K Dat ) und einer Präpositivergänzung (K Prp ) zusammen mit jemand gibt (jemandem) Antwort (auf etwas) als Strukturbeispiel. Ein Antwort-ge- 119 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400306/ 1 (letzter Zugriff: 11. 02. 2019). 98 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien ben -Satz, wie z. B. Alle geben Antwort , ist auch ohne eine Dativ- oder Präpositivergänzung grammatisch und die Ergänzungen können als fakultativ eingestuft werden. Der Satzbauplan des Funktionsverbgefüges Antwort geben lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Satzbauplan von Antwort geben : K Sub , K Antwort (K Dat ), (K Prp ) Verglichen mit der Valenzstruktur des Basisverbs antworten (K Sub , (K Akk ), (K Dat ), (K Prp )) mit der des Funktionsverbgefüges Antwort geben (K Sub , K Antwort , (K Dat ), (K Prp )), ist eine Veränderung hinsichtlich der Anzahl der Aktanten festzustellen: Das Basisverb antworten weist insgesamt vier Aktanten auf, drei fakultative und einen obligatorischen, das Funktionsverbgefüge Antwort geben dagegen nur drei, nämlich z. B. alle , der Chefin und auf ihre Fragen , d. h. ein obligatorisches und zwei fakultative: Die Akkusativergänzung etwas aus der Basisverbvalenz alle antworten der Chefin etwas fehlt in der Struktur des Funktionsverbgefüges. Beide Strukturen, also sowohl Basisverb als auch Funktionsverbgefüge, enthalten eine Dativ- und eine Präpositivergänzung, also der Chefin und auf ihre Fragen , die den Rezipienten und das Thema der Antwort bzw. der antworten- Handlung bezeichnen. Bis auf die fehlende Akkusativergänzung in der Valenzstruktur von Antwort geben verhalten sich die Satzbaupläne von Funktionsverbgefüge und Basisverb ähnlich, vgl. die folgende zusammenfassende Übersicht: Satzbauplan von antworten vs. Antwort geben : antworten : K Sub , (K Akk ), (K Dat ), (K Prp ) Antwort geben : K Sub , K Antwort , (K Dat ), (K Prp ) Sowohl das Valenzmuster des Basisverbs antworten als auch das des Funktionsverbgefüges Antwort geben weist eine fakultative Dativ- und eine fakultative Präpositivergänzung auf, d. h. es kommt in den Strukturen von antworten und Antwort geben zu Valenzübertragung - die Valenzstruktur des Basisverbs überträgt sich auf die Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 263). Der Unterschied in der Valenzstruktur der beiden Konstruktionstypen liegt in der fakultativen Akkusativergänzung des Basisverbs antworten , die im Satzbauplan des Funktionsverbgefüges Antwort geben nicht vorhanden ist, d. h. es kommt zu Valenzreduktion (vgl. Ágel 2017: 617 f.; Hinderdael 1985: 215), vgl. nun die folgenden Beispiele aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): 3.2. Valenz 99 (5) Da Jahwe Sub ihm Dat auf seine Fragen Prp keine Antwort gab, […] suchte er nach einem "Weib, das einen Wahrsagegeist hat", und fand dieses in der Totenbeschwörerin von Endor. 120 (6) Und er Sub gibt auch eine Antwort auf diese Frage Prp […]. 121 (7) In ihrem Lied Still Dirrty [sic! ] gibt Aguilera Sub den Medienberichten Dat Antwort, die behaupteten, sie sei brav geworden. 122 (8) Auch dieses Mal gab Karl Sub eine negative Antwort. 123 Vollständig zeigt sich das Valenzmuster von Antwort geben K sub , K Antwort (K Dat ), (K Prp ) in (5): K sub wird durch Jahwe realisiert, K Dat durch ihm und K Prp durch auf seine Fragen . Weil ein Satz wie Da Jahwe keine Antwort gab , also ohne Dativ- und Präpositivergänzung, grammatisch ist, kann K sub als einzige obligatorische Ergänzung von Antwort geben eingestuft werden. Dass sowohl die Dativals auch die Präpositivergänzung als fakultativ klassifiziert werden können, bestätigen die Belege (6), (7) und (8), in denen diese Leerstellen nicht besetzt sind: In (6) wird nur die Präpositivergänzung durch auf diese Frage ohne Dativergänzung realisiert, in (7) ist die Dativergänzung den Medienberichten ohne eine Präpositivergänzung besetzt, in (8) fehlen sowohl die Dativals auch die Präpositivergänzung, d. h. in (8) zeigt sich die Minimalstruktur des Gefüges. In (5) ist der Satzbauplan von Antwort geben vollständig, in (6), (7) und (8) unvollständig, also reduziert realisiert. Es fehlt entweder eine der beiden möglichen Ergänzungen oder wie in (8) beide Ergänzungen, d. h. die Korpusbelege können danach kategorisiert werden, ob und welche Aktanten vorhanden bzw. nicht vorhanden sind. Dass Aktanten in der Valenzstruktur eingespart werden können, ist für die Ebene des Textes wesentlich, weil sich dadurch unterschiedliche Möglichkeiten für die Strukturierung von Informationen im Text ergeben, z. B. durch die Reduktion von irrelevanten sowie zu vermeidenden Informationen (vgl. Seifert 2004: 194; Burger 2015: 162; Hinderdael 1985: 647). Andere Informationen können so selektiv fokussiert und betont werden (vgl. Seifert 2004: 105; Schwarz-Friesel-Consten 2014: 134). Zudem können die Informationen im Text durch die Einsparung von Aktanten verdichtet und die Äußerungen können verallgemeinert 120 WPD15 / H01.70948: Hexe von Endor, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Hexe_von_Endor: Wikipedia, 2015 121 WPD15 / A62.00199: Abraham Nehmé, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Abraham_Nehmé: Wikipedia, 2015 122 WPD15 / B17.04315: Back to Basics (Christina-Aguilera-Album), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Back_to_Basics_(Christina-Aguilera-Album): Wikipedia, 2015 123 WPD15 / B17.39118: Belagerung von Nizza (1543), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Belagerung_von_Nizza_(1543): Wikipedia, 2015 100 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien werden (vgl. Rensky 1966: 295; Popadić 1971: 40; Helbig 1984: 176 f.; Yuan 1987: 196 ff.; Hinderdael 1985: 214; Heidolph et al. 1984: 439), wodurch Sachverhalte so nicht nur generalisiert und verkürzt, sondern dadurch auch perspektiviert werden können (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 101 / 214 ff.). Das Funktionsverbgefüge Antwort geben kann mit Dativ- und Präpositivergänzungen realisiert werden, die in der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges fakultativ sind. Die Möglichkeit zur Einsparung von Aktanten wird mit der Verdichtung und Perspektivierung von Informationen in Verbindung gebracht. In der Analyse der Valenz von Antwort geben wird nach Vollständigkeit des Musters unterschieden. Im Folgenden gehe ich auf das Valenzmuster von Entscheidung treffen ein. 3.2.1.1.3. entscheiden vs. Entscheidung treffen Die Ableitung der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges Entscheidung treffen beginnt bei der Ermittlung des Valenzmusters des Basisverbs entscheiden , für das das Valenzwörterbuch E- VALBU den folgenden Satzbauplan vorschlägt (E- VALBU 2019: entscheiden 124 ): Satzbauplan von entscheiden : K Sub , K Akk Das Basisverb entscheiden hat in seiner Valenzstruktur zwei obligatorische Aktanten 125 , ein Subjekt und eine Akkusativergänzung mit dem Strukturbeispiel jemand / etwas entscheidet etwas (E- VALBU 2019: entscheiden 1 126 ; 2 127 ). Da sich Strukturen von Basisverbvarianten auf die Valenz von Funktionsverbgefügen übertragen können (s. Satzbauplan von Entscheidung treffen ), ist für die Ableitung der Valenzstruktur von Entscheidung treffen das Valenzmuster einer weiteren Lesart des Basisverbs wesentlich, nämlich von entscheiden über , der 124 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400485/ 1 (letzter Zugriff: 08. 02. 2019). 125 Wenn Sätze, wie z. B. Sie fragen oder Sie antworten , d. h. ohne eine Akkusativergänzungen als grammatisch eingestuft werden, dann müsste konsequenterweise auch Sie entscheiden grammatisch sein (s. Kap. 3.2.1.1.2; 3.2.1.1.1). Ob die Akkusativergänzung fakultativ ist, entscheidet die Notwendigkeit von Aktanten in einer bestimmten Kommunikationssituation, d. h. die Notwendigkeit wird vom Kontext bestimmt (vgl. Storrer 1992: 105 ff.). 126 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400485/ 1 (letzter Zugriff: 08. 02. 2019). 127 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400485/ 3 (letzter Zugriff: 08. 02. 2019). 3.2. Valenz 101 präpositionalen Variante des Basisverbs, für die in E- VALBU der folgende Satzbauplan angegeben wird (E- VALBU 2019: entscheiden über 128 ): Satzbauplan von entscheiden über : K Sub , K Prp Die Valenzstruktur von entscheiden über weist zwei Leerstellen für obligatorische Aktanten auf, ein Subjekt und eine Präpositivergänzung, d. h. diese Basisverbvariante ist nicht transitiv, sondern intransitiv (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 263). Aus dem Valenzmuster des intransitiven Basisverbs wird für Entscheidung treffen der folgende Satzbauplan nach Fabricius-Hansen (2006: 261) hergeleitet: 100 Die Valenzstruktur von entscheiden über weist zwei Leerstellen für obligatorische Aktanten auf, ein Subjekt und eine Präpositivergänzung, d.h. diese Basisverbvariante ist nicht transitiv, sondern intransitiv (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 263). Aus dem Valenzmuster des intransitiven Basisverbs wird für Entscheidung treffen der folgende Satzbauplan nach Fabricius-Hansen (2006: 261) hergeleitet: Sie treffen die Entscheidungen [über das weitere Vorgehen]. S UBJEKT , A GENS Akk.-Obj. P RÄP .-O BJ . | | Sie entscheiden über / das weitere Vorgehen. S UBJEKT , A GENS P RÄP .-O BJ . / A KK .-O BJ . Abbildung 20: Entscheidung treffen vs. entscheiden Das Valenzmuster von Entscheidung treffen setzt sich aus einem Subjekt (K sub ) und einer Präpositivergänzung (K Prp ) zusammen, wie z.B. jemand trifft eine Entscheidung über etwas . Ein reduzierter Entscheidung-treffen -Satz, wie Sie treffen eine Entscheidung , d.h. ohne die Präpositivergänzung, ist als grammatisch einzustufen und bildet deswegen die Minimalstruktur des Satzbauplans von Entscheidung treffen . Die Präpositivergänzung kann demzufolge als fakultativ eingestuft werden. Der Satzbauplan für Entscheidung treffen lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Satzbauplan von Entscheidung treffen : K Sub , K Entscheidung , (K Prp ) Verglichen mit der Valenzstruktur des Basisverbs entscheiden (K Sub , K Akk ) bzw. entscheiden über (K sub , K prp ) mit der des Funktionsverbgefüges Entscheidung treffen (K Sub , K Entscheidung , (K Prp )), ergeben sich die folgenden Veränderungen in der Valenzstruktur der beiden Konstruktionstypen: Satzbauplan von entscheiden vs. Entscheidung treffen : entscheiden : K Sub , K Akk entscheiden über : K Sub , K Prp Entscheidung treffen : K Sub , K Entscheidung , (K Prp ) Abbildung 20: Entscheidung treffen vs. entscheiden Das Valenzmuster von Entscheidung treffen setzt sich aus einem Subjekt (K sub ) und einer Präpositivergänzung (K Prp ) zusammen, wie z. B. jemand trifft eine Entscheidung über etwas . Ein reduzierter Entscheidung-treffen -Satz, wie Sie treffen eine Entscheidung , d. h. ohne die Präpositivergänzung, ist als grammatisch einzustufen und bildet deswegen die Minimalstruktur des Satzbauplans von Entscheidung treffen . Die Präpositivergänzung kann demzufolge als fakultativ eingestuft werden. Der Satzbauplan für Entscheidung treffen lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Satzbauplan von Entscheidung treffen : K Sub , K Entscheidung , (K Prp ) Verglichen mit der Valenzstruktur des Basisverbs entscheiden (K Sub , K Akk ) bzw. entscheiden über (K sub , K prp ) mit der des Funktionsverbgefüges Entscheidung tref- 128 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400485/ 2 (letzter Zugriff: 08. 02. 2019). 102 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien fen (K Sub , K Entscheidung , (K Prp )), ergeben sich die folgenden Veränderungen in der Valenzstruktur der beiden Konstruktionstypen: Satzbauplan von entscheiden vs. Entscheidung treffen : entscheiden : K Sub , K Akk entscheiden über : K Sub , K Prp Entscheidung treffen : K Sub , K Entscheidung , (K Prp ) Die Satzbaupläne der Basisverbvarianten entscheiden und entscheiden über weisen ein zweistelliges Muster mit jeweils zwei obligatorischen Aktanten auf (vgl. E- VALBU : entscheiden über 129 ; entscheiden 130 ). Sowohl im Satzbauplan von Entscheidung treffen als auch entscheiden über ist eine Präpositivergänzung enthalten, die in der Valenz von entscheiden fehlt. Nimmt man also an, dass entscheiden über das Basisverb des Gefüges Entscheidung treffen ist, dann kommt es hier zu einer Valenzvererbung, d. h. die Valenzstruktur des Basisverbs überträgt sich auf die Valenz des Funktionsverbgefüges (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 263; Welke 2011: 251). Geht man dagegen davon aus, dass dem Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen das Basisverb entscheiden zugrunde liegt, dann kommt es zu einer Valenzverschiebung, und zwar von Akkusativzu einer Präpositivergänzung. Im Unterschied zu entscheiden über ist die Präpositivergänzung aber im Satzbauplan des Funktionsverbgefüges fakultativ, d. h. die Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges Entscheidung treffen erscheint in Gegenüberstellung mit der Valenz der Basisverben in zweifacher Hinsicht reduziert: Erstens fehlt die Akkusativergänzung von entscheiden in der Valenzstruktur von Entscheidung treffen ; zweitens ist die obligatorische Präpositivergänzung von entscheiden über in der Struktur von Entscheidung treffen nicht obligatorisch, sondern fakultativ (vgl. Ágel 2017: 617 f.; Hinderdael 1985: 647 f.), vgl. die folgenden Beispiele aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): (9) Der Verwaltungsrat Sub trifft die grundlegenden Entscheidungen über die Tätigkeit der Gesellschaft Prp . 131 129 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400485/ 2 (letzter Zugriff: 09. 02. 2019). 130 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400485/ 1 (letzter Zugriff: 09. 02. 2019). 131 WPD15 / L83.93436: Liste der Bürgermeister der Stadt Wurzen, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Liste_der_Bürgermeister_der_Stadt_Wurzen: Wikipedia, 2015 3.2. Valenz 103 (10) Auch der Stellvertreter Sub konnte selbständige Entscheidungen treffen, besonders auf Inspektionsreisen. 132 In (9) wird das Valenzmuster von Entscheidung treffen vollständig realisiert: K sub wird durch der Verwaltungsrat realisiert und K Prp durch über die Tätigkeit der Gesellschaft . Dass die Präpositivergänzung über die Tätigkeit der Gesellschaft als fakultativ eingestuft werden kann, zeigt die Weglassprobe (vgl. Ágel 2017: 259), denn auch ohne diese Präpositivergänzung, wie in Der Verwaltungsrat trifft die grundlegenden Entscheidungen , ist der Satz grammatisch. Die Annahme über die Fakultativität der Präpositivergänzung von Entscheidung treffen kann weiter durch das Beispiel (10) gestützt werden, weil das Funktionsverbgefüge dort ohne Präpositivergänzung in einer minimalen Valenzstruktur realisiert wird, d. h. in (9) wird das Valenzmuster von Entscheidung treffen als vollständig, in (10) als unvollständig klassifiziert. Die strukturelle Möglichkeit zur Einsparung von Aktanten ist für die Ebene des Textes wesentlich, weil sich dadurch andere Möglichkeiten zur Strukturierung von Informationen ergeben (vgl. Seifert 2004: 194; Burger 2015: 162; Popadić 1971; Heidolph et al. 1984; Hinderdael 1985): Bekannte, triviale oder zu vermeidende Informationen können ausgelassen werden, wodurch andere Inhalte betont werden können (vgl. Seifert 2004: 105 / 194; Schwarz-Friesel-Consten 2014: 134 Hinderdael 1985: 647). Der Text kann so kürzer, die Informationen dichter werden und durch die fehlenden Ergänzungen können Äußerungen verallgemeinert werden, wodurch Informationen im Text unterschiedlich perspektiviert werden können (vgl. Rensky 1966: 295; Popadić 1971: 40; Helbig 1984: 176 f.; Yuan 1987: 196 ff.; Hinderdael 1985: 214; Heidolph et al. 1984: 439; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 101 / 214 ff.). Das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen kann mit einer Präpositivergänzung realisiert werden, die in der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges fakultativ ist. Insgesamt können die Valenzstrukturen der Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen in Gegenüberstellung mit den Basisverben als reduziert eingestuft werden: In allen Valenzmustern fehlen entweder Akkusativergänzungen und / oder (weitere) obligatorische Aktanten. Die Möglichkeit zur Einsparung von Aktanten wird mit der Verdichtung und Perspektivierung von Informationen in Verbindung gebracht. In der Analyse der Korpusdaten wird deswegen nach der Vollständigkeit der Realisierung des jeweiligen Valenzmusters unterschieden. Im Folgenden gehe ich auf die Vereinheitlichung von Valenz ein, 132 WPD15 / A09.52881: Amban, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Amban: Wikipedia, 2015 104 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien 3.2.1.2. Vereinheitlichung der Valenz Wie ich im vorigen Abschnitt gezeigt habe, ist die Valenz nicht statisch, sondern kann sich im Zuge von Wortbildungsprozessen verändern, d. h. die Mitspieler im Satz können sich in Bezug auf ihre Form und Anzahl verändern (vgl. Hinderdael 1985: 645 ff.; Ágel 2017: 617 f.; Sadziński 1989 s. Kap. 3.2.1). Für die Funktionsverbgefüge Frage stellen, Antwort geben und Entscheidung treffen konnte gezeigt werden, dass es zur Reduktion von Aktanten kommt: Die Funktionsverbgefüge weisen in Gegenüberstellung mit ihren Basisverben weniger obligatorische Aktanten auf, wodurch ihre Valenz mit der von anderen sprachlichen Einheiten vereinheitlicht werden kann (vgl. Daniels 1963: 228 / 229; Schmidt 1968: 72; Heidolph et al. 1984: 439; Hinderdael 1985: 216 / 650; Seifert 2004: 192; Storrer 2013): Je weniger obligatorische Aktanten in der Valenzstruktur einer sprachlichen Einheit enthalten sind, desto kompatibler ist diese sprachliche Einheit mit anderen (reduzierbaren) Valenzstrukturen. In der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefüge finden sich Belege für die Vereinheitlichung der Valenz von Nomen, wie z. B. Anklage, Vorwürfe, Beschwerden erheben (Heidolph et al. 1984: 439), oder von Verben, wie z. B. Veränderungen gefordert und herbeigeführt (Schmidt 1968: 72). Die Funktionsnomen sowie die Funktionsverben können mit weiteren Nomen und Verben koordiniert werden, vgl. die folgenden Belege aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): (11) Der Schriftzug stellt keine Forderung, sondern eine Frage ("Atomkraft? ") […]. 133 (12) Allerdings prallen diese Sprüche an ihm ab und er scheut sich nicht, bissige Kommentare und Antworten zu geben. 134 (13) Die Entscheidung ist stets schriftlich zu treffen und zu begründen. 135 In (11) werden die Nomen Forderung und Frage koordiniert; in (12) Kommentare mit Antworten und in (13) werden die (Funktions-)Verben treffen und begründen nebengeordnet. Die Vereinheitlichung betrifft dabei Satzglieder, die die Funktionsnomen und -verben mit den anderen koordinierten Elementen gemeinsam haben, d.h. z.B. stellt keine Forderung, sondern [stellt] eine Frage oder Die Entscheidung ist stets schriftlich zu treffen und [die Entscheidung ist] zu begründen , wodurch Handlungen in ihrer Abfolge verkürzt und ohne die Wiederholung von Satzgliedern verbalisiert werden können (vgl. Seifert 2004: 196; Popadić 133 WPD15 / A59.33873: Atomkraft? Nein danke, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Atomkraft? _Nein_danke: Wikipedia, 2015 134 WPD15 / A04.25929: Al Bundy, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Al_ Bundy: Wikipedia, 2015 135 WPD15 / F07.38975: Förmliches Verwaltungsverfahren, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Förmliches_Verwaltungsverfahren: Wikipedia, 2015 3.3. Position des Funktionsnomens 105 1971: 40; s. Kap. 4.2.2.2.2). Für die Ebene des Textes ist die Vereinheitlichung der Valenz wesentlich, weil auf diese Weise Informationen miteinander verknüpft werden und Themen fortgeführt werden können (vgl. Heidolph et al. 1984: 439; Hinderdael 1985: 215; Schmidt 1968: 72f., Daniels 1963: 227ff.; Gautier 1998: 130ff.; s. Kap. 4.2.2.2.2; Informationsverdichtung durch Valenzvereinheitlichung). Valenzmuster von Funktionsverbgefügen und anderen sprachlichen Einheiten können vereinheitlicht werden: Je reduzierter die Valenzstrukturen sind, desto kompatibler sind sie mit anderen sprachlichen Elementen. Aktanten müssen so nicht mehr wiederholt werden und es ergeben sich auf der Ebene des Textes unterschiedliche Möglichkeiten zur Verdichtung und Strukturierung von Informationen. Im Folgenden gehe ich auf die Position von Funktionsnomen im Satz ein. 3.3. Position des Funktionsnomens Die vorliegende Untersuchung analysiert ausgewählte Funktionsverbgefüge auf ihre Leistungen im Textzusammenhang. Die Abfolge von Konstituenten im Satz bildet in diesem Zusammenhang eine wesentliche Analyseebene, denn je nach Stellung der einzelnen Glieder können Informationen im Text in Bezug auf ihren Informationsgehalt unterschiedlich markiert werden (vgl. grammis 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 136 ; Engel et al. 1999: 51 f.; s. Kap. 3.3). Ich stelle im Folgenden zunächst verschiedene mögliche Positionen der Funktionsnomen vor und thematisiere anschließend die Bedeutung der Position im Satz für die Ebene des Textes. In der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen finden sich Belege, in denen das Funktionsnomen der Gefüge an unterschiedlichen Stellen im Satz realisiert wird (vgl. Popadić 1971: 26 ff.; Heine 2005: 165), vgl. die folgenden Beispiele: • Anfangsstellung (1) Heftige Kritik an der Preispolitik der Regierung übt der französische Unternehmerverband …in seinem letzten Monatsbericht (Popadić 1971: 26; Hervorhebung S. K.) 136 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (Letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 106 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien • Mittelstellung (2) […] Beim Einatmen treten die Duftstoffe in Kontakt mit diesen speziellen Sinneszellen. […] (Heine 2005: 165; Hervorhebung S. K.) • Endstellung (3) In lauten Worten gaben die Nichtuniformierten ihrer Bewunderung für den Edelstein Ausdruck, … (Hinderdael 1985: 644; Hervorhebung S. K.) Die Autoren und Autorinnen fokussieren in Bezug auf die Abfolge der Glieder im Satz zum einen, dass Funktionsnomen und -verben - wie andere komplexe Prädikate auch (z. B. hat das Buch gelesen ) - Inhalte umklammern und einen Satzrahmen bilden können (vgl. Popadić 1971: 31; Heine 2005: 165). In (1) wird die Präpositionalphrase an der Preispolitik der Regierung von Kritik üben umschlossen, in (2) die Duftstoffe von in Kontakt treten und in (3) die Nichtuniformierten ihrer Bewunderung für den Edelstein von dem Gefüge Ausdruck geben . Diese Möglichkeit zur Klammerbildung sehen die Autoren und Autorinnen als Vorteil gegenüber den verbalen Formen, wie z. B. kritisieren oder sich ausdrücken , denn die Position der Verben im deutschen Satz ist relativ fest, d. h. Funktionsverbgefüge eröffnen durch ihre nominale Form andere Möglichkeiten zur Strukturierung von Informationen im Text (vgl. Seifert 2004: 192) - die kommunikative Struktur des Satzes und Textes geht mit der unterschiedlichen Position des Funktionsnomens einher (vgl. Seifert 2004: 106 / 192): Nomen in Anfangsstellung, wie Kritik in (1), können Informationen besonders hervorheben und / oder als bekannt markieren (vgl. Popadić 1971: 25); Nomen in Mittelstellung, wie Kontakt in (2), können andere Inhalte ausklammern (vgl. Heine 2005: 165), und die Nomen in Endstellung, wie Ausdruck in (3), können als wesentlich und neu gekennzeichnet werden (vgl. Heine 2005: 165; Daniels 1963: 226; Schmidt 1968: 68 ff.; Żmigrodzki 2000: 178). Die Möglichkeit zur unterschiedlichen Stellung der Funktionsnomen im Satz erfüllt also in Bezug auf die Thema-Rhema-Gliederung im Text wichtige Funktionen: Funktionsnomen in Endstellung des Satzes, z. B. geben … Antwort , können als bekannte Informationen im Folgetext thematisch wiederaufgenommen, d. h. ein Thema bilden, z. B. geben … Antwort. Die Antwort …, das im Textverlauf fortgeführt werden kann (vgl. Heine 2005: 166; Popadić 1971: 25; Seifert 2004: 106; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Die unterschiedlichen Positionen im Satz tragen demnach nicht nur zur unterschiedlichen Gewichtung von Informationen im Text bei, sondern auch zur thematischen Progression und sind damit wesentliche Mittel zur Bildung von Kohäsion und Kohärenz, dem Zusammenhang im Text (vgl. Seifert 2004: 106; Burger 2015: 161; Klinger 1983: 93 ff.). Für die Analyse von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang wurde deswegen die Position der Funktionsnomen ausgewertet, vgl. die folgenden Belege aus dem Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): 3.3. Position des Funktionsnomens 107 (4) Die Fragen wurden im Wechsel jeweils einem der beiden Kandidaten gestellt […]. 137 (5) Dabei versucht er eine Antwort auf die Frage zu geben […]. 138 (6) In diesen Positionen traf der Franzose oftmals umstrittene Entscheidungen. 139 In den Beispielen wird Frage am Satzanfang realisiert (4), Antwort in der Satzmitte (5) und Entscheidungen am Satzende (6). Die genaue Position des Funktionsnomens lässt sich mit dem topologischen Feldermodell von Erich Drach (1935) bestimmen, das den Satz nach Wöllstein (2014) in Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld sowie die linke und rechte Satzklammer teilt. Die Satzklammer ist dabei für verbale Elemente reserviert, wie z. B. komplexe Prädikate im Deutschen, z. B. hat … geschrieben , aber auch Teile von trennbaren Verben, z. B. mach … auf , oder Konjunktionen in Nebensätzen, z. B. weil … geschrieben hat (vgl. Wöllstein 2014). Funktionsnomen können nach dem topologischen Feldermodell im Vorfeld, im Mittelfeld und im Nachfeld 140 realisiert werden (vgl. Drach 1935; Wöllstein 2014): Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (4) Die Fragen wurden im Wechsel jeweils einem der beiden Kandidaten gestellt […]. (5) Dabei versucht er eine Antwort auf die Frage zu geben […]. (6) In diesen Positionen traf der Franzose oftmals umstrittene Entscheidungen. Die Funktionsnomen Frage , Antwort und Entscheidung stehen nach der Analyse im topologischen Feldermodell (Wöllstein 2014) im Vorfeld und Mittelfeld. In Bezug auf die Mittelfeldbesetzung unterscheiden sich Antwort und Entscheidung 137 WPD15 / D11.95468: Das Quiz mit Jörg Pilawa, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Das_Quiz_mit_Jörg_Pilawa: Wikipedia, 2015 138 WPD15 / M02.47089: Michael Zürn (Politikwissenschaftler), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Michael_Zürn_(Politikwissenschaftler): Wikipedia, 2015 139 WPD15 / G23.63012: Georges Cravenne, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Georges_Cravenne: Wikipedia, 2015 140 Funktionsnomen können zwar im Nachfeld stehen, sie sind dort jedoch in Nebensätze eingebettet, wie z. B. Petra fragt sich, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Betrachtet man nur den Nebensatz, besetzt das Funktionsnomen Entscheidung das Mittelfeld des ob- Satzes (vgl. Wöllstein 2014). Ich zeige dies an einem Beispiel in Abschnitt (4.2.4). 108 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien in (5) und (6) aber voneinander: Antwort wird im mittleren Mittelfeld realisiert, das Funktionsnomen Entscheidung dagegen am Ende des Satzes im rechten Teil des Mittelfelds. Für die Untersuchung der kommunikativen Struktur in Sätzen bzw. Texten sind die Positionen im Mittelfeld wesentlich, weil je nach kommunikativer Absicht, einzelne Glieder in Bezug auf ihren Informationsgehalt eingeteilt werden können: Konstituenten im linken Teil des Mittelfelds haben weniger Informationsgehalt als die Konstituenten in der Mitte und am rechten Rand des Mittelfelds und besetzen direkt nach der linken Klammer eine unbetonte Stelle im Satz, die sog. ‚Wackernagelposition‘ (vgl. Wöllstein 2014: 43). Konstituenten im mittleren und rechten Teil haben dagegen einen höheren Informationsgehalt, wobei sich der Gehalt von Informationen graduell nach rechts verlagert (s. Abbildung 21). In der IDS-Grammatik werden Konstituenten im linken Satzteil, d. h. im Vorfeld und im linken Teil des Mittelfelds mit Hintergrundinformationen in Verbindung gebracht. Konstituenten im rechten Satzteil, d. h. im mittleren und rechten Mittelfeld werden als Vordergrundinformation klassifiziert (grammis online 2019: Terminologisches Wörterbuch, Hintergrund 141 ): Hintergrund und Vordergrund sind Elemente der Informationsstruktur, also der Strukturierung von Sätzen oder Satzabschnitten unter kommunikativem Aspekt. Im Hintergrund greift der Sprecher / Autor Informationen auf, die schon in der Kommunikation bzw. im Vortext eingeführt sind oder zum Weltwissen der Kommunikationsbeteiligten gehören. In den Vordergrund werden neue oder besonders wichtige Teile der Information gestellt. Abbildung 21: grammis online 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 142 Teilt man die Beispiele (4) - (6) nach diesem Muster in ihre Mittelfeldpositionen ein, so ergibt sich das folgende Bild: 141 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4467 (letzter Zugriff: 22. 06. 2019). 142 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 22. 06. 2019). 3.3. Position des Funktionsnomens 109 VF LK Mittelfeld RK NF linker Innenrand Mittelteil rechter Innenrand (4) wurden im Wechsel jeweils einem der beiden Kandidaten (5) versucht er eine Antwort auf die Frage (6) traf der Franzose oftmals umstrittene Entscheidungen In den Beispielen (4) - (6) stehen der beiden Kandidaten , auf die Frage und umstrittene Entscheidungen am rechten Innenrand des Mittelfeldes und können der Einteilung der IDS -Grammatik nach als Vordergrundinformation interpretiert werden; im Wechsel , er und der Franzose besetzen dagegen die unbetonte Stelle im deutschen Satz, direkt nach der linken Klammer, und können als Hintergrundinformationen interpretiert werden (vgl. grammis online 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 143 ). Antwort im Mittelteil des Mittelfeldes von (5) kann außerdem intonatorisch hervorgehoben werden, denn im Mittelteil kann Gewichtung durch Akzentuierung erzeugt werden, z. B. versucht er eine ANTwort […] zu geben oder traf der Franzose OFT mals umstrittene Entscheidungen (vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 144 ). Um die Position der Funktionsnomen im Mittelfeld also genauer zu bestimmen, wird das Mittelfeld für die Untersuchung von kommunikativen Leistungen von Funktionsverbgefügen weiter unterteilt in linken Innenrand, Mittelteil und rechten Innenrand. Die Funktionsnomen können an verschiedenen Positionen im Satz stehen, die in der vorliegenden Arbeit mithilfe des topologischen Feldermodells erfasst werden. Die Funktionsnomen können das Vorfeld, Mittelfeld und das Nachfeld besetzen. Die Position der Konstituenten im Satz wird mit der Gewichtung von Informationen in Verbindung gebracht: Konstituenten im mittleren und rechten Teil des Mittelfelds markieren Informationen als Vordergrundinformationen. Konstituenten im linken Satzteil, d. h. im Vorfeld und am linken Rand des Mittelfeldes werden als Hintergrundinformationen klassifiziert. Für die genaue Bestimmung der Position des Funktionsnomens wird das topologische Feldermodell erweitert und das Mittelfeld dreigeteilt. Im Folgenden gehe ich auf die Referenz von Funktionsnomen ein. 143 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 22. 06. 2019). 144 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 110 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien 3.4. Referenz Die vorliegende Untersuchung analysiert Funktionsverbgefüge auf ihre Leistungen im Textzusammenhang, für die weniger feste und lexikalisierte Funktionsverbgefügen ausgewählt wurden (vgl. vgl. Helbig / Buscha 2011: 88 ff.). Der Festigkeits- und Lexikalisierungsgrad von Funktionsverbgefügen äußert sich neben der Attribuierungsfähigkeit der Funktionsnomen, wie z. B. viele gute Antworten geben (vgl. Helbig / Buscha 2011: 90; s. Kap. 1.1), in der Referenzfähigkeit, d. h. der Fähigkeit der Funktionsnomen, sich auf Entitäten in der Welt zu beziehen (vgl. Eroms 2000: 170; Burger 2015: 161). Für die Ebene des Textes ist der Bezug der Funktionsnomen deswegen eine wesentliche Analyseebene, für die im Folgenden ein Kategoriensystem vorgestellt wird. Die Funktionsnomen der Gefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen unterscheiden sich von Gefügen, wie z. B. in Gang bringen , durch die Referenzfähigkeit, vgl. z. B. Der Lehrer hat eine Frage gestellt. Sie / Die Frage …. vs. *Das Auto wurde in Gang gebracht. Er / Der Gang … (vgl. Helbig / Buscha 2011: 90; s. Kap. 1.1). Durch diese Fähigkeit des Funktionsnomens zur Referenz, d. h. zur Bezugnahme auf Objekte oder Subjekte in der (Text-)Welt, können Funktionsnomen unterschiedlich in den Textverlauf eingebettet werden (vgl. Gautier 1998: 131; Burger 2015: 161), vgl. die folgenden Beispiele: (7) So muß […] nur unter dem Vorbehalte einer besonders nachzusuchenden Erlaubnis, gestattet werden. / Diese Erlaubnis muß aber von dem Richter […] sofort ertheilt werden […]. (Seifert 2004: 194; Hervorhebung S. K.) (8) Die Wirkung, die er auf Jahrtausende hinaus, direkt und indirekt, ausgeübt hat, wird in der Regel noch immer viel zu gering angeschlagen: sie kann gar nicht hoch genug bemessen werden. (Storrer 2006: 172, Hervorhebung S. K.) (9) […] und das neue Österreich wird Verhandlungen mit den Europäischen Gemeinschaften […] führen […]. Ich wünsche und, daß wir diese Verhandlungen selbstbewußt, mit aufrechtem Gang und so erfolgreich führen, daß ein Verhandlungsergebnis erzielt wird […]. (Gautier 1998: 130, Hervorhebung im Original) Die Funktionsnomen Erlaubnis , Wirkung und Verhandlungen werden in den Textauszügen in (7)-(9) anaphorisch wiederaufgenommen: In (7) wird das Funktionsnomen Erlaubnis durch die Wiederholung des Lexems durch diese Erlaubnis im Folgesatz wiederaufgegriffen, d. h. durch die sog. ‚lexikalische Rekurrenz‘ im Text weitergeführt. Das Funktionsnomen Wirkung wird in (8) mit dem Pronomen sie wiederaufgenommen (vgl. Seifert 2004: 194). Und die Verhandlungen werden in (9) sogar dreimal wiederholt: Die Verhandlungen werden 3.4. Referenz 111 im ersten Satz als neue Referenten in den Text eingeführt und bilden damit den Antezedens (vgl. Storrer 2006a: 171 f.), d. h. einen neuen Textreferenten, der im weiteren Textverlauf durch diese Verhandlungen lexikalisch rekurrent wiederaufgegriffen werden kann. Der Nullartikel im ersten Satz markiert Verhandlungen dabei als unbekannten Textreferenten. Diese kennzeichnet Verhandlungen im zweiten Satz als bekannten und im Text identifizierbaren Referenten, der im Funktionsnomen-Kompositum Verhandlungsergebnis wiederholt und mit einem Ergebnis der Verhandlungen in Relation gesetzt wird (vgl. Gautier 1998: 130; Kap. 3.1.4), sodass Verhandlungen , diese Verhandlungen und Verhandlungs eine Koreferenzkette bilden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112). Ähnliche Belege finden sich in den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): (10) Wird eine Frage in der Sendung gestellt, bekommt der Einsender unabhängig davon, ob die Frage auch wirklich beantwortet wird, einen 300-Euro-Büchergutschein. 145 (11) […] sich daraus ein Bild der Umwelt formen, Entscheidungen über automatische Fahrentscheidungen treffen und sie an die Aktoren weiterleiten. 146 (12) […] schriftlich aufgefordert hatte, den Islam anzunehmen, gab dieser eine ablehnende Antwort. Aber zusammen mit seiner Antwort sandte er Geschenke, […] die unter den Kopten […] "hohes Ansehen" hatten. Sowohl Mohammeds Schreiben als auch die Antwort des Patriarchen werden in den islamischen Quellen in zwei zum Teil kontroversen Varianten überliefert. 147 Das Funktionsnomen Frage wird in (10) durch die Frage lexikalisch rekurrent wiederaufgenommen, Entscheidungen in (12) durch die Pronominalisierung sie und in (13) werden die Antworten nicht nur durch ihre Wiederholung wiederaufgenommen, sondern sie werden im weiteren Textverlauf weitergeführt und bilden eine Koreferenzkette. Die Funktionsnomen Frage , Entscheidung und Antwort bilden in den Belegen (10)-(12) jeweils den Antezedens, d. h. einen neuen Textreferenten, der in die Textwelt ein- und im weiteren Verlauf thematisch weitergeführt wird (vgl. Seifert 2004: 192; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 105 f.). Durch die nominale Form und die Möglichkeit zur Erweiterung der Nominalphrase können verschiedene Relationen im Text angezeigt werden. So kenn- 145 WPD15 / W05.25263: Wer-weiss-was.de, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Wer-weiss-was.de: Wikipedia, 2015 146 WPD15 / A86.23998: Autonomes Fahren, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Autonomes_Fahren: Wikipedia, 2015 147 WPD15 / M08.54500: Maria al-Qibtiyya, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Maria_al-Qibtiyya: Wikipedia, 2015 112 3. Zur Extraktion textgrammatischer und -semantischer Analysekategorien zeichnen die Artikelwörter eine in eine Frage / Antwort und die bzw. seine in die Frage und seine Antwort die Funktionsnomen als neuen oder bekannten Textreferenten (vgl. Engel et al. 1999: 87; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 53; Adamzik 2016: 268; s. Kap. 3.1.1), d.h. eine markiert den neuen und die/ seine den bekannten Referenten. Wie ich in Abschnitt an Beispielen (4.2.5) zeigen werde, können die Funktionsnomen nicht nur direkt, sondern auch indirekt wiederaufgenommen werden (vgl. Klinger 1983: 97): Im Kontext ist dann ein anderes Lexem zu finden, durch das weitere und mit diesem Lexem zusammenhängende Lexeme im mentalen Lexikon des Rezipienten oder der Rezipientin assoziativ mit aktiviert werden und dadurch für die Wiederaufnahme erreichbar sind (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 118), z. B. kann Interview die Lexeme Fragen und Antworten aktivieren, weil aus dem Welt- und Erfahrungswissen des Rezipienten und der Rezipientin bekannt ist, dass Interviews aus Fragen und Antworten bestehen. Interview fungiert im Text dann als ein sog. ‚Anker‘ und die Fragen und Antworten müssen nicht redundant eingeführt werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 118), sondern können durch ihre Aktivierung im mentalen Lexikon des Rezipienten oder der Rezipientin indirekt wiederaufgenommen werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 118). Die Funktionsnomen Frage , Antwort und Entscheidung sind referenzfähig und können als Referenten in einen Text einsowie weitergeführt werden. Die Wiederaufnahme der Funktionsnomen kann direkt oder indirekt erfolgen und die Nomen können sowohl als Anaphern und Anker fungieren als auch in Koreferenzketten eingebettet werden. 3.5. Zusammenfassung Funktionsverbgefüge, wie Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen , weisen in Bezug auf ihre Erweiterungen, ihre Valenz, Position und Referenz Besonderheiten auf, die für die Analyse von Funktionsverbgefügen auf ihre Leistungen im Textzusammenhang wesentlich sind: Sie können durch verschieden komplexe sprachliche Einheiten, wie Artikelwörter, Adjektive, Nomen und Sätze, erweitert werden, die weiter beispielsweise nach semantischen und syntaktischen Klassen voneinander unterschieden werden können. In Gegenüberstellung mit den Basisverben fragen, antworten und entscheiden kann die Valenzstruktur von Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen als reduziert eingestuft werden, denn die Valenzmuster der Gefüge enthalten weniger obligatorische Aktanten als ihre Basisverben, wodurch die Valenz mit der Valenz von anderen sprachlichen Einheiten, wie z. B. anderen Nomen und Verben, vereinheitlicht werden kann. Die Funktionsverbgefüge lassen sich in der 3.5. Zusammenfassung 113 Analyse der Korpusdaten zum einen nach vollständiger oder unvollständiger Realisierung der Aktanten aufteilen, zum anderen nach der Vereinheitlichung der Valenz mit anderen sprachlichen Einheiten. Weiter können die Funktionsnomen an verschiedenen Positionen im Satz stehen, die in der vorliegenden Arbeit mithilfe des topologischen Feldermodells erfasst werden. Die Funktionsnomen können das Vorfeld, Mittelfeld und das Nachfeld besetzen. Die Position der Funktionsnomen im Satz kann mit der Gewichtung und der Markierung von Informationen als Vorder- oder Hintergrundinformationen in Verbindung gebracht werden, für die eine genauere Positionsbestimmung des Funktionsnomens im Mittelfeld vorgenommen wird. Zudem können sich Funktionsnomen auf Entitäten in der (Text-)Welt beziehen. Als Referenten können Funktionsnomen in den Text einsowie durch direkte und indirekte Wiederaufnahmeformen weitergeführt werden, wodurch sie zur thematischen Progression und der Kohärenz im Text beitragen. Die aufgeführten syntaktischen und semantischen Leistungen von Funktionsverbgefügen stehen demnach mit der Anreicherung (s. Kap. 4.2.1), Verdichtung (s. Kap. 4.2.2), Perspektivierung (s. Kap. 4.2.3), Gewichtung (s. Kap. 4.2.4) und der Wiederaufnahme von Informationen (s. Kap. 4.2.5) im Zusammenhang, die in der qualitativen Analyse der vorliegenden Arbeit wiederaufgegriffen werden. Im Folgenden gehe ich auf die quantitativen Ergebnisse der Korpusuntersuchung für die deutschen und polnischen Funktionsverbgefüge ein. 114 4. Analyse 4. Analyse 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien Untersucht werden in der vorliegenden Arbeit die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnische Äquivalente. Geleitet wird die Untersuchung von der Frage nach ihren kommunikativen Funktionen, d. h. nach den Leistungen im Textzusammenhang. Für die Untersuchung wurde auf der Basis der in der Forschungsliteratur aufgeführten Leistungen von Funktionsverbgefügen ein mehrdimensionales Kategoriensystem erstellt (s. Kap. 2; Kap 3), nach dem die Treffer aus den deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpora des IDS ausgewertet wurden und betrifft die folgenden Analyseebenen: • Erweiterung der Funktionsnomen, • Position der Funktionsnomen, • Valenzrealisierung der Funktionsverbgefüge, • sowie die Referenz der Funktionsnomen. Die Treffer zu Frage stellen, Antwort geben und Entscheidung treffen sowie zu den polnischen Äquivalenten zada(wa)ć pytanie 148 , da(wa)ć odpowiedź 149 , podjąć / podejmować decyzję 150 wurden manuell bereinigt und auf ihren Gebrauch im Kontext untersucht. Für jede deutsch-polnische Funktionsverbgefüge-Paarung werden im Folgenden die quantitativen Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt: In Abschnitt 4.2.1.1 gehe ich auf die Gefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie ein, in 4.2.1.2 auf Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź und in 4.2.1.3 thematisiere ich die Ergebnisse zu Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję. Für jede 148 Für das Funktionsverbgefüge zada(wa)ć pytanie existiert im Polnischen die Variante stawiać / postawić pytanie , die im polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (WPP15) jedoch nur sehr selten vorkommt (insgesamt unter 50 Treffern). 149 Für das Funktionsverbgefüge da(wa)ć odpowiedź existiert im Polnischen die Variante udzielać / udzielić odpowiedzi, die dem deutschen Antwort erteilen entspricht . 150 Für das Funktionsverbgefüge podjąć / podejmować decyzję existiert im Polnischen die Variante powziąć decyzję, die dem Funktionsverbgefüge ‚Entschluss / Beschluss fassen‘ entspricht (vgl. Linguee online 2019: powziąć decyzję; https: / / www.linguee. de/ deutsch-polnisch/ search? source=auto&query=powziac+decyzje; letzter Zugriff: 24. 06. 2019) . 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 115 dieser Funktionsverbgefüge-Paarungen werden zunächst die Ergebnisse der manuellen Trefferbereinigung vorgestellt und anschließend die Analysen zur Erweiterung, Position, Valenz sowie Referenz der Gefüge(nomen). 4.1.1. Frage stellen und zada(wa)ć pytanie 4.1.1.1. Manuelle Bereinigung Aus den Wikipedia-Korpora des IDS wurden insgesamt drei Datensätze zu dem Funktionsverbgefüge Frage stellen und dem polnischen Äquivalent zada(wa)ć pytanie exportiert. Die Datensätze bestehen aus einem deutschen Datensatz zu Frage stellen und zwei polnischen Datensätzen zu zadać pytanie und zadawać pytanie . Der Grund dafür ist, dass das Polnische für die meisten Verben eine perfektive, z. B. zadać ‚aufgeben / stellen‘, und eine imperfektive Variante, z. B. zadawać ‚aufgeben / stellen‘, vorsieht. Mit perfektiven Verben lassen sich im Polnischen einmalige und abgeschlossene Handlungen ausdrücken, mit imperfektiven Verben können Vorgänge oder gewohnheitsmäßige Handlungen verbalisiert werden (vgl. Skibicki 2016: 284; Engel et al. 1999). Für die Auszählung der Treffer ist in Bezug auf Frage stellen und die polnische Entsprechung zada(wa)ć pytanie relevant, dass die Gefüge sowohl im Polnischen als auch im Deutschen eine reflexive Variante aufweisen, nämlich sich eine Frage stellen und zada(wa)ć sobie pytanie , die sich bei der Datenerhebung nicht automatisch von den anderen, nicht reflexiven Treffern trennen ließ, ohne einen erheblichen Verlust anderer Treffer einzugehen (vgl. Perkuhn / Keibel / Kupietz 2012: 111, s. Kap. 2). Aufgrund einer zum Zeitpunkt der Datenerhebung unbekannten Anzahl an reflexiven Treffern wurde für die Gefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie eine größere Stichprobe gezogen als für die anderen Gefüge (s. Kap. 2.3). Für das Deutsche wurden 500 Treffer zu Frage stellen exportiert, d. h. rund 200 Treffer mehr als zu Antwort geben und Entscheidung treffen , die keine reflexive Variante aufweisen. Von diesen 500 exportierten Treffern sind 198 der Belege reflexiv, also sich eine Frage stellen , die händisch aussortiert wurden. Andere Pseudotreffer sind beispielsweise Belege, wie z. B. (1) Die Frage ist nun, wie man die Steigung einer solchen Tangente an einer Stelle berechnen kann 151 , in denen homonyme Formen des Funktionsverbs stellen vorkommen (s. Kap. 2). Die manuelle Bereinigung der Treffer aus dem deutschen Wikipedia-Korpus 151 WPD15 / A00.00236: Analysis, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Analysis: Wikipedia, 2015 116 4. Analyse ergibt 232 echte Treffer des Funktionsverbgefüges Frage stellen für die weitere Analyse (s. Tabelle 6). Im Polnischen wurden insgesamt 604 Treffer des Gefüges zada(wa)ć pytanie exportiert, die sich in 304 perfektive Treffer mit dem Verb zadać und 300 imperfektive mit zadawać aufschlüsseln. Unter den Treffern zu zada(wa)ć pytanie finden sich mit einer Gesamtanzahl von 45 Belegen deutlich seltener reflexive Formen des Gefüges als im Deutschen. Die manuelle Bereinigung ergibt im Polnischen insgesamt 554 Treffer zur weiteren Analyse. Tabelle 6 zum Verhältnis der exportierten und bereinigten Treffer der Gefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie zeigt, dass es zu quantitativen Unterschieden im Vergleich des Deutschen und des Polnischen kommt. Das deutsche Funktionsverbgefüge Frage stellen kommt in den deutschen Wikipedia-Artikeln (2015) mit insgesamt 6.256 Treffern (7.586 p MW ) deutlich häufiger vor als das polnische Gefüge zada(wa)ć pytanie mit 853 absoluten Treffern (3.014 pMW). Zu beachten ist bei den deutschen Trefferzahlen jedoch die relativ hohe Anzahl an Falsch-Positiven und reflexiven Treffern (insgesamt 53,60 %), die im Polnischen deutlich geringer ausfällt (insgesamt 8,28 %), d. h. es ist möglich, dass die insgesamt 6.256 deutschen Treffer zu Frage stellen nach einer manuellen Bereinigung durch die hohe Anzahl an Falsch-Positiven-Treffern auf die Hälfte, also ca. 3000 echte Treffer, reduziert werden könnte. Die höhere Trefferzahl im Deutschen könnte einerseits darauf hindeuten, dass das Funktionsverbgefüge zada(wa)ć pytanie im Polnischen seltener verwendet wird als im Deutschen. Andererseits könnte dieser Eindruck durch den unterschiedlichen Umfang der Korpora verfälscht werden: Das deutsche Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) enthält 1 802 682 Texte und 824 692 227 Textwörter, das polnische Korpus (2015) hat einen Umfang von 1 105 401 Texten und 282 995 410 Textwörtern. Das polnische Korpus ist also deutlich kleiner als das deutsche, d. h. die quantitativen Unterschiede zu Frage stellen und zada(wa)ć pytanie könnten mit den verschiedenen Korpusgrößen zusammenhängen. Die unterschiedliche Anzahl an Falsch-Positiven-Treffern im Deutschen und im Polnischen wirkt sich auf die Gesamtanzahl der bereinigten Treffer in beiden Sprachen aus: Nach Abzug der Pseudotreffer im Deutschen (268 = 53,60 %) und im Polnischen (50 = 8,28 %) bleiben zur weiteren Analyse 232 Treffer zu Frage stellen und 554 zu zada(wa)ć pytanie , d. h. im Polnischen kann nach der Bereinigung der Treffer insgesamt knapp die doppelte Anzahl an echten Treffern weiter analysiert werden als im Deutschen. Im Folgenden gehe ich auf die Erweiterungen der Funktionsnomen ein. 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 117 Sprache/ Korpus Funktionsverbgefüge Abs. Treffer Rel. Häufig. pMW Export Treffer Reflexive Treffer Falsch-Positive- Treffer Bereinigte Treffer Absolut Relativ zu exp. Treffer Absolut Relativ zu exp. Treffer Abs. Relativ zu exp. Treffer Deutsch WPD 15 Frage stellen 6.256 7.586 500 198 39,60 % 70 14 % 232 46,40 % 268 53,60 % Polnisch WPP 15 zadać pytanie 304 1.074 304 21 6,91 % 4 1,32 % 279 91,78 % 25 8,22 % zadawać pytanie 549 1.940 300 24 8 % 1 0,33 % 275 91,67 % 25 8,33 % zada(wa)ć pytanie 853 3.014 604 45 7,45 % 5 0,83 % 554 91,72 % 50 8,28 % Tabelle 6: Frage stellen und zada(wa)ć pytanie - exportierte und bereinigte Treffer 118 4. Analyse 4.1.1.2. Erweiterungen Die Funktionsnomen der Gefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie können mit unterschiedlichen sprachlichen Einheiten erweitert werden. Unter den Erweiterungen des Funktionsnomens Frage finden sich im deutschen Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) Komposita, Adjektiv-, Genitiv- und Präpositionalattribute sowie Attributsätze und Kombinationen von Attributen (s. Tabelle 7). Im Polnischen kann das Funktionsnomen pytanie ‚Frage‘ ebenfalls um Adjektive, Genitiv- und Präpositionalphrasen sowie Sätze und Kombinationen von Attributen erweitert werden. In Bezug auf die Erweiterung des Funktionsnomens durch Komposition finden sich in der Trefferauswahl von Frage stellen drei Fälle für Funktionsnomen-Komposita, wie z.B. Quizfragen stellen. Im polnischen Korpus zu zada(wa)ć pytanie kommen dagegen keine Komposita vor. Die Komposition stellt im Polnischen keinen produktiven Wortbildungsprozess dar (vgl. Engel et al. 1999), d.h. Komposita werden im Polnischen oft mit anderen sprachlichen Mitteln, wie z.B. Adjektivattributen in główne pytania ‚Hauptfragen‘, verbalisiert, sodass die Unterschiede in Bezug auf Funktionsnomen-Komposita im Korpus auf sprachsystematische Gründe zurückzuführen sind. Die quantitative Analyse der einzelnen Erweiterungstypen sowie ihrer Häufigkeitsberechnung in Relation zu den bereinigten Gesamttreffern von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie ergibt die folgenden in Tabelle 7 zusammengefassten Frequenzen. In Bezug auf die Häufigkeit der verschiedenen Erweiterungsmöglichkeiten der Nominalphrasen von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie fällt auf, dass die Nomen sowohl im Deutschen als auch im Polnischen häufig mit Adjektiven (28,88 % im Deutschen und 33,03 % im Polnischen), satzförmig (40,95 % im Deutschen und 30,87 % im Polnischen) und mit verschiedenen Attributen in Kombination (25,86 % im Deutschen und 18,77 % im Polnischen) erweitert werden. Zu den seltenen Erweiterungsmöglichkeiten zählen Genitivattribute (1,72 % im Deutschen und 0,90 % im Polnischen). Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Polnischen sind bezüglich der Erweiterung der Funktionsnomen durch Präpositionalphrasen sowie durch das FV -Partizip festzustellen: Während die Funktionsnomen im Deutschen mit 17,24 % häufig präpositional erweitert werden, wie z. B. in Fragen zur Tat , ist diese Art der Erweiterung der Nominalphrase in Bezug auf pytanie , z. B. in pytanie o sens ‚Frage nach dem Sinn‘, mit 7,22 % deutlich seltener. Umgekehrt finden sich im polnischen Korpus mit 23,47 % mehr Funktionsverb-Partizipien als im deutschen Korpus mit 1,29 %, d. h. Belege, in denen die Erweiterung des Funktionsnomens aus der Partizipbildung des Funktionsverbs besteht, wie zadane pytanie ‚die gestellte Frage‘ (vgl. Popadić 1971: 42), kommen im polnischen Korpus häufiger vor als im deutschen. 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 119 Erweiterung der Nominalphrase Deutsch Polnisch a) zadać pytanie (pf.) b) zadawać pytanie (impf.) Total Absolut Relativ % von 232 Absolut Relativ % von 279 Absolut Relativ % von 275 Absolut Relativ % von 554 FN -Komposita 3 1,29 % - - - - - - Artikelwort 130 56,03 % 24 8,60 % 6 2,18 % 30 5,42 % Adjektiv 67 28,88 % 81 29,03 % 102 37,09 % 183 33,03 % Genitivphrase 4 1,72 % 1 0,36 % 4 1,45 % 5 0,90 % FV -Partizip 3 1,29 % 72 25,81 % 58 21,09 % 130 23,47 % Präpositionalphrase 40 17,24 % 15 5,38 % 25 9,09 % 40 7,22 % Satzförmige Erweiterung 95 40,95 % 102 36,56 % 69 25,09 % 171 30,87 % Mehrfache Erweiterung 60 25,86 % 39 13,98 % 65 23,64 % 104 18,77 % Erweiterung insgesamt 215 92,67 % 234 83,87 % 201 73,09 % 435 78,52 % Tabelle 7: Erweiterungen von Frage & pytanie 120 4. Analyse Ein weiterer Unterschied zwischen den deutschen und polnischen Treffern zu Frage stellen und zada(wa)ć pytanie bezieht sich auf die verwendeten Artikelwörter: Im Deutschen werden die Nominalphrasen zu Frage mit 56,03 % der Gesamttreffer deutlich häufiger um Artikelwörter erweitert als im Polnischen mit lediglich insgesamt 5,42 %. Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Ausprägung des deutschen und des polnischen Artikelsystems. Ein (un)bestimmter Artikel wie im Deutschen existiert es im Polnischen nicht, sondern nur vergleichbare Demonstrativ-, Possessiv- oder Indefinitartikel (vgl. Skibicki 2016: 178 ff.), was sich auch in Tabelle 8 in der Aufschlüsselung der verwendeten Artikelwörter zeigt. Außer Artikelwörtern wurden in Bezug auf die Gefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie Adjektivattribute (Tabelle 9) und satzförmige Erweiterungen (Tabelle 10) ausgewertet. Es werden sowohl im Deutschen als auch im Polnischen Demonstrativ- (z. B. diese Frage - to pytanie ), Indefinit- (z. B. alle Fragen - wszystkie pytania ), Negations- (z. B. keine Fragen - żadne pytania ), Possessiv- (z. B. sein Fragen - jego pytania ) und Interrogativartikel (z. B. welche Fragen - jakie pytania ) verwendet (s. Tabelle 8). Es zeigt sich im Korpus, dass im Deutschen in Verbindung mit Frage der Gebrauch des bestimmten (70 %) und des unbestimmten Artikels (11,54 %) überwiegt, während diese Artikel im Polnischen nicht vorkommen (vgl. Witwicka 2009: 199 f.), d. h. (In)Definitheit kann im Polnischen mit anderen sprachlichen Mitteln, wie z. B. Demonstrativ- (56,67 % im Polnischen) oder Indefinitartikeln (26,67 % im Polnischen), ausgedrückt werden und die Unterschiede sind auf sprachsystematische Gründe zurückzuführen (vgl. Witwicka 2009, Skibicki 2006, Engel et al. 1999). Ausgewertet wurden die Adjektive einerseits bezüglich ihrer Semantik (s. Tabelle 9), d. h. nach Quantitäts- und Qualitätsangaben, und andererseits wurde die Komplexität der Adjektivphrasen analysiert. In Bezug auf die Art der Adjektive zeigt sich, dass sowohl im Deutschen als auch im Polnischen in Verbindung mit Frage und pytanie die Verwendung von Qualitätsadjektiven, wie z. B. große Fragen - wielkie pytania , überwiegt (49,25 % im Deutschen und 50,27 % im Polnischen). In beiden Sprachen werden die Nominalphrasen außerdem häufig um partizipiale Adjektive und Mengenangaben erweitert: In 10,45 % der deutschen und in 21,86 % der polnischen Adjektiverweiterungen finden sich partizipiale Adjektive, wie z. B. folgende Frage - następujące pytanie . Die Mengenangaben können sowohl bestimmt als auch unbestimmt sein. Zahladjektive als bestimmte Mengenangaben werden im Deutschen in 17,91 % und im Polnischen in 9,29 % verwendet; unbestimmte Mengenangaben, wie z. B. viele Fragen - kilka pytań , finden sich in 10,45 % der deutschen und in 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 121 Erweiterung der Nominalphrase: Artikelwort Deutsch Polnisch a) zadać pytanie (pf.) b) zadawać pytanie (impf.) Total Absolut Relativ % von 130 Absolut Relativ % von 24 Absolut Relativ % von 6 Absolut Relativ % von 30 Bestimmter Artikel 91 70,00 % - - - - - - Unbestimmter Artikel 15 11,54 % - - - - - - Demonstrativartikel 8 / 24 33,33 % 7 29,17 % 1 16,67 % 8 26,67 % Indefinitartikel 8 / 24 33,33 % 15 62,50 % 2 33,33 % 17 56,67 % Negationsartikel 4 / 24 16,67 % 1 04,17 % 1 16,67 % 2 06,67 % Possessivartikel 3 / 24 12,50 % - - 2 33,33 % 2 06,67 % Interrogativartikel 1 / 24 04,17 % 1 04,17 - - 1 03,33 % Tabelle 8: Artikelwörter von Frage & pytanie 122 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase: Adjektive Deutsch Polnisch a) zadać pytanie (pf.) b) zadawać pytanie (impf.) Total Absolut Relativ % von 67 Absolut Relativ % von 81 Absolut Relativ % von 102 Absolut Relativ % von 183 Qualität 33 49,25 % 32 39,51 % 60 58,82 % 92 50,27 % Relation 5 7,46 % 4 4,94 % 6 5,88 % 10 5,46 % Quantität: Zahl 12 17,91 % 10 12,35 % 7 6,86 % 17 9,29 % Quantität: unbest. Angabe 7 10,45 % 11 13,58 % 7 6,86 % 18 9,84 % Partizipiales Adjektiv 7 10,45 % 20 24,69 % 20 19,61 % 40 21,86 % Mischtyp 3 4,48 % 4 4,94 % 2 1,96 % 6 3,28 % Einfach 50 74,63 % 63 77,78 % 80 78,43 % 143 78,14 % Komplex 17 25,37 % 18 22,22 % 22 21,57 % 40 21,86 % komplex koordiniert 5 7,46 % 3 3,70 % 4 3,92 % 7 3,83 % komplex subordiniert 12 17,91 % 5 6,17 % 18 17,65 % 23 12,57 % Tabelle 9: Adjektiverweiterungen von Frage & pytanie 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 123 9,84 % der polnischen Adjektiverweiterungen. Nimmt man die (un)bestimmten Mengenangaben zusammen, dann kommen in 28,36 % der deutschen und in 19,13 % der polnischen Adjektiverweiterungen Quantitätsangaben vor. In Bezug auf die Komplexität der Adjektivphrasen tendieren die Adjektivattribute von Frage und pytanie zur einfachen Erweiterung (74,63 % im Deutschen; 78,14 % im Polnischen). In beiden Sprachen sind jedoch auch komplexe Adjektiverweiterungen zu finden, wobei Adjektivphrasen mit subordinierten Elementen, wie z. B. viele sehr konkrete Fragen 152 oder za dużo pytań 153 ‚zu viele Fragen, frequenter sind (17,91 % im Deutschen; 12,57 % im Polnischen) als koordinierte Adjektive, wie z. B. peinliche oder undiplomatische Fragen 154 oder pytania tak specjalistyczne, jak i ogólne 155 ‚sowohl spezielle als auch generelle Fragen‘ (7,46 % im Deutschen; 3,83 % im Polnischen). 152 WPD15 / S00.51163: Synästhesie, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Synästhesie: Wikipedia, 2015 153 WPP15 / T00.06216: Thomas Alva Edison, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Thomas_Alva_Edison: Wikipedia, 2015 154 WPD15 / N42.30536: Nardwuar the Human Serviette, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Nardwuar_the_Human_Serviette: Wikipedia, 2015 155 WPP15 / S13.56422: Studium panelowe, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Studium_panelowe: Wikipedia, 2015 124 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase: Satzförmige Erweiterung Deutsch Polnisch a) zadać pytanie (pf.) b) zadawać pytanie (impf.) Total Absolut Relativ % von 94 Absolut Relativ % von 102 Absolut Relativ % von 69 Absolut Relativ % von 171 Relativsatz Typ 1 19 20,21 % 5 4,90 % 13 18,84 % 18 10,53 % Relativsatz Typ 2 22 23,40 % 19 18,63 % 8 11,59 % 27 15,79 % indirekter Fragesatz 37 39,36 % 32 31,37 % 17 24,64 % 49 28,65 % direkter Fragesatz 16 17,02 % 46 45,10 % 31 44,93 % 77 45,03 % Tabelle 10: Satzförmige Erweiterung von Frage & pytanie 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 125 In Tabelle 10 werden die quantitativen Ergebnisse zu den mit Frage und pytanie vorkommenden satzförmigen Erweiterungen zusammengefasst. Es zeigt sich, dass die Funktionsnomen Frage und pytanie sowohl im Deutschen als auch im Polnischen am häufigsten durch Fragesätze erweitert werden, die sich weiter in direkte und indirekte Fragen aufteilen lassen. Unter den Fragesätzen ist im deutschen Korpus der indirekte Typ häufiger (39,36 %) als der direkte (17,02 %), wie z. B. die Frage, ob er wirklich schon tot sei 156 oder Frage […]: "Kennen Sie Cézanne? " 157 . Im polnischen Korpus verhält es sich umgekehrt: Dort sind direkte Fragesätze mit 45,03 % der satzförmigen Erweiterungen der häufigste Satzerweiterungstyp, wie z. B. pytanie "Kto zrobił ten most? " 158 ‚die Frage „Wer hat die Brücke gebaut? “‘ . Weiter werden die Nominalphrasen der Gefüge häufig um Relativsätze erweitert, die in zwei Typen unterteilt werden können (vgl. Popadić 1971: 51 f.; Storrer 2013: 203). Typ-1-Relativsätze sind Relativsätze, in denen Funktionsnomen und -verb im Matrixsatz stehen, wie in (1) und (2). Typ-2-Relativsätze sind dagegen Relativsatzerweiterungen der Nominalphrase, deren Prädikat das Funktionsverb bildet, wie in (3) und (4), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Artikel-Korpora (Hervorhebung S. K.): (1) […] stellt ihm ein Geist drei Fragen, die wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen 159 (2) […] zadawał uczniowi pytanie, na które nie było odpowiedzi […]. 160 ‚[…] stellte dem Schüler eine Frage, auf die es keine Antwort gab […].‘ (3) Die Frage, die man Jesus stellte, […] 161 . (4) Najczęstszym pytaniem, jakie zadaje, […]. 162 ‚Die häufigste Frage, die er stellt, […].‘ 156 WPD15 / A52.78022: Angel Beats! , In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Angel_Beats! : Wikipedia, 2015 157 WPD15 / B27.71715: Bernard Berenson, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bernard_Berenson: Wikipedia, 2015 158 WPP15 / M16.59833: Muhak Chach'o, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Muhak_Chach'o: Wikipedia, 2015 159 WPD15 / M57.18220: Manatu – Nur die Wahrheit rettet Dich, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Manatu_– _Nur_die_Wahrheit_rettet_Dich: Wikipedia, 2015 160 WPP15 / M10.27715: Mazu Daoyi, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Mazu_Daoyi: Wikipedia, 2015 161 WPD15 / D40.97357: Dirck Crabeth, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Dirck_Crabeth: Wikipedia, 2015 162 WPP15 / D01.77977: Dwa głupie psy, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Dwa_głupie_psy: Wikipedia, 2015 126 4. Analyse Typ-2-Relativsätze sind im Deutschen (23,40 %) und im Polnischen (15,79 %) deutlich häufiger als Typ-1-Relativsätze (20,21 % im Deutschen und 10,53 % im Polnischen). Die Funktionsnomen Frage und pytanie können um Adjektiv-, Genitiv- und Präpositionalphrasen sowie Sätze erweitert werden. Häufig werden Fragen um quantitative und qualitative Adjektive und (in)direkte Fragesätze erweitert. Im Folgenden gehe ich auf die Position der Funktionsnomen ein. 4.1.1.3. Position Um die Position der Nominalphrasen der Gefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie zu bestimmen, wurden die deutschen und die polnischen Sätze aus den Wikipedia-Artikel-Korpora (2015) in topologische Felder eingeteilt (vgl. Engel et al. 1999, Skibicki 2006, Wöllstein 2014). Der deutsche Satz lässt sich in Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld sowie die rechte und die linke Satzklammer einteilen (vgl. Wöllstein 2014; s. Kap. 3.3), wobei die linke und die rechte Klammer überwiegend für verbale Elemente reserviert sind. 163 Im Deutschen kann das Funktionsnomen Frage im Vorfeld, im Mittelfeld und im Nachfeld realisiert werden. Der polnische Satz lässt sich in drei Felder aufteilen: das linke und das rechte Feld sowie ein Feld für den Verbalkomplex (vgl. Engel et al. 1999: 495), d. h. das Funktionsnomen pytanie kann im Polnischen im linken oder im rechten Feld realisiert werden (vgl. Engel et al. 1999: 495 f.). Da die Konstituenten unterschiedlich groß und komplex sein können, entscheide ich mich für eine detaillierte Analyse der Position der Funktionsnomen und teile das Mittel-, Nachsowie das rechte Feld weiter auf in: • linken (Innen)Rand, • Mittelteil • und rechten (Innen)Rand, weil die Wortabfolge im Satz im Zusammenhang mit der kommunikativen Struktur im Text steht und durch die genaue Positionsbestimmung der Funktionsnomen Rückschlüsse auf die Gewichtung der Informationen im Text gezogen werden können (vgl. Engel et al. 1999: 49 f.; grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 164 ; s. Kap. 4.2.4; Hinderdael 1985: 28). In Bezug auf die Position der Nominalphrasen von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie ergibt die Felderanalyse die folgenden Frequenzen: 163 In der linken Klammer stehen auch Konjunktionen, die Nebensätze einleiten; in der rechten Klammer können beispielsweise auch Verbpartikeln vorkommen, die Inhalte im Mittelfeld umklammern, z. B. in Sie machen die Tür auf (vgl. Wöllstein 2014: 37). 164 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 127 Position der Nominalphrase Deutsch Polnisch a) zadać pytanie (pf.) b) zadawać pytanie (impf.) Total Absolut Relativ % von 232 Absolut Relativ % von 279 Absolut Relativ % von 275 Absolut Relativ % von 554 Vorfeld / Linkes Feld 33 14,22 % 37 13,26 % 42 15,27 % 79 14,26 % Mittelfeld / Rechtes Feld 147 63,36 % 242 86,74 % 233 84,73 % 475 85,74 % Linker Innenrand 15 6,47 % 43 15,41 % 51 18,55 % 94 16,97 % Mittelteil 47 20,26 % 40 14,34 % 47 17,09 % 87 15,70 % Rechter Innenrand 85 36,64 % 159 56,99 % 131 47,64 % 290 52,35 % Rest - - - - 4 1,45 % 4 0,72 % Nachfeld 52 22,41 % - - - - - - FVG in Nebensatz 52 22,41 % - - - - - - Linker Innenrand 7 3,02 % - - - - - - Mittelteil 7 3,02 % - - - - - - Rechter Innenrand 38 16,38 % - - - - - - Rest % Tabelle 11: Position von Frage und pytanie 128 4. Analyse Tabelle 11 ist zu entnehmen, dass die Funktionsnomen Frage und pytanie sowohl im Deutschen als auch im Polnischen häufig in Mittel- oder Endstellung realisiert werden. Frage besetzt in 63,36 % das Mittelfeld und in 22,41 % das Nachfeld, wobei es sich bei der Nachfeldbesetzung in allen Fällen von Frage in Nebensätzen handelt, wie z. B. dass direkte Fragen […] im Parlament niemals gestellt wurden 165 , - das Funktionsnomen wird zwar in einem Nebensatz im Nachfeld realisiert, es bildet jedoch im Nebensatz eine Konstituente im Mittelfeld (vgl. Wöllstein 2014; s. Kap. 4.2.4). Frage besetzt das Mittelfeld also in insgesamt 85,78 % der Treffer. Selten steht das Funktionsnomen Frage dagegen im Vorfeld des Satzes (14,22 %). Im Polnischen steht das Funktionsnomen pytanie in 85,74 % der Treffer im rechten Feld des Satzes und weist damit eine ähnliche Tendenz zur Rechtspositionierung wie die Nominalphrase im Deutschen auf. Dies zeigt sich einerseits bei der vergleichbaren Besetzung des Vorfelds durch pytanie mit insgesamt 14,62 % der Treffer und andererseits durch die weitere Einteilung des Mittel-, Nach- und rechten Feldes in linken (Innen)Rand, Mittelteil und rechten (Innen) Rand: Die Funktionsnomen Frage und pytanie tendieren zum rechten (Innen) Rand (36,64 % im Deutschen, 52,35 % im Polnischen), wie z. B. ale nie potrafiła zadać mu tego pytania 166 ‚ aber sie konnte ihm diese Frage nicht stellen‘, worauf ich in der qualitativen Analyse zur Informationsgewichtung im Deutschen und im Polnischen im Detail eingehe (s. Kap. 4.2.4). Die Funktionsnomen Frage und pytanie können im linken und im rechten Teil des Satzes stehen. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen werden die Fragen jedoch häufig am rechten Satzrand positioniert. Im Folgenden gehe ich auf die Valenz der Funktionsverbgefüge ein. 4.1.1.4. Valenz Die Funktionsverbgefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytani e wurden auf die Realisierung ihrer Aktanten ausgewertet. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen können mit den Funktionsverbgefügen Dativ- und Präpositivergänzungen realisiert werden. Die Analyse der Valenzrealisierung von Frage stellen und zada(wa)ć pytani e ergibt die folgenden Frequenzen: 165 WPD15 / G81.00929: George Strauss, Baron Strauss, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ George_Strauss,_Baron_Strauss: Wikipedia, 2015 166 WPP15 / Z18.38593: Znajomi Bree Van De Kamp, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Znajomi_Bree_Van_De_Kamp: Wikipedia, 2015 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 129 Valenz: Realisierung der Aktanten Deutsch Polnisch a) zadać pytanie (pf.) b) zadawać pytanie (impf.) Total Absolut Relativ % von 232 Absolut Relativ % von 279 Absolut Relativ % von 275 Absolut Relativ % von 554 Voll realisiert 12 5,17 % 3 1,08 % 14 5,09 % 17 3,07 % Reduziert realisiert 124 53,45 % 166 59,50 % 189 68,73 % 355 64,08 % mit K Dat 16 6,90 % 83 29,75 % 71 25,82 % 154 27,80 % mit K PrP 20 8,62 % 10 3,58 % 22 8,00 % 32 5,78 % nur K Sub 82 35,34 % 79 28,32 % 125 45,45 % 204 36,82 % Abweichende Strukturen 96 41,38 % 110 39,43 % 72 26,18 % 182 32,85 % FVG -Partizip 3 1,29 % 72 25,81 % 58 21,09 % 130 23,47 % Passiv 65 28,02 % 18 6,45 % 6 2,18 % 24 4,33 % Relativsatz Typ 2 22 9,48 % 19 6,81 % 8 2,91 % 27 4,87 % Rest 6 2,59 % 1 0,36 % - - 1 0,18 % Vereinheitlichung der Valenz 51 21,98 % 29 10,39 % 30 10,91 % 59 10,65 % Tabelle 12: Valenz von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie 130 4. Analyse In Bezug auf die Realisierung der Aktanten von Frage stellen und zada(wa)ć pytani e zeigt die Analyse, dass die Gefüge sowohl im Deutschen als auch im Polnischen meist in reduzierten Valenzmustern realisiert werden: In 53,45 % der deutschen und in 64,08 % der polnischen Treffer kommen die Gefüge ohne Dativ- und / oder Präpositivergänzung im Korpus vor, wie z. B. und stellte [Ø K Dat ] die Frage nach dem Sinn 167 und zadał [Ø K Dat ] pytanie o możliwość 168 ‚hat die Frage nach der Möglichkeit gestellt‘. Dabei werden 35,34 % der deutschen und 36,82 % der polnischen Treffer zu nur mit einem Subjekt als einzigen abhängigen Aktanten, also ohne Dativ- und Präpositivergänzung, realisiert, wie z. B. indem es [Ø K Dat ] 20 Fragen [Ø K Prp ] stellt 169 oder Dzieci Soboru zadają [Ø K Dat ] pytania [Ø K Prp ] 170 ‚Die Sobor-Kinder stellen Fragen‘, d. h. die Informationen, die mit diesen Ergänzungen ausgedrückt werden, werden häufig ausgelassen (s. Kap. 4.2.2.1.3). Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Polnischen sind zum einen in Bezug auf die realisierten Dativergänzungen festzustellen, die im Polnischen mit 27,80 % der Treffer deutlich frequenter sind als im Deutschen mit lediglich 6,90 %. Ein Grund dafür könnte sein, dass das Polnische zu den Pro-Drop-Sprachen gehört, die die Dativergänzung zur Kontextualisierung benötigen. Zum anderen wird das Gefüge Frage stellen im Deutschen häufiger in eine Passivkonstruktion eingebunden als im Polnischen (28,02 % im Deutschen, 4,33 % im Polnischen), was einerseits mit der häufigeren Verwendung des werden -Passivs im Deutschen im Vergleich mit dem polnischen być / zostawać -Passiv zusammenhängt und andererseits mit dem größeren Inventar an deangentiven Konstruktionen im Polnischen, wie z. B. no-/ to- Konstruktionen sowie Reflexiva oder (modale) Prädikativa (vgl. Engel et al. 1999; Lehmann 2011, Ochmańska 2017). Die Funktionsverbgefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie können sowohl im Deutschen als auch im Polnischen mit Dativ- und Präpositivergänzungen realisiert werden. Häufig werden die Fragen jedoch ohne Ergänzungen realisiert. Im Folgenden gehe ich auf die Referenz der Funktionsnomen ein. 167 WPD15 / L81.86004: Live at Rockpalast, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Live_at_Rockpalast: Wikipedia, 2015 168 WPP15 / R06.57064: Responsy, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Responsy: Wikipedia, 2015 169 WPD15 / Z80.50048: ZweiundDieselbe, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ ZweiundDieselbe: Wikipedia, 2015 170 WPP15 / Z05.87105: Zbigniew Nosowski, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Zbigniew_Nosowski: Wikipedia, 2015 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 131 4.1.1.5. Referenz Die Funktionsnomen Frage und pytanie sind referenzfähig (vgl. Eroms 2000: 170; Storrer 2013; Klinger 1983; s. Kap. 3.4) und können sich auf Referenten im (Kon-)Text beziehen (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014), d. h. durch die Funktionsnomen können sowohl anaphorische Verweisrelationen hergestellt als auch Textreferenten ein- und weitergeführt werden. In Bezug auf die Referenz der Gefüge von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie ergibt die Analyse die folgenden Frequenzen. Tabelle 13 zur Referenz der Gefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie ist zu entnehmen, dass sich die Funktionsnomen Frage und pytanie sowohl im Deutschen als auch im Polnischen überwiegend auf Textreferenten im Kontext beziehen, d.h. in 73,71% der Treffer im Deutschen und in 81,41% der Treffer im Polnischen werden die Funktionsnomen von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie wiederaufgenommen oder nehmen einen Textreferenten wieder auf. Bei direkter Wiederaufnahme fungieren die Funktionsnomen als Antezedens oder direkte Anapher; bei indirekten Wiederaufnahmeformen können sie Anker 171 oder indirekte Anaphern im Text bilden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Etwas häufiger als im Polnischen finden sich im Deutschen Wiederaufnahmerelationen, bei denen das Funktionsnomen als Antezedens bzw. Anker fungiert und anschließend (in)direkt wiederaufgenommen wird (50,43% im Deutschen, 46,75% im Polnischen), vgl. die folgenden Beispiele für die direkte Wiederaufnahme 172 (Hervorhebung S. K.): (5) […] dass der Filme [sic! ] viele Fragen stellt, aber nicht alle von ihnen beantwortet 173 (6) […] mogą zadawać pytania i odpowiadać na nie. 174 ‚[…] können Fragen stellen und sie beantworten.’ Unter den polnischen Treffern finden sich einerseits mehr Belege für Funktionsnomen-Anaphern als im Deutschen, d. h. Belege, in denen sich das Funktionsnomen auf zuvor eingeführte Fragen bezieht, und andererseits sind im 171 Im Kontext ist ein Lexem zu finden, durch das weitere Lexeme im mentalen Lexikon assoziativ aktiviert werden und für die Wiederaufnahme erreichbar sind (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 118), z.B. kann Interview die Lexeme Fragen und Antworten aktivieren. Interview fungiert dann als ein sog. ‚Anker‘ und die aktivierten Fragen und Antworten können indirekt wiederaufgenommen werden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 118; s. Kap. 3.4; 4.2.5). 172 Beispiele für indirekte Wiederaufnahme zeige ich in Abschnitt (4.2.5.1.2). 173 WPD15 / T79.29951: The Reluctant Fundamentalist, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ The_Reluctant_Fundamentalist: Wikipedia, 2015 174 WPP15 / S28.75480: Stack Exchange Network, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia. org/ wiki/ Stack_Exchange_Network: Wikipedia, 2015 132 4. Analyse Referenz der Funktionsnomen Deutsch Polnisch a) zadać pytanie (pf.) b) zadawać pytanie (impf.) Total Absolut Relativ % von 232 Absolut Relativ % von 279 Absolut Relativ % von 275 Absolut Relativ % von 554 Keine Wiederaufnahme 61 26,29 % 59 21,15 % 44 16 % 103 18,59 % Wiederaufnahme 171 73,71 % 220 78,85 % 231 84 % 451 81,41 % FN -Antezedent / Anker 117 50,43 % 116 41,58 % 143 52 % 259 46,75 % direkt 101 43,53 % 95 34,05 % 104 37,82 % 199 35,92 % indirekt 16 6,90 % 21 7,53 39 14,18 % 60 10,83 FN -Anapher 17 7,33 % 45 16,13 % 24 8,73 % 69 12,45 % direkt 8 3,45 % 16 5,73 % 6 2,18 % 22 3,97 % indirekt 9 3,88 % 29 10,39 % 18 6,55 % 47 8,48 % FN -Katapher 53 22,84 % 78 27,96 % 48 17,45 % 126 22,74 % FN -Koreferenzkette 37 15,95 % 59 21,15 % 64 23,27 % 123 22,20 % Tabelle 13: Referenz von Frage und pytanie 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 133 Polnischen mehr Treffer für die Bildung von Koreferenzketten zu verzeichnen, d. h. Funktionsnomen, die sich sowohl auf eingeführte Textreferenten beziehen als auch wiederaufgenommen werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014; s. Beispiele in Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Es lassen sich zusammenfassend in Bezug auf die Referenz der Funktionsnomen Frage und pytanie insgesamt nur sehr geringe quantitative Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Polnischen feststellen, d. h. sowohl im Deutschen als auch im Polnischen beziehen sich die Funktionsnomen signifikant auf Referenten im Text oder sie bilden selbst welche. Die quantitative Analyse der Funktionsverbgefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie zeigt, dass es in Bezug auf die Erweiterungen der Funktionsnomen, ihre Position im Satz sowie der Realisierung der Aktanten der Gefüge zu Übereinstimmungen kommt: Frage stellen und zada(wa)ć pytanie werden häufig adjektivisch und satzförmig erweitert, sie tendieren im Satz zur Rechtspositionierung, kommen häufig in mit reduzierter Valenz sowie in Passivkonstruktionen vor und beziehen sich auf Referenten im Text. Im Folgenden gehe ich auf die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ein. 4.1.2. Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź 4.1.2.1. Manuelle Bereinigung Aus den Wikipedia-Korpora des IDS wurden insgesamt drei Datensätze zu dem Funktionsverbgefüge Antwort geben und dem polnischen Äquivalent exportiert, die aus einem deutschen Datensatz zu Antwort geben und zwei polnischen zu dać und dawać odpowiedź bestehen. Der Grund dafür ist, dass das Polnische für die meisten Verben eine perfektive, z. B. dać ‚geben‘, und eine imperfektive Variante, z. B. dawać ‚geben‘, vorsieht. Mit perfektiven Verben lassen sich im Polnischen einmalige und abgeschlossene Handlungen ausdrücken, mit imperfektiven Verben können Vorgänge oder gewohnheitsmäßige Handlungen verbalisiert werden (vgl. Skibicki 2016: 284; Engel et al. 1999). In Bezug auf das Funktionsverbgefüge Antwort geben wurden aus 1.522 absoluten Treffern im Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) insgesamt 300 Treffer exportiert. Da sowohl das Funktionsnomen Antwort als auch das Funktionsverb geben außerhalb der Nomen-Verb-Verbindung vorkommen können, wie z. B. in (1) C. S. Lewis hat mit Till we have Faces (Du selbst bist die Antwort) eine moderne Interpretation dieser Geschichte gegeben 175 , 175 WPD15 / A00.54120: Amor und Psyche, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Amor_und_Psyche: Wikipedia, 2015 134 4. Analyse wurden derartige Pseudotreffer manuell aussortiert. Die manuelle Bereinigung der deutschen Treffer zu Antwort geben ergibt eine Gesamtanzahl von 180 bereinigten Treffern (s. Tabelle 14). Für die Untersuchung der polnischen Funktionsverbgefüge dać odpowiedź und dawać odpowiedź (kurz da(wa)ć odpowiedź ) wurden alle Treffer zu diesen Gefügen aus den polnischen Wikipedia-Artikel-Korpora ( WPP 15) exportiert, d. h. für dać odpowiedź 195 und für dawać odpowiedź 138 Treffer. Insgesamt konnten aus dem polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus also 333 Treffer zu da(wa)ć odpowiedź exportiert werden. Die manuelle Bereinigung der polnischen Treffer ergibt 120 bereinigte Treffer zu dać und 100 Treffer zu dawać odpowiedź . Für die Analyse von da(wa)ć odpowiedź auf ihre Leistungen im Textzusammenhang bleiben 220 echte Treffer weiter analysiert werden (s. Tabelle 14): Sprache/ Korpus Funktionsverbgefüge Abs. Treffer Rel. Häufig. pMW Export Treffer Falsch-Positive-Treffer Bereinigte Treffer Abs. Relativ zu exp. Treffer Abs. Relativ zu exp. Treffer Deutsch WPD 15 Antwort geben 1.522 1.864 300 120 40,00 % 180 60 % Polnisch WPP 15 dać odpowiedź 138 0.487 138 18 13,04 % 120 93,48 % dawać odpowiedź 195 0.689 195 95 48,72 % 100 51,28 % da(wa)ć odpowiedź 333 1.176 333 113 33,93 % 220 66,07 % Tabelle 14: Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź - exportierte und bereinigte Treffer Im Vergleich der Trefferzahlen im Deutschen und im Polnischen fällt auf, dass das Funktionsverbgefüge Antwort geben in den deutschen Wikipedia-Artikeln (2015) mit insgesamt 1.522 Treffern deutlich häufiger vorkommt als die Gefüge da(wa)ć odpowiedź in den polnischen Wikipedia-Texten, was einerseits darauf hinweisen könnte, dass das Funktionsverbgefüge da(wa)ć odpowiedź im Polnischen seltener verwendet wird als im Deutschen. Weil das polnische Korpus aber deutlich kleiner ist (1 105 401 Texte und 282 995 410 Textwörter) als das deutsche (1 802 682 Texte und 824 692 227 Textwörter), könnten die Frequenzunterschiede von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź auf die verfügbare Datenmenge zurückgeführt werden, denn in Relation zur Korpusgröße weisen 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 135 die Gefüge ein ähnliches Vorkommen auf (1.864 p MW im Deutschen und 1.176 p MW im Polnischen). Die Bereinigung der Treffer zu Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ergibt 180 deutsche und 220 polnische Treffer zur weiteren Analyse. Im Folgenden gehe ich auf die Erweiterungen der Funktionsnomen ein. 4.1.2.2. Erweiterungen Die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź können mit unterschiedlichen sprachlichen Einheiten erweitert werden. Unter den deutschen und polnischen Erweiterungen der Funktionsnomen finden sich in den Wikipedia-Artikel-Korpora (2015) Adjektiv-, Genitiv- und Präpositionalphrasen sowie Sätze und Attributkombinationen (s. Tabelle 15). Funktionsnomen, die durch Komposition um ein anderes Nomen erweitert werden, wie z.B. Quizfragen stellen (s. Kap. 3.1.4), konnten in Bezug auf Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź nicht festgestellt werden. Die Auszählung der Treffer nach den einzelnen Erweiterungstypen sowie die Häufigkeitsberechnung der Erweiterungen in Relation zu den bereinigten Gesamttreffern der Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ergibt die folgenden in Tabelle 15 zusammengefassten Frequenzen: 136 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase Deutsch Polnisch a) dać odpowiedź (pf.) b) dawać odpowiedź (impf.) Total Absolut Relativ % von 180 Absolut Relativ % von 120 Absolut Relativ % von 100 Absolut Relativ % von 220 FN -Komposita - - - - - - - - Artikelwort 117 65,00 % 4 3,33 % 3 03 % 7 3,18 % Adjektiv 73 40, 56 % 64 53,33 % 56 56 % 120 54,55 % Genitivphrase 2 01,11 % 2 01,67 % 1 01 % 3 01,36 % FV -Partizip 1 00,56 % 1 00,83 % 0 0 % 1 00,45 % Präpositionalphrase 45 25,00 % 34 28,33 % 37 37 % 71 32,27 % Satzförmige Erweiterung 29 16,11 % 26 21,67 % 19 19 % 45 20,45 % Mehrfache Erweiterung 20 11,11 % 33 27,50 % 23 23 % 56 25,45 % Erweiterung insgesamt 166 92,22 % 97 80,83 % 93 93 % 190 86,36 % Tabelle 15: Erweiterungen von Antwort & odpowiedź 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 137 In Bezug auf die Häufigkeit der verschiedenen Erweiterungsmöglichkeiten der Funktionsnomen von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź fällt auf, dass die Nomen sowohl im Deutschen als auch im Polnischen häufig mit Adjektiven (40, 56 % im Deutschen und 54,55 % im Polnischen), Präpositionalphrasen (25,00 % im Deutschen und 32,27 % im Polnischen) und satzförmig (16,11 % im Deutschen und 20,45 % im Polnischen) erweitert werden. Zu den seltenen Erweiterungsmöglichkeiten zählen in beiden Sprachen Genitivattribute (01,11 % im Deutschen und 01,36 % im Polnischen) sowie das Funktionsverb-Partizip (00,56 % im Deutschen und 00,45 % im Polnischen), das sich aus einer Partizipbildung des Funktionsverbs und dem Funktionsnomen, z. B. die gegebenen Antworten ‚dane odpowiedzi‘, zusammensetzt (vgl. Popadić 1971: 42). Unterschiede zwischen den deutschen und den polnischen Ergebnissen sind in Bezug auf die mehrfache Kombination von Attributen festzustellen: Im Polnischen werden die Funktionsnomen mit 24,45 % häufiger mehrfach links- und rechtserweitert als im Deutschen mit 11,11 % der Treffer, wie z. B. in nie dają precyzyjnej odpowiedzi o dokładnym przebiegu 176 ‚sie geben keine genaue Antwort zum genauen Ablauf ‘. Im Deutschen werden die Nominalphrasen zu Antwort mit 65 % der Gesamttrefferanzahl deutlich häufiger um Artikelwörter erweitert. Im Polnischen finden sich insgesamt lediglich 7 Treffer, in denen das Funktionsnomen odpowiedź in Verbindung mit einem Artikelwort vorkommt. Der Grund für diesen Frequenzunterschied liegt in der unterschiedlichen Ausprägung des deutschen und des polnischen Artikelsystems. (Un)bestimmte Artikel wie im Deutschen existieren im polnischen Sprachsystem nicht, sondern nur vergleichbare Demonstrativ-, Indefinit- oder Possessivartikel (vgl. Skibicki 2016: 178 ff.). Dies zeigt sich auch in Tabelle 16 mit der Auflistung der verwendeten Artikelwörter. Außer Artikelwörtern wurden in Bezug auf die Gefüge Antwort geben und dawać odpowiedź Adjektivattribute (Tabelle 17) und satzförmige Erweiterungen (Tabelle 18) ausgewertet. 176 WPP15 / S01.53655: Saraswati (rzeka), In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Saraswati_(rzeka): Wikipedia, 2015 138 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase: Artikelwort Deutsch Polnisch a) dać odpowiedź (pf.) b) dawać odpowiedź (impf.) Total Absolut Relativ % von 117 Absolut Relativ % von 4 Absolut Relativ % von 3 Absolut Relativ % von 7 Bestimmter Artikel 32 27,35 % - - - - - - Unbestimmter Artikel 54 46,15 % - - - - - - Demonstrativartikel 3 / 31 09,68 % 2 50 % 1 33,33 % 3 42,86 % Indefinitartikel 2 / 31 06,45 % - - 1 33,33 % 1 14,29 % Negationsartikel 25 / 31 77,42 % 2 50 % 1 33,33 % 3 42,86 % Possessivartikel - - - - - - - - Interrogativartikel 1 / 31 03,23 % - - - - - - Tabelle 16: Artikelwörter von Antwort & odpowiedź 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 139 Tabelle 16 fasst die quantitativen Ergebnisse zur Erweiterung der der Funktionsnomen Antwort und odpowiedź durch Artikelwörter zusammen. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen finden sich in Verbindung mit Antwort und odpowiedź Demonstrativ- (z. B. diese Antwort - ta odpowiedź), Indefinit- (z. B. irgendeine Antwort - jakaś odpowiedź) und Negationsartikel (z. B. keine Antwort - żadna odpowiedź). Nur im deutschen Korpus finden sich Interrogativ- (z. B. welche Antwort) und (un)bestimmte Artikel, die die häufigsten Artikeltypen unter den deutschen Artikelerweiterungen bilden. Weil sich das deutsche und polnische Artikelsystem voneinander unterscheiden (vgl. Witwicka 2009: 199 f.; Skibicki 2006, Engel et al. 1999), wurden zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse die deutschen (un)bestimmten Artikel abgezogen. Die (In)Definitheit kann im Deutschen und im Polnischen dann anhand der Demonstrativ- und Indefinitartikel verglichen werden: Im Polnischen wird odpowiedź in 42,86 % der Artikelerweiterungen mit einem Demonstrativ- und in 42,86 % mit einem Indefinitartikel erweitert. Im Deutschen werden in 9,68 % Demonstrativ- und in 6,45 % Indefinitartikel verwendet. Von den gebrauchten Artikelwörtern im Deutschen sind zudem Negationsartikel häufig (77,42 % im Deutschen und 42,86 % im Polnischen). Die relativ hohen Prozentzahlen im Polnischen ergeben sich jedoch aus der insgesamt geringen Gesamtanzahl von nur 7 Artikelwörtern insgesamt. In Tabelle 17 werden die quantitativen Ergebnisse zu den mit Antwort und odpowiedź vorkommenden Adjektiven zusammengefasst. Ausgewertet wurden die Adjektive zum einen nach ihrer Bedeutung in Bezug auf Quantität und Qualität und zum anderen wurde die Komplexität der Adjektivphrasen analysiert. In Bezug auf die Art der Adjektive zeigt sich, dass sowohl im Deutschen als auch im Polnischen in Verbindung mit Antwort und odpowiedź relationale Adjektive, wie z. B. unterschiedliche Antworten - różne odpowiedzi , partizipiale Adjektive, wie z. B. ausweichende Antworten - wymijające odpowiedzi , Zahladjektive sowie Qualitätsadjektive, wie z. B. negative Antworten - negatywne odpowiedzi , verwendet werden. Qualitätsadjektive sind sowohl im Deutschen mit 68,49 % als auch im Polnischen mit 70 % die häufigsten adjektivischen Erweiterungen der Funktionsnomen. In beiden Sprachen werden die Nominalphrasen am zweithäufigsten um partizipiale Adjektive erweitert (20,55 % im Deutschen und 15 % im Polnischen). Mengenangaben zu Antwort und odpowiedź finden sich sowohl im deutschen als auch im polnischen Korpus sehr selten: Zahladjektive in nur 1,37 % im Deutschen und in 1,67 % im Polnischen; unbestimmte Mengenangaben kommen nicht im Korpus vor, was einen Unterschied zu Frage stellen und zada(wa)ć pytanie darstellt, die häufig mit Quantitätsangaben erweitert werden (28,36 % im Deutschen und 19,13 % im Polnischen). 140 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase: Adjektive Deutsch Polnisch a) dać odpowiedź (pf.) b) dawać odpowiedź (impf.) Total Absolut Relativ % von 73 Absolut Relativ % von 64 Absolut Relativ % von 56 Absolut Relativ % von 120 Qualität 50 68,49 % 43 67,19 % 41 73,21 % 84 70 % Relation 5 6,85 % 3 4,69 % 7 12,50 % 10 8,33 % Quantität: Zahl 1 1,37 % 2 3,13 % - - 2 1,67 % Quantität: unbest. Angabe - - - - - - - - Partizipiales Adjektiv 15 20,55 % 12 18,75 % 6 10,71 % 18 15 % Mischtyp 2 2,74 % 4 6,25 % 2 3,57 % 6 5 % Einfach 49 67,12 % 55 85,94 % 46 82,14 % 101 84 % Komplex 24 32,88 % 9 14,06 % 10 17,86 % 19 15,83 % komplex koordiniert 6 8,22 % 6 9,38 % 4 7,14 % 10 8,33 % komplex subordiniert 18 24,66 % 3 4,69 % 6 10,71 % 9 7,50 % Tabelle 17: Adjektiverweiterungen von Antwort & odpowiedź 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 141 In Bezug auf die Komplexität der Adjektivphrasen tendieren die Adjektivattribute der Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź zur einfachen Erweiterung (67,12 % im Deutschen; 84 % im Polnischen), wie z. B. eindeutige Antwort - jednoznaczna odpowiedź . In beiden Sprachen finden sich jedoch auch komplexe Adjektiverweiterungen, wobei Adjektivphrasen mit subordinierten Elementen, wie z. B. ganz unterschiedliche Antworten 177 oder niezwykle szybkie odpowiedzi 178 ‚ungewöhnlich schnelle Antworten‘, im deutschen Korpus häufiger sind als im polnischen (24,66 % im Deutschen; 7,50 % im Polnischen). Unter den komplexen Adjektivattributen überwiegen im Polnischen die koordinierten Adjektive (8,22 % im Deutschen; 8,33 % im Polnischen), wie z. B. eine umfassende und wortgewaltige Antwort 179 oder szybszą i prostszą odpowiedź 180 ‚eine schnellere und einfachere Antwort‘. 177 WPD15 / M01.55495: Maigret, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Maigret: Wikipedia, 2015 178 WPP15 / L01.01887: Lightweight Directory Access Protocol, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Lightweight_Directory_Access_Protocol: Wikipedia, 2015 179 WPD15 / G04.65941: Gretchentragödie, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Gretchentragödie: Wikipedia, 2015 180 WPP15 / R33.75107: Rzeczywista miesięczna stopa oprocentowania, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Rzeczywista_miesięczna_stopa_oprocentowania: Wikipedia, 2015 142 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase: Satzförmige Erweiterung Deutsch Polnisch a) dać odpowiedź (pf.) b) dawać odpowiedź (impf.) Total Absolut Relativ % von 29 Absolut Relativ % von 26 Absolut Relativ % von 19 Absolut Relativ % von 45 Relativsatz Typ 1 7 24,14 % 2 7,69 % 2 10,53 % 4 8,89 % Relativsatz Typ 2 8 27,59 % 3 11,54 % 6 31,58 % 9 20 % Indirekte Rede: Konjunktionalsatz 4 13,79 % 2 7,69 % 1 5,26 % 3 6,67 % Indirekte Rede: Hauptsatz 2 6,90 % - - - - - - Direkte Rede: Hauptsatz 8 27,59 % 13 50 % 4 21,05 % 17 37,78 % Indirekter Fragesatz - - 6 23,08 % 6 31,58 % 12 26,67 % Tabelle 18: Satzförmige Erweiterungen von Antwort & odpowiedź 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 143 (2) […] gab Luise die […] Antwort: "Der Ruhm […] hat uns […] getäuscht." 181 (3) […] dawał odpowiedź: "Nie znam twojej matki […]“ 182 ‚[…] er gab die Antwort: „Ich kenne deine Mutter nicht […]“, (4) […] und gibt sogleich die Antworten, die Kleiton nur noch bestätigen kann .183 (5) Często daje odpowiedzi, które tylko on rozumie 184 ‚Oft gibt er Antworten, die nur er versteht‘. (6) Die Antworten, die auf die zentralen Fragen […] gegeben werden, […] 185 (7) […] Augustyn rozczarował się odpowiedziami, jakie dawali naśladowcy […] 186 ‚Augustin war von den Antworten enttäuscht, die die Nachahmer gegeben haben‘. Typ-2-Relativsätze sind sowohl im Deutschen (27,59 %) als auch im Polnischen (20 %) häufiger als Typ-1-Relativsätze (24,14 % im Deutschen und 8,89 % im Polnischen). Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Polnischen sind in Bezug auf die (in)direkte Haupt- und Fragesätze zu verzeichnen, denn indirekte Haupt- 181 WPD15 / L00.93224: Luise von Mecklenburg-Strelitz, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Luise_von_Mecklenburg-Strelitz: Wikipedia, 2015 182 WPP15 / E00.01491: Efekt Elizy, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Efekt_ Elizy: Wikipedia, 2015 183 WPD15 / K81.61888: Kleiton, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kleiton: Wikipedia, 2015 184 WPP15 / V28.65598: Violetta (serial telewizyjny), In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Violetta_(serial_telewizyjny): Wikipedia, 2015 185 WPD15 / K00.02653: Künstliche Intelligenz, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Künstliche_Intelligenz: Wikipedia, 2015 186 WPP15 / A00.10151: Augustyn z Hippony, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Augustyn_z_Hippony: Wikipedia, 2015 Tabelle 18 zeigt die quantitativen Ergebnisse zu den satzförmigen Erweiterungen von Antwort und odpowiedź . Es zeigt sich, dass die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź sowohl im Deutschen als auch im Polnischen durch Relativsätze, Konjunktionalsätze und Hauptsätze erweitert werden, wobei in beiden Sprachen die direkte Rede, wie in (2) und (3), und Relativsätze am häufigsten sind. Relativsätze lassen sich in die folgenden zwei Typen aufteilen: Typ-1-Relativsätze sind Relativsätze, in denen sowohl das Funktionsnomen als auch das -verb im Matrixsatz stehen, wie z. B. in (4) und (5). Typ-2-Relativsätze sind dagegen Relativsatzerweiterungen der Nominalphrase, deren Prädikat das Funktionsverb bildet, wie z. B. in (6) und (7) (vgl. Popadić 1971: 51 f.; Storrer 2013: 203), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Artikel-Korpora (Hervorhebung S. K.): 144 4. Analyse sätze, wie z. B. und gibt auch gleich die Antwort darauf: Dies sei eine Fantastilliarde 187 , finden sich nur im Deutschen und indirekte Fragesätze, wie z. B. nie dało jednoznacznej odpowiedzi czy żyje 188 ‚gab keine eindeutige Antwort, ob er lebt‘, nur im polnischen Korpus zu Antwort und odpowiedź. Die Funktionsnomen Antwort und odpowiedż können um Adjektiv-, Genitiv- und Präpositionalphrasen sowie Sätze erweitert werden. Häufig werden die Antworten um qualitative und partizipiale Adjektive sowie Relativsätze und direkte Rede erweitert. Im Folgenden gehe ich auf die Position der Funktionsnomen ein. 4.1.2.3. Position Für die Analyse der Position der deutschen und polnischen Funktionsnomen wird das topologische Feldermodell herangezogen (vgl. Engel et al. 1999, Skibicki 2006, Wöllstein 2014). Der deutsche Satz lässt sich in Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld sowie rechte und die linke Klammer einteilen (vgl. Wöllstein 2014), wobei die linke und die rechte Klammer vorwiegend für den Verbalkomplex reserviert ist. 189 Der polnische Satz lässt sich in drei Felder aufteilen: das linke und das rechte Feld sowie ein Feld für den Verbalkomplex (vgl. Engel et al. 1999). Funktionsnomen können im Deutschen das Vorfeld, Mittelfeld und das Nachfeld besetzen. Im Polnischen können Funktionsnomen im linken oder rechten Feld stehen. Um die Position der Funktionsnomen in diesen Feldern genauer zu bestimmen, teile ich das deutsche Mittel- und Nachfeld sowie das polnische rechte Feld weiter in • linken (Innen-)Rand, • Mittelteil • und rechten (Innen-)Rand. Denn je nach Abfolge der Glieder im Satz können Informationen unterschiedlich gewichtet werden und in den Vordergrund oder Hintergrund gelangen (vgl. Engel et al. 1999: 49 f.; grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 190 ). In Bezug auf die Position der Nominalphrasen von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ergibt die Felderanalyse die folgenden Zahlen: 187 WPD15 / F01.72075: Fantastilliarde, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Fantastilliarde: Wikipedia, 2015 188 WPP15 / D18.85155: Dingo (pies), In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Dingo_(pies): Wikipedia, 2015 189 In der linken Klammer können auch Konjunktionen vorkommen, die Nebensätze einleiten, in der rechten Klammer könne beispielsweise auch Verbpartikeln vorkommen, die Inhalte im Mittelfeld umklammern, z. B. in Sie machen die Tür auf (vgl. Wöllstein 2014: 37). 190 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11.03.2019). 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 145 Position der Nominalphrase Deutsch Polnisch a) dać odpowiedź (pf.) b) dawać odpowiedź (impf.) Total Absolut Relativ % von 180 Absolut Relativ % von 120 Absolut Relativ % von 100 Absolut Relativ % von 220 Vorfeld / Linkes Feld 26 14,44 % 5 04,17 % 4 04,00 % 9 04,09 % Mittelfeld / Rechtes Feld 109 60,56 % 115 95,83 % 96 96,00 % 211 95,91 % Linker Innenrand 9 05,00 % 7 05,83 % 0 0 % 7 03,18 % Mittelteil 36 20,00 % 48 40,00 % 60 60,00 % 108 49,09 % Rechter Innenrand 64 35,56 % 60 50,00 % 36 36,00 % 96 43,64 % Nachfeld 45 25,00 % - - - - - - FVG in Nebensatz 45 25,00 % - - - - - - Linker Innenrand 6 03,33 % - - - - - - Mittelteil 15 08,33 % - - - - - - Rechter Innenrand 24 13,33 % - - - - - - Tabelle 19: Position von Antwort und odpowiedź 146 4. Analyse Tabelle 19 ist zu entnehmen, dass die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź sowohl im Deutschen als auch im Polnischen häufig in Mittel- oder Endstellung realisiert werden. Dies zeigt sich im Deutschen v. a. an der frequenten Mittelfeld- und Nachfeldbesetzung mit 60,56 % bzw. 25 %. Nach Dreiteilung des Mittelfeldes in linken Innenrand, Mittelteil und rechten Innenrand ergibt sich in Bezug auf die Mittelfeldbesetzung von Antwort , dass das Funktionsnomen im Mittelfeld am häufigsten am rechten Innenrand steht (35,56 %), wie z. B. in Jäger gibt dem Polizeiverwalter Heide und dem Pastor höhnische Antworten 191 (vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 192 ). In Bezug auf die Nachfeldbesetzung zeigt sich, dass es sich in allen Nachfeldbesetzungen um ausgeklammerte Nebensätze handelt, die das Funktionsverbgefüge Antwort geben integrieren (vgl. Wöllstein 2014). Wie Nebensätze im topologischen Feldermodell analysiert werden können, zeige ich im Abschnitt zur Informationsgewichtung (s. Kap. 4.2.4), indem ich auf einen Infinitivsatz mit Antwort geben eingehe. Die Analyse der Nebensätze im topologischen Feldermodell zeigt, dass das Funktionsnomen Antwort auch im Mittelfeld des Nebensatzes zur Endstellung tendiert, denn in 13,33 % der Nebensatz-Treffer steht die Nominalphrase des Gefüges am rechten Rand des Mittelfeldes. Die Analyse der Position des polnischen Funktionsnomens odpowiedź zeigt, dass es das rechte Feld (95,91 %) deutlich häufiger besetzt als das linke (vgl. Engel. et al 1999: 495). Die Analyse des rechten Feldes nach den Positionen am linken / rechten Rand sowie im Mittelteil ergibt, dass das Funktionsnomen odpowiedź mit 49,09 % am häufigsten im Mittelteil des rechten Feldes steht, wie z. B. in nie dały całkowicie jednoznacznej odpowiedzi na pytanie o początki kościoła 193 ‚gab keine ganz klare Antwort auf die Frage nach den Anfängen der Kirche‘. Die Positionen von Antwort und odpowiedź unterscheiden sich demnach voneinander: odpowiedź steht häufiger im Mittelteil des rechten Feldes, Antwort steht dagegen häufiger am rechten Innenrand des Mittelfeldes, wodurch unterschiedliche Glieder im Satz hervorgehoben werden können. Dies zeige ich im Abschnitt zur Informationsgewichtung an Korpusbelegen (s. Kap. 4.2.4). Die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź können im linken und im rechten Teil des Satzes stehen. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen werden 191 WPD15 / D02.61872: Die Weber, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Die_ Weber: Wikipedia, 2015 192 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 193 WPP15 / K05.31327: Kościół Najświętszego Salwatora w Krakowie, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Kościół_Najświętszego_Salwatora_w_Krakowie: Wikipedia, 2015 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 147 die Antworten jedoch häufig im rechten Teil des Satzes. Im Deutschen steht Antwort häufiger am Satzende, im Polnischen besetzt odpowiedź häufiger die Satzmitte. Im Folgenden gehe ich auf die Valenz der Funktionsverbgefüge ein. 4.1.2.4. Valenz Die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź wurden auf die Realisierung ihrer Aktanten ausgewertet. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen können mit den Funktionsverbgefügen Dativ- und Präpositivergänzungen realisiert werden. Die Analyse der Valenzrealisierung von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ergibt die in Tabelle 20 zusammengefassten Frequenzen. Die Analyse der Valenzrealisierung von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ergibt, dass die Gefüge sowohl im Deutschen als auch im Polnischen häufig mit Präpositivergänzungen im Satz vorkommen: 39,44 % der deutschen und 34,55 % der polnischer Treffer weisen ein Präpositivkomplement auf, das mit den Gefügen in Relation steht, wie z. B. geben Antworten auf die große Frage 194 oder nie daje odpowiedzi na te pytania 195 ‚gibt keine Antwort auf diese Fragen‘. Im Abschnitt zur Informationsanreicherung durch Ergänzung bzw. Erweiterung sowie Informationsverdichtung (s. Kap. 4.2.2.1.2) gehe ich auf die Verknüpfung der Präpositionalphrase mit den Funktionsverben ein und zeige, wie sich die Funktionsnomen auf die Präpositionalphrase beziehen und wie dadurch Informationen im Text angereichert und verdichtet werden können (s. Kap. 4.2.1.2; 4.2.2.2). Die Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź werden außerdem häufig, nämlich in 40,56 % im Deutschen und in 34,09 % im Polnischen, nur mit dem Subjekt des Satzes, d. h. ohne eine Präpositivsowie Dativergänzung realisiert, wie z. B. in er [Ø K Dat ] könne keine positive Antwort [Ø K Prp ] geben 196 oder która dawała [Ø K Dat ] proste odpowiedzi [Ø K Prp ] 197 ‚die einfache Antworten gab‘. Dativergänzungen werden insgesamt selten verwendet: In 10 % im Deutschen und 11,36 % im Polnischen, z. B. Wir wollen dir Antwort geben 198 und daje nam odpowiedź 199 194 WPD15 / A85.75792: Als wir träumten (Film), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Als_wir_träumten_(Film): Wikipedia, 2015 195 WPP15 / M21.01344: Małżeństwo w katolicyzmie, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Małżeństwo_w_katolicyzmie: Wikipedia, 2015 196 WPD15 / B00.92058: Bruno Kreisky, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bruno_Kreisky: Wikipedia, 2015 197 WPP15 / N00.15442: Narodowy socjalizm, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Narodowy_socjalizm: Wikipedia, 2015 198 WPD15 / B44.38270: Bierkrieg zwischen Görlitz und Zittau, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bierkrieg_zwischen_Görlitz_und_Zittau: Wikipedia, 2015 199 WPP15 / A07.60651: Analiza strategiczna, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Analiza_strategiczna: Wikipedia, 2015 148 4. Analyse Valenz: Realisierung der Aktanten Deutsch Polnisch a) dać odpowiedź (pf.) b) dawać odpowiedź (impf.) Total Absolut Relativ % von 180 Absolut Relativ % von 120 Absolut Relativ % von 100 Absolut Relativ % von 220 Voll realisiert 6 3,33 % 5 4,17 % 4 4 % 9 4,09 % Reduziert realisiert 151 83,89 % 108 90 % 88 88 % 196 89,09 % mit K Dat 18 10 % 18 15 % 7 7 % 25 11,36 % mit K PrP 71 39,44 % 35 29,19 % 41 41 % 76 34,55 % nur K Sub 73 40,56 % 65 54,17 % 10 10 % 75 34,09 % Abweichende Strukturen 23 12,78 % 7 5,83 % 8 8 % 15 6,82 % Passiv 9 5 % 1 0,83 % 1 1 % 2 0,91 % Rest 14 7,78 % 6 5 % 7 7 % 13 5,91 % Vereinheitlichung der Valenz 26 14,44 % 11 9,17 % 20 20 % 31 14,09 % Tabelle 20: Valenz von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 149 ‚gibt uns Antwort‘. Zwischen dem perfektiven Gefüge dać odpowiedź und dem imperfektiven Gefüge dawać odpowiedź ist in Bezug auf die Dativergänzungen ein Unterschied festzustellen: Das perfektive Gefüge dać odpowiedź weist mit 15 % insgesamt ein höheres Vorkommen von Dativergänzungen auf als das imperfektive dawać odpowiedź , das in nur 7 % der Treffer mit einem Dativkomplement realisiert wird. Die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź können sowohl im Deutschen als auch im Polnischen mit Dativ- und Präpositivergänzungen realisiert werden. Häufig werden die Antworten jedoch entweder mit einer Präpositivergänzung oder ohne Ergänzungen realisiert. Im Folgenden gehe ich auf die Referenz der Funktionsnomen ein. 4.1.2.5. Referenz Die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź sind referenzfähig (vgl. Eroms 2000: 170; Storrer 2013; Klinger 1983; s. Kap. 3.4) und können sich auf Referenten im Text beziehen (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014): Die Funktionsnomen können als Textreferenten wiederaufgenommen und weitergeführt werden. Untersucht wurde der Kontext der Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź in Bezug auf ihre Referenz . Die Analyse ergibt die folgenden Frequenzen: 150 4. Analyse Referenz der Funktionsnomen Deutsch Polnisch a) dać odpowiedź (pf.) b) dawać odpowiedź (impf.) Total Absolut Relativ % von 180 Absolut Relativ % von 120 Absolut Relativ % von 100 Absolut Relativ % von 220 Keine Wiederaufnahme 30 16,67 % 21 17,50 % 21 21 % 42 19,09 % Wiederaufnahme 150 83,33 % 99 82,50 % 79 79 % 178 80,91 % FN -Antezedent / Anker 27 15 % 20 16,67 % 30 30 % 50 22,73 % direkt 20 11,11 % 14 11,67 % 21 21 % 35 15,91 % indirekt 7 3,89 % 6 5 % 9 9 % 15 6,82 % FN -Anapher 44 24,44 % 32 26,67 % 18 18 % 50 22,73 % direkt 6 3,33 % 9 7,5 % 2 2 % 11 5 % indirekt 38 21,11 % 23 19,17 % 16 16 % 39 17,73 % FN -Katapher 15 8,33 % 21 17,5 % 11 11 % 32 14,55 % FN -Koreferenzkette 79 43,89 % 47 39,17 % 31 31 % 78 35,45 % Direkte Verknüpfung mit Frage / Anliegen 45 25 % 34 28,33 % 37 37 % 71 32,27 Tabelle 21: Referenz von Antwort und odpowiedź 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 151 Tabelle 21 fasst die Ergebnisse zur Referenz von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź zusammen. Die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź beziehen sich in den meisten Treffer(kon)texten auf Referenten in ihrer Umgebung (83,33% im Deutschen und 80,91% im Polnischen). Fälle von keiner Wiederaufnahme konnten lediglich in 16,67% der deutschen und in 19,09% der polnischen Treffer festgestellt werden. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen finden sich Funktionsnomen, die als Funktionsnomen-Antezedens oder -Anker 200 fungieren, d.h. die Nominalphrasen werden im Folgetext (in)direkt wiederaufgenommen (15% im Deutschen, 22,73% im Polnischen) (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014; Storrer 2013; Klinger 1983; s. Kap. 4.2.5), wie z.B. in (8) und (9). Die Funktionsnomen können jedoch auch vorerwähnt oder im mentalen Lexikon aktiviert sein - ein Beispiel für die indirekte Wiederaufnahme zeige ich in Abschnitt 4.2.5.1.2 - und nehmen Informationen als Funktionsnomen-Anaphern wieder auf (24,44 % im Deutschen, 22,73 % im Polnischen), wie z. B. in (10) und (11) (Hervorhebung S. K.): (8) […] gibt er "nachdrücklich und grossartig" Antwort auf das «Woher» und weitet diese zugleich zu einer Definition […] aus. 201 (9) […] dają odpowiedź - czy to na gruncie filozofii […]. I te odpowiedzi wydatnie wpływają na […]. 202 ‚[…] geben eine Antwort - sei es auf der Grundlage von Philosophie […]. Und diese Antworten haben einen wesentlichen Einfluss auf […]‘ (10) […] die die Stars schnell und ohne große Überlegungen beantworten müssen. Wer die witzigsten Antworten gibt, […]. 203 (11) Budda znalazł na to jedyną możliwą odpowiedź. Jeśli dałby odpowiedzi "tak" lub "nie" […]. 204 200 Im Kontext ist ein Lexem zu finden, durch das weitere Lexeme im mentalen Lexikon assoziativ aktiviert werden und für die Wiederaufnahme erreichbar sind (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 118), z.B. kann Interview die Lexeme Fragen und Antworten aktivieren. Interview fungiert dann als ein sog. ‚Anker‘ und die aktivierten Fragen und Antworten können indirekt wiederaufgenommen werden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 118; s. Kap. 3.4; 4.2.5). 201 WPD15 / J71.23542: Jesus von Nazareth. Die Kindheitsgeschichten, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Jesus_von_Nazareth._Die_Kindheitsgeschichten: Wikipedia, 2015 202 WPP15 / H09.07136: Hermeneutyka biblijna, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia. org/ wiki/ Hermeneutyka_biblijna: Wikipedia, 2015 203 WPD15 / K21.25678: Koffee with Karan, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Koffee_with_Karan: Wikipedia, 2015 204 WPP15 / M09.76391: Milczenie w buddyzmie, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia. org/ wiki/ Milczenie_w_buddyzmie: Wikipedia, 2015 152 4. Analyse ‚Buddha fand die einzig mögliche Antwort. Wenn er die Antwort "Ja" oder "Nein" geben würde […].‘ Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen können Funktionsnomen vorerwähnte Textreferenten wiederaufnehmen und auch selbst anaphorisch wiederaufgenommen werden, wodurch Koreferenzketten im Text gebildet werden können (43,89 % im Deutschen, 35,45 % im Polnischen) (vgl. Hackl-Rößler 2006: 64 ff.; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Auffällig war in den Korpusdaten weiter, dass die Funktionsnomen häufig direkt mit einer Frage oder einem Anliegen verknüpft werden, wie z. B. in verschiedene Antworten auf den Vorwurf , 205 wodurch Aktion-Reaktion-Sequenzen in den Text eingeführt werden können. Dies unterscheidet sie von den Funktionsverbgefügen Frage stellen bzw. zada(wa)ć pytanie und Entscheidung treffen bzw. podjąć / podejmować decyzję, die derartige Verknüpfungsrelationen nicht aufweisen. Es lassen sich zusammenfassend in Bezug auf die Referenz der Funktionsnomen Antwort und odpowiedź insgesamt nur geringe quantitative Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Polnischen feststellen, d. h. sowohl im Deutschen als auch im Polnischen beziehen sich die Funktionsnomen signifikant auf Referenten im Text oder sie bilden selbst welche. Die quantitative Analyse der Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź zeigt, dass es in Bezug auf die Erweiterungen der Funktionsnomen, die Position im Satz sowie der Realisierung der Aktanten im Satz zu Übereinstimmungen kommt: Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź werden häufig adjektivisch und durch Präpositionalphrasen erweitert, tendieren im Satz zur Endstellung, kommen häufig entweder ohne Ergänzung oder in Verbindung mit einer Präpositivergänzungen vor und beziehen sich häufig auf Textreferenten in der textuellen Umgebung. Im Folgenden gehe ich die quantitative Analyse der Gefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ein. 4.1.3. Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję 4.1.3.1. Manuelle Bereinigung Aus den Wikipedia-Korpora des IDS wurden insgesamt drei Datensätze zu dem Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und dem polnischen Äquivalent podjąć / podejmować decyzję exportiert. Die Datensätze bestehen aus einem deutschen Datensatz zu Entscheidung treffen und zwei polnischen Datensätzen zu podjąć decyzję und podejmować decyzję . Der Grund dafür ist, dass das Polnische 205 WPD15 / L01.18306: Linksfaschismus, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Linksfaschismus: Wikipedia, 2015 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 153 für die meisten Verben eine perfektive, z. B. podjąć ‚treffen‘, und eine imperfektive Variante, z. B. podejmować ‚treffen‘, vorsieht. Mit perfektiven Verben lassen sich im Polnischen einmalige und abgeschlossene Handlungen ausdrücken, mit imperfektiven Verben können Vorgänge oder gewohnheitsmäßige Handlungen verbalisiert werden (vgl. Skibicki 2016: 284; Engel et al. 1999: 583-590). In Bezug auf das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen wurden aus der Gesamtanzahl von 4.348 Treffern im deutschen Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) insgesamt 300 Treffer exportiert. Da sowohl das Funktionsnomen Entscheidung als auch das Funktionsverb treffen außerhalb der Nomen-Verb-Verbindung vorkommen können, wie z. B. in (1) Es gelang ihm aber mit der Entscheidung, die für ihn wichtigen Aussagen zu treffen, ohne sich dem Vorwurf der Manipulation aussetzen zu müssen. 206 wurden derartige Pseudotreffer manuell entfernt. Die manuelle Bereinigung der deutschen Treffer zu Entscheidung treffen ergibt eine Gesamtanzahl von 285 bereinigten Treffern (s. Tabelle 22). Für die Untersuchung der polnischen Funktionsverbgefüge podjąć und podejmować decyzję wurden jeweils 150 Belege aus 7.640 ( podjąć decyzję ) bzw. 1.321 Treffern ( podejmować decyzję ) aus dem polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus exportiert und manuell bereinigt. Die manuelle Bereinigung der polnischen Treffer ergibt 149 Treffer zu podjąć decyzję und 147 bereinigte Treffer zu podejmować decyzję , d. h. es konnten insgesamt 296 echte Treffer zu podjąć / podejmować decyzję weiter analysiert werden (s. Tabelle 22): 206 WPD15 / M15.10582: Mehrebenensystem, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Mehrebenensystem: Wikipedia, 2015 154 4. Analyse Sprache/ Korpus Funktionsverbgefüge Abs. Treffer Rel. Häufig. pMW Export Treffer Falsch-Positive-Treffer Bereinigte Treffer Abs. Relativ zu exp. Treffer Abs. Relativ zu exp. Treffer Deutsch WPD 15 Entscheidung treffen 4.348 05.272 300 15 5,00 % 285 95,00 % Polnisch WPP 15 podjąć decyzję 7.640 27.000 150 1 0,67 % 149 99,33 % podejmować decyzję 1.321 4.668 150 3 2,00 % 147 98,00 % podjąć/ podejmować decyzję 8.961 31.668 300 4 1,33 % 296 98,67 % Tabelle 22: Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję - exportierte und bereinigte Treffer 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 155 Im Vergleich der Trefferzahlen fällt auf, dass das perfektive Funktionsverbgefüge podjąć decyzję ‚Entscheidung treffen‘ in den polnischen Wikipedia-Artikeln (2015) mit insgesamt 7.640 Treffern deutlich häufiger vorkommt sowohl als das deutsche Gefüge Entscheidung treffen (4.348 abs. Treffer) als auch das imperfektive polnische Funktionsverbgefüge podejmować decyzję (1.321 abs. Treffer). Die hohe Trefferanzahl zu podjąć decyzję bei einer Fehlerquote von 0,67 % sowie einen p MW von 27 zeigt, dass es sich bei diesem Gefüge nicht nur um eine häufige Form handelt, sondern auch um eine saliente. Das Gefüge podjąć decyzję ist im Vergleich mit allen untersuchten Gefügen in Relation zur Korpusgröße aber auch in Bezug auf die absoluten Treffer die häufigste Form (s. Kap. 2). Die Bereinigung der Treffer zu Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ergibt 285 deutsche und 296 polnische Treffer zur weiteren Analyse. Das polnische perfektive podjąć decyzję weist die höchste Vorkommensfrequenz aller untersuchten Gefüge auf. Im Folgenden gehe ich auf die Erweiterungen der Funktionsnomen ein. 4.1.3.2. Erweiterungen Die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja können mit unterschiedlichen sprachlichen Einheiten erweitert werden. Im deutschen Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) finden sich unter den Erweiterungen von Entscheidung Komposita, Adjektiv-, Genitiv- und Präpositionalphrasen sowie satzförmige und mehrfache Erweiterungen (s. Tabelle 23). Im Polnischen kann das Funktionsnomen decyzja ebenfalls mit Adjektiv-, Genitiv- und Präpositionalphrasen sowie Sätzen und Attributkombinationen erweitert werden. In Bezug auf die Erweiterung des Funktionsnomens durch Komposition finden sich in der Trefferauswahl von Entscheidung treffen zwei Fälle für Funktionsnomen-Komposita, wie z.B. Veto-Entscheidung; im polnischen Korpus zu podjąć/ podejmować decyzję kommen dagegen keine Funktionsnomen-Komposita vor, weil die Komposition im Polnischen keinen produktiven Wortbildungsprozess darstellt (vgl. Engel et al. 1999). Die quantitative Analyse der Treffer nach den einzelnen Erweiterungstypen sowie ihrer Häufigkeit in Relation zu den bereinigten Gesamttreffern von Entscheidung treffen und podjąć/ podejmować decyzję ergibt die folgenden in Tabelle 23 zusammengefassten Frequenzen: 156 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase Deutsch Polnisch a) podjąć decyzję (pf.) b) podejmować decyzję (impf.) Total Absolut Relativ % von 285 Absolut Relativ % von 149 Absolut Relativ % von 147 Absolut Relativ % von 296 FN -Komposita 2 0,70 % - - - - - - Artikelwort 183 64,21 % 3 2,01 % 11 7,48 % 14 5,20 % Adjektiv 121 42,46 % 18 12,08 % 47 31,97 % 65 24,61 % Genitivphrase 12 4,21 % 5 3,36 % 6 4,08 % 11 4,09 % FV -Partizip - - 4 2,68 % 9 6,12 % 13 4,83 % Präpositionalphrase 60 21,05 % 105 70,47 % 45 30,61 % 150 55,76 % Satzförmige Erweiterung 55 19,30 % 11 7,38 % 20 13,61 % 31 11,52 % Mehrfache Erweiterung 36 12,63 % 11 7,38 % 22 14,97 % 33 12,27 % Erweiterung insgesamt 260 91,23 % 139 93,29 % 117 79,59 % 256 95,17 % Tabelle 23: Erweiterungen von Entscheidung & decyzja 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 157 In Bezug auf die Häufigkeit der verschiedenen Erweiterungsmöglichkeiten der Funktionsnomen von Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję fällt auf, dass die Nomen sowohl im Deutschen als auch im Polnischen häufig mit Adjektiven (42,46 % im Deutschen und 24,61 % im Polnischen), Präpositionalphrasen (21,05 %im Deutschen und 55,76 % im Polnischen) und mehrfach (12,63 % im Deutschen und 12,27 % im Polnischen) erweitert werden. Zu den seltenen Erweiterungsmöglichkeiten zählen Genitivattribute, die mit Entscheidung in 4,21 % und mit decyzja in 4,09 % der Treffer vorkommen. Selten findet sich in der Trefferauswahl außerdem das Funktionsverb-Partizip, das sich aus einer Partizipbildung des Funktionsverbs und dem Funktionsnomen, wie z. B. podjęta decyzja - die getroffene Entscheidung , zusammensetzt (vgl. Popadić 1971: 42) und nur im polnischen Korpus vorkommt. Unterschiede zwischen den deutschen und den polnischen Ergebnissen sind in Bezug auf die Erweiterung der Nominalphrase durch Artikelwörter festzustellen: Im Deutschen werden die Nominalphrasen zu Entscheidung mit 64,21 % der Gesamttreffer deutlich häufiger um Artikelwörter erweitert als im Polnischen mit lediglich 14 Treffern. Der Grund für diesen quantitativen Unterschied liegt in der unterschiedlichen Ausprägung des deutschen und des polnischen Artikelsystems. Einen (un)bestimmten Artikel wie im Deutschen gibt es im Polnischen nicht, sondern nur vergleichbare Demonstrativ- oder Possessivartikel, wie z. B. ta / twoja decyzja ‚diese / deine Entscheidung‘ (vgl. Skibicki 2016: 178 ff.). Die zeigt sich auch in Tabelle 24 mit der Auflistung der verwendeten Artikelwörter. Zudem wurden zu den Erweiterungen von Entscheidung treffen und podjąć/ podejmować decyzję weiter Adjektivattribute (Tabelle 25) und satzförmige Erweiterungen (Tabelle 26) subkategorisiert. 158 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase: Artikelwort Deutsch Polnisch a) podjąć decyzję (pf.) b) podejmować decyzję (impf.) Total Absolut Relativ % von 183 Absolut Relativ % von 3 Absolut Relativ % von 11 Absolut Relativ % von 14 Bestimmter Artikel 83 45,36 % - - - - - - Unbestimmter Artikel 48 26,23 % - - - - - - Demonstrativartikel 9 / 52 17,31 % 2 66,67 % 2 18,18 % 4 28,57 % Indefinitartikel 16 / 52 30,77 % 1 33,33 % 8 72,73 % 9 64,29 % Negationsartikel 17 / 52 32,69 % - - 1 9,09 % 1 7,14 % Possessivartikel 8 / 52 15,38 % - - - - - - Interrogativartikel 2 / 52 3,85 % - - - - - - Tabelle 24: Artikelwörter von Entscheidung & decyzja 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 159 In Tabelle 24 werden die quantitativen Ergebnisse zu den Artikelwörtern von Entscheidung und decyzja zusammengefasst. Es zeigt sich, dass im Deutschen der Gebrauch der (un)bestimmten Artikel in Verbindung mit Entscheidung überwiegt, was an der Ausprägung des deutschen Artikelsystems liegt. Da es im Polnischen keine (un)bestimmen Artikel gibt, wurden zur Vergleichbarkeit der quantitativen Ergebnisse im Deutschen und im Polnischen die deutschen (un)bestimmten Artikel abgezogen. Von 183 deutschen Artikelwörtern bleiben abzüglich des bestimmten und des unbestimmten Artikels 52 Artikelverwendungen. Im Polnischen wird das Funktionsnomen decyzja am häufigsten mit Indefinitartikel, wie z. B. wszystkie decyzje ‚alle Entscheidungen‘ erweitert. Im Vergleich mit dem Deutschen finden sich im polnischen Korpus zu podjąć / podejmować decyzję keine Possessiv- und keine Interrogativartikel, d. h. es ist im Deutschen insgesamt eine größere Varianz in Bezug auf die Artikelwörter erkennbar. In Tabelle 25 werden die quantitativen Ergebnisse zu den Adjektiverweiterungen von Entscheidung und decyzja zusammengefasst. Ausgewertet wurden einerseits die die Adjektive bezüglich ihrer Semantik, d. h. nach Quantitäts- und Qualitätsangaben, und andererseits wurde die Komplexität der Adjektivphrasen analysiert. In Bezug auf die Art der Adjektive zeigt sich, dass sowohl im Deutschen als auch im Polnischen in Verbindung mit Entscheidung und decyzja Qualitätsadjektive, wie z. B. schwere Entscheidung - trudna decyzja , überwiegen (77,69 % im Deutschen und 66,15 % im Polnischen), auf die ich in Abschnitt (4.2.1) in Bezug auf die Anreicherung von Informationen im Text eingehe. In beiden Sprachen werden außerdem auch partizipiale Adjektive als Erweiterungen der Funktionsnomen, wie z. B. wiążące decyzja ‚bindende / verbindliche Entscheidung, verwendet (8,26 % im Deutschen und 12,31 % im Polnischen). Selten bis gar nicht finden sich in Verbindung mit Entscheidung und decyzja relationale Adjektive, wie z. B. ähnliche Entscheidungen ‚podobne decyzje‘, und quantitative Angaben in Form von Zahladjektiven oder unbestimmten Mengenangaben, wie z. B. drei / viele Entscheidungen ‚trzy / wiele decyzji / e‘. In Bezug auf die Komplexität der Adjektivphrasen tendieren die Adjektivattribute von Entscheidung und decyzja zur einfachen Erweiterung (80,17 % im Deutschen und 72,31 % im Polnischen). Komplexe Adjektivattribute sind jedoch auch in beiden Sprachen zu finden, wobei Adjektivphrasen mit subordinierten Elementen, wie z. B. sehr gute Entscheidungen ‚bardzo dobre decyzje‘, häufiger sind (10,74 % im Deutschen und 20,00 % im Polnischen) als koordinierte Adjektive, wie z. B. verwaltungs- und kommandotechnische Entscheidungen oder decyzje administracyjne i polityczne ‚administrative und politische Entscheidungen‘ (9,09 % im Deutschen und 7,69 % im Polnischen). 160 4. Analyse Erweiterung der Nominalphrase: Adjektive Deutsch Polnisch a) podjąć decyzję (pf.) b) podejmować decyzję (impf.) Total Absolut Relativ % von 121 Absolut Relativ % von 18 Absolut Relativ % von 47 Absolut Relativ % von 65 Qualität 94 77,69 % 14 77,78 % 29 61,70 % 43 66,15 % Relation 10 8,26 % 1 5,56 % - - 1 1,54 % Quantität: Zahl 3 2,48 % 1 5,56 % - - 1 1,54 % Quantität: unbest. Angabe 2 1,65 % 1 5,56 % 1 2,13 % 2 3,08 % Partizipiales Adjektiv 10 8,26 % 1 5,56 % 7 14,89 % 8 12,31 % Mischtyp 2 1,65 % - - 10 21,28 % 10 15,38 % Einfach 97 80,17 % 14 77,78 % 33 70,21 % 47 72,31 % Komplex 224 19,83 % 4 22,22 % 14 29,79 % 18 27,69 % komplex koordiniert 11 9,09 % 1 5,56 % 4 8,51 % 5 7,69 % komplex subordiniert 13 10,74 % 3 16,67 % 10 21,28 % 13 20,00 % Tabelle 25: Adjektiverweiterungen von Entscheidung & decyzja 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 161 Erweiterung der Nominalphrase: Satzförmige Erweiterung Deutsch Polnisch a) podjąć decyzję (pf.) b) podejmować decyzję (impf.) Total Absolut Relativ % von 55 Absolut Relativ % von 11 Absolut Relativ % von 20 Absolut Relativ % von 31 Relativsatz Typ 1 23 41,82 % 5 45,45 % 7 35 % 12 38,71 % Relativsatz Typ 2 7 12,73 % 2 18,18 % 2 10 % 4 12,90 % Konjunktionalsatz 1 1,82 % 2 18,18 % 5 25 % 7 22,58 % Infinitivsatz 15 27,27 % 1 9,09 % 2 10 % 3 9,68 % Hauptsatz 5 9,09 % - - 4 20 % 4 12,90 % Ob-Entscheidungssatz 4 7,27 % 1 9,09 % - - 1 3,23 % Tabelle 26: Satzförmige Erweiterungen von Entscheidung & decyzja 162 4. Analyse In Tabelle 26 werden die quantitativen Ergebnisse zu den satzförmigen Erweiterungen von Entscheidung und decyzja zusammengefasst. Die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja werden sowohl im Deutschen als auch im Polnischen am häufigsten durch Relativsätze erweitert werden: Unterschieden werden in der vorliegenden Arbeit zwei Typen von Relativsätzen: Bei Typ-1-Relativsätzen ist das Funktionsverbgefüge im Matrixsatz; im Relativsatz des zweiten Typs ist nur das Funktionsnomen im Matrixsatz, das Funktionsverb bildet im angeschlossenen Relativsatz das Prädikat (vgl. Popadić 1971: 51 f.; Storrer 2013: 203), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): Relativsatz Typ 1: (1) Sie müssen Entscheidungen für die Zukunft treffen, die möglichst allen Anforderungen gerecht werden […]. 207 (2) W bardzo trudnych sytuacjach potrafił podejmować trafne decyzje, które uchroniły zespół przed stratą goli. 208 ‚In sehr schwierigen Situationen konnte er die richtigen Entscheidungen treffen, die das Team vor Torverlusten bewahrten.‘ Relativsatz Typ 2: (3) […] sind manche Entscheidungen, die der Spieler treffen muss, nicht zwingend. 209 (4) […]wpłynęło na decyzję[,] jaką podjął hiszpański parlament. 210 ‚Das Referendum hatte ausschließlich beratende Funktion für die Regierung, beeinflusste jedoch definitiv die Entscheidung, die das spanische Parlament traf.‘ Typ-1-Relativsätze sind sowohl im Deutschen (41,82 %) als auch im Polnischen (38,71 %) deutlich häufiger als Typ-2-Relativsätze (12,73 % im Deutschen und 12,90 % im Polnischen). In Bezug auf andere Satzarten lassen sich im Deutschen und im Polnischen Unterschiede feststellen: Im Deutschen werden die Entscheidungen häufiger als im Polnischen mit Infinitivsätzen erweitert, wie z. B. traf die Entscheidung, 207 WPD15 / K49.36030: Karl-Hermann Kästner, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Karl-Hermann_Kästner: Wikipedia, 2015 208 WPP15 / A20.09050: Artur Jędrzejczyk, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Artur_Jędrzejczyk: Wikipedia, 2015 209 WPD15 / H47.20784: Heavy Rain, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Heavy_Rain: Wikipedia, 2015 210 WPP15 / E01.69817: Europejskie referendum konstytucyjne w Hiszpanii, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Europejskie_referendum_konstytucyjne_w_Hiszpanii: Wikipedia, 2015 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 163 sich […] auf die Formel 1 zu konzentrieren 211 ; im Polnischen sind Konjunktionalsatzerweiterungen der Nominalphrase häufiger als im Deutschen, wie z. B. […] Karol podejmuje decyzję, że zginą obaj 212 ‚Karol trifft die Entscheidung, dass sie beide sterben‘. Die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja können um Adjektiv-, Genitiv- und Präpositionalphrasen sowie Sätze erweitert werden. Häufig werden Entscheidungen um Qualitätsadjektive und Relativsätze erweitert. Im Folgenden gehe ich auf die Position der Funktionsnomen ein. 4.1.3.3. Position Für die Analyse der Position der deutschen und polnischen Funktionsnomen wird das topologische Feldermodell herangezogen (vgl. Engel et al. 1999, Skibicki 2006, Wöllstein 2014). Der deutsche Satz lässt sich in Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld sowie die rechte und die linke Satzklammer einteilen (vgl. Wöllstein 2014), wobei die linke und die rechte Klammer überwiegend für verbale Elemente reserviert ist. 213 Im Deutschen kann das Funktionsnomen Entscheidung im Vorfeld, im Mittelfeld und im Nachfeld realisiert werden. Der polnische Satz lässt sich in drei Felder aufteilen: das linke und das rechte Feld sowie ein Feld für den Verbalkomplex (vgl. Engel et al. 1999: 495), d. h. das Funktionsnomen decyzja kann im Polnischen im linken oder im rechten Feld realisiert werden (vgl. Engel et al. 1999: 495 f.). Da die Konstituenten im deutschen Mittel- und Nachfeld sowie im polnischen rechten Feld unterschiedlich groß und komplex sein können, entscheide ich mich für eine detailliertere Analyse und teile das deutsche Mittel- und Nachfeld sowie das polnische rechte Feld weiter auf in: • linken (Innen)Rand, • Mittelteil • und rechten (Innen)Rand. Die Position der Funktionsnomen bzw. die Abfolge der Glieder im Satz steht mit der unterschiedlichen Gewichtung von Informationen im Text im Zusammenhang (vgl. Engel et al. 1999: 49 f.; IDS-Grammatik 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 214 ; s. Kap. 4.2.4). In Bezug auf die Position der Nominalphrasen von Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ergibt die Felderanalyse die folgenden Frequenzen: 211 WPD15 / G74.90871: Großer Preis von Großbritannien 1984, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Großer_Preis_von_Großbritannien_1984: Wikipedia, 2015 212 WPP15 / B12.23437: Bracia Lwie Serce, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Bracia_Lwie_Serce: Wikipedia, 2015 213 In der linken Klammer stehen auch Konjunktionen, die Nebensätze einleiten; in der rechten Klammer können beispielsweise auch Verbpartikeln vorkommen, z. B. in Sie machen die Tür auf (vgl. Wöllstein 2014: 37; Hervorhebung S. K.). 214 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 164 4. Analyse Position der Nominalphrase Deutsch Polnisch a) podjąć decyzję (pf.) b) podejmować decyzję (impf.) Total Absolut Relativ % von 285 Absolut Relativ % von 149 Absolut Relativ % von 147 Absolut Relativ % von 296 Vorfeld / Linkes Feld 58 20,35 % 14 9,40 % 39 26,53 % 53 17,91 % Mittelfeld / Rechtes Feld 128 44,91 % 135 90,60 % 108 73,47 % 243 82,09 % Linker Innenrand 11 3,86 % 108 72,48 % 52 35,37 % 160 54,05 % Mittelteil 43 15,01 % 16 10,74 % 22 14,97 % 38 12,84 % Rechter Innenrand 74 25,96 % 11 7,38 % 34 23,13 % 45 15,20 % Nachfeld 99 34,74 % - - - - - - FVG in Nebensatz 96 33,68 % - - - - - - Linker Innenrand 27 9,47 % - - - - - - Mittelteil 24 8,42 % - - - - - - Rechter Innenrand 46 22,46 % - - - - - - Rest 3 1,05 % Tabelle 27: Position von Entscheidung und decyzja 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 165 Tabelle 27 ist zu entnehmen, dass die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja sowohl im Deutschen als auch im Polnischen häufig in Mittel- oder Endstellung realisiert werden. Dies zeigt sich im Deutschen v. a. an der frequenten Mittelfeld- und Nachfeldbesetzung in 44,91 % bzw. 34,74 % der Treffer, wie z. B. […] traf zwei kontroverse Entscheidungen 215 . Im Polnischen besetzen die Funktionsnomen mit 82,09 % der Treffer am häufigsten das rechte Feld, wie z. B. […] podejmują wspólną decyzję 216 . In Bezug auf die Nachfeldbesetzung im Deutschen zeigt sich, dass es sich in fast allen Nachfeldbesetzungen um ausgeklammerte Nebensätze handelt, die das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen integrieren (vgl. Wöllstein 2014), wie z. B. eine Möglichkeit, politische und kulturell fortschrittliche Entscheidungen zu treffen 217 . Im Vergleich mit Frage stellen bzw. zada(wa)ć pytanie und Antwort geben bzw. da(wa)ć odpowiedź werden die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja häufiger am Satzanfang realisiert, vgl. z. B. Die Entscheidungen darüber werden […] getroffen 218 oder Każdą ważną decyzję podejmował po naradzeniu się z innymi […] 219 ‚Jede wichtige Entscheidung traf er nach Rücksprache mit den anderen […]‘. Die weitere Einteilung des Mittel-, Nach- und rechten Feldes zeigt Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Polnischen auf. Denn während die Entscheidungen im Deutschen im Mittel- und Nachfeld die Tendenz aufweisen, am rechten Innenrand zu stehen (rechter Innenrand Mittelfeld: 25,96 %; rechter Innenrand Nachfeld: 22,46 %), stehen die polnischen Funktionsnomen am linken Innenrand des rechten Feldes, d. h. die unbetonten Position direkt beim Verbalkomplex (linker Rand des rechten Feldes in 54,05 %), worauf ich im Abschnitt zur Informationsgewichtung im Detail eingehe. Die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja können im linken und im rechten Teil des Satzes stehen. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen werden die Entscheidungen jedoch häufig im rechten Teil des Satzes. Im Deutschen steht Entscheidung häufiger am Satzende, im Polnischen besetzt decyzja häufig die Position nach dem Verb. Im Folgenden gehe ich auf die Valenz der Funktionsverbgefüge ein. 215 WPD15 / G15.76299: Great Western Main Line, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Great_Western_Main_Line: Wikipedia, 2015 216 WPP15 / B29.49303: Bridget Forrester, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Bridget_Forrester: Wikipedia, 2015 217 WPD15 / G78.96940: Großblock, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Großblock: Wikipedia, 2015 218 WPD15 / I05.60496: IRC-Operator, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ IRC-Operator: Wikipedia, 2015 219 WPP15 / C01.58220: Cyprian z Kartaginy, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Cyprian_z_Kartaginy: Wikipedia, 2015 166 4. Analyse Valenz: Realisierung der Aktanten Deutsch Polnisch a) podjąć decyzję (pf.) b) podejmować decyzję (impf.) Total Absolut Relativ % von 285 Absolut Relativ % von 149 Absolut Relativ % von 147 Absolut Relativ % von 296 Voll realisiert 9 3,16 % 69 46,31 % 37 25,17 % 106 35,81 % Reduziert realisiert 168 58,95 % 20 13,42 % 85 57,82 % 105 35,47 % nur K Sub 161 56,49 % 20 13,42 % 85 57,82 % 105 35,47 % mit K PrP : über, o 9 3,16 % 69 46,31 % 37 25,17 % 106 35,81 % mit K PrP : für, zu(r,m), zugunsten 7 2,46 % - - - - - - Abweichende Strukturen 108 37,89 % 60 40,27 % 25 17,01 % 85 28,72 % FVG-Partizip - - 4 2,68 % 9 6,12 % 13 4,39 % Passiv 95 33,33 % 43 28,86 % 14 9,52 % 57 21,19 % Relativsatz Typ 2 7 2,46 % 2 1,34 % 2 1,36 % 4 1,49 % Rest 6 2,11 % 11 7,38 % - - 11 3,72 % Vereinheitlichung der Valenz 26 9,12 % 11 7,38 % 25 17,01 % 36 13,38 % Tabelle 28: Valenz von Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję 4.1.3.4. Valenz Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję wurden auf die Realisierung ihrer Aktanten ausgewertet. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen können mit den Funktionsverbgefügen Präpositivergänzungen realisiert werden. Die Analyse der Valenzrealisierung von Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ergibt die in Tabelle 28 zusammengefassten Frequenzen. 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 167 In Bezug auf die Valenzrealisierung von Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję zeigt die Analyse deutliche Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Polnischen auf: Im Polnischen werden mit 35,81 % der Treffer zu podjąć / podejmować decyzję am häufigsten vollständige Valenzmuster realisiert, d. h. Valenzmuster, in denen sowohl ein Subjekt als auch eine Präpositivergänzung realisiert werden, wie z. B. Hope Sub podejmuje decyzję o wyprowadzce Prp 220 ‚Hope trifft die Entscheidung, auszuziehen‘. Im Deutschen werden dagegen in 58,95 % der Treffer reduzierte Valenzmuster realisiert, d. h. die Präpositivergänzungen von Entscheidung treffen werden ausgelassen, wie z. B. weil er keine schweren Entscheidungen [Ø K Prp ] mehr treffen will. 221 Die Ergänzungen zu Entscheidung können außer der über -Präpositionalphrase aus einer für- PP von sich für etw. entscheiden , einer zu- PP von sich zu etw. entscheiden sowie einer zugunsten- PP von zugunsten jmdm./ etw. entscheiden bestehen. Weiter werden die Gefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję häufig in abweichenden Strukturen, wie z. B. in Passivsätzen realisiert (33,33 % im Deutschen und 21,19 % im Polnischen). Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję können sowohl im Deutschen als auch im Polnischen mit Präpositivergänzungen realisiert werden. Im Polnischen werden am häufigsten vollständige Valenzmuster realisiert, im Deutschen werden die Präpositivergänzungen dagegen häufig ausgespart. Im Folgenden gehe ich auf die Referenz der Funktionsnomen ein. 4.1.3.5. Referenz Die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja sind referenzfähig (vgl. Eroms 2000: 170; Storrer 2013; Klinger 1983; s. Kap. 4.1.3.5) und können sich auf Textreferenten beziehen (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014): Die Funktionsnomen können anaphorische Verweisrelationen herstellen sowie als Textreferenten ein- und weitergeführt werden. Untersucht wurde die kontextuelle Umgebung der Gefüge in Bezug auf die Referenz von Entscheidung und decyzja. Die Analyse ergibt die folgenden Frequenzen: 220 WPP15 / B29.40271: Brooke Logan, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Brooke_Logan: Wikipedia, 2015 221 WPD15 / L67.29116: Leszczyń ski-Palast (Warschau), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Leszczyń ski-Palast_(Warschau): Wikipedia, 2015 168 4. Analyse Referenz der Funktionsnomen Deutsch Polnisch a) podjąć decyzję (pf.) b) podejmować decyzję (impf.) Total Absolut Relativ % von 285 Absolut Relativ % von 149 Absolut Relativ % von 147 Absolut Relativ % von 296 Keine Wiederaufnahme 73 25,61 % 59 39,60 % 57 38,78 % 116 39,19 % Wiederaufnahme 212 74,39 % 90 60,40 % 90 61,22 % 180 60,81 % FN -Antezedent / Anker 78 27,37 % 43 28,86 % 29 19,73 % 72 24,32 % direkt 59 20,70 % 26 17,45 % 25 17,01 % 51 17,23 % indirekt 19 6,76 % 17 11,41 % 4 2,72 % 21 7,09 % FN -Anapher 95 33,33 % 26 17,45 % 52 14,97 % 78 26,35 % direkt 35 12,28 % 6 4,03 % 9 6,12 % 15 5,07 % indirekt 60 21,05 % 20 13,42 % 43 29,25 % 63 21,28 % FN -Katapher 25 8,77 % 4 2,68 % 11 7,48 % 15 5,07 % FN -Koreferenzkette 39 13,68 % 21 7,38 % 9 61,22 % 30 10,14 % Tabelle 29: Referenz von Entscheidung und decyzję 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 169 Tabelle 29 zeigt die quantitativen Ergebnisse zur Referenz von Entscheidung und decyzja . Die Funktionsnomen beziehen sich häufig auf Textreferenten im Kontext oder sie bilden selbst welche (74,39 % im Deutschen und 60,81 % im Polnischen). Keine Wiederaufnahmerelationen konnten in 25,61 % der deutschen und in 39,19 % der polnischen Treffer festgestellt werden. Dass das polnische Funktionsverbgefüge weniger häufig wiederaufgenommen wird als das deutsche, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die polnische Konstruktion einen höheren Grad an Lexikalisierung aufweist als die deutschen Äquivalente. Der Grad an Lexikalisierung von Funktionsverbgefügen bzw. anderen polylexikalischen Einheiten wird mit der Blockierung von Wiederaufnahme in Verbindung gebracht, d. h. je höher der Grad der Lexikalisierung desto weniger wahrscheinlich ist es, dass das Nomen der Konstruktion wiederaufgenommen werden kann, vgl. z. B. in Gang bringen - der Gang (vgl. Burger 2015; Helbig / Buscha 2011: 88). Unter den Treffern mit Wiederaufnahmerelationen fungieren die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja häufig als Funktionsnomen-Antezedens oder -Anker 222 (27,37% im Deutschen und in 24,32% im Polnischen), d.h. die Nominalphrasen werden im Folgetext (in)direkt wiederaufgenommen, wie z.B. in (5) und (6) (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014; Storrer 2013; Żmigrodzki 2000; s. Kap. 4.2.5). Die Funktionsnomen können im aber Text nicht nur wiederaufgenommen werden, sondern sie können sich auch auf vorerwähnte oder im mentalen Lexikon aktivierte Textreferenten beziehen (Schwarz-Friesel / Consten 2014: 55 ff.), d. h. durch die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja können Informationen anaphorisch wiederaufgenommen werden (33,33 % im Deutschen, 26,35 % im Polnischen), wie z. B. in (7) und (8) (Hervorhebung S. K.): (5) […] Entscheidungen über automatische Fahrentscheidungen treffen und sie an die Aktoren weiterleiten 223 (6) Jon Hiseman podjął decyzję […], decyzja ta była zdecydowanie przedwczesna 224 ‚Jon Hiseman traf eine Entscheidung […], diese Entscheidung war eindeutig voreilig‘. 222 Im Kontext ist ein Lexem zu finden, durch das weitere Lexeme im mentalen Lexikon assoziativ aktiviert werden und für die Wiederaufnahme erreichbar sind (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 118), z. B. kann Interview die Lexeme Fragen und Antworten aktivieren. Interview fungiert dann als ein sog. ‚Anker‘ und die aktivierten Fragen und Antworten können indirekt wiederaufgenommen werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014, 118; s. Kap. 3.4; 4.2.5). 223 WPD15 / A86.23998: Autonomes Fahren, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Autonomes_Fahren: Wikipedia, 2015 224 WPP15 / C12.36962: Colosseum, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Colosseum: Wikipedia, 2015 170 4. Analyse (7) […] so fehlt ihr auch die Basis zur Entscheidung über die Delegation. Die Instanz trifft ihre Entscheidung […] 225 (8) […] rząd Izraela zdecydował, że Arabowie powinni wyjechać. […] decyzję o wyjeździe podejmowali […]. 226 ‚Die israelische Regierung entschied, dass die Araber ausfahren sollten […] die Entscheidung über die Ausfahrt trafen […].‘ Zudem können Funktionsnomen sowohl vorerwähnte bzw. aktiviert sein als auch wiederaufgenommen werden und Koreferenzketten bilden (vgl. Hackl-Rößler 2006: 64 ff.; 13,68 % im Deutschen, 10,14 % im Polnischen). Es lassen sich zusammenfassend in Bezug auf die Referenz der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja quantitative Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Polnischen feststellen: Im Polnischen wird das Funktionsnomen decyzja häufiger als im Deutschen nicht wiederaufgenommen oder bezieht sich auf einen vorerwähnten / aktivierten Textreferenten. Im Deutschen wird mit Entscheidung dagegen häufiger als im Polnischen auf vorerwähnte oder aktivierte Textreferenten verwiesen. In beiden Sprachen können jedoch ähnliche Verweisrelationen im Text sichtbar gemacht werden, d. h. sowohl im Deutschen als auch im Polnischen beziehen sich die Funktionsnomen signifikant auf Referenten im Text oder sie bilden selbst welche, was im Abschnitt zur Wiederaufnahme von Informationen durch Funktionsverbgefüge wieder aufgegriffen und thematisiert wird. Die quantitative Analyse der Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję zeigt, dass es in Bezug auf die Erweiterungen der Funktionsnomen, die Position im Satz sowie der Realisierung der Aktanten im Satz zu Übereinstimmungen kommt: Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję werden häufig adjektivisch und satzförmig erweitert, sie tendieren im Satz zur Rechtspositionierung, kommen häufig in Passivkonstruktionen vor und verweisen im Text auf Referenten oder bilden selbst welche. Die quantitative Analyse der Funktionsverbgefüge dient im Folgenden als Basis für die Auswahl der Beispiele sowie die Thematisierung der Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text. 225 WPD15 / D85.21420: Delegationswert, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Delegationswert: Wikipedia, 2015 226 WPP15 / A04.33628: Aszkelon, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Aszkelon: Wikipedia, 2015 4.1. Quantitative Analyse nach textgrammatischen und -semantischen Kategorien 171 4.1.4. Zusammenfassung Für die Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang wurden die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente aus den Wikipedia-Artikel-Korpora des IDS exportiert, manuell bereinigt und auf ihren Gebrauch im Kontext analysiert. Die manuelle Bereinigung ergibt zu Frage stellen 232, zada(wa)ć pytanie 554, Antwort geben 180, da(wa)ć odpowiedź 220, Entscheidung treffen 285 und zu podjąć / podejmować decyzję 296 bereinigte Treffer. Insgesamt wurden 1767 polnische und deutsche Treffer(kon)texte in Bezug auf Erweiterungen, Position, Valenz und Referenz der Gefüge(nomen) analysiert. Bei der Analyse konnten zum einen Gemeinsamkeiten zwischen dem Deutschen, dem Polnischen sowie den Funktionsverbgefüge-Paarungen festgestellt werden, zum anderen unterscheiden sich die deutschen und polnischen Gefüge voneinander und weisen verschiedene Verknüpfungspotenziale im Text auf. Die Gemeinsamkeiten zwischen dem Deutschen, dem Polnischen und den Gefüge-Paarungen beziehen sich auf die Arten von Erweiterungen, die Positionierung im Satz, die Realisierung von Aktanten sowie die Referenzialisierung im Text. Sowohl die deutschen als auch die polnischen Gefüge können um Artikelwörter, (Qualitäts-)Adjektive, Genitiv- und Präpositionalphrasen sowie Sätze erweitert werden. Die Funktionsnomen können im linken und im rechten Teil des Satzes stehen, tendieren jedoch zur Besetzung der rechten Felder im Satz. Die Gefüge können mit Dativ- und / oder Präpositivergänzungen realisiert werden, werden aber häufig in reduzierten Valenzmustern gebraucht. Und die Funktionsnomen beziehen sich meist auf Textreferenten im Kontext und / oder werden (in)direkt wiederaufgenommen. Die Unterschiede zwischen den Gefügen äußern sich im Verknüpfungspotenzial der einzelnen Konstruktionen mit anderen sprachlichen Einheiten: Fragen werden häufig um quantitative Adjektive und (in)direkte Fragesätze erweitert, stehen am Satzende, werden ohne Ergänzungen oder im Passiv realisiert und bilden neue Textreferenten. Antworten werden oftmals um partizipiale Adjektive und Relativsätze sowie direkte Rede erweitert, stehen im mittleren oder rechten Teil des Satzes, werden häufig mit einer Präpositiv-, aber ohne Dativergänzung realisiert und führen Aktion-Reaktion-Sequenzen in den Text ein. Entscheidungen werden um partizipiale und Qualitätsadjektive sowie Relativsätze erweitert, stehen häufiger als die anderen Funktionsnomen im linken Satzteil, werden in Passivkonstruktionen realisiert und nehmen vorerwähnte Inhalte wieder auf. Die Unterschiede zwischen den deutschen und den polnischen Gefügen beziehen sich v. a. auf sprachsystematische Aspekte, wie z. B. der Existenz einer Verbklammer, (un)bestimmter Artikel sowie der Komposition als produktiven 172 4. Analyse Wortbildungsmechanismus. Im Einzelnen können sich die Divergenzen jedoch auch auf unterschiedliche Ausprägungen bezüglich der Erweiterungsart, Stellung im Satz, Valenzrealsierung oder der Referenzialisierung im Kontext beziehen: pytanie ‚Frage‘ wird beispielsweise häufiger mit dem Funktionsverb-Partizip attribuiert, odpowiedź ‚Antwort‘ und decyzja ‚Entscheidungen‘ besetzen im Polnischen meist die Satzmitte. Zudem weist das polnische Gefüge podjąć / podejmować decyzję die höchste Vorkommensfrequenz aller untersuchten Gefüge auf und wird salient im vollständigen Valenzmuster realisiert sowie weniger frequent im Text wiederaugenommen. Dies könnte darauf hinweisen, dass die Konstruktion podjąć / podejmować decyzję einen höheren Grad an Festigkeit und Lexikalisierung aufweist als die anderen Gefüge. Die Erweiterung, Position, Valenz und Referenz von Funktionsverbgefügen steht im Zusammenhang mit der Anreicherung (s. Kap. 4.2.1), Verdichtung (s. Kap. 4.2.2), Perspektivierung (s. Kap. 4.2.3), Gewichtung (s. Kap. 4.2.4) und der Wiederaufnahme von Informationen (s. Kap. 4.2.5) im Text, auf die ich im Folgenden in der qualitativen Analyse der Gefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihrer polnischen Äquivalente eingehe. 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente wurden aus den Wikipedia-Artikel-Korpora (2015) exportiert, manuell bereinigt und auf den folgenden vier syntaktischen und semantischen Analyseebenen untersucht: • Erweiterung der Nominalphrase • Position im Satz • Realisierung der Aktanten • Referenz der Funktionsnomen In Bezug auf die Erweiterungen der Funktionsnomen, die Position im Satz sowie die Realisierung der Aktanten im Satz und die Referenz der Funktionsnomen zeigt die quantitative Analyse der Funktionsverbgefüge, dass die polnischen und die deutschen Gefüge Übereinstimmungen aufweisen: Die Funktionsnomen werden häufig adjektivisch oder satzförmig erweitert, stehen meist im rechten Teil des Satzes, werden oft in einem reduzierten Valenzmuster realisiert und verweisen auf Referenten im Text. In der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen werden die Leistungen mit der Modifikation, der Spezifizierung und der Verdichtung von Aussagen, der Schattierung der Mitteilungsperspektive sowie 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 173 Verweisrelationen im Text in Verbindung gebracht (vgl. Daniels 1963, Schmidt 1968, Seifert 2004). In Bezug auf die Funktionen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang leite ich daraus die folgenden textuellen Leistungen ab: • Informationsanreicherung • Informationsverdichtung • Informationsgewichtung • Informationsperspektivierung und • die Wiederaufnahme von Informationen Unter Anwendung des Substitutionstests mit dem Basisverb (Glinz 1952) gehe ich im Folgenden auf diese Leistungen der Funktionsverbgefüge-Paarungen Frage stellen und zada(wa)ć pytani e, Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź sowie Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ein. Im Vordergrund der qualitativen Analysen steht nicht nur die Frage, ob eine Funktionsverbgefüge-Konstruktion mit einem Basisverb ersetzt werden kann, d. h. ob das Ergebnis einen grammatischen Satz ergibt, sondern auch, was sich durch die Substitution mit dem Basisverb verändert. 4.2.1. Informationsanreicherung Die Informationsanreicherung beschreibt eine Textfunktion, bei der durch das Hinzufügen von sprachlichen Elementen Informationen im Text in Bezug auf Eigenschaften, Herkunft oder Besitzanzeige inhaltlich näher bestimmt und modifiziert werden können wie z. B. falsche , kluge oder eigene Antworten geben (vgl. Schmidt 1968: 49; Popadić 1971: 42; Heine 2005: 166; s. Kap. 4.1.1.2), d. h. die im Text vermittelten Informationen werden mit anderen bedeutungstragenden Elementen verbunden, wodurch der Text inhaltlich reicher wird. Die Funktionsnomen von Frage stellen - zada(wa)ć pytani e, Antwort geben - da(wa) ć odpowiedź sowie Entscheidung treffen - podjąć / podejmować decyzję können durch verschiedene sprachliche Einheiten erweitert werden. Zu den sprachlichen Mitteln gehören Adjektive, andere Nomen und Sätze, durch deren Verbindung mit dem Funktionsnomen weitere Bedeutungseinheiten und -aspekte im Text transportiert werden können (vgl. Schmidt 1968: 49; Popadić 1971: 42; Heine 2005: 166). Im Folgenden gehe ich auf die Funktionsverbgefüge-Paarungen bezüglich der Anreicherung von Informationen im Text ein. 4.2.1.1 .Frage stellen und zada(wa)ć pytanie Auffällig häufig werden für die Informationsanreicherung sowohl im polnischen als auch im deutschen Wikipedia-Artikel-Korpus verschiedene Attribute und Artikelwörter mit den Funktionsnomen Frage und pytanie verwendet: In 92,67 % 174 4. Analyse der deutschen und in 78,52 % der polnischen Treffer finden sich Erweiterungen der Funktionsnomen. Zu den häufigsten Erweiterungen der Funktionsnomen Frage und pytani e gehören Adjektivattribute (28,88 % im Deutschen und 33,03 % im Polnischen) und satzförmige Erweiterungen auf (40,95 % im Deutschen und 30,87 % im Polnischen) (s. Kap. 4.1), deren Leistungen hinsichtlich der Anreicherung von Informationen im Text im Folgenden analysiert werden. 4.2.1.1.1. Informationsanreicherung durch Qualitätsadjektive Die Funktionsnomen Frage und pytanie werden häufig um Adjektive erweitert, die die Qualität der Fragen beschreiben (vgl. Hoffmann 2009: 165): In 49,25 % der deutschen und in 50,27 % der polnischen Adjektiverweiterungen finden sich Eigenschaftswörter, die mit einer Wertung oder Wirkung der Fragen verbunden sind, vgl. die folgenden Adjektive aus dem polnischen und dem deutschen Korpus: Deutsch Polnisch sinnlose • bezsensowne dumme • bzdurne unbequeme Frage (-n) • niewygodne Pytanie (-a) direkte • bezpośrednie beliebige • dowolne rhetorische • retoryczne hilfreiche • zbawienne große • wielkie Tabelle 30: Qualitätsadjektive zu Frage stellen und zada(wa)ć pytanie In Bezug auf die verwendeten Adjektivattribute kommt es in beiden Sprachen zu Übereinstimmungen: Sowohl im Deutschen als auch im polnischen gehen die Bewertungen der Fragen mit negativen Eigenschaften, wie z. B. dumm , sinnlos und unbequem , einher, können jedoch auch als wichtig, also hilfreich und groß , qualifiziert werden. Im Korpus kommen jedoch auch Adjektiverweiterungen vor, die nur in einer der Vergleichssprachen realisiert werden: Nur im Polnischen tritt das Funktionsnomen Frage ‚pytanie‘ mit den Adjektiven dociekliwe ‚tiefgründig‘, przypadkowe ‚zufällig‘ und prejudycjalne ‚Präjudiz‘auf. Nur im Deutschen finden sich Adjektive aus dem Bereich der Wissenschaft, wie phy- 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 175 sikalisch oder astronomisch , sowie Bewertungen wie, konkret , peinlich , kritisch , differenziert oder alt . Trotz eines gemeinsamen Bestands an verwendeten Adjektiven existieren also auch sprachspezifische Kollokationen zu Frage und pytanie (vgl. Lehr 1993). Im Abschnitt zu Auffassungen zu Funktionsverbgefügen (s. Kap. 1.2.1) habe ich gezeigt, dass in Schreib- und Stilratgebern häufig der Gebrauch von Funktionsverbgefügen kritisiert wird: Die Gefüge seien unschön, zu lang, würden den Text unverständlich machen und man solle sie mit einfachen Verben ersetzen, also Frage stellen mit fragen (vgl. z.B. Mackowiak 2011: 72; s. Kap. 1.2.1). Ich habe deswegen überprüft, ob bzw. inwieweit sich adjektivisch erweiterte Funktionsverbgefüge mit einem Basisverb ersetzen lassen und welche Veränderungen zwischen Original und Paraphrase entstehen (können). Zu unterscheiden sind die Adjektiverweiterungen danach, ob sie sowohl als Adverbial als auch Attribut oder nur in attributiver Funktion verwendet werden können, vgl. die folgenden Beispiele aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (1) Der Polizeibeamte, der den Täter verhört hatte, hat einfach nicht die richtigen Fragen gestellt, weil er die richtigen Fragen nicht kannte. (2) Głównym odkryciem Shelaha było, że […] można dowieść wielu twierdzeń w ZFC , o ile zostanie zadane właściwe pytanie. ‚Die wichtigste Entdeckung von Shelaha war, dass man […] viele Sätze im ZFC beweisen kann, wenn die richtige Frage gestellt wird.‘ Im deutschen Beispiel (1) geht es um einen Polizeibeamten, der in einem Verhör mit dem Täter nicht „die richtigen Fragen gestellt“ hat. Das polnische Beispiel (2) handelt von der Entdeckung von Shelaha, mit den richtigen Fragen Sätze der Mengenlehre beweisen zu können. Die Funktionsnomen Fragen und pytanie werden durch die Adjektive richtig und właściwe erweitert. Durch die Adjektive werden die Fragen vom Verfasser oder der Verfasserin des Textes als richtig im Sinne von ‚korrekt‘ evaluiert (vgl. Pons online 2019: richtig 227 ; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 137), wodurch der Text um zusätzliche Informationen zur Frage angereichert wird. 227 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=richtig&l=depl&in=&lf=de (letzter Zugriff: 04. 03. 2019). 176 4. Analyse Versucht man Frage stellen und zadać pytani e in (1) und (2) mit den Basisverben fragen bzw. (za)pytać zu ersetzen, ergeben sich die Paraphrasen richtig fragen und właściwie pytać - die Adjektive werden in der Paraphrase mit dem Basisverb in adverbialer Funktion verwendet. Im Vergleich mit dem Original verändert sich also die Relation der sprachlichen Elemente: Während sich die Adjektive in der Paraphrase auf die vom Verb ausgedrückte Handlung beziehen, qualifizieren die Adjektive richtig und właściwie im Original die Funktionsnomen Frage und pytanie , wodurch sich die Bedeutung der gesamten Äußerung verändert. Denn im Original schreiben die Adjektive den Nomen Frage und pytanie Eigenschaften zu, in der Paraphrase wird dagegen durch das adverbiale Adjektiv die Art und Weise der Fragehandlung beschrieben, d. h. im Sinne von ‚auf die richtige Art und Weise fragen‘ (vgl. z. B. Schmidt 1968: 50 f.; Popadić 1971: 43 f.; Hinderdael 1985: 257; Heine 2005: 163; Żmigrodzki 2000: 113 ff.). Darüber hinaus wird im Original durch die richtigen Fragen stellen bzw. zadać właśiwe pytania erstens präsupponiert, dass es die richtigen Fragen gibt: Um den Täter in (1) zielführend zu verhören, muss der Polizeibeamte die richtigen Fragen stellen; im polnischen Beispiel müssen für den Beweis der Sätze in der Mengenlehre die korrekten Fragen gestellt werden. Und zweitens präsupponieren die richtigen Fragen, dass es auch falsche Fragen gibt: Im Umkehrschluss hat der Polizeibeamte in (1) die falschen Fragen gestellt, weil er - wie es weiter heißt - „die richtigen Fragen nicht kannte“. Und falsche Fragen bewirken im polnischen Beispiel (2) unterschiedliche Untersuchungsergebnisse - richtige Fragen sind in (2) die Voraussetzung für wissenschaftliche (vgl. WPP 15 / T00.06412: Teoria mnogości - ‚Mengenlehre‘). Durch richtige Fragen stellen bzw. zadać właśiwe pytania wird demnach mehr ausgedrückt als die bloße Evaluierung der Fragen als richtig . In Wikipedia-Artikeln finden sich weiter auch Belege für Qualitätsadjektive, die nur in attributiver Funktion mit Frage und pytanie auftreten können (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (3) Nachdem jeder zwei Fragen gestellt hat und eine letzte Frage aussteht, erinnert Gerhard Ariadne an "unsere berühmte Frage", die die Mutter daraufhin stellt: "Was wäre die Person im dritten Reich gewesen? " (4) […] i to on miał mu zadać słynne pytanie: "Cóż może zyskać człowiek na świecie jeśli utraci własną duszę? ". ‚[…] und er sollte ihm die berühmte Frage stellen: Was kann ein Mensch in der Welt gewinnen, wenn er seine eigene Seele verliert? ‘ 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 177 Im deutschen Beispiel (3) erinnert Gerhard Ariadne im Film „Chinesisches Roulette“ an die „berühmte Frage […]: "Was wäre die Person im dritten Reich gewesen? ". Der polnische Wikipedia-Artikel (4) handelt von dem Geistlichen Franciszek Ksawery und dessen berühmte Frage, was ein Mensch in der Welt gewinnen kann, wenn er seine Seele verliert. Sowohl im deutschen als auch im polnischen Beispiel werden die Funktionsnomen der Gefüge Frage und pytanie um die Adjektive berühmt und słynne erweitert, d. h. die Fragen werden als besonders und bekannt evaluiert (vgl. Pons 2019: berühmt 228 ). Versucht man das deutsche Funktionsverbgefüge in (3) mit dem Basisverb zu ersetzen, muss zuerst die Relativsatzverbindung aufgelöst werden (vgl. Storrer 2013: 204) und erst danach kann das Gefüge ersetzt werden: (3) a. b. Die Mutter stellt daraufhin unsere berühmte Frage. ? Die Mutter fragt daraufhin berühmt. In Bezug auf die Paraphrase in (3) ergeben sich im Deutschen zwei Probleme: Erstens ist die Grammatikalität der Paraphrase berühmt fragen fraglich, wenn nicht sogar ungrammatisch. Akzeptabel wäre diese Paraphrase nur in der Lesart von berühmt fragen , wenn sich berühmt auf die Art und Weise bezieht, in der die Fragehandlung realisiert wird. Und zweitens fehlt in der Paraphrase der Possessivartikel unsere aus dem Original unsere berühmte Frage , wodurch die Urheber der Handlung markiert werden (vgl. Engel et al. 1999: 61 f.). Die Paraphrase wird also wie folgt weiter angepasst: (3) c. Die Mutter fragt daraufhin auf unsere berühmte Weise. Paraphrase (3c) kann durch die Substitution von unsere berühmte Frage durch auf unsere berühmte Weise fragen als grammatisch eingestuft werden und auch die Information zum Urheber der Fragehandlung unsere ist enthalten. Im Vergleich mit dem Original weicht die Paraphrase jedoch stark von der ursprünglichen Form mit dem Funktionsverbgefüge ab: Zum einen verändert sich der Bekanntheitsgrad der berühmten Frage im Original hin zum Bekanntheitsgrad der Fragehandlung, die auf unsere berühmte Weise realisiert wird. Mit anderen Worten: Die Art und Weise zu fragen ist berühmt und nicht die Frage wie im Original. Eine Paraphrase mit dem Basisverb ist also möglich, verändert jedoch die Bedeutung der Äußerung. 228 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=ber%C3%BChmt&l=depl&in=&lf=de (letzter Zugriff: 04. 03. 2019). 178 4. Analyse Im Polnischen entstehen durch eine Paraphrase von zadać słynne pytanie ‚die berühmte Frage stellen‘ mit dem Basisverb ähnliche Probleme: (4) a. ? […] i to on miał go pytać słynnie […]. ? […] und er sollte ihn berühmt fragen […]. b. […] i to on miał go zapytać na słynny sposób […]. ‚[…] und er sollte ihn auf berühmte Weise fragen […].‘ Wie in der deutschen Paraphrase ist die polnische Paraphrase (4a) pytać słynnie ‚berühmt fragen‘ bezüglich ihrer Semantik sowie Grammatikalität fraglich: Das Adjektiv bezieht sich in adverbialer Funktion auf die vom Verb ausgedrückt Handlung und kann nur als bestimmte Modalität der Fragehandlung interpretiert werden. In (4b) wird die Paraphrase deswegen weiter angepasst und durch na słynny sposób ‚auf berühmte Weise‘ ergänzt, wodurch sich im Vergleich mit dem Original Veränderungen in Bezug auf die Satzsemantik ergeben: In (4b) ist - wie im deutschen Beispiel oben auch - die Art und Weise zu fragen berühmt und wie im Original eine bestimmte Frage, d. h. auch im Polnischen kann mit dem Basisverb nicht derselbe Inhalt wiedergegeben werden wie mit dem Funktionsverbgefüge. Durch Adjektiverweiterungen lassen sich die Funktionsnomen Frage und pytanie wertende Eigenschaften zuschreiben, wodurch Informationen im Text angereichert werden. Die Substitution mit dem Basisverb ist lediglich in einigen Belegen möglich, verändert jedoch durch die unterschiedlichen Bezüge im Satz die Bedeutung der gesamten Äußerung, d. h. die Bedeutung des Originals kann mit dem Basisverb nicht wiedergegeben werden. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsanreicherung durch Quantitätsadjektive ein. 4.2.1.1.2. Informationsanreicherung durch Quantitätsadjektive Die Funktionsnomen Frage und pytanie werden häufig mit Quantitätsadjektiven erweitert (28,36 % im Deutschen und 19,13 % im Polnischen), die entweder unbestimmte (z. B. viele / mehrere Fragen stellen - zadawać dużo / kilka pytań ) oder bestimmte Mengenangaben in Form von Zahladjektiven darstellen, vgl. die folgenden Beispiele aus dem deutschen und polnischen Korpus (Hervorhebung S. K.): 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 179 Deutsch Polnisch (5) Dem anderen Kandidaten wurden drei Fragen […] gestellt. (6) Gen. „Bór” przedstawił sytuację na froncie wschodnim i zadał dwa pytania […]. ‚General "Bor" stellte die Situation an der Ostfront vor und stellte zwei Fragen […].‘ In den Belegen (5) und (6) werden drei und dwa ‚zwei‘ Fragen gestellt - die Funktionsnomen werden um Zahladjektive erweitert, wodurch die Informationen im Text quantifizierend zusammengefasst und so präzisiert werden. Im Abschnitt zur Wiederaufnahme von Informationen zeige ich, dass durch Zahladjektive Textreferenten wiederaufgenommen oder angekündigt werden können (vgl. Gautier 1998: 131), ich konzentriere mich im Folgenden jedoch nur auf die Anreicherung von Informationen durch Zahladjektive, die durch die Substitution mit dem Basisverb aufgezeigt wird, vgl. die folgenden Paraphrasen: (5) a. Der andere Kandidat wurde dreimal […] gefragt. (6) a. […] i pytał dwa razy […]. […] und fragte zweimal […]. Die Funktionsverbgefüge wurden in (5a) und (6a) durch die Basisverben fragen und pytać ersetzt: Die Zahladjektive zwei bzw. drei müssen weiter zu zweimal bzw. dreimal angepasst werden 229 und beziehen sich in Verbindung mit fragen auf die Häufigkeit der Handlung. Die Paraphrasen (5a) und (6a) lassen zwei unterschiedliche Interpretationen zu: Erstens kann zwei / dreimal fragen bedeuten, dass zwar dreimal gefragt wird, aber inhaltlich Verschiedenes; und zweitens kann die Paraphrase im Sinne von ‚zwei / dreimal dasselbe fragen‘ interpretiert werden, d. h. sowohl im Deutschen als auch im Polnischen sind die Paraphrasen mehrdeutig. Zur Disambiguierung im Sinne von ‚zwei / drei unterschiedlichen Fragen‘ müssten weitere lexikalische Anpassungen folgen, wie z. B. zwei / dreimal etwas anderes fragen , wodurch die Indefinitheit der Fragehandlung hervorgehoben wird und die Bedeutung von der des Originals abweicht (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 55). Die Funktionsverbgefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie werden häufig um (un)bestimmte Mengenangaben, wie z. B. Zahladjektive, erweitert, wodurch Informationen im Text zusammengefasst und präzisiert werden können. Die Substitution mit dem Basisverb ergibt eine mehrdeutige und ungenaue Para- 229 Die Paraphrase würde in Verbindung von zwei und fragen ungrammatisch werden, vgl. *Der Kandidat wurde zwei […] gefragt. 180 4. Analyse phrase, die dem Original mit dem Funktionsverbgefüge nicht entspricht. Im Folgenden gehe ich auf die Möglichkeiten zur Informationsanreicherung durch Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ein. 4.2.1.2. Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź Wie ich im Abschnitt zur quantitativen Analyse von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź gezeigt habe (s. Kap. 4.1.2), werden die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź sowohl im polnischen als auch im deutschen Wikipedia-Korpus durch verschiedene Attribute und Artikelwörter erweitert: In 92,22 % der deutschen und in 86,36 % der polnischen Treffer finden sich Erweiterungen der Funktionsnomen. Zu den häufigsten Erweiterungsmöglichkeiten der Funktionsnomen von Antwort und odpowiedź gehören adjektivische Erweiterungen, wie z. B. eine eindeutige Antwort - jednoznaczna odpowiedź (in 40,56 % im Deutschen und in 54,55 % im Polnischen) . In Bezug auf die Komplexität der adjektivischen Erweiterungen der Funktionsnomen Antwort und odpowiedź finden sich am häufigsten einfache Adjektivphrasen, wie z. B. in eine konkrete Antwort - konkretna odpowiedź (67,12 % im Deutschen und 84 % im Polnischen). Die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź werden außerdem häufig mit Präpositionalphrasen realisiert (in 25 % im Deutschen und in 32,27 % im Polnischen), z. B. gibt eine Antwort auf die wandelnde Gesellschaftsstruktur 230 oder dać odpowiedź o charakterze naukowym 231 ‚eine Antwort von wissenschaftlichem Charakter geben‘, die in Kontaktstellung an das Funktionsnomen angeschlossen werden (vgl. Storrer 2006b: 284). Im Folgenden analysiere ich die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź in Bezug auf ihre Funktionen im Textzusammenhang und fokussiere die Anreicherung von Informationen durch adjektivische und präpositionale Erweiterungen. 4.2.1.2.1. Informationsanreicherung durch Adjektiverweiterung Unter den Adjektivattributen der Funktionsnomen Antwort und odpowiedź finden sich zumeist Qualitätsadjektive und partizipiale Adjektive (vgl. Hoffmann 2009: 165; Ágel 2017: 360 f.; s. Kap 3.): Qualitätsadjektive, wie z. B. klar - jasna , werden in 68,49 % im Deutschen und in 70 % im Polnischen verwendet; partizipiale Adjektive, wie z. B. ausweichend - wymijająca , werden in 20,55 % im Deutschen und in 15 % im Polnischen mit Antwort und odpowiedź gebraucht. Selten werden im Vergleich zu Frage stellen und zada(wa)ć pytanie Zahladjektive oder unbestimmte Mengenangaben realisiert, die unter den adjektivischen Attribu- 230 WPD15 / G06.98567: Gemeinschaftsschule, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Gemeinschaftsschule: Wikipedia, 2015 231 WPP15 / M00.40218: Mistycyzm, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Mistycyzm: Wikipedia, 2015 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 181 ten von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie zu den frequentesten Erweiterungen zählen (28,36 % im Deutschen und 19,13 % im Polnischen). Thematisch beziehen sich die Adjektive in Verbindung mit Antwort und odpowiedź häufig auf ergebnisbezogen-evaluierende Darstellungen von Antworten, wie z. B. positiv , negativ , falsch oder richtig . Andere Adjektive thematisieren die Qualität der Antworthandlung in Bezug auf die Genauigkeit, wie z. B. eindeutig , klar , konkret oder vage , oder die Adjektive drücken durch ihre partizipiale Form, d. h. von einem Verb abgeleitet, sprachliche Handlungen aus (vgl. Liedtke 1998, Searle 1976), wie z. B. bejahend , ablehnend oder ausweichend . Eine derartige thematische Varianz findet sich sowohl in den untersuchten deutschen als auch polnischen Adjektivattributen zu Antwort und odpowiedź wieder, vgl. die folgende Tabelle mit der Auflistung der Adjektive aus dem deutschen und polnischen im Wikipedia-Korpus: Deutsch Polnisch eindeutige • jednoznaczna konkrete Antwort (-en) • konkretna Odpowiedź (-zi) endgültige • ostateczna klare • wyraźna, jasna bejahende • twierdząca negative • negatywna abschlägige • odmowna ausweichende • wymijająca einfache • prosta Tabelle 31: Adjektiverweiterungen von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź Die Tabelle zeigt, dass es bei den deutschen und polnischen adjektivischen Attribuierungen der Funktionsnomen zu Übereinstimmungen kommt. Auffällig ist jedoch, dass im Unterschied zum Deutschen im Polnischen das Adjektiv jednoznaczny ‚eindeutig‘ in 22,5 % der Treffer mit dem Funktionsnomen odpowiedź gebildet wird, während es in der deutschen Trefferauswahl lediglich einmal vorkommt 232 , d. h. es handelt sich bei der Konstruktion eine eindeutige Antwort 232 WPD15 / K00.54540: Kroaten, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kroaten: Wikipedia, 2015 182 4. Analyse geben ‚da(wa)ć jednoznaczną odpowiedź‘ um eine sehr frequente Konstruktion im Polnischen, die aufgrund der hohen gemeinsamen Vorkommenshäufigkeit auch als Kollokation interpretiert werden kann (vgl. Herbst / Klotz 2003; Ďurčo 2016; Storrer 2006: 287). Weiter gibt es auch Adjektivattribute, die jeweils nur in einer der beiden Sprachen vorkommen: Adjektivattribute von Antwort , die nur im deutschen Korpus vorkommen, sind nichtssagend , ungültig oder verschlüsselt . Nur im polnischen Korpus finden sich die Adjektive szybsza ‚schneller‘, satysfakcjonująca ‚zufriedenstellend‘, stosowna ‚angebracht‘ oder nieprzywiązana ‚unverbindlich‘. Die Adjektiverweiterungen können weiter danach unterschieden werden, ob sie in Bezug auf ihre syntaktische Funktion nur als Attribut oder auch adverbial gebraucht werden können. In Bezug auf die Adjektivattribute von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź finden sich unter den untersuchten Treffern • Adjektive, die sowohl adverbial als auch attributiv sein können, • Adjektive, bei denen sich die Bedeutung je nach syntaktischer Funktion verändert, • und Adjektive, die nur in attributiver Funktion mit dem (Funktions-)Nomen verwendet werden können. Diese verschiedenen Funktionsweisen von Adjektiven sind für die vorliegende Arbeit wesentlich, weil v. a. in der Ratgeberliteratur zum Verfassen von Texten seit etwa einem Jahrhundert dazu geraten wird, Funktionsverbgefüge mit den Basisverben zu ersetzen (vgl. Daniels 1963, Reiners 1963, Mackowiak 2011; s. Kap. 1.2). Da Adjektive zu den häufigsten Erweiterungsarten der Funktionsnomen gehören, gilt es aufzuzeigen, ob erstens eine Paraphrase eines adjektivisch attribuierten Funktionsverbgefüges überhaupt möglich ist und ob sich zweitens durch die Substitution einer adjektivisch erweiterten Nominalisierung mit dem Basisverb Veränderungen in Bezug auf die Bedeutung ergeben, vgl. z. B. zwei Antworten geben vs. zweimal antworten . Im Umkehrschluss können durch diesen syntaktischen Test (vgl. Musan 2013, Ágel 2017), Funktionen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang sichtbar gemacht werden. Ich beginne im Folgenden mit Belegen zu adjektivischen Erweiterungen von Antwort und odpowiedź, die sowohl in attributiver als auch adverbialer Funktion verwendet werden können, und gehe anschließend auf weitere Fälle ein (Hervorhebung S. K.): 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 183 Deutsch Polnisch (7) Um in der Sendung nicht aufzufallen, gaben sie zur Abwechslung auch falsche Antworten oder legten auf. (8) Jeden z listów trafił do Lyncha, który dał zespołowi krótką odpowiedź […]. Einer der Briefe ging an Lynch, der der Band eine kurze Antwort gab […]. Im deutschen Beispiel (7) geht es um Gewinnspiele, sog. „Call-in-Gewinnspiele“, bei denen Zuschauer- oder Zuhörer*innen telefonisch an einem Quiz teilnehmen können. Der Textauszug zu diesem Gewinnspielformat handelt von aufgedeckten Betrugsfällen der Gewinnspiele, bei denen sich bezahlte Anrufer*innen, sog. ‚Fake-Anrufer*innen‘, als Teilnehmer*innen ausgaben und am Telefon manchmal „auch falsche Antworten [gaben]“, um nicht aufzufallen. Das Funktionsnomen Antwort wird in (7) um das Adjektiv falsch erweitert, durch das die Antwort im Resultat als ‚nicht korrekt‘ evaluiert wird (vgl. Engel et al. 1999: 76 ff.; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 137). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (7) a. Um in der Sendung nicht aufzufallen, antworteten sie zur Abwechslung auch falsch oder legten auf. Das Funktionsverbgefüge Antwort geben wird in Paraphrase (7a) durch das Basisverb antworten ersetzt und die adjektivisch erweiterte Nominalphrase aus dem Original falsche Antworten wird aufgelöst, wodurch das Adjektiv falsch sein Bezugsnomen verliert und in eine adverbiale Form gebracht werden muss, d. h. falsche wird zu falsch angepasst. Da das Adjektiv falsch sowohl attributiv als auch adverbial verwendet werden kann und die Paraphrase keine grammatischen Auffälligkeiten aufweist, ist die Paraphrase als grammatisch einzustufen. Im Vergleich von Original und Paraphrase ergeben sich jedoch die folgenden Veränderungen: Im Original bezieht sich die Eigenschaft ‚nicht korrekt‘ auf die Eigenschaft der Antworten, d. h. sie wurden nach einer inhaltlichen Prüfung als falsch eingestuft. In der Paraphrase bezieht sich falsch in adverbialer Funktion auf die vom Verb ausgedrückte Antworthandlung, die entweder als inhaltlich falsch oder aber formal falsch interpretiert werden kann, d. h. die Antworthandlung ist falsch, beispielsweise an falscher Stelle, wodurch ein zwar subtiler, aber doch festmachbarer Unterschied in Bezug auf die beiden Lesarten entsteht, wodurch die mit dem Basisverb gebildete Paraphrase als mehrdeutig einzustufen ist. 184 4. Analyse Das polnische Beispiel (8) Jeden z listów trafił do Lyncha, który dał zespołowi krótką odpowiedź […]. ‚Einer der Briefe ging an Lynch, der der Band eine kurze Antwort gab […].‘ ist ein Auszug aus dem Wikipedia-Artikel zu dem Album „Herzeleid“, der deutschen Band Rammstein, die zur Singleauskopplung laut Wikipedia bei dem Videoproduzenten David Lynch für die Videoproduktion angefragt haben, der der Band eine kurze Antwort gab - „który dał zespołowi krótką odpowiedź“. Das Funktionsnomen odpowiedź ‚Antwort‘ wird durch das Adjektivattribut krótką ‚kurz‘ linkserweitert, wodurch die Antwort um eine quantitative Information angereichert wird (vgl. Schmale 2011; Pafel / Reich 2016: 143), d. h. der*die Leser*in gewinnt Informationen über die Länge der Antwort. Der Substitutionstest mit dem Basisverb odpowiedzieć ‚antworten‘ ergibt die folgende Paraphrase: (8) a. Jeden z listów trafił do Lyncha, który odpowiedział zespołowi krótko […]. ‚Einer der Briefe ging an Lynch, der der Band kurz antwortete […].‘ Durch die Substitution des Funktionsverbgefüges dać odpowiedź muss die adjektivisch erweiterte Nominalphrase aus dem Original krótką odpowiedź ‚kurze Antwort‘ aufgelöst werden, wodurch krótką ‚kurze‘ zu krótko ‚kurz‘ umgeformt wird (vgl. Rytel-Schwarz et al. 2018: 21). Das Adjektiv krótki ‚kurz‘ kann also sowohl im Polnischen als auch im Deutschen attributiv wie adverbial verwendet werden, wodurch die Paraphrase gelingt und als grammatisch einzustufen ist. Trotz der Grammatikalität der Paraphrase treten im Vergleich von Original und Paraphrase wie im Deutschen Beispiel oben auch Veränderungen in Bezug auf die Satzbedeutung auf: Im Original handelt der Textauszug von einer kurzen Antwort , d. h. die Antwort ist hinsichtlich ihrer Länge kurz, beispielsweise in Bezug auf den verwendeten Wortumfang oder auch in Relation zu dem, was für eine bestimmte Antwort erwartbar ist (vgl. Pomerantz / Heritage 2013). Dagegen bezieht sich krótko ‚kurz‘ in adverbialer Funktion auf die vom Verb ausgedrückte Antworthandlung (vgl. Skibicki 2016: 434), d. h. die Antworthandlung wird in der Paraphrase als kurz eingestuft und nicht wie im Original die Antwort. Kurz antworten stellt zwar ebenfalls eine quantitative Angabe dar; in Bezug auf die Länge einer Handlung ist diese quantitative Angabe jedoch als zeitliche Angabe zu interpretieren (vgl. Skibicki 2016: 157). Die Dauer und der Umfang einer kurzen Antwort und eines kurzen Antwortens können zwar in Bezug auf die Quantität übereinstimmen, kurze Antworten können sich jedoch vom kurzen Antworten durch weitere Bedeutungsaspekte unterscheiden: Da 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 185 David Lynch seine Antwort auf die Anfrage der Band laut Wikipedia mit den folgenden Worten realisiert: „Wybaczcie, brak czasu, ale muzyka dobra.“ 233 ‚Entschuldigt mich, Zeitmangel, aber gute Musik.‘, handelt es sich bei der gegebenen Antwort um eine Absage. Absagen gehen im westlichen Kulturkreis mit (längeren) Erklärungen, Begründungen und Alternativangeboten einher, weil durch Absagen soziale Beziehungen gefährdet werden können (vgl. Pomerantz / Heritage 2013: 211), d. h. diese kryptische Absage des Videoproduzenten kann in diesem Beleg in Relation zu der erwarteten Reaktion als ungewöhnlich oder überraschend kurz interpretiert werden. Durch die zeitliche Lesart in der Paraphrase ist die Überraschung über die kurze Antwort so nicht mehr zu deuten. Darüber hinaus könnte dieses kurze abschlägige Antworten auch als nebenbei ausgeführte Handlung und deswegen als unhöflich oder unangebracht interpretiert werden (vgl. Erhardt / Neuland 2017: 11 ff.). Auch wenn die adjektivischen Erweiterungen der Funktionsnomen auch adverbial verwendet werden können, kann es in der Paraphrase zu (subtilen) Bedeutungsveränderungen kommen, die je nach Konstruktionstyp jeweils unterschiedliche Interpretationen zulassen. Im nächsten Beispiel werden die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź durch Adjektive erweitert, die zwar im Deutschen und im Polnischen eine adverbial verwendbare Variante aufweisen, deren Bedeutung sich jedoch je nach syntaktischer Funktion verändert, vgl. die folgenden Beispiele aus dem Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): 233 WPP15 / H02.37546: Herzeleid, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Herzeleid: Wikipedia, 2015 186 4. Analyse Deutsch Polnisch (9) Ein Indikator weist keine Gruppenabhängigkeit auf, wenn Menschen aus verschiedenen Gruppen unterschiedliche Antwortwahrscheinlichkeiten aufweisen, hingegen weist er dann Gruppenabhängigkeit auf, wenn Menschen aus unterschiedlichen Gruppen mit gleichen zugrundeliegenden Ausprägungen der Eigenschaft eine unterschiedliche Wahrscheinlichkeit aufweisen, eine gewisse Antwort zu geben. (10) Idee te dają pewną odpowiedź na tzw. problem rozszerzenia, […]. ‚Diese Ideen geben eine gewisse Antwort auf das sogenannte Erweiterungsproblem, […].‘ Das deutsche Beispiel (9) handelt von einem Begriff aus der psychologischen Diagnosestellung, dem sog. „Differential item functioning“ - einem instrumentalisierten psychologischen Testverfahren, bei dem das Antwortverhalten von Menschen je nach Gruppenzugehörigkeit und jeweiligem gruppenspezifischen Wissen variieren kann, z.B. weisen die Einwohner von Mannheim eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, eine Frage nach der Einwohnerzahl richtig zu beantworten als die Bewohner*innen anderer Städte, d.h. in dem Beispiel geht es um die Wahrscheinlichkeit einer Gruppe, „eine gewisse Antwort zu geben“. Im polnischen Beispiel (10) handelt der Wikipedia-Artikel zum Thema ‚Quotientengruppe‘ - einem Fachbegriff aus der Mathematik - von Ideen, die ein mathematisches Problem durch pewne odpowiedzi ‚gewisse Antworten‘ lösen. Sowohl im deutschen als auch im polnischen Beispiel wird das Funktionsnomen Antwort bzw. odpowiedź mit dem Adjektiv gewisse - pewny linkserweitert, wodurch angezeigt wird, dass es sich um eine bestimmte Antwort handelt, die der*die Rezipient*in (noch) nicht kennt (vgl. Engel et al. 1999; Skibicki 2016: 150). Versucht man nun die Funktionsverbgefüge mit den Basisverben zu ersetzen, ergeben sich die folgenden Paraphrasen: (9) a. […]wenn Menschen aus unterschiedlichen Gruppen mit gleichen zugrundeliegenden Ausprägungen der Eigenschaft eine unterschiedliche Wahrscheinlichkeit aufweisen, gewiss zu antworten. (10) a. ? Idee te odpowiadają pewnie na tzw. problem rozszerzenia, […]. ‚? Diese Ideen antworten gewiss / bestimmt auf das sogenannte Erweiterungsproblem, […]. 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 187 Das erweiterte deutsche Funktionsverbgefüge eine gewisse Antworten geben wird in der Paraphrase durch gewiss antworten substituiert, im polnischen Beispiel wird dają pewną odpowiedź ‚geben gewisse Antworten‘ mit odpowiadają pewnie paraphrasiert. Da gewiss bzw. pewny sowohl in attributiver als auch adverbialer Funktion verwendet werden können (vgl. Skibicki 2016), sind die Paraphrasen grammatisch. In der polnischen Paraphrase kommt es jedoch zu einem semantischen Problem: Durch die Änderung der syntaktischen Funktion von gewisse bzw. pewny von attributiv zu adverbial, verändert sich die Bedeutung des Adjektivs (vgl. Skibicki 2016: 150 / 168): gewiss und pewnie bedeuten in adverbialer Satzgliedfunktion ‚sicher‘ oder ‚bestimmt‘ im Sinne von ‚auf eine sichere Art und Weise‘ (vgl. DWDS 2019: sicher 234 ; Pons 2019: pewnie 235 ). Mit anderen Worten: Im Original geht es um gewisse , also ganz bestimmte Antworten, in der Paraphrase wird die Antworthandlung dagegen auf eine sichere Art, mit Gewissheit ausgeführt. Durch die adverbiale Verwendung von gewiss und pewnie ändert sich im Vergleich mit dem Original die Bedeutung der gesamten Paraphrase. Im Vergleich von der deutschen Paraphrase (9) mit der polnischen (10) fällt weiter auf, dass die polnische Paraphrase als semantisch fraglich eingestuft wird. Der Grund dafür ist, dass es in der polnischen Paraphrase zu einem weiteren semantischen Problem kommt: In der Paraphrase wird das Subjekt des Satzes idee ‚Ideen‘ mit odpowiadają pewnie ‚antworten sicher‘ prädikatiert, d. h. ? die Ideen antworten in der Paraphrase mit Gewissheit bzw. mit Entschlossenheit (vgl. Pons 2019: pewnie 236 ). Dies würde jedoch bedeuten, dass die Ideen die Antworthandlung intentional ausführen, was zwar beispielsweise in literarischen Texten als Stilmittel der Personifikation genutzt werden kann (vgl. Bonnet 2000), ein derartiges Stilmittel erscheint jedoch in einem Enzyklopädie-Artikel aus dem Bereich Mathematik ungewöhnlich (vgl. Wikipedia 2019: Faktorgruppe 237 ), sodass diese Interpretation deswegen ausgeschlossen werden kann. Die nächsten Textauszüge zeigen Beispiele für adjektivische Erweiterungen der Funktionsnomen, die nicht in adverbialer Funktion verwendet werden können (Hervorhebung S. K.): 234 https: / / www.dwds.de/ wb/ gewiss (letzter Zugriff: 09. 04. 2019). 235 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=pewnie&l=depl&in=&lf=pl (letzter Zugriff: 09. 04. 2019). 236 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=pewnie&l=depl&in=&lf=pl (letzter Zugriff: 09. 04. 2019). 237 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Faktorgruppe (letzter Zugriff: 09. 04. 2019). 188 4. Analyse Deutsch Polnisch (11) § 6. In Fragen, die den orthodoxen Glauben betreffen, kann sich der Synod des Exarchats an den Ökumenischen Patriarchen wenden, der, wenn möglich bald, die benötigte Hilfe und die notwendigen Antworten gibt. (12) […] powinno w spolszczonym systemie Windows dać zbliżoną odpowiedź […]. ‚[…] sollte eine angepasste Antwort im polonisierten Windows-System geben […].‘ Das deutsche Beispiel (11) handelt von einem Paragraphen zu dem Dekret zur Errichtung des Bulgarischen Exarchats - einer bulgarischen kirchlich-orthodoxen Organisation, die durch das Dekret ihre Unabhängigkeit erlangte. Durch den Paragraphen §6 wird festgesetzt, dass bei Fragen der Ökumenische Patriarch, „wenn möglich bald, die benötigte Hilfe und die notwendigen Antworten gibt“. Im polnischen Beispiel (12) geht es um die Begriffsbestimmung zu dem informationstechnischen Begriff Localhost , der in Bezug auf die verschiedenen Betriebssysteme Windows und Linux erläutert wird, wobei es für die Schleifenschaltung (‚Loopback‘) eine dem polnischen System „angepasste Antwort [geben sollte]“. Im deutschen Beispiel wird das Funktionsnomen Antwort um das Adjektiv notwendig erweitert, im polnischen wird odpowiedź mit zbliżony ‚angepasst‘ attribuiert (vgl. Pons online 2019: zbliżać 238 ), wodurch die Antworten näher bestimmt werden (vgl. Engel et al. 1999: 78 f.; Schmale 2011): Die Antworten werden im Deutschen als notwendig im Sinne von ‚erforderlich‘ qualifiziert; im polnischen Beispiel handelt es sich um eine angepasste, auf ein bestimmtes System übertragene Antwort. Die Substitution der Funktionsverbgefüge mit dem Basisverb führt zu den folgenden Paraphrasen der Beispiele: (11) a. *[…] der, wenn möglich bald, die benötigte Hilfe gibt und notwendig antwortet. (12) a. *[…] powinno w spolszczonym systemie Windows odpowiedzieć zbliżono […]. ‚? […] sollte angepasst im polonisierten Windows-System antworten […].‘ Die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź werden mit den Basisverben antworten und odpowiedzieć ersetzt, wodurch in den Paraphrasen 238 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=zbli%C5%BCa%C4%87&l=depl&in=ac_ pl&lf=pl (letzter Zugriff: 09. 04. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 189 die folgenden Veränderungen vorgenommen werden: Im deutschen Original ist die erweiterte Nominalphrase die notwendigen Antworten in den Relativsatz der […] die benötigte Hilfe und die notwendigen Antworten gibt eingebettet. In diesem Relativsatz werden die Nominalphrasen die benötigte Hilfe und die notwendigen Antworten zu demselben Prädikat, nämlich zu dem Funktionsverb geben, koordiniert. Das bedeutet, dass es bei der Paraphrase des Belegs (11) zwei Aspekte zu beachten gilt: Erstens muss die Nominalphrase die notwendigen Antworten aufgelöst werden und zweitens verliert die koordinierte Nominalphrase die benötigte Hilfe durch die Substitution der gesamten Konstruktion die notwendigen Antworten geben ihr Prädikat: * die nötige Hilfe und notwendig antwortet . Da ich im Abschnitt zur Informationsverdichtung durch Antwort geben auf derartige Fälle von koordinierten Nominalphrasen gesondert eingehe (s. Kap. 4.2.2.2), fasse ich die dort einzeln aufgeführten Schritte in dieser Paraphrase (11a) in einem zusammen, d.h. das Prädikat geben von die benötigte Hilfe geben wird in (11a) in einem Schritt realisiert. Da die Nominalphrase die benötigte Hilfe mit dem Verb geben prädikatiert werden kann, kann das Problem an dieser Stelle gelöst werden. In Bezug auf die Auflösung der Nominalphrase des Gefüges wird die notwendigen Antworten geben durch notwendig antworten ersetzt. Da das Adjektiv notwendig häufig nur attributiv oder prädikativ, wie z. B. in die Antwort ist notwendig , verwendet werden kann (vgl. DWDS 2019: notwendig 239 ), wird die Paraphrase an dieser Stelle ungrammatisch. 240 Zwecks Grammatikalität könnte das Adjektiv notwendig zu notwendigerweise weiter angepasst werden, d. h. zu der, wenn möglich bald, die benötigte Hilfe gibt und notwendigerweise antwortet, wodurch die Grammatikalität zwar wiederhergestellt wäre, sich aber dennoch semantische Unterschiede durch die Bedeutung von notwendigerweise im Sinne von ‚zwangsläufig‘ oder ‚notgedrungen‘ ergeben (vgl. DWDS 2019: notwendigerweise 241 ). In der polnischen Paraphrase (12) a. *[…] powinno w spolszczonym systemie Windows odpowiedzieć zbliżono […]. ‚? […] sollte angepasst im polonisierten Windows-System antworten […].‘ 239 https: / / www.dwds.de/ wb/ notwendig (letzter Zugriff: 11. 04. 2019). 240 Ausnahmen für die adverbiale Verwendung bilden Konstruktionen, wie „Ich muss notwendig verreisen“ oder „Er braucht notwendig einen neuen Mantel“ (DWDS 2019: notwendig, unter: https: / / www.dwds.de/ wb/ notwendig; letzter Zugriff: 09. 04. 2019). In diesen Beispielen aus dem DWDS wird notwendig in der Bedeutung ‚unbedingt‘ verwendet. 241 https: / / www.dwds.de/ wb/ notwendigerweise (letzter Zugriff: 09. 04. 2019). 190 4. Analyse wurde das partizipiale Adjektiv zbliżoną durch *zbliżono ersetzt, wodurch die Paraphrase ungrammatisch wird, weil eine derartige Form im Polnischen nicht existiert (vgl. Skibicki 2016: 157-159). Weitere lexikalische Umformungen wären zwar möglich, wie z. B. odpowiedzieć w zbliżony sposób ‚auf angepasste Weise antworten‘, aber auch hier entspricht die Bedeutung nicht der des Originals im Sinne einer ‚übertragenen Antwort‘, wodurch es zu weiteren Abweichungen kommt. Die Bedeutung des Originals kann also mit dem Basisverb nicht wiedergegeben werden. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen gibt es adjektivische Attribute, die mit den Funktionsnomen vorkommen können. Der Substitutionstest mit dem Basisverb zeigt aber, dass einige Adjektivattribute nur in einer nominalen Verbindung, d. h. nur mit dem Funktionsnomen Antwort bzw. odpowiedź vorkommen können. Bei anderen adjektivischen Erweiterungen, wie z. B. gewisse - pewny oder kurz - krótki , können die Adjektive zwar auch mit (Basis)Verben verwendet werden; der Substitutionstest zeigt aber, dass sich durch die Änderung der syntaktischen Funktion der Adjektive von attributiv zu adverbial in beiden Sprachen der Bezug der Elemente aufeinander verändert, wodurch mehr oder weniger große Bedeutungsveränderungen auftreten können und / oder die Äußerung ungrammatisch wird. 4.2.1.2.2. Informationsanreicherung durch Präpositionalphrasen Die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź werden häufig mit Präpositionalphrasen in Kontaktstellung ergänzt bzw. erweitert 242 (in 25 % im Deutschen und in 32,27 % im Polnischen), auf die ich im Folgenden in Bezug auf die Anreicherung von Informationen eingehe, vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): 242 Präpositionalphrasen können hinsichtlich ihrer Satzgliedfunktion als Objekte oder als Attribute des Funktionsnomens interpretiert werden (vgl. Helbig / Buscha 1979: 520; Hinderdael 1985: 575), die von Ágel (2017: 770) deshalb als ‚Präpositional(objekt)attribute‘ bezeichnet werden. Auf der Analyseebene der Erweiterungen des Funktionsnomens fokussiere ich Funktionsnomen mit Präpositionalphrasen in Kontaktstellung, d. h. Belege, in denen die Präpositionalphrase direkt mit dem Nomen verknüpft ist. In Bezug auf die Valenzrealisierung der Gefüge werden die Präpositionalphrasen fokussiert, die aus der Basisverbvalenz hergeleitet werden können, wie z. B. auf etwas antworten vs. eine Antwort auf etwas geben . 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 191 Deutsch Polnisch (13) Die Gemeinschaftsschule bietet danach eine Lösung für viele gerade im Flächenland Bayern auftretende Probleme (Entfernung zur nächsten Schule) und gibt eine Antwort auf die wandelnde Gesellschaftsstruktur. (14) Zwolennicy takich koncepcji twierdzą, że dają one odpowiedź o charakterze naukowym. Die Befürworter solcher Konzepte nehmen an, dass sie [die Konzepte, S. K.] eine Antwort von wissenschaftlichem Charakter geben. Das deutsche Beispiel (13) ist ein Auszug aus dem Wikipedia-Artikel zum System der Gemeinschaftsschule, über das ausgesagt wird, dass solche Schulsysteme für „gerade im Flächenland Bayern auftretende Probleme“ Lösungen bieten und „eine Antwort auf die wandelnde Gesellschaftsstruktur [geben]“. In im polnischen Textauszug (14) geht es im Wikipedia-Artikel zur Mystik um verschiedene mystische Ansichten sowie die Befürworter mystischer Konzepte, die annehmen, dass diese Konzepte „eine Antwort von wissenschaftlichem Charakter geben“. Im deutschen Beispiel (13) folgt auf das Funktionsverbgefüge Antwort geben die Präpositionalphrase auf die wandelnde Gesellschaftsstruktur , wodurch die Antwort erstens um eine relationale Information angereichert wird, d.h. worauf sich die Antwort bezieht (vgl. Primus 2012: 3; Fabricius-Hansen 2006: 263ff.; s. Kap. 3.2). 243 Und zweitens wird durch die angeschlossene Präpositionalphrase mit integrierter definiter Nominalphrase eine Verweisrelation im Text hergestellt (vgl. Engel et al. 1999: 60; Averintseva-Klisch 2018) oder vorausgesetztes Welt- und Erfahrungswissen markiert (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 54f.). Es kann sich also bei der Nominalphrase die wandelnde Gesellschaftsstruktur um eine Anapher handeln, die entweder auf zuvor eingeführte oder allseits bekannte Veränderungen der Struktur in der Gesellschaft verweisen kann (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 54f.; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Die Substitution mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: 243 Die Präpositionalphrase in Kontaktstellung mit auf kann in Verbindung mit dem Funktionsverbgefüge Antwort geben entweder als Attribut oder als Präpositionalobjekt interpretiert werden (vgl. die verschiedenen Positionen in Ágel 2017; Storrer 2006 a & b; 2013; Fabricius-Hansen 2006; Hinderdael 1984). Ich folge der Klassifizierung von Ágel (2017: 770) und behandle sie als ‚Präpositional(objekt)attribute‘. 192 4. Analyse (13) a. ? Die Gemeinschaftsschule bietet danach eine Lösung für viele gerade im Flächenland Bayern auftretende Probleme (Entfernung zur nächsten Schule) und antwortet auf die wandelnde Gesellschaftsstruktur. Antwort geben wird in Paraphrase (13a) mit dem Basisverb antworten ersetzt. Ich habe im Abschnitt (s. Kap. 3.2.1.1.2) zur Valenz von Antwort geben und antworten gezeigt, dass auf- Präpositionalphrasen in den Satzbauplänen beider Konstruktionstypen vorkommen können, d.h. antwortet auf x ist also eine grammatische Konstruktion (vgl. Fabricius-Hansen 2006; s. Kap. 3.2.1.1.2). Obwohl im Satzbauplan von antworten eine Präpositivergänzung vorgesehen ist (vgl. grammis: antworten 244 ), wirkt die Äußerung antwortet auf die wandelnde Gesellschaftsstruktur ungewöhnlich. Der Grund dafür könnte sein, dass Antworthandlungen in Kommunikationssituationen auf andere sprachliche Handlungen oder Ereignisse, wie z. B. Vorwürfe, Fragen, Bitten etc., folgen (vgl. Liedtke 2016: 28; Schwarz / Chur 2004: 58; Stivers 2013). Da es sich bei wandelnden Gesellschaftsstrukturen nicht um ein sprachliches Ereignis handelt, denn wandelnde Gesellschaftsstrukturen können nicht beantwortet werden, kommt es hier zu einer semantischen Inkompatibilität (vgl. Lappin 1981). Überraschend ist jedoch, dass dies im Original mit dem Funktionsverbgefüge keine Rolle zu spielen scheint, d. h. Antworten auf wandelnde Gesellschaftsstrukturen zu geben ist semantisch einwandfrei, auf Gesellschaftsstrukturen zu antworten dagegen nicht. Dies könnte daran liegen, dass das Funktionsverbgefüge Antwort geben außer in der Lesart ‚antworten‘ weiter in der Bedeutung ‚reagieren‘ interpretiert werden kann. Da die Reagieren-Lesart als eine der Bedeutungen des Basisverbs antworten aufgeführt wird (vgl. DWDS 2019: antworten 245 ), kann dies als Hinweis darauf gewertet werden, dass sich auch diese Bedeutung bei der Nominalisierung von antworten auf Antwort überträgt (vgl. Lüdtke 2017: 42). Im polnischen Beispiel (14) Zwolennicy takich koncepcji twierdzą, że dają one odpowiedź o charakterze naukowym. ‚Die Befürworter solcher Konzepte nehmen an, dass sie [die Konzepte, S. K.] eine Antwort von wissenschaftlichem Charakter geben.‘ ist an das Funktionsverbgefüge dawać odpowiedź das Präpositionalattribut o charakterze naukowym ‚von wissenschaftlichem Charakter‘ angeschlossen, das 244 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400306/ 1 (letzter Zugriff: 11. 04. 2019). 245 https: / / www.dwds.de/ wb/ antworten (letzter Zugriff: 11. 04. 2919). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 193 der Antwort die Eigenschaft ‚wissenschaftlich‘ zuschreibt. Versucht man nun das Funktionsverbgefüge in diesem polnischen Beispiel mit dem Basisverb zu ersetzen, so ergibt sich die folgende Paraphrase: (14) a. *Zwolennicy takich koncepcji twierdzą, że odpowiadają one o charakterze naukowym. ‚*Die Befürworter solcher Konzepte nehmen an, dass sie [die Konzepte, S. K.] von wissenschaftlichem Charakter antworten.‘ Das Funktionsverbgefüge dawać odpowiedź ‚Antwort geben‘ wird in der Paraphrase mit dem Basisverb odpowiadać ersetzt, wodurch Veränderungen in Bezug auf das Präpositionalattribut o charakterze naukowym ‚von wissenschaftlichem Charakter‘ entstehen: Das Präpositionalattribut ist im Original in die Nominalphrase odpowiedź o charakterze naukowym eingebunden, die in der Paraphrase aufgelöst wird. Dadurch verliert das Präpositionalattribut den Bezug, d. h. in Paraphrase (14a) ist kein Nomen mehr vorhanden, auf das sich die Präpositionalphase beziehen kann, wodurch der Satz sowohl im Polnischen als auch in der deutschen Übersetzung ungrammatisch wird. Die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź werden häufig mit Informationen angereichert, die adjektivisch oder präpositional mit den Nominalphrasen verknüpft werden. Durch diese Verbindungen können spezifische Informationen im Text vermittelt werden, deren Bedeutung bei der Paraphrase mit dem Basisverb entweder zu Bedeutungsveränderungen und / oder zu ungrammatischen Sätzen und unzulässigen Konstruktionen führt, sodass die spezifischen Informationen aus den Funktionsverbgefüge-Konstruktionen nicht identisch wiedergegeben werden können. Im folgenden Kapitel gehe ich auf die Informationsanreicherung in Bezug auf die Gefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ein. 4.2.1.3 .Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję Wie ich im Abschnitt zur quantitativen Analyse von Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję gezeigt habe (s. Kap. 4.1.2), werden die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja sowohl im polnischen als auch im deutschen Wikipedia-Korpus durch verschiedene Attribute und Artikelwörter erweitert: In 91,23 % der deutschen und in 95,17 % der polnischen Treffer finden sich Erweiterungen der Funktionsnomen. Unter den häufigsten Erweiterungsmöglichkeiten der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja finden sich häufig Adjektive (42,46 % im Deutschen und 24,61 % im Polnischen) und satzförmige Erweiterungen (in 19,30 % im Deutschen und in 11,52 % im Polnischen). Im Vergleich mit den Funktionsverbgefügen Fra- 194 4. Analyse ge stellen bzw. zada(wa)ć pytanie und Antwort geben bzw. da(wa)ć odpowiedź ist außerdem zu beobachten, dass die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja häufiger mit Genitivphrasen attribuiert werden, vgl. (s. Kap. 4.1): Entscheidung treffen : 4,21 % ; podjąć / podejmować decyzję : 4,09 % Frage stellen : 1,72 % ; zada(wa)ć pytanie : 0,90 % Antwort geben : 1,11 % ; da(wa)ć odpowiedź : 1,36 % Aufgrund der quantitativen Ergebnisse zu den Erweiterungen von Entscheidung und decyzja fokussiere ich im Folgenden adjektivische und satzförmige Erweiterungen sowie Genitivattribute der Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję. 4.2.1.3.1. Informationsanreicherung durch Adjektiverweiterung Unter den Adjektiverweiterungen der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja finden sich häufig Qualitätsadjektive, wie z. B. richtig oder wesentlich (77,69 % im Deutschen und 66,15 % im Polnischen). Deutlich seltener als Qualitätsadjektive kommen in Verbindung mit Entscheidung und decyzja auch relationale und partizipiale Adjektive (vgl. Ágel 2017: 360 f.) im Korpus vor: Partizipiale Adjektive, wie z. B. entsprechend oder anstehend, werden in 8,26 % der Treffer im Deutschen und in 12,31 % der Treffer im Polnischen gebraucht; relationale Adjektive, wie ähnlich oder gleich , finden sich in 8,26 % der Treffer im Deutschen und in 1,54 % der polnischen Treffer. Selten werden im Vergleich zu Frage stellen und zada(wa)ć pytanie unbestimmte Mengenangaben (1,65 % im Deutschen und 3,08 % im Polnischen) oder Zahladjektive (2,48 % im Deutschen, 1,54 % im Polnischen) realisiert, die unter den adjektivischen Attributen von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie mit 28,36 % der deutschen und 14,94 % der polnischen Adjektivattribute zu den häufigeren Erweiterungen zählen. In Bezug auf die Komplexität der adjektivischen Erweiterungen der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja unterscheiden sie sich nicht von den anderen in der vorliegenden Arbeit untersuchten Gefüge, denn wie bei den Funktionsverbgefügen Frage stellen bzw. zada(wa)ć pytanie und Antwort geben bzw. da(wa)ć odpowiedź finden sich unter den adjektivischen Erweiterungen der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja zwar auch komplexe Adjektivphrasen, am häufigsten werden die Adjektivphrasen jedoch einfach realisiert, d. h. in 80,17 % aller Adjektivattribute im deutschen Korpus zu Entscheidung treffen und in 72,31 % im polnischen Korpus werden die Nominal- 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 195 phrasen um ein einzelnes Adjektivattribut, wie z. B. betriebswirtschaftliche Entscheidungen 246 oder dobre deczje 247 ‚gute Entscheidungen‘ erweitert. Thematisch beziehen sich die Adjektive in Verbindung mit Entscheidung und decyzja auf • emotionale oder kognitive Aspekte, wie z. B. impulsiv 248 , irrational 249 , unvernünftig 250 oder moralisch richtig 251 , • eine zeitliche Dimension z. B. in Bezug auf die Dauer oder eine Begrenzung, wie z. B. schnellere 252 , vorläufig 253 , endgültig 254 , • die Qualität der Entscheidung in Bezug auf eine bestimmte Intention oder Bewertung, wie z. B. taktisch 255 und strategisch 256 oder hochwertig 257 , gut 258 , wichtig 259 und wesentlich 260 , 246 WPD15 / K02.08604: Karl-Heinz Grasser, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Karl-Heinz_Grasser: Wikipedia, 2015 247 WPP15 / S05.87173: Spis postaci w Neon Genesis Evangelion, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Spis_postaci_w_Neon_Genesis_Evangelion: Wikipedia, 2015 248 WPD15 / A00.00107: Alexander der Große, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Alexander_der_Große: Wikipedia, 2015 249 WPD15 / A00.00107: Alexander der Große, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Alexander_der_Große: Wikipedia, 2015 250 WPD15 / B66.69627: Bob’ s Burgers, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bob’ s_Burgers: Wikipedia, 2015 251 WPD15 / E02.13686: Eine Untersuchung über die Prinzipien der Moral, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Eine_Untersuchung_über_die_Prinzipien_der_Moral: Wikipedia, 2015 252 WPD15 / H01.29218: Horst Köhler, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Horst_Köhler: Wikipedia, 2015 253 WPD15 / B00.41621: Betriebsverfassung, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Betriebsverfassung: Wikipedia, 2015 254 WPD15 / A22.05003: Auckland Harbour Bridge, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Auckland_Harbour_Bridge: Wikipedia, 2015 255 WPD15 / H65.72811: Heroes & Generals, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Heroes_& _Generals: Wikipedia, 2015 256 WPD15 / D32.96513: Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Deutsche_Kinder-_und_Jugendstiftung: Wikipedia, 2015 257 WPD15 / L38.44912: Liste der ZK-Abteilungen und ihrer Abteilungsleiter, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Liste_der_ZK-Abteilungen_und_ihrer_Abteilungsleiter: Wikipedia, 2015 258 WPP15 / S05.87173: Spis postaci w Neon Genesis Evangelion, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Spis_postaci_w_Neon_Genesis_Evangelion: Wikipedia, 2015 259 WPD15 / A00.72666: Abbasiden, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Abbasiden: Wikipedia, 2015 260 WPD15 / A15.21872: An einem Tag wie jeder andere, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ An_einem_Tag_wie_jeder_andere: Wikipedia, 2015 196 4. Analyse • oder auf verschiedene administrative Bereiche und Ebenen, wie z. B. verwaltungstechnisch 261 , kirchen 262 - oder unternehmenspolitisch 263 , europäisch 264 . Unter den polnischen Treffern finden sich mit 24,62 % deutlich seltener als im Deutschen (42,46 %) adjektivische Erweiterungen des Funktionsnomens decyzja ‚Entscheidung‘. Trotzdem ist unter den adjektivischen Erweiterungen im Polnischen eine ähnliche thematische Varianz wie im deutschen Korpus festzustellen, d. h. die polnischen Adjektivattribute beziehen sich ebenfalls auf Emotionen, Intentionen, kognitive Aspekte sowie Bewertungen und sie haben einen Bezug zu administrativen Bereichen, vgl. Tabelle 32 mit der Auflistung der übereinstimmenden Adjektive aus dem deutschen und polnischen im Wikipedia-Korpus (2015): Deutsch Polnisch schwere • trudna wichtigste Entscheidung (-en) • najważniejsza decyzja(-e) verbindliche • wiążące endgültige • ostateczna richtige • prawidłowa konkrete • konkretna strategische • strategiczne betriebswirtschaftliche • ekonomiczne Tabelle 32: Adjektiverweiterungen von Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję Die Tabelle zeigt, dass es bei den deutschen und polnischen adjektivischen Attribuierungen der Funktionsnomen trotz der geringeren Anzahl an adjektivischen Erweiterungen des Funktionsnomens decyzja (24,61 % im Polnischen, 42,46 % 261 WPD15 / B07.84608: Bonner Konvention, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bonner_Konvention: Wikipedia, 2015 262 WPD15 / B16.02191: Bayern-Ingolstadt, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bayern-Ingolstadt: Wikipedia, 2015 263 WPD15 / A73.36604: Alfa Romeo 185T, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Alfa_Romeo_185T: Wikipedia, 2015 264 WPD15 / M20.91569: Massachusett, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Massachusett: Wikipedia, 2015 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 197 im Deutschen) zu vielen Übereinstimmungen kommt. Weiter gibt es auch Adjektivattribute, die jeweils nur in einer der beiden Sprachen vorkommen: Adjektivattribute von Entscheidung , die nur im deutschen Korpus vorkommen, sind beruflich , unabhängig oder hochwertig . Nur im polnischen Korpus finden sich die Adjektive optymalne ‚optimal‘, obiektywne ‚objektiv‘, analogiczne ‚analog‘ oder kluczowe ‚Schlüssel‘-. Die Adjektiverweiterungen können weiter danach unterschieden werden, ob sie in Bezug auf ihre syntaktische Funktion nur als Attribut oder auch adverbial gebraucht werden können. Weil in der Ratgeberliteratur zum Verfassen von Texten sowie modernen Textanalysetools im WWW dazu geraten wird, Funktionsverbgefüge mit den Basisverben, d. h. Entscheidung treffen mit entscheiden , zu ersetzen (vgl. Daniels 1963, Reiners 1963, Mackowiak 2011; s. Kap. 1.2) und Adjektive zu den häufigsten Erweiterungsarten der Funktionsnomen gehören, sind die verschiedenen Funktionsweisen adjektivischer Erweiterungen für die vorliegende Arbeit wesentlich. Es gilt aufzuzeigen, inwiefern sich adjektivisch attribuierte Funktionsverbgefüge mit Basisverben paraphrasieren lassen und ob sich durch die Substitution des attribuierten Funktionsverbgefüges mit dem Basisverb Bedeutungsveränderungen ergeben. Im Umkehrschluss können durch dieses Verfahren, das gleichzeitig einen syntaktischen Test darstellt (vgl. Musan 2013), Rückschlüsse auf die spezifischen Funktionen von Funktionsverbgefügen bei der Textkonstitution gezogen werden. In Bezug auf die Adjektivattribute von Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję finden sich unter den untersuchten Treffern • Adjektive, die sowohl adverbial als auch attributiv können 265 , • Adjektive, bei denen sich die Bedeutung je nach syntaktischer Funktion verändert, • und Adjektive, die nur in attributiver Funktion mit dem (Funktions-)Nomen verwendet werden können. Ich fokussiere im folgenden Abschnitt adjektivische Erweiterungen der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja, bei denen sich die Bedeutung der Adjektive je nach syntaktischer Funktion verändert und gehe anschließend auf 265 Ein Beispiel für ein Adjektiv, das sowohl mit dem Funktionsnomen als auch mit dem Basisverb verwendet werden kann ist konkret , d. h. es können konkrete Entscheidungen getroffen werden sowie konkret entschieden werden (vgl. Hinderdael 1985: 259). Im Abschnitt zur Informationsanreicherung 4.2.1.2 in Verbindung mit dem Gefüge Antwort geben zeige ich, wie sich die Bedeutung von Adjektiven in attributiver und adverbialer Funktion verändern kann, d.h. selbst wenn die Paraphrase einen grammatischen Satz ergibt, können subtile Bedeutungsveränderungen und Mehrdeutigkeiten entstehen, im Vergleich von Original und Paraphrase durch eine detaillierte Kontextanalyse Bedeutungsveränderungen aufgezeigt werden können (s. Kap. 4.2.1.2). 198 4. Analyse Adjektivattribute ein, die nur in Verbindung mit den Funktionsnomen auftreten können (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (15) Einige effektive Altruisten argumentieren, dass die marginalen Auswirkungen von potentiell unethischem Verhalten in solch einer lukrativen Karriere (z. B. unethisches Verhalten als Investmentbanker) gering sind, da - wenn man die Karriere nicht einschlagen würde - jemand anderes unabhängig die gleichen Entscheidungen treffen würde, während hingegen die Auswirkungen der Spenden groß sein würden. (16) Redaktorem wydania ze strony wydawnictwa Pallotinium [sic! Pallottinum; S. K.] był Kazimierz Dynarski, który blisko współpracował z Jankowskim, a wspólnie podejmowali główne decyzje […]. ‚Herausgeber der Ausgabe auf Seiten des Verlags Pallottinum war Kazimierz Dynarski, der eng mit Jankowski zusammenarbeitete, und gemeinsam trafen sie die Hauptentscheidungen […].‘ Das deutsche Beispiel (15) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zum effektiven Altruismus, einer neuzeitlichen philosophischen Ausrichtung der 2010er Jahre mit dem Ziel einer Optimierung des Umgangs mit Ressourcen, z. B. Einkünfte in Spenden umwandeln, um dadurch eine weltweite Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen. Der Textauszug handelt von einer spezifischen effektiv-altruistischen Argumentationsweise, bei der es darum geht, eine finanziell lukrative, aber potenziell unethische Karriere z. B. als Investmentbanker zu bevorzugen, „da - wenn man die Karriere nicht einschlagen würde - jemand anderes unabhängig die gleichen Entscheidungen treffen würde, während hingegen die Auswirkungen der Spenden groß sein würden“. Das polnische Beispiel (16) ist ein Auszug aus dem Wikipedia-Artikel zur Biblia Tysiąclecia ‚Jahrtausendbibel‘ - einer polnischen Neuauflage der Bibelübersetzung der Benediktinerabtei Tyniec in Krakau, die 1965 im Pallottinum-Verlag erschienen ist. Der Benediktiner Augustyn Jankowski war auf Seiten des Benediktinerordens der Herausgeber der Auflage und auf Seiten des Pallottinum-Verlags war Kazimierz Dynarski federführend - gemeinsam trafen sie die Hauptentscheidungen ‚wspólnie podejmowali główne decyzje‘. Das Funktionsnomen Entscheidung wird im deutschen Beispiel (15) mit dem Adjektiv gleich in der Bedeutung ‚von derselben Art‘ (vgl. DWDS 2019: gleich 1 266 ) linkserweitert, wodurch einerseits ausgedrückt wird, dass die Entscheidun- 266 https: / / www.dwds.de/ wb/ gleich#1 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 199 gen inhaltlich anderen Entscheidungen ähneln oder mit ihnen identisch sind, und andererseits wird durch gleiche Entscheidungen angezeigt, dass sie in diesem Beispiel in Relation zu anderen Entscheidungen zu betrachten sind. Diese Relation der Entscheidungen lässt sich als Ähnlichkeitsverhältnis beschreiben, das durch gleich markiert wird (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 51). Ein ähnliches Beispiel wird in der qualitativen Analyse des Funktionsverbgefüges Frage stellen aufgezeigt, nämlich die gleiche Frage stellen , wodurch Informationen nicht nur adjektivisch angereichert werden, sondern mit Bezug auf vorerwähnte Textreferenten wiederaufgenommen werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 51; s. Kap. 4.2.5.1). Durch gleich in attributiver Funktion wird bei gleichzeitiger Wiederaufnahme einer anderen Entscheidung ein Ähnlichkeitsverhältnis markiert, d. h. die Informationen zur Entscheidung werden durch gleich sowohl angereichert als auch wiederaufgenommen (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 51). Die Substitution mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (15) a. […] da - wenn man die Karriere nicht einschlagen würde - jemand anderes unabhängig gleich entscheiden würde, während hingegen die Auswirkungen der Spenden groß sein würden. Das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen wird in Paraphrase (15a) durch das Basisverb entscheiden ersetzt und die adjektivisch erweiterte Nominalphrase aus dem Original gleiche Entscheidungen wird aufgelöst. Durch die Auflösung der Nominalphrase verliert das Adjektiv gleich sein Bezugsnomen und muss deswegen in eine adverbiale Form gebracht werden, d. h. gleiche wird zu gleich umgeformt. Da das Adjektiv gleich sowohl attributiv als auch adverbial verwendet werden kann, ist die Paraphrase als grammatisch einzustufen. Im Vergleich von Original und Paraphrase ergeben sich jedoch Bedeutungsveränderungen, die auf die Mehrdeutigkeit von gleich zurückzuführen sind: Denn gleich kann • modal als ‚auf die gleiche, identische oder ähnliche Weise‘ (vgl. DWDS: gleich 1) 267 oder • temporal im Sinne von ‚in nicht allzu langer Zeit in der Zukunft‘ (vgl. DWDS : gleich 2) 268 267 https: / / www.dwds.de/ wb/ gleich#1 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 268 https: / / www.dwds.de/ wb/ gleich#2 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 200 4. Analyse interpretiert werden. Weil gleich sowohl modal als auch temporal interpretiert werden kann, kann auch Paraphrase (15a) auf zwei Arten interpretiert werden, nämlich erstens als Entscheidungshandlung, die auf dieselbe Art und Weise ausgeführt wird wie eine andere, und zweitens als Entscheidungshandlung, die in naher Zukunft ausgeführt wird, wobei sich beide Lesarten der Paraphrase vom Original unterscheiden. Denn im Original bezieht sich die Nominalphrase gleiche Entscheidungen auf die Ähnlichkeit zu anderen Entscheidungen, d.h. auf die Resultate der Entscheidungsprozesse und nicht wie in der Paraphrase auf modale oder temporale Aspekte der Entscheidungshandlung. Da es für Paraphrase (15) mehrere Lesarten gibt, kann die Paraphrase als mehrdeutig eingestuft werden, wobei keine der Lesarten die Bedeutung des Originals entspricht und diese wiedergibt. Im polnischen Beleg (16) Redaktorem wydania ze strony wydawnictwa Pallotinium [sic! Pallottinum; S. K.] był Kazimierz Dynarski, który blisko współpracował z Jankowskim, a wspólnie podejmowali główne decyzje dotyczące publikacji. ‚Herausgeber der Ausgabe auf Seiten des Verlags Pallottinum war Kazimierz Dynarski, der eng mit Jankowski zusammenarbeitete, und gemeinsam trafen sie die Hauptentscheidungen bezüglich der Veröffentlichung.‘ wird das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung‘ um das Adjektiv główne ‚Haupt‘linkserweitert, was im Deutschen mit Hauptentscheidungen übersetzt werden kann. Demnach treffen die beiden Herausgeber der Biblia Tysiąclecia ‚Jahrtausendbibel‘ Kazimierz Dynarski und Augustyn Jankowski die Hauptentscheidungen in Bezug auf die Publikation der Bibel. Durch das Adjektiv główne ‚Haupt‘gewinnen nicht nur die Entscheidungen von Dynarski und Jankowski an Bedeutung und werden als wichtig und wesentlich qualifiziert, sondern es wird darüber hinaus den Herausgebern selbst ein wesentlicher Status in der Publikationshierarchie und damit einhergehende Entscheidungsrechte zugeschrieben. Die Informationsanreicherung erfolgt in diesem Beispiel also auf mehreren Ebenen: Das Funktionsnomen Entscheidung wird einerseits um die Information ‚Haupt‘im Sinne von ‚wesentlich‘ oder ‚äußerst wichtig‘ angereichert und andererseits werden dadurch Informationen zu den Entscheidungstreffenden in Bezug auf ihre Entscheidungsrechte durch das Adjektivattribut ergänzt. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 201 (16) a. Redaktorem wydania ze strony wydawnictwa Pallotinium [sic! Pallottinum; S. K.] był Kazimierz Dynarski, który blisko współpracował z Jankowskim, a wspólnie głównie decydowali […]. ‚Herausgeber der Ausgabe auf Seiten des Verlags Pallottinum war Kazimierz Dynarski, der eng mit Jankowski zusammenarbeitete, und gemeinsam entschieden sie hauptsächlich / vorwiegend […].‘ Das Funktionsverbgefüge podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ wird durch das Basisverb decydować ‚entscheiden‘ ersetzt, wodurch die Nominalphrase aus dem Original główne decyzje ‚Hauptentscheidungen‘ aufgelöst werden muss; das attributiv verwendete Adjektiv główne ‚Haupt‘wird zu dem Adverb głównie ‚hauptsächlich‘ umgeformt. Da główne ‚Haupt‘die Adverb-Variante głównie ‚hauptsächlich / vorwiegend‘ aufweist, ist die Substitution von główne decyzje ‚Hauptentscheidung‘ durch głównie decydować ‚hauptsächlich entscheiden‘ als grammtisch einzustufen. Trotz der Grammatikalität der Paraphrase sind jedoch im Vergleich mit dem Original in Paraphrase (16a) Bedeutungsveränderungen festzustellen: Im Original wird ausgedrückt, dass die Herausgeber der Bibelausgabe Dynarski und Jankowski die Hauptentscheidungen, die wichtigsten Entscheidungen treffen (vgl. Pons 2019: główny 269 ; DWDS 2019: haupt- 270 ). Dagegen bezieht sich głównie ‚hauptsächlich‘ in der Paraphrase wspólnie głównie decydowali ‚gemeinsam entschieden sie hauptsächlich‘ auf die vom Verb ausgedrückte Handlung, wodurch verbalisiert wird, dass die Entscheidungshandlungen hauptsächlich von Dynarski und Jankowski ausgeführt werden - im Sinne von ‚sie entschieden meistens‘ bzw. ‚in den meisten Fällen‘ und ‚vorrangig‘, was einen Unterschied zur Satzbedeutung des Originals darstellt. Denn Dynarski und Jankowski treffen nicht mehr wie im Original die wesentlichen Entscheidungen, sondern die meisten. Der Grund für die Bedeutungsveränderung liegt in der unterschiedlichen Bedeutung der Lexeme główny ‚Haupt‘- oder głównie ‚hauptsächlich‘ sowie der syntaktischen Funktion und den damit einhergehenden syntaktischen Relationen, bei denen sich Haupt - ‚główny‘ im Sinne von ‚bedeutungsvoll‘ auf Entscheidung und hauptsächlich ‚głównie‘ auf die vom Verb ausgedrückte Entscheidungshandlung bezieht (vgl. Pons online 2019: główny 271 ; głównie 272 ). Durch 269 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=glowny&l=depl&in=&lf=de&qnac= (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 270 https: / / www.dwds.de/ wb/ haupt- (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 271 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=g%C5%82%C3%B3wny&l=depl&in=ac_ pl&lf=pl (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 272 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=g%C5%82%C3%B3wnie&l=depl&in=&lf=pl (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 202 4. Analyse die Paraphrase des adjektivisch attribuierten Funktionsverbgefüges mit dem Basisverb und die entstehenden Folgen der Umformulierung ergeben sich Veränderungen in Bezug auf die Bedeutung und die Relation der einzelnen Glieder im Satz, wodurch der Inhalt des Originals mit dem Basisverb nicht widergegeben werden kann. In den nächsten Beispielen zur adjektivischen Erweiterung werden die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja mit Eigenschaftswörtern attribuiert, die zwar im Deutschen und im Polnischen eine adverbial verwendbare Variante aufweisen, aber eine Paraphrase mit dem Basisverb aus grammatischer und semantischer Sicht dennoch nicht gelingt, vgl. die folgenden Beispiele aus dem Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (17) Sie [die Zyniker, S. K.] haben sich auf dem dünnen Landstreifen zwischen Gott und Teufel angesiedelt, sie wollen keine Parteigänger sein, und sie haben erkannt, dass sie frei sind, kleine Entscheidungen zu treffen, und sonst stillzuhalten. (18) Dyktator nadaje, mocą swojego niekwestionowanego autorytetu, ogólne kierunki działania i podejmuje kluczowe decyzje […]. ‚Der Diktator gibt durch seine unbestrittene Autorität allgemeine Handlungsanweisungen und trifft Schlüsselentscheidungen […].‘ Das deutsche Beispiel (17) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu der Buchreihe Abiturreden, in der unter anderem der Dichter Feridun Zaimoğlu seine Rede für den Abitur-Jahrgang 2007 des Saarlandes unter dem Titel „Von der geringen Abweichung“ veröffentlicht (vgl. Wikipedia: Abiturreden). In dem Auszug aus der Rede geht es um die Entstehung von Zynikern, die „erkannt [haben], dass sie frei sind, kleine Entscheidungen zu treffen, und sonst stillzuhalten“. Die polnische Textpassage in (18) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu Benevolent Dictator of Life - einem inoffiziellen Titel für eine in Open-Source-Projekten stark engagierte Person in richtungsweisender Funktion. Und der Diktator trifft Schlüsselentscheidungen ‚podejmuje kluczowe decyzje‘. Im deutschen Beispiel wird das Funktionsnomen Entscheidung um das Adjektiv kleine erweitert, wodurch ausgedrückt wird, dass es sich um eine Entscheidung handelt, die wahrscheinlich keine großen oder weitreichenden Auswirkungen oder Folgen nach sich zieht (vgl. DWDS 2019: klein 273 ), d. h. damit wird implikatiert, dass keine großen Entscheidungen getroffen werden können 273 https: / / www.dwds.de/ wb/ klein (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 203 bzw. dürfen. Die Information wird auf diese Weise nicht nur durch die Eigenschaft der Entscheidung, nämlich klein zu sein, angereichert, sondern kleine Entscheidungen treffen kann im Kontext von sie sind frei, dies zu tun und sonst stillzuhalten als Ausdruck von eingeschränkter Handlungsbefugnis interpretiert werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Personen mit mehr Befugnissen große Entscheidungen treffen dürfen. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (17) a. *[…] und sie haben erkannt, dass sie frei sind, klein zu entscheiden, und sonst stillzuhalten. In Paraphrase (17a) wird das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen mit dem Basisverb entscheiden ersetzt, wodurch die adjektivisch erweiterte Nominalphrase aus dem Original aufgelöst werden muss, d. h. kleine > klein . Da sich klein auf die Größe von Objekten oder Subjekten beziehen kann (vgl. DWDS 2019: klein 274 ), nicht aber auf verbal ausgedrückte Entscheidungshandlungen, entsteht durch die Verbindung von klein und entscheiden eine ungrammatische Konstruktion. 275 Die Paraphrase ist als ungrammatisch einzustufen, weil eine Entscheidungshandlung aus semantisch-logischer Sicht nicht klein oder groß sein kann (vgl. Lappin 1981: 29), d. h. die Bedeutung des Originals kann mit der Paraphrase nicht wiedergegeben werden. Im polnischen Beispiel (18) Dyktator nadaje, mocą swojego niekwestionowanego autorytetu, ogólne kierunki działania i podejmuje kluczowe decyzje […]. ‚Der Diktator gibt durch seine unbestrittene Autorität allgemeine Handlungsanweisungen und trifft Schlüsselentscheidungen […].‘ wird das Funktionsnomen decyzje mit dem Adjektiv kluczowe ,Schlüssel-‘ attribuiert, was ins Deutsche als Schlüsselentscheidungen übersetzt werden kann. Durch das Adjektiv kluczowe wird in diesem Textauszug markiert, dass es sich um äußerst wichtige, zentrale und richtungsweisende Entscheidungen eines Benevolent Dictator of Life handelt (vgl. DWDS 2019: schlüssel-) 276 , d. h. die Ent- 274 https: / / www.dwds.de/ wb/ klein (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 275 Eine grammatische Paraphrase wäre mit im Kleinen entscheiden möglich. Zu prüfen wäre jedoch, inwiefern sich klein von im Kleinen semantisch unterscheidet. 276 https: / / www.dwds.de/ wb/ schl%C3%BCssel- (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 204 4. Analyse scheidungen werden mit der Information angereichert, zentrale Eigenschaften in Bezug auf die Open-Source-Branche aufzuweisen. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (18) a. *Dyktator nadaje, mocą swojego niekwestionowanego autorytetu, ogólne kierunki działania i decyduje kluczowo […]. ‚*Der Diktator gibt durch seine unbestrittene Autorität allgemeine Handlungsanweisungen und entscheidet Schlüssel- […].‘ Das Funktionsverbgefüge podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ wird mit dem Basisverb decydować ‚entscheiden‘ ersetzt, wodurch die Nominalphrase aus dem Original kluczowe decyzje ‚Schlüsselentscheidungen‘ aufgelöst werden muss. Das Adjektivattribut kluczowy ‚Schlüssel‘müsste in der Paraphrase weiter adverbial verwendet werden. Da das Adjektiv kluczowy ‚Schlüssel‘aber keine adverbial verwendbare Variante aufweist, ist die Paraphrase als ungrammatisch einzustufen, d. h. für das Beispiel (18) kann der Inhalt des Originals nicht wiedergegeben werden. Die Substitution von adjektivisch erweiterten Funktionsverbgefügen gestaltet sich schwierig. Häufig verändert sich durch die Paraphrase mit dem Basisverb die Bedeutung des Adjektivs, das mit dem Verb in adverbialer Funktion verwendet wird, womit auch Veränderungen in Bezug auf die Bedeutung des gesamten Satzes bzw. die Grammatikalität einhergehen können. Weitere semantische Anpassungen der paraphrasierten Belege wären zwar möglich. Im Vergleich mit dem Original würde sich die Bedeutung der Paraphrase jedoch weiter verändern. Für bestimmte kommunikative Ziele können Funktionsverbgefüge also geeigneter sein als die jeweiligen Basisverben. In Verbindung mit Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję sind außer adjektivischen Erweiterungen auch satzförmige frequent, auf die ich im folgenden Abschnitt eingehe. 4.2.1.3.2. Informationsanreicherung durch satzförmige Erweiterungen Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję werden häufig satzförmig erweitert (in 19,30 % im Deutschen und in 11,52 % im Polnischen), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 205 Deutsch Polnisch (19) Die "Republik Krim" verpflichtete sich daraufhin, keine Entscheidungen zu treffen, die im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung stehen. (20) Referendum miało charakter jedynie doradczy dla rządu, ale zdecydowanie wpłynęło na decyzję[,] jaką podjął hiszpański parlament. ‚Das Referendum hatte ausschließlich beratende Funktion für die Regierung, beeinflusste jedoch definitiv die Entscheidung, die das spanische Parlament traf.‘ Das deutsche Beispiel (19) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zur Autonomen Republik Krim, in dem es heißt, 1994 habe sich die Republik Krim nach einer Drohung des ukrainischen Parlaments, ihr den Autonomiestatus zu entziehen, dazu verpflichtet, „keine Entscheidungen zu treffen, die im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung stehen“ (Wikipedia: Autonome Republik Krim). Das polnische Beispiel (20) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zum 2005 durchgeführten Referendum in Spanien zur Europäischen Verfassung, in dem berichtet wird, „[d]as Referendum hatte ausschließlich beratende Funktion für die Regierung, beeinflusste jedoch definitiv die Entscheidung, die das spanische Parlament traf“. Das Funktionsnomen Entscheidung wird im deutschen Beispiel (19) durch den Relativsatz die im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung stehen rechtserweitert, wodurch erstens verbalisiert wird, dass die Republik Krim keine Entscheidungen trifft, die nicht mit der Verfassung des Landes konform sind, d. h. die Informationen zur Entscheidung werden angereichert, und zweitens wird dadurch implizit die Vermutung nahegelegt, dass es Entscheidungen gegeben haben könnte, die gegen die ukrainische Verfassung verstoßen haben. Das Funktionsnomen wird also nicht nur um einen Relativsatz und dadurch um weitere Informationen erweitert, sondern es können durch diese Formulierung auch Schlussfolgerungsprozesse in Form von konventionellen Implikaturen (vgl. Kessel / Reimann 2017: 332) hervorgerufen werden. Versucht man nun das Funktionsverbgefüge in diesem Textauszug mit dem Basisverb zu ersetzen, so ergibt sich die folgende Paraphrase: (19) a. *Die "Republik Krim" verpflichtete sich daraufhin, nicht zu entscheiden, die im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung stehen. 206 4. Analyse In Paraphrase (19a) wird das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen mit dem Basisverb entscheiden substituiert, wodurch folgende Veränderungen vorgenommen werden: Durch die Substitution von Entscheidung treffen durch entscheiden muss zum einen die negierte Nominalphrase aufgelöst werden, wodurch der Negationsartikel kein aus der Nominalphrase im Original keine Entscheidungen treffen durch nicht ersetzt wird, d. h. die Entscheidungshandlung wird in der Paraphrase verneint. Da sich keine Entscheidungen im Original auf spezifische Entscheidungen beziehen, nämlich die, die im Widerspruch zu einer Landesverfassung stehen, verändert sich durch die negierte Entscheidungshandlung in der Paraphrase die Bedeutung des Satzes: nicht bezieht sich in der Paraphrase auf entscheiden und negiert dadurch die gesamte Entscheidungshandlung (vgl. IDS -Grammatik 2019: Skopus und Fokus der Negation 277 ), d. h. sie findet nicht statt. Zudem entsteht ein Problem in Bezug auf den an Entscheidungen angeschlossenen Relativsatz die im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung stehen , denn er verliert durch das fehlende Funktionsnomen in der Paraphrase sein Bezugswort und die Paraphrase wird ungrammatisch. Um die Grammatikalität der Paraphrase wiederherzustellen, wird sie weiter angepasst: (19) b. Die "Republik Krim" verpflichtete sich daraufhin, nicht zu entscheiden, was im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung steht. Der Relativsatz aus dem Original mit dem Relativpronomen die wird in Paraphrase (19b) zu einem Relativsatz mit was umformuliert. Da sich was -Relativsätze als sog. weiterführende Relativsätze (vgl. Ágel 2017: 680ff.; von Polenz 2008: 264) auf ganze Sätze beziehen können, ist Paraphrase (19b) als grammatisch einzustufen. Der was -Relativsatz bezieht sich in (19b) auf den übergeordneten Matrixsatz mit dem verneinten Basisverb nicht zu entscheiden , wodurch ausgedrückt wird, dass das Nicht-Entscheiden der Republik Krim im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung steht, d. h. es kommt zu weiteren Bedeutungsveränderungen, die im Vergleich mit dem Original stark von der ursprünglichen Bedeutung abweichen. Im polnischen Beispiel (20) Referendum miało charakter jedynie doradczy dla rządu, ale zdecydowanie wpłynęło na decyzję[,] jaką podjął hiszpański parlament. 277 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 6360 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 207 ‚Das Referendum hatte ausschließlich beratende Funktion für die Regierung, beeinflusste jedoch definitiv die Entscheidung, die das spanische Parlament traf.‘ wird das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung‘ durch den Relativsatz jaką podjął hiszpański parlament ‚die das spanische Parlament traf ‘ rechtserweitert, wodurch die Entscheidung um Informationen zum Verursacher der Entscheidung, nämlich das spanische Parlament, angereichert wird. Der Relativsatz weist außerdem die Besonderheit auf, dass das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung‘ und das Funktionsverb podjąć ‚treffen‘ in zwei Sätzen getrennt voneinander vorkommen (vgl. Popadić 1971: 51; Storrer 2006a: 173; Klinger 1983: 99 ff. s. Kap. 3.1): Das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ steht im Matrixsatz Referendum […] wpłynęło na decyzję ‚Das Referendum beeinflusste die Entscheidung‘ und das Funktionsverb podjąć ‚treffen‘ wird im angeschlossenen Relativsatz realisiert. Durch diese Verknüpfung hat das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ in diesem Satzgefüge zwei syntaktische Funktionen: In Referendum […] wpłynęło na decyzję ‚beeinflusste jedoch definitiv die Entscheidung‘ fungiert na decyzję (wörtlich ‚auf die Entscheidung‘) als Präpositionalobjekt zu dem Prädikat des Satzes wpłynąć ‚beeinflussen‘; im angeschlossenen Relativsatz wird das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ pronominal durch das Relativpronomen jaką ‚die / welche‘ wiederaufgenommen und bildet in der satzförmigen Erweiterung das Akkusativobjekt 278 im Sinne von ‚Decyzję podjął hiszpański parlament‘ ‚Die Entscheidung traf das spanische Parlament‘. Die Substitution mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: 278 Der Satzgliedstatus der nominalen Komponenten von Funktionsverbgefügen wird in der Forschungsliteratur häufig diskutiert (vgl. Storrer 2006b). Dabei werden zwei Positionen eingenommen: Zum einen werden Funktionsnomen als prädikative Nomen klassifiziert (vgl. Zifonun et al. 1997; Helbig / Buscha 2011), zum anderen werden sie wie Objekte behandelt (vgl. Fabricius-Hansen 2006). Der Grund für die unterschiedlichen Herangehensweisen liegt einerseits in den Kriterien, die zur Bestimmung der Satzgliedfunktion herangezogen werden, d. h. unterschiedliche syntaktische Tests und semantische Kriterien, und andererseits zeichnen sich Funktionsverbgefüge durch eine starke Heterogenität aus (vgl. Helbig / Buscha 2011, Klein 1968, Kamber 2008). Im Abschnitt zum Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit gehe ich darauf ein, dass es sich bei den analysierten Funktionsverbgefügen um einen Subtyp von Funktionsverbgefügen handelt, nämlich Nomen-Verb-Verbindungen, die aus einem Funktionsnomen ( Entscheidung ) und einem Funktionsverb ( treffen ) bestehen, für die es eine verbale Entsprechung ( entscheiden ) gibt. Häufig handelt es sich bei diesem spezifischen Subtyp von Nomen-Verb-Verbindungen um Funktionsverbgefüge, die einen geringeren Grad an Festigkeit aufweisen, d. h. Plural und verschiedene Artikel sowie Attribute zulassen und erfragbar sind (vgl. Helbig / Buscha 2011, Kamber 2008), was mit den Eigenschaften von 208 4. Analyse (20) a. ? Referendum miało charakter jedynie doradczy dla rządu, ale zdecydowanie wpłynęło na decyzję[,] jaką zdecydował hiszpański parlament. ‚? Das Referendum hatte ausschließlich beratende Funktion für die Regierung, beeinflusste jedoch definitiv die Entscheidung, die das spanische Parlament entschied.‘ In Paraphrase (20a) wird das Funktionsverbgefüge podjąć decyzję ‚Entscheidung treffen‘ mit dem Basisverb zdecydować ‚entscheiden‘ ersetzt, wobei nur das Funktionsverb im angeschlossenen Relativsatz ersetzt werden kann, weil das Funktionsnomen im übergeordneten Matrixsatz das Präpositionalobjekt des Satzes bildet. Würde das Funktionsnomen ebenfalls ersetzt werden, würde das Präpositionalobjekt zum Prädikat wpłynęło ‚beeinflusste‘ fehlen und der Satz würde ungrammatisch werden: * ale zdecydowanie wpłynęło na [,] jaką zdecydował hiszpański parlament ‚beeinflusste jedoch definitiv, die das spanische Parlament entschied‘. Die Substitution des Funktionsverbs podjąć (treffen) mit dem Basisverb zdecydować ‚entscheiden‘ hat demzufolge keinen Einfluss auf den übergeordneten Matrixsatz, in dem das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ steht. Trotzdem entsteht in Paraphrase (20a) eine ungewöhnliche Verbindung. Die pronominale Wiederaufnahme von decyzję ‚Entscheidung’ durch jaką ‚die / welche‘ im angeschlossenen Relativsatz bewirkt, dass das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ mit dem Basisverb zdecydował ‚entschied‘ prädikatiert wird, d. h. es entsteht die semantische Redundanz (vgl. Groeben / Christmann 2013: 172) zdecydował decyzję ‚Entscheidung entscheiden‘. 279 Da es eine derartige Verbindung im Polnischen nicht gibt, der Satz aber dennoch verstanden werden könnte, wird die Paraphrase als grammatisch und semantisch fraglich eingestuft. Eine mögliche Lösung dieses Problems wäre die Substitution von decyzja ‚Entscheidung‘ durch eine pronominale Form, wie z. B. […] na to, jak zdecydował […] ‚das, was er entschied‘. Bei derartigen pronominalen Substitutionen ergeben sich jedoch weitere Unterschiede zum Original: Zum einen haben nominale Elemente im Satz einen höheren Aufmerksamkeitsfokus als pronominale (vgl. Frank 2019; s. Kap. 4.2.5.3.2). Zum anderen wird das Pronomen to ‚das‘ im Hauptsatz mit wpłynęło ‚beeinflusste‘ prädikatiert, sodass die Semantik dieser Objekten korreliert (vgl. Storrer 2006b). Aus diesem Grund behandele ich die Funktionsnomen in der vorliegenden Arbeit als Akkusativ- oder Präpositionalobjekte. 279 Die Paraphrase könnte weiter angepasst werden, in der das Funktionsnomen durch eine pronominale Form ersetzt wird. Die Redundanz wäre auf diese Weise zwar behoben. Es würden sich jedoch Unterschiede in Bezug auf die Gewichtung des Funktionsnomens ergeben, die im Original durch die Position am rechten Satzrand als Vordergrundinformation markiert wird (s. Kap. 3.3). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 209 Konstruktion erst im nachstehenden Relativsatz mit dem Basisverb als Prädikat erschlossen werden kann und dies nicht zu einem besseren, sondern schlechteren Textverständnis führen kann. Funktionsnomen können mit Informationen angereichert werden, die in Form von satzförmigen Erweiterungen realisiert werden. Die Komponenten der Nomen-Verb-Verbindung können dabei gemeinsam in einem Matrixsatz oder getrennt voneinander in zwei Sätzen realisiert werden. In Verbindungen von Funktionsverbgefügen, bei denen an das Funktionsnomen ein Relativsatz angeschlossen wird, ergeben sich bei der Substitution mit dem Basisverb Schwierigkeiten, die entweder mit dem fehlenden Bezugsnomen zusammenhängen oder die Entstehung von semantischen Redundanzen verursachen. 4.2.1.3.3. Informationsanreicherung durch Genitiverweiterungen In den analysierten Treffern zu Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję fällt auf, dass Entscheidungen mit dem Ausdruck von Urheberschaft bzw. Besitzanzeige realisiert werden, beispielsweise mit von- Präpositionalphrasen, wie z. B. Entscheidungen von der Gesellschafterversammlung , Possessivartikeln, z. B. ihre Entscheidung , oder Genitivphrasen. Da Genitivattribute in Verbindung mit Entscheidung treffen häufiger vorkommen als mit den anderen in dieser Arbeit analysierten Gefügen (vgl. 4,21 % Entscheidung treffen, 1,72 % Frage stellen, 1,11 % Antwort geben), gehe ich nun auf ein Beispiel aus dem Wikipedia-Artikel zur Deutschen Teilung ein, das eine genitivische Erweiterung des Funktionsnomens beinhaltet (Hervorhebung S. K.): (21) Das lag zu einem wesentlichen Teil daran, dass die Franzosen - die gegen Deutschland gekämpft hatten und deren Land nach der Niederlage von 1940 von den Nationalsozialisten besetzt wurde - eine eigene Besatzungszone und einen Sitz im Rat der Militärgouverneure erhalten hatten und die Zusammenarbeit im Alliierten Kontrollrat behinderten. Entscheidungen des Rates mussten einstimmig getroffen werden, und Frankreich machte regen Gebrauch von seinem Vetorecht. 280 In (21) geht es um die französische Deutschlandpolitik im Zusammenhang mit der französischen Besatzungszone nach der Teilung Deutschlands im Jahre 1949. Über Frankreich wird im Wikipedia-Artikel berichtet, dass es „die Zusammenarbeit im Alliierten Kontrollrat “ durch den häufigen Gebrauch seines 280 WPD15 / D02.47327: Deutsche Teilung, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Deutsche_Teilung: Wikipedia, 2015 210 4. Analyse Vetorechts behindert habe, denn „Entscheidungen des Rates mussten einstimmig getroffen werden“. Das Funktionsnomen Entscheidung wird in Beispiel (21) um die Genitivphrase des Rates rechtserweitert, wodurch die Information zur Entscheidung um die des Urhebers, also wessen Entscheidung, angereichert wird (vgl. Engel et al. 1999: 927f.). Die definite Nominalphrase des Genitivattributs markiert, dass es sich bei des Rates um eine bekannte Entität im Text handelt (vgl. Ágel 2017: 759f.; Adamzik 2016: 264) und es kann ein Rückverweis auf den im Satz zuvor eingeführten Alliierten Kontrollrat hergestellt werden. Da jedoch nur ein Teil des zuvor eingeführten Nomens wiederaufgenommen wird, handelt es sich bei des Rates in (21) um eine partielle Anapher (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 76). Ein äquivalentes polnisches Beispiel ist trotz einer vergleichsweise hohen Anzahl an Genitivattributen im Korpus (4,09 %) nicht zu finden. Die Genitiverweiterungen beziehen sich häufig auf Handlungen, wie z. B. decyzje przyznania ‚Entscheidung etw. zuzugeben‘; es besteht jedoch auch im polnischen System die Möglichkeit durch Genitivattribute Besitz oder Urheberschaft anzuzeigen (vgl. Engel et al. 1999: 927 f.; Skibicki 2016: 439 f.) sowie Inhalte anaphorisch wiederaufzunehmen (vgl. Ágel 2017: 759 f.). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (21) a. *Des Rates mussten einstimmig entschieden werden, und Frankreich machte regen Gebrauch von seinem Vetorecht. Das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen wird mit dem Basisverb entscheiden ersetzt, wodurch sich die folgenden Veränderungen ergeben: Die erweiterte Nominalphrase die Entscheidungen des Rates muss aufgelöst werden und das Basisverb entscheiden besetzt die Stelle des Funktionsverbs treffen . Da das Funktionsnomen durch die Substitution entfällt, fehlt ein Nomen, mit dem sich das Genitivattribut des Rates zu einer erweiterten Nominalphrase verbinden kann, d. h. das Genitivattribut verliert sein Bezugswort, wodurch die Paraphrase ungrammatisch wird. Um die Grammatikalität der Paraphrase wiederherzustellen, können weitere Anpassungen vorgenommen werden, vgl. die folgende Paraphrase: (21) b. Der Rat musste einstimmig entscheiden, und Frankreich machte regen Gebrauch von seinem Vetorecht. In Paraphrase (21b) wird die Genitivphrase zu einer Phrase im Nominativ umgewandelt, wodurch der Rat sowohl als Subjekt des Satzes als auch als Agens 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 211 fungiert, wodurch alle anderen Glieder im Satz im Sinne der Kongruenz angepasst werden müssen: mussten wird zu musste angepasst (Angleichung der Person), entschieden zu entscheiden (Anpassung an agentives Subjekt) und das Hilfsverb werden wird getilgt, d.h. durch die Veränderung des Subjekts muss der Passivsatz des Originals in einen Aktivsatz paraphrasiert werden (vgl. Schmidt 1968: 51). Der anaphorische Verweis auf den Kontrollrat im Prätext bleibt zwar erhalten, durch die Änderung des Satzmodus von Passiv zu Aktiv sind im Vergleich mit dem Original jedoch erhebliche Bedeutungsveränderungen zu beobachten. Im Original ist die Entscheidung des Rates einstimmig, wodurch der Rat zwar erwähnt wird, es geht aber dennoch thematisch um die Entscheidung, was durch die Stellung am Anfang des Satzes markiert wird (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 105; Ágel 2017: 70/ 75; s. dazu auch Kap. 4.2.4). In der Paraphrase entscheidet der Rat einstimmig - der Rat ist also der agentive Verursacher der Entscheidungshandlung und der Kontrast zum anschließenden Satz und Frankreich machte regen Gebrauch von seinem Vetorecht wird durch den Rat auf der einen Seite und Frankreich auf der anderen als die Gegenüberstellung antizipiert. Durch die Paraphrase und die weitere Umformulierung ergeben sich Veränderungen in Bezug auf die Anreicherung der Informationen, aber auch auf die Perspektivierung des Sachverhalts, auf die ich in Bezug auf die Passivierung im Abschnitt zur Informationsperspektivierung im Einzelnen eingehe (s. Kap. 4.2.3.3). Funktionsnomen können um Genitivattribute erweitert werden, die Informationen zur Urheberschaft der Entscheidung ausdrücken, wodurch die Informationen im Text einerseits mit weiteren Inhalten angereichert werden, und andererseits können Genitivphrasen auf vorerwähnte Inhalte referieren, d. h. Informationen können im Text wiederaufgenommen und weitergeführt werden. Durch die direkte Verknüpfung der Attribute mit den Funktionsnomen gestaltet sich die Paraphrase mit dem Basisverb schwierig und erfordert schrittweise mehrere Umformungen, um sich dem Original semantisch anzunähern sowie grammatische Sätze zu erhalten, die dem Original jedoch semantisch letztlich nicht entsprechen. 4.2.1.4. Zusammenfassung Die Funktionsverbgefüge Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente können mit verschiedenen sprachlichen Einheiten erweitert werden. In Bezug auf die Informationsanreicherung habe ich Erweiterungen durch Adjektive, Präpositional- und Genitivphrasen sowie Sätze fokussiert, durch die sich unterschiedliche Möglichkeiten zur Vertextung von Informationen ergeben: 212 4. Analyse Die häufigste Erweiterungsart der Funktionsnomen Frage - pytanie , Antwort - odpowiedź und Entscheidung - decyzja sind (Qualitäts-)Adjektive, durch die Informationen im Text durch Eigenschaftszuschreibungen modifiziert, spezifiziert sowie (subjektiv) bewertet werden können. Zu Frage - pytanie finden sich negative Bewertungen, wie dumm , sinnlos oder unbequem , aber auch positive, wie hilfreich oder wichtig . Wichtige Fragen können berühmt werden und richtige Fragen können zu einem bestimmten Handlungsziel führen, wie z. B. beim Überführen von Tätern. Die Funktionsnomen Frage - pytanie werden außerdem oft durch Zahladjektive erweitert, wodurch Informationen im Text nicht nur präzisiert und zusammengefasst, sondern auch strukturiert werden. Die Adjektiverweiterungen von Antwort - odpowiedź thematisieren Ergebnisse von Antworten, wie z. B. positiv oder richtig , die Präzision der Antwort, wie z. B. eindeutig oder vage , sprachliche Handlungen, wie z. B. bejahend oder ausweichend . Das polnische odpowiedź weist außerdem eine adjektivische Präferenz auf: In 22,5 % der Adjektiverweiterungen wird odpowiedź mit jednoznaczna ‚eindeutig‘ attribuiert, während diese Verbindung im Deutschen selten vorkommt. Die Verbindung jednoznaczna decyzja ‚eindeutige Antwort‘ kann also als Kollokation interpretiert werden. Die Adjektive zu Entscheidung - decyzja beziehen sich auf emotionale oder kognitive Aspekte, wie z. B. impulsiv oder irrational , zeitliche Dimensionen, wie z. B. vorläufig oder endgültig , Intentionen von Entscheidungen, wie z. B. taktisch und strategisch , sowie auf bestimmte Entscheidungsbereiche, wie z. B. politisch oder verwaltungstechnisch . Die polnischen und deutschen Funktionsverbgefüge weisen einen gemeinsamen Bestand an Adjektiverweiterungen auf, viele Adjektive finden sich sowohl im Polnischen als auch im Deutschen. Vereinzelt kommen im Korpus aber auch Adjektiverweiterungen vor, die nur in einer der Vergleichssprachen verwendet werden, wie z. B. dociekliwe pytanie ‚tiefgründige Frage‘, szybsza odpowiedź ‚schnellere Antwort‘ im Polnischen und astronomische Fragen , nichtssagende Antworten und hochwertige Entscheidungen im Deutschen. Die Substitution von adjektivisch erweiterten Funktionsverbgefügen führt zu bedeutungsveränderten oder ungrammatischen Paraphrasen. Der Grund dafür ist, dass es zum einen in Adjektiverweiterungen gibt, die nur in attributiver Funktion verwendet werden können. Zum anderen verändern sich durch die Substitution die Relationen im Satz: Adjektive in adverbialer Funktion beziehen sich auf die vom Verb ausgedrückte Handlung, wodurch Veränderungen der gesamten Äußerung einhergehen. Für bestimmte kommunikative Ziele sind Funktionsverbgefüge also geeigneter als Basisverben. Die Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź wurden in Bezug auf Präpositionalphrasen in Kontaktstellung thematisiert, die Informationen im Text in Relation zueinander präzisieren und vorerwähnte Inhalte wiederaufnehmen. Zudem weist das Gefüge Antwort geben in Verbindung mit Präpositionalphrasen 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 213 eine weitere Lesart im Sinne von ‚auf etwas reagieren‘ auf, durch die auch auf nicht-sprachliche Ereignisse, wie z. B. auf sich wandelnde Gesellschaftsstrukturen, reagiert werden kann. Das Basisverb antworten kann also in bestimmten Kontexten nicht verwendet werden, in denen Antwort geben gebraucht werden kann. Die Gefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmowąć decyzję wurden bezüglich ihrer Relativsatz- und Genitiverweiterungen analysiert. Durch Relativsätze werden die Entscheidungen um komplexe und vielschichtige Informationen angereichert und so modifiziert, spezifiziert und situiert. Zudem nehmen die Relativpronomen die Funktionsnomen pronominal wieder auf, wodurch Informationen im Text weitergeführt werden. Bei der Substitution von Relativsatzerweiterungen von Funktionsnomen ergeben sich Schwierigkeiten, die entweder mit dem fehlenden Bezugsnomen zusammenhängen oder die Entstehung von semantischen Redundanzen, wie z. B. eine Entscheidung entscheiden , verursachen. Genitivattribute reichern Entscheidungen um Informationen ihrer Urheberschaft an, wodurch vorerwähnte Textreferenten im Text wiederaufgenommen und weitergeführt werden. Durch die direkte Verknüpfung der Attribute mit den Funktionsnomen gestaltet sich die Paraphrase mit dem Basisverb schwierig und erfordert schrittweise mehrere Umformungen, um sich dem Original semantisch zu nähern sowie grammatische Sätze zu erhalten, die dem Original jedoch semantisch letztlich nicht entsprechen. Durch die Verbindung der Funktionsverbgefüge mit Adjektiven, Phrasen und Sätzen können spezifische Informationen im Text vermittelt werden, deren Bedeutung bei der Paraphrase mit dem Basisverb häufig entweder zu Bedeutungsveränderungen und / oder zu ungrammatischen Sätzen und unzulässigen Konstruktionen führt, sodass die spezifischen Informationen aus den Funktionsverbgefüge-Konstruktionen nicht bedeutungsgleich wiedergegeben werden können. Funktionsverbgefüge erfüllen demnach spezifische kommunikative Funktionen und können in Kontexten verwendet werden, in denen Basisverben nicht gebraucht werden können. Im folgenden Kapitel zeige ich, wie Informationen im Text durch die komplexe Informationsanreicherung der Nominalphrasen verdichtet werden können. 4.2.2. Informationsverdichtung Unter Informationsverdichtung wird eine Leistung von Funktionsverbgefügen zusammengefasst, bei der komplexe Informationen „auf engem Raum“ verdichtet werden (Daniels 1963: 227). In Bezug auf die Funktionsverbgefüge Frage stellen, Antwort geben, Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente kann eine höhere Informationsdichte durch die Verknüpfung der Gefüge mit 214 4. Analyse anderen sprachlichen Einheiten erreicht werden, z. B. durch die Ko- und / oder Subordination der Gefüge(nomen) mit weiteren Verben, Adjektiven, Nomen und / oder ganzen Sätzen. Die Leistung der Informationsverdichtung steht im engen Zusammenhang mit der Leistung der Informationsanreicherung: Gemeinsam haben beide Leistungen, dass die Funktionsnomen um andere sprachliche Einheiten erweitert werden können. Sie können jedoch dadurch voneinander unterschieden werden, dass es erstens auch andere Verdichtungsmöglichkeiten als die reine Addition von sprachlichen Einheiten gibt, und zweitens zeigt sich bei der Verknüpfung von Sätzen, dass redundante Satzteile getilgt werden können, wodurch die Informationsdichte im Text steigt. Die Korpusanalyse zeigt, dass die untersuchten Funktionsverbgefüge durch ihre strukturellen Eigenschaften und Verknüpfungsmöglichkeiten oftmals hochgradig komplexe Informationen im Text vermitteln, auf die ich im Folgenden eingehe. 4.2.2.1 .Frage stellen und zada(wa)ć pytanie 4.2.2.1.1. Informationsverdichtung durch komplexe Adjektiverweiterung Die Funktionsnomen von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie können durch komplex subordinierte Adjektivattribute erweitert werden (17,91 % im Deutschen und 12,57 % im Polnischen), wie z. B. hilfreiche, weiterführende Fragen 281 oder zehn unpassende Fragen 282 stellen oder zadać cztery słynne pytania 283 ‚vier berühmte Fragen stellen‘, d. h. die Adjektive werden um weitere subordinierte Elemente erweitert und können beispielsweise Adverbien oder Partikeln mit wertender, evaluierender und / oder kommentierender Funktion enthalten (vgl. Ágel 2017: 764), wie z. B. sehr konkrete Fragen 284 , zu viele Fragen 285 stellen - zadawać za dużo pytań 286 . Durch derartige modifizierende Elemente können verfasser*innenseitige Sprecher*inneneinstellungen oder Sachverhaltsbewertungen im Text zum Ausdruck kommen (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 137; Adamzik 2016: 301 / 255; Ágel 2017: 764). Beispiele wie diese können zwar 281 WPD15 / E01.06399: Euthydemos, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Euthydemos: Wikipedia, 2015 282 WPD15 / T75.28524: Transphobie, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Transphobie: Wikipedia, 2015 283 WPP15 / K18.37387: Khema, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Khema: Wikipedia, 2015 284 WPD15 / S00.51163: Synästhesie, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Synästhesie: Wikipedia, 2015 285 WPD15 / M64.90645: Maigret und die alte Dame, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Maigret_und_die_alte_Dame: Wikipedia, 2015 286 WPP15 / T00.06216: Thomas Alva Edison, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Thomas_Alva_Edison: Wikipedia, 2015 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 215 mit dem Basisverb paraphrasiert werden, wie ich in Abschnitt (4.2.1) gezeigt habe, ergeben sich aber durch die Substitution Bedeutungsveränderungen: In sehr konkret fragen oder zu viel fragen - za dużo pytać beziehen sich die Adjektivphrasen mit ihren subordinierten Elementen auf die Art der Fragehandlung und nicht wie im Original auf die Frage (vgl. Daniels 1963: 230; s. Kap. 4.2.1). Die Informationsverdichtung wird in solchen komplex attribuierten Verbindungen zum einen durch das subordinierte Adjektiv erlangt, zum anderen durch das weitere kommentierende bzw. bewertende Element (z. B. zu oder sehr ). Es finden sich sowohl im Polnischen als auch im Deutschen mehrfach subordinierte Adjektivattribute des Funktionsnomens, die durch partizipiale Adjektive und weitere Elemente erweitert wurden, vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (22) Einander gleichgestellte Angehörige psychosozialer Berufe treffen sich zur gegenseitigen Beratung. Einer erzählt sein Problem und stellt eine damit verbundene Frage. (23) […] w wołaczu nie ma bezpośredniego związku z resztą zdania […], nie można też zadać odpowiadającego mu pytania […]. ‚[…] der Vokativ hat keinen direkten Bezug zum Rest des Satzes […], es können auch keine ihm [dem Vokativ, S. K.] entsprechenden Fragen gestellt werden[…].‘ In (22) geht es um eine professionelle Gesprächssituation der kollegialen Beratung, in der sich Angehörige psychosozialer Berufe treffen, Probleme diskutieren und sich gegenseitig beraten. Der Ablauf dieser kollegialen Beratung gestaltet sich so, dass eine Person ein Problem vorstellt und „eine damit verbundene Frage stellt“. In (23) handelt der Textauszug vom Vokativ im Polnischen, der keinen direkten Bezug zum Rest des Satzes aufweist, d. h. im Vergleich mit anderen Fällen wie z. B. dem Akkusativ kann der Vokativ als Anredeform nicht erfragt werden, d. h. es können also keine ihm [dem Vokativ] entsprechenden Fragen gestellt werden . Im deutschen Beleg (22) wird das Funktionsnomen um das partizipiale Adjektiv verbundene und das Pronominaladverb damit erweitert, im polnischen Beispiel (23) wird die Erweiterung der Nominalphrase pytanie durch mu odpowiadającego ‚ihm entsprechende‘ ebenfalls pronominal und partizipial attribuiert. Bei den partizipialen Adjektiven im Deutschen und im Polnischen handelt es sich um Wortbildungsprodukte, die aus den Verben verbinden und 216 4. Analyse entsprechen abgeleitet wurden (vgl. Ágel 2017: 717; Engel et al. 1999: 78), die in ihren Satzbauplänen relationale Bezüge zwischen den zugehörigen Aktanten herstellen: entsprechen im Sinne von ‚gleichwertig mit etwas anderem sein‘ (E- VALBU 2019: entsprechen 287 ) verbindet das Subjekt und die Dativergänzung vergleichend miteinander, 288 durch das Verb verbinden kann die Akkusativergänzung in jemand verknüpft etwas mit etwas (E- VALBU 2019: verbinden 5 289 ) mit der Präpositivergänzung verknüpft werden. Betrachtet man nun die erweiterten Nominalphrasen der Funktionsverbgefüge damit verbundene Frage und odpowiadającego mu pytania ‚ihm entsprechenden Fragen‘, lässt sich feststellen, dass die Aktanten von verbinden und entsprechen in die partizipial erweiterten Nominalphrasen integriert wurden: Die Präpositivergänzung von verbinden wird mit damit und dem partizipialen Adjektiv verbunden realisiert; die Dativergänzung von entsprechen wird mit ihm bei entsprechend ausgedrückt. In Bezug auf die Informationsdichte dieser erweiterten Nominalphrasen ergibt sich dadurch einerseits, dass die Nominalphrasen um die Information angereichert werden, dass es einen vergangenen Verbindungsbzw. Entsprechungs- oder Gleichsetzungsprozess gab, d. h. mit dem partizipialen Adjektiv wird auf einen vergangenen Vorgang verwiesen (vgl. Ágel 2017: 717 f., s. Kap. 4.2.5), andererseits werden durch die in der Nominalphrase integrierten Pronomen bzw. Pronominaladverbien, d.h. durch damit und mu ‚ihm‘, vorerwähnte Textreferenten anaphorisch wiederaufgenommen (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 55), wodurch die Fragen mit Problemen verbunden bzw. mit anderen Fragen verglichen und in einer erweiterten Nominalphrase im Text integriert werden, sodass sich hochgradig komplexe Verweis- und Verknüpfungsrelationen bei gleichzeitiger und mehrfacher Informationsanreicherung ergeben (s. Kap. 3.4; 4.2.5; vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 80). Sowohl im Polnischen als auch im Deutschen können durch solche komplex erweiterten Nominalphrasen und darin enthaltene Proformen Inhalte wiederaufgenommen und thematisch weitergeführt werden (s. a. Kap. 4.2.5). Versucht man solche partizipial und pronominal erweiterten Funktionsverbgefüge mit dem Basisverb zu ersetzen, gelingt die Paraphrase - wie ich in Abschnitt (4.2.1) gezeigt habe - häufig nicht, weil eines der Erweiterungselemente die Grammatikalität der Paraphrase entweder blockiert, vgl. *damit verbunden fragen , oder es zu relationalen Veränderungen der einzelnen Glieder im Vergleich von Original 287 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbvalenz/ 400495 (letzter Zugriff: 10. 03. 2019). 288 z. B. „Der griechische Gott Eros entspricht dem römischen Gott Amor […].“ (E-VALBU 2019: entsprechen 3, https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400495/ 3; letzter Zugriff: 10. 03. 2019). 289 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 401004/ 5 (letzter Zugriff: 10. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 217 und Paraphrase kommt, vgl. zapytać (je)mu odpowiadając ‚? ihm entsprechend fragen‘ (s. Kap. 4.2.1). Die Funktionsnomen Frage und pytanie können mit partizipialen und weiter subordinierten Adjektivphrasen attribuiert werden, die Informationen im Text nicht nur mehrfach modifizieren und spezifizieren, sondern Inhalte weiter kommentieren, auf vergangene Prozesse verweisen und diese verdichtet wiederaufnehmen. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsverdichtung durch mehrfache Links- und Rechtserweiterungen von Frage und pytanie ein. 4.2.2.1.2. Informationsverdichtung durch mehrfache Erweiterung Die Funktionsnomen Frage und pytanie werden häufig durch verschiedene Arten von Attributen (vgl. Gautier 1998) links- und rechtserweitert, wodurch komplexe Informationen im Text verdichtet werden, vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Artikel-Korpora (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (24) Eine ganz andere Frage, die er danach sich und dem Leser stellt, ist die, warum er überhaupt die Mühe einer eigenen Übertragung ins Russische auf sich genommen hat, und für wen. (25) Osobą, która mówi o owych granicach i zadaje główne pytanie piosenki „who gonna take away his license to kill? “ […] jest kobieta. ‚Die Person, die über diese Grenzen spricht und die Hauptfrage des Songs „who gonna take away his license to kill? “ […] stellt, ist eine Frau.‘ In (24) geht es in dem Wikipedia-Artikel zu dem Roman „Lolita“ um eine Frage des Autors, in Bezug auf seine Mühe einer Übertragung ins Russische, die er „sich und dem Leser stellt“. In (25) handelt die Textpassage von Bob Dylans Song „License to Kill“, in dem eine Frau die Hauptfrage des Songs „who gonna take away his license to kill? “ […] stellt . Im deutschen Beispiel (24) wird das Funktionsnomen Frage durch die komplexe Adjektivphrase ganz andere links- und durch einen Relativsatz rechtserweitert. Der Relativsatz weist die Besonderheit auf, dass das Funktionsverb des Gefüges stellen das Prädikat des angeschlossenen Relativsatzes bildet (Typ-2-Relativsatz: 23,40% im Deutschen und 15,79% im Polnischen, s. Kap. 4.1). Zudem handelt es sich bei diesem Relativsatz um eine koordinierte Relativsatzverbindung, bestehend aus die er danach sich stellt und die er danach dem Leser stellt , d. h. die redundanten Glieder die er danach werden in der Koordi- 218 4. Analyse nation vereinheitlicht (vgl. Daniels 1963: 228 f.; Schmidt 1968: 72; Heidolph et al. 1984: 439). Die verdichteten Informationen beziehen sich in diesem Beispiel einerseits darauf, dass die adjektivische Linkserweiterung relationalen Charakter aufweist, d. h. eine andere Frage muss im Text vorher entweder implizit oder explizit eingeführt worden sein, mit der die Frage warum er überhaupt die Mühe einer eigenen Übertragung ins Russische auf sich genommen hat verglichen wird, d. h. bei eine ganz andere Frage handelt es sich um eine Kontrastanapher (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 51, s. Kap. 4.2.5). Durch ganz andere wird zudem markiert, dass es sich um zwei stark voneinander unterscheidende Fragen handelt (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 51). Andererseits bezieht sich die Informationsverdichtung in diesem Beispiel auf die durch die koordinierten Relativsätze ausgedrückten Informationen, denn die Fragen werden verschiedenen Personen und in einer bestimmten zeitlichen Abfolge gestellt: zuerst dem Autor und danach den Lesern und Leserinnen (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 88). Im weiteren Textverlauf wird das Funktionsnomen durch die Frage […] ist die pronominal wiederaufgenommen und thematisch weitergeführt (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 106, s. Kap. 4.2.5), d.h. es ergeben sich durch die verschiedenen ko- und subordinierten Attribute, die Wiederaufnahme und die Weiterführung des Funktionsnomens Verknüpfungsrelationen auf der Ebene des Textes mit hoher Informationsdichte und Komplexität. Versucht man das Funktionsverbgefüge in Beispiel (24) mit dem Basisverb zu ersetzen, ergibt sich die folgende Paraphrase: (24) a. ? Eine ganz andere Frage, die er danach sich und den Leser fragt, ist die, warum […]. b. ? Er fragt sich und danach den Leser die / eine Frage. Eine ganz andere Frage ist die, warum […]. In Paraphrase (24a) kann nur das Funktionsverb durch das Basisverb fragen ersetzt werden, weil das Funktionsnomen im übergeordneten Matrixsatz das Subjekt des Satzes bildet und nicht weggelassen werden kann. Löst man die Relativsatzverbindung in Paraphrase (24b) auf, wird das Problem deutlich: eine Basisverbparaphrase würde die Konstruktion eine Frage fragen ergeben, die im Deutschen ungewöhnlich ist. In der zweiten Paraphrase (24b) würde außerdem das Problem hinzukommen, dass die Nominalphrasen eine / die Frage und eine ganz andere Frage durch die indefinite Nominalphrase im nächsten Satz keine Referenzidentität aufweisen, d. h. die Relativsatzerweiterung aus dem Original ist für den Ausdruck einer bestimmten zeitlichen Abfolge und die Zuweisung 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 219 von Referenzidentität und damit auch für die Textkonstitution und in diesem Beispiel unabdingbar. Im polnischen Beispiel (25) Osobą, która mówi o owych granicach i zadaje główne pytanie piosenki „who gonna take away his license to kill? “ […] jest kobieta. ‚Die Person, die über diese Grenzen spricht und die Hauptfrage des Songs „who gonna take away his license to kill? “ […] stellt, ist eine Frau.‘ wird das Funktionsnomen pytanie links um das Adjektiv główne ‚Haupt‘- und rechts durch die Nominalphrase im Genitiv piosenki ‚des Songs‘ erweitert, worauf ein Zitat aus dem Song folgt „who gonna take away his license to kill? “. Bei der zitierten Frage handelt es sich um die Haupt- oder Leitfrage des Songs, wodurch die Frage einerseits als besonders markiert wird und andererseits angezeigt wird, dass die Frage globale Textfunktionen im Songtext erfüllt. Denn das Genitivattribut piosenki ‚des Songs‘ weist nicht nur darauf hin, dass die Frage zum Lied gehört (vgl. Engel et al. 1999: 927 f.), sondern piosenki nimmt den Songs anaphorisch wieder auf. Die Verknüpfung mit dem anaphorischen Genitivattribut dient in diesem Beleg also zur Fortführung des übergeordneten Themas, der globalen Kohärenz, vgl. die Überschrift des Wikipedia-Artikels: „License to Kill“ (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 94). Der Substitutionstest zeigt außerdem die folgenden Veränderungen auf: (25) a. ? […] pyta głównie piosenki […]. ‚*[…] fragt hauptsächlich / vorwiegend des Liedes / die Lieder […].‘ Das attribuierte Funktionsverbgefüge zadać główne pytanie piosenki ‚die Hauptfrage des Lieds stellen‘ wird in (25a) mit dem Basisverb pytać ‚fragen‘ ersetzt. Weil das Adjektiv główne ‚Haupt‘-auch in adverbialer Funktion durch głównie ‚hauptsächlich/ vorwiegend‘ realisiert werden kann, ist dieser Teil der Paraphrase grammatisch. In Bezug auf die Bedeutung der Paraphrase im Vergleich mit dem Original sind jedoch Veränderungen festzustellen: piosenki ‚Lieder‘ können in (25a) nicht mehr wie im Original als Genitivattribut interpretiert werden, weil das Funktionsnomen als Bezugswort fehlt, sodass piosenki ‚Lieder‘ in (25) als Akkusativobjekt zu pytać ‚fragen‘ fungieren (vgl. Skibicki 2016: 34), d. h. die Lieder werden in der Paraphrase wörtlich befragt, was semantisch fraglich ist und der Bedeutung des Originals nicht entspricht. 220 4. Analyse Die Funktionsnomen Frage und pytanie können durch die Kombination von Adjektiv-, Genitivsowie satzförmigen Erweiterungen links- und rechtserweitert werden, die die Informationen im Text nicht nur hochgradig komplex durch unterschiedliche Adressat*innen, Relationen und Eigenschaften anreichern, spezifizieren und verdichten, sondern auch Themen global vergleichen und weiterführen können. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsverdichtung durch die Reduktion von Valenz ein. 4.2.2.1.3. Informationsverdichtung durch Valenzreduktion Funktionsverbgefüge weisen im Vergleich mit ihren Basisverben weniger obligatorische Aktanten auf, wodurch die Gefüge mit anderen Nomen und Verben koordiniert und die Informationen im Text verdichtet werden können (vgl. Daniels 1963: 228 f.; Starke 1969: 181; Popadić 1971: 40-42; Schmidt 1968: 48 / 72; Heidolph et al. 1984: 439; Hinderdael 1985: 215, s. Kap. 3.2). Weil Fragen und Antworten sowohl semantisch relational als auch sequenzlogisch miteinander zusammenhängen (vgl. Liedtke 2016: 28; Schwarz / Chur 2004: 58), finden sich in der direkten sprachlichen Umgebung von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie koordinierte Antworthandlungen, wie z. B. • Fragen stellen und beantworten 290 , • Fragen gestellt, die jeder […] mit "Ja" beantworten muss 291 - • zadaje […] pytanie, na które obecni […] udzielają odpowiedzi 292 • ‚stellt eine […] Frage, auf die die Anwesenden […] Antworten geben.‘ Auf das Zusammenspiel von Fragen und Antworten gehe ich anhand der folgenden Beispiele ein (Hervorhebung S. K.): 290 WPD15 / W02.21008: Werner Gitt, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Werner_Gitt: Wikipedia, 2015 291 WPD15 / G69.50847: Gottesdienst und Praxis der Zeugen Jehovas, In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Gottesdienst_und_Praxis_der_Zeugen_Jehovas: Wikipedia, 2015 292 WPP15 / P24.06109: Praktyki religijne Świadków Jehowy, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Praktyki_religijne_Świadków_Jehowy: Wikipedia, 2015 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 221 Deutsch Polnisch (26) Die erste […] Strophe […] stellt in einer für die "epigrammatischen Oden" des Jahres 1798 programmatischen Kürze eine Frage und gibt eine Antwort. (27) Głosy funkcjonują tak, jak wchodzące ze sobą w relacje postacie z powieści, zadają pytania, udzielają odpowiedzi, zgadzają się lub nie zgadzają. ‚Die Stimmen funktionieren so wie die in einem Roman zusammenkommenden Figuren, stellen Fragen, erteilen Antworten, stimmen zu oder nicht.‘ In (26) handelt die Textpassage von Hölderlins Gedicht „Der Abschied“, in dem „die […] erste Strophe“ eine Frage stellt , worauf sie eine Antwort gibt. In (27) geht es in dem Textauszug zum Wikipedia-Artikel zu „Dialogowe Ja“ ‚Dialogisches Selbst‘ - einem psychologischen Konzept, in dem das menschliche Selbst aus der Kommunikation mit anderen hervorgeht - um verschiedene Stimmen, wie z. B. der Mutter, des Vaters, die für psychotherapeutische Zwecke konzeptualisiert werden, wobei die Stimmen innere Positionen widergeben (Wikipedia: Dialogowe Ja) 293 , d. h. wie die in einem Roman zusammenkommenden Charaktere agieren: sie „stellen Fragen“ und „erteilen Antworten“. Sowohl im deutschen als auch im polnischen Beispiel wird das Funktionsverbgefüge Frage stellen mit dem Funktionsverbgefüge Antwort erteilen ‚udzielać odpowiedź‘ koordiniert. Im deutschen Beispiel (26) wird die Koordination durch und ausgedrückt, im polnischen Beleg (27) werden die Prädikate durch die Aneinanderreihung durch Kommatrennung koordiniert. Versucht man die Funktionsverbgefüge in (26) und (27) mit den Basisverben zu ersetzen, ergeben sich die folgenden Paraphrasen: (26) a. ? Die erste […] Strophe […] fragt in einer für die "epigrammatischen Oden" des Jahres 1798 programmatischen Kürze und antwortet.“ (27) a. Głosy funkcjonują tak, jak wchodzące ze sobą w relacje postacie z powieści, pytają, odpowiadają, zgadzają się lub nie zgadzają. ‚Die Stimmen funktionieren so wie die in einem Roman zusammenkommenden Figuren, fragen, antworten, stimmen zu oder nicht.‘ 293 WPP15 / D27.38098: Dialogowe Ja, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Dialogowe_Ja: Wikipedia, 2015 222 4. Analyse Die Paraphrasen (26) und (27) gelingen zwar, aber sie sind ohne einen Kontext, aus dem hervorgeht, was gefragt oder geantwortet wird, unvollständig, was mit den Gefügen problemlos realisiert werden kann. Frage stellen und Antwort geben weisen im Vergleich mit ihren Basisverben fragen und antworten weniger obligatorische Aktanten auf (vgl. Starke 1969: 181; Popadić 1971: 40-42; Schmidt 1968: 48; Heidolph et al. 1984: 439; Hinderdael 1985: 215, s. Kap. 3.2). Gehen die Aktanten von fragen und antworten in (26) und (27) also nicht aus dem Kontext hervor, sind die Paraphrasen als unvollständig und damit auch als ungrammatisch einzustufen. Im Vergleich von Original und Paraphrase sind weiter die folgenden Veränderungen festzustellen: In der deutschen Paraphrase (26) verschiebt sich die vom Verb ausgedrückte Handlung an eine andere Position im Satz, nämlich in die linke Klammer (vgl. Wöllstein 2014: 37; s. Kap. 4.2.4), wodurch sich die Entfernung von fragen und antworten vergrößert und nicht eindeutig ist, ob sich die Antworten auf die Fragen beziehen oder nicht - Paraphrase (26) ist also mehrdeutig. Im Original wird die Relation von Frage und Antwort einerseits durch die Nähe und die Anordnung, nämlich nacheinander, ausgedrückt (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 88) und die Nomen können implizit weiter miteinander verknüpft werden im Sinne von ‚Die erste […] Strophe […] stellt […] eine Frage und gibt eine Antwort [darauf]‘ (vgl. Engel et al. 1999: 64; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 107). Die Substitution mit dem Basisverb stellt durch die Mehrdeutigkeit also keine Ausdrucksalternative dar. In der polnischen Paraphrase (27) a. Głosy funkcjonują tak, jak wchodzące ze sobą w relacje postacie z powieści, pytają, odpowiadają, zgadzają się lub nie zgadzają. ‚Die Stimmen funktionieren so wie die in einem Roman zusammenkommenden Figuren, fragen, antworten, stimmen zu oder nicht.‘ bleiben die Verben zwar an einer ähnlichen Position wie die Funktionsverbgefüge im Original, vgl. […] zadają pytania, udzielają odpowiedzi ‚ stellen Fragen, geben Antworten‘, die Paraphrase (27) verliert jedoch durch die fehlenden Akkusativobjekte an Präzision (vgl. Schmidt 1968: 56). Dadurch wird sowohl in der deutschen als auch in der polnischen Paraphrase offengelassen, ob sich die Frage- und Antworthandlungen aufeinander beziehen oder unabhängig voneinander zu betrachten sind, sodass auch die polnische Paraphrase mehrdeutig ist. Durch die Reduktion der Valenz der Gefüge und die Koordination von Fragen und Antworten können Informationen zu Relationen im Satz verdichtet werden. Paraphrasen mit den Basisverben führen dagegen durch die fehlenden 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 223 Aktanten zu mehrdeutigen Äußerungen. Im Folgenden gehe ich auf die Möglichkeiten zur Informationsverdichtung durch die Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ein. 4.2.2.2. Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź Die Verdichtung von Informationen kann im Zusammenhang mit Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź zum einen durch komplexe Phrasen erreicht werden (in 11,11 % im Deutschen und in 25,45 % im Polnischen) und zum anderen durch koordinierte Nomen oder Verben (in 14,44 % im Deutschen und in 14,09 % im Polnischen), mit denen Valenzmuster vereinheitlicht werden (vgl. z. B. Heidolph et al. 1984: 439; s. Kap. 3.2.1.2). Die Informationsverdichtung wird im Folgenden in Bezug auf komplexe Phrasen und koordinierte Satzglieder von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź analysiert. 4.2.2.2.1. Informationsverdichtung durch komplexe Phrasen Die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź treten häufig in Verbindung mit komplexen Phrasen auf, d. h. die Phrasen können mehrere Adjektive, koordinierte Nomen oder angeschlossene Sätze enthalten (vgl. Pittner / Berman 2015, Skibicki 2016, Klinger 1983; s. Kap 3.1.; 4.1.2), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Artikel-Korpora (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (7) Nach einer erweiterten Definition, der zufolge als Angehöriger einer der alteingesessenen und offiziell anerkannten ethnischen Minderheiten gezählt wird, wer eine eindeutige Antwort auf eine der Fragen nach Nationalität, Affinität zu kulturellen Werten oder Traditionen einer Nationalität, Muttersprache oder Sprache im Umgang mit Familienmitgliedern oder Freunden gegeben hat, wurden 25.730 Personen als Angehörige der kroatischen Minderheit in Ungarn gezählt. (8) W większości przypadków lek daje pełną (lub częściową) oczekiwaną odpowiedź kliniczną, która utrzymuje się długo po odstawieniu leku. ‚In den meisten Fällen gibt das Medikament eine vollständige (oder teilweise) erwartete klinische Reaktion [wörtl. Antwort, S. K.] ab, die lange nach Absetzen des Medikaments anhält.‘ Im Textauszug (7) aus dem Wikipedia-Artikel zur ethnischen Gruppe der Kroat*innen geht es um kroatische Minderheiten in Ungarn, die bei einer Volkszählung anhand von Fragen ermittelt wurden. Zu dieser kroatischen Minderheit in 224 4. Analyse Ungarn zählt laut der Wikipedia jeder, der „eine eindeutige Antwort auf eine der Fragen nach Nationalität, Affinität zu kulturellen Werten oder Traditionen einer Nationalität, Muttersprache oder Sprache im Umgang mit Familienmitgliedern oder Freunden gegeben hat“. In Beispiel (8) geht es um eine medizinische Substanzklasse, die bei Depressionen als Antidepressivum eingesetzt wird und die den Transport von Serotonin im Gehirn hemmt. Die Wirkung solcher Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer kann sich jedoch unter den Patient*innen auch voneinander unterscheiden, aber „[i]n den meisten Fällen gibt das Medikament eine vollständige (oder teilweise) erwartete klinische Reaktion [wörtl. Antwort, S. K.] ab, die lange nach Absetzen des Medikaments anhält“. Im deutschen Beispiel (7) wird das Funktionsverbgefüge Antwort geben links durch das Adjektiv eindeutig erweitert und rechts wird die auf- Präpositionalphrase auf eine der Fragen ergänzt, die weitere koordinierte Präpositionalphrasen enthält, nämlich nach Nationalität, Affinität zu kulturellen Werten oder Traditionen einer Nationalität, Muttersprache oder Sprache im Umgang mit Familienmitgliedern oder Freunden . Durch die auf- Präpositionalphrase wird die Antwort zunächst um die Information ergänzt, dass die Antwort in Relation zu bestimmten Fragen steht, die danach thematisch erläutert werden. Kontextuell betrachtet, ist das Funktionsverbgefüge Antwort geben selbst in einen wer- Pronominalsatz (hier in der Funktion eines Subjektsatzes zum übergeordneten Matrixsatz, vgl. Pafel 2011) eingebettet, der wiederum in einen der- Relativsatz eingebettet ist. Aufgrund der Komplexität dieses Satzgefüges handelt es sich bei dieser Hypertaxe um eine Satzperiode (vgl. Boettcher 2009; Pittner / Berman 2015), d. h. die Struktur des Satzes ist hochgradig komplex und verschachtelt. Diese verschachtelte Struktur zeigt sich weiter auch in der Antwort geben -Konstruktion sowie den verschiedenen angeschlossenen Präpositionalphrasen. Die Substitution mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (7) a. Nach einer erweiterten Definition, der zufolge als Angehöriger einer der alteingesessenen und offiziell anerkannten ethnischen Minderheiten gezählt wird, wer eindeutig auf eine der Fragen nach Nationalität, Affinität zu kulturellen Werten oder Traditionen einer Nationalität, Muttersprache oder Sprache im Umgang mit Familienmitgliedern oder Freunden geantwortet hat, wurden 25.730 Personen als Angehörige der kroatischen Minderheit in Ungarn gezählt. Das Funktionsverbgefüge Antwort geben wird in Paraphrase (7a) durch das Basisverb antworten ersetzt. Die adjektivisch erweiterte Nominalphrase eine eindeutige Antwort geben wird aufgelöst und das Adjektiv eindeutige wird zu 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 225 eindeutig angepasst, was in diesem Beispiel gelingt, weil das Adjektiv eindeutig sowohl attributiv als auch adverbial verwendet werden kann. Auf die Anreicherung von Informationen durch Adjektive gehe ich im Abschnitt zu Informationsanreicherung gesondert ein und zeige dort, wie es bei der Substitution von adjektivisch erweiterten Funktionsverbgefügen mit dem Basisverb in Bezug auf die Satzgliedfunktion des Adjektivs, d.h. adverbial oder attributiv, zu Bedeutungsveränderungen kommen kann (s. Kap. 4.2.1). Im Abschnitt (3.2.1.1.2) zur Valenz von Antwort geben und antworten konnte gezeigt werden, dass auf- Präpositionalphrasen in beiden Satzbauplänen vorgesehen sind, d.h. antwortet auf x ist eine grammatische Konstruktion (s. Kap. 3.2.1.1.2). Da sowohl im Satzbauplan des Basisverbs antworten als auch in dem des Funktionsverbgefüges Antwort geben eine auf- Präpositionalphrase enthalten ist (vgl. Fabricius-Hansen 2006; s. Kap. 3.2.1.1.2), muss die Präpositivergänzung nicht weiter angepasst werden und es entstehen durch die Substitution keine grammatischen Auffälligkeiten, weshalb Paraphrase (7) als grammatisch eingestuft werden kann. Trotz der grammatischen Paraphrase ergeben sich durch die Substitution mit dem Basisverb Änderungen im Vergleich von Original und Paraphrase, v. a. in Bezug auf die Satzstellung: In deutschen Nebensätzen stehen Verben an letzter Stelle (vgl. Wöllstein 2014), d. h. Verben bilden in Verbletztsätzen das Prädikat in Endstellung. Das Basisverb antworten kann demzufolge erst nach der komplexen Präpositionalphase „auf eine der Fragen nach Nationalität, Affinität zu kulturellen Werten oder Traditionen einer Nationalität, Muttersprache oder Sprache im Umgang mit Familienmitgliedern oder Freunden“ realisiert werden. Für die Rezeption des Textes kann eine derartige Verschiebung von wesentlichen sprachlichen Elementen eine Rolle spielen: Da es sich bei dem vorliegenden Beispiel (7) um eine Satzperiode 294 handelt, in der die Konstruktion eine Antwort auf Fragen geben eingebettet ist, die Fragen also vielfach erweitert werden, kann es gerade für die Speicherung der Informationen im Kurzzeitgedächtnis hilfreich sein, wenn die Verbalhandlung, im Original (7) in Form der Nominalisierung Antwort , an einer für die Aufnahme der Informationen günstigen Stelle im Satz steht (vgl. Daniels 1963: 225; vgl. Göpferich 2008: 302 f./ 307 f.; Hess-Lüttich 1983). Da die Antwort im Original im Mittelfeld des Satzes steht (vgl. Wöllstein 2014), direkt mit den Fragen verknüpft wird und so eine Frage-Antwort-Sequenz in den Text eingeführt wird - die Fragen stehen also aus sequenzlogischer Sicht mit den Antworten in Relation - interpretiere ich diese Position und Verknüp- 294 Eine Satzperiode ist ein komplex verschachtelter Satz aus Haupt- und Nebensätzen (vgl. Ágel 2017). 226 4. Analyse fung im Original als sprachlich günstig bzw. zumindest günstiger als in der Paraphrase. Ich erkläre warum: Da sich die Antworthandlung in der Paraphrase an das Ende des Nebensatzes verschiebt, wird erst nach dem gesamten Phrasenkomplex verbalisiert, was mit den Fragen geschieht, also nach: [auf eine der Fragen nach Nationalität, Affinität zu kulturellen Werten oder Traditionen einer Nationalität, Muttersprache oder Sprache im Umgang mit Familienmitgliedern oder Freunden] Auf die Fragen kann also verschiedentlich reagiert werden, was der*die Leser*in erst nach der Auflistung der Themen der Fragen erfährt. Für die Rezeption des Textes könnten derartige Veränderungen bei der Verarbeitung und der Speicherung von Informationen im Kurzzeitgedächtnis Schwierigkeiten bereiten (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112). Zu einer ähnlichen Feststellung gelangt Daniels (1963: 225). Er bezeichnet eine syntaktisch-semantische Leistung von Funktionsverbgefügen, und insbesondere des Funktionsnomens, als „Stütze im langem Satz“ (Daniels 1963: 225) und meint damit, dass die Nomen an anderen Positionen im Satz vorkommen können als ihre verbalen Entsprechungen, wodurch gerade sehr komplexe Sätze übersichtlicher werden (vgl. Daniels 1963: 225). Dieser Auffassung nach können Funktionsverbgefüge in langen Schachtelsätzen durch eine bestimmte Positionierung des Funktionsnomens nicht wie in zahlreichen Stilratgebern postuliert wird zum schlechteren (vgl. Mackowiak 2011; s. Kap. 1.2), sondern sogar zum besseren Verständnis des Textes beitragen. Im polnischen Beispiel (8) W większości przypadków lek daje pełną (lub częściową) oczekiwaną odpowiedź kliniczną, która utrzymuje się długo po odstawieniu leku. ‚In den meisten Fällen gibt das Medikament eine vollständige (oder teilweise) erwartete klinische Reaktion ab, die lange nach Absetzen des Medikaments anhält.’ entsteht die Informationsverdichtung zum einen dadurch, dass die Nominalphrase des Funktionsverbgefüges durch insgesamt vier Adjektive erweitert wird: Drei Adjektive sind dem Funktionsnomen vorangestellt, nämlich pełną (lub częściową) oczekiwaną ‚vollständige (oder teilweise) erwartete‘, und ein Adjektiv, nämlich kliniczne ‚klinisch‘ ist dem Nomen nachgestellt, was einen Unterschied zwischen dem deutschen und dem polnischen Sprachsystem darstellt, denn nur im Polnischen können Adjektivattribute auch als Rechtserweiterungen von Nomen in Nominalphrasen auftreten (vgl. Skibicki 2016: 151). Das Funktionsnomen wird außerdem durch den Relativsatz która utrzymuje 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 227 się długo po odstawieniu leku ‚die lange nach Absetzen des Medikaments anhält‘ rechtserweitert. In Bezug auf ihre Bedeutung sind die Adjektive weiter auch voneinander abzugrenzen. Während sich pełną ‚vollständige‘, częściową ‚teilweise‘ und kliniczne ‚klinisch‘ auf die Art der Reaktion (im Polnischen hier ‚Antwort‘) des Medikaments beziehen, d. h. im Sinne von ‚Grad der Wirkung‘ (vollständig, teilweise) und die ‚Art des Nachweises über die Wirkweise‘ ( klinisch ). Das partizipiale Adjektiv oczekiwaną ‚erwartete‘ ist dagegen von dem Verb oczekiwać ‚erwarten‘ abgeleitet (vgl. Engel et al. 1999: 78 f.). Da partizipiale Adjektive sowohl Eigenschaften von Verben als auch von Adjektiven kodieren können (vgl. Ágel 2017: 360 f.; s. Kap. 3.1.2), wird das Nomen des Gefüges durch oczekiwaną ‚erwartete‘ nicht nur näher bestimmt (vgl. Engel et al. 1999: 78f.), sondern das Adjektiv kann darüber hinaus auch auf vergangene Prozesse verweisen, d.h. es handelt sich bei der Antwort/ Reaktion des Medikaments in Beispiel (8) um eine Wirkung, die anhand von (zahlreichen) klinischen Untersuchungen im Vorfeld nachgewiesen wurde und deswegen erwartet wird (vgl. Bastine / Tuschen 1996). Die Relativsatzerweiterung des Funktionsnomens która utrzymuje się długo po odstawieniu leku ‚die lange nach Absetzen des Medikaments anhält‘ drückt aus, dass die Wirkung des Medikaments noch nach dem Absetzen der Medikation anhält: Durch den imperfektiven Aspekt des Prädikats des Nebensatzes utrzymuje się ‚anhält‘ werden zum einen generalisierende Informationen zur Wirkung des Medikaments vermittelt (vgl. Skibicki 2016: 284 ff.), zum anderen wird durch die Zeitangabe długo po odstawieniu leku ‚lange nach Absetzen des Medikaments‘ verbalisiert, dass die Wirkung des Medikaments nach dem Absetzen lange nicht nachlässt. Durch diese mehrfache Attribuierung mit adjektivischen sowie satzförmigen Links- und Rechtserweiterungen werden in diesem Textauszug aus dem polnischen Wikipedia-Artikel zu Serotonin-Wiederaufnahmehemmern komplexe und auf das Funktionsnomen bezogene Informationen verdichtet. Versucht man nun dieses komplex attribuierte Funktionsverbgefüge mit dem Basisverb zu ersetzen, ergibt sich die folgende Paraphrase: (8) a. *W większości przypadków lek odpowiada pełno / w pełni (lub częściowo) oczekiwano klinicznie, która utrzymuje się długo po odstawieniu leku. ‚*In den meisten Fällen antwortet/ reagiert das Medikament vollständig (oder teilweise) erwartet klinisch, die lange nach Absetzen des Medikaments anhält.‘ In Paraphrase (8a) wird das Funktionsverbgefüge dawać odpowiedź mit dem Basisverb odpowiadać ersetzt, wodurch die attribuierte Nominalphrase aufgelöst 228 4. Analyse werden muss: Da die Adjektive pełny ‚vollständig‘, częściowy ‚teilweise‘ und kliniczny ‚klinisch‘ nicht nur attributiv sondern auch adverbial in Form von pełno bzw. w pełni ‚vollständig‘, częściowo ‚teilweise‘ und klinicznie ‚klinisch‘ verwendet werden können, stellt die Substitution an dieser Stelle zumindest aus syntaktischer Sicht kein Problem dar. Wie ich im Abschnitt zur adjektivischen Informationsanreicherung von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź gezeigt habe, kann es durch die Änderung der syntaktischen Funktion von Adjektiven, d. h. von attributiver zu adverbialer, durch die entstehenden relationalen Veränderungen im Satz auch zu Bedeutungsveränderungen kommen (vgl. Skibicki 2016: 157; s. Kap. 4.2.1.2). Im Fall von odpowiedź kliniczną ‚klinische Antwort‘ müsste weiter gefragt werden, was mit odpowiada klinicznie ‚antwortet klinisch‘ in der Paraphrase ausgedrückt werden soll. Ein größeres Problem stellt die Substitution mit dem Basisverb in Bezug auf das partizipiale Adjektiv und den Relativsatz dar: Erstens kann das partizipiale Adjektiv oczekiwaną ‚erwartet‘ nicht in adverbialer Funktion verwendet werden, da es ein entsprechendes Adverb im Polnischen nicht gibt, und zweitens verliert der Relativsatz durch die Substitution des Funktionsverbs und des Funktionsnomens sein Bezugsnomen, d. h. um die Grammatikalität der Paraphrase aufrecht zu erhalten müsste der Relativsatz an ein anderes Nomen im Satz angeschlossen werden. Das nächste und semantisch in Frage kommende Nomen könnte in diesem Satz z. B. lek ‚Medikament‘ sein, vgl. die folgende Paraphrase: (8) b. ? W większości przypadków lek odpowiada pełno / w pełni […], który utrzymuje się długo po odstawieniu leku. ? In den meisten Fällen antwortet das Medikament vollständig […], das sich lange nach Absetzen des Medikaments hält. In Paraphrase (8b) wird der Relativsatz który utrzymuje się długo po odstawieniu leku an lek ‚das Medikament‘ angeschlossen. Da es sich bei odpowiedź ‚Antwort‘ um ein Nomen im Femininum handelt (vgl. Skibicki 2016: 22f.), das Nomen lek jedoch im Polnischen maskulin ist (vgl. Skibicki 2016: 22f.), wird das Relativpronomen która ‚die/ welche‘ (fem.) deswegen weiter zu który ‚der/ welcher‘ (mask.) angeglichen. Durch den Anschluss des Relativsatzes an das Nomen lek kann das Problem in Bezug auf den Attributsatz an dieser Stelle behoben werden, 295 im 295 Das Problem mit dem partizipialen Adjektiv oczekiwany (‚erwartet‘) kann ohne eine Umformulierung durch andere Lexeme nicht gelöst werden, was jedoch in der zweiten Paraphrase (8b) ausgeklammert wird, weil dort nur die Lösung des Relativsatzanschlusses fokussiert wird. 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 229 Vergleich von Original und Paraphrase ergeben sich dadurch aber die folgenden Bedeutungsunterschiede: Im Original wird über das Medikament ausgesagt, dass seine Wirkung über eine gewisse Dauer auch nach dem Absetzen des Medikaments anhält; in Paraphrase (8b) wird über das Medikament ausgesagt, dass es sich nach dem Absetzen lange hält, d. h. das Medikament könnte sich noch lange im Körper befinden. Durch die Lösung des Problems des Relativsatzanschlusses verändert sich jedoch nicht nur die Bedeutung der Paraphrase, sondern es zeigt sich in der Verbindung von Medikament ‚lek‘ mit antwortet ‚odpowiada‘ ein semantisches Problem: Durch die Substitution mit dem Basisverb ist das Medikament in der Paraphrase der Verursacher der Antworthandlung, d. h. das Medikament wird personifiziert (vgl. Daniels 1963: 218), was für einen Enzyklopädie-Artikel zu einem medizinischen Thema ungewöhnlich erscheint. Die Paraphrasen mit dem Basisverb (8a) und (8b) sind ungrammatisch, semantisch fraglich und weichen stark von der Bedeutung im Original ab, d. h. die Bedeutung des Satzes im Original kann in den Paraphrasen nicht wiedergegeben werden. Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź können durch die Kombination von Adjektiv-, Genitivsowie satzförmigen Erweiterungen links- und rechtserweitert werden, die Informationen im Text hochgradig komplex durch unterschiedliche Relationen und Eigenschaften anreichern, spezifizieren und verdichten. Die nominale Form und die Möglichkeit zur Mittelfeldbesetzung erweist sich gerade in langen Informationsketten als Vorteil gegenüber Verben mit festgelegter Position am Satzende. Die Paraphrase mit den Basisverben zeigt, dass sie in bestimmten Kontexten nicht verwendet werden können oder das Funktionsverbgefüge die günstigere Variante darstellt. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsverdichtung durch die Vereinheitlichung von Valenz ein. 4.2.2.2.2. Informationsverdichtung durch Vereinheitlichung der Valenz Die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź können mit anderen Nomen oder Verben koordiniert werden (in 14,44 % im Deutschen und in 14,09 % im Polnischen). Im Abschnitt zur Vereinheitlichung der Valenz von Funktionsverbgefügen habe ich gezeigt, dass bei der Koordination von sprachlichen Elementen Aktanten zusammengefasst werden können und auf diese Weise die Valenz der sprachlichen Einheiten vereinheitlicht werden kann (vgl. Heidolph et al. 1981: 436; Helbig / Buscha 1994: 104; Seifert 2004: 105; s. Kap. 3.2.1.2). Darauf gehe ich im Folgenden im Zusammenhang mit der Verdichtung von Informationen ein, vgl. die folgenden Beispiele aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): 230 4. Analyse Deutsch Polnisch (9) Die Briefe geben Antworten auf Glaubensfragen und Rat in praktischen Konflikte [sic! ] der verschiedenen Gemeinden. (10) Promyk będąc z wykształcenia prawnikiem, umiał dawać swoim czytelnikom pożyteczne wskazówki i odpowiedzi na pytania zawarte w listach kierowanych do redakcji. ‚Promyk konnte seinen Lesern als ausgebildeter Rechtsanwalt nützliche Hinweise und Antworten auf die Fragen aus den an die Redaktion gerichteten Briefen geben.‘ Das deutsche Beispiel (9) ist ein Textauszug aus dem Wikipedia-Artikel zur Bibel, in deren neuen Testament auch Briefe (z.B. von Paulus) vorkommen und diese biblischen „Briefe geben Antworten auf Glaubensfragen und Rat in praktischen Konflikte [sic! ] der verschiedenen Gemeinden“. Der polnische Textauszug (10) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu der polnischen Zeitschrift „Gazeta Świąteczna“ (1881-1939), deren Gründer und Herausgeber Konrad Prószyński unter dem Pseudonym ‚Promyk‘ in der Zeitschrift zahlreiche Artikel und Kommentare verfasste (vgl. Wikipedia: Gazeta Świąteczna 296 ). Durch seine Ausbildung zum Rechtsanwalt konnte Promyk seinen Lesern […] nützliche Hinweise und Antworten auf die Fragen aus den an die Redaktion gerichteten Briefen geben . Im deutschen Beispiel (9) wird das Funktionsnomen Antwort mit dem Nomen Rat koordiniert, das ebenfalls ein Funktionsnomen in der Nomen-Verb-Verbindung Rat geben (von raten ) darstellt (vgl. Kamber 2008), d.h. in diesem Beispiel werden die Funktionsverbgefüge Antwort geben und Rat geben koordinativ miteinander verknüpft (vgl. Storrer 2013: 200). Diese koordinative Verknüpfung ist möglich, weil die Gefüge Rat geben und Antwort geben in diesem Beleg dasselbe Funktionsverb geben aufweisen und zusätzlich mit dem gleichen Subjekt, nämlich Die Briefe , verbunden werden. Aufgrund dieser Übereinstimmung von Subjekt und Prädikat der Funktionsverbgefüge kann die Valenz von Antwort geben und Rat geben in diesem Textauszug vereinheitlicht werden (vgl. Grundzüge 1981: 436; Helbig/ Buscha 1994: 104; s. Kap.3.2.1.2): Die Briefe geben Antworten auf Glaubensfragen und [die Briefe geben] Rat in praktischen Konflikte [sic! ] der verschiedenen Gemeinden. - sich wiederholende Satzglieder müssen so nicht mehr realisiert werden und können weggelassen werden (vgl. Fabricius-Hansen 296 http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Gazeta_Świąteczna (letzter Zugriff: 11. 04. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 231 et al. 2008). Versucht man nun das Funktionsverbgefüge mit dem Basisverb zu ersetzen, ergibt sich die folgende Paraphrase: (9) a. *Die Briefe antworten auf Glaubensfragen und Rat in praktischen Konflikte [sic! ] der verschiedenen Gemeinden. Das Funktionsverbgefüge Antwort geben wurde durch das Basisverb antworten ersetzt, wodurch die Konstruktion antworten auf Glaubensfragen entsteht. Da im Abschnitt zur Valenz von Antwort geben und antworten gezeigt werden konnte, dass sowohl Antwort als auch antworten mit einer auf- Präpositionalphrase verbunden werden können, ist auf Glaubensfragen antworten als grammatisch einzustufen (vgl. E- VALBU 2019: antworten 297 ; s. Kap. 3.2.1.1.2). Da das gesamte Funktionsverbgefüge Antwort geben mit antworten ersetzt wurde, d. h. auch das Funktionsverb geben , muss das mit Antwort koordinierte Funktionsnomen Rat ebenfalls mit antworten prädikatiert werden, wodurch *die Briefe antworten Rat entsteht und der Satz dadurch ungrammatisch wird. Dem koordinierten Nomen Rat wird deswegen in einem weiteren Schritt ein passendes Prädikat hinzugefügt, vgl. folgende zweite Paraphrase: (9) b. Die Briefe antworten auf Glaubensfragen und geben Rat in praktischen Konflikte [sic! ] der verschiedenen Gemeinden. In Paraphrase (9b) wird das Funktionsnomen Rat mit geben prädikatiert, d. h. durch die Prädikation von Rat mit geben konnte die Grammatikalität des Satzes wiederhergestellt werden. Das Funktionsverbgefüge Antwort geben konnte in diesem Beispiel also mit dem Basisverb antworten substituiert werden. Und obwohl ein Restzweifel bleibt, ob Briefe tatsächlich auf Glaubensfragen antworten können, entscheide ich mich in dieser Paraphrase wegen möglicher bzw. denkbarer Kontexte (z. B. mit den Briefen wird geantwortet) für die Einstufung als grammatisch. Nimmt man jedoch die Forderung der Stilkritik nach der Eliminierung von Funktionsverbgefügen ernst (vgl. z. B. Mackowiak 2011, s. Kap. 1.2), müsste weiter auch das zweite Funktionsverbgefüge in diesem Beispiel Rat geben ersetzt werden, was zur folgenden dritten Paraphrase führt: (9) c. ? Die Briefe antworten auf Glaubensfragen und raten in praktischen Konflikte [sic! ] der verschiedenen Gemeinden. 297 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400306/ 1 (letzter Zugriff: 02. 04. 2019). 232 4. Analyse In (9c) wurden die Funktionsverbgefüge Antwort geben und Rat geben zwar mit den Basisverben antworten und raten ersetzt, diese dritte Paraphrase ist jedoch sowohl in Bezug auf die Grammatikalität als auch semantisch problematisch: In Die Briefe […] raten in verschiedenen praktischen Konflikte [sic! ] fehlt eine Ergänzung, mit der aufgeklärt wird, zu was geraten wird, was durch den Eintrag im Valenzwörterbuch E- VALBU (2019) zu raten bestätigt werden kann. In der Bedeutung ‚jemandem einen Rat geben‘ (E- VALBU 2019: raten) 298 ist die Dativergänzung im Satzbauplan des Verbs obligatorisch, vgl. z. B. „Seine Eltern konnten ihm auch nichts raten.“ (E- VALBU 2019: raten 4) 299 . Demzufolge fehlt in Paraphrase (9c) die obligatorische Dativergänzung von raten , die im Satzbauplan von Rat geben - wie das Beispiel (9) belegt - nicht realisiert werden muss. Im Abschnitt zur Valenzreduktion habe ich gezeigt, dass Funktionsverbgefüge im Vergleich mit ihren Basisverben oft weniger (obligatorische) Aktanten aufweisen als die entsprechenden Verben, d. h. im Vergleich mit der Valenzstruktur der Basisverben weisen Funktionsverben häufig eine reduzierte Struktur auf (vgl. Heidolph et al. 1981: 439; Seifert 2004: 105; s. Kap. 3.2.1.1). Da die Dativergänzung im Satzbauplan von raten obligatorisch ist, bei Rat geben jedoch nicht, kann angenommen werden, dass das Funktionsverbgefüge Rat geben im Vergleich mit dem Basisverb raten eine um einen Aktanten reduzierte Valenzstruktur aufweist (vgl. Heidolph et al. 1981: 439; Seifert 2004: 105; Ágel 2017: 47; Fabricius-Hansen 2006; s. Kap. 3.2.1.1). Betrachtet man die Paraphrasen insgesamt, so kann festgehalten werden, dass bei dem Versuch, die Funktionsverbgefüge mit den Basisverben zu ersetzen, Probleme in Bezug auf die Grammatikalität der Paraphrasen auftreten: entweder ist das Basisverb ( antworten ) nicht mit dem zweiten Nomen ( Rat ) kompatibel oder es fehlen Informationen im Satz, die in der Valenzstruktur des Funktionsverbgefüges fakultativ sind, d. h. der Inhalt des Originals kann in einer Paraphrase mit dem Basisverb nicht oder nicht in gleicher Weise widergegeben werden wie mit dem Funktionsverbgefüge. Im polnischen Beispiel (10) Promyk będąc z wykształcenia prawnikiem, umiał dawać swoim czytelnikom pożyteczne wskazówki i odpowiedzi na pytania zawarte w listach kierowanych do redakcji. ‚Promyk konnte seinen Lesern als ausgebildeter Rechtsanwalt nützliche Hinweise und Antworten auf die Fragen aus den an die Redaktion gerichteten Briefen geben.‘ 298 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbvalenz/ 400824 (letzter Zugriff: 02. 04. 2019). 299 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400824/ 5 (letzter Zugriff: 02. 04. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 233 werden die Nomen Hinweise und Antworten koordiniert, wobei es sich hier - wie im deutschen Beispiel (10) - um zwei Funktionsverbgefüge handelt, nämlich Antwort geben (‚da(wa)ć odpowiedź‘) mit dem Basisverb antworten ‚odpowiadać / odpowiedzieć‘ und Hinweis geben ‚dać komuś wskazówkę‘ (bab. la online 2019: dać komuś wskazówkę) 300 mit dem Basisverb hinweisen. Die Funktionsnomen wskazówka ‚Hinweis‘ und odpowiedź ‚Antwort‘ sind einem gemeinsamen Subjekt, Prädikat und Dativobjekt zuzuordnen: (10) Promyk będąc z wykształcenia prawnikiem, umiał dawać swoim czytelnikom pożyteczne wskazówki i [Promyk będąc z wykształcenia prawnikiem, umiał dawać swoim czytelnikom pożyteczne] odpowiedzi na pytania zawarte w listach kierowanych do redakcji. ‚Promyk konnte seinen Lesern als ausgebildeter Rechtsanwalt nützliche Hinweise und [Promyk konnte seinen Lesern als ausgebildeter Rechtsanwalt nützliche] Antworten auf die Fragen aus den an die Redaktion gerichteten Briefen geben.‘ Da die Nomen Hinweis und Antwort dieselben Satzglieder aufweisen (Markierung ‚unterstrichen‘ und in eckigen Klammern), müssen diese bei der Koordination der Nomen nicht wiederholt werden und können weggelassen werden (vgl. Fabricius-Hansen et al. 2008). Weil keine doppelten Informationen im Text realisiert werden, erhöht sich die Informationsdichte in Bezug auf die Vermittlung von verschiedenen Informationen. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (10) a. ? Promyk będąc z wykształcenia prawnikiem, umiał odpowiadać swoim czytelnikom pożyteczne wskazówki i na pytania zawarte w listach kierowanych do redakcji. ‚? Promyk konnte seinen Lesern als ausgebildeter Rechtsanwalt nützliche Hinweise und auf die Fragen aus den an die Redaktion gerichteten Briefen antworten.‘ Das Funktionsverbgefüge dawać odpowiedź wurde mit dem Basisverb odpowiadać ersetzt, wodurch sich im Polnischen die Verbindung umiał odpowiadać swoim czytelnikom pożyteczne wskazówki na pytania ‚konnte seinen Lesern nützliche Hinweise und auf Fragen antworten‘ ergibt, d. h. es wird auf Fragen ‚na pytania‘ und Hinweise ‚wskazówki‘ geantwortet. Da Hinweise antworten eine ungewöhn- 300 h t t p s : / / p l . b a b . l a / s l o w n i k / p o l s k i a n g i e l s k i / d a % C 4 % 8 7 k o m u % C 5 % 9 B wskaz%C3%B3wk%C4%99 (letzter Zugriff: 02. 04. 2019). 234 4. Analyse liche Verbindung darstellt, ist diese Konstruktion sowohl im Polnischen als auch in der deutschen Übersetzung als grammatisch und semantisch auffällig einzustufen. Um eine grammatisch einwandfreie Paraphrase zu erhalten, muss dieser Satz weiter angepasst werden, vgl. die folgende Paraphrase: (10) b. Promyk będąc z wykształcenia prawnikiem, umiał dawać swoim czytelnikom pożyteczne wskazówki i odpowiadać na pytania zawarte w listach kierowanych do redakcji. ‚Promyk konnte seinen Lesern als ausgebildeter Rechtsanwalt nützliche Hinweise geben und auf die Fragen aus den an die Redaktion gerichteten Briefen antworten.‘ Das Funktionsverb dawać ‚geben‘ des Funktionsverbgefüges dawać wskazówki ‚Hinweise geben‘ wurde in Paraphrase (10b) ergänzt, wodurch die Grammatikalität des Satzes wiederhergestellt werden konnte. Wie auch im obigen deutschen Beispiel (9) konnte zwar eines der im Satz vorkommenden Gefüge mit dem Basisverb substituiert werden, das zweite Funktionsverbgefüge Hinweis geben müsste - gesetzt den Fall, man nimmt die Forderung der Stilratgeber nach Eliminierung von Funktionsverbgefügen ernst (vgl. z.B. Reiners 1963; s. Kap. 1.2) - ebenfalls durch ein Verb ersetzt werden, d. h. auch Hinweis geben müsste durch hinweisen substituiert werden: (10) c. Promyk będąc z wykształcenia prawnikiem, umiał wskazywać swoim czytelnikom pożytecznie i odpowiadać na pytania zawarte w listach kierowanych do redakcji. ? Promyk konnte seinen Lesern als ausgebildeter Rechtsanwalt nützlich hinweisen und auf die Fragen aus den an die Redaktion gerichteten Briefen antworten. Das Funktionsverbgefüge wskazówki ‚Hinweise geben‘ wurde mit dem Basisverb wskazywać ‚hinweisen‘ ersetzt, wodurch sich folgende Veränderungen und Anpassungen ergeben: das Funktionsnomen Hinweis ‚wskazówki‘ ist im Original um das Adjektiv pożyteczne ‚nützlich‘ linkserweitert, d. h. das Adjektiv in attributiver Funktion muss zu pożytecznie ‚nützlich‘ in adverbialer Funktion umformuliert werden. Wie ich im Abschnitt zur Informationsanreicherung durch Adjektive gezeigt habe, kann es je nach syntaktischer Funktion von Adjektiven, d. h. in attributiver oder adverbialer Verwendung, zu Bedeutungsveränderungen im Gebrauch des jeweiligen Konstruktionstyps kommen (vgl. Skibicki 2016: 157; s. Kap. 4.2.1). Auch in dieser dritten Paraphrase (10c) können derartige Bedeu- 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 235 tungsveränderungen beobachtet werden: Im Original geht es um Hinweise, die die Eigenschaft aufweisen, ‚nützlich‘ zu sein. In Paraphrase (10c) wird dagegen auf nützliche Weise (auf etwas) hingewiesen, d. h. die Art der Ausführung der Hinweishandlung ist nützlich. Die Valenzmuster von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź können mit denen von anderen Funktionsverbgefügen vereinheitlicht werden, denn reduzierter die Valenzstrukturen sind, desto kompatibler sind sie mit anderen sprachlichen Elementen. Aktanten müssen so nicht mehr wiederholt werden und es ergeben sich auf der Ebene des Textes unterschiedliche Möglichkeiten zur Verdichtung und Strukturierung von Informationen. Trotz aufwändiger Umformulierung durch Substitution mit den verschiedenen Basisverben findet sich keine Paraphrase, die dem Original mit dem Funktionsverbgefüge entspricht. 4.2.2.2.3. Weitere Fälle von Informationsverdichtung: Lesartenwechsel In Bezug auf die Informationsverdichtung durch das Funktionsverbgefüge Antwort geben soll noch ein Beispiel aus dem deutschen Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) aufgezeigt werden, das sich von den bisher aufgeführten Beispielen unterscheidet. Im folgenden Textauszug geht es um eine Szene im Jugendroman „Eiskalt“ von Robert Swindel, in der die Romanfigur Shelter in einer Begegnung mit den anderen Protagonisten des Romans wie folgt reagiert: (11) Shelter gibt ihnen nichts außer einer beleidigenden Antwort. 301 In (11) wird gibt ihnen nichts mit dem Funktionsnomen Antwort koordiniert, d.h. das Funktionsnomen wird nicht mit einem anderen (Funktions-)Nomen - wie z.B. Hinweis und Rat im vorigen Abschnitt (s. Kap. 4.2.2.2.2) - verknüpft, sondern mit dem Indefinitpronomen nichts . An nichts wird die Präposition außer angeschlossen, die die adjektivisch erweiterte Nominalphrase mit dem Funktionsnomen Antwort integriert. Die Bedeutung der außer- Präpositionalphrase lässt sich als ‚Er gibt ihnen nichts, sondern er gibt ihnen eine beleidigende Antwort‘ paraphrasieren. Besonders ist dieses Beispiel, weil hier sowohl die Vollverbbedeutung als auch die Funktionsverbbedeutung des Verbs geben durch die Koordination von geben mit nichts und geben mit Antwort miteinander verschmelzen. Andererseits kommt es je nach Lesart von geben zu einem Wechsel der Bedeutung, d. h. entweder mit nichts oder mit der Antwort , wodurch beim Lesen der Passage ein Kippeffekt entsteht (vgl. Burger 2015: 166), bei dem sich 301 WPD15 / E44.62098: Eiskalt ( Jugendroman), In: Wikipedia - URL: http: / / de.wikipedia. org/ wiki/ Eiskalt_( Jugendroman): Wikipedia, 2015 236 4. Analyse die Vollverbbedeutung mit der des Funktionsverbs abwechselt. Die Substitution mit dem Basisverb ergibt in diesem Beispiel die folgende Paraphrase: (11) a. ? Shelter antwortet ihnen nichts außer beleidigend. Das Funktionsverb geben wurde durch das Basisverb antworten ersetzt und die Leerstelle für die Akkusativergänzung des Verbs antworten , d. h. ‚etwas antworten‘ (vgl. E- VALBU 2019: antworten 302 , s. Kap. 3.2.1.1.2) kann durch nichts besetzt werden, d. h. nichts antworten ist zwar grammatisch, die Paraphrase kann jedoch nicht insgesamt als grammatisch eingestuft werden. Der Grund dafür ist die ungewöhnliche Verbindung von antwortet nichts außer beleidigend , bei der nicht deutlich wird, wie nichts mit beleidigend semantisch zusammenhängt, d. h. es müsste in einer weiteren Paraphrase ein Nomen ergänzt werden, damit beleidigend ein Bezugswort hat: (11) b. ? Shelter antwortet ihnen nichts außer beleidigende Dinge / Sachen/ einer Beleidigung. In Paraphrase (11b) wäre zwar das Problem der Grammatikalität behoben, es stellt sich jedoch erstens die Frage, ob beleidigende Dinge, Sachen oder eine Beleidigung antworten eine stilistisch elegantere Alternative zum Original mit dem Funktionsverbgefüge darstellt. Und zweitens würde der angesprochene Kippeffekt von geben in nichts geben und Antwort geben in der Bedeutung als Vollverb in der Verwendung als Funktionsverb zu Antwort in einer derartigen Paraphrase (11b) verloren gehen. In den polnischen Treffern findet sich keine derartige Verbindung, es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass es derartige Fälle nicht auch im Polnischen gibt. Dieser Beleg zeigt, dass sich Funktionsverbgefüge nicht nur mit gleichartigen sprachlichen Einheiten zu einem Syntagma verknüpfen lassen, sondern durch ihre strukturellen Eigenschaften als Nomen-Verb-Verbindungen vielfältige Verknüpfungsmöglichkeiten bieten und deshalb ein hohes Verknüpfungspotenzial aufweisen. Im Folgenden gehe ich auf die Möglichkeiten zur Informationsverdichtung durch die Gefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ein. 302 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400306/ 1 (letzter Zugriff: 11. 04. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 237 4.2.2.3. Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję In Bezug auf die erhöhte Komplexität der vermittelten Informationen finden sich unter den Treffern zu den Funktionsverbgefügen Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję mehrfach erweiterte Funktionsnomen mit komplex ko- und / oder subordinierten Elementen (in 12,63 % im Deutschen und in 12,27 % im Polnischen). Wie derartig komplexe Phrasenstrukturen zur Informationsverdichtung im Text beitragen, zeige ich zunächst anhand der Kombination verschiedener Attribute und anschließend anhand weiterer Fälle der komplexen Erweiterung der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja auf. 4.2.2.3.1. Informationsverdichtung durch Links- und Rechtserweiterung Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję werden häufig durch verschiedene Attribute links- und rechtserweitert, wodurch unterschiedlich komplexe Informationen zu kompakten Einheiten verdichtet werden können, vgl. die folgenden Beispiele aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (12) Marcus Burnett, der im Gegensatz zu Lowrey nicht jede Minute einer Hochgeschwindigkeitsverfolgungsjagd genießt, hat bereits eine schwere Entscheidung getroffen, die das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet, denn er wartet noch auf den rechten Moment, ihm mitzuteilen, dass er um die Zuweisung eines neuen Partners gebeten hat. (13) Dalszy los tych ziem i ich mieszkańców wymagał podjęcia różnych trudnych decyzji, przy których alianci nie liczyli się szczególnie ze zdaniem ludności zamieszkującej te tereny. ‚Das weitere Schicksal dieser Länder und ihrer Bewohner erforderte das Treffen verschiedener schwieriger Entscheidungen, bei denen die Alliierten insbesondere nicht mit der Meinung der in diesen Gebieten lebenden Bevölkerung rechneten.‘ Das deutsche Beispiel (12) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu dem US-amerikanischen Unterhaltungsfilm „Bad Boys II“ über zwei Polizeibeamte, die von den Schauspielern Will Smith und Martin Lawrence gespielt werden (vgl. Wikipedia: Bad Boys II). Der Textauszug handelt von einer Szene im Film, in der der Polizist Marcus Burnett (Martin Lawrence) die Entscheidung getroffen hat, sich einen neuen Partner zuweisen zu lassen und dies „das Verhältnis zwischen 238 4. Analyse ihm und seinem Partner zusätzlich belastet“. Das polnische Beispiel (13) ist ein Auszug aus dem Wikipedia-Artikel zu dem Bürgerkrieg in Palästina von 1947-1948, in dem zu den Hintergründen des Bürgerkriegs erklärt wird, dass die britische Armee nach ihrem Sieg über die türkische Armee 1917 die Gebiete Syrien, Palästina und den Libanon besetzt hatten, sodass diese Gebiete unter britischer Besatzungsmacht standen (vgl. Wikipedia: Wojna domowa w Mandacie Palestyny), d. h. die Alliierten trafen verschiedene schwierige Entscheidungen, rechneten aber nicht mit der Meinung der Bevölkerung dieser Gebiete. Im deutschen Beispiel (12) wird das Funktionsnomen Entscheidung durch das Adjektiv schwer links- und den Relativsatz die das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet rechtserweitert, wodurch die Entscheidung einerseits als schwer im Sinne von ‚mit großer Anstrengung, mühevoll, nicht leicht‘ ( DWDS 2019: schwer) 303 qualifiziert wird, und andererseits werden durch den Relativsatz zusätzliche Informationen zum Verhältnis der Protagonisten im Film gegeben, nämlich, dass das Verhältnis der beiden Polizeibeamten durch die Entscheidung des Beamten Marcus Burnett (Martin Lawrence), sich einen neuen Partner zuweisen zu lassen, belastet wird, wodurch die Entscheidung des Polizeibeamten Burnett zum einen bewertet und zum anderen als wesentlich markiert wird. Durch zusätzlich wird im Relativsatz weiter signalisiert, dass das Verhältnis der beiden Polizeibeamten im Film bereits vor der Entscheidung von Burnett belastet ist, also vorbelastet ist, d. h. zusätzlich aktiviert eine konventionelle Implikatur (vgl. Levinson 2000: 107). Außerdem ist zwischen dem Matrixsatz hat bereits eine schwere Entscheidung getroffen und dem Relativsatz die das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet ein zeitlicher Wechsel zu beobachten, denn im Hauptsatz steht das Prädikat im Perfekt, d. h. es wird über Vergangenes berichtet (vgl. Heinold 2015: 87), während der angeschlossene Nebensatz im Präsens ausgedrückt wird, wodurch auf gegenwärtige oder zukünftige Ereignisse referiert werden kann (vgl. Heinold 2015: 82 ff.). Daraus kann geschlossen werden, dass sich die Folgen der Entscheidung auf das gegenwärtige Verhältnis der Beamten auswirken, z. B. verhält sich der Polizeibeamte Burnett merkwürdig, weil ihm die Verkündung seiner Entscheidung noch bevorsteht. Oder es kann aus die das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet geschlossen werden, dass die Folgen der Entscheidung über den Partnerwechsel sowohl gegenwärtig als auch zukünftig belastet, sozusagen aus einer vorweggreifenden und zusammenfassenden Perspektive heraus (vgl. Klein / von Stutterheim 2007, Köller 2004; s. dazu auch die Bsp. zu Frage stellen im Kap. Informationsperspektivierung). 303 https: / / www.dwds.de/ wb/ schwer (letzter Zugriff: 26. 04. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 239 Die Informationen zur Entscheidung werden in diesem Beispiel also nicht nur mehrfach um lexikalische Informationen angereichert, sondern auch um Informationen zur Folgenschwere der Entscheidung und zum gegenwärtigen und zukünftigen Zustand des Verhältnisses der Beamten im Film, was durch Konklusionen erschlossen werden kann, d. h. die Informationen im Text werden durch die beidseitige Attribuierung des Funktionsnomens Entscheidung um ein Vielfaches verdichtet (vgl. Daniels 1963: 228 f.). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (12) a. *Marcus Burnett, der im Gegensatz zu Lowrey nicht jede Minute einer Hochgeschwindigkeitsverfolgungsjagd genießt, hat bereits schwer entschieden, die das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet, denn er wartet noch auf den rechten Moment, ihm mitzuteilen, dass er um die Zuweisung eines neuen Partners gebeten hat. In Paraphrase (12a) wird das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen mit dem Basisverb entscheiden ersetzt, wodurch die beidseitig attribuierte Nominalphrase aufgelöst werden muss: Das Adjektiv schwer in eine schwere Entscheidung wird in Paraphrase (12a) durch das adverbial verwendete Adjektiv in schwer entscheiden ersetzt. Das Adjektiv schwer kann zwar in einigen Verbindungen wie schwer heben oder halten auch adverbial verwendet werden, das Adjektiv wird dort jedoch im Sinne von ‚physikalisch schwer‘ verwendet (vgl. DWDS 2019: schwer) 304 . Im Abschnitt zur Informationsanreicherung durch adjektivische Erweiterungen habe ich gezeigt, wie sich die Satzbedeutung je nach Gebrauch von Adjektiven in attributiver und adverbialer Funktion verändern kann (s. Kap. 4.2.3), d.h. durch die Veränderung der Bedeutung des Adjektivs schwer in adverbialer Funktion hin zu ‚physikalisch schwer‘, kann eine derartige Bedeutungsveränderung auch in Paraphrase (12a) festgestellt werden. Da schwer entscheiden analog zu schwer heben als physikalische Last interpretiert werden kann, Entscheidungsprozesse jedoch mental oder verbal ablaufen (vgl. Korndörfer, 2013; Kirsch 2013; Stollberg-Rilinger 2015: 631 f.), kommt es in Bezug auf die physikalische Last in Verbindung mit der mentalen bzw. verbalen Entscheidungshandlung zu einer semantischen Inkompatibilität (vgl. Lappin 1981). Ein weiteres Problem betrifft in Paraphrase (12a) den angeschlossenen Relativsatz, der durch die Auflösung der Nominalphrase in der Paraphrase sein Bezugsnomen verliert, d. h. zusätzlich zur semantischen Inkompatibilität von schwer entscheiden wird der Satz durch das fehlende Bezugsnomen ungrammatisch. Um die Grammatikalität des Satzes wiederherzustellen und die se- 304 https: / / www.dwds.de/ wb/ schwer (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 240 4. Analyse mantische Inkompatibilität zu umgehen, werden weitere Anpassungen in einer zweiten Paraphrase vorgenommen: (12) b. *Marcus Burnett, der im Gegensatz zu Lowrey nicht jede Minute einer Hochgeschwindigkeitsverfolgungsjagd genießt, hat bereits schwermütig Dinge entschieden, die das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet, denn er wartet noch auf den rechten Moment, ihm mitzuteilen, dass er um die Zuweisung eines neuen Partners gebeten hat. In Paraphrase (12b) wird das Adjektiv schwer durch schwermütig 305 ersetzt, wodurch ausgedrückt wird, dass es sich nicht um eine physikalische, sondern um eine mentale Last bei der Entscheidungshandlung handelt (vgl. DWDS : schwermütig 306 ; Schwermut 307 ). Um das Problem des Relativsatzes zu lösen, wird eine neue Nominalphrase gebildet: Da die Entscheidung im Original unspezifisch ist (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 54), wird die Entscheidung aus dem Original mit dem unspezifischen Nomen Dinge ersetzt, wodurch die Verbindung schwermütig Dinge entscheiden entsteht. Die Paraphrase ist zwar als grammatisch einzustufen, es treten jedoch die folgenden Veränderungen im Vergleich mit dem Original auf: Erstens weicht die Bedeutung des Adjektivs schwermütig von der Bedeutung des Adjektivs schwer als ‚mentale erhöhter Schwierigkeitsgrad‘ ab. Schwer und schwermütig beziehen sich zwar auf mentale Prozesse, schwermütig beinhaltet jedoch zusätzliche Bedeutungskomponenten im Sinne von ‚melancholisch‘ und / oder ‚traurig‘ (vgl. DWDS: schwermütig 308 ; Schwermut 309 ). Und zweitens kann sich das Nomen Ding auf eine Vielzahl außersprachlicher Entitäten beziehen und ist deshalb als ungenauer und unspezifischer als Entscheidung einzustufen, die nur auf bestimmte Resultate aus Entscheidungsprozessen referieren kann (vgl. Meibauer 2015: 177 ff.). Durch die Ungenauigkeit des Ausdrucks kann Dinge entscheiden als stilistisch markiert oder auffällig interpretiert werden (vgl. Lerchner 1986), d. h. die Aufmerksamkeit des Lesers oder der Leserin kann durch Dinge verstärkend auf die Ungenauigkeit des Ausdrucks (vgl. Konerding 2009) gelenkt werden. In Paraphrase (12b) entsteht außerdem ein weiteres Problem, das sich auf den Relativsatz bezieht: Durch das Nomen Dinge kann der Relativsatz zwar angeschlossen werden, aber es kommt zu einer grammatischen Unstimmigkeit in Bezug auf die Kongruenz von Dinge und dem Prädikat des Relativsatzes be- 305 Alternative Paraphrasen wären beispielsweise schweren Herzens oder schweren Mutes . 306 https: / / www.dwds.de/ wb/ schwerm%C3%BCtig (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 307 https: / / www.dwds.de/ wb/ Schwermut (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 308 https: / / www.dwds.de/ wb/ schwerm%C3%BCtig (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 309 https: / / www.dwds.de/ wb/ Schwermut (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 241 lastet , d. h. Dinge im Plural ist mit belastet im Singular aus grammatischer Sicht nicht kompatibel und es kommt zu einem Kongruenzfehler, der in der folgenden Paraphrase weiter bearbeitet wird: (12) c. ? Marcus Burnett, der im Gegensatz zu Lowrey nicht jede Minute einer Hochgeschwindigkeitsverfolgungsjagd genießt, hat bereits schwermütig ein Ding entschieden, das das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet, denn er wartet noch auf den rechten Moment, ihm mitzuteilen, dass er um die Zuweisung eines neuen Partners gebeten hat. In Paraphrase (12c) wird der Kongruenzfehler aus Paraphrase (12b) *Dinge belastet behoben, d. h. Dinge wird zu Ding umgeformt und das Relativpronomen des angeschlossenen Relativsatzes wird dem Kasus von Ding angeglichen. Durch diese weiteren Anpassungen entsteht in (12c) die Verbindung ein Ding entscheiden , was nicht nur als stilistisch unschön, 310 sondern auch für eine Filmbeschreibung in einem Enzyklopädie-Artikel als unangemessen zu bewerten ist (vgl. Mederake 2016: 125). Es könnten nun weitere Angleichungen folgen, wie z. B. etwas Schweres oder eine schwere Sache entscheiden, d. h. Ding weiter durch andere Lexeme zu ersetzen, es würden sich jedoch auch in diesen weiteren Paraphrasen wieder Schwierigkeiten entweder in Bezug auf die Relativsatzverbindung oder in Bezug auf die Satzbedeutung ergeben, d. h. im Sinne von ‚etwas Schweres / eine schwere Sache belastet das Verhältnis‘. Das Gedankenspiel könnte also weiter fortgesetzt werden, die bisherigen Paraphrasen machen jedoch deutlich, dass es bei jeder dieser Paraphrasen zu verschiedenen Problemen hinsichtlich der Grammatikalität und der Semantik des Satzes kommt, d. h. trotz mehrerer Paraphrasen kann die Bedeutung des Originals nicht wiedergegeben werden. Das polnische Beispiel (13) Dalszy los tych ziem i ich mieszkańców wymagał podjęcia różnych trudnych decyzji, przy których alianci nie liczyli się szczególnie ze zdaniem ludności zamieszkującej te tereny. ‚Das weitere Schicksal dieser Länder und ihrer Bewohner erforderte das Treffen verschiedener schwieriger Entscheidungen, bei denen die Alliierten insbesondere nicht mit der Meinung der in diesen Gebieten lebenden Bevölkerung rechneten.‘ 310 Eine Variante für die Paraphrase wäre z. B. […] hat bereits schweren Mutes entschieden, was das Verhältnis zwischen ihm und seinem Partner zusätzlich belastet , mit der die Bedeutung des Originals jedoch nicht wiedergegeben werden kann. 242 4. Analyse stellt einen Ausnahmefall des Funktionsverbgefüges podjąć decyzję ‚Entscheidung treffen‘ dar, denn das Gefüge erscheint in (13) nicht in seiner Ursprungsform, d.h. als Nomen-Verb-Verbindung und aus Funktionsnomen und Funktionsverb bestehend, sondern wurde durch eine weitere Derivation nominalisiert (vgl. Konieczna 1981), d.h. der Verbalstamm des Funktionsverbs podjąć ‚treffen‘ wurde mit -cie suffigiert, wodurch die Nominalisierung podjęcie ‚das Treffen‘ entsteht (vgl. Konieczna 1981; Skibicki 2016: 407). Demzufolge liegt in (13) ein nominalisiertes Funktionsverbgefüge vor, welches im Deutschen das Äquivalent Treffen einer Entscheidung aufweist. Das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ ist in (13) links- und rechtserweitert: Decyzja ‚Entscheidung’ wird durch die Adjektive różnych trudnych ‚verschiedene schwierige‘ und einen Relativsatz attribuiert. Durch die Adjektivattribute wird ausgedrückt, dass es sich um mehrere unterschiedliche Entscheidungen handelt, die einen erhöhten Schwierigkeitsgrad aufweisen. Durch den Relativsatz przy których alianci nie liczyli się szczególnie ze zdaniem ludności zamieszkującej te tereny ‚bei denen die Alliierten insbesondere nicht mit der Meinung der in diesen Gebieten lebenden Bevölkerung rechneten‘ wird darauf hingewiesen, dass die Alliierten mit der Meinung der Bevölkerung nicht rechneten ‚liczyć się czymś‘, d. h. im Sinne von ‚die Alliierten sahen die Meinung der Bevölkerung nicht kommen‘, die Meinung war unerwartet (vgl. Pons 2019: liczyć się 311 ; E- VALBU 2019: rechnen mit 312 ), was erstens auf einen Überraschungseffekt auf Seiten der Alliierten hindeutet und zweitens die Schlussfolgerung zulässt, dass es sich bei der Meinung der Bevölkerung um eine andere Meinung handelt als die der Besatzer, d. h. im angeschlossenen Relativsatz wird ein Konflikt angedeutet, der als Meinungsverschiedenheit dargestellt wird. Die Informationen zur Entscheidung werden einerseits zwar um andere Informationseinheiten attributiv angereichert, andererseits aber auch durch die mehrfache Anreicherung verdichtet. Die Informationsverdichtung bezieht sich in diesem Beleg darüber hinaus auch auf die durch die Attribute ausgelösten Schlussfolgerungsprozesse und Implikaturen (vgl. Meibauer et al. 2015: 229). Dass die Alliierten nicht mit der Meinung der Bevölkerung rechneten, lässt auf Differenzen in der Erwartungshaltung der Besatzer schließen. Zusätzlich wird das nominalisierte Funktionsverbgefüge in Beispiel (13) mit dem Prädikat wymagać ‚erfordern‘ und dem Subjekt Dalszy los tych ziem i ich 311 h tt p s : / / d e . p o n s . c o m / % C 3 % B C b e r s e t z u n g ? q = li c z y % C 4 % 8 7 &l = d e p l&i n = a c _ pl&lf=pl&qnac=liczyc (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 312 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400828/ 2 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 243 mieszkańców ‚das weitere Schicksal dieser Länder und ihrer Bewohner‘ verknüpft, wodurch ausgedrückt wird, dass die Entscheidungen der Alliierten als notwendig eingestuft werden, wobei das Schicksal der Bevölkerung bzw. der Länder die Entscheidungen legitimieren sollen. Der Bericht zu den Hintergründen des Palästina-Bürgerkriegs wird demzufolge wertend und aus einer bestimmten Perspektive erzählt (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 132). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (13) a. Dalszy los tych ziem i ich mieszkańców wymagał różnych trudnych zdecydowań,przy których alianci nie liczyli się szczególnie ze zdaniem ludności zamieszkującej te tereny. ‚*Das weitere Schicksal dieser Länder und ihrer Bewohner erforderte verschiedene, schwierige Entschiedenheit, bei denen die Alliierten insbesondere nicht mit der Meinung der in diesen Gebieten lebenden Bevölkerung rechneten.‘ Da es sich bei dem nominalisierten Funktionsverbgefüge podjęcie decyzji ‚das Treffen einer Entscheidung‘ um eine Nominalisierung des perfektiven Funktionsverbs podjąć ‚treffen‘ handelt (vgl. Skibicki 2016: 407), muss die Substitution ebenfalls mit dem perfektiven Aspekt des Basisverbs durchgeführt werden, d. h. zdecydować ‚entscheiden‘ wird zu zdecydowanie nominalisiert, d. h. in Paraphrase (13a) wird das nominalisierte Funktionsverbgefüge podjęcie decyzji ‚das Treffen einer Entscheidung‘ durch die Nominalisierung des Basisverbs zdecydować ‚entscheiden‘ ersetzt, wodurch in der Paraphrase die folgenden Veränderungen vorgenommen werden: Die adjektivisch attribuierte Nominalphrase aus dem Original różnych trudnych decyzji ‚verschiedene schwierige Entscheidungen‘ wird in Paraphrase (13a) mit der erweiterten Nominalphrase różnych trudnych zdecydowań ersetzt, d. h. die Adjektivattribute verändern sich in der Nominalphrase nicht. Im Vergleich mit dem Original sind in der Paraphrase Veränderungen in Bezug auf die Bedeutung von zdecydowanie festzustellen: Das von zdecydować ‚entscheiden‘ abgeleitete Nomen zdecydowanie ist im Polnischen lexikalisiert (vgl. PWN 2019: zdecydowanie 313 ) und mit der Bedeutung 314 ‚Entschlossenheit‘, 313 https: / / sjp.pwn.pl/ doroszewski/ zdecydowanie-I; 5528728.html (letzter Zugriff: 20. 06. 2019). 314 Ich entscheide mich in der deutschen Übersetzung für das Nomen ‚Entschiedenheit‘, in dem der Bedeutungsaspekt von ‚fest entschlossen‘ enthalten ist (vgl. DWDS: Entschiedenheit https: / / www.dwds.de/ wb/ Entschiedenheit), Entschiedenheit kommt dann zwar der Bedeutung des polnischen zdecydowanie zwar nahe, kann aber in diesem Fall keinen 244 4. Analyse ‚Entscheidungsfreudigkeit‘ oder ‚Entscheidungskraft‘ besetzt (Pons 2019: zdecydowanie 315 , bab.la 2019: zdecydowanie 316 ), weshalb es auch in der deutschen Übersetzung *verschiedene schwierige Entschiedenheit zu einem ungrammatischen Satz führt. Durch die Bedeutung von zdecydowanie im Sinne von ‚Entschiedenheit / Entschlossenheit‘ kann wymagać różnych trudnych zdecydowań ‚verschiedene schwierige Entschiedenheit erfordern‘ in Paraphrase (13a) als willentliche intentionale Entscheidung interpretiert werden, wodurch sich die Bedeutung des gesamten Satzes verändert, d. h. die Bedeutung des Originals kann mit dem Basisverb bzw. der nominalisierten Variante des Basisverbs nicht wiedergegeben werden. Durch die Beispiele im Deutschen und im Polnischen konnte gezeigt werden, wie komplex die Informationen durch die strukturellen Eigenschaften von Funktionsverbgefügen auf engem Raum verdichtet werden können. Die komplexe Attribuierung kann jedoch nicht nur voran- und nachgestellte Erweiterungen beinhalten, sondern zugleich auch numerale, adjektivische, nominale sowie verbale Elemente, die darüber hinaus mit anderen Elementen im Text verknüpft werden können. Auf weitere Fälle der Informationsverdichtung gehe ich im Folgenden ein. 4.2.2.3.2. Weitere Fälle von Informationsverdichtung: Erweiterung und Wiederaufnahme Unter den komplexen Erweiterungsarten der Gefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję finden sich komplexe (Adjektiv-)Phrasen, die in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen bislang noch nicht thematisiert wurden, vgl. die folgenden Beispiele aus dem deutschen und dem polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): Plural bilden, d. h. die deutsche Übersetzung von zdecydowań (Pl.) mit Entschiedenheit (Sg.) weist eine Abweichung in Bezug auf den Numerus auf. 315 http s : / / d e . p on s . c o m/ % C 3 % B C b e r s e tz un g ? q = z d e cyd owa ni e&l= d e pl&in= a c _ pl&lf=pl&qnac=zdecydow (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 316 https: / / de.bab.la/ woerterbuch/ polnisch-deutsch/ zdecydowanie (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 245 Deutsch Polnisch (14) Ein erfolgreiches Bürgerbegehren muss nicht zwingend in der BVV behandelt werden, allerdings entfaltet es eine Sperrwirkung, indem es den Organen des Bezirks untersagt ist, eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung zu treffen oder mit deren Vollzug zu beginnen. (15) Tutaj Hamilton stanął na tydzień, podejmując pierwszą z serii katastroficznych decyzji, Dnia 14 sierpnia zmęczony posuwał się do Lancaster […]. ‚Hier hielt sich Hamilton eine Woche lang auf und traf die erste von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen: Am 14. August war er müde und ging nach Lancaster […].‘ Das deutsche Beispiel (14) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zum Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Berlin, die Möglichkeiten der direkten Demokratie in den Bezirken von Berlin darstellen, d.h. Einwohner Berlins können ihr Anliegen direkt bei der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) einreichen und darüber abstimmen lassen (vgl. Wikipedia: Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Berlin). Wenn das Bürgerbegehren nicht bei der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vorgelegt wird, was für ein erfolgreiches Bürgerbegehren nicht zwingend notwendig ist, tritt eine Sperre in Kraft, denn „es [ist] den Organen des Bezirks untersagt […], eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung zu treffen oder mit deren Vollzug zu beginnen“. Das polnische Beispiel (15) stammt aus dem Wikipedia-Artikel Bitwa pod Preston 1648 ‚Schlacht von Preston‘ - einer Schlacht im Zweiten Englischen Bürgerkrieg (vgl. Wikipedia: Bitwa pod Preston). Die Textpassage handelt von James Hamilton, dem englischen Heeresführer, über den berichtet wird, er habe sich mit seiner Armee eine Woche lang in Hornby aufgehalten, wo er die erste von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen traf. Im deutschen Beispiel (14) wird das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen um das partizipiale Adjektiv entgegenstehende linkserweitert, das selbst weiter durch dem Anliegen des Bürgerbegehrens erweitert wird. Da das partizipiale Adjektiv sowohl adjektivische als auch verbale Informationen kodieren kann (vgl. Hentschel 2009a: 273; zitiert nach Ágel 2017: 717), wird das Funktionsnomen Entscheidung mehrfach durch Informationen angereichert, denn der Entscheidung wird die Eigenschaft ‚entgegenstehend‘ zugeschrieben - die Entscheidung ‚steht etwas entgegen‘ und da entgegenstehende vom Verb entgegenstehen abgeleitet ist, kommt es im Wortbildungsprozess zu einer Valenzübertragung des Valenzmusters von entgegenstehen auf das Valenzmuster von entgegenste- 246 4. Analyse hend (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 263; Ágel 2017: 256). Aktanten des verbalen Elements werden in die partizipial-adjektivische Einheit übernommen: jemand steht etwas / jemandem entgegen (vgl. Pons online 2019: entgegenstehen) 317 . Die Erweiterung von entgegenstehend , nämlich dem Anliegen des Bürgerbegehrens , ist also eine aus einer übergeordneten Struktur übernommene, eine nach Ágel (2017) ‚recycelte‘ Einheit (vgl. Ágel 2017: 708), im Sinne von ‚eine Entscheidung steht dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegen‘, was in nur einer Adjektivphrase in Verbindung mit dem Funktionsnomen Entscheidung verbalisiert wird. Dass dieser Satz in eine Adjektivphrase „passt“, zeigt auf, wie stark die vermittelten Informationen in Beleg (14) auf engem Raum verdichtet werden (vgl. Daniels 1963: 228 f.), d. h. mit der komplexen Nominalphrase eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung wird ausgedrückt, dass nur Entscheidungen getroffen werden können, die mit den Anliegen des Bürgerbegehrens konform sind. Mit dem komplex attribuierten Funktionsverbgefüge wird anschließend die Verbalphrase mit deren Vollzug zu beginnen durch oder koordiniert (vgl. Storrer 2013: 200), wodurch ausgedrückt wird, dass der Beginn des Vollzugs einer Angelegenheit untersagt ist. Das Demonstrativpronomen deren markiert in mit deren Vollzug den Bezug auf eine vorerwähnte sprachliche Einheit (vgl. Adamzik 2016: 252): Deren referiert in Beispiel (14) auf die komplexe Nominalphrase des Funktionsverbgefüges eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung und nimmt diese anaphorisch wieder auf (vgl. Adamzik 2016: 252, s. Kap. 4.2.5), d. h. im Sinne von: ‚[…] indem es […] untersagt ist, eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung zu treffen oder mit dem Vollzug [der dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehenden Entscheidung] zu beginnen.‘ Da die gesamte komplexe Nominalphrase eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung durch deren in deren Vollzug wiederaufgenommen wird, werden die Informationen in diesem Satz einerseits durch die komplexe Attribuierung des Funktionsnomens Entscheidung erreicht und andererseits durch die Wiederaufnahme dieser komplex attribuierten Nominalphrase bei gleichzeitiger Einbettung und Verknüpfung mit anderen Gliedern im Satz, wodurch die Informationen in diesem Beispiel mehrfach und hochgradig komplex verdichtet werden. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: 317 h t t p s : / / d e . p o n s . c o m / % C 3 % B C b e r s e t z u n g ? q = e n t g e g e n s t e hen&l=depl&in=&lf=de&qnac= (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 247 (14) a. *Ein erfolgreiches Bürgerbegehren muss nicht zwingend in der BVV behandelt werden, allerdings entfaltet es eine Sperrwirkung, indem es den Organen des Bezirks untersagt ist, dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehend zu entscheiden oder mit deren Vollzug zu beginnen. In Paraphrase (14a) wird das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen mit dem Basisverb entscheiden ersetzt, wodurch die komplexe Nominalphrase eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung zu treffen aufgelöst werden muss, d. h. das attributiv gebrauchte Partizip wird mit der adverbialen Form entgegenstehend ersetzt. Durch die Substitution des Funktionsverbgefüges mit dem Basisverb entstehen in der Paraphrase dennoch die folgenden Probleme: Erstens bezieht sich das adverbial verwendete entgegenstehend in der Paraphrase auf entscheiden , d. h. die Entscheidungshandlung ist entgegenstehend, was zwar auch resultativ interpretiert werden kann, aber durch die damit verbalisierte Absicht semantisch markiert ist. Die zweite Unstimmigkeit betrifft das Demonstrativpronomen deren in deren Vollzug , der sich im Original auf die attribuierte Nominalphrase eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung bezieht. Durch die Substitution des Funktionsverbgefüges Entscheidung treffen mit dem Basisverb entscheiden nimmt deren in der Paraphrase nicht mehr die Entscheidung wieder auf, wodurch das Pronomen den Bezug verliert. Die Paraphrase muss dahingehend umgedeutet werden, dass sich deren in Paraphrase (14a) auf Anliegen oder auf Bürgerbegehren bezieht, d. h. es ist den Organen untersagt, mit dem Vollzug des Anliegens oder des Bürgerbegehrens zu beginnen, was aus grammatischer Sicht nicht korrekt ist, weil Anliegen und Bürgerbegehren als Nomina im Neutrum ein Pronomen im Neutrum, also dessen , erfordern würden. Um das grammatische Problem zu umgehen, könnte das Pronomen deren weiter angepasst und durch einen anderen Artikel ersetzt werden, vgl. die folgende Paraphrase: (14) b. ? Ein erfolgreiches Bürgerbegehren muss nicht zwingend in der BVV behandelt werden, allerdings entfaltet es eine Sperrwirkung, indem es den Organen des Bezirks untersagt ist, dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehend zu entscheiden oder mit dem Vollzug zu beginnen. In Paraphrase (14b) wird deren aus deren Vollzug durch den bestimmten Artikel dem ersetzt und zu mit dem Vollzug zu beginnen angepasst. Da das deren-Demonstrativpronomen im Original sowohl die Funktion erfüllt, die Nominalphrase des Funktionsverbgefüges wiederaufzunehmen als auch einen Bestandteil der Konstruktion zu Vollzug zu bilden, d. h. im Sinne von ‚wessen Vollzug‘, fehlt 248 4. Analyse diese Komponente in Paraphrase (14b), wodurch zurückverfolgt werden muss, worauf der Vollzug referiert (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 55). Dadurch verliert der Satz auch in Paraphrase (14b) an Präzision und die Ungenauigkeit bezüglich der Referenzverhältnisse im Text erschwert zusätzlich die Rezeption des Textes. Die Problematik der Paraphrase betrifft demzufolge zum einen den veränderten Bezug des partizipialen Adjektivs, das sich in den Paraphrasen (14a) und (14b) auf das Prädikat bezieht, und zum anderen ergeben sich Probleme hinsichtlich der anaphorischen Verknüpfung mit den angeschlossenen Gliedern im Satz. Die komplexe Verdichtung der Informationen im Text bewirkt, dass der ursprüngliche Satzinhalt in keiner der aufgeführten Paraphrasen mit dem Basisverb wiedergegeben werden kann. Im polnischen Beispiel (15) Tutaj Hamilton stanął na tydzień, podejmując pierwszą z serii katastroficznych decyzji, Dnia 14 sierpnia zmęczony posuwał się do Lancaster […]. ‚Hier hielt sich Hamilton eine Woche lang auf und traf die erste von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen: Am 14. August war er müde und ging nach Lancaster […].‘ wird das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ um pierwszą z serii katastroficznych ‚die erste von einer Reihe katastrophaler‘ erweitert. Die Erweiterung enthält die Ordinalzahl pierwszą ‚erste‘, die die Präpositionalphrase z serii ‚von einer Reihe‘ und die Adjektivphrase katastroficznych ‚katastrophaler‘ quantifiziert. Die Erweiterungselemente haben gemeinsam, dass sie sich alle auf das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ beziehen, sie unterscheiden sich jedoch im Hinblick auf das Funktionsnomen, auf das sie sich beziehen. Was meine ich damit? Die Nominalphrase pierwszą z serii katastroficznych decyzji ‚die erste von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen‘ teilt sich in die beiden Teile pierwszą ‚die erste‘ und z serii katastroficznych decyzji ‚von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen‘, wobei die Präpositionalphrase z serii katastroficznych decyzji ‚von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen‘ der Adjektivphrase pierwszą ‚die erste‘ subordiniert ist. Diese Subordination kommt dadurch zustande, dass das attribuierte Funktionsnomen katastroficzna decyzja ‚katastrophale Entscheidung‘ implizit mit pierwszą ‚die erste‘ realisiert wird, d. h. das attribuierte Funktionsnomen wird implizit als Null-Anapher in pierwszą [Ø katastroficzną decyzję] ‚die erste [Ø katastrophale Entscheidung]‘ integriert (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 107) und anschließend durch die Präpositionalphrase z serii katastroficznych de- 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 249 cyzji ‚von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen‘ rechtserweitert, wodurch einerseits ein implizites Funktionsverbgefüge gebildet wird und andererseits dieses implizite Funktionsverbgefüge adjektivisch und präpositional links- und rechtserweitert wird - die Informationen werden in diesem Beispiel hochgradig komplex verdichtet. Durch die komplexe Nominalphrase wird ausgedrückt, dass eine Vielzahl von Entscheidungen aufeinanderfolgt, die als katastrophal qualifiziert werden, wodurch der Sachverhalt bewertet wird (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 137; Adamzik 2016: 301 / 255; Ágel 2017: 764, s. Kap. 4.2.3). Gleichzeitig wird durch die Ordinalzahl pierwszą ‚erste‘ ausgedrückt, dass es sich um (auf)zählbare Entscheidungen handelt, von denen die erste bereits angekündigt wird, d.h. durch die quantitativ und qualitativ attribuierte Nominalphrase des Funktionsverbgefüges wird die erste katastrophale Entscheidung kataphorisch angekündigt, die im Anschluss ausformuliert wird Am 14. August war er müde und ging nach Lancaster , wodurch die Informationen im Text vorstrukturiert werden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 121; s. Kap. 4.2.5). Da das zu paraphrasierende Funktionsverbgefüge in diesem Beispiel (15) ein implizites ist (vgl. Engel et al. 1999: 64), gehe ich bei der Paraphrase mit dem Basisverb in mehreren Schritten vor: Zur Gedankenstütze mache ich das Funktionsverbgefüge zunächst im Beleg sichtbar und bestimme dann die zu paraphrasierenden Elemente und führe anschließend die Substitution des Funktionsverbgefüges mit dem Basisverb durch. (15) Tutaj Hamilton stanął na tydzień, podejmując pierwszą [Ø katastroficzną decyzję] z serii katastroficznych decyzji, Dnia 14 sierpnia zmęczony posuwał się do Lancaster […]. ‚Hier hielt sich Hamilton eine Woche lang auf und traf die erste [Ø katastrophale Entscheidung] von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen: Am 14. August war er müde und ging nach Lancaster […].‘ Das Funktionsverbgefüge besteht in diesem Beleg aus dem Funktionsverb podejmować ‚treffen‘ und der Nominalphrase pierwszą [Ø katastroficzną decyzję] ‚die erste [Ø katastrophale Entscheidung]‘, d. h. dass diese Elemente in der Paraphrase mit dem Basisverb substituiert werden. Da sich die Entscheidungen in z serii katastroficznych decyzji ‚von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen‘ jedoch auf die implizit realisierte Nominalphrase beziehen, müssten diese Elemente konsequenterweise ebenfalls ersetzt bzw. getilgt werden, vgl. die folgende Paraphrase: 250 4. Analyse (15) a. *Tutaj Hamilton stanął na tydzień, decydując po raz pierwszy katastroficznie z serii, Dnia 14 sierpnia zmęczony posuwał się do Lancaster […]. ‚*Hier hielt sich Hamilton eine Woche lang auf und entschied zum ersten Mal katastrophal von einer Reihe: Am 14. August war er müde und ging nach Lancaster […].‘ Das attribuierte und implizite Funktionsverbgefüge podejmować decyzję wird mit dem Basisverb dedcydować ersetzt, wodurch die komplexe Nominalphrase aus dem Original pierwszą [Ø katastroficzną decyzję] z serii katastroficznych decyzji ‚die erste [Ø katastrophale Entscheidung] von einer Reihe katastrophaler Entscheidungen‘ aufgelöst werden muss, d. h. die weiteren subordinierten Phrasen müssen dementsprechend angepasst werden: Die Ordinalzahl pierwsza ‚erste‘ wird zu po raz pierwszy ‚zum ersten Mal‘ und das Adjektiv katastroficzny ‚katastrophal‘ wird durch das Adverb katastroficznie ‚katastrophal‘ ersetzt. Da das Adjektiv katastroficzny ‚katastrophal‘ die Adverb-Entsprechung katastroficznie ‚katastrophal‘ aufweist, kann die grammatische Konstruktion decydować po raz pierwszy katastroficznie ‚zum ersten Mal katastrophal entscheiden‘ gebildet werden, wodurch sich die Bedeutung im Vergleich mit dem Original verändert. Denn im Original wird eine katastrophale von mehreren aufeinanderfolgenden Entscheidungen angekündigt. Dagegen wird in der Paraphrase ausgedrückt, Hamilton habe überhaupt zum ersten Mal katastrophal entschieden. Ein anderes Problem stellt die an das Funktionsnomen angeschlossene Präpositionalphrase z serii ‚von einer Reihe‘ dar, die durch den Wegfall des Funktionsnomens decyzja ‚Entscheidung’ das Bezugswort verliert, wodurch die Paraphrase ungrammatisch wird. 4.2.2.4. Zusammenfassung Bei komplex attribuierten Funktionsnomen werden Informationen durch mehrere Informationsbausteine angereichert, wodurch komplexe Informationseinheiten zum einen auf verschiedenen Bedeutungsebenen verdichtet werden, zum anderen sind nicht nur die verbalisierten Elemente für die Textkonstitution bedeutend, sondern auch die verschiedenen und bei der Rezeption des Textes aktivierten Schlussfolgerungsprozesse. Die verdichteten Informationen in den komplexen mehrfach subordinierten Attribuierungen des Funktionsnomens können in einer Paraphrase mit dem Basisverb die im besten Fall nur lokal aufgelöst werden, es kommt jedoch in allen aufgeführten Fällen zu Problemen in Bezug auf die Grammatikalität und / oder die Semantik des Satzes. Durch die Vielzahl auftretender Probleme kann festgehalten werden, dass je komplexer das Funktionsnomen attribuiert ist, sich umso schwieriger die Substitution mit 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 251 dem Basisverb gestaltet, wobei keine identische Variante des Originals gebildet werden konnte. Je nach Art der zusätzlichen Informationseinheiten im Text können auch bestimmte Ansichten in Bezug auf den Sachverhalt transportiert werden, worauf ich im nächsten Abschnitt eingehen werde. 4.2.3. Informationsperspektivierung Informationen können im Text je nach Gebrauch und Kombination bestimmter sprachlicher Einheiten unterschiedlich perspektiviert werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 132). Dabei geht es um die unterschiedlichen Perspektiven, die von dem Verfasser bzw. der Verfasserin des Textes eingenommen werden können, d.h. z.B. als aktive oder passive Handlung, mit subjektiver Bewertung oder aus einer Außen- oder Vogelperspektive heraus (vgl. Klein / von Stutterheim 2007, Köller 2004; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 132). Sprachlich manifestieren sich unterschiedliche Perspektiven auf einen Sachverhalt beispielsweise in zusätzlichen Informationseinheiten im Text, z. B. durch die Anreicherung von Informationen durch zusätzliche Bedeutungsaspekte, die so bewertet und kommentiert werden (Daniels 1963: 230 ff.; Schmidt 1968: 49; Hinderdael 1985: 261; s. Kap. 4.2.1). Eine andere Möglichkeit zur Informationsperspektivierung kann beispielsweise durch die Passiv-Diathese erreicht werden, durch die Objekt zu Subjekt wird, Verursacher von Handlungen ausgespart werden können und der Sachverhalt passivisch perspektiviert wird (vgl. Ágel 2017: 6 ff.; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 132). Durch die strukturellen Eigenschaften von Funktionsverbgefügen können Informationen im Text sowohl eingespart als auch angereichert werden. In Bezug auf die Gefüge Frage stellen, Antwort geben und Entscheidung treffen sowie die polnischen Äquivalente gehe ich zuerst auf die Perspektivierung durch die Einsparung von Aktanten im Text ein und anschließend auf die Perspektivierung durch hinzukommende Bedeutungselemente. 4.2.3.1. Frage stellen und zada(wa)ć pytanie 4.2.3.1.1. Informationsperspektivierung durch Aktanteneinsparung Für die Funktionsverbgefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie konnte durch die Auszählung der bei den Funktionsverbgefügen vorkommenden Aktanten festgestellt werden, dass häufig sowohl die Dativals auch die Präpositivergänzung nicht realisiert wird (s. Kap. 4.1): in 35,34 % der deutschen und in 36,82 % der polnischen Fälle werden die Funktionsverbgefüge nur mit dem Subjekt realisiert, d. h. der Adressat und das Thema der Frage werden häufig nicht genannt (vgl. Fabricius-Hansen 2006), vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): 252 4. Analyse Deutsch Polnisch (1) Der König eröffnete die Sitzung, indem er [Ø K Dat ] eine Frage [Ø K PrP ] stellte oder das Wort einem Referenten erteilte. (2) W tym samym czasie został też wyrzucony z miejscowej szkoły podstawowej, gdyż zdaniem nauczyciela zadawał [Ø K Dat ] za dużo pytań [Ø K PrP ] […]. ‚Gleichzeitig wurde er auch von der örtlichen Grundschule geworfen, weil er [Ø K Dat ] laut Aussage des Lehrers zu viele Fragen [Ø K PrP ] stellte […].‘ In (1) geht es um die Handlungsweisen eines königlichen Rates, dem „Conseil du Roi“, deren Sitzungen der König auf eine bestimmte Weise einleitet, nämlich durch eine Fragehandlung oder eine Aufforderung. In (2) handelt der polnische Wikipedia-Artikel von dem Erfinder Thomas Alva Edison, über dessen Kindheit der / die Leser*in erfährt, dass der Erfinder Probleme in der Schule hatte und von der Grundschule geworfen wurde, weil er mitunter „zu viele Fragen stellte“. Sowohl im deutschen (1) als auch im polnischen (2) Beispiel wurden die Dativsowie Präpositivergänzungen der Funktionsverbgefüge ausgelassen, d.h. die vom Funktionsverbgefüge eröffneten Leerstellen bleiben in (1) und (2) leer (s. Kap. 3.2). Die Fragen haben durch die Auslassung dieser Informationen erstens kein spezifisches Ziel, d.h. keinen spezifischen Adressaten (Ausdruck durch Dativobjekt), und zweitens kein spezifisches Thema (Ausdruck durch nach- Präpositionalobjekt) (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 263). Für die Ebene des Textes bedeutet dies, dass gemäß dem Relevanzprinzip (vgl. Hinderdael 1985: 647; Seifert 2004: 194) die wesentliche Information in diesen Beispielen die Information über die stattgefundene Fragehandlung darstellt, d.h. dass jemand Fragen stellte ist wesentlich und nicht welche genau, was dadurch erreicht wird, dass durch die fehlenden Ergänzungen die Äußerungsbedeutung als ‚im Allgemeinen‘ zu interpretieren ist (vgl. Rensky 1966: 295; Popadić 1971: 40; Helbig 1984: 176f.; Yuan 1987: 196ff.; Hinderdael 1985: 214; Heidolph et al. 1984: 439). Durch diese Verallgemeinerung der Aussage kann eine generalisierende Perspektive, quasi aus der Erzählerperspektive eingenommen werden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 101): Der König pflegt in (1) die Sitzung auf diese Art und Weise einzuleiten, d. h. es handelt sich um eine gewohnheitsmäßige, eine habituale Handlung (vgl. grammis 2019: Die Bedeutung der Tempora) 318 , es ist die Fragehandlung, die die 318 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4187 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 253 Sitzung einleitet und keine spezifische und an eine bestimmte Person gerichtete Frage, vgl. die folgenden Paraphrasen: (1) a. ? Der König eröffnete die Sitzung, indem er [Ø K Akk ] fragte. b. Der König eröffnete die Sitzung, indem er etwas fragte. In Paraphrase (1a) wurde Frage stellen durch das Basisverb fragen ersetzt. Aufgrund der fehlenden Aktanten ist diese Paraphrase jedoch unvollständig und ist, sofern die Informationen nicht aus dem Kontext hervorgehen, als semantisch und grammatisch fraglich einzustufen. Um dieses Problem zu umgehen, wird in der zweiten Paraphrase (1b) das Indefinitpronomen etwas als unspezifische Akkusativergänzung von fragen hinzugefügt (vgl. grammis 2019: Indefinit-Pronomen) 319 , d. h. die unspezifische Lesart des Originals kann so beibehalten werden. Im Unterschied zum Original ist in Paraphrase (1b) nicht eindeutig interpretierbar, ob es sich bei der Fragehandlung um ein einzelnes Ereignis in der Vergangenheit handelt oder um eine sich wiederholende und gewohnheitsmäßige Handlung (vgl. Gallmeier 2005), d. h. diese Information müsste zur Disambiguierung noch ergänzt werden: (1) c. Der König eröffnete immer die Sitzung, indem er immer etwas fragte […]. Die habituale Handlung des Originals wird erst in dieser dritten Paraphrase (1c) ausgedrückt, d. h. also erst durch immer wird die Perspektive von außen und die Gesamtheit der Handlung betrachtend ausgedrückt. Im polnischen Beispiel (2) (2) W tym samym czasie został też wyrzucony z miejscowej szkoły podstawowej, gdyż zdaniem nauczyciela zadawał [Ø K Dat ] za dużo pytań [Ø K PrP ] […]. ‚Gleichzeitig wurde er auch von der örtlichen Grundschule geworfen, weil er [Ø K Dat ] laut Aussage des Lehrers zu viele Fragen [Ø K PrP ] stellte […].‘ haben die Fragen - wie im deutschen Beispiel (1) auch - keinen bestimmten Inhalt oder ein Ziel, wesentlich ist in dem Textauszug lediglich, dass in der Vergangenheit zu viele Fragen gestellt wurden . Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt für das polnische Beispiel (2) die folgende Paraphrase: 319 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 406 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 254 4. Analyse (2) a. […] gdyż zdaniem nauczyciela za dużo pytał […] ‚[…] weil er laut Aussage des Lehrers zu viel fragte […].‘ Das Funktionsverbgefüge zadawać pytanie wurde durch das Verb pytać ‚fragen‘ ersetzt, wodurch sowohl in der polnischen Paraphrase als auch in der deutschen Übersetzung durch die imperfektiven Verben zadawać und pytać zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich um eine wiederholte Handlung handelt (vgl. Skibicki 2016: 289). Diese unspezifische Lesart ist in Verbindung mit dem Basisverb pytać ‚fragen‘ nur möglich, weil das Unspezifische in der unbestimmten Mengenangabe zu viel ‚za dużo‘ zum Ausdruck kommt, vgl. ? weil er laut Aussage des Lehrers fragte - ? gdyż zdaniem nauczyciela pytał , d. h. ohne das Adverbial wäre die Paraphrase im Polnischen sowie deren deutsche Übersetzung unvollständig und es müsste eine indefinite und unspezifische Akkusativergänzung hinzugefügt werden. Das Funktionsverbgefüge kann ohne Aktanten also dazu verwendet werden, um aus der Außenperspektive heraus gewohnheitsmäßige Handlungen zusammenfassend darzustellen, was dem imperfektiven Aspekt in slawischen Sprachen entspricht (vgl. Rehder 2006). Der Text kann so kürzer, die Informationen dichter werden und durch die fehlenden Ergänzungen können Äußerungen verallgemeinert werden, wodurch Informationen im Text auf eine andere Weise perspektiviert werden als mit dem Basisverb. 4.2.3.1.2. Informationsperspektivierung durch Qualitätsadjektive Durch die Auslassung von Informationen im Text können im Zusammenhang mit Funktionsverbgefügen nicht nur Perspektivierungseffekte bezüglich der Verallgemeinerung von Aussagen erreicht werden, sondern die Perspektive auf einen Sachverhalt kann sich weiter auch verändern, wenn andere sprachliche Elemente hinzugefügt werden. Im Fall von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie fallen die häufigen Adjektiverweiterungen auf (Deutsch 28,88 %, Polnisch 33,03 %, s. Kap. 4.1). Durch den häufig wertenden, evaluierenden oder modifizierenden Charakter der Adjektive (in 49,25% der deutschen und 50,27% der polnischen Adjektiverweiterungen) können Fragen nicht nur bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden, sondern auch Sprecher*innenbzw. Verfasser*inneneinstellungen zum Ausdruck kommen (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 137; Adamzik 2016: 301/ 255; Ágel 2017: 764), z.B. freundliche , harmlose , unangenehme Fragen stellen (s. Kap. 4.2.1), d. h. der Sachverhalt wird aus einer subjektiven Perspektive dargestellt (vgl. Schwarz-Friesel-Consten 2014: 140), vgl. die folgenden Belege aus dem polnischen und deutschen Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 255 Deutsch Polnisch (3) Narwuar [sic! ] ist bekannt dafür, sich in offizielle Pressekonferenzen hochrangiger Politiker einzuschleichen und diesen dort peinliche oder undiplomatische Fragen zu stellen. (4) Stosowane w teleturnieju takie określenia jak: „koła ratunkowe” […], „telefon do przyjaciela” […] oraz charakterystyczne pytania, jakie prowadzący zadaje zawodnikowi w trakcie gry: „Czy jesteś pewien? ”, „Czy to twoja ostateczna odpowiedź? ” Verwendet werden in der Quizshow Begriffe wie: "Joker", "Telefonjoker" […] sowie die charakteristischen Fragen, die der Moderator dem Spieler während des Spiels stellt: "Sind Sie sich ganz sicher? ", "Ist das Ihre endgültige Antwort? ". In (3) geht es um den Satire-Reporter Nardwuar, der Politiker*innen „peinliche und undiplomatische Fragen“ stellt. In (4) wird die Fernseh-Quiz-Sendung „Wer wird Millionär“ beschrieben, in der es verschiedene Joker sowie neben den Quizfragen auch typische Fragen des Moderators wie „Sind Sie sich ganz sicher“ gibt. Im polnischen Beispiel (4) wird die Nominalphrase pytania um das Adjektiv charakterystyczne ‚charakteristisch‘ erweitert, wodurch den nachstehenden Fragen Czy jesteś pewien? ‚Sind Sie sich ganz sicher? ‘ und Czy to twoja ostateczna odpowiedź? ‚Ist das Ihre endgültige Antwort? ‘ die Eigenschaft zugeschrieben wird, für die Sendung „Wer wird Millionär“ charakteristisch zu sein. In Bezug auf die Informationsperspektivierung werden die Inhalte in diesem Beispiel generalisierend dargestellt, die die folgende Interpretation zulassen: In der Sendungsreihe wurden diese Fragen insgesamt so häufig vom Moderator gestellt, dass sie aus Sicht des Verfassers oder der Verfasserin des Textes ein Charakteristikum der Sendung darstellen. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (4) a. Prowadzący pyta zawodnika w trakcie gry charakterystycznie: „Czy jesteś pewien? ”, „Czy to twoja ostateczna odpowiedź? ” ‚Der Moderator fragt den Spieler während des Spiels charakteristisch: "Sind Sie sich ganz sicher? ", "Ist das Ihre endgültige Antwort? ".‘ 256 4. Analyse Das Funktionsverbgefüge zadawać pytanie ‚Frage stellen‘ wurde in der Paraphrase mit dem Basisverb pytać ‚fragen‘ ersetzt. Die Paraphrase ist grammatisch und gibt die Bedeutung des Satzes im Original, nämlich, dass es für die Sendung „Wer wird Millionär“ charakteristische Fragen gibt, wieder. Im Unterschied zum Original wird durch das Basisverb im Präsens pyta ‚fragt‘ sowohl im Deutschen als auch im Polnischen eine Handlung in der Gegenwart beschrieben (vgl. grammis 2019: Die Bedeutung der Tempora) 320 , d. h. die Paraphrase kann als gegenwärtiger Bericht über den Fortgang einer bestimmten Sendung interpretiert werden, wodurch die Perspektive von einer generalisierenden Darstellung zu einer Momentsituation, einem einmaligen und gegenwärtigen Vorgang, gewechselt wird. Die Paraphrase zeigt auf, dass durch das attribuierte Funktionsverbgefüge eine Sicht aus der Zuschauerperspektive eingenommen und über Spezifika einer gesamten Sendereihe berichtet werden kann. Im deutschen Beispiel (3) Narwuar [sic! ] ist bekannt dafür, […] peinliche oder undiplomatische Fragen zu stellen. wird das Funktionsnomen um die koordinierten Adjektive peinlich und undiplomatisch linkserweitert, wodurch den Fragen diese Eigenschaften durch den / die Verfasser*in des Textes subjektiv zugeschrieben werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 132; s. dazu auch Klein / von Stutterheim 2007, Köller 2004). Da Fragen aber nicht per se peinlich oder undiplomatisch sein können, so wie sie kurz oder lang sein können, zeichnet sich dieses Beispiel durch weitere Bedeutungsaspekte aus: Ob eine Frage nämlich peinlich oder undiplomatisch ist, hängt von der Gesprächssituation, den Gesprächsbeteiligten sowie der Absicht der Frage ab (vgl. Weigand 2012). Was also zusätzlich durch die erweiterte Nominalphrase ausgedrückt wird, ist, dass mit den Fragen bei den Befragten, hier den Politiker*innen, eine bestimmte Wirkung erzielt werden soll, nämlich die Adressat*innen einerseits peinlich zu berühren und andererseits etwas auf eine der Situation unangemessene und undiplomatische Weise anzustoßen. Demzufolge sind die Fragen für die Befragten peinlich, sie lösen z. B. Emotionen wie Verlegenheit oder ein Erröten aus, d. h. durch die Konstruktion peinliche Fragen stellen kann die Wirkung der Fragen auf die Adressat*innen ausgedrückt werden. Der Substitutionstest mit dem Basisverb zeigt aber noch weitere Aspekte der Perspektivierung in diesem Beispiel (3) auf und ergibt die folgende Paraphrase: 320 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4187 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 257 (3) a. ? Nar[d]wuar ist bekannt dafür, sich in offizielle Pressekonferenzen hochrangiger Politiker einzuschleichen und diese dort peinlich oder undiplomatisch zu fragen. Das erweiterte Funktionsverbgefüge peinliche und undiplomatische Fragen stellen wird in der Paraphrase durch peinlich und undiplomatisch fragen ersetzt, d. h. die beiden Adjektive werden in der Paraphrase adverbial verwendet und beziehen sich auf die vom Verb ausgedrückte Handlung (vgl. Daniels 1963: 230; s. Kap. 4.2.1). Durch den adverbialen Gebrauch der Adjektive peinlich und undiplomatisch verschiebt sich zum einen die Bedeutung des Satzes, d. h. die Frage ist nicht mehr peinlich und undiplomatisch, sondern die Fragehandlung, wodurch die Aufmerksamkeit auf den Verursacher dieser undiplomatischen und peinlichen Fragehandlung gelenkt wird (vgl. Schwarz-Friesel-Consten 2014: 112). Mit anderen Worten: In der Paraphrase (3a) befragt Nardwuar hochrangige Politiker*innen auf eine peinliche und undiplomatische Weise, während im Original die Fragen eine peinliche Wirkung auf die Adressat*innen haben - der Aufmerksamkeitsfokus verschiebt sich von der Frage und ihrer Wirkung auf den Verursacher der peinlichen Fragehandlung. Die Funktionsnomen Frage und pytanie können durch wertende, auch emotionale Adjektive kommentiert werden, wodurch subjektive Einstellungen zum Ausdruck kommen und Informationen im Text unterschiedlich perspektiviert, ja sogar emotionalisiert werden können. Auf diese Weise stellt die Perspektivierung durch wertende Qualitätsadjektive eine Emotionalisierungsstrategie dar. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsperspektivierung durch Passivierung ein. 4.2.3.1.3. Informationsperspektivierung durch verschiedene Zeitformen und Modi Verschiedene Perspektiven auf den Sachverhalt können durch verschiedene ko- und subordinierte Prädikate in Verbindung mit Frage stellen und zada(wa)ć pytanie erreicht werden, die unterschiedliche Zeitstufen und Modi ausdrücken (vgl. Daniels 1963: 229; s. Kap. 4.2.2), vgl. die folgenden Beispiele aus dem Polnischen und dem Deutschen (Hervorhebung S. K.): 258 4. Analyse Deutsch Polnisch (5) Darüber hinaus dürfen nur Fragen gestellt werden, die vorher mit dem Pressestab des Präsidenten abgesprochen wurden." (6) Książka ta odpowiada na powyższe pytania oraz na wiele innych pytań, które zostały zadawane przez lata przez fanów dla australijskiego pisarza Johna Flanagana. ‚Dieses Buch beantwortet die obigen Fragen und viele andere Fragen, die von den Fans des australischen Schriftstellers John Flanagan im Laufe der Jahre gestellt wurden.‘ In (5) geht es um Interviews mit dem russischen Präsidenten, über den im Wikipedia-Artikel zu Medien in Russland ausgesagt wird, dass ihm „nur Fragen gestellt werden [dürfen]“, die mit seinem Pressestab abgesprochen wurden. In (6) handelt die Textpassage von dem Roman „The lost Stories“ ‚Zaginione historie‘ von John Flanagan, mit dem der Autor auf Fragen seiner Fans antwortet. Das deutsche Beispiel (5) enthält ein Satzgefüge aus einem Hauptsatz, in dem das Funktionsverbgefüge im Indikativ Präsens Passiv in einem komplexen Prädikat mit dem Modalverb dürfen verwendet wird. Der angeschlossene Relativsatz steht dagegen in einer anderen Zeitform, nämlich im Präteritum, wodurch eine Gegenüberstellung von Gegenwart und Vergangenheit erzeugt wird, d.h. hier wird in Bezug auf den Sachverhalt die zeitliche Perspektive gewechselt. Im polnischen Beispiel (6) steht das Prädikat des übergeordneten Matrixsatzes odpowiada ‚beantwortet‘ im Präsens aktiv. Im angeschlossenen Relativsatz dagegen ist das Prädikat des Satzes im Präteritum passiv realisiert zostały zadawane ‚wurden gestellt‘, d. h. in diesem polnischen Beispiel wird der Sachverhalt nicht nur aus zwei unterschiedlichen zeitlichen Perspektiven präsentiert, sondern auch in Bezug auf den Genus verbi, denn das Buch beantwortet aktiv die Fragen, die vorher gestellt wurden (vgl. Daniels 1963: 229). Durch die Formulierung im Passiv kann der Sachverhalt sowohl im Polnischen als auch im Deutschen aus einer passiven Perspektive dargestellt werden. In Bezug auf die Textebene ergibt sich dadurch der Unterschied zum Aktiv, dass der Verursacher der Handlung, der in einem Aktivsatz mit dem Subjekt ausgedrückt wird, im Passivsatz zu einem fakultativen von -Präpositionalobjekt wird (vgl. Engel et al. 1999), d. h. pytanie zostanie przez kogoś zadane ‚die Frage wird (von jemandem) gestellt‘. Im Unterschied zum Aktiv muss also im Passiv der Verursacher der Handlung nicht realisiert werden, was aber auch mit Basisverben erzielt werden kann, vgl. beispielsweise etwas wird (von jemandem) 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 259 gefragt (vgl. E- VALBU 2019: fragen 321 ). Weiter müsste in einem Satz mit etwas wird gefragt das etwas entweder näher bestimmt, d. h. ausgesagt werden, was gefragt wird, oder es müsste ein Platzhalter- Es (grammis 2019: Die Form es und ihre Verwendungen 322 ) realisiert werden. Zum Vergleich mit dem Funktionsverbgefüge könnte in einem Satz wie die Frage wurde gestellt die Frage, um die es geht, nicht näher bestimmt bleiben. Im Unterschied zum Basisverb wird das Funktionsnomen weiter bei der Passivierung zum Subjekt des Satzes, was das Basisverb nur durch andere Wortbildungsmechanismen, wie z. B. die Konversion (Fragen macht Spaß), erlangt werden könnte. Das bedeutet, dass durch das Passiv einerseits die Perspektive auf den Sachverhalt von aktiv zu passiv verändert wird, der Verursacher als Aktant eingespart wird und das Funktionsnomen Frage bzw. pytanie zum Subjekt des Satzes wird, wodurch die Aufmerksamkeit des Rezipienten hin zur Frage im Subjekt und weg vom ausgelassenen Verursacher gelenkt werden kann (vgl. Zifonun 1992: 256). Je nach Positionierung der Nominalphrase des Gefüges, d. h. im Vorfeld, Mittelfeld oder Nachfeld im deutschen bzw. im linken oder rechten Feld im polnischen Satz, kann weiter auch durch Betonung eine höhere Gewichtung der Frage erlangt werden (vgl. grammis 2019: Wortstellung im Mittelfeld 323 , s. Kap. 4.2.4). Darüber hinaus wird durch die zeitliche und die Aktiv-Passiv-Dimension die sprachliche Interaktionssituation der Beteiligten aus verschiedenen Perspektiven, aber äußerst komprimiert dargestellt: Die Fans von John Flanagan stellen Fragen, die der Autor in seinem Buch beantworte, d. h. es wird eine bzw. mehrere Fragehandlung(en) sowie eine zugehörige Antworthandlung aufgeführt, was hier durch die komplexe Attribuierung realisiert wird (s. Kap. 4.2.2). Durch die strukturellen Möglichkeiten von Funktionsverbgefügen in Bezug auf die Anreicherung oder Einsparung von Informationen können Außenperspektiven als Zuschauer*in oder Beobachter*in eingenommen und subjektive oder generalisierende Aussagen getroffen werden sowie die Wirkung aus der Sicht eines Adressaten/ einer Adressatin dargestellt und die Aufmerksamkeit weg vom Verursacher/ von der Verursacherin und hin zur Frage gelenkt werden. Im Folgenden gehe ich auf weitere Fälle der Informationsperspektivierung ein. 321 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400607/ 1 (letzter Zugriff: 07. 02. 2019). 322 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 395 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 323 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4452 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 260 4. Analyse 4.2.3.1.4. Weitere Fälle von Informationsperspektivierung: Emotionalisierung Im Folgenden möchte ich auf besondere Verwendungen von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie eingehen, die sich durch ihre ungewöhnliche Verbindung mit anderen sprachlichen Einheiten auszeichnen und deswegen von den bereits aufgezeigten Belegen bezüglich ihrer Perspektivierung zu unterscheiden sind, vgl. die folgenden Beispiele des Deutschen (7, 8) und des Polnischen (9, 10): Deutsch: (7) Mitten in die mediale Verarbeitung des Unglücksfalls drängt die Frage nach einer möglichen Privatisierung der Bahnhöfe, die Bertrand während einer Livesendung gestellt wird. (8) Ermitteln darf er nicht, und während der Gerichtsverhandlung brennen ihm die Fragen auf den Lippen, die er nicht stellen darf und die auch sonst keiner stellt. Polnisch: (9) Ta składa się z trwających tygodniami prywatnych rozmów, podczas których lekarz zadaje pacjentowi nietaktowne, dręczące i nieprzyzwoite pytania. ‚Dies besteht aus wochenlangen Privatgesprächen, in denen der Arzt dem Patienten taktlose, quälende und unanständige Fragen stellt.‘ (10) Greenwald zadając mu stresujące pytania doprowadził do tego, że ten [Queeg, S. K.] zaczął mówić nieskładnie, potem […] popadł w odrętwienie. ‚Greenwald stellte ihm so anstrengende Fragen, womit er bewirkte, dass er [Queeg, S. K.] anfing, verworren zu reden und dann […] in Lethargie verfiel.‘ Diese hier aufgelisteten Belege aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Korpus zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass den Funktionsnomen Frage und pytanie metaphorische Bedeutungsaspekte zugeschrieben werden: die Fragen drängen , brennen auf den Lippen , sie können quälend und anstrengend sein sowie bewirken, dass jemand verworren redet und in Lethargie verfällt , d. h. die Fragen werden als mächtig und bedrohlich präsentiert, wodurch die Gegenseite als schwach, unmündig und ohnmächtig dargestellt werden kann. Es können asymmetrische Machtverhältnisse ausgedrückt werden, wodurch der*die Rezipient*in durch die bedrohliche Metaphorik im Text emotionalisiert werden kann (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 138). Die Möglichkeit für derartige Emotionalisierungen liegt in der Struktur des Funktionsverbgefüges, das durch die nominale Form um (partizipiale) Adjektive und Sätze erweitert werden kann, d. h. das Gefüge können mit verschiedenen Prädikaten, wie z. B. drängen , brennen , anstrengen und stressen verknüpft werden, was mit einem Verb nicht ausgedrückt werden kann, vgl. z. B. *drängt fragen , *brennen fragen. 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 261 Durch die strukturellen Möglichkeiten von Funktionsverbgefügen zur Verknüpfung mit anderen sprachlichen Einheiten können Fragen als bedrohlich und mächtig antizipiert werden, wodurch Informationen im Text emotionalisiert werden können. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsperspektivierung durch die Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ein. 4.2.3.2. Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź Die Korpusanalyse zeigt, dass die Funktionsverbgefüge Antwort geben bzw. da(wa)ć odpowiedź häufig adjektivisch erweitert werden. Zudem gehen die Antworthandlungen im Kontext mit Versuchen, Pflichten, Fähigkeiten und Möglichkeiten einher, d. h. Antworten werden mit verschiedenen Modalitäten zur Antworthandlung kontextualisiert. Hinsichtlich der Perspektivierung von Informationen im Text gehe ich im Folgenden auf Adjektivattribute von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ein und anschließend auf den Ausdruck von Modalitäten. 4.2.3.2.1. Informationsperspektivierung durch partizipiale Adjektive Die quantitative Analyse der Erweiterungsmöglichkeiten von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ergibt, dass die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź häufig adjektivisch erweitert werden (40,56 % im Deutschen und 54,55 % im Polnischen; s. Kap. 4.1.2; 4.2.1). Durch die Adjektive kann das Resultat der Antworthandlung zusammengefasst werden, z. B. ob die Antwort positiv ‚pozytywna‘ oder negativ ‚negatywna‘ ausgefallen ist; oder die Antworten werden hinsichtlich ihrer Qualität bewertet, z. B. vollkommen absurde , witzige , oder blöde Antworten, wodurch subjektive Einstellungen zum Sachverhalt transportiert werden können, vgl. die folgenden Belege aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (11) Diese Äußerung soll nach Johannes Mathesius (Lutherhistorien, 1566) Herzog Georg von Sachsen gegenüber Erasmus von Rotterdam getan haben, als dieser "eine zweifelhafte und verdrehte Antwort gab". (12) Podczas wojen grecko-perskich Delfy zajmują stanowisko wyczekujące, dając petentom bardzo wymijające i dwuznaczne odpowiedzi. ‚Während der griechisch-persischen Kriege nimmt Delphi eine Warteposition ein, indem es den Petenten sehr ausweichende und mehrdeutige Antworten gibt.‘ 262 4. Analyse Das deutsche Beispiel (11) ist ein Auszug aus der Wikipedia-Liste geflügelter Wörter. Das Stichwort, um das in diesem Beleg geht, ist „Wasch mir den Pelz und mach ihn nit nass! “, das Georg von Sachsen gegenüber Erasmus von Rotterdam geäußert haben soll. Im polnischen Beispiel (12) handelt der Wikipedia-Artikel von der antiken griechischen Stadt Delphi, die in einen griechisch-persischen Krieg verwickelt war und dort damals „eine Warteposition ein[nimmt], indem es den Petenten sehr ausweichende und mehrdeutige Antworten gibt“. In (11) wurde das Funktionsnomen Antwort um die Adjektive zweifelhaft und verdreht erweitert, mit denen die Information zur Art der Antwort zweifach näher bestimmt und somit angereichert wird. Die Anführungsstriche markieren in (11), dass es sich bei eine zweifelhafte und verdrehte Antwort um ein Zitat handelt, d. h. nicht der Verfasser oder die Verfasserin des Wikipedia-Artikels ist für diesen Inhalt verantwortlich, sondern einer der aufgeführten Protagonisten, vermutlich Johannes Mathesius. Mit Diese Äußerung bezieht sich diese Textpassage auf das erwähnte Zitat von Herzog Georg von Sachsen „Wasch mir den Pelz und mach ihn nit nass! “, über das ausgesagt wird, Herzog Georg von Sachsen hätte dies gegenüber Erasmus von Rotterdam geäußert (Wikipedia online 2019: Liste geflügelter Worte „Wasch mir den Pelz und mach ihn nit nass! “) 324 . Die Äußerung „Wasch mir den Pelz und mach ihn nit nass! “ ist demzufolge eine Reaktion auf die zweifelhafte und verdrehte Antwort von Erasmus, was von Johannes Mathesius überliefert wird. Ob Johannes Mathesius bei diesem Wortwechsel zwischen Herzog Georg von Sachsen und Erasmus von Rotterdam dabei war oder ob er die Erzählung übernommen hat, wird nicht näher erläutert. Es bleibt also offen, ob es sich bei dem Zitat eine zweifelhafte und verdrehte Antwort gab um die Worte von Johannes Mathesius oder von Herzog Georg von Sachsen (oder einer anderen Person) handelt. Wesentlich ist in diesem Beleg, dass die Antwort von Erasmus von Rotterdam durch die Attribute als verdreht und zweifelhaft eingestuft wird, wobei sich die Bewertung wie folgt zusammensetzt: Bei zweifelhaft und verdreht handelt es sich um Deverbativa (vgl. Szigeti 2017: 29 ff.). Durch das Suffix - haft wird angezeigt, „dass das vom Nomen Bezeichnete das von der Adjektivbasis Bezeichnete hat“ (grammis 2019: Wörterbuch der Affixe, -haft (elfenhaft)) 325 , d. h. zweifelhaft bedeutet ‚hat Zweifel‘. Das partizipiale Adjektiv verdrehte ist von verdrehen abgeleitet, das mehrere Lesarten aufweist und deswegen unterschiedlich interpretiert werden kann: erstens in der übertragenen Verbbedeutung „etw. (bewusst) unrichtig darstellen, 324 h t t p s : / / d e . w i k i p e d i a . o r g / w i k i / L i s t e _ g e f l % C 3 % B C g e l t e r _ W o r te/ W#Wat_k%C3%BCmmert_mich_ming_Jeschw%C3%A4tz_von_jestern? (letzter Zugriff: 03. 04. 2019). 325 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ affixe/ 299397 (letzter Zugriff: 03. 04. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 263 wiedergeben“ ( DWDS 2019: verdrehen) 326 oder zweitens in der lexikalisierten Bedeutung des partizipialen Adjektivs „leicht verwirrt, verrückt, überspannt“ ( DWDS 2019: verdreht 327 ). Das partizipiale Adjektiv verdreht kann demzufolge als ‚leicht verwirrt‘ von der lexikalisierten Bedeutung des partizipialen Adjektivs oder als ‚unrichtig darstellen‘ in der übertragenen Verbbedeutung interpretiert werden. Versucht man nun das Funktionsverbgefüge mit dem Basisverb zu ersetzen, so ergibt sich die folgende Paraphrase: (11) a. Diese Äußerung soll nach Johannes Mathesius (Lutherhistorien, 1566) Herzog Georg von Sachsen gegenüber Erasmus von Rotterdam getan haben, als dieser "zweifelhaft und verdreht antwortete". Das Funktionsverbgefüge Antwort geben wird durch das Basisverb antworten ersetzt, wodurch die zweifach erweiterte Nominalphrase aus dem Original zweifelhaft und verdrehte Antworten aufgelöst werden muss. Da die Adjektive zweifelhaft und verdreht auch adverbial verwendet werden können, also zweifelhaft und verdreht antworten , gelingt die Paraphrase und kann als grammatisch eingestuft werden. Durch die Anpassungen von attributiv zu adverbial verwendeten Adjektiven verändert sich im Vergleich mit dem Original jedoch nicht nur die syntaktische Funktion von zweifelhaft und verdreht , sondern die Adjektive beziehen sich in der Paraphrase auf das Basisverb antworten , d. h. die Antworthandlung von Erasmus wird als ‚voller Zweifel‘ und ‚verworren‘ dargestellt. Da die Antworthandlung von Erasmus ‚voller Zweifel‘ und ‚verworren‘ ist, wird in der Paraphrase nicht nur eine andere Geschichte über den Hergang der Handlung erzählt, sondern Erasmus wird durch diese Veränderungen anders dargestellt, nämlich als Person mit Zweifeln an der eigenen Aussage, wodurch sich die Perspektive auf die Person Erasmus und den Sachverhalt ändert. Eine weitere Veränderung im Vergleich von Original und Paraphrase ergibt sich aus der Bedeutung des Temporalsatzes als dieser "eine zweifelhafte und verdrehte Antwort gab" , der im Original eine zeitliche Aufeinanderfolge ausdrückt, d. h. zuerst sagt Erasmus etwas und danach Herzog Georg (vgl. Wierzbicka 2004). In der Paraphrase ergibt sich durch die Subjunktion als in Verbindung mit antwortete als atelisches Verb (vgl. Fabricius-Hansen 2006: 266) nicht mehr der Ausdruck von Nachzeitigkeit, sondern der Ausdruck von Gleichzeitigkeit (vgl. Wierzbicka 2004; grammis 2019: Temporalsatz 328 ), d. h. im Sinne von ‚während Erasmus antwortete, hat Herzog Georg diese Äußerung getan‘. Durch diese Be- 326 https: / / www.dwds.de/ wb/ verdrehen (letzter Zugriff: 03. 04. 2019). 327 https: / / www.dwds.de/ wb/ verdreht (letzter Zugriff: 03. 04. 2019). 328 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 2104 (letzter Zugriff: 11. 04. 2019). 264 4. Analyse deutungsveränderung des Temporalsatzes werden die Handlungen nicht wie im Original als aufeinanderfolgende Ereigniskette dargestellt, sondern laufen gleichzeitig ab: Herzog Georg von Sachsen sagt „Wasch mir den Pelz und mach ihn nit nass! “, während Erasmus von Rotterdam zweifelhaft und verdreht antwortet. Durch diese Art der Darstellung verändert sich nicht nur die Erzählung, sondern auch die Position, die der Erzähler Johannes Mathesius dazu einnimmt. Im Original ist die Antwort von Herzog Georg „Wasch mir den Pelz und mach ihn nit nass! “ als Konter gegen die zweifelhafte und verdrehte Antwort von Erasmus zu interpretieren, d. h. Herzog Georg wird mit dieser Antwort als schlagfertig dargestellt. In der Paraphrase reden beide gleichzeitig und es wird unklar, worauf sich die Äußerungen der Protagonisten beziehen - die Äußerungen sind zusammenhanglos. In der Paraphrase wird also nicht nur eine andere Geschichte erzählt, sondern es verändert sich durch die unterschiedliche Darstellung der Abfolge der Handlung auch die Haltung des Erzählers gegenüber dem Sachverhalt, d. h. auch, dass der Sachverhalt in der Basisverbkonstruktion anders perspektiviert wird als im Original mit dem Funktionsverbgefüge. Im polnischen Beispiel (12) Podczas wojen grecko-perskich Delfy zajmują stanowisko wyczekujące, dając petentom bardzo wymijające i dwuznaczne odpowiedzi. ‚Während der griechisch-persischen Kriege nimmt Delphi eine Warteposition ein, indem es den Petenten sehr ausweichende und mehrdeutige Antworten gibt.‘ wird das Funktionsnomen odpowiedzi ‚Antworten‘ mit dem partizipialen Adjektiv wymijające ‚ausweichend‘ und dem qualifizierenden Adjektiv dwuznaczne ‚zwei-, doppeldeutig‘ linkserweitert, wodurch zum einen die Eigenschaften der Antworten durch die Informationen ‚zweideutig‘ und ‚ausweichend‘ angereichert werden (s. Kap. 4.2.1), zum anderen kommt es durch die Bedeutung der Adjektive zu den folgenden Perspektivierungsaspekten: das partizipiale Adjektiv wymijający ‚ausweichend‘ ist von dem Verb wymijać ‚ausweichen‘ abgeleitet (vgl. Skibicki 2016: 157), wodurch ausgesagt wird, dass Delphi mit ihren Antworten auf Fragen ausweichen. Die ausweichenden Antworthandlungen sind von pragmatischem Wert. Durch die ausweichenden Antworten wird außerdem implikatiert (vgl. Liedtke 1995; Grice 1969), dass keine adäquaten Antworten auf die Fragen gegeben werden. Die Fragen bekommen deswegen den Status ‚nicht beantwortet‘. Das zweite Adjektiv dwuznaczne ‚zwei-, doppeldeutig‘ bezieht sich auf die Eigenschaft der Antwort, zwei Bedeutungen aufzuweisen: dwu von dwa ‚zwei‘ 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 265 und - znaczne von znaczenie ‚Bedeutung‘. Da die Antworten nicht explizit aufgeführt werden, kann der*die Leser*in die Doppeldeutigkeit der Äußerungen nicht selbst beurteilen, d. h. es handelt sich um Informationen ‚aus dritter Hand‘. Da über die Kriegsführung von Delfi ausgesagt wird, dass „sie eine Warteposition ein[nehme]“, kann die Aussage über das doppeldeutige und ausweichende Beantworten der Fragen von Delphi als Unterstellung einer gewissen Absicht bzw. Strategie interpretiert werden, d. h. die Antworten werden als nicht zufällig doppeldeutig und ausweichend dargestellt, sondern als strategisches Verhalten. Dieses strategische Verhalten wird durch die Intensitätspartikel bardzo ‚sehr‘ in bardzo wymijające i dwuznaczne odpowiedzi ‚sehr ausweichende und doppeldeutige Antworten‘ zusätzlich verstärkt (vgl. Ágel 2017: 205; Skibicki 2016: 250ff.), und es wird dadurch aufgezeigt, auf welche Weise Delphi ihre Warteposition realisiert. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (12) a. Podczas wojen grecko-perskich Delfy zajmują stanowisko wyczekujące, odpowiadając petentom bardzo wymijająco i dwuznacznie. ‚Während der griechisch-persischen Kriege nimmt Delphi eine Warteposition ein, indem es den Petenten sehr ausweichend und mehrdeutig antwortet.‘ Das Funktionsverbgefüge dawać odpowiedź ‚Antwort geben‘ wird in (12a) mit dem Basisverb odpowiadać ersetzt, wodurch die adjektivisch erweiterte Nominalphrase bardzo wymijające i dwuznaczne odpowiedzi ‚sehr ausweichende und mehrdeutige Antworten‘ aufgelöst werden muss. Da die Adjektive wymijające ‚ausweichende‘ und dwuznaczne ‚doppeldeutig‘ auch eine adverbiale Variante aufweisen, nämlich wymijająco ‚ausweichend‘ und dwuznacznie ‚doppeldeutig‘, kann die Paraphrase sowohl im Polnischen als auch in der deutschen Übersetzung als grammatisch eingestuft werden. In Bezug auf die Bedeutung der Paraphrase im Vergleich mit dem Original ergeben sich jedoch die folgenden Veränderungen: Erstens verschiebt sich die nominal ausgedrückte Antworthandlung im Original von der letzten Stelle im Satz an die Stelle nach dem Komma in der Paraphrase, d. h. mit odpowiadając ‚indem […] antwortet‘ wird die Verbalhandlung in der Paraphrase früher ausgedrückt als im Original, was sich auf die Informationsstruktur im Satz auswirkt. Da rechtspositionierte Elemente im Satz im Polnischen zu Informationen mit hohem Informationsgehalt und damit zur Vordergrundinformation gehören (vgl. Engel et al. 199: 49 f.; s. Kap. 4.2.4), verschiebt sich in der Paraphrase der Aufmerksamkeitsfokus weg von den Fragen und hin zu den gewichtigsten Informationen in diesem Satz, also hin zu ausweichend und mehrdeutig ‚wymijająco i dwuznac- 266 4. Analyse znie‘. Zweitens beziehen sich wymijająco und dwuznacznie ‚ausweichend und doppeldeutig‘ in der Paraphrase auf die vom Verb ausgedrückte Handlung und nicht mehr auf die Antwort, wodurch die Antworthandlung als ausweichend und doppeldeutig qualifiziert wird, deren Verursacher Delphi im Matrixsatz genannt wird. Nomen sind Träger des Aufmerksamkeitsfokus im Satz (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112), der in Form des Funktionsnomens odpowiedź ‚Antwort‘ in der Paraphrase fehlt, und die Aufmerksamkeit wird auf die anderen Nomen im Satz gelenkt, d. h. die von Delphi verursachte Antworthandlung ist ausweichend und doppeldeutig und nicht mehr die ausweichende und doppeldeutige Antwort an der letzten Stelle im Satz. Obwohl in der Paraphrase und im Original oberflächlich ähnliche Inhalte transportiert werden, kann die Aufmerksamkeit der*des Rezipienten*in auf bestimmte Glieder im Satz gelenkt werden, wodurch der Sachverhalt in Bezug auf die Intention der Verursacher der sprachlichen Handlung unterschiedlich perspektiviert werden kann. Durch die Verwendung von Adjektiven mit (Funktions-)Nomen werden die im Text vermittelten Informationen nicht nur additiv oder konnotativ um weitere Bedeutungsaspekte angereichert. Durch Adjektivattribute können auch Haltungen, Positionen und (Be-)Wertungen im Text transportiert werden, die bei der Paraphrase mit dem Basisverb ihre Bedeutung verändern oder der Fokus auf andere Glieder im Satz gelenkt wird. 4.2.3.2.2. Informationsperspektivierung durch Ausdruck von Modalität Die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź werden im Kontext von Möglichkeiten, Versuchen, Pflichten oder Fähigkeiten realisiert, vgl. die folgenden Belege aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (13) Truffaut warf diese Fragen auf und der Zuschauer reflektierte anhand der Person des Victor über die echten oder vermeintlichen zivilisatorischen Werte, ohne Antworten zu erwarten, da er wissen musste, dass Victor sie nicht geben kann. (14) Niekiedy dopiero pogłębiona analiza danego przepisu może dać odpowiedź na pytanie jaki jest jego charakter i czy norma z niego wyprowadzona może czy nie może być bezpośrednio zastosowana. ‚Manchmal kann nur eine eingehende Prüfung der gegebenen Bestimmung eine Antwort auf die Frage nach ihrem Charakter geben und ob die daraus abgeleitete Norm unmittelbar angewendet werden kann oder nicht.‘ 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 267 Im deutschen Beleg (13) handelt die Textpassage aus dem Wikipedia-Artikel zum Kinofilm „Der Wolfsjunge“ von Fragen, die der Regisseur und Produzent François Truffaut in seinem Film durch die Figur Victor stellt und die Zuschauer*innen darüber reflektieren lässt. Die Zuschauer*innen können dabei jedoch keine „Antworten […] erwarten“, weil „Victor sie nicht geben kann“. Im polnischen Beleg (14) aus dem Wikipedia-Artikel zur Verfassung von Polen geht es um verschiedene und in der Verfassung festgesetzte Bestimmungen sowie die Frage nach deren unmittelbarer Anwendung, über die erst nach einer genauen Prüfung der jeweiligen Bestimmung entschieden werden kann, d. h. „eine eingehende Prüfung der gegebenen Bestimmung [kann manchmal] eine Antwort auf die Frage nach ihrem Charakter geben“, woraus Schlüsse zur Anwendung der Bestimmung abgeleitet werden. Im deutschen Beispiel (13) wird die Nominalisierung Antwort in den Infinitivsatz ohne Antworten zu erwarten eingebunden und mit erwarten prädikatiert. Das Nomen Antwort wird im anschließenden Nebensatzgefüge ( da -Kausalsatz und dass- Objektsatz) da er wissen musste, dass Victor sie nicht geben kann pronominal durch sie wiederaufgenommen und bildet mit dem Funktionsverb geben das Funktionsverbgefüge (vgl. Missing 2017: 59). Im Abschnitt zur Wiederaufnahme von Informationen durch Funktionsverbgefüge (s. Kap. 4.2.5) zeige ich, dass die Funktionsnomen der Gefüge auf verschiedene Arten Inhalte wiederaufnehmen und selbst wiederaufgenommen werden können, z.B. durch die lexikalische Rekurrenz oder die Pronominalisierung (vgl. Missing 2017: 59f.; s. Kap. 4.2.5). Dieser Beleg (13) stellt jedoch einen Sonderfall dar, denn erst durch die pronominale Wiederaufnahme der Antwort aus dem Infinitivsatz durch sie entsteht das Funktionsverbgefüge. Ich möchte derartige Funktionsverbgefüge, wie z. B. sie [die Frage / Forderung] stellen , als ‚pronominale Funktionsverbgefüge-Anaphern‘ bezeichnen. Über die Antworten wird in Beispiel (13) zum einen ausgesagt, dass der*die Zuschauer*in sie nicht von dem Filmregisseur Truffaut (bzw. der Figur Victor) erwartet werden können, d. h. es gibt Fragen, aber keine Antworten. Zum anderen erfährt der*die Rezipient*in durch die Begründung für die fehlenden Antworten da er wissen musste, dass Victor sie nicht geben kann , dass Victor nicht die Möglichkeit hat, die Antworten zu geben, was durch die Verwendung des Modalverbs kann von können ausgedrückt wird (vgl. Ágel 2017: 318 f.). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: 268 4. Analyse (13) a. Truffaut warf diese Fragen auf und der Zuschauer reflektierte anhand der Person des Victor über die echten oder vermeintlichen zivilisatorischen Werte, ohne Antworten zu erwarten, da er wissen musste, dass Victor nicht antworten kann. Das pronominale Funktionsverbgefüge sie [die Antworten] geben wird durch das Basisverb antworten ersetzt. Sowohl das Pronomen sie als auch das Funktionsverb geben müssen in dieser Paraphrase getilgt werden, wodurch die Wiederaufnahmerelation von Antwort und sie verloren geht. Da das Basisverb antworten nur einen obligatorischen Aktanten, nämlich das Subjekt (hier Victor), aufweist (vgl. E- VALBU 2019: antworten 329 , s. Kap. 3.2.1.1.2), gelingt die Paraphrase, d. h. der Satz kann als grammatisch eingestuft werden. Im Vergleich von Original und Paraphrase ergeben sich in Bezug auf die Satzbedeutung jedoch die folgenden Unterschiede: Im Original sind keine Antworten zu erwarten , weil es Victor nicht möglich ist sie zu geben. Die Bedeutung von können im Sinne von ‚Möglichkeit‘ (vgl. Ágel 2017: 318 f.) legt die Interpretation nahe, dass Victor die Antworten nicht kennt und sie deswegen nicht geben kann . In Paraphrase (13a) dass Victor nicht antworten kann kann das Modalverb im Sinne von ‚Fähigkeit‘ interpretiert werden (vgl. Ágel 2017: 318 f.; Baumann 2017: 158 ff.), d. h. in der Paraphrase ist Victor nicht fähig, zu antworten, wodurch die Bedeutung des Satzes und die Darstellung von Victor von ‚er hat nicht die Möglichkeit‘ zu ‚er hat nicht die Fähigkeit‘ verändert wird. Im polnischen Beispiel (14) Niekiedy dopiero pogłębiona analiza danego przepisu może dać odpowiedź na pytanie jaki jest jego charakter […]. ‚Manchmal kann nur eine eingehende Prüfung der gegebenen Bestimmung eine Antwort auf die Frage nach deren Charakter geben […].‘ wird das Funktionsverbgefüge dać odpowiedź ‚Antwort geben‘ in einem komplexen Prädikat mit dem Modalverb może ‚kann‘ in der Bedeutung ‚Möglichkeit‘ verwendet (vgl. Skibicki 2016: 298 ff.). Auf die einfache Nominalphrase odpowiedź ‚Antwort‘ folgt die Präpositivergänzung na pytanie ‚auf die Frage‘, die um jaki jest jego charakter erweitert wird ‚nach deren Charakter‘. Die Verbindung może dać odpowiedź ‚kann Antwort geben‘ bedeutet, dass erst durch eine genaue Prüfung der Bestimmung die Möglichkeit gegeben ist, die Bestimmung auf ihre Anwendung hin richtig auszudeuten. 329 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400306/ 1 (letzter Zugriff: 11. 04. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 269 Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (14) a. %Niekiedy dopiero pogłębiona analiza danego przepisu może odpowiedzieć na pytanie jaki jest jego charakter […]. ‚? Manchmal kann nur eine eingehende Prüfung der gegebenen Bestimmung auf die Frage nach deren Charakter antworten […].‘ Das Funktionsverbgefüge dać odpowiedź ‚Antwort geben‘ wurde mit dem Basisverb odpowiedzieć ‚antworten‘ substituiert. Die Paraphrase gelingt, weil sowohl odpowiedź ‚Antwort‘ als auch odpowiedzieć ‚antworten‘ mit einer auf -Präpositionalphrase gebildet werden können (vgl. Skibicki 2016: 294, 314), d. h. odpowiedzieć na pytanie ‚auf die Frage antworten‘ in Paraphrase (14a) ist als grammatisch einzustufen. Auf der Bedeutungsebene kommt es jedoch im Vergleich von Original und Paraphrase zu Unstimmigkeiten in Bezug auf das Subjekt des Satzes pogłębiona analiza ‚eine eingehende Prüfung‘ in Verbindung mit dem Prädikat może odpowiedzieć ‚kann antworten‘. Die semantische Unstimmigkeit entsteht in dieser Verbindung, weil es sich bei der Prüfung um einen Vorgang handelt, d. h. eine Prüfung kann zwar durchgeführt werden, sie ist aber nicht belebt. In Bezug auf die Funktionsverbgefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź habe ich bereits im Abschnitt zur Informationsverdichtung und Informationsanreicherung gezeigt, dass sich diese Gefüge mit unbelebten syntaktischen Subjekten verbinden können. Dagegen zeigen die Paraphrasen mit den Basisverben antworten und odpowiedzieć / odpowiadać , dass sich durch die Substitution häufig die Interpretation der Subjekte von unbelebt zu belebt verändert, wodurch die Gegenstände durch die Umformung personifiziert werden (s. Kap. 4.2.1.2; 4.2.2.2). Außerdem sind im Vergleich von Original und Paraphrase Unterschiede festzustellen, die v. a. mit der Bedeutung des Modalverbs może in Verbindung mit odpowiedzieć zusammenhängen: Da es sich bei dem Basisverb odpowiedzieć ‚antworten‘ um ein perfektives Verb handelt und perfektive Verben im Polnischen einmalige und zukünftige Handlungen ausdrücken (vgl. Skibicki 2016: 284 f.), kann die Verbindung des Modalverbs może mit dem perfektiven odpowiedzieć als zukünftige und punktuell auftretende Antworthandlung interpretiert werden. D.h. durch diese Verbindung der Verben im Verbalkomplex verändert sich im Vergleich mit dem Original der Grad der Möglichkeit von ‚möglich‘ zu ‚sicher‘ (vgl. Skibicki 2016: 324). Das Funktionsverb dać im Original ist zwar ebenfalls perfektiv, aber das Nomen odpowiedź weist durch seine nominale Form keine zeitliche oder aspektuelle Einschränkung auf, d. h. durch die nominale Form hat die Antwort Allgemeingültigkeit. Demzufolge wird der Sachverhalt in der Para- 270 4. Analyse phrase durch den Grad der Möglichkeit anders perspektiviert als im Original mit dem Funktionsverbgefüge. Die Funktionsverbgefüge Antwort geben bzw. da(wa)ć odpowiedź werden adjektivisch erweitert und mit Versuchen, Fähigkeiten und Möglichkeiten kontextualisiert. Durch wertende Adjektive werden subjektive Sprechereinstellungen zum Ausdruck gebracht, partizipiale Adjektive charakterisieren die vollzogene Antworthandlung und die Kontextualisierung von Antworten mit Modalitäten determiniert die Umstände der Äußerung. Es zeigt sich, dass die Gefüge in diesen Kontexten spezifische semantische Leistungen erfüllen, Informationen im Text perspektivieren und die Substitution mit dem Basisverb mit Bedeutungsveränderungen einhergeht. Im Folgenden gehe ich auf die Möglichkeiten zur Informationsperspektivierung mit den Gefügen Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ein. 4.2.3.3. Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję Die Korpusanalyse der Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję zeigt, dass die Gefüge erweitert werden können. Zu den häufigsten Erweiterungsarten der Funktionsnomen gehören Präpositionalphrasen in Kontaktstellung (21,05 % im Deutschen und 55,76 % im Polnischen). Zudem werden Entscheidungen oft in Passivkonstruktionen eingebunden (33,33 % im Deutschen und 21,19 % im Polnischen; s. Kap. 4.1.3). In Bezug auf die Perspektivierung von Informationen im Text gehe ich im Folgenden auf präpositional erweiterte Funktionsnomen und Passivkonstruktionen ein. 4.2.3.3.1. Informationsperspektivierung durch präpositionale Erweiterung Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję werden im Kontext mit Präpositionalphrasen realisiert, die im Folgenden in Bezug auf die Perspektivierung von Informationen im Text analysiert werden, vgl. die folgenden Belege aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 271 Deutsch Polnisch (15) Sie [Fanny Kaplan; S. K.] erklärte auch, dass sie extrem negativ zur Oktoberrevolution eingestellt sei und die Entscheidung zum Attentat im Februar 1918, nach der gewaltsamen Auflösung der Konstituante durch die Bolschewiken, in Simferopol getroffen habe. (16) Formalną decyzję o rozstrzelaniu więźniów (łącznie 3870 osób) podejmowała tzw. trójka NKWD w składzie Wsiewołod Mierkułow, Bogdan Kobułow i Leonid Basztakow. ‚Die formale Entscheidung über die Erschießung der Häftlinge (insgesamt 3870 Personen) traf das sogenannte NKWD -Trio, bestehend aus Vsevolod Mierkulov, Bogdan Kobułow und Leonid Basztakow.‘ Im deutschen Beispiel (15) geht es um die russische Anarchistin und vermeintliche Lenin-Attentäterin Fanny Kaplan, deren negative Einstellung gegenüber der Oktoberrevolution wiedergegeben wird (vgl. Wikipedia: Fanny Kaplan). Ihre Entscheidung zum Attentat auf Lenin habe sie „im Februar 1918, nach der gewaltsamen Auflösung der Konstituante durch die Bolschewiken, in Simferopol getroffen“. Das polnische Beispiel (16) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zur Weißrussischen Katyń-Liste, in der 3870 polnische Häftlinge aufgeführt sind, die dem polnischen Wikipedia-Artikel zufolge auf dem Gebiet der weißrussischen Republik auf Befehl der ehemaligen Sowjetunion deportiert und von der NKWD erschossen wurden (vgl. Wikipedia: Białoruska lista katyńska). Die Entscheidung über die Hinrichtung der Häftlinge traf das sogenannte NKWD -Trio aus Vsevolod Mierkulov, Bogdan Kobułow und Leonid Basztakow . Das Funktionsnomen Entscheidung wird im deutschen Beispiel (15) um die Präpositionalphrase zum Attentat im Februar 1918 erweitert, wobei Februar 1918 weiter durch das Ereignis nach der gewaltsamen Auflösung der Konstituante durch die Bolschewiken zeitlich näher bestimmt wird, d. h. in der Textpassage wird ausgedrückt, dass Fanny Kaplan sich für ein Attentat im Februar 1918 entschieden hat. Durch die Information zu ihrer Erklärung und die Verben im Konjunktiv in Sie erklärte, dass sie […] eingestellt sei und getroffen habe wird markiert, dass es sich nicht um die Einschätzung des Verfassers oder der Verfasserin des Textes handelt, sondern um eine Redewiedergabe (vgl. IDS -Grammatik: 2019: Direkte und indirekte Redewiedergabe 330 ). In dieser Passage wird also mit lexikalischen 330 https: / / IDS-Grammatik.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 544 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 272 4. Analyse und grammatischen Mitteln markiert, dass die Perspektive von Fanny Kaplan wiedergegeben wird. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (15) a. Sie [Fanny Kaplan; S. K.] erklärte auch, dass sie extrem negativ zur Oktoberrevolution eingestellt sei und zum Attentat im Februar 1918, nach der gewaltsamen Auflösung der Konstituante durch die Bolschewiken, in Simferopol entschieden habe. In Paraphrase (15a) wird das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen durch das Basisverb entscheiden ersetzt, wodurch die folgenden Veränderungen im Text vorgenommen werden: Da das Funktionsverbgefüge im Original in einen Nebensatz eingebettet ist und Nebensätze im Deutschen die Eigenschaft der Endstellung von Prädikaten aufweisen, d. h. in deutschen Nebensätzen stehen Verben an letzter Stelle des Satzes (vgl. Meibauer et al. 2015: 139), muss die vom Basisverb ausgedrückte Handlung in Paraphrase (15a) durch die Verbletztstellung im dass - Satz am Ende des Satzes realisiert werden. Da es sich bei zum Attentat im Original um eine präpositionale Erweiterung von Entscheidung handelt, verliert die Präpositionalphrase in (15a) den nominalen Bezug und muss deswegen umgedeutet werden: zum Attentat […] entscheiden kann nur noch im Sinne von ‚wozu / zu welchem Thema hat sie entschieden‘ interpretiert werden, d. h. zum Attentat ist Thema der Entscheidungshandlung (vgl. Fabricius-Hansen 2006; Primus 2012). Das Resultat des Entscheidungsprozesses zum Thema Attentat ist in Paraphrase (15a) jedoch unbekannt, was einen Unterschied zum Inhalt des Originals darstellt, denn im Original ist das Ergebnis des Entscheidungsprozesses die Entscheidung für die Ausführung des Attentats. Durch diese Bedeutungsveränderung und den Gebrauch des jeweiligen Konstruktionstyps wird der Sachverhalt im Original und in der Paraphrase unterschiedlich perspektiviert. Denn in der Paraphrase mit dem Basisverb entscheiden wird die Perspektive vom Entscheidungsprozess aus zum Thema Attentat beschrieben, im Original ist die Perspektive auf den Sachverhalt dagegen eine ergebnisorientierte, d. h. die Perspektive nach dem Entscheidungsprozess mit dem Ergebnis der Entscheidung zum Attentat. Um die Bedeutungsveränderung zu umgehen, schlage ich eine weitere Paraphrase vor: 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 273 (15) b. Sie [Fanny Kaplan; S. K.] erklärte auch, dass sie extrem negativ zur Oktoberrevolution eingestellt sei und sich zum Attentat im Februar 1918, nach der gewaltsamen Auflösung der Konstituante durch die Bolschewiken, in Simferopol entschieden habe. Das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen wird in Paraphrase (15b) nicht mit dem Basisverb entscheiden , sondern mit der reflexiven Variante des Basisverbs sich entscheiden im Sinne von ‚etwas auswählen‘ (vgl. E- VALBU : sich entscheiden 331 ) ersetzt, das ein zu -Präpositionalobjekt im Valenzmuster aufweist, mit dem das Resultat des Entscheidungsbzw. Auswahlprozesses ausgedrückt wird (vgl. E-VALBU: sich entscheiden 332 ), d. h. das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen hat nicht nur ein Basisverb, sondern mehrere, nämlich entscheiden , über etwas entscheiden und sich zu / für / gegen etwas entscheiden (s. Kap. 4.1.3.4). Trotz der in (15b) wiederhergestellten Semantik des Originals im Sinne von ‚sich zu / für etwas entscheiden‘, sind im Vergleich von Original und Paraphrase Unterschiede festzustellen: Der erste Unterschied bezieht sich auf die Position des Basisverbs in (15b), denn die in der Paraphrase verbal realisierte Entscheidungshandlung steht am Ende des Satzes an letzter Stelle (vgl. Wöllstein 2014; Meibauer et al. 2015: 139). Das Funktionsnomen Entscheidung steht im Vergleich dazu im Original im vorderen Mittelfeld und mit dem durch zum Attentat ausgedrückten Resultat der Entscheidung in Kontaktstellung. Da es sich bei dem Satz im Original um ein Satzgefüge aus einem Hauptsatz und zwei koordinierten dass- Sätzen handelt, kann das Funktionsnomen in Mittelfeldposition für die Rezeption des Textes in Bezug auf die Verarbeitung und die Speicherung von Informationen im Kurzzeitgedächtnis von Vorteil sein (vgl. Daniels 1963: 225; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 112). Daniels (1963) bezeichnet eine syntaktische Leistung von Funktionsverbgefügen, und insbesondere des Funktionsnomens, als „Stütze im langem Satz“ (Daniels 1963: 225) und meint damit, dass die Nomen an anderen Positionen im Satz vorkommen können als ihre verbalen Entsprechungen, wodurch gerade in sehr komplexen Sätzen an Übersichtlichkeit gewonnen werden kann (vgl. Daniels 1963: 225; Göpferich 2008: 302 f./ 307 f.; Hess-Lüttich 1983). Dieser Auffassung nach können Funktionsverbgefüge in langen Schachtelsätzen durch eine bestimmte Positionierung des Funktionsnomens nicht wie in zahlreichen Stilratgebern postuliert wird zum schlechteren (vgl. Mackowiak 2011; s. Kap. 1.2), sondern sogar zum besseren Verständnis des Textes beitragen. 331 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400486/ 1 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 332 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400486/ 1 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 274 4. Analyse Die zweite Veränderung im Vergleich von Original und Paraphrase (15b) bezieht sich auf den vermittelten Grad der Intentionalität und der Handlungsbeteiligung, denn in Fanny Kaplan entscheidet sich zum Attentat wird die Aufmerksamkeit auf die Verursacherin der Entscheidungshandlung gelenkt (vgl. Schwarz-Friesel-Consten 2014: 112). Mit anderen Worten: In Paraphrase (15b) entscheidet sich Fanny Kaplan zum Attentat auf Lenin, während im Original die Entscheidung für das Attentat getroffen wird, d. h. die Verursacherin steht in Paraphrase (15b) durch ihre agentive Rolle stärker im Fokus der ausgeführten Handlung (vgl. Helfferich 2012: 11-12), wodurch sich die Perspektive auf den Sachverhalt verändert. Im polnischen Beispiel (16) Formalną decyzję o rozstrzelaniu więźniów (łącznie 3870 osób) podejmowała tzw. trójka NKWD w składzie Wsiewołod Mierkułow, Bogdan Kobułow i Leonid Basztakow. ‚Die formale Entscheidung über die Erschießung der Häftlinge (insgesamt 3870 Personen) traf das sogenannte NKWD -Trio, bestehend aus Vsevolod Mierkulov, Bogdan Kobułow und Leonid Basztakow.‘ wird das Funktionsnomen decyzję rechts mit der Präpositionalphrase o rozstrzelaniu więźniów ‚über die Hinrichtung von Häftlingen‘ verknüpft, die im Polnischen mit der Präposition o ‚über‘ eingeleitet wird. Im Abschnitt zur Valenz habe ich gezeigt, wie es bei dem deutschen Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen zu einer Valenzübertragung in Bezug auf die Aktanten des Basisverbs entscheiden kommt: Die über- Präpositionalphrase aus dem Satzbauplan von über etwas entscheiden überträgt sich im Wortbildungsprozess von entscheiden zu Entscheidung auf das Funktionsnomen, sodass auch das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen einen Aktanten im Satzbauplan aufweist, der als über -Präpositionalphrase, d. h. eine Entscheidung über etwas treffen, realisiert wird (vgl. Fabricius-Hansen 2006; E- VALBU 2019: entscheiden über 333 ; s. Kap. 3.2.1.1.3). Ich entscheide mich nach Ágel (2017: 770) bei derartigen Valenzübertragungen aus Basisverbstrukturen von Präpositional(objekt)attributen zu sprechen, weil sie sowohl Eigenschaften des Funktionsnomens kodieren als auch aus Valenzstrukturen von Basisverben stammen (s. dazu auch Kap. 3.1.6; 3.2.1.1.3). Da auch das polnische Basisverb decydować ‚entscheiden‘ eine Präpositional- 333 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ verbs/ view/ 400485/ 2 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 275 phrase mit o ‚über‘ fordert (vgl. Pons online 2019: decydować) 334 , kann auch für podjąć / podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ angenommen werden, dass es im Wortbildungsprozess von decydować ‚entscheiden‘ zu decyzja ‚Entscheidung’ zu einer Valenzübertragung kommt (vgl. Fabricius-Hansen 2006), d. h. auch die o- Präpositionalphrase im Polnischen kann als Präpositional(objekt)attribut interpretiert werden. Zusätzlich wird das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ links um das Adjektiv formalną ‚formale‘ erweitert, d. h. die Nominalphrase wird sowohl adjektivisch attribuiert als auch mit einer Präpositivergänzung verknüpft, wodurch ausgedrückt wird, dass drei Beamte der NKWD die offizielle Entscheidung trafen, polnische Häftlinge zu erschießen. Die Entscheidung fiel also zugunsten der Tat aus und die Handlung wird in diesem Beispiel retrospektiv wiedergegeben, was durch das Prädikat im Präteritum und den imperfektiven Aspekt markiert wird (vgl. Skibicki 2016: 343, 284 ff.). Demzufolge wird nicht der Prozess der Entscheidungsfindung aufgezeigt, sondern das Resultat der Entscheidung fokussiert. Zudem wird mit dem imperfektiven Funktionsverb podejmowała angezeigt, dass es sich um einen wiederholten Prozess handelt (vgl. Skibicki 2016: 289), d. h. die Entscheidung wurde in der Vergangenheit mehrmals getroffen, was in (16) zusammenfassend dargestellt wird. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (16) a. ? Formalnie decydowała o rozstrzelaniu więźniów (łącznie 3870 osób) tzw. trójka NKWD w składzie Wsiewołod Mierkułow, Bogdan Kobułow i Leonid Basztakow. ‚? Formal entschied über die Erschießung der Häftlinge (insgesamt 3870 Personen) das sogenannte NKWD -Trio, bestehend aus Vsevolod Mierkulov, Bogdan Kobułow und Leonid Basztakow.‘ Das Funktionsverbgefüge podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ wird in Paraphrase (16a) mit dem Basisverb decydować ‚entscheiden‘ ersetzt, wodurch sich die folgenden Veränderungen ergeben: Zum einen muss die adjektivisch attribuierte Nominalphrase aus dem Original formalną decyzję ‚formale Entscheidung‘ aufgelöst werden. Da das Adjektiv formalną ‚formal‘ die Adverb-Entsprechung formalnie ‚formal‘ aufweist, kann das attributiv verwendete Adjektiv durch das adverbial verwendete Adverb formalnie ‚formal‘ ersetzt werden. Im Abschnitt zur Informationsanreicherung durch adjektivische Erweiterungen habe ich für 334 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=decydowac&l=depl&in=&lf=de&qnac= (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 276 4. Analyse das Polnische gezeigt, dass sich bei der Substitution von Adjektiven durch entsprechende Adverbien die Satzbedeutung verändern kann (s. Kap. 4.2.1.3). Da sich formalnie ‚formal‘ in der Paraphrase auf die vom Verb ausgedrückte Entscheidungshandlung bezieht, entsteht an dieser Stelle auch das erste Problem der Paraphrase (16a), denn Entscheidungsprozesse laufen mental oder verbal ab (vgl. Jacob 2017: 1), nicht aber formal im Sinne von ‚auf dem Papier‘ oder ‚offiziell‘, d. h. an dieser Stelle kommt es zu einer semantischen Inkompatibilität (vgl. Lappin 1981: 9 ff.) in Bezug auf das Basisverb decydować und das Adverb formalnie ‚formal‘. In Bezug auf die Perspektivierung entsteht im Vergleich von Paraphrase und Original weiter der folgende Unterschied und das zweite Problem: Das imperfektive Basisverb decydować ‚entscheiden‘ wird in (16a) mit der Präpositionalphrase o rozstrzelaniu więźniów (łącznie 3870 osób) verknüpft ‚über die Hinrichtung von Häftlingen (insgesamt 3870 Personen)‘, die nicht mehr wie im Original das Resultat der Handlung ausdrückt, sondern das Thema der Entscheidungshandlung darstellt (vgl. Fabricius-Hansen 2006; Primus 2012), d. h. es wird zwar zusammenfassend über eine Entscheidungshandlung zu dem Thema Erschießung berichtet, aber ohne das Resultat der Handlung aufzuzeigen. Der Rezipient und die Rezipientin erfährt aus (16a) also nicht, wofür sich die NKWD -Mitglieder entschieden haben, wodurch sich im Vergleich von Paraphrase und Original nicht nur die Bedeutung der Paraphrase verändert, sondern auch die Perspektive auf den Sachverhalt, d. h. von einer resultatsbezogenen Perspektive mit dem Ergebnis einer Entscheidung für die Erschießung von Häftlingen hin zu einem resultatslosen Entscheiden über die Erschießung von Häftlingen. Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję können in Verbindung mit Präpositionalphrasen in Kontaktstellung Resultate von Entscheidungsprozessen darstellen und sie so zusammenfassen, d. h. die Perspektive auf den Sachverhalt ist in derartigen Verbindungen eine resultatsbezogene, was sich durch die Paraphrase mit dem Basisverb zu einem Reflektieren über ein bestimmtes Thema verändern kann. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsperspektivierung in Verbindung mit den Funktionsverbgefügen Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję im Passiv ein. 4.2.3.3.2. Informationsperspektivierung durch Passivierung Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję werden häufig in Passivkonstruktionen realisiert (in 33,33 % im Deutschen und in 21,19 % im Polnischen), die ich im Folgenden in Bezug auf die Perspektivierung von Informationen im Text analysiere, vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 277 Deutsch Polnisch (17) Entscheidungen werden im Konsens getroffen und erneut zur Diskussion gestellt, falls jemand im Nachhinein sein Nicht-Einverständnis erklärt […]. (18) Zarządzeniem nr 019 Komendanta Głównego SG […] została podjęta decyzja o skróceniu na południu odcinka oddziału do linii rzeki Bug . ‚Mit dem Beschluss Nr. 019 des SG -Oberbefehlshabers […] wurde die Entscheidung zur Verkürzung im Süden des Abschnitts der Niederlassung bis zur Bug-Flusslinie getroffen.‘ Das deutsche Beispiel (17) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu „Cecosesola“ - einem Gewerkschaftsverbund in Venezuela, in dem „Entscheidungen […] im Konsens getroffen [werden]“. Das polnische Beispiel (18) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zur Grenzwache des Gebietes Podlaski ‚Podlaski Oddział Straży Granicznej‘, über die eine Entscheidung zur Verkürzung eines Niederlassungsabschnitts getroffen wurde. In den Beispielen (17) und (18) sind die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć/ podejmować decyzję im Passiv realisiert. Das deutsche Funktionsnomen Entscheidung steht im Vorfeld des Satzes und bildet in (17) das Subjekt zu den koordinierten Prädikaten treffen und stellen . Der Verursacher der Entscheidung ist im Passivsatz fakultativ (vgl. Skibicki 2016: 399 ff.; Huang 2017: 20 ff.), d. h. er / sie muss nicht genannt werden. Da Informationen im Deutschen durch die Stellung im Vorfeld als Hintergrundinformationen markiert werden können, kann die Entscheidung im Vorfeld des Satzes in (17) als Information mit weniger Gewichtung 335 im Vergleich mit den anderen Gliedern im Satz interpretiert werden (vgl. IDS -Grammatik 2019: Wortstellung im Vorfeld 336 ; s. dazu auch Kap. 4.2.4). Im Konsens steht im rechten Mittelfeld, wodurch markiert wird, dass es sich bei im Konsens um wichtige und neue Informationen im Text handelt (vgl. Schwarz-Fiesel/ Consten 2014: 105; Engel et al. 1999: 49; s. dazu auch Kap. 4.2.4). Demzufolge wird der Sachverhalt in (17) auf mehrfache Weise perspektiviert: Zum einen wird die Handlung Entscheidungen treffen im Passiv und ohne Verursacher der Handlung dargestellt. Zum anderen werden die Entscheidungen im Vorfeld als Hintergrundinformationen, im Konsens jedoch als Vordergrundinformation markiert. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: 335 Die Perspektivierung von Informationen kann auch mit der Gewichtung von Inhalten durch ihre Position im Satz einhergehen (vgl. z. B. Heine 2005: 166; Popadić 1971: 25). 336 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ progr@mm/ 5314 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 278 4. Analyse (17) a. Es wird im Konsens entschieden […]. Das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen wird mit dem Basisverb entscheiden ersetzt, wodurch die folgenden Veränderungen vorgenommen werden: Da es sich bei dem Original um einen Passivsatz handelt, in dem als Subjekt des Satzes das Funktionsnomen Entscheidung fungiert, muss das Funktionsnomen durch ein Platzhalter-Es ersetzt werden. Das Basisverb entscheiden steht in Paraphrase (17a) am Ende des Satzes als zweiter Teil des Verbalkomplexes in der rechten Satzklammer (vgl. Schwarz-Fiesel / Consten 2014: 105; Engel et al. 1999: 49). Da es sich bei der Entscheidungshandlung im Original jedoch um ein als Thema des Satzes markiertes Element handelt, weicht Paraphrase (17a) von der ursprünglichen Bedeutung des Satzes ab, die Paraphrase wird also weiter angepasst: (17) b. Entschieden wird im Konsens […]. Das Basisverb besetzt in Paraphrase (17b) die erste Position des Satzes, also wie das Funktionsnomen Entscheidungen im Original. Da es sich bei entscheiden jedoch um ein verbales Element handelt, ergeben sich in Paraphrase (17b) Veränderungen im Vergleich mit dem Original, die sich auf die Perspektivierung und die Gewichtung des Sachverhalts beziehen: Im Deutschen betonen Verben nämlich in Anfangsposition die zum Ausdruck gebrachte Handlung verstärkend, d. h. sie markieren eine Betonung oder den Kontrast einer Handlung (vgl. IDS -Grammatik 2019: Wortstellung im Vorfeld) 337 , wodurch die Entscheidungshandlung in (17b) an erster Stelle des Satzes als betonte Kontrasthandlung interpretiert werden kann im Sinne von ‚Entschieden wird im Konsens‘, aber ‚gearbeitet‘ wird beispielsweise ‚allein‘. Durch die Betonung von entschieden am Satzanfang ist die Entscheidungshandlung also als (ge)wichtiger zu interpretieren als der Konsens (vgl. Musan 2017). Durch die verbal ausgedrückte Entscheidungshandlung am Anfang des Satzes verändert sich demzufolge die Perspektive auf den Sachverhalt und die Bedeutung des Originals kann mit dem Basisverb nicht wiedergegeben werden. Im polnischen Beispiel 337 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ progr@mm/ 5314 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 279 (18) Zarządzeniem nr 019 Komendanta Głównego SG […] została podjęta decyzja o skróceniu na południu odcinka oddziału do linii rzeki Bug. ‚Mit dem Beschluss Nr. 019 des SG -Oberbefehlshabers […] wurde die Entscheidung zur Verkürzung im Süden des Abschnitts der Niederlassung bis zur Bug-Flusslinie getroffen.‘ ist das Funktionsverbgefüge podjąć decyzję ‚Entscheidung treffen‘ in die Passivkonstruktion została podjęta decyzja ‚wurde die Entscheidung getroffen‘ eingebettet, wodurch ausgedrückt wird, dass eine Entscheidung mit dem Beschluss des Oberbefehlshabers getroffen wurde. Durch die Verbindung von decyzja ‚Entscheidung’ und Zarządzeniem nr 019 Komendanta Głównego SG ‚Mit dem Beschluss Nr. 019 des SG -Oberbefehlshabers‘ wird der Oberbefehlshaber im Gegensatz zum deutschen Beispiel nicht in der Agensrolle als Verursacher der Entscheidung realisiert (vgl. von Polenz 1988: 170-172).) - es wird nicht direkt, sondern indirekt verbalisiert, dass der Oberbefehlshaber die Entscheidung getroffen hat, und der Oberbefehlshaber wird im Passivsatz nicht als direkter Verursacher der Entscheidung perspektiviert. Die Substitution mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (18) a. *Zarządzeniem nr 019 Komendanta Głównego SG […] zostało zdecydowane o skróceniu na południu odcinka oddziału do linii rzeki Bug. ‚Mit dem Beschluss Nr. 019 des SG -Oberbefehlshabers […] wurde zur Verkürzung im Süden des Abschnitts der Niederlassung bis zur Bug-Flusslinie entschieden.‘ Das Funktionsverbgefüge podjąć decyzję ‚Entscheidung treffen‘ wird mit dem perfektiven Basisverb zdecydować ersetzt, das in der Form zdecydowano ‚entschieden‘ passivfähig ist (vgl. Skibicki 2016: 368). Da sich das Prädikat im Original aus den Teilen została ‚wurde‘ und podjęta ‚getroffen‘ zusammensetzt, muss das Basisverb zdecydować ‚entscheiden‘ als zweiter Teil des komplexen Prädikats analog in die Passivkonstruktion in Form von zdecydowane ‚entschieden‘ eingesetzt werden, wodurch die Paraphrase ungrammatisch wird. Zwecks Grammatikalität der Paraphrase wird der Satz aus (18) weiter angepasst: 280 4. Analyse (18) b. ? Zarządzeniem nr 019 Komendanta Głównego SG […] zdecydowano o skróceniu na południu odcinka oddziału do linii rzeki Bug. ‚Mit dem Beschluss Nr. 019 des SG -Oberbefehlshabers […] entschied man sich über die Verkürzung im Süden des Abschnitts der Niederlassung bis zur Bug-Flusslinie entschieden.‘ In der Paraphrase (18b) wurde die ungrammatische Konstruktion zostało zdecydowane ‚wurde entschieden‘ durch zdecydowano ‚entschied man sich‘ ersetzt, sodass diese zweite Paraphrase in (18b) als grammatisch eingestuft werden kann. Im Vergleich mit dem Original (18) ergeben sich jedoch die folgenden Unterschiede: Die Konstruktionen in (18) została podjęta decyzja ‚wurde die Entscheidung getroffen‘ und (18b) zdecydowano ‚entschied man sich‘ stehen zwar im Passiv - der paraphrasierte Beleg in (18b) drückt jedoch eine unpersönliche Passivkonstruktion im Polnischen aus (vgl. Prenner 2019), die als markierte Form einzustufen ist. Durch diese unpersönliche Form könnte der Eindruck entstehen, es sollen Informationen gezielt nicht preisgegeben werden. Zudem ergeben sich semantische Schwierigkeiten in Bezug auf die präpositionale Erweiterung o skróceniu na południu odcinka oddziału do linii rzeki ‚zur Verkürzung im Süden des Abschnitts der Niederlassung bis zur Bug-Flusslinie‘, die in der Paraphrase (18b) nicht mehr eindeutig interpretierbar ist. Denn es kann sich um einen Entscheidungsprozess zum Thema Verkürzung des Abschnitts der Niederlassung handeln, dessen Resultat noch nicht bekannt ist, d. h. die Bedeutung der Paraphrase in (18b) verändert sich im Vergleich mich dem Original in (18). Funktionsnomen werden in Passivkonstruktionen zu fokussierten Subjekten, wodurch Handlungsverursacher ausgespart oder indirekt ausgedrückt werden und die Informationen im Text perspektiviert werden können. Die Substitution mit dem Basisverb zeigt, dass verbale Passivkonstruktionen mit entscheiden zwar möglich sind, sich aber im Vergleich mit dem Original Bedeutungsveränderungen ergeben. 4.2.3.4. Zusammenfassung Durch die Kombination von Funktionsnomen und anderen sprachlichen Einheiten können Sachverhalte unterschiedlich perspektiviert werden. Es entsteht eine textuelle Fokusverlagerung durch adjektivische Erweiterungen des Funktionsnomens. Dadurch werden sowohl subjektive Bewertungen von Informationen transportiert als auch die Eigenschaften von Fragen, Antworten und Entscheidungen fokussiert. Auf diese Weise ergeben sich funktionale Schnittmengen zur Textfunktion der Informationsanreicherung, denn die Funktionsnomen werden einerseits durch zusätzliche Informationen angereichert - diese 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 281 Informationen sind jedoch als wertend, d. h. perspektivierend aufzufassen. In Passivkonstruktionen werden Funktionsnomen zum Subjekt des Satzes und können ebenfalls der Fokusverlagerung unterliegen. Durch die reduzierte Valenzstruktur von Funktionsverbgefügen können Aktanten eingespart werden. Aussagen werden dadurch unspezifisch und Sachverhalte können verallgemeinert werden. Partizipiale Erweiterung von Funktionsnomen perspektivieren Informationen im Text, indem sie Inhalte resultatsorientiert zusammenfassen. Zusätzlich finden sich in der Umgebung von Fragen negativ konnotierte und metaphorische Begriffe, durch die Bedrohung ausgedrückt wird und wodurch unterschiedliche Machtverhältnisse antizipiert werden. Die Substitution mit dem Basisverb verändert die Bedeutung und die Perspektive auf den Sachverhalt. Im Folgenden Abschnitt liegt der Fokus auf der Gewichtung von Informationen im Text. 4.2.4. Informationsgewichtung Die Informationsgewichtung beschreibt eine Textfunktion, bei der Informationen im Text durch die unterschiedliche Abfolge der Glieder im Satz gewichtet werden können (vgl. Popadić 1971: 32; Daniels 1963: 226; Hinderdael 1985: 28; IDS -Grammatik 2019: Wortstellung und Informationsstruktur) 338 . Sprachliche Elemente können durch ihre Position im Satz als bekannt markiert werden und in den Informationshintergrund gelangen, während andere Inhalte als wesentliche Informationen im Informationsvordergrund gekennzeichnet werden (vgl. IDS -Grammatik 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 339 ; Engel et al. 1999: 51 f.; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 105; Musan 2017; s. Kap. 3.3). Sowohl für das Deutsche als auch für das Polnische wird angenommen, dass sich wesentliche, rhematische Informationen im rechten Teil des Satzes befinden. Informationen mit geringem Informationsgehalt, also thematische Informationen, werden am Satzanfang realisiert (vgl. Engel et al. 1999: 49; s. Kap. 1.3; 4.2.4). Um die Position der Funktionsnomen zu bestimmen, wurden die exportierten Sätze in Felder geteilt (vgl. Engel et al. 1999, Skibicki 2006, Wöllstein 2014). Da das Polnische als stark flektierende Sprache eine freiere Wortstellung im Satz aufweist als das Deutsche mit fester Verbstellung (vgl. Skibicki 2016, Engel et al. 1999, Meibauer et al. 2015: 142; Jäger 2018), unterscheiden sich die Feldstrukturen voneinander: Der deutsche Satz lässt sich in Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld sowie die rechte und die linke Satzlammer einteilen (vgl. Wöllstein 2014), wo- 338 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (Letzter Zugriff: 11.03. 2019). 339 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (Letzter Zugriff: 11.03. 2019). 282 4. Analyse bei die linke und die rechte Klammer 340 vorwiegend für Elemente des Verbalkomplexes reserviert ist. Der polnische Satz lässt sich in ein linkes und rechtes sowie ein Feld für den Verbalkomplex gliedern (vgl. Engel et al. 1999: 51 f.). In Bezug auf Funktionsverbgefüge, die aus einem nominalen und einem verbalen Teil bestehen, bedeutet das, dass die deutschen Funktionsnomen im Vorfeld, im Mittelfeld und im Nachfeld stehen können; im Polnischen können Funktionsnomen im linken oder rechten Feld stehen (vgl. Engel et al. 1999: 49 f./ 495). Da sich die Feldstrukturen sowie die möglichen Positionen der Funktionsnomen voneinander unterscheiden, werden die Vergleichssprachen in Bezug auf die Gewichtung von Informationen nacheinander analysiert. Im Folgenden gehe ich auf die Ergebnisse zu den Funktionsverbgefüge-Paarungen Frage stellen - zada(wa)ć pytanie , Antwort geben - da(wa)ć odpowiedź sowie Entscheidung treffen - podjąć / podejmować decyzję ein. 4.2.4.1 Frage stellen Funktionsnomen können verschiedene Positionen im Satz besetzen, die in der vorliegenden Arbeit mithilfe des topologischen Feldermodells erfasst wurden. Die quantitative Analyse der Position des Funktionsverbgefüges Frage stellen ergibt, dass das Funktionsnomen Frage am häufigsten im Mittelfeld realisiert wird (63,36 %; s. Kap. 4.1.1.3), vgl. die folgenden Belege (Hervorhebung S. K.): Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (19) Lesch […] stellt dem Theologen Schwartz Fragen. (20) Dabei stellt ein Mensch per Terminal beliebige Fragen an einen anderen Menschen […]. In (19) und (20) wird das Funktionsnomen Frage im Mittelfeld des Satzes realisiert. Die Belege (19) und (20) unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die Position des Funktionsnomens voneinander: In (19) steht Frage am Ende des Mittelfeldes, in (20) in der Mitte, wodurch die Informationen im Mittelfeld unterschiedlich gewichtet werden. Konstituenten im mittleren und rechten Teil des Satzes weisen einen hohen Informationsgehalt auf, wobei sich der Gehalt 340 In der linken Klammer können auch Konjunktionen vorkommen, die Nebensätze einleiten, wie z. B. dass sie endlich gegangen sind ; in der rechten Klammer können z. B. auch Verbpartikeln vorkommen, die Inhalte im Mittelfeld umklammern, z. B. in Sie machen die Tür auf (vgl. Wöllstein 2014: 37). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 283 von Informationen graduell nach rechts verlagert. In der IDS -Grammatik werden Konstituenten im rechten Satzteil, d. h. im mittleren und rechten Mittelfeld als Vordergrundinformation 341 klassifiziert (vgl. grammis 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 342 ). Um die Position der Funktionsnomen im Mittelfeld genauer zu bestimmen, wurde das Mittelfeld für die Untersuchung von kommunikativen Leistungen von Funktionsverbgefügen weiter unterteilt in linken Innenrand, Mittelteil und rechten Innenrand (vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes) 343 . Der linke Innenrand bildet dabei eine unbetonte Stelle im Mittelfeld, an der sich häufig beispielsweise Pronomen (vgl. z. B. Wöllstein 2014, Engel et al. 1999: 51) befinden können. Frage besetzt lediglich in 6,47% der Treffer den linken Innenrand des Mittelfeldes. Der Mittelteil (20,26 %) sowie der rechte Innenrand (36,64 %) werden dagegen deutlich häufiger vom Funktionsnomen besetzt. Die Beispiele (19) und (20) bilden die häufigsten Positionen des Funktionsnomens Frage ab: VF LK Mittelfeld RK NF linker Innenrand Mittelteil rechter Innenrand (19) dem Theologen Schwartz Fragen. (20) ein Mensch per Terminal beliebige Fragen an einen anderen Menschen […] Den rechten Innenrand des Mittelfeldes besetzen in (19) Fragen und in (20) an einen anderen Menschen , wodurch diese Informationen als Vordergrundinformation interpretiert werden können (vgl. grammis 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 344 ). Ich paraphrasiere die Belege und gehe anschließend auf die Veränderungen im Vergleich mit dem Original ein: 341 „Hintergrund und Vordergrund sind Elemente der Informationsstruktur, also der Strukturierung von Sätzen oder Satzabschnitten unter kommunikativem Aspekt. Im Hintergrund greift der Sprecher / Autor Informationen auf, die schon in der Kommunikation bzw. im Vortext eingeführt sind oder zum Weltwissen der Kommunikationsbeteiligten gehören. In den Vordergrund werden neue oder besonders wichtige Teile der Information gestellt.“ (grammis online 2019: Terminologisches Wörterbuch, Hintergrund; https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4467; letzter Zugriff: 22. 06. 2019). 342 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 343 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 344 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 284 4. Analyse Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (19a) Lesch […] fragt den Theologen Schwartz. (20a) Dabei fragt ein Mensch per Terminal einen anderen Menschen beliebige Dinge[…], ohne dabei zu wissen, wer jeweils antwortet. Durch die Substitution mit dem Basisverb verlagert sich die Fragehandlung in (19a) und (20a) vom Mittelfeld in die linke Klammer. In den Mittelfeldern von (19a) und (20a) befinden sich nur noch den Theologen Schwartz und ein Mensch per Terminal einen anderen Menschen beliebinge Dinge , wodurch sich die Informationsstruktur im Mittelfeld verändert: VF LK Mittelfeld RK NF linker Innenrand Mittelteil rechter Innenrand (19a) fragt den Theologen Schwartz. (20a) fragt ein Mensch per Terminal einen anderen Menschen […] beliebige Dinge Den rechten Innenrand besetzen in (19a) und (20a) die Konstituenten Schwartz und beliebige Dinge, d. h. dass nicht mehr Fragen (19) und an einen anderen Menschen (20) die Informationen mit dem größten Informationsgehalt bilden, sondern Schwartz und beliebige Dinge, wodurch die Glieder anders gewichtet werden als im Original (vgl. Seifert 2004: 197; s. Kap. 4.2.3). Das Funktionsnomen Frage besetzt im Mittelfeld am häufigsten den Mittelteil und den rechten Innenrand, wodurch Fragen als wesentliche Informationen im Satz markiert werden. Durch die Substitution mit dem Basisverb gelangen andere Konstituenten in den rechten Satzteil und in den Informationsvordergrund. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsgewichtung im Polnischen ein. 4.2.4.2 zada(wa)ć pytanie Funktionsnomen können im Polnischen an unterschiedlichen Positionen im Satz vorkommen, die in einer Felderanalyse erfasst wurden. Das Funktionsnomen pytanie besetzt am häufigsten das rechte Feld des Satzes (85,74 %), vgl. die folgenden Belege aus dem polnischen Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 285 Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld (21) Podczas wieczerzy młody rycerz […] nie zadał, ku zmartwieniu wszystkich obecnych, żadnych pytań. ‚Während des Abendessens stellte der junge Ritter […]zur Sorge aller Anwesenden keine Fragen.‘ (22) […] by zadać Jezusowi retoryczne pytania o sens jego ofiary […]. ‚[…] um zu stellen Jesus rhetorische Fragen über den Sinn seines Opfers […].‘ In (21) geht es in der Geschichte des heiligen Grals um eine Situation beim Abendessen, in der der junge Ritter entgegen der Erwartungen der Anwesenden keine Fragen stellt. In (22) handelt die Textpassage von einer Szene im Film „Jesus Christ Superstar“, in der Judas Jesus aufsucht und ihm rhetorische Fragen über den Sinn seines Opfers stellt . In den Beispielen (21) und (22) stehen die Funktionsnomen pytań und pytania ‚Fragen‘ im rechten Feld des Satzes, was sich in der deutschen Übersetzung zu (21) darstellen lässt. Die Übersetzung zu Beispiel (22) ist jedoch eine wörtliche Übersetzung und gibt den Inhalt der einzelnen Felder wieder. Sinngemäß bedeutet (22) ‚[…] um Jesus rhetorische Fragen über den Sinn seines Opfers zu stellen‘. Der Substitutionstest mit dem Basisverb der Belege (21) und (22) ergibt die folgenden Paraphrasen: Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld (21a) Podczas wieczerzy młody rycerz […] nie zapytał, nikogo o nic, ku zmartwieniu wszystkich obecnych. ‚Während des Abendessens fragte der junge Ritter […] zur Sorge aller Anwesenden nichts.‘ (22a) […] by zapytać Jezusa retorycznie o sens jego ofiary […]. ‚[…] um zu fragen Jesus rhetorisch über den Sinn seines Opfers […].‘ In (21a) und (22a) besetzen die Basisverben zapytał und zapytać ‚fragen‘ das Feld für den Verbalkomplex im Polnischen, d. h. die im Original vom Nomen des Gefüges ausgedrückte Handlung steht nicht mehr im rechten Feld des Sat- 286 4. Analyse zes, sondern weiter links im Satz. Für die Untersuchung von kommunikativen Leistungen von Funktionsverbgefügen wurde das rechte Feld weiter unterteilt in linken und rechten Rand sowie den Mittelteil (vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 345 ). Pytanie besetzt den linken Rand des rechten Feldes in 16,97 % der Treffer, den Mittelteil in 15,70 % und den rechten Rand in 52,35 %. Die Beispiele (21) und (22) bilden die häufigsten Positionen des Funktionsnomens pytanie ab: Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld linker Rand Mittelteil rechter Rand (21) zadał ku zmartwieniu wszystkich obecnych, żadnych pytań. ‚stellte der junge Ritter […] zur Sorge aller Anwesenden keine Fragen.‘ (22) zadać Jezusowi retoryczne pytania o sens jego ofiary […]. zu stellen Jesus rhetorische Fragen über den Sinn seines Opfers […]. In (21) steht das Funktionsnomen żadnych pytań ‚keine Fragen‘ am rechten Rand des rechten Feldes und bildet damit das Satzende. In Beispiel (22) werden retoryczne pytania ‚rhetorische Fragen‘ im Mittelteil des rechten Feldes realisiert, wodurch die Präpositionalphrase o sens jego ofiary ‚über den Sinn seines Opfers‘ 346 am Satzende steht. Betrachtet man die Paraphrasen der Beispiele (21a) und (22a) in Bezug auf die Glieder im rechten Feld, so ergibt sich die folgende Aufteilung: 345 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 346 Im Originalbeleg im Korpus ist dieses Präpositionalobjekt mit einem weiteren koordiniert, welches aus Platzgründen entfernt wurde. 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 287 Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld linker Rand Mittelteil rechter Rand (21a) zapytał nikogo o nic ku zmartwieniu wszystkich obecnych. ‚fragte niemanden nichts zur Sorge aller Anwesenden.‘ (22a) zapytać Jezusa retorycznie o sens jego ofiary czy o sens […]. ‚zu fragen Jesus rhetorisch über den Sinn seines Opfers […].‘ In (21a) und (22a) verschiebt sich die Fragehandlung durch die Substitution mit dem Basisverb in das Feld für den Verbalkomplex nach links im Satz. Im Original besetzen die Funktionsnomen den Mittelteil bzw. den rechten Rand des rechten Feldes, wodurch die Fragen als Vordergrundinformation markiert werden, also als wesentliche Information im Satz (vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 347 ; Engel et al. 1999: 51 f.). Durch die Substitution mit dem Basisverb verändert sich also nicht nur die Wortstellung im rechten Feld, sondern auch die Gewichtung der sprachlichen Elemente. Denn im Original ist die Information, dass der Ritter keine Fragen gestellt hat, die wesentliche Information, während in (21a) ku zmartwieniu wszystkich obecnych ‚zur Sorge aller Anwesenden‘ in den Informationsvordergrund gelangt (vgl. Engel et al. 1999: 50 f.), d. h. die Information zu den Sorgen der Anwesenden ist in der Paraphrase die wichtigste. Die Funktionsnomen Frage und pytanie können im linken und im rechten Teil des Satzes stehen, besetzen sowohl im Deutschen als auch im Polnischen den rechten Teil des Satzes, wodurch Fragen als Vordergrundinformationen im Satz markiert werden. Durch die Substitution mit dem Basisverb gelangen andere Konstituenten in den rechten Satzteil und in den Informationsvordergrund. Im Folgenden gehe ich auf die Möglichkeiten zur Informationsgewichtung durch Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ein. 347 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 288 4. Analyse 4.2.4.3 Antwort geben Funktionsnomen können verschiedene Positionen im Satz besetzen, die in der vorliegenden Arbeit mithilfe des topologischen Feldermodells erfasst wurden. Die quantitative Analyse der Position des Funktionsverbgefüges Antwort geben ergibt, dass es am häufigsten im Mittelfeld realisiert wird (60,56 %; s. Kap. 4.1), vgl. das folgende Beispiel (Hervorhebung S. K.): Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (23) Befragt zur Ähnlichkeit zwischen Autor und Figur gab er jedoch ganz unterschiedliche Antworten. In (23) handelt das Beispiel von einer Frage nach dem Verhältnis des Schriftstellers Georges Simenon zu seiner literarischen Figur Jules Maigret, die in einer Vielzahl von Simenons Romanen der Protagonist ist. Bei dem Satz in (23) handelt es sich um ein Satzgefüge, das aus dem Partizipialsatz Befragt zur Ähnlichkeit zwischen Autor und Figur und dem V2-Aussagesatz gab er jedoch ganz unterschiedliche Antworten (vgl. Musan 2013) besteht, wobei der Partizipialsatz das Vorfeld besetzt; alle anderen Satzglieder außer dem Prädikat besetzen das Mittelfeld (vgl. Wöllstein 2014). Das Funktionsnomen Antwort steht im Mittelfeld des Satzes am Satzende. Eine derartige Positionierung des Nomens an letzter Stelle, wie in diesem Beispiel (23), hat für die Gewichtung von Informationen eine besondere Funktion: Da im Mittelfeld viele (auch sehr komplexe) Konstituenten vorkommen können, wird das Mittelfeld weiter unterteilt, und zwar in linken Innenrand, den Mittelteil und den rechten Innenrand (vgl. grammis 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 348 ; s. Kap. 4.2.4.1). In Bezug auf Beispiel (23) sieht eine weitere Unterteilung nach den Mittelfeldpositionen wie folgt aus: VF LK Mittelfeld RK NF linker Innenrand Mittelteil rechter Innenrand (23) er jedoch ganz unterschiedliche Antworten 348 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 289 Die Endstellung im Mittelfeld, d. h. am rechten Innenrand, markiert sprachliche Einheiten als Vordergrundinformation. In Bezug auf das Funktionsverbgefüge Antwort geben ist die Besetzung des rechten Innenrands durch das Funktionsnomen Antwort die häufigste Position der Nominalphrase dieses Funktionsverbgefüges: In 35,56 % der Treffer steht Antwort als Funktionsnomen am Satzende am rechten Innenrand des Mittelfeldes, d. h. in Bezug auf die Gewichtung der Informationen gehört das Funktionsnomen Antwort häufig zur Vordergrundinformation des Satzes. Die Nominalphrase ganz unterschiedliche Antworten ist in (23) als wichtige und rhematische Information zu interpretieren (vgl. Engel et al. 1999: 49; s. Kap. 1.3; 4.2.4), d. h. es ist in dieser Äußerung wesentlich, dass der Autor Georges Simenon auf die Frage nach seiner Ähnlichkeit zu seiner Romanfigur Maigret unterschiedliche Antworten gibt. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (23a) Befragt zur Ähnlichkeit zwischen Autor und Figur antwortet er jedoch ganz unterschiedlich. In Paraphrase (23a) wird das Funktionsverbgefüge Antwort geben mit dem Basisverb antworten ersetzt und die Nominalphrase aus dem Original ganz unterschiedliche Antworten wird aufgelöst. Im Unterschied zum Original bezieht sich das adverbial verwendete Adjektiv unterschiedlich in der Paraphrase auf antworten , d. h. auf die vom Verb ausgedrückte Antworthandlung. In Bezug auf adjektivische Erweiterungen des Funktionsnomens habe ich bereits im Kapitel zur Informationsanreicherung (s. Kap. 4.2.1.2) gezeigt, wie sich die (Satz-)Bedeutung je nach Verwendung eines Adjektivs in attributiver oder adverbialer Funktion verändern kann: Da unterschiedlich antworten auf zwei Arten interpretiert werden kann - nämlich einerseits in Bezug auf den Inhalt der Antworten und andererseits auf die Art der Realisierung der Antwort -, kann die Paraphrase als mehrdeutig eingestuft werden. Da unterschiedlich sowohl in attributiver als auch in adverbialer Funktion verwendet werden kann, gelingt die Paraphrase und der Satz ist als wohlgeformt einzustufen. Trotz der gelungenen Paraphrase sind im Vergleich mit dem Original die folgenden Veränderungen festzustellen: Im Original wird erstens durch die Nominalphrase ganz unterschiedliche Antworten ausgedrückt, dass es sich um mehrere unterschiedliche Antworten handelt, d.h. die Antworten stehen im Plural. Durch den fehlenden Plural in der 290 4. Analyse Paraphrase kann antwortet auch als einmalige Antworthandlung interpretiert werden. Und zweitens besetzt das Funktionsnomen Antworten die letzte Stelle im Satz, d.h. hinsichtlich der Thema-Rhema-Gliederung sind die Antworten in (23) Träger rhematischer, d. h. wesentlicher und neuer (Vordergrund-)Information (vgl. grammis 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 349 ; s. Kap. 1.3; 4.2.4). Durch die Substitution mit dem Basisverb verschiebt sich die vorher nominal ausgedrückte Antworthandlung von der letzten auf die zweite Stelle im Satz und besetzt mit dem Verb antwortet die zweite Position des Satzes in der linken Klammer (vgl. Wöllstein 2014; Ágel 2017: 70 / 75). Die zum Modaladverbial umgewandelte Konstituente ganz unterschiedlich steht in der Paraphrase (23a) an letzter Stelle des Satzes, d. h. das Adverbial ganz unterschiedlich bildet in der Paraphrase das Rhema des Satzes, wodurch zwar markiert wird, dass ganz unterschiedlich zur Vordergrundinformation gehört, es wird jedoch offen gelassen, auf welche Lesart sich das Adverbial ganz unterschiedlich antworten bezieht - d. h. inhaltlich oder formal unterschiedlich. Die Unterschiede im Vergleich von Original und Paraphrase manifestieren sich demzufolge auf verschiedenen Ebenen: Zum einen entsteht in der Paraphrase eine Ambiguität in Bezug auf die Realisierung der Antworthandlung, d. h. ist die Antworthandlung formal oder inhaltlich unterschiedlich. Weiter unterscheidet sich die Paraphrase vom Original in Bezug auf die Gewichtung der einzelnen Glieder: Im Original sind die Antworten durch die Endstellung besonders betont, in der Paraphrase wird das Adverbial ganz unterschiedlich als rhematisch markiert (s. Kap. 1.3; 4.2.4). Und schließlich fehlt in der Paraphrase der Ausdruck der mehrfachen Antworthandlung, die vorher mit dem Funktionsnomen Antworten im Plural ausgedrückt wurde, sodass es sich auch um eine einzige Antworthandlung des Autors handeln kann, in der er ganz unterschiedlich antwortet und ganz unterschiedlich die wichtigste Information im Satz darstellt. Die Paraphrase mit dem Basisverb zeigt, dass in der verbalen Konstruktion andere Inhalte transportiert werden als mit dem Funktionsverbgefüge. Weiter ist in den Treffern in Bezug auf das Funktionsverbgefüge Antwort geben auffällig, dass das Gefüge häufig im Nachfeld realisiert wird: in 25 % der Treffer steht Antwort geben in einem Nebensatz im Nachfeld und in 53,33 % der Nachfeldbesetzungen ist das Gefüge in einen Infinitivsatz integriert, siehe das folgende Beispiel aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): 349 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 291 Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (24) Das Ayn Rand Institute […] betreibt ein Online-Lexikon, das versucht, Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu geben. In Beispiel (24) wird an den Hauptsatz Das Ayn Rand Insitute […] betreibt ein Online-Lexikon das Nebensatzgefüge das versucht, Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu geben angeschlossen, in dem das Funktionsverbgefüge Antwort geben realisiert wird. Kontextuell ist das Funktionsverbgefüge Antwort geben in diesem Beispiel in einen Versuch eingebettet, der durch das Prädikat des Relativsatzes versucht ausgedrückt wird. Der Hauptsatz Das Ayn Rand Insitute […] betreibt ein Online-Lexikon besetzt im topologischen Feldermodell das Vorfeld, die linke Klammer und das Mittelfeld (vgl. Wöllstein 2014, Ágel 2017: 70 / 75). Weil der Hauptsatz ein einfaches und kein komplexes Prädikat aufweist, bleibt die rechte Klammer in diesem Beleg unbesetzt und das Nebensatzgefüge steht im Nachfeld (vgl. Wöllstein 2014). Da sowohl Relativals auch Infinitivsätze andere Felder, wie z. B. das Vorfeld oder das Mittelfeld, besetzen können (vgl. Wöllstein 2014), kann in diesem Beispiel mit den Nebensätzen im Nachfeld in Bezug auf die Informationsstruktur interpretiert werden, dass es sich um wesentliche Informationen im Satz handelt, d. h. dass das Online-Lexikon versucht, Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu geben gehört zur Vordergrundinformation des Satzes. Um die Informationsstruktur in den Nebensätzen zu bestimmen, wird im Folgenden die topologische Struktur der Nebensätze ermittelt: Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld das versucht, Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu geben. Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu geben. 292 4. Analyse Der Relativsatze das versucht, Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu geben kann wie folgt analysiert werden: Das Relativpronomen das besetzt im topologischen Feldermodell nach Wöllstein (2014) das Vorfeld, der angeschlossene Infinitivsatz steht im Nachfeld (vgl. Wöllstein 2014). Die Analyse des Infinitivsatzes Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu geben zeigt schließlich, dass die Konstituenten Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen das Mittelfeld und zu geben die rechte Klammer besetzen. Die Strukturanalyse des Infinitivsatzes legt offen, dass der Infinitivsatz im gesamten Satzgefüge von Haupt- und Nebensätzen zwar das Nachfeld besetzt. Die weitere Analyse zeigt jedoch, dass das Funktionsnomen Antworten sowie die Ergänzung auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen das Mittelfeld des Satzes besetzen. Wie ich in diesem Abschnitt bereits verdeutlicht habe, lässt sich das Mittelfeld weiter aufteilen, nämlich in linken Innenrand, Mittelteil und rechten Innenrand (vgl. grammis 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 350 ; s. Kap. 3.3). Wesentlich ist die Aufteilung des Mittelfeldes in Bezug auf die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Informationsgewichtung durch die Wortstellung im Mittelfeld, d. h. je nach Position der Konstituenten im Mittelfeld können einzelnen Glieder stärker betont werden als andere, die dadurch in den Hintergrund 351 geraten (vgl. grammis 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 352 ; Informationsstruktur des Mittelfeldes 353 ). Demnach besetzt das Funktionsnomen Antwort in (24) den Mittelteil des Mittelfeldes (vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 354 ). Die Position des linken Innenrandes bleibt unbesetzt, denn es könnte in dieser Konstruktion durch eine Dativergänzung (K Dat ) zu Antwort geben besetzt sein, d. h. ihm / ihr Antworten auf nahezu alle […] Fragen geben (vgl. Fabricius-Hansen 2006; s. Kap. 3.2.1.1.2), vgl. die folgende Analyse: 350 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 351 „Hintergrund und Vordergrund sind Elemente der Informationsstruktur, also der Strukturierung von Sätzen oder Satzabschnitten unter kommunikativem Aspekt. Im Hintergrund greift der Sprecher / Autor Informationen auf, die schon in der Kommunikation bzw. im Vortext eingeführt sind oder zum Weltwissen der Kommunikationsbeteiligten gehören. In den Vordergrund werden neue oder besonders wichtige Teile der Information gestellt.“ (grammis online 2019: Terminologisches Wörterbuch, Hintergrund; https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4467; letzter Zugriff: 22. 06. 2019). 352 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 353 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 354 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 293 VF LK Mittelfeld RK NF linker Innenrand Mittelteil rechter Innenrand (24) (K Dat ) Antworten auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen Die Antworten im Mittelteil des Mittelfelds können zum einen als wesentliche Informationen im Satz interpretiert werden. Zum anderen können Konstituenten im Mittelteil durch einen Gewichtungsakzent intonatorisch besonders betont werden (vgl. vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes) 355 : Das Funktionsnomen Antworten kann zudem also auch durch einen Betonungsakzent auf der ersten Silbe ANT worten betont werden. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (24a) Das Ayn Rand Institute […] betreibt ein Online-Lexikon, das versucht, auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu antworten. Das Funktionsverbgefüge Antwort geben wird durch das Basisverb antworten ersetzt. Da sowohl das Basisverb antworten als auch das Funktionsverbgefüge Antwort geben eine auf- Präpositionalphrase im Satzbauplan vorsieht (vgl. Ágel 2017: 156; Fabricius-Hansen 2006; s. Kap. 3.2.1.1.2), kann die auf- Phrase mit beiden Konstruktionstypen realisiert werden und die Paraphrase ist als grammatisch einzustufen. Wie ich bereits im Abschnitt zur Informationsverdichtung (s. Kap. 4.2.2.2) am Beispiel von Antwort geben gezeigt habe, kann es bei der Substitution des Gefüges zu semantischen Inkompatibilitäten kommen, wenn der Satz ein unbelebtes Subjekt aufweist. Da das Online-Lexikon sowohl im Relativsatz als auch im Infinitivsatz das Subjekt darstellt, entsteht durch die Substitution mit dem Basisverb in (24a) die Verbindung das Online-Lexikon versucht, auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu antworten , d. h. das unbelebte Lexikon ist in der Paraphrase fähig, auf Fragen zu antworten, und das Lexikon wird in der Paraphrase personifiziert (vgl. Daniels 1963: 218; Bonnet 2000). Weitere Veränderungen im Vergleich von Original und Paraphrase ergeben sich in Bezug auf die veränderte Stellung der Antworthandlung im Satz, auf 355 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 294 4. Analyse die ich nun anhand der folgenden Analyse mit dem Fokus auf dem Infinitivsatz eingehe: Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (24a) auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu antworten. Die Analyse des Infinitivsatzes im topologischen Feldermodell ergibt, dass die Präpositionalphrase auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen alleine das Mittelfeld besetzt; in der rechten Klammer wird die zu- Konstruktion mit dem Basisverb antworten realisiert (vgl. Wöllstein 2014; grammis 2019: rechte Satzklammer 356 ). Im Vergleich von Original und Paraphrase fehlt in (24a) nun die Antworthandlung im Mittelfeld und wird erst in der rechten Klammer durch zu antworten verbalisiert, wodurch sich Veränderungen in Bezug auf die Gewichtung der Glieder ergeben: Im Original mit den Antworten im Mittelteil des Mittelfeldes werden diese durch diese Positionierung hervorgehoben, betont und als wesentliche Information markiert. In der Paraphrase kann das Prädikat des Infinitivsatzes zu antworten ebenfalls entsprechend intonatorisch hervorgehoben werden, z. B. das versucht, auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu ANT worten ; durch eine derartige Intonation am Satzende würde sich jedoch die Bedeutung des Satzes weiter verändern, nämlich hin zu einer kontrastierenden Gegenüberstellung (vgl. grammis 2019: Wortstellung und Akzentuierung 357 ), wie z. B. das versucht, auf nahezu alle gesellschaftspolitischen Fragen zu ANTworten und nicht zu schweigen . Wenn der Gewichtungsakzent im Original auf Antwort im Mittelfeld liegt, dann kann diese Gewichtung durch die Betonung des Basisverbs antworten in der rechten Klammer nicht in derselben Bedeutung realisiert werden. Eine derartige Akzentuierung von antworten kann demzufolge zu zusätzlichen suprasegmentalen Veränderungen führen, die die Bedeutung des Satzes sowie deren Interpretation beeinflussen. 356 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ terminologie/ 1249 (letzter Zugriff: 04. 04. 2019). 357 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4468 (letzter Zugriff: 04. 04. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 295 4.2.4.4 da(wa)ć odpowiedź Das Funktionsnomen odpowiedź ‚Antwort‘ kann im Polnischen an unterschiedlichen Positionen im Satz stehen, die in der vorliegenden Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang durch die Einteilung der Sätze in Felder erfasst wurde. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass das polnische Funktionsnomen odpowiedź ‚Antwort‘ die Tendenz zur Rechtspositionierung aufweist: In 95,91 % der Treffer wird das Funktionsnomen odpowiedź im rechten Feld realisiert. Im Abschnitt zur Informationsgewichtung in Bezug auf das deutsche Funktionsverbgefüge Antwort geben habe ich gezeigt, dass sich die topologischen Felder weiter unterteilen lassen (vgl. vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 358 ). Um die Position des Funktionsnomens genau zu bestimmen, übernehme ich diese Einteilung für den polnischen Satz. Nach der Dreiteilung des rechten Feldes im Polnischen in linken Rand, Mittelteil und rechten Rand ergibt die Positionsanalyse von odpowiedź ‚Antwort‘, dass das Funktionsnomen meist am rechten Rand des rechten Feldes realisiert wird, nämlich in 43,64 % der Treffer, vgl. die folgenden Belegbeispiele aus dem polnischen Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld (25) Pozostali dali pozytywną odpowiedź. ‚Die anderen gaben eine positive Antwort.‘ Das Funktionsnomen odpowiedź steht in Beleg (25) im rechten Feld am Ende des Satzes, wodurch diese Information als wesentlich und rhematisch markiert wird (vgl. Engel et al. 1999: 50), d. h. die positive Antwort der anderen stellt die neue und wichtige Information im Satz dar. Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld (25a) Pozostali odpowiedzieli pozytywnie. ‚Die anderen antworteten positiv.‘ Das Funktionsverbgefüge dać odpowiedź ‚Antwort geben‘ wird in Paraphrase (25a) mit dem Basisverb odpowiedzieć ‚antworten‘ ersetzt, wodurch die im Original adjektivisch erweiterte Nominalphrase pozytywną odpowiedź ‚eine positive Antwort‘ aufgelöst werden muss. Da das Adjektiv pozytywny ‚positiv‘ sowohl im Polnischen als auch im Deutschen nicht nur attributiv, sondern auch adver- 358 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 296 4. Analyse bial verwendet werden kann, gelingt die Paraphrase und kann als grammatisch eingestuft werden. Wie ich bereits im Abschnitt zur Informationsanreicherung (s. Kap. 4.2.1.2) durch Adjektive in Verbindung mit Antwort geben gezeigt habe, kommt es bei der Substitution von adjektivisch erweiterten Funktionsnomen mit dem Basisverb zu Bedeutungsveränderungen, die aus der veränderten Relation der attributiv bzw. adverbial verwendeten Glieder resultieren (s. Kap. 4.2.1.2). In Paraphrase (25a) ist eine derartige Bedeutungsveränderung ebenfalls festzustellen, da sich pozytywnie ‚positiv‘ in adverbialer Satzgliedfunktion auf die vom Verb ausgedrückte Antworthandlung bezieht, d.h. die Art der Realisierung der Antwort ist positiv und nicht wie im Original das Resultat der Handlung, wodurch sich einerseits die Bedeutung des Satzes im Vergleich mit dem Original verändert und der Sachverhalt andererseits auch anders perspektiviert wird (s. Kap. 4.2.3). Weitere Unterschiede im Vergleich von Original und Paraphrase beziehen sich auf die veränderte Wortstellung und die damit zusammenhängende Informationsstrukturierung in Bezug auf die Einteilung nach Vorder- und Hintergrundinformationen bzw. die Thema-Rhema-Gliederung (vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 359 ; s. Kap. 1.3; 4.2.4): Durch die Substitution mit dem Basisverb steht die Antworthandlung in der Paraphrase an einer früheren Position im Satz, nämlich im Feld für den Verbalkomplex, d. h. die vom Nomen ausgedrückte und rhematische Antworthandlung im Original, verschiebt sich in der Paraphrase als Verbalkomplex auf die Position nach dem Subjekt des Satzes. Das Satzende bildet in der Paraphrase das Adverbial pozytywnie ‚positiv‘, das durch Endstellung als Vordergrundinformation markiert wird, d. h. die wichtigste Information bezieht sich in der Paraphrase darauf, dass die Handlung auf eine positive Weise ausgeführt wurde: Im Vergleich mit dem Original entstehen auf diese Weise Unterschiede sowohl in Bezug auf die Bedeutung als auch auf die Gewichtung der Informationen im Satz. Weiter auffällig ist in Bezug auf das polnische Funktionsverbgefüge da(wa)ć odpowiedź in den untersuchten Treffern aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus, dass das Funktionsnomen odpowiedź häufig, d. h. in 36,36 % der Treffer, direkt nach dem Funktionsverb da(wa)ć realisiert wird, vgl. das folgende Belegbeispiel aus dem Korpus (Hervorhebung S. K.): 359 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 297 Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld (26) Wydarzenie […] miało dać odpowiedź na pytanie, czy rywalizujący z Liwni Sza’ul Mofaz będzie w stanie zebrać swoich zwolenników. Das Ereignis […] sollte eine Antwort auf die Frage geben, ob der Rivale aus Liwa Sza’ul Mofaz seine Anhänger zusammenbringen […] kann. Im polnischen Beispiel besteht der Verbalkomplex aus dem Modalverb miało ‚sollte‘ sowie dem Funktionsverb dać ‚geben‘. Die beiden Prädikatsteile stehen im Feld für den Verbalkomplex; das Funktionsnomen odpowiedź ‚Antwort‘ wird im rechten Feld positioniert und mit der Präpositivergänzung na pytanie ‚auf die Frage‘ verknüpft, die wiederum um den indirekten Fragesatz czy rywalizujący z Liwni Sza’ul Mofaz będzie w stanie zebrać swoich zwolenników ‚ob der Rivale aus Liwa Sza’ul Mofaz seine Anhänger zusammenbringen […] kann‘ erweitert wird, d. h. die Frage in der Präpositivergänzung wird näher bestimmt und erläutert, wodurch die Informationen im Text verdichtet werden (s. Kap. 4.2.2.2). In (26) besetzt das Funktionsnomen odpowiedź ‚Antwort‘ die Stelle direkt nach dem Verbalkomplex, d.h. die Position im polnischen Satz, die die geringste Gewichtung aufweist (vgl. Engel et al. 1999: 49). Das Funktionsnomen odpowiedź ‚Antwort‘ kann aufgrund der Besetzung dieser unbetonten Stelle als Hintergrundinformation interpretiert werden. Wenn die Antwort in diesem Beleg eine weniger wesentliche Information darstellt, bilden die Konstituenten, die rechts auf das Funktionsnomen folgen, die rhematischen und wichtigen Informationen im Satz. D.h. in Bezug auf die Gewichtung im Sinne der Thema-Rhema-Gliederung kann die Präpositionalphrase samt angeschlossenem indirektem Fragesatz als rhematische Information interpretiert werden (s. Kap. 1.3; 4.2.4). Daraus folgt, dass die Frage in diesem Beleg als wichtiger dargestellt wird als die Antwort. Der Aufmerksamkeitsfokus kann also durch diese Stellung mehr auf die Frage gelenkt werden (vgl. Engel et al. 1999: 49 f.). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase, die im topologischen Feldermodell wie folgt analysiert werden kann: 298 4. Analyse Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld (26a) Wydarzenie […] miało odpowiedzieć na pytanie, czy rywalizujący z Liwni Sza’ul Mofaz będzie w stanie zebrać swoich zwolenników. ‚Das Ereignis […] sollte auf die Frage antworten, ob der Rivale aus Liwa Sza’ul Mofaz seine Anhänger zusammenbringen […] kann.‘ Das Funktionsverbgefüge dać odpowiedź wird in (26a) mit dem Basisverb odpowiedzieć ersetzt, wodurch sich das Funktionsnomen aus dem rechten in das Feld für den Verbalkomplex verschiebt. Da es sich bei der auf- Präpositionalphrase um eine unabhängige Konstituente handelt - d. h. na pytanie ‚auf die Frage‘ ist von odpowiedź ‚Antwort‘ syntaktisch unabhängig -, kann die Paraphrase als grammatisch eingestuft werden. Im Vergleich von Original und Paraphrase ergeben sich jedoch trotzdem (marginale) Unterschiede: Da die Antworthandlung in der Paraphrase durch das Basisverb odpowiedzieć ausgedrückt wird, rückt die Präpositionalphrase na pytanie ‚auf die Frage‘ näher an den Verbalkomplex, d. h. an die unbetonte Stelle im Satz (vgl. Engel et al. 1999: 49 f.; vgl. grammis 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes) 360 . Für die Informationsstruktur in Paraphrase (26a) könnte dies bedeuten, dass die Präpositionalphrase na pytanie ‚auf die Frage‘ durch die Stellung nach dem Verb als Hintergrundinformation und nicht mehr wie im Original als Vordergrundinformation interpretiert werden kann. Für die Gewichtung der einzelnen sprachlichen Elemente im Satz und die insgesamt häufige Positionierung von odpowiedź ‚Antwort‘ entweder an einer unbetonten oder aber an einer stark betonten Stelle in den polnischen Treffern kann daraus abgeleitet werden, dass die nominalisierten Antworthandlungen je nach kommunikativer Intention des Verfassers oder der Verfasserin als Hinter- oder Vordergrundinformation markiert werden können, wodurch andere sprachliche Elemente in den Vordergrund bzw. Hintergrund geraten und so die Aufmerksamkeit der Rezipient*innen auf bestimmte Inhalte hin oder von ihnen weg gelenkt werden kann. 360 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 299 4.2.4.5 Entscheidung treffen In Bezug auf das deutsche Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen ist das Mittelfeld das von Entscheidung am häufigsten besetzte Feld, d. h. das Funktionsnomen Entscheidung wird in den meisten Treffern im deutschen Wikipedia-Artikel-Korpus im Mittelfeld realisiert (44,91 %; s. Kap. 4.1.3). Weiter häufig wird das Funktionsnomen Entscheidung - wie die Funktionsnomen Frage und Antwort auch - häufig in Nebensätzen im Nachfeld realisiert (33,68%). Am Beispiel von Antwort geben habe ich in der vorliegenden Arbeit gezeigt (s. Kap. 4.2.4.3), dass Funktionsnomen in Nebensätzen im Nachfeld keine echte Nachfeldbesetzung darstellen, d. h. im Gegensatz z. B. zu dieser in Was könnte Lust machen auf Klimaschutz? (vgl. IDS -Grammatik 2019: Wortstellung im Nachfeld 361 ). Die weitere Analyse von Nebensätzen im Nachfeld ergibt, dass die Funktionsnomen auch dort im Mittelfeld realisiert werden, wie z. B. in weil die Entscheidungen getroffen wurden (s. Kap. 4.2.4.3). Im Vergleich zu den Funktionsverbgefügen Antwort geben und Frage stellen ist in Bezug auf Entscheidung treffen jedoch auffällig, dass das Funktionsnomen Entscheidung mit 20,35 % der Treffer deutlich häufiger als Frage und Antwort im Vorfeld vorkommt (vgl. Vorfeldbesetzung Frage stellen : 14,22 %; Antwort geben 14,44 %; Entscheidung treffen : 20,35 %). Aufgrund der quantitativen Ergebnisse in Bezug auf das Stellungsverhalten des Funktionsnomens Entscheidung gehe ich in diesem Abschnitt zunächst auf die Mittelfeldbesetzung und anschließend auf die Vorfeldbesetzung in Bezug auf die Gewichtung der Informationen im Text ein. Das folgende Beispiel (27) ist ein Beleg für die Mittelfeldbesetzung durch das Funktionsnomen Entscheidung und stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu Frauen in der Musik, in dem es u. a. auch um von Frauen besetzte Rollen in Spielfilmen des deutschen Filmunternehmens UFA in der Zeit des Nationalsozialismus geht (vgl. Wikipedia: Frauen in der Musik). Entgegen des zur NS -Zeit propagierten Frauenbildes, so heißt es im Wikipedia-Artikel, hätten die Frauen in UFA -Filmen starke, kluge Charaktere gespielt und „halfen […] den Männern aus der Patsche und wo diese zögerten, trafen sie selbstbewusst die richtigen Entscheidungen“. Im topologischen Feldermodell (Wöllstein 2014) wird dieser Beleg wie folgt analysiert (Hervorhebung S. K.): (27) Oft halfen sie den Männern aus der Patsche und wo diese zögerten,… 361 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ progr@mm/ 5218 (letzter Zugriff 11. 05. 2019). 300 4. Analyse Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (27) … trafen sie selbstbewusst die richtigen Entscheidungen. In (27) ist das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen in eine Satzverbindung eingebettet, die aus den Hauptsätzen Oft halfen sie den Männern aus der Patsche und trafen sie selbstbewusst die richtigen Entscheidungen besteht, wobei Letzterer mit dem Temporal / Konditionalsatz wo diese zögerten verknüpft ist. Ich konzentriere mich bei der Analyse lediglich auf den zweiten Hauptsatz mit dem eingebetteten Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen . Das Funktionsnomen Entscheidung ist adjektivisch durch richtige erweitert und besetzt im topologischen Feldermodell das Mittelfeld des Satzes, das Funktionsverb treffen steht in der linken Satzklammer (vgl. Wöllstein 2014). Die erweiterte Nominalphrase mit dem Funktionsnomen Entscheidung besetzt aber nicht nur (irgend)eine Position im Mittelfeld, sondern die richtigen Entscheidungen stehen am Ende des Mittelfelds. Wesentlich ist die Endstellung im Deutschen in Bezug auf die Markierung von Informationen als wichtig bzw. neu oder unbekannt und die damit einhergehende Strukturierung der Informationen im Text (vgl. IDS -Grammatik 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 362 ), d. h. in Beispiel (27) ist die Nominalphrase die richtigen Entscheidungen als rhematische, wesentliche Information zu interpretieren. Eine derartige Stellung des Funktionsnomens Entscheidung erfolgt in 25,96 % der Belege zu Entscheidung treffen und ist damit die häufigste Position des Funktionsnomens. Dieses Ergebnis basiert auf einer weiteren Aufteilung des Mittelfeldes nach linken Innenrand (3,86 %), Mittelteil (15,09 %) und rechten Innenrand (25,96 %) (vgl. IDS -Grammatik 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 363 ), vgl. die folgende Analyse nach den Mittelfeldpositionen von (27): VF LK Mittelfeld RK NF linker Innenrand Mittelteil rechter Innenrand (27) sie selbstbewusst die richtigen Entscheidungen. 362 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 363 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 301 Die weitere Analyse der Glieder im Mittelfeld ergibt, dass sie am linken Innenrand steht, selbstbewusst im Mittelteil und die Nominalphrase die richtigen Entscheidungen den rechten Rand des Mittelfeldes besetzt. Weil der linke Innenrand als sogenannte ‚Wackernagelposition‘ eine unbetonte Stelle im deutschen Satz darstellt (vgl. Wöllstein 2014) und es sich bei sie am linken Innenrand um eine pronominale Wiederaufnahme der zuvor thematisierten Frauen handelt, kann sie als bereits bekannte, thematische (Hintergrund)Information interpretiert werden (vgl. IDS -Grammatik 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 364 ). Da das Adjektiv selbstbewusst im Mittelteil 365 des Mittelfelds steht - einer Position im Deutschen, in der Informationen durch einen Gewichtungsakzent hervorgehoben werden können (vgl. IDS -Grammatik 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 366 ) - und die Nominalphrase die richtigen Entscheidungen die Position mit dem größten Informationsgehalt im Satz, den rechten Innenrand des Mittelfeldes, besetzt, können selbstbewusst und die richtigen Entscheidungen als Vordergrundinformationen interpretiert werden (vgl. IDS -Grammatik 2019: Wortstellung und Informationsstruktur 367 ). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (27a) Oft halfen sie den Männern aus der Patsche und wo diese zögerten,… Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (27a) entschieden sie selbstbewusst richtig. Das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen wird in Paraphrase (27a) mit dem Basisverb entscheiden ersetzt, wodurch sich die folgenden Veränderungen ergeben: Die adjektivisch attribuierte Nominalphrase die richtigen Entscheidungen muss aufgelöst werden; das Adjektiv in attributiver Funktion wird zu richtig umgeformt und fungiert in Paraphrase (27a) als Modaladverbial; die Entscheidungshandlung wird in der Paraphrase durch das Funktionsverb entscheiden 364 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 365 Im Abschnitt zur Informationsgewichtung durch Frage stellen habe ich gezeigt, wie auch Funktionsnomen im Mittelteil des Mittelfeldes durch einen derartigen Gewichtungsakzent hervorgehoben werden können (vgl. IDS-Grammatik 2019: Wortstellung im Mittelfeld, s. Kap. 4.2.4.1). Dies kann auf das Funktionsnomen Entscheidung übertragen werden, das ebenfalls frequent im Mittelteil des Mittelfeldes vorkommt (15,09 %). 366 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ progr@mm/ 5313#abs2 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 367 https: / / IDS-Grammatik.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4463 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 302 4. Analyse ausgedrückt und steht deswegen als verbales Element in der linken Klammer (vgl. Wöllstein 2014, Meibauer et al. 2015: 123). Im Vergleich mit dem Original sind in der Paraphrase Unterschiede in Bezug auf die Bedeutung festzustellen: Das Funktionsnomen Entscheidung ist im Original in der Mehrzahl, es handelt sich also um mehrere richtige Entscheidungen. In entschieden sie selbstbewusst richtig kann entscheiden als einmalige vergangene Handlung interpretiert werden oder als eine sich wiederholende im Sinne von ‚sie entschieden immer richtig‘. Da es für die Paraphrase mehrere Interpretationsmöglichkeiten gibt, wird sie als mehrdeutig eingestuft. Es entsteht außerdem eine interessante Veränderung in Bezug auf die Adjektive in der Paraphrase: Im Original bezieht sich das Modaladverbial selbstbewusst auf das Funktionsverb treffen bzw. auf Entscheidungen treffen (vgl. Musan 2013) und ist als Gegenüberstellung zu den zögernden Männern im Sinne von ‚souverän‘ zu verstehen. In Paraphrase (27a) wird jedoch das Adjektiv richtig um selbstbewusst erweitert, d. h. es entsteht die Verbindung selbstbewusst richtig entscheiden . Im Umkehrschluss würde dies jedoch bedeuten, dass es auch ein unselbstbewusstes richtiges Entscheiden gäbe oder ein selbstbewusstes falsches Entscheiden, was nicht nur eine merkwürdige Verbindung darstellt, sondern auch ungewöhnliche Implikaturen evoziert (vgl. Meibauer et al. 2015: 229). Durch die Auflösung der Nominalphrase aus dem Original die richtige Entscheidung rückt in der Paraphrase außerdem die Verbindung der Adjektive selbstbewusst richtig in adverbialer Funktion an das Satzende und durch Endstellung wird markiert, dass selbstbewusst richtig zu entscheiden die wichtigste Information im Satz darstellt, d. h. es ergeben sich sowohl Veränderungen in Bezug auf die Satzbedeutung als auch hinsichtlich der Gewichtung der Informationen im Text. Die Bedeutung des Originals kann in der Paraphrase mit dem Basisverb nicht wiedergegeben werden. Das Funktionsnomen Entscheidung wird im deutschen Korpus häufiger an den Satzanfang gestellt als die anderen in der vorliegenden Arbeit untersuchten Funktionsnomen Frage und Antwort . Entscheidung steht in 20,35 % der Treffer im Vorfeld des Satzes (Frage 14,22 %; Antwort 14,44 %), 368 vgl. das folgende Beispiel aus dem Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): 368 Die Möglichkeit zur Besetzung des linken Feldes besteht auch im Polnischen, vgl. das folgenden Beispiel: […] decyzja ta została podjęta 26 października 1922 roku. ‚[…] diese Entscheidung wurde am 26. Oktober 1922 getroffen.’ (WPP15 / F06.29754: Faszyzm włoski, In: Wikipedia - URL: http: / / pl.wikipedia.org/ wiki/ Faszyzm_włoski: Wikipedia, 2015). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 303 Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (28) Diese Entscheidung wurde wegen der damals vorherrschenden antideutschen Stimmung getroffen. Das Beispiel (28) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu dem Schiff Columbus und handelt von einer Änderung der geplanten Namensgebung des Schiffes von Hindenburg zu Columbus aufgrund der 1924 vorherrschenden antideutschen Stimmung (vgl. Wikipedia: Columbus (Schiff, 1924)). Das Funktionsnomen Entscheidung besetzt in (28) das Vorfeld des Satzes (vgl. Wöllstein 2014; Ágel 2017: 70), der Verbalkomplex, bestehend aus dem Hilfsverb wurde und dem Funktionsverb getroffen , belegt die linke und rechte Satzklammer (vgl. Ágel 2017: 75). Im Mittelfeld steht die Präpositionalphrase wegen der damals vorherrschenden antideutschen Stimmung , durch die der Grund für die Entscheidung angegeben wird. Da durch die Mittelfeldbesetzung im Deutschen, insbesondere im mittleren und rechten Mittelfeld, Informationen als wesentliche und neue, d. h. rhematische, Informationen gekennzeichnet werden können (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 106; IDS -Grammatik 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 369 ; s. Kap. 1.3; 4.2.4), kann die Begründung der Entscheidung wegen der damals vorherrschenden antideutschen Stimmung als Vordergrundinformation interpretiert werden. Weil das Vorfeld im Deutschen zur Markierung von bekannten Informationen dient und die Nominalphrase im Vorfeld diese Entscheidung durch den Demonstrativartikel als bekannte Information markiert wird (vgl. Adamzik 2016: 252), kann die Nominalphrase diese Entscheidung in Belegbeispiel (28) als Thema des Satzes interpretiert werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 105), d. h. die Nominalphrase im Vorfeld referiert auf eine bereits in den Text eingeführte und / oder aus dem Weltwissen der Rezipient*innen bekannte Entität im Text (vgl. Adamzik 2016: 252; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 55). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: Vorfeld Linke Klammer Mittelfeld Rechte Klammer Nachfeld (28a) Dies wurde wegen der damals vorherrschenden antideutschen Stimmung entschieden. 369 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ progr@mm/ 5313#abs2 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 304 4. Analyse In Paraphrase (28a) wird das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen durch das Basisverb entscheiden ersetzt, wodurch die folgenden Veränderungen vorgenommen werden: Zunächst muss die Nominalphrase des Gefüges diese Entscheidung aufgelöst werden. Das Funktionsnomen ist im Original um den Demonstrativartikel diese erweitert. Da Demonstrativartikel sowohl in Begleitals auch in Stellvertreterfunktion vorkommen können (vgl. Meibauer et al. 2015: 131), kann die Nominalphrase aufgelöst und durch das Pronomen dies ersetzt werden. Paraphrase (28a) ist also als grammatisch einzustufen. Das Demonstrativpronomen dies steht in der Paraphrase stellvertretend für einen Sachverhalt oder ein Nomen, nimmt diese Entitäten gleichzeitig anaphorisch wieder auf und bildet alleine das Thema des Satzes. Die durch das Basisverb ausgedrückte Entscheidungshandlung verschiebt sich in der Paraphrase an das Ende des Satzes - entscheiden steht in der rechten Klammer des Satzes und bildet mit wurde entschieden den zweiten Teil des komplexen Prädikats (vgl. Ágel 2017: 75). In Bezug auf die Reihenfolge der vermittelten Informationen ergibt sich dadurch also der Unterschied, dass die Informationen zum Ereignis erst am Ende des Satzes eingebracht werden und nicht wie im Original zu Beginn des Satzes, in dem die Handlung durch diese Entscheidung im Vorfeld antizipiert wird. In Bezug auf die Bedeutung der Paraphrase ergeben sich außerdem Veränderungen, die mit dem Pronomen dies zusammenhängen, die nur in Bezug auf den Gesamtkontext des Treffers hinreichend erklärt werden können. Aus diesem Grund beziehe ich den weiteren Kontext in die Analyse des Satzes mit ein (Hervorhebung S. K.): (28) Der Bau verlief wegen der Materialknappheit schleppend. Darüber hinaus erhielt das Schiff anstelle des ursprünglich vorgesehenen Namens Hindenburg den für das abgetretene Schiff vorgesehenen Namen Columbus. Diese Entscheidung wurde wegen der damals vorherrschenden antideutschen Stimmung getroffen. Die Textpassage handelt von dem Bau eines Schiffs, das nicht den ursprünglich vorgesehenen Namen Hindenburg bekommt, sondern auf den Namen Columbus getauft wird. Der Wechsel zum Namen Columbus stellt eine Entscheidung dar, die im nächsten Satz durch die Nominalphrase des Gefüges diese Entscheidung wiederaufgenommen wird. Die Kontextanalyse zeigt in diesem Beispiel also, dass es keinen einzelnen Textreferenten gibt, auf den sich die Nominalphrase diese Entscheidung bezieht, sondern dass die Nominalphrase diese Entscheidung auf den komplexen Umbenennungsprozess des Schiffes referiert, d. h. durch die Nominalphrase im Vorfeld des Satzes wird dieser komplexe Sachverhalt zur Umbenennung des Schiffes anaphorisch wiederaufgenommen. Bei Anaphern, die auf komplexe Prozesse, ganze Sätze, Ereignisse oder Zustände referieren, 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 305 handelt es sich um sog. Komplexanaphern (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 125; Marx 2011: 10; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5), d. h. die Nominalphrase hat in diesem Belegbeispiel die Funktion, den zuvor beschriebenen Sachverhalt als Entscheidung - und nicht bspw. als Fehler oder Dummheit - zu klassifizieren und den Prozess damit zu einem Knotenpunkt zusammenzufassen und ihn thematisch im Text weiterzuführen (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 126, 139). Zum Vergleich die Paraphrase: (28) a. Der Bau verlief wegen der Materialknappheit schleppend. Darüber hinaus erhielt das Schiff anstelle des ursprünglich vorgesehenen Namens Hindenburg den für das abgetretene Schiff vorgesehenen Namen Columbus. Dies wurde wegen der damals vorherrschenden antideutschen Stimmung entschieden. Wie im Originalbeleg handelt die Textpassage in Paraphrase (28a) von der Planänderung, das Schiff nicht Hindenburg, sondern Columbus zu nennen. Im anschließenden Satz folgt die Paraphrase des Originals mit dem Basisverb entscheiden , in dem die Nominalphrase diese Entscheidung durch dies ersetzt wird und das Basisverb entschieden in der rechten Satzklammer steht. Das Demonstrativpronomen dies in Stellvertreterfunktion bezieht sich in der Paraphrase auf den zuvor verbalisierten Prozess, d. h. dies ist auch in der Paraphrase als Komplexanapher zu klassifizieren (vgl. Marx 2011; Frank 2019). Trotz dieser anaphorischen Übereinstimmung von diese Entscheidung und dies sind im Vergleich von Original und Paraphrase Veränderungen festzustellen: Da es sich bei dem Pronomen dies um ein Stellvertreterelement handelt (vgl. IDS -Grammatik 2019: Demonstrativ-Pronomen) 370 , muss der Bezug auf eine Entität oder einen Sachverhalt rückwärtsgewandt nachvollzogen und ein*e Referent*in identifiziert werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 55). Weil durch diese Entscheidung der zuvor verbalisierte Prozess zu einem Knotenpunkt zusammengefasst und als Entscheidung klassifiziert wird (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 126, 139), liegt der Unterschied zwischen dies und diese Entscheidung in der Genauigkeit des Ausdrucks, d. h. dies kann in Stellvertreterfunktion potenziell auf eine Vielzahl möglicher Elemente im Kontext referieren, während es sich bei Entscheidung bereits um eine Eingrenzung möglicher Textreferenten im Sinne von ‚Entitäten mit dem Merkmal Auswahl-/ Entscheidungsprozess‘ handelt (vgl. Meibauer et al. 2015: 177 ff.). Ob das Vorfeld durch ein anaphorisches Nomen oder ein semantisch leeres Pronomen besetzt 370 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 404 (letzter Zugriff: 14. 05. 2019). 306 4. Analyse ist, ist für die Textkonstitution nicht unwesentlich, denn durch psycholinguistische Experimente kann gezeigt werden, dass nominale Komplexanaphern einen höheren Aufmerksamkeitsfokus aufweisen als pronominale Komplexanaphern (vgl. Frank 2019: 399; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5), d.h. semantisch leere Komplexanaphern bleiben im Kurzzeitgedächtnis nur kurz aktiv (vgl. Frank 2018: 398). Die vergleichsweise hohe Anzahl des Funktionsnomens Entscheidung im Vorfeld (20,35%) deutet darauf hin, dass das Funktionsnomen Entscheidung häufig (komplex)anaphorische Bezüge im Text herstellt: Im Vorfeld wird der komplexe Prozess zu einem nominalen Knotenpunkt zusammengefasst und im Anschluss thematisch weitergeführt. In Abschnitt (4.2.5) zur Wiederaufnahme von Informationen gehe ich in Bezug auf das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen auf weitere Beispiele von Komplexanaphern im Deutschen und im Polnischen ein. Die Analyse des Stellungsverhaltens des Funktionsnomens Entscheidung zeigt, dass das Funktionsnomen am häufigsten am rechten Innenrand und im Mittelteil des Mittelfelds realisiert wird 371 . Im Vergleich mit den Gefügen Frage stellen und Antwort geben steht das Funktionsnomen Entscheidung häufiger im Vorfeld, wodurch die Entscheidungen als thematische Informationen markiert werden können und anaphorisch auf gesamte Passagen der Entscheidungsfindung referiert werden kann. Im Vergleich mit den Basisverbkonstruktionen ergeben sich in den Paraphrasen Veränderungen in Bezug auf die Abfolge der einzelnen Glieder im Satz und ihre Relation zueinander, wodurch es zu Bedeutungsveränderungen, semantischen Mehrdeutigkeiten und einer veränderten Informationsgewichtung kommt. Im Folgenden gehe ich auf die Informationsgewichtung in Verbindung mit dem polnischen Gefüge podjąć / podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ ein. 4.2.4.6 podjąć / podejmować decyzję Das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ kann unterschiedliche Positionen im Satz besetzen, die in der vorliegenden Untersuchung mithilfe des topologischen Feldermodells erfasst wurden. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass decyzja ‚Entscheidung’ die Tendenz zur Rechtspositionierung aufweist: In 82,09 % der Treffer wird das Funktionsnomen decyzja im rechten Feld realisiert. Für eine genaue Positionsbestimmung des Funktionsnomens habe ich das rechte Feld weiter unterteilt in linken Rand, Mittelteil und rechten Rand (vgl. IDS -Grammatik 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 372 ). Das Funktions- 371 Das Ergebnis zur Position des Funktionsnomens im rechten Satzteil stimmt mit der Interpretation überein, das Funktionsnomen als Prädikatsteil aufzufassen (vgl. z. B. Helbig / Buscha 2011: 68). 372 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 307 nomen decyzja besetzt in 54,05 % der polnischen Treffer die Stelle direkt nach dem Funktionsverb podjąć / podejmować ‚treffen‘ am linken Rand des rechten Feldes, was mit 54,05 % die häufigste Positionierung des Funktionsnomens im polnischen Korpus zu podjąć / podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ darstellt, vgl. das folgende Belegbeispiel aus dem polnischen Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld (29) Christmas Eve sama za siebie i Briana podejmuje decyzje o małżeństwie. ‚Christmas Eve trifft für sich selbst und Brian die Entscheidung zur Heirat.‘ Beispiel (29) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu US -Serie „Avenue Q“, in der die Protagonistin Christmas Eve die Entscheidung für eine Heirat trifft. Das Funktionsnomen decyzja besetzt den linken Rand des rechten Feldes, d. h. das Funktionsnomen steht direkt hinter dem Funktionsverb podejmować ‚treffen‘. Im rechten Feld wird aber nicht nur das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ realisiert, sondern das Funktionsnomen wird mit der Präpositionalphrase o małżeństwie ‚über / zur Heirat‘ verknüpft, was ein sehr frequentes Muster im Korpus zu podjąć / podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ darstellt, denn in 55,76 % der Treffer wird das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ direkt mit dem Funktionsverb und einer o -Präpositionalphrase verknüpft, d. h. Funktionsverb + Funktionsnomen + o -Präpositionalphrase. Dies stellt einen Unterschied zum Deutschen dar, denn eine derartige Abfolge der Glieder ist im Deutschen zwar auch zu beobachten, jedoch nicht derartig frequent wie im Polnischen. Die Position nach dem Prädikat ist im Polnischen eine unbetonte Stelle und die Glieder können am linken Rand des rechten Feldes als Hintergrundinformationen interpretiert werden (vgl. IDS -Grammatik 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 373 ). Andere Glieder, wie z. B. in diesem Beleg die o- Präpositionalphrase o małżeństwie ‚zur Heirat‘, können so an den rechten Rand bzw. an das Satzende rücken, wodurch Informationen als wichtig oder unbekannt markiert werden. Die Substitution mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: 373 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ progr@mm/ 5313#abs2 (letzter Zugriff: 14. 05. 2019). 308 4. Analyse Linkes Feld Verbalkomplex Rechtes Feld (29a) Christmas Eve sama za siebie i Briana decyduje o małżeństwie. ‚Christmas Eve entscheidet für sich selbst und Brian über die Heirat.‘ Das Funktionsverbgefüge podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ wird in (29a) mit dem Basisverb decydować ‚entscheiden‘ ersetzt. Da das Basisverb decydować eine o -Präpositionalphrase im Satzbauplan aufweist (vgl. Pons online 2019: decydować 374 ), kann sich das Basisverb decydować in das Satzmuster mit einer realisierten o- PP einfügen und die Paraphrase ist als grammatisch einzustufen. Trotz der Grammatikalität der Paraphrase ergeben sich die folgenden Veränderungen im Vergleich mit dem Original: Die Nominalphrase aus Belegbeispiel (29) muss aufgelöst werden und die Entscheidungshandlung wird in der Paraphrase mit dem Basisverb in das Feld für den Verbalkomplex verschoben, d.h. die Entscheidungshandlung wird an einer früheren Position als im Original ausgedrückt. Die Präpositionalphrase o małżeństwie ‚zur Heirat‘ rückt dadurch an die Stelle nach dem Verb, d.h. an die unbetonte Stelle im polnischen Satz (vgl. Engel et al. 1999: 52), weshalb die o- Präpositionalphrase in (29a) als weniger gewichtig interpretiert werden kann. Da die Präpositionalphrase aber auch in (29a) am Satzende steht, d.h. die Position mit dem größten Informationsgehalt besetzt (vgl. Engel et al. 1999: 52), kann die Gewichtung der Präpositionalphrase als gleichbleibend wichtig interpretiert werden. Trotz dieser Interpretation in Bezug auf die Gewichtung sind im Vergleich von Original und Paraphrase jedoch Unterschiede festzustellen, denn im Original wird durch die Verknüpfung von decyzja ‚Entscheidung’ mit o małżeństwie ‚zur Heirat‘ ausgedrückt, dass sich Christmas Eve für die Heirat entschieden hat, d.h. es wird das Resultat der Entscheidungshandlung verbalisiert, welches im Original in Endstellung die wesentliche neue Information im Text darstellt. In Paraphrase (29a) wird dagegen über eine Entscheidungshandlung zum Thema Heirat berichtet, d.h. im Vergleich von Original und Paraphrase verändert sich die Bedeutung des Satzes (s. dazu weitere Beispiele in Kap. 4.2.3.3). Die Bedeutungsveränderung in der Paraphrase zeigt auf, dass das Funktionsverbgefüge podjąć / podejmować decyzję ‚Entscheidung treffen‘ in Verbindung mit Präpositionalphrasen in Endstellung im Polnischen zum einen semantische Funktionen in Bezug auf den Ausdruck von Resultaten von Entscheidungspro- 374 https: / / de.pons.com/ %C3%BCbersetzung? q=decydowac&l=depl&in=&lf=de&qnac= (letzter Zugriff: 14. 05. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 309 zessen erfüllen, zum anderen zeigt das frequente Strukturmuster des Gefüges ‚Funktionsverb + Funktionsnomen + o- Präpositionalphrase‘, dass die Resultate der Entscheidungen durch die End- oder Mittelstellung im Satz als wesentliche und neue Informationen im Text markiert werden, was in Kombination mit der spezifischen Semantik dieser präpositional erweiterten Konstruktion nicht in gleicher Weise mit dem Basisverb wiedergegeben werden kann. 4.2.4.7. Zusammenfassung Durch die unterschiedlichen Positionen von Funktionsnomen im Satz, ergeben sich unterschiedliche Gewichtungsmöglichkeiten von Informationen im Text. Funktionsnomen in Anfangsstellung können das Thema des Satzes bilden, wodurch sie als Hintergrundinformationen markiert werden können. In Mittelstellung können Funktionsnomen andere Inhalte ausklammern und durch einen Gewichtungsakzent hervorgehoben werden. Die häufigste Position von Funktionsnomen ist die Endstellung wodurch sie im Informationsvordergrund stehen. Ausnahmen bilden dabei die polnischen Gefüge da(wa)ć odpowiedź ‚Antwort geben‘ und podjąć decyzję ‚Entscheidung treffen‘, die andere Inhalte ausklammern. Die Position der Funktionsnomen im Satz ist sowohl für die Gewichtung von Informationen als auch für die thematische Progression bzw. Thema-Rhema-Gliederung im Text relevant, denn rhematische Informationen aus dem Prätext können als thematische Informationen in darauffolgenden Sätzen wiederaufgenommen werden. Im folgenden Abschnitt wird die Wiederaufnahme von Informationen im Text thematisiert. 4.2.5. Wiederaufnahme von Informationen Die Funktionsnomen Frage , Antwort , Entscheidung sowie die polnischen Äquivalente pytanie odpowiedź und decyzja sind referenzfähig (vgl. Eroms 2000: 170; Klinger 1983: 97 ff.) und können deswegen als Referenten in den Text ein- und dort weitergeführt werden. Sprachlich kann die Wiederaufnahme von Informationen im Text beispielsweise durch die Wiederholung des gleichen Wortmaterials bei identischer Referenz, d. h. lexikalisch rekurrent, wie z. B. in Es wurde eine Frage gestellt. Die Frage… , realisiert werden oder die Wiederaufnahme erfolgt durch Proformen, wie z. B. Pronomen und Pronominaladverbien, wie z. B. Es wurde eine Frage gestellt. Sie… (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 76; Adamzik 2016: 252; Storrer 2013; Klinger 1983; s. Kap. 3.4). Demzufolge kann die Nominalphrase des Gefüges als Antezedent fungieren und im Text anaphorisch weitergeführt werden. In den analysierten Korpusdaten zeigen sich aber nicht nur diese bereits bekannten und anaphorischen Verweisrelationen im Text. Im 310 4. Analyse Folgenden gehe ich auf die Wiederaufnahme von Informationen durch Funktionsnomen ein. 4.2.5.1. Frage stellen und zada(wa)ć pytanie 4.2.5.1.1. Direkte Wiederaufnahme von Fragesätzen Sowohl im deutschen als auch im polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus finden sich Belege, in denen sich die Funktionsnomen Frage und pytanie auf vorerwähnte Inhalte beziehen (7,33 % im Deutschen und 12,45 % im Polnischen). Im Folgenden gehe ich auf die Wiederaufnahme von Fragesätzen ein, vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (30) Die Mutter fragt ihren Sohn: Kannst du kurz zum Supermarkt und Butter kaufen? […] Die Frage wurde von ihr in der Annahme gestellt, dass der Sohn bejaht. (31) Wbrew rozpowszechnionemu przekonaniu, jakoby Harris przed zabiciem Bernall spytał ją, czy wierzy w Boga , pytanie to zostało zadane innej z ofiar, Valeen Schnurr, która jedynie została ranna - po tym, jak w panice zaczęła krzyczeć "o mój Boże". ‚Entgegen dem weit verbreiteten Glauben, dass Harris Bernall, bevor er sie tötete, fragte, ob sie an Gott glaube , diese Frage wurde einem anderem Opfer gestellt, Valeen Schnurr, die nur verwundet wurde - nachdem sie in Panik "oh mein Gott" geschrien hatte.‘ In (30) stellt eine Mutter ihrem Sohn die Frage, ob er „kurz zum Supermarkt“ gehen kann. Im Anschluss daran wird ein Satz realisiert, in dem das Funktionsverbgefüge Frage stellen vorkommt. In (31) handelt die Textpassage aus dem Artikel zum Columbine-Massaker von dem Amokläufer Harris, der das Opfer Bernall vor ihrem Tod gefragt haben soll, ob sie an Gott glaube. Sowohl im deutschen als auch im polnischen Beispiel wird eine Frage als Fragesatz eingeführt: Im Deutschen handelt es sich um den direkten V2-Fragesatz Kannst du kurz zum Supermarkt und Butter kaufen? ; im Polnischen um den indirekten Fragesatz czy wierzy w Boga ‚ob sie an Gott glaube‘. Die Frage wird in (31) direkt durch das definite Funktionsnomen die Frage direkt wiederaufge- 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 311 nommen. Demzufolge verweist das Funktionsnomen anaphorisch auf den vorher eingeführten Fragesatz, der das Antezedens der Funktionsverbgefüge-Anapher bildet (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 55). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgende Paraphrase: (30) a. […] Gefragt wurde dies von ihr in der Annahme, dass der Sohn bejaht. Die definite Nominalphrase des Funktionsverbgefüges im Original wird in der Paraphrase mit dem Basisverb fragen ersetzt, das wie das Funktionsnomen im Original am Satzanfang steht, d. h. die Fragehandlung wird an derselben Position realisiert wie im Original Die Frage wurde von ihr in der Annahme gestellt . Der Rückbezug auf die direkte V2-Frage im Kontext kann durch das Demonstrativpronomen dies hergestellt werden. Was sich jedoch in der Paraphrase (30a) vom Original unterscheidet, ist die Gewichtung, die der Satz durch die Topikalisierung von gefragt erfährt: Verbalkomplexe am Satzanfang sind im Deutschen markiert und können so hervorgehoben werden (vgl. grammis: Informationsstruktur des Vorfeldes 375 ), d. h. um diese Hervorhebung wieder auszugleichen, schlage ich die folgende Paraphrase vor: (30) b. […] Dies wurde von ihr in der Annahme gefragt, dass der Sohn bejaht. Durch die Umstellung des Verbalkomplexes verlagert sich gefragt in (30b) in die rechte Satzklammer (vgl. Wöllstein 2014; s. Kap. 4.2.4). Das Demonstrativpronomen dies steht allein im Vorfeld und verweist auf eine vorerwähnte Entität. Dass dies auf die zuvor eingeführte V2-Frage Kannst du kurz zum Supermarkt und Butter kaufen? verweist, kann nur eindeutig referenzialisiert werden, wenn dies direkt auf die V2-Frage folgt. Das Funktionswort dies hat in Stellvertreterfunktion keine eigenständige Semantik und kann nur im Kontext einer (außer) sprachlichen Entität zugeordnet werden. In (30) handelt es sich jedoch nicht um eine direkte Aufeinanderfolge des Fragesatzes und des Frage-stellen -Satzes, d. h. es liegen noch die folgenden Sequenzen dazwischen: 375 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4464 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 312 4. Analyse (30) Die Mutter fragt ihren Sohn: Kannst du kurz zum Supermarkt und Butter kaufen? Sohn: Nein, ich spiel grad! Mutter (sauer): Dann mach es eben nicht, aber toll, dass du immer so hilfsbereit bist! Die Mutter gibt unterschwellig zu verstehen, dass sie damit unzufrieden ist, wie ihr Sohn handelt. Die "offene" Frage war eigentlich eine Anweisung oder eine Bitte. Dem Sohn bleibt nun keine Möglichkeit, ohne emotionale Konflikte zu handeln: Geht er nicht einkaufen, kränkt er seine Mutter und bestätigt ihren Vorwurf, er sei nicht hilfsbereit; geht er Butter kaufen, wird er mit sich selbst im Konflikt sein, da er gegen seine vorhergehende Antwort handelt. Hätte die Mutter ihren Sohn direkt angewiesen oder darum gebeten einkaufen zu gehen, wäre der Konflikt nicht entstanden. Die Frage wurde von ihr in der Annahme gestellt, dass der Sohn bejaht. Fügt man die Paraphrase Dies wurde von ihr in der Annahme gefragt, dass der Sohn bejaht in diesen Kontext ein, ist unklar, worauf sich dies bezieht, d. h. ohne das definite Funktionsnomen die Frage geht die Verweisrelation im Text verloren, die auch über lange Textpassgen hergestellt werden kann. Der Fragesatz ist als Antezedens nicht mehr eindeutig identifizierbar und der Text verliert den Zusammenhang. Im polnischen Beispiel (31) Wbrew rozpowszechnionemu przekonaniu, jakoby Harris przed zabiciem Bernall spytał ją, czy wierzy w Boga , pytanie to zostało zadane innej z ofiar, Valeen Schnurr, która jedynie została ranna - po tym, jak w panice zaczęła krzyczeć "o mój Boże". ‚Entgegen dem weit verbreiteten Glauben, dass Harris Bernall, bevor er sie tötete, fragte, ob sie an Gott glaube , diese Frage wurde einem anderem Opfer gestellt, Valeen Schnurr, die nur verwundet wurde - nachdem sie in Panik "oh mein Gott" geschrien hatte.‘ wird durch die definite Nominalphrase pytanie to ‚diese Frage‘ auf die indirekte Frage czy wierzy w Boga ‚ob sie an Gott glaubt‘ verwiesen, was durch den nachgestellten Demonstrativartikel to markiert wird (vgl. Engel et al. 1999: 87), d. h. das polnische Funktionsnomen pytanie ist eine direkte Anapher, die die zuvor eingeführte Frage thematisch weiterführt (vgl. Engel et al. 1999: 87; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Versucht man nun das Funktionsverbgefüge mit dem Basisverb zu ersetzen, ergibt sich die folgende Paraphrase: 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 313 (31) a. […] czy wierzy w Boga , o to została zapytana inna z ofiar, Valeen Schnurr, która jedynie została ranna - po tym, jak w panice zaczęła krzyczeć "o mój Boże". ‚[…] ob sie an Gott glaube , danach wurde ein anderes Opfer gefragt, Valeen Schnurr, die nur verwundet wurde - nachdem sie in Panik "oh mein Gott" geschrien hatte.‘ Das Funktionsverbgefüge aus dem Original wurde durch den Verbalkomplex des Basisverbs wurde gefragt ‚została zapytana‘ ersetzt. Der Rückverweis auf den ob- Fragesatz wird im Polnischen durch o to ‚danach‘ im Sinne von ‚wonach wurde sie gefragt‘ hergestellt, wodurch der folgende Unterschied im Vergleich mit dem Original entsteht: Die polnische Nominalphrase pytanie to ‚diese Frage‘ wird in (31) durch die Nachstellung des Demonstrativartikels hervorgehoben, d. h. die Frage wird als wesentliche Information gekennzeichnet, wodurch der Aufmerksamkeitsfokus auf der Frage- Anapher liegt (vgl. Engel et al. 1999: 87). Wesentlich ist diese Frage in diesem Kontext, weil sie anschließend einem anderen Opfer gestellt wird, was durch die lexikalische Rekurrenz o mój Boże ‚oh mein Gott‘ angezeigt wird. Die indirekte Frage czy wierzy w Boga ‚ob sie an Gott glaube‘ steht mit o mój Boże ‚oh mein Gott‘ also in Verbindung. Das Bindeglied bildet dabei das definite Funktionsnomen pytanie , ohne das die Verweisrelation verloren geht. Ob es sich bei den Frage-Anaphern um einfache metatextuelle Verweise handelt oder um Anaphern mit dem Verweis auf komplexe Prozesse, den sog. ‚Komplexanaphern‘ (vgl. Marx 2011, Schwarz-Friesel / Consten 2014), ist nicht eindeutig zu bestimmen. Für eine Klassifizierung als Komplexanapher spricht jedoch, dass sich die definiten Funktionsnomen auf Sachverhalte und Propositionen, d. h. Prädikate und ihre Aktanten, im Kontext beziehen und diese zusammenfassend wiederaufnehmen (vgl. Marx 2011: 28 / 31). Da sowohl im deutschen (30) als auch im polnischen Beispiel (31) verbal ausgedrückte Fragehandlungen in Verbindung mit indirekten Fragesätzen realisiert werden, d. h. auf diese Weise auf komplexe Informationen referiert wird, werden derartige Belege als Komplexanaphern subklassifiziert. Funktionsnomen können als Anaphern Verweisrelationen im Text herstellen und Inhalte auch über lange Textpassagen hinweg im Text wiederaufnehmen und fortführen. Die Substitution mit dem Basisverb zeigt, dass durch die verbale Form wesentliche Verweisrelationen im Text verloren gehen und der Text inkohärent wird. Damit erfüllen Funktionsverbgefüge wesentliche Funktionen in Bezug auf die Strukturierung von Informationen im Text sowie die Bildung von Kohärenz. Im Folgenden gehe ich auf Fälle von indirekter Wiederaufnahme ein. 314 4. Analyse 4.2.5.1.2. Indirekte Wiederaufnahme In den untersuchten Treffer(kon)texten zu Frage stellen und zada(wa)ć pytanie finden sich Belege für indirekte Verweisrelationen im Text, auf die ich im Folgenden eingehe, vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Artikel-Korpora (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (32) Catherine regt dazu einen beweglichen Interviewraum an, […] Der Cadillac fährt des Nachts und die Moderatorin stellt ihren Gästen die Fragen in ihrem Auto! (33) Hot Chat - pierwszy multimedialny program […] był 12-minutową rozmową z politykiem […]. Dzięki specjalnemu chatowi swoje pytania gościowi mogli zadawać widzowie. ‚Hot Chat - die erste multimediale Sendung […] war ein 12-minütiges Gespräch mit einem Politiker […]. Dank eines speziellen Chats konnten die Zuschauer dem Gast ihre Fragen stellen.‘ Die definiten Funktionsnomen die Fragen in (32) und swoje pytania ‚ihre Fragen‘ in (33) beziehen sich auf keinen vorerwähnten Textreferenten. Dennoch werden die Nominalphrasen durch die definiten Artikelwörter als vorerwähnt bzw. bekannt markiert (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 53; Adamzik 2016: 268). In (32) geht es in der Textpassage um ein bestimmtes Sendeformat, in dem die Moderatorin, Catherine, einen Cadillac als beweglichen Interviewraum nutzt, um ihre Gäste dort zu befragen. Dass in einem Interview Fragen gestellt werden, ist in der Semantik von Interview bereits enthalten, denn ein Interview ist ein „Gespräch zwischen einer (meist bekannten) Persönlichkeit und einem Reporter, bei dem Fragen des Reporters beantwortet werden“ (DWDS 2019: Interview) 376 , d. h. durch das Lexem Interview werden die Fragen im Langzeitgedächtnis des / der Rezipient*in assoziativ aktiviert, wodurch sie indirekt wiederaufgenommen werden können (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 118). Im polnischen Beispiel (33) handelt die Textpassage von einer multimedialen Sendung mit dem Titel „Hot Chat“, in der Politiker oder Politikerinnen zum Gespräch geladen werden und Fragen beantworten müssen. Ob nun angenommen werden kann, dass es sich bei der Befragung des Politikers/ der Politikerin 376 https: / / www.dwds.de/ wb/ Interview (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 315 um eine Information aus dem Weltwissen der Textrezipient*innen handelt (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 53) und die Fragen für den Leser/ die Leserin deswegen zur Wiederaufnahme erreichbar sind oder ob die Fragen von den Lexemen Gespräch und/ oder Chat - wie oben von Interview - aktiviert werden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 55), ist nicht klar voneinander abzugrenzen. Da das definite Funktionsnomen pytanie im polnischen Beleg (33) im Text nicht vorerwähnt ist, ist diese Nominalphrase als durch Weltwissen oder assoziativ hervorgerufene indirekte Anapher (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 118; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5) zu interpretieren. Durch die Funktionsverbgefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie können vorerwähnte und aktivierte Textreferenten (in)direkt wiederaufgenommen und thematisch weitergeführt werden. Im Unterschied zu anderen anaphernfähigen Nomen, wie z. B. Frau , können die Funktionsnomen als Antezedens oder Anapher durch die Wiederaufnahme von Informationen nicht nur thematisch weitergeführt werden. Durch die Nominalisierung in Verbindung mit dem verbalen Element können gleichzeitig Handlungen ausgedrückt werden, was sie von Konkreta unterscheidet. 4.2.5.1.3. Wiederaufnahme durch Zahladjektive Ein Spezifikum der Funktionsverbgefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie in Bezug auf die Wiederaufnahme von Informationen ergibt sich durch eine Erweiterungsmöglichkeit, die in Verbindung mit Antwort geben - da(wa)ć odpowiedź und Entscheidung treffen - podjąć / podejmować decyzję weniger frequent vorkommt: Die Gefüge Frage stellen und zada(wa)ć pytanie werden häufig um Zahladjektive erweitert: Frage stellen: 17,91 % ; zada(wa)ć pytanie: 9,29 % Antwort geben: 1,37 % ; da(wa)ć odpowiedź: 1,67 % Entscheidung treffen: 2,48 % ; zada(wa)ć pytanie: 1,54 % Am Beispiel von Frage stellen und zada(wa)ć pytanie gehe ich im Folgenden auf Möglichkeiten zur Wiederaufnahme von Informationen mit Zahladjektiven ein, vgl. die folgenden Beispiele aus den Wikipedia-Korpora (Hervorhebung S. K.): 316 4. Analyse Deutsch Polnisch (34) Am Anfang einer Runde kommt aus jeder Familie eine Person nach vorne, der der Moderator eine Frage stellt. […] Während die erste spielte, musste die andere in eine schalldichte Kabine. Der ersten Person wurden fünf Fragen innerhalb von 20 Sekunden gestellt, wobei es wieder galt, die häufigste Antwort zu finden. (35) Filozofowie którzy postawili przed sobą zadanie analizy znaczenia języka zadają dwa ważne pytania: „Czym jest język w ogóle? ” i „Co jest poszczególnym jednostkowym językiem? ” ‚Die Philosophen, die sich die Aufgabe stellten, die Bedeutung der Sprache zu analysieren, stellen zwei wichtige Fragen: „Was ist Sprache im Allgemeinen? “ und „Was ist eine spezifische Einzelsprache? "‘ Das deutsche Beispiel (34) beschreibt einen Spielzug in der Fernseh-Quiz-Sendung „Familien-Duell“, in der Familien gegeneinander spielen und Fragen beantworten müssen, was einleitend erklärt wird: „Am Anfang einer Runde kommt aus jeder Familie eine Person nach vorne, der der Moderator eine Frage stellt“. In der beschriebenen Spielphase muss ein Kandidat in eine schalldichte Kabine und einem anderen werden „fünf Fragen innerhalb von 20 Sekunden“ gestellt. Das Funktionsnomen Frage wird um fünf erweitert, wodurch auf zuvor eingeführte Fragen referiert wird, d.h. fünf vorerwähnte Frage werden von der Nominalphrase des Gefüges zusammenfassend wiederaufgenommen (vgl. Gautier 1998: 131). Das Funktionsnomen fungiert in (34) als Pluralanapher (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 122). Im polnischen Beispiel (35) wird die Nominalphrase pytania ‚Fragen‘ um das Zahladjektiv zwei erweitert. Im Unterschied zum deutschen Beispiel (34) finden sich im Vortext keine Fragen, die aufgegriffen werden. Der Verweis von dwa pytania ‚zwei Fragen‘ bezieht sich in (35) auf die Fragesätze Czym jest język w ogóle ‚Was ist Sprache im Allgemeinen‘ und Co jest poszczególnym jednostkowym językiem ‚Was ist eine spezifische Einzelsprache‘, die im Anschluss folgen. Die numeral erweiterte Nominalphrase des Funktionsverbgefüges kündigt in (35) die zwei folgenden Fragesätze also an, wodurch die Fragesätze kataphorisch eingeführt werden und die Informationen im Text strukturiert werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 121). Da (in)direkte Fragesätze eine frequente Erweiterungsart der Funktionsnomen Frage und pytanie darstellen, sind die Funktionsnomen als Katapher eine häufige Möglichkeit zur Strukturierung von Informationen im Text (22,84 % im Deutschen und 22,74 % im Polnischen). 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 317 4.2.5.1.4. Weitere Fälle von Wiederaufnahme: Relationale Adjektive In den Wikipedia-Artikel-Korpora finden sich Belege für Wiederaufnahme von Informationen, die in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen bislang noch nicht thematisiert wurden. Gautier (1998) macht darauf aufmerksam, dass Zahladjektive anaphorisch auf Textpassagen verweisen können (vgl. Gautier 1998: 131; s. Kap. 4.2.5.1.3). Ähnlich fungieren auch Adjektive mit relationalem Charakter (vgl. Engel et al. 1999: 78; Schwarz-Friesel / Consten 2014: 51), die unter den Adjektiverweiterungen von Frage und pytanie vorkommen (7,46 % im Deutschen und 5,46 % im Polnischen), vgl. die folgenden Beispiele aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Korpus: Deutsch Polnisch (36) Als Michael Sarah die gleiche Frage stellt, beteuert sie wahrheitsgemäß, ihrem Ehemann auch nach seinem vermeintlichen Tod treu geblieben zu sein. (37) Cuiyan zadał mistrzowi to samo pytanie, które zadał mu przed chwilą nauczyciel. ‚Cuiyan stellte dem Meister die gleiche Frage, die der Lehrer ihm gerade gestellt hatte.‘ In (36) und (37) sind die Funktionsnomen Frage und pytanie um das Adjektiv gleiche - to samo erweitert, wodurch sie sich auf eine andere vorerwähnte Frage beziehen und sie miteinander vergleichen (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 51). Durch die Ähnlichkeitsbeziehung der Fragen zueinander kann die adjektivisch erweiterte Nominalphrase gleiche Fragen als Ähnlichkeitsanapher interpretiert werden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 51). Im Abschnitt zur Informationsanreicherung durch Adjektiverweiterungen (s. Kap. 4.2.1.3.1) habe ich gezeigt, dass es bei der Substitution von adjektivisch attribuierten Funktionsverbgefügen zu Bedeutungsveränderungen des Adjektivs kommen kann: In gleich fragen und tak samo pytać ‚auf die gleiche Weise fragen‘ bezieht sich gleich und tak samo auf die vom Verb ausgedrückte Fragehandlung als Modaladverbial und bezeichnet die Art ihrer Ausführung im Sinne von ‚auf gleiche Weise‘, sodass im Vergleich von Original und Paraphrase einerseits Bedeutungsveränderungen auftreten. Andererseits verliert sich durch die Bedeutungsveränderung die ‚komparative Referenz‘ (Schwarz-Friesel / Consten 2014: 51), also der Vergleich von unterschiedlichen Fragen bei gleichzeitiger Wiederaufnahme, was mit dem Basisverb fragen nicht ausgedrückt werden kann. 318 4. Analyse 4.2.5.1.5. Weitere Fälle von Wiederaufnahme: Funktionsverb-Partizip Im polnischen Korpus ist ein Erweiterungstyp der Funktionsnomen Frage und pytanie häufiger als im Deutschen. Es handelt sich dabei um die Erweiterung, in der das Funktionsnomen um das Funktionsverb als partizipiales Adjektiv erweitert wird (vgl. Popadić 1971: 54; s. Kap. 3.1.3), z. B. die gestellte Frage - zadane pytanie (1,29 % im Deutschen und 23,74 % im Polnischen). Ich habe Funktionsverb-Partizipien als Treffer gewertet, obwohl sie nicht in ihrer ursprünglichen Form, d. h. einer der Nomen-Verb-Verbindung, verwendet werden. Ágel (2017) zufolge können Partizipien als recycelte, also aus übergeordneten Strukturen entstandene Formen, Inhalte wiederaufnehmen (vgl. Ágel 2017: 717 f.). Im Folgenden analysiere ich Funktionsverb-Partizipien in Bezug auf die Wiederaufnahme von Informationen, vgl. die folgenden Beispiele aus dem polnischen und deutschen Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (38) Die neuen Regeln […] beinhalteten einen „ Fragetauschen-Joker “, den der Kandidat erhält, […], entschied sich der Kandidat, die gestellte Frage gegen eine andere Frage […] zu tauschen. (39) W celu dokonania takiego przelewu […] podaje się […] kwotę, jaką chce się mu przesłać oraz pytanie i odpowiedź dla celów weryfikacyjnych. […] Następnie loguje się na witrynie banku w celu podania odpowiedzi na zadane pytanie, […]. ‚Um eine solche Überweisung durchzuführen, gibt man […] den Betrag an, der überwiesen werden soll, sowie eine Frage und eine Antwort zu Überprüfungszwecken. […] Anschließend loggt man sich auf der Website der Bank an, um die Antwort auf die gestellte Frage einzugeben.‘ Im deutschen Beispiel (38) erhält ein Kandidat einen „Frage-tauschen-Joker“, wodurch Frage als Antezedens in den Text eingeführt wird. Im anschließenden Satz wird die Frage anaphorisch durch die gestellte Frage wiederaufgenommen. Im polnischen Beispiel (39) geht es um eine Transaktionssituation im Online-Banking, die zur Sicherheitsprüfung des Kunden eine Frage verlangt, die der Kunde vorher selbst formuliert, d.h. stellt. In beiden Beispielen werden die Funktionsverbgefüge in partizipialer Form realisiert, wobei der Frage-stellen -Prozess im Kontext nicht explizit realisiert wird. Da Partizipien im Polni- 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 319 schen wie im Deutschen als „verbo-adjektivische“ Zwitterformen (vgl. dazu z.B. Hentschel 2009a: 273, zitiert nach Ágel 2017: 708/ 717; Engel et al. 1999: 619ff.; s. Kap. 3.1.3) sowohl verbale als auch adjektivische Eigenschaften kodieren, können sie auf vergangene oder zukünftige Prozesse verweisen. Die Fragen werden in (38) und (39) durch gestellte - zadane also einerseits näher bestimmt. Zudem wird durch diese Verknüpfung sowohl auf einen vergangenen Frage-stellen -Prozess als auch auf eine Frage anaphorisch verwiesen, d.h. auf die zuvor eingeführten Fragen sowie die Schlussfolgerung, dass sie vorher gestellt wurden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 120). In (38) und (39) entsteht Kohärenz also sowohl durch die direkte Wiederaufnahme der Fragen sowie durch die Inferenz, dass die Fragen gestellt wurden. 4.2.5.1.6. Weitere Fälle von Wiederaufnahme: Nullanapher In den untersuchten Treffer(kon)texten finden sich Belege für Wiederaufnahmeformen, in denen die Funktionsnomen Frage und pytanie nicht explizit in der Nomen-Verb-Verbindung realisiert werden, vgl. die folgenden Belege aus dem Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (40) Weiter ist eine theoretische Prüfung positiv zu absolvieren. Der Stoff ist auf 255 Fragen aufgeteilt; davon werden 24 [Ø Fragen] per Fragebogen gestellt. (41) Wywiad strukturalizowany […]taki wywiad, w którym pytania znane są już zawczasu, zanim [Ø] jeszcze zostaną zadane kandydatowi i pojawiają się one w z góry ustalonej kolejności. ‚Strukturiertes Interview […] - ein Interview, bei dem die Fragen im Voraus bekannt sind, bevor [Ø sie] dem Kandidaten gestellt werden […].‘ Ich gehe zuerst auf das polnische Beispiel (41) ein: Im polnischen Beispiel geht es um ein Interviewformat, ‚bei dem die Fragen im Voraus bekannt sind‘ - w którym pytania znane są już zawczasu - einem Kandidaten oder einer Kandidatin gestellt werden. Das Nomen pytanie wird auf diese Weise als Referent in den Text eingeführt und kann im Anschluss wiederaufgenommen werden: In (41) wird das Funktionsomen im anschließenden Satz zanim [Ø] jeszcze zostaną zadane ‚bevor [Ø sie] dem Kandidaten gestellt werden‘ implizit bzw. elliptisch wiederaufgenommen. 320 4. Analyse Das deutsche Beispiel (40) handelt von Lernmaterial für eine theoretische Prüfung, das „auf 255 Fragen“ aufgeteilt wird, d.h. Frage wird als Referent in den Text eingeführt. Im anschließenden Satz von denen 24 per Fragebogen gestellt werden “, wird das Zahladjektiv, das sich auf eine Teilmenge der 255 Fragen bezieht, mit dem Verb des Gefüges verknüpft, wodurch ein Rückverweis hergestellt wird und das Funktionsnomen Fragen als Nullanapher (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 107; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5) implizit wiederaufgenommen wird. Durch diese implizite Wiederaufnahme des Funktionsnomens entsteht ein numeral erweitertes, aber implizites Funktionsverbgefüge. Die Funktionsnomen Frage und pytanie können durch ihre strukturellen Eigenschaften als Nullanaphern wiederaufgenommen werden, wodurch implizite Funktionsverbgefüge entstehen und Informationen im Text indirekt verknüpft werden. Im Folgenden gehe ich auf die Möglichkeiten zur Wiederaufnahme durch die Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź ein. 4.2.5.2 Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź 4.2.5.2.1. Direkte Wiederaufnahme durch Relativsatzerweiterung In den untersuchten Treffer(kon)texten zu Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź finden sich Belege für die Wiederaufnahme von Informationen durch Relativsätze (vgl. Storrer 2013; Klinger 1983; s. Kap. 3.4). Im Folgenden thematisiere ich Relativsatzerweiterungen von Antwort und odpowiedź , in denen das Funktionsverb im angeschlossenen Satz das Prädikat bildet (27,59 % im Deutschen und 20 % im Polnischen), vgl. die folgenden Beispiele aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (42) Die Antworten, die er [Klein Fritzchen] gibt, haben für seine Gesprächspartner häufig einen beleidigenden oder entlarvenden Charakter. (43) Osoba poddana testom jasnowidzenia, […] podświadomie używa zdolności prekognicji, by dowiedzieć się, jaka jest prawidłowa odpowiedź, którą potem da naukowiec. ‚Eine Person, die auf hellseherische Fähigkeiten getestet wird, […], verwendet unbewusst die Fähigkeit der Präkognition, um herauszufinden, wie die richtige Antwort ist, die der Wissenschaftler anschließend gibt.‘ 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 321 Im deutschen Beispiel (42) handelt es sich um einen Textauszug aus dem Wikipedia-Artikel zu Fritzchen-Witzen. Über Klein Fritzchen heißt es: „Die Antworten, die er gibt, haben für seine Gesprächspartner häufig einen beleidigenden oder entlarvenden Charakter“. Das polnische Belegbeispiel (43) stammt aus einem Wikipedia-Artikel zu parapsychologischen Phänomenen. Es geht um den Nachweis von hellseherischen Fähigkeiten, auf die Personen geprüft werden können. Die Personen verwenden im Textverfahren laut des Wikipedia-Artikels „unbewusst die Fähigkeit der Präkognition, um herauszufinden, wie die richtige Antwort ist, die der Wissenschaftler anschließend gibt“. Sowohl im deutschen als auch im polnischen Beispiel werden die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź durch einen Relativsatz rechtserweitert. Bei den angeschlossenen Relativsätzen handelt es sich um in Bezug auf Funktionsverbgefüge besondere Relativsätze, denn das Prädikat des Relativsatzes bildet das Funktionsverb des Gefüges gibt bzw. da , während sich das Funktionsnomen Antwort bzw. odpowiedź im Matrixsatz auf einer übergeordneten syntaktischen Ebene befindet (vgl. Popadić 1971: 52; Storrer 2006a: 173; Klinger 1983). Da die satzförmigen Erweiterungen durch die Relativpronomen die und którą direkt an die Funktionsnomen angeschlossen sind und sich direkt auf die Nomen beziehen, d. h. auf sie verweisen, werden die Nomen auf diese Weise pronominal wiederaufgenommen. Darüber hinaus werden durch die Relativpronomen zwei Sätze miteinander verbunden, nämlich: (42) 1. Er [Klein Fritzchen] gibt Antworten. 2. Die Antworten haben für seine Gesprächspartner häufig einen beleidigenden oder entlarvenden Charakter. (43) 1. […] jaka jest prawidłowa odpowiedź ‚wie die richtige Antwort ist‘ 2. odpowiedź potem da naukowiec ‚die Antwort gibt anschließend der*die Wissenschaftler*in‘ Da die Antworten sowohl im Polnischen als auch im Deutschen in beiden Sätzen referenzidentisch sind, können die Sätze zu einem Satzgefüge zusammengeschlossen werden (vgl. Ágel 2017: 37). Inhaltlich werden durch die angeschlossenen Relativsätze die Antworten näher bestimmt (vgl. Popadić 1971: 51; Hinderdael 1985, Klinger 1983). Im deutschen Beleg erfährt der*die Rezipient*in, dass Klein Fritzchen die Antworten gibt, d. h. die Antworten werden um die Information über den Verursacher der Handlung angereichert (vgl. Primus 2012). Im polnischen Beispiel wird die Information zur Antwort nicht nur um die Information näher bestimmt, wer sie gibt, sondern durch das Temporaladverbial 322 4. Analyse potem ‚danach / anschließend‘ wird angezeigt, dass es sich bei den zusammengeschlossenen Nebensätzen um zwei unterschiedliche Zeitstufen handelt (vgl. Daniels 1963: 233; Hinderdael 1985: 265), d. h. die Antwort wird im polnischen Belegbeispiel thematisch weitergeführt (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 106). Der Substitutionstest mit dem Basisverb ergibt die folgenden Paraphrasen: (42) a. ? Die Antworten, die er antwortet, haben für seine Gesprächspartner häufig einen beleidigenden oder entlarvenden Charakter. (43) a. ? […] jaka jest prawidłowa odpowiedź, którą potem odpowiada naukowiec. ,? […] wie die richtige Antwort ist, die der Wissenschaftler anschließend antwortet.’ In den Paraphrasen (42a) und (43a) werden die Funktionsverben geben und dać mit den Basisverben antworten und odpowiadać ersetzt, d. h. es werden lediglich die Verben der Gefüge ersetzt und nicht die gesamte Nomen-Verb-Verbindung. Der Grund dafür ist der Zusammenschluss zweier Sätze, der bei einer satzförmigen Attribuierung entsteht, denn die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź erfüllen in den übergeordneten Matrixsätzen jeweils spezifische syntaktische Funktionen: Sowohl im deutschen als auch im polnischen Original sind die Funktionsnomen Antwort und odpowiedź im übergeordneten Matrixsatz das Subjekt des Satzes (vgl. Ágel 2017: 49; Skibicki 2016: 417 f.), d. h. die Funktionsnomen können in diesen Belegbeispielen nur bedingt ersetzt werden. Eine mögliche Konstruktion wäre beispielsweise die pronominale Substitution des Nomens Antwort , wie z. B. Das, was er antwortet […] . Es ergeben sich jedoch auch bei derartigen pronominalen Ersetzungen Unterschiede zum Original, denn zum einen ist der Aufmerksamkeitsfokus im Satz auf nominalen Elementen höher als auf pronominalen (vgl. Frank 2019; s. Kap. 4.2.5.3.2). Zum anderen - und dies dürfte unstrittig sein - ist Das, was er antwortet […] keine stilistisch elegante Variante des Originals und damit auch keine echte Ausdrucksalternative. Durch die Substitution der Funktionsverben geben und dać durch antworten und odpowiadać sowie die pronominale Wiederaufnahme der Funktionsnomen im angeschlossenen Relativsatz entsteht sowohl im Polnischen als auch im Deutschen der Zusammenschluss des Funktionsnomens und des Basisverbs, d. h. Antworten antworten und odpowiadać odpowiedź , die aufgrund einer entstehenden Tautologie, d. h. einer semantischen Redundanz, zu semantischer Inkompatibilität führen (vgl. Lappin 1981: 9 ff.). Die Funktionsnomen der Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź können im Text pronominal wiederaufgenommen werden. Durch die Wiederauf- 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 323 nahme der Funktionsnomen durch Relativpronomen können die Antworten unterschiedliche Satzgliedfunktionen in zwei zusammengeschlossenen Sätzen erfüllen. Der angeschlossene Relativsatz kann die Nominalphrase des Gefüges dabei um komplexe Informationen anreichern und verdichten, wobei das Funktionsnomen im Text anaphorisch wiederaufgenommen und thematisch weitergeführt werden kann. Im Folgenden gehe ich auf die Möglichkeiten zur Wiederaufnahme durch die Gefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję ein. 4.2.5.3 Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję 4.2.5.3.1 Direkte Wiederaufnahme durch lexikalische Rekurrenz und Pronominalisierung In den untersuchten Treffer(kon)texten zu Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję finden sich Belege für die direkte Wiederaufnahme von Informationen (vgl. Storrer 2013; Klinger 1983; s. Kap. 3.4), in denen das Funktionsnomen als Antezedens fungiert und pronominal oder durch lexikalische Rekurrenz wiederaufgenommen wird (20,70 % im Deutschen und 17,23 % im Polnischen). Im Folgenden gehe ich zuerst auf die Wiederaufnahme durch lexikalische Rekurrenz und anschließend auf die Wiederaufnahme durch Proformen ein, vgl. die folgenden Beispiele aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (44) Bestrebungen der Landesregierung von Württemberg-Baden aus dem Jahre 1946 […] wurden von der Militärregierung Württemberg-Baden mit Schreiben vom 21. Oktober 1946 gestoppt, bis eine endgültige Entscheidung der Militärregierung getroffen werde. Zu dieser Entscheidung kam es nicht. (45) W trakcie pracy grupy kierowania lotami ppłk Plusnin podjął decyzję o skierowaniu samolotu na lotnisko zapasowe […], jednak ta decyzja ppłk Plusnina została anulowana przez płk. Krasnokutskiego, […]. ‚Während der Arbeiten der Flugkontrollgruppe traf Oberstleutnant Plusnin die Entscheidung zum Landeanflug des Flugzeugs zum Ersatzflugplatz […], diese Entscheidung von Oberstlt. Plusnin wurde jedoch von Oberst Krasnokutski aufgehoben, […].‘ 324 4. Analyse Deutsch Polnisch (46) Die Entscheidung ist stets schriftlich zu treffen und zu begründen. Sie ist den Beteiligten zuzustellen. (47) Podczas tworzenia oprogramowania zespół musi podjąć szereg decyzji, choćby takich jaką technologię zastosować […]. ‚Während der Entwicklung der Software muss das Team eine Reihe von Entscheidungen treffen, beispielsweise solche, welche Technologie zu verwenden ist […].‘ In den Belegbeispielen (44) bis (47) finden sich direkte Wiederaufnahmen der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja , wobei sich (44) und (45) von (46) und (47) in der Art der Wiederaufnahme voneinander unterscheiden. Ich beginne mit den Belegen (44) und (45) und gehe anschließend auf die anderen beiden (46) und (47) ein. In (44) geht es um Bestrebungen der Landesregierung, die gestoppt wurden, bis eine endgültige Entscheidung […] getroffen werde , wobei im nächsten Satz ausgedrückt wird, dass es zu einer solchen Entscheidung nicht kam. Im polnischen Beispiel (45) wird in der Textpassage zu den Umständen der Flugzeugkatastrophe von 2010 in Smoleńsk berichtet, Oberstleutnant Plusnin hätte die Entscheidung zum Landeanflug aufgrund schlechter Witterungsbedingungen getroffen, wobei seine Entscheidung von Oberst Krasnokutski wieder rückgängig gemacht wurde. Die Entscheidungen werden sowohl im Deutschen als im Polnischen durch die Wiederholung der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja wiederaufgenommen und da die wiederaufgenommenen Entscheidungen in den Beispielen (44) und (45) mit den Funktionsnomen Entscheidung und decyzja referenzidentisch sind, können sie als direkte nominale Anaphern klassifiziert werden, d.h. Beispiele (44) und (45) sind Belege für die Wiederaufnahme von Informationen durch lexikalische Rekurrenz (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 76; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). In (46) und (47) werden die Nomen der Gefüge ebenfalls wiederaufgenommen, aber dort ergibt sich eine andere Verknüpfung als in (44) und (45): Im deutschen Beispiel (46) geht es um Entscheidungen, die schriftlich getroffen und begründet werden müssen, der Beleg bildet durch die Koordination der Verben gleichzeitig ein Beispiel für die Vereinheitlichung der Valenz, denn Entscheidung wird gleichzeitig mit treffen und begründen prädikatiert (vgl. Hinderdael 1985: 216; s. Kap. 3.2.1.2). Im nächsten Satz wird die Entscheidung weiter thematisiert, und zwar soll die Entscheidung den Beteiligten zugestellt werden, wobei 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 325 der Rückbezug auf die Entscheidung in (46) durch sie hergestellt wird. Im polnischen Belegbeispiel (47) ist eine ähnliche Verknüpfung festzustellen, denn es geht um die verschiedenen Entscheidungen, die bei der Software-Entwicklung getroffen werden müssen. Einige der Entscheidungen betreffen beispielweise die Technologie, die angewendet werden soll. Der Rückbezug auf das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ wird dabei durch das polnische Demonstrativpronomen takie ‚solche‘ hergestellt (vgl. Engel et al. 2016: 61). Demzufolge wird in den Belegbeispielen (46) und (47) der Rückverweis auf die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja durch die pronominale Wiederaufnahme hergestellt, d.h. es handelt sich bei sie in (46) und takie in (47) um Pronominalisierungen der Funktionsnomen (vgl. Engel et al. 1999: 61), wodurch die Entscheidungen im Deutschen und im Polnischen als Textreferenten behandelt und thematisch im Text wiederaufgenommen und weitergeführt werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 106). Der Substitutionstest mit den Basisverben ergibt die folgenden Paraphrasen (44) a. *Bestrebungen […] wurden von der Militärregierung Württemberg-Baden mit Schreiben vom 21. Oktober 1946 gestoppt […] bis endgültig der Militärregierung entschieden werde. Zu dieser Entscheidung kam es nicht (45) a. W trakcie pracy grupy kierowania lotami ppłk Plusnin zdecydował o skierowaniu samolotu na lotnisko zapasowe […], jednak ta decyzja […] została anulowana […]. ‚Während der Arbeiten der Flugkontrollgruppe traf Oberstleutnant Plusnin die Entscheidung zum Landeanflug des Flugzeugs zum Ersatzflugplatz […], diese Entscheidung […] wurde jedoch […] aufgehoben, […].‘ (46) a. *Zu entscheiden ist stets schriftlich und zu begründen. Sie ist den Beteiligten zuzustellen. (47) a. *Podczas tworzenia oprogramowania zespół musi zdecydować szereg, choćby takich jaką technologię zastosować […]. ‚*Während der Entwicklung der Software muss das Team eine Reihe entscheiden, beispielsweise solche, welche Technologie zu verwenden ist […].’ Die Paraphrasen (44a), (46a) und (47a) sind aus verschiedenen Gründen als ungrammatisch einzustufen, auf die ich im Einzelnen in den Abschnitten zur Informationsanreicherung und -verdichtung eingehe (s. Kap. 4.2.1). Hier thematisiere ich sie nur kurz: In (44a) wird die Paraphrase von der genitivisch erweiterten Nominalphrase der Militärregierung blockiert, denn die attribuierte Nominal- 326 4. Analyse phrase die Entscheidung der Militärregierung muss in der Paraphrase aufgelöst werden, wodurch das Genitivattribut der Militärregierung sein Bezugswort verliert (s. Kap. 4.2.1.3). Ähnliches gilt für die polnische Paraphrase (47a), in der das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ mit szereg ‚einer Reihe von‘ verknüpft ist, d.h. in Paraphrase (47a) fehlt das Bezugswort von szereg ‚einer Reihe von‘ (vgl. Skibicki 2016: 439f.), wodurch die Paraphrase ungrammatisch wird. In (46a) wird die Paraphrase ungrammatisch, weil das Funktionsnomen Entscheidung im Original mit zwei koordinierten Prädikaten verknüpft ist (Pafel 2011), d.h. durch das fehlende Subjekt zu dem Prädikat begründen wird die Paraphrase ungrammatisch (s. Kap. 4.2.2.2). In den Paraphrasen sind aber nicht nur grammatische und / oder semantische Veränderungen festzustellen, sondern auch in Bezug auf die Verknüpfung der Informationen und ihre Weiterführung im Text, denn durch die Substitution mit den Basisverben verschwinden die Nominalphrasen der Funktionsverbgefüge und damit auch die Funktionsnomen, auf die sich die Nomen Entscheidung und decyzja bzw. die Pronomen sie und takie in den anschließenden Sätzen beziehen. Bei Sätzen mit Basisverben, bei denen die Verbalhandlung im nächsten Satz durch eine Nominalisierung ausgedrückt wird, wie z. B. in (44a) und (45a) oder sie entscheiden X… diese Entscheidung ‚decydują X… decyzja ta‘, kann der Rückverweis auf das Prädikat durch die Wiederholung des Wortstamms hergestellt werden (vgl. Engel et al. 1999: 60), d. h. der Textzusammenhang bleibt bestehen, was bei pronominalen Bezügen wie in (46a) und (47a) nicht gelingt, denn mit Pronomen können keine Entscheidungshandlungen anaphorisch wiederaufgenommen werden, vgl. Sie entscheiden X… Sie … ‚decydują X … Taka‘, wodurch die Verknüpfungsrelationen im Text verloren gehen und nicht nur der Satz auf Satzebene ungrammatisch wird, sondern der Text wird dadurch inkohärent. Die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja können direkt durch die Wiederholung der Nomen oder die Pronominalisierung wiederaufgenommen werden und erfüllen als Textreferenten wesentliche Funktionen im Text, d. h. sie bilden durch ihre nominale Form Knotenpunkte als Bezugsgrößen im Text, auf die rückwärtsgewandt referiert werden kann, d. h. durch die Referenzfähigkeit der Funktionsnomen können Informationen wiederaufgenommen und im Text weitergeführt werden. Im Folgenden werden weitere Fälle von Wiederaufnahme von Informationen thematisiert, die in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen noch nicht behandelt wurden. 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 327 4.2.5.3.2. Weitere Fälle von Wiederaufnahme: Komplexanapher und -katapher Im Bereich der Wiederaufnahme von Informationen konnten im Wikipedia-Korpus Belege identifiziert werden, die in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen noch nicht thematisiert wurden. Im Abschnitt zur Informationsgewichtung (s. Kap. 4.2.4.5) durch das deutsche Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen wurde bereits ein Beispiel für eine Nominalphrase vorgestellt, bei dem sich das Funktionsnomen Entscheidung nicht auf einen einzelnen Textreferenten bezieht, sondern auf einen komplexen Entscheidungsprozess im Kontext (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 123). Im Folgenden gehe ich für das Deutsche und das Polnische auf Belege für Textverweise durch die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja ein, die sich nicht auf einzelne und durch Nominalphrasen ausgedrückte Textreferenten beziehen, sondern auf komplexe Sachverhalte in der Umgebung des Treffers, vgl. die folgenden Belegbeispiele aus dem deutschen und dem polnischen Wikipedia-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (48) Im April 2012 stieg Gitarrist und Keyboarder Chris Urbanowicz aus der Band aus. Diese Entscheidung sei mit Blick auf die zukünftige musikalische Ausrichtung und mit großer Schwermut getroffen worden. (49) Tiara proponuje mu, by chłopiec [Harry Potter; S. K.] znalazł się w Slytherinie, ale on usilnie prosi ją, by nie podejmowała takiej decyzji. ‚Der sprechende Hut schlägt vor, dass der Junge [Harry Potter; S. K.] nach Slytherin kommen soll, aber er bittet inständig darum, eine solche Entscheidung nicht zu treffen.‘ Das deutsche Beispiel (48) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zur britischen Rock- Band Editors, die der Gitarrist und Keyboarder Chris Urbanowicz 2012 verließ, wobei er die Entscheidung „mit Blick auf die zukünftige musikalische Ausrichtung und mit großer Schwermut getroffen“ hat. Das polnische Beispiel (49) stammt aus dem Wikipedia-Artikel zum Harry-Potter-Film „Der Stein der Weisen“, in dem die neuen Zauberlehrlinge von Hogwarts einem der vier Häuser zugeteilt werden (vgl. Wikipedia: Harry Potter i Kamień Filozoficzny (film)). Die Auswahl trifft ein sprechender Hut, der für Harry Potter das Haus Slytherin vorschlägt, aber Harry bittet inständig darum, eine solche Entscheidung nicht zu treffen. Im deutschen Beispiel ist das Funktionsnomen Entscheidung durch das Demonstrativpronomen diese linkserweitert, wodurch markiert wird, dass sich die Nominalphrase auf einen bekannten Textreferenten bezieht (vgl. Engel et al. 328 4. Analyse 1999: 60; Adamzik 2016: 252). Ein derartiger zuvor eingeführter Textreferent ist in Belegbeispiel (48) jedoch nicht identifizierbar, denn die Nominalphase diese Entscheidung bezieht sich auf den gesamten zuvor realisierten Satz, in dem es um den Gitarristen Chris Urbanowicz und seinen Ausstieg aus der Band geht. Dieser komplexe Entscheidungsprozess des Sängers mit dem Resultat des Ausstiegs aus der Band wird im nächsten Satz durch die Nominalphrase diese Entscheidung anaphorisch wiederaufgenommen. Da sich die Nominalphrase diese Entscheidung auf den zuvor verbalisierten komplexen Prozess bezieht, diesen zusammenfasst und anaphorisch wiederaufnimmt, kann das Funktionsnomen Entscheidung in diesem Belegbeispiel als Komplexanapher klassifiziert werden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 123; Marx 2011: 29; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Dadurch wird einerseits eine Klassifizierung des Ereignisses vorgenommen - der Ausstieg aus der Band ist z. B. eine Entscheidung und keine Dummheit - und andererseits wird erst durch die Zusammenfassung des Prozesses ein komplexer Referent eingeführt, der anschließend im Text wiederaufgenommen und weitergeführt werden kann (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 125 ff.). Ähnliches ist im polnischen Belegbeispiel zu beobachten: Das Funktionsnomen decyzja ‚Entscheidung’ wird um das Demonstrativpronomen takie ‚solche‘ erweitert, wodurch markiert wird, dass es sich um einen bekannten Textreferenten handelt (vgl. Engel et al. 1999: 61). Wie im deutschen Belegbeispiel wird im polnischen Beispiel (49) kein Textreferent in Form einer Nominalphrase eingeführt, sondern taka decyzja ‚eine solche Entscheidung‘ bezieht sich auf den gesamten zuvor verbalisierten Entscheidungsprozess des sprechenden Hutes in Bezug auf die Wahl des Hauses für Harry Potter, d. h. durch taka decyzja ‚eine solche Entscheidung‘ wird der gesamte Entscheidungsprozess in einer Nominalphrase zusammengefasst, wiederaufgenommen und klassifiziert (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 123; Marx 2011: 29). Da sich die Nominalphrase auf den komplexen und zuvor beschriebenen Prozess bezieht, ist diese erweiterte Nominalphrase des Funktionsnomens decyzja ‚Entscheidung’ auch im Polnischen als Komplexanapher zu interpretieren (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 123; Marx 2011: 29). Der Substitutionstest ergibt die folgenden Paraphrasen der Belege: (48) a. Im April 2012 stieg Gitarrist und Keyboarder Chris Urbanowicz aus der Band aus. Dies sei mit Blick auf die zukünftige musikalische Ausrichtung und mit großer Schwermut entschieden worden. (49) a. Tiara proponuje mu, by chłopiec […] znalazł się w Slytherinie, ale on usilnie prosi ją, by nie decydowała tak. ‚Der sprechende Hut schlägt vor, dass der Junge [Harry Potter] nach Slytherin kommen soll, aber er bittet inständig darum, nicht so zu entscheiden.‘ 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 329 Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podejmować decyzję werden mit den Basisverben entscheiden und decydować ersetzt, wodurch die erweiterten Nominalphrasen diese Entscheidung und taka decyzja aufgelöst werden müssen. Die Nominalphrasen werden durch die Pronomen dies und tak ‚so / auf diese Art‘ ersetzt. Da dies und tak ‚so / auf diese Art‘ auch unabhängig von Nomen vorkommen können, gelingen die Paraphrasen (48a) und (49a) und sind als grammatisch einzustufen. Trotz der Grammatikalität der Paraphrasen in beiden Sprachen sind im Vergleich von Original und Paraphrase sowohl im Deutschen als auch im Polnischen Veränderungen festzustellen. In der polnischen Paraphrase (49a) verändert sich durch die Substitution von taka decyzja ‚eine solche Entscheidung‘ mit tak decydować ‚so / auf diese Weise entscheiden‘ die Bedeutung des Satzes, denn tak ‚so / auf diese Weise‘ bezieht sich in Paraphrase (49a) auf die Art und Weise der Ausführung der Entscheidungshandlung, was zwar auch resultativ interpretiert werden kann, im Vergleich mit dem Original muss dies jedoch geschlussfolgert werden, d. h. die Paraphrase ist als ambig einzustufen. Da es sich in der deutschen Paraphrase (48a) bei dem Pronomen dies um ein stellvertretendes sprachliches Element handelt (vgl. IDS -Grammatik 2019: Demonstrativ-Pronomen) 377 , muss der Bezug auf eine Entität oder einen Sachverhalt rückwärtsgewandt nachvollzogen und identifiziert werden (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 54 ff.). Der Unterschied zwischen dies und diese Entscheidung liegt demzufolge in der Genauigkeit des Ausdrucks, denn durch diese Entscheidung wird ein Prozess in einer Nominalphrase zu einem Knotenpunkt zusammengefasst und als Entscheidung klassifiziert, die im Vorfeld des Originals als thematisch wiederaufgenommen und weitergeführt wird (vgl. Schwarz-Friesel / Consten 2014: 125). Ob das Vorfeld durch ein anaphorisches Nomen oder ein Stellvertreterelement besetzt ist, ist für die Textkonstitution nicht unwesentlich, denn durch psycholinguistische Experimente kann gezeigt werden, dass nominale Komplexanaphern einen höheren Aufmerksamkeitsfokus aufweisen als pronominale Komplexanaphern (vgl. Frank 2019: 399), d. h. semantisch leere Komplexanaphern bleiben im Kurzzeitgedächtnis nur kurz aktiv (vgl. Frank 2019: 398). Die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja erfüllen in diesen Beispielen demzufolge wichtige Funktionen in Bezug auf die Verknüpfung und die Wiederaufnahme von Informationen im Text. Die Substitution mit den Basisverben kann entweder zu Bedeutungsveränderungen oder zu Veränderungen in Bezug auf die Verarbeitung der Informationen im Kurzzeitgedächtnis führen. 377 https: / / IDS-Grammatik.ids-mannheim.de/ systematische-grammatik/ 404 (letzter Zugriff: 11. 05. 2019). 330 4. Analyse Die hohe Anzahl definiter Funktionsnomen im Vorfeld (20,35 % im Deutschen und 17,91 % im Polnischen) deutet darauf hin, dass das Funktionsnomen Entscheidung häufig (komplex-)anaphorische Bezüge im Text herstellt und als nominaler Knotenpunkt thematisch wiederaufgenommen und weitergeführt werden kann. Verweisrelationen können aber nicht nur rückwärtsgewandt hergestellt werden. Unter den Treffern zu Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję finden sich auch Belege für Funktionsnomen, die sich auf Entscheidungsprozesse beziehen, die erst nachstehend expliziert werden, vgl. die folgenden Belegbeispiele aus dem deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpus (Hervorhebung S. K.): Deutsch Polnisch (50) Bereits im August 1943 hatte Baeck in Theresienstadt erfahren, dass Auschwitz ein Vernichtungslager war, traf aber die Entscheidung, seinen Mitgefangenen nichts davon zu sagen. (51) Żona Knighta podejmuje ciężką decyzję - rozstaje się z mężem, by on mógł być ze swoją rodziną. ‚Die Frau von Knight trifft eine schwierige Entscheidung - sie trennt sich von ihrem Mann, damit er mit seiner Familie zusammen sein kann.‘ Im deutschen Beispiel (50) geht es um das Mitglied der Leipziger Burschenschaft Germania Baeck, der 1943 erfahren hatte, „dass Auschwitz ein Vernichtungslager war, [er] traf aber die Entscheidung, seinen Mitgefangenen nichts davon zu sagen“. Im polnischen Beispiel trifft in der US-amerikanischen Serie „Reich und Schön“ die Frau des Protagonisten Knight die Entscheidung, sich von ihrem Mann zu trennen, damit er mit seiner Familie zusammen sein kann . Im deutschen Beispiel (51) bezieht sich das Funktionsnomen auf die nachstehende Entscheidung im Infinitivsatz seinen Mitgefangenen nichts davon zu sagen und im polnischen Beispiel (51) bezieht sich die Entscheidung auf den nachstehenden Hauptsatz rozstaje się z mężem, by on mógł być ze swoją rodziną ‚sie trennt sich von ihrem Mann, damit er mit seiner Familie zusammen sein kann‘, d.h. sowohl im deutschen als auch im polnischen Beispiel ist zu beobachten, dass durch die Funktionsnomen Entscheidung und decyzja Entscheidungen angekündigt werden, die erst nachstehend, also kataphorisch aufgeführt werden (vgl. Schwarz-Friesel/ Consten 2014: 121). Da sich die Entscheidungen nicht auf nominal verbalisierte Textreferenten, sondern auf komplexe Sachverhalte und Prozesse beziehen, können sie analog zu den bereits thematisierten Komplex- 4.2. Qualitative Analyse: Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text 331 anaphern als Komplexkataphern klassifiziert werden (Frank 2018; s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Der Substitutionstest mit den Basisverben ergibt die folgenden Paraphrasen: (50) a. […] entschied aber, seinen Mitgefangenen nichts davon zu sagen. (51) a. *Żona Knighta decyduje ciężko - rozstaje się z mężem, by on mógł być ze swoją rodziną. ‚*Die Frau von Knight entscheidet schwierig - sie trennt sich von ihrem Mann, damit er mit seiner Familie zusammen sein kann’ Die Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję werden in den Paraphrasen (50a) und (51a) mit den Basisverben entscheiden und decydować ersetzt. Im deutschen Beispiel (50) entsteht durch die Substitution mit dem Basisverb eine Veränderung in Bezug auf die Position des Nomens im Original im Vergleich mit der Position des Basisverbs in der Paraphrase: Das Nomen steht im Original am rechten Rand des Mittelfelds, einer Position im Deutschen für wesentliche, rhematische Informationen (vgl. Wöllstein 2014; IDS-Grammatik 2019: Informationsstruktur des Mittelfeldes 378 ; s. Kap. 1.3; 4.2.4). Auf die verschiedenen Positionen von Funktionsnomen in Bezug auf die Markierung von Informationen als (un)wesentlich gehe ich im Abschnitt zur Informationsgewichtung detailliert ein (s. Kap. 4.2.4). Was an diesem Beleg jedoch gezeigt werden soll, ist die Veränderung, die durch das fehlende Nomen entsteht, denn das definite Funktionsnomen Entscheidung kündigt die wesentliche und durch die rechte Mittelfeldbesetzung markierte Entscheidung kataphorisch an, d. h. durch die Substitution mit dem Basisverb ergeben sich in Paraphrase (50a) Veränderungen in Bezug auf die Strukturierung der Informationen im Satz. Ebenso verhält es sich im polnischen Beispiel (51), das hier in der Paraphrase aufgrund der adjektivischen Erweiterung und der dadurch entstehenden Blockierung in der Paraphrase durch *ciężko decydować ‚*schwierig entscheiden‘ ungrammatisch wird 379 (s. Kap. 4.2.1). Durch die Substitution mit dem Basisverb fehlt auch im Polnischen das Funktionsnomen decyzja in Endstellung, das die nachstehende und wesentliche Entscheidung von Frau Knight ankündigt, d. h. sowohl im deutschen als auch im polnischen Beleg verändern sich durch die Paraphrasen die Verweisrelationen im Text und die als wesentlich markierten 378 https: / / grammis.ids-mannheim.de/ kontrastive-grammatik/ 4465 (letzter Zugriff: 11. 03. 2019). 379 Eine grammatische Paraphrase wäre zwar mit decyduje z ciężkim sercem ‚schweren Herzens‘ möglich, unterscheidet sich jedoch semantisch von podejmuje ciężką decyzję ‚trifft eine schwere Entscheidung‘. 332 4. Analyse Komplexkataphern verschwinden, wodurch die Informationen im Text im Vergleich mit den Paraphrasen anders strukturiert werden. Da satzförmige Erweiterungen, darunter auch Infinitivsätze und Hauptsätze, eine frequente Art der Erweiterung der Funktionsnomen Entscheidung und decyzja darstellen (19,30 % im Deutschen und 11,52 % im Polnischen), ist das Funktionsnomen in kataphorischer Verwendung eine häufig auftretende Möglichkeit zur Strukturierung von Informationen durch das Funktionsverbgefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję. 4.2.5.4. Zusammenfassung Funktionsnomen sind referenzfähig, wodurch im Text Wiederaufnahmerelationen hergestellt werden können. Dies ist sowohl durch Pronominalisierung als auch lexikalische Rekurrenz möglich. In Verbindung mit Zahladjektiven können Textreferenten pluralisch wiederaufgenommen oder angekündigt werden. Durch Anker im Vortext werden Funktionsnomen aktiviert und nehmen Inhalte indirekt wieder auf. Zudem können Funktionsnomen in Verbindung mit relationalen Adjektiven komparative Referenz herstellen. Als Nullanapher wiederaufgenommene Gefügenomen bilden implizite Funktionsverbgefüge. Funktionsverb-Partizipien erschließen die Sprachhandlung durch Inferenz und nehmen vorerwähnte Textreferenten wieder auf. Prozesse im Text können von Funktionsnomen als Komplexanaphern bzw. Kataphern zusammengefasst oder angekündigt werden (s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Die nominale Form der Funktionsverbgefüge bildet einen Knotenpunkt im Text und ist für die Wiederaufnahme von Informationen, die Zusammenfassung von Inhalten als auch die Kohärenzbildung in längeren Textabschnitten von Vorteil. Bei der Wiederaufnahme von Informationen fungieren Funktionsnomen entweder als Antezedens bzw. Anker und (in)direkte Anaphern und können Koreferenzketten bilden (s. Kap. 1.3; 3.4; 4.2.5). Durch die Substitution mit dem Basisverb geht der Zusammenhang im Text verloren, was zeigt, dass Funktionsverbgefüge wesentliche sprachliche Mittel zur Kohärenzbildung darstellen. 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse In der vorliegenden Arbeit wurden deutsche und polnische Funktionsverbgefüge auf ihre Leistungen im Textzusammenhang untersucht. Die Korpusstudie wurde auf der Datengrundlage von deutschen und polnischen Wikipedia-Artikeln ( IDS ) durchgeführt. Auf die Ergebnisse der Studie gehe ich im Folgenden ein. Für die Analyse von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang wurde mithilfe einer Kookkurrenzanalyse eine Methode entwickelt, um saliente Funktionsverbgefüge aus dem Deutschen Referenzkorpus zu generieren. Untersucht wurden (di)transitive Funktionsverben auf ihre nominalen Kookkurrenzen, die Basisverben sowie polnischen Äquivalenten zugeordnet wurden. Die Kookkurrenzanalyse bringt eine Liste mit salienten deutschen Funktionsverbgefügen hervor, die mit dem Bestand an Funktionsverbgefügen im Polnischen verglichen wurde (s. Anhang). Von diesen salienten deutschen Funktionsverbgefügen wurden die Konstruktionen Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente zada(wa)ć pytanie , da(wa)ć odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję ausgewählt, für die eine Stichprobe von 2337 Treffern aus den deutschen und polnischen Wikipedia-Artikel-Korpora ( WPD 15; WPP15) gezogen wurde. Die Treffer wurden in einem Trefferkontext von 10 Sätzen vor und nach dem Treffer exportiert und anschließend manuell bereinigt. Die manuelle Bereinigung der Treffer bringt ein Untersuchungskorpus mit 1767 Treffer(kon)texten und neun Teilkorpora hervor: drei Teilkorpora für das Deutsche und sechs für das Polnische, das für jedes der ausgewählten Gefüge eine perfektive und eine imperfektive Variante vorsieht. Angesichts der quantitativen Ergebnisse der Stichprobenziehung sowie der manuellen Bereinigung der Daten sind die Korpusabfragen der vorliegenden Arbeit als valide anzusehen und die Untersuchung kann repliziert werden. Unter Anwendung des korpusbasierten, quantitativ-qualitativen Ansatzes nach Lemnitzer / Zinsmeister (2015) werden die Wortverbindungen auf ihren Gebrauch im Kontext analysiert. Die folgenden Forschungsfragen wurden in der Korpusuntersuchung bearbeitet: 1. Mit welchen sprachlichen Einheiten können die ausgewählten deutschen und polnischen Funktionsverbgefüge verknüpft werden und welche Leistungen lassen sich am vorhandenen Datenmaterial nachweisen? 334 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 2. Können im Deutschen und im Polnischen vergleichbare Leistungen von Funktionsverbgefügen identifiziert werden und welche Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede gibt es? 3. Wie wirkt sich die Verknüpfung von Funktionsverbgefügen mit anderen sprachlichen Einheiten auf die Ebene des Textes aus? 4. Welche Leistungen erfüllen deutsche und polnische Funktionsverbgefüge im Textzusammenhang? 5. Wie lassen sich die Leistungen systematisieren und klassifizieren? Für die Beantwortung der Forschungsfragen wurde aus der Forschungsliteratur ein mehrdimensionales Kategorienset abgeleitet, das als Annotationsschema für die quantitative Analyse dient. Für die Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang wurden Erweiterungen, Position, Valenzrealisierung sowie die Referenz der Gefüge(nomen) analysiert. Die Analyse der Treffer(kon)texte ergibt, dass jedes der untersuchten Funktionsnomen mit Artikelwörtern, Adjektiven, Nomen, Phrasen und Sätzen erweitert werden kann. Im deutschen Korpus finden sich nominale Erweiterungen in Form von Funktionsnomen-Komposita, wie z. B. Veto-Entscheidung , die im polnischen Korpus nicht vorkommen. Grund hierfür ist, dass die Komposition keinen produktiven Wortbildungsprozess im Polnischen darstellt. Zu den häufigsten Erweiterungsarten der Funktionsnomen gehören Adjektive, Präpositionalphrasen in Kontaktstellung und Sätze. Die Adjektiverweiterungen wurden in Qualitäts- und Quantitätsadjektive, relationale und partizipiale Adjektive sowie nach der Komplexität der Adjektivphrase gegliedert. Unter den Adjektiverweiterungen sind für jedes Gefüge Qualitätsadjektive die frequentesten Erweiterungen, die meist in einfachen Adjektivphrasen realisiert werden. Aber auch komplexe Adjektivphrasen finden sich in jedem Teilkorpus, die häufiger als komplex-subordinierte Phrasen, z. B. sehr gute Fragen stellen , auftreten. Im Deutschen zeigt sich außerdem ein sehr frequenter Gebrauch von Artikelwörtern, was bei (un)bestimmten Artikeln nicht überraschend ist. Das Deutsche weist jedoch insgesamt auch eine größere Varianz bezüglich der Artikelverwendungen auf: Im deutschen Korpus finden sich häufiger Indefinit-, Demonstrativ-, Possessiv- Negationssowie Interrogativartikel als im polnischen Korpus. Für die Analyse der Position der Funktionsnomen wurde das topologische Modell herangezogen, das die Sätze in Felder unterteilt: Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld, die Satzklammer im Deutschen und das linke / rechte Feld sowie das Feld für den Verbalkomplex im Polnischen. Für eine genaue Positionsbestimmung der Funktionsnomen habe ich das deutsche Mittel- und Nachfeld sowie das polnische rechte Feld weiter in linken (Innen)Rand, Mittelteil und rechten (Innen) 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 335 Rand unterteilt. Diese detaillierte Vorgehensweise hat gegenüber der einfachen Einteilung des Satzes in drei bzw. fünf Felder den Vorteil, dass die Position des Funktionsnomens auf diese Weise sehr genau bestimmt werden kann. Die Positionsbestimmung der Funktionsnomen belegt die Anfangs-, Mittelsowie Endstellung der Nomen. Sowohl die deutschen als auch die polnischen Funktionsnomen weisen jedoch eine Tendenz zur Rechtspositionierung im Satz auf, d. h. im Deutschen am rechten (Innen)Rand und im Mittelteil des Mittelfeldes bzw. des rechten Feldes im Polnischen. Für die Analyse der Valenzrealisierung von Funktionsverbgefügen wurden die Valenzmuster von Frage stellen , Antwort geben und Entscheidung treffen auf der Grundlage der Valenzstrukturen der Basisverben fragen , antworten und entscheiden abgeleitet und am vorliegenden Datenmaterial überprüft. Die Ergebnisse zu den Valenzstrukturen der deutschen Gefüge wurden mit der Valenzrealisierung der polnischen Gefüge verglichen. In Bezug auf die Valenzmuster der deutschen und polnischen Funktionsverbgefüge zeigen sich Ähnlichkeiten der Vergleichssprachen: Frage stellen und zada(wa)ć pytanie sowie Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź weisen Präpositiv- und Dativergänzungen im Satzbauplan auf; Entscheidung treffen - podjąć / podejmować decyzję hat keine Dativ-, sondern nur eine Präpositivergänzung. Für das deutsche Gefüge Entscheidung treffen konnte anhand der Korpusdaten weiter festgestellt werden, dass es nicht nur ein Basisverb, sondern mehrere aufweist, was sich an den möglichen Präpositivergänzungen zeigt: • Entscheidung für von sich für etwas entscheiden , • Entscheidung zugunsten von zugunsten etwas entscheiden • und Entscheidung zu von sich zu etwas entscheiden . Die Analyse der Valenzrealisierung der deutschen und polnischen Funktionsverbgefüge zeigt, dass reduzierte Valenzmuster präferiert werden, d. h. oft werden die Gefüge ohne Dativ- und / oder Präpositivergänzung realisiert. Für die Analyse der Referenz wurde ein anaphern-spezifisches Kategoriensystem abgeleitet, das sich in direkte und indirekte Wiederaufnahmeformen gliedert. Die Untersuchung der Treffer(kon)texte von Frage stellen - zada(wa)ć pytanie , Antwort geben - da(wa)ć odpowiedź und Entscheidung treffen - podjąć / podejmować decyzję zeigt, dass die Funktionsnomen durch ihre Fähigkeit zur Referenz Wiederaufnahmerelationen im Text herstellen: Die Funktionsnomen können im Text direkt und indirekt wiederaufgenommen werden sowie auf vorerwähnte Textreferenten verweisen bzw. diese ankündigen, d. h. Frage - pytanie, Antwort - odpowiedź und Entscheidung - decyzja können im Text als (in)direkte Anaphern, Kataphern, Antezedenten und Anker fungieren sowie 336 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse Koreferenzketten bilden. Belege, in denen keine Wiederaufnahmerelationen hergestellt werden, sind im Vergleich jedoch selten. In Bezug auf die Erweiterungen, Positionen, Valenz sowie Referenz der Funktionsverbgefüge überwiegen die Gemeinsamkeiten zwischen dem Deutschen und dem Polnischen. Jedes Gefüge weist jedoch ein eigenständiges Verknüpfungspotenzial auf. Frage - pytanie geht oft mit Quantitätsangaben einher und wird mit (in) direkten Frage- und Relativsätzen sowie mehrfach erweitert. Am häufigsten wird Frage - pytanie am rechten (Innen)Rand des Mittelfelds bzw. des rechten Feldes realisiert. Die Gefüge Frage stellen - zada(wa)ć pytanie werden meist ohne Dativ und Präpositivergänzung realisiert, wobei sich im polnischen Korpus häufiger Dativergänzungen finden als im deutschen. Da das Polnische als Pro-Drop-Sprache keine obligatorische Subjektrealisierung aufweist, könnte die Dativergänzung im Polnischen zur Disambiguierung im Text beitragen, d. h. im Polnischen ist der Adressat der Frage zur Kontextualisierung wesentlich, während im Deutschen der Verursacher der Fragehandlung genannt wird. Die Gefüge Frage stellen - zada(wa)ć pytanie werden im Deutschen und im Polnischen oft passivisch realisiert: im Deutschen in Passivkonstruktionen, wie z. B. die Frage wurde gestellt , im Polnischen in Form von Funktionsverb-Partizipien, wie z. B. zadane pytanie ‚die gestellte Frage‘. Im Vergleich mit den Gefügen da(wa)ć odpowiedź und podjąć / podejmować decyzję weist zada(wa)ć pytanie die meisten Funktionsverb-Partizipien auf. In Bezug auf Wiederaufnahmerelationen im Text sind die Funktionsnomen Frage und pytanie häufig Antezedent oder Anker, die am Ende des Satzes als neue Referenten ein- und im weiteren Textverlauf weitergeführt werden. Frage - pytanie verweist am rechten Satzrand auf anschließende Fragesätze und strukturiert in der Verbindung mit Zahladjektiven den weiteren Textverlauf. Antwort - odpowiedź kommt mit dem Negationsartikel kein , partizipialen Adjektiven und Präpositionalphrasen in Kontaktstellung vor. Im polnischen Korpus finden sich häufiger satzförmige und mehrfache Erweiterungen als im deutschen. Die satzförmigen Erweiterungen von Antwort und odpowiedź beziehen sich auf Relativsätze sowie (in)direkte Rede im Anschluss. Das Funktionsnomen Antwort wird im Deutschen am häufigsten am rechten Innenrand des Mittelfeldes realisiert, im Polnischen besetzt odpowiedź den Mittelteil des rechten Feldes, d. h. Antworten werden im Deutschen als Vordergrundinformationen markiert, im Polnischen klammert odpowiedź andere Inhalte aus. In Bezug auf die Valenzrealisierung werden sowohl Antwort geben als auch da(wa)ć odpowiedź frequent entweder mit Präpositivergänzungen oder nur einem Subjekt realisiert. Selten finden sich im deutschen und polnischen Korpus dagegen Dativergänzungen. Interessant ist dieses Ergebnis im Vergleich mit dem Gefüge zada(wa)ć pytanie , 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 337 das häufig mit Dativergänzungen einhergeht: der Adressat der Frage wird im Polnischen also genannt, der Adressat der Antwort dagegen nicht. Der Grund für den geringen Anteil an Dativergänzungen von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź könnte darin liegen, dass entweder aus dem Kontext hervorgeht, an wen die Antwort gerichtet ist, oder es keinen spezifischen Adressaten gibt. Die Analyse der Valenz von Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź zeigt weiter, dass die Valenz der Gefüge mit der von anderen Verben und Nomen vereinheitlicht wird, wie z. B. Antwort und Rat geben oder dać odpowiedzi i wskazówki ‚Antworten und Hinweise geben‘. Dies kann mit der Produktivität der (Funktions-)Verben geben und da(wa)ć begründet werden. Bezüglich der Referenz von Antwort - odpowiedź fungieren die Funktionsnomen als indirekte Anaphern, die beispielsweise durch Fragen als Anker im Kontext ausgelöst werden. Im Vergleich mit Frage und pytanie sind Antwort - odpowiedź seltener Antezedens. Spezifisch ist für die Gefüge Antwort geben und da(wa)ć odpowiedź , dass sie durch die Präpositivergänzungen im Anschluss Aktion-Reaktion-Sequenzen in den Text einführen. Die Gefüge Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję weisen die größten Divergenzen auf: Das polnische perfektive Gefüge podjąć decyzję weicht signifikant vom syntaktischen und semantischen Verhalten von Entscheidung treffen und der imperfektiven Variante podejmować decyzję ab. Während Entscheidung treffen (42,46 %) und podejmować decyzję (31,97 %) häufig Adjektiverweiterungen aufweisen, wird podjąć decyzję (12,08 %) dagegen seltener adjektivisch attribuiert. Im Vergleich mit den Gefügen Frage stellen - zada(wa)ć pytanie und Antwort geben - da(wa)ć odpowiedź kommen in Verbindung mit Entscheidung und decyzja seltener Quantitätsangaben sowie relationale Adjektive vor. Sowohl im Deutschen als auch im Polnischen werden Entscheidungen mit Präpositionalphrasen in Kontaktstellung realisiert, die sich jedoch in Bezug auf die Quantität voneinander unterscheiden: Entscheidung treffen wird in 21,05 % präpositional erweitert, podjąć / podejmować decyzję in 55,76 %, was sich wiederum in podejmować decyzję mit 30,61 % und podjąć decyzję in 70,47 % aufteilt. Unter den satzförmigen Erweiterungen von Entscheidung treffen (41,82 %) und podjąć / podejmować decyzję (38,71 %) finden sich oft Relativsätze. Im Deutschen finden sich außerdem Infinitivsätze, die die Entscheidung spezifizieren. Zur Position der Funktionsnomen ergibt die Korpusanalyse, dass Entscheidung und decyzja im Vergleich mit Frage - pytanie und Antwort - odpowiedź häufiger in Anfangsstellung realisiert werden. Im Polnischen wird decyzja außerdem am linken Innenrand realisiert: das imperfektive podejmować decyzję in 35,37 %, das perfektive podjąć decyzję in 72,48 % der Treffer, d. h. in der Abfolge von Funktionsverb und -nomen ist bei podjąć decyzję ein Muster erkennbar. In Bezug auf die Valenz werden die deutschen Gefüge ohne eine Präpositivergänzung realisiert 338 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse (56,49 %). Im Polnischen kommen mit podjąć decyzję in 46,31 % Präpositivergänzungen vor; in Verbindung mit dem imperfektiven podejmować decyzję dagegen deutlich seltener (25,17 %), sodass sich für das perfektive podjąć decyzję das Muster Funktionsverb + Funktionsnomen + o -Präpositionalphrase ableiten lässt. Auffällig ist weiter in Bezug auf Entscheidung treffen und podjąć / podejmować decyzję, dass die Gefüge oft in Passivkonstruktionen eingebunden sind. In Bezug auf die Referenz der Funktionsnomen ergeben sich geringe Unterschiede zwischen den Konstruktionen: Im Deutschen fungiert das Funktionsnomen Entscheidung etwas häufiger als (in)direkte Anapher (33,33 %) als im Polnischen (26,35 %). Im Vergleich mit den Gefügen Frage stellen - zada(wa)ć pytanie und Antwort geben - da(wa)ć odpowiedź wird podjąć / podejmować decyzję seltener wiederaufgenommen. Die Position von podjąć decyzję ist im Satz weniger variabel und erscheint signifikant in der Abfolge Funktionsverb + Funktionsnomen + o -Präpositionalphrase, was darauf schließen lässt, dass podjąć decyzję einen höheren Grad an Festigkeit und Lexikalisierung aufweist als die imperfektive Variante und die deutschen Gefüge. Auf der Ebene des Textes erfüllen Funktionsverbgefüge in Kombination mit anderen sprachlichen Einheiten spezifische kommunikative Funktionen. In der vorliegenden Untersuchung habe ich die Anreicherung, die Verdichtung, Perspektivierung, Gewichtung und Wiederaufnahme von Informationen fokussiert. Aufgrund der Erweiterungen von Funktionsnomen durch Qualitäts- und Quantitätsadjektive, Präpositional- und Genitivphrasen sowie Sätze werden die Informationen im Text um Zahlen, Eigenschaften, Relationen und Verursacher angereichert. Konkret zeigt sich, dass im Kontext von auf -Präpositionalphrasen mit nicht-sprachlichen Ereignissen Antwort geben die zusätzliche Lesart ‚auf etwas reagieren‘ erfährt. Zusätzlich werden Antworten mit Modalitäten kontextualisiert, Entscheidungen stehen mit Besitzanzeigen im Zusammenhang und Fragen können berühmt werden sowie zu einem bestimmten Handlungsziel führen. Der Substitutionstest mit dem Basisverb zeigt, dass Funktionsverbgefüge in Verbindung mit Erweiterungen spezifische Bedeutungen im Kontext entfalten, die in der Paraphrase mit dem Basisverb verloren gehen und entweder zu ungrammatischen Sätzen, Ambiguitäten oder Bedeutungsveränderungen führen. Der Substitutionstest erweist sich in der Analyse von textuellen Funktionen von Funktionsverbgefügen als valide Untersuchungsmethode. Denn die Substitution von Funktionsverbgefügen mit dem Basisverb und der Vergleich von Original und Paraphrase zeigt nicht nur auf, ob die Konstruktionen, ohne an Grammatikalität einzubüßen, ersetzt werden können, sondern auch, inwieweit die Paraphrase von der Bedeutung des Originals abweicht. In der Analyse der Funktionsverbgefüge hinsichtlich ihrer textuellen Leistung hat sich diese Operationalisierung des Substitutionstests im Glinzschen Sinne bewährt. 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 339 Die Erweiterungen der Funktionsnomen können unterschiedlich komplex sein: Adjektive können in Adjektivphrasen koordiniert werden oder enthalten weitere subordinierte Elemente. Präpositionalphrasen können in Kombination mit weiteren Adjektiven, Genitivphrasen und Sätzen als Links- und Rechtserweiterungen der Funktionsnomen auftreten. Außerdem führt die Reduktion von Valenzmustern dazu, dass Aktanten im Satz nicht realisiert werden müssen. Die Valenzmuster von Funktionsverbgefügen und anderen Nomen oder Verben können so vereinheitlicht werden. Die Komplexität der Phrasen sowie die Realsierung der Valenz im Satz führen zur Verdichtung von Informationen im Text. Zudem finden sich Belege für die Verdichtung von Informationen, die in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen bisher nicht thematisiert wurden. Es kann zu einem Lesartenwechsel innerhalb einer vereinheitlichten Verbalphrase von Vollverbbedeutung zu Funktionsverbbedeutung kommen, z. B. etwas und eine Antwort geben . Durch komplexe partizipiale Erweiterungen der Funktionsnomen werden Informationen auf mehreren Ebenen verdichtet. Zum einen kann durch partizipiale Adjektive auf vergangene Prozesse verwiesen werden, zum anderen werden durch die Leerstellen der zugrunde liegenden Verbstruktur Textreferenten in die Partizipialphrase mit aufgenommen. Der qualitative Unterschied zur textuellen Funktion der Informationsanreicherung ist jedoch auf der strukturellen Ebene anzusiedeln und hängt weniger von der Menge an addierten sprachlichen Elementen ab. Hierbei zeigt der Substitutionstest mit dem Basisverb, dass mit steigender Komplexität des Funktionsnomens der Übertrag in eine äquivalente grammatische Paraphrase zunehmend schwerer fällt. Durch die Einsparung von Aktanten in Sätzen mit Funktionsverbgefügen können Aussagen verallgemeinert und aus einer Außenansicht zusammengefasst werden. Bei der Kombination aus Nomen und Qualitätsadjektiven entsteht eine textuelle Fokusverlagerung, die sowohl subjektive Bewertungen von Informationen transportiert als auch die Eigenschaften von Funktionsnomen fokussiert, wie z. B. jemandem peinliche Fragen stellen vs. jemanden peinlich fragen . Fokusverlagerungen können auch durch Funktionsverbgefüge in Passivkonstruktionen entstehen. Im Passiv können Funktionsnomen zum Subjekt des Satzes werden und die Satzbildung ist hierbei ohne Verursacher und Platzhalter-Es möglich, wie z. B. die Entscheidung wurde getroffen vs. es wurde entschieden . Andere Möglichkeiten zur Perspektivierung von Informationen im Text können durch partizipiale Erweiterungen von Funktionsnomen erreicht werden, die den Sachverhalt resultatsorientiert zusammenfassen, wie z. B. bejahende Antworten geben . Zusätzlich finden sich in der Umgebung von Fragen negativ konnotierte und metaphorische Begriffe, durch die Bedrohung ausgedrückt wird und wodurch unterschiedliche Machtverhältnisse antizipiert werden. Die vorhandene Emotionalisierung der Informationen im Text wurde in der Forschungsliteratur 340 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse zu Funktionsverbgefügen bislang nicht thematisiert. Im Falle der Substitution mit dem Basisverb verändert sich die Perspektive auf den Sachverhalt und führt zu Bedeutungsveränderung. Funktionsnomen können an unterschiedlichen Positionen im Satz stehen, wodurch sich unterschiedliche Möglichkeiten zur Gewichtung von Informationen im Text ergeben. Am häufigsten befinden sich Funktionsnomen in Endstellung, wodurch sie in den Informationsvordergrund gelangen. Ausnahmen bilden die polnischen Gefüge da(wa)ć odpowiedź ‚Antwort geben‘ und podjąć decyzję ‚Entscheidung treffen‘, die andere Inhalte ausklammern. Weniger häufig können auch andere Funktionsnomen in Mittelstellung vorkommen, wodurch andere Inhalte vordergründig sind. Hierbei besteht die Möglichkeit die Funktionsnomen durch einen Gewichtungsakzent hervorzuheben. In Anfangsstellung können die nominalen Komponenten das Thema des Satzes bilden. Vorhergehende Textreferenten werden so inhaltlich wiederaufgenommen, d. h. die Position der Funktionsnomen ist nicht nur wesentlich für die Gewichtung von Informationen, sondern auch für die thematische Progression bzw. Thema-Rhema-Gliederung im Text. Hinweise auf die unterschiedlichen Möglichkeiten, durch Funktionsverbgefüge auf die Informationsstruktur im Text einzuwirken, gibt es zwar in der Forschungsliteratur zu Funktionsverbgefügen (vgl. Heine 2005, Seifert 2006), aber erstens nicht in einem vergleichbaren Umfang und Genauigkeit (durch die weitere Unterteilung der Felder), wie in der vorliegenden Arbeit präsentiert wurde. Und zweitens existiert keine weitere Studie zur Position von Funktionsverbgefügen, die auf den Vergleich der Informationsstruktur des Sprachenpaares Deutsch-Polnisch zielt. Weiterhin können Funktionsverbgefüge direkte Wiederaufnahmerelationen durch lexikalische Rekurrenz und Pronominalisierung herstellen. Funktionsnomen in Verbindung mit Zahladjektiven können als Pluralanaphern Textreferenten wiederaufnehmen und ankündigen wodurch die Informationen im Text strukturiert werden. Funktionsnomen können durch Anker im Vortext aktiviert werden und nehmen indirekt Informationen wieder auf. Bei der Wiederaufnahme von Informationen fungieren Funktionsnomen also entweder als Antezedens bzw. Anker und (in)direkte Anapher und können Koreferenzketten bilden. Bislang nur sehr wenig erforscht wurde die Wiederaufnahme von Informationen durch Funktionsverbgefüge. Bisherige Untersuchungen zu Funktionsverbgefügen konzentrieren sich entweder auf eine einzelne sprachliche Ebene oder sie liefern kontextunabhängige Analysen. Durch die Verknüpfung von unterschiedlichen sprachlichen Ebenen und den Einbezug der Tefferkontexte in der vorliegenden Arbeit kann in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand Funktionsverbgefüge ein neues Forschungsfeld eröffnet werden. Denn bei der Verbindung von Grammatik und Textlinguistik zeigt sich umso mehr, dass 5. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 341 Funktionsverbgefüge wesentliche sprachliche Mittel zur Kohärenzbildung darstellen. Durch die strukturellen Eigenschaften der Nomen-Verb-Verbindungen und die Verknüpfung mit anderen sprachlichen Einheiten, wie relationalen Adjektiven, können beispielsweise komparative Anaphern entstehen. Zudem können die Gefügenomen als Nullanapher wiederaufgenommen werden, wodurch implizite Funktionsverbgefüge gebildet werden. Durch Funktionsverb-Partizipien, wie z. B. die gestellten Fragen - zadane pytania , können sowohl vorerwähnte Textreferenten wiederaufgenommen sowie die Sprachhandlung durch Inferenz erschlossen werden. Zusätzlich können die Funktionsnomen in Anfangsstellung als Komplexanaphern und in Endstellung als Kataphern Prozesse zusammenfassen oder ankündigen. Für die Wiederaufnahme von Informationen ist die nominale Form des Funktionsverbgefüges von Vorteil. Sie bildet einen Knotenpunkt im Text und fasst Inhalte zusammen. Durch den hohen Aufmerksamkeitsfokus im Satz sind sie in längeren Sätzen und Textpassagen für die Kohärenzbildung von Vorteil. Durch die Substitution mit dem Basisverb verliert der Text den Zusammenhang. Der Substitutionstest mit dem Basisverb erweist sich als überzeugende Methode der Analyse, die die Verwendung von Funktionsverbgefügen anstelle von Basisverben in bestimmten Kontexten begründet, erklärt und rechtfertigt. Funktionsverbgefüge sind demnach - entgegen der Auffassung in Schreibratgebern, DaF-Lehrwerken und der linguistischen Forschungsliteratur - nicht frei mit einem Basisverb austauschbar. Vielmehr zeigt sich, dass Funktionsverbgefüge aufgrund ihrer Leistungen im Textzusammenhang Basisverben in bestimmten Kontexten vorzuziehen sind. Daraus resultiert, dass Funktionsverbgefüge durch ihre strukturellen Eigenschaften als Verbindung von Verb und Nomen kohärenzstiftende Funktionen aufweisen und in beiden verglichenen Sprachen kontextuell nicht ersetzbar sind, ohne Bedeutungsveränderungen einzugehen. Durch den Gebrauch von Funktionsverbgefügen können Informationen im Text unterschiedlich angereichert, verdichtet, perspektiviert, gewichtet und wiederaufgenommen werden. Polnisch und Deutsch verhalten sich dabei ähnlich, die Unterschiede liegen in einzelsprachspezifischen Bereichen und im jeweiligen Konstruktionstyp. Damit beantworten die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit nicht nur die Frage nach der Funktion von Funktionsverbgefügen, sondern liefern auch empirisch fundierte und spezifizierte Aussagen zur deskriptiven kontrastiven deutsch-polnischen Grammatik. Die kontrastive Analyse zeigt darüber hinaus, dass Funktionsverbgefüge nicht (allein) als Asudruck des Aspekts anzusehen sind, weil sie im Polnischen, also einer Sprache mit der morphologischen Aspektmarkierung, vergleichbare textuelle Funktionen übernehmen wie im Deutschen. 342 6. Fazit und Ausblick 6. Fazit und Ausblick „Endlich Zeit für perfektes Timing Für Menschlichkeit und Respekt den klein' Dingen Endlich Zeit um Stellung zu beziehen Doch dafür brauch unser Held 'n gutes Team“ Dendemann: Zeitumstellung; Album: Da nich für, 2019 (Hervorhebung S. K.) Die Untersuchung von Funktionsverbgefügen zeigt klar ihre spezifischen kommunikativen Leistungen und ihre Bedeutung für den Textzusammenhang. Die im qualitativen und quantitativen Teil vorgestellten empirischen Ergebnisse widerlegen die verbreitete Auffassung, dass Funktionsverbgefüge mit dem Basisverb gleichzusetzen oder sogar zu vermeiden sind. Die Kritik in Schreib- und Stilratgebern, in universitären Richtlinien zum Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten und in Textanalysetools ist unbegründet. Auch die Hinweise und Übungen in DaF-Lehrwerken zum Umgang mit Funktionsverbgefügen sind zu hinterfragen. Vielmehr zeigt sich unter verschiedensten Gesichtspunkten der breit angelegten Untersuchung, dass Funktionsverbgefüge im täglichen Sprachgebrauch unabdingbar sind. Die Erweiterung der Nominalphrase durch Attribute und Artikelwörter führt zur Anreicherung und Spezifikation von Informationen. Die Ko- und Subordination von sprachlichen Einheiten ermöglicht die Verdichtung von komplexen Informationen auf engem Raum sowie ihre Verknüpfung durch Konnexion. Zusätzlich können durch die variierende Position der nominalen Komponente Inhalte verschieden gewichtet und perspektiviert werden, was sich zum einen auf die Thema-Rhema-Gliederung auswirkt. Zum anderen kann das Nomen als Rhema im Prätext als Thema wiederaufgenommen und weitergeführt werden, wodurch Koreferenzketten gebildet werden können und die thematische Progression gewährleistet wird. Darüber hinaus ließen sich weitere Fälle von Wiederaufnahme identifizieren. Neben der direkten und indirekten Wiederaufnahme finden sich Belege einerseits für eine abgewandelte, recycelte Reproduktion, die durch Anaphorik und Inferenzziehung in Form von Partizipien auf den Prätext verweist, andererseits können auch durch die indirekte Wiederaufnahme implizite Funktionsverbgefüge gebildet werden, bei denen auf der Textoberfläche nur noch Teile der Konstruktion in Verbindung mit Erweiterungen zu finden sind. 6. Fazit und Ausblick 343 Die in der Forschungsliteratur gelisteten Leistungen konnten am vorliegenden Datenmaterial nachgewiesen werden. Die folgenden textuellen Funktionen konnten im Zusammenhang mit Funktionsverbgefügen identifiziert werden: Informationsanreicherung, Informationsverdichtung, die Perspektivierung, die Gewichtung sowie die Wiederaufnahme von Informationen. Die Wiederaufnahme von Informationen unterscheidet sich jedoch von den anderen Kategorien: Einerseits bezeichnet die Wiederaufnahme von Informationen sowohl die Kategorie als auch die textuelle Funktion. Andererseits verhält sich diese Kategorie quer zu den anderen Kategorien, weil auch durch die Anreicherung, Verdichtung, Gewichtung und / oder Perspektivierung Inhalte wiederaufgenommen werden können. Der Substitutionstest weist nach, dass Funktionsverbgefüge Informationen im Satz anders verteilen, gewichten und wiederaufnehmen können, wodurch die Perspektive auf den Inhalt verändert wird. Deutsch und Polnisch verhalten sich dabei ähnlich, sie unterschieden sich aber in einzelsprachspezifischen Bereichen, wie der Produktivität der Komposition als Wortbildungsverfahren oder der Existenz eines Nachfelds. Weiterhin konnten Typen von Wiederaufnahme identifiziert werden, die bislang noch nicht in der Forschungsliteratur zu Nomen-Verb-Verbindungen beschrieben wurden. Durch Inferenzziehung und indirekte Anaphorik können so auch implizite Funktionsverbgefüge gebildet werden, die in der Tiefenstruktur des Textes sichtbar gemacht werden konnten. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass es sich lohnt, einen Perspektivwechsel von der syntaktischen auf die Textebene vorzunehmen. Denn von dieser Ebene aus wird das enorme Verknüpfungspotenzial von Nomen-Verb-Verbindungen sichtbar. Die ähnlichen Ergebnisse in beiden Sprachen stützen die These, dass Funktionsverbgefüge zur Kohärenzbildung beitragen. In der Arbeit wurde zudem eine eigene Methode entwickelt, mit der saliente Funktionsverbgefüge aus einem Korpus generiert werden können. Anschließend können sie polnischen Funktionsverbgefügen zugeordnet werden. In Bezug auf die Arbeit von Taborek (2017, 2018), können die ermittelten Funktionsverbgefüge-Paarungen mithilfe seiner korpusbasierten Methode durch den Vergleich von syntagmatischen Mustern der Gefüge auf Voll- oder Teiläquivalenz überprüft werden. Die vorliegende Arbeit ist für mono- und bilinguale Wörterbuchprojekte nicht nur methodisch, sondern auch inhaltlich gewinnbringend. Die Untersuchung ist zusätzlich für die Konzeption von DaF-Lehrwerken von Nutzen. Meine Liste von im Deutschen relevanten Gefügen kann verwendet werden, um sie in Lehrwerken implizit oder explizit zu thematisieren. Durch das Verknüpfungspotenzial der Gefüge kann außerdem gezeigt werden, dass es sich lohnen kann, sie im DaF- Unterricht und hinsichtlich ihrer textuellen 344 6. Fazit und Ausblick Funktionen zu behandeln. Die Arbeit stellt dafür geeignete und authentische Texte bereit, die sich durch Verständlichkeit auszeichnen. Auch die Auseinandersetzung mit dem Wikipedia-Korpus zeigt, dass die Inhalte dort trotz der Richtlinien in den Guidelines zur Neutralität und Objektivität nicht eingehalten werden. In Wikipedia-Artikeln werden Inhalte perspektiviert, durch z. B. Aussparung von Informationen, die die Funktionsverbgefüge aufgrund der unterschiedlichen Valenzstrukturen möglich machen. Durch adjektivische Erweiterungen können Leser und Leserinnen der Artikel emotionalisiert werden, wenn beispielsweise von drängenden, bedrohlichen oder lähmende Fragen die Rede ist. Die Zahlen zeigen die häufigen Adjektivverwendungen, die nicht nur sachlich, sondern auch wertend sind. Interessant ist, wie Beispiele aus der vorliegenden Arbeit zeigen, dass Funktionsverbgefüge auch in der gesprochenen Sprache und stilistisch vielfältigen Textsorten vorkommen. Zu Funktionsverbgefügen und gesprochener Sprache gibt es bislang nur vereinzelt Hinweise aus Untersuchungen zur Gesprächsforschung, in deren Daten sich Funktionsverbgefüge finden. Eine Monografie oder Untersuchungen auf einer umfangreichen Datengrundlage zu Funktionsverbgefügen in der gesprochenen Sprache gibt es derzeit noch nicht. In Anschlussstudien könnten auch Korpora mit gesprochenen Daten herangezogen und die Thesen der Arbeit überprüft werden. Funktionsverbgefüge finden auch in Rap-Texten Verwendung. Hierbei bilden sich auch rap-spezifische Funktionsverbgefüge, wie Rhymes oder Raps kicken , heraus. Auch bei weiteren Textsorten, die stilistisch einen anderen Sprachduktus aufweisen, wie z. B. im Internet, in Social Media, kann untersucht werden, welche Funktionsverbgefüge Verwendung finden und wie sich Untersuchungen dazu methodisch umsetzen lassen. Funktionsverbgefüge, wie Frage stellen, kommen auch in typologisch unterschiedlichen Sprachen auf der Welt vor, wie z. B. im Griechischen, Türkischen, Spanischen und im Russischen. Die vorliegende Arbeit kann also nicht nur für das Deutsche und Polnische, sondern auch für Untersuchungen in anderen Sprachen relevant sein. Literaturverzeichnis 345 Literaturverzeichnis Abramov, Boris A. (1978). Über einige Regularitäten in den Valenzeigenschaften der verbalen Streckformen vom Bautyp „präpositionale nominale Komponente + verbale Komponente“ (in Bewegung sein, kommen, bringen). In: Abraham, Werner (Hrsg.). Valence, Semantic Case and Grammatical Relations (= Studies in Language Companion Series 1). Amsterdam: J. Benjamins, 1-8. Abramov, Boris A. (1989). Deutsche und russische Funktionsverbgefüge vom Bautyp „präpositionales Substantiv + Verb“ in konfrontativer Sicht. In: Buscha, Joachim / Schröder, Jochen (Hrsg.). Linguistische und didaktische Grammatik. Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache. Leipzig: Verlag Enzyklopädie, 89-99. Adamzik, Kirsten (2016). 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Anhang 367 Anhang Anhang 369 Korpusabfragen Deutsch • Änderung vornehmen: &Änderung / s0 &vornehmen • Arbeit leisten: &Arbeit / s0 &leisten • Information geben: &Information / s0 &geben • Frage stellen: # LINKS ((&Frage %-w1 in) / +s0 &stellen) ODER # RECHTS ((&Frage %-w1 in) / -s0 &stellen) • Entscheidung treffen: &Entscheidung / s0 &treffen • Antwort geben: &Antwort / s0 &geben • Beitrag leisten: &Beitrag / s0 &leisten • Versuch unternehmen: &Versuch / s0 &unternehmen • Änderung vornehmen: &Änderung / s0 &vornehmen • Arbeit leisten: &Arbeit / s0 &leisten • Information geben: &Information / s0 &geben • Hilfe leisten: &Hilfe / s0 &leisten • Vorbereitung treffen: &Vorbereitung / s0 &treffen • Zustimmung erteilen: &Zustimmung / s0 &erteilen Polnisch • zadać pytanie (Frage stellen, perfektiv): (zadać ODER zadam ODER zadałem ODER zadałam ODER zadasz ODER zadałeś ODER zadałaś ODER zada ODER zadał ODER zadała ODER zadało ODER zadamy ODER zadaliśmy ODER zadałyśmy ODER zadacie ODER zadaliście ODER zadałyście ODER zadają ODER zadali ODER zadały ODER zadał ODER zadała ODER zadałbym ODER zadałabym ODER zadałbyś ODER zadałabyś ODER zadało ODER zadałby ODER zadałaby ODER zadałoby ODER zadali ODER zadalibyśmy ODER zadałybyśmy ODER zadali ODER zadały ODER zadalibyście ODER zadałybyście ODER zadaliby ODER zadałyby ODER 370 Korpusabfragen zadaj ODER zadajmy ODER zadajcie ODER zadadzą ODER zadane ODER zadawszy)/ s0 (pytanie ODER pytania ODER pytań ODER pytaniu ODER pytaniom ODER pytaniem ODER pytaniami ODER pytaniu ODER pytaniach) • zadawać pytanie (Frage stellen, imperfektiv): (zadawać ODER zadaję ODER zadawałem ODER zadawałam ODER zadajesz ODER zadawałeś ODER zadawałaś ODER zadawała ODER zadaje ODER zadawał ODER zadawała ODER zadawało ODER zadajemy ODER zadawaliśmy ODER zadawałyśmy ODER zadajecie ODER zadawaliście ODER zadawałyście ODER zadają ODER zadawali ODER zadawał ODER zadawał ODER zadawała ODER zadawałbym ODER zadawałabym ODER zadawał ODER zadawały ODER zadawała ODER zadawałbyś ODER zadawałabyś ODER zadawałby ODER zadawałaby ODER zadawałoby ODER zadawał ODER zadawała ODER zadawało ODER zadawałby ODER zadawałaby ODER zadawałoby ODER zadawali ODER zadawały ODER zadawalibyśmy ODER zadawałybyśmy ODER zadawali ODER zadawały ODER zadawalibyście ODER zadawałybyście ODER zadawali ODER zadawały ODER zadawaliby ODER zadawałyby ODER zadawaj ODER zadaje ODER zadawajmy ODER zadawajcie ODER zadający ODER zadawane ODER zadając)/ s0 (pytanie ODER pytania ODER pytań ODER pytaniu ODER pytaniom ODER pytaniem ODER pytaniami ODER pytaniu ODER pytaniach) • dać odpowiedź (Antwort geben, perfektiv): (dać ODER dam ODER dałem ODER dałam ODER dasz ODER dałeś ODER dałaś ODER zadawała ODER da ODER dał ODER dała ODER dało ODER damy ODER daliśmy ODER dałyśmy ODER dacie ODER daliście ODER dałyście ODER dadzą ODER dali ODER dały ODER dałbym ODER dałabym ODER dałbyś ODER dałabyś ODER dałby ODER dałaby ODER dałoby ODER zadawałby ODER zadawałaby ODER zadawałoby ODER dalibyśmy ODER dałybyśmy ODER dalibyście ODER dałybyście ODER daliby ODER dałyby ODER daj ODER da ODER dajmy ODER dajcie ODER dający ODER dająca ODER dana ODER dane ODER dając ODER dawszy)/ s0 (odpowiedź ODER odpowiedzi ODER odpowiedziom ODER odpowiedzią ODER odpowiedziami ODER odpowiedziach) • dawać odpowiedź (Antwort geben, imperfektiv): (dawać ODER daję ODER dajesz ODER daje ODER dajemy ODER dajecie ODER dają ODER dawałem ODER dawałam ODER dawałeś ODER dawałaś ODER dawał ODER dawała ODER dawało ODER dawaliśmy ODER dawałyśmy ODER dawaliście ODER dawałyście ODER dawali ODER dawały ODER dawał ODER dawała ODER dawało ODER dawały ODER dawali ODER dawały ODER dawałbym ODER dawałabym ODER dawałbyś ODER dawałabyś ODER dawałby ODER dawałaby ODER dawałoby ODER dawalibyśmy ODER Anhang 371 dawałybyśmy ODER dawalibyście ODER dawałybyście ODER dawaliby ODER dawałyby ODER dawaj ODER dawajmy ODER dawajcie ODER dający ODER dająca ODER dawana ODER dawane ODER dając)/ s0 (odpowiedź ODER odpowiedzi ODER odpowiedziom ODER odpowiedzią ODER odpowiedziami ODER odpowiedziach) • podejmować decyzję (Entscheidung treffen, imperfektiv): (podejmować ODER podejmuję ODER podejmujesz ODER podejmuje ODER podejmujemy ODER podejmujecie ODER podejmują ODER podejmowałem ODER podejmowałam ODER podejmowałeś ODER podejmowałaś ODER podejmował ODER podejmowała ODER podejmowało ODER podejmowaliśmy ODER podejmowałyśmy ODER podejmowaliście ODER podejmowałyście ODER podejmowali ODER podejmowały ODER podejmowała ODER podejmowałbym ODER podejmowałabym ODER podejmowałbyś ODER podejmowałabyś ODER podejmowałby ODER podejmowałaby ODER podejmowałoby ODER podejmowalibyśmy ODER podejmowałybyśmy ODER podejmowalibyście ODER podejmowałybyście ODER podejmowaliby ODER podejmowałyby ODER podejmuj ODER podejmujmy ODER podejmujcie ODER podejmujący ODER podejmująca ODER podejmowana ODER podejmowane ODER podejmując)/ s0 (decyzja ODER decyzje ODER decyzję ODER decyzji ODER decyzjom ODER decyzją ODER decyzjami ODER decyzjach ODER decyzjo) • podjąć decyzję (Entscheidung treffen, perfektiv): (podjąć ODER podejmę ODER podejmiesz ODER podejmie ODER podejmiemy ODER podejmiecie ODER podejmą ODER podjąłem ODER podjęłam ODER podjąłom ODER podjąłeś ODER podjęłaś ODER podjąłoś ODER podjął ODER podjęła ODER podjęło ODER podjęliśmy ODER podjęłyśmy ODER podjęliście ODER podjęłyście ODER podjęli ODER podjęły ODER podejmij ODER podejmijcie ODER podejmijmy ODER podjąłby ODER podjąłbyś ODER podjąłbym ODER podjąwszy ODER podjęła ODER podjęłaś ODER podjęłaby ODER podjęłabyś ODER podjęłabym ODER podjęłam ODER podjęło ODER podjęłoby ODER podjęły ODER podjęłyście ODER podjęłyśmy ODER podjęłyby ODER podjęłybyście ODER podjęłybyśmy ODER podjęta ODER podjęte ODER podjęcia ODER podjęcie ODER podjęli ODER podjęliście ODER podjęliśmy ODER podjęliby ODER podjęlibyście ODER podjęlibyśmy ODER podjęta ODER podjęte ODER podjętej ODER podjęto ODER podjętym ODER podjętymi)/ s0 (decyzja ODER decyzje ODER decyzję ODER decyzji ODER decyzjom ODER decyzją ODER decyzjami ODER decyzjach ODER decyzjo) • wnieść wkład (Beitrag leisten, perfektiv): (wnieść ODER wniosę ODER wniesiesz ODER wniesie ODER wniesiemy ODER wniesiecie ODER wniosą ODER wniosłem ODER wniosłam ODER 372 Korpusabfragen wniosłeś ODER wniosłaś ODER wniósł ODER wniosła ODER wniosło ODER wniesliśmy ODER wniosłyśmy ODER wnieśliście ODER wniosłyście ODER wnieśli ODER wniosły ODER wniósłbym ODER wniosłabym ODER wniósłbyś ODER wniosłabyś ODER wniósłby ODER wniosłaby ODER wniosłoby ODER wnieślibyśmy ODER wniosłybyśmy ODER wnieślibyście ODER wniosłybyście ODER wnieśliby ODER wniosłyby ODER wnieś ODER wniesie ODER wnieśmy ODER wnieście ODER wniosą ODER wniosłszy)/ s0 (wkład ODER wkłady ODER wkładu ODER wkładom ODER wkładami ODER wkładowi ODER wkładzie ODER wkładach ODER wkładów ODER wkładem) • wnosić wkład (Beitrag leisten, imperfektiv) (wnosić ODER wnoszę ODER wnosisz ODER wnosi ODER wnosimy ODER wnosicie ODER wnoszą ODER wnosiłem ODER wnosiłam ODER wnosiłeś ODER wnosiłaś ODER wnosił ODER wnosiła ODER wnosiło ODER wnosiliśmy ODER wnosiłyśmy ODER wnosiliście ODER wnosiłyście ODER wnosili ODER wnosiły ODER wnosiłbym ODER wnosiłabym ODER wnosiłbyś ODER wnosiłabyś ODER wnosiłby ODER wnosiłaby ODER wnosiłoby ODER wnosilibyśmy ODER wnosiłybyśmy ODER wnosilibyście ODER wnosiłybyście ODER wnosiliby ODER wnosiłyby ODER wnoś ODER wnosi ODER wnośmy ODER wnoście ODER niech wnoszą ODER wnoszący ODER wnosząca ODER wnoszony ODER wnoszone ODER wnosząc)/ s0 (wkład ODER wkłady ODER wkładu ODER wkładom ODER wkładami ODER wkładowi ODER wkładzie ODER wkładach ODER wkładów ODER wkładem) Wortliste Funktionsverbgefüge-- Kookkurrenzanalyse und Zuordnung polnischer Konstruktionen • Nomen-Verb-Verbindungen aus den 100 ersten Kookkurrenzpartnern aus De- ReKo (2018-I) • Verwendete Wörterbücher: DWDS online (2019), Pons online (2019), Linguee online (2019), Dict.cc online (2019), Leo.org online (2019), Google Translator 374 Wortliste Funktionsverbgefüge Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV geben in Auftrag geben beauftragen podawać / podać zlecenie zlecić / zlecać einen Grund geben begründen dać / dawać powód powodować Antwort geben antworten dać / dawać odpowiedż odpowiedzieć/ odpowiadać Ja geben bejahen potwierdzić/ potwierdzać nehmen Platz nehmen platzieren zająć miejsce umieszczać / umieścić Abschied nehmen s. verabschieden żegnać/ pożegnać Rücksicht nehmen berücksichtigen mieć wzgląd uwzględnić / uwzględniać Einfluss nehmen beeinflussen wywrzeć / wywierać wpływ wpłynąć / wpływać seinen Anfang nehmen anfangen brać / wziąć początek rozpoczynać / rozpocząć Bad nehmen baden brać / wziąć kąpiel kąpać / wykąpać się Verlauf nehmen verlaufen przyjąć/ przyjmować obrót von Notiz nehmen notieren zwrócić na coś uwagę uważać Wendung nehmen sich wenden przybierać / przybrać obrót obracać / obrócić Rache nehmen s. rächen wywrzeć / wywierać zemstę mścić / zemścić się ausüben Amt ausüben amtieren pełnić urząd urzędować Einfluss ausüben beeinflussen wywierać/ wywrzeć wpływ wpływać/ wpłynąć Funktion ausüben funktionieren pełnić funkcję funkcjonować Anhang 375 Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV Kontrolle ausüben kontrollieren sprawować kontrolę kontrolować Faszination ausüben faszinieren wywierać fascynację fascynować Tätigkeit ausüben tätigen prowadzić działalność działać Mandat ausüben mandatieren (veralt.) wypełniać mandat - Arbeit ausüben arbeiten wykonywać pracę pracować Recht ausüben rechten (gehob.) korzystać/ skorzystać z prawa - Aufgabe ausüben aufgeben wykonać/ wykonywać zadanie zadać/ zadawać Terror ausüben terrorisieren terroryzować Zensur ausüben zensieren stosować cenzurę cenzurować Jagd ausüben jagen polować Autorität ausüben autorisieren wykonać/ wykonywać władzę wykonawczą władać Sog ausüben saugen wywierać siłę przyciągania przyciągać anstellen Überlegung anstellen überlegen rozważać / rozważyć Vergleich anstellen vergleichen dokonać/ dokonywać porównań porównać/ porównywać Vermutung anstellen vermuten snuć przypuszczenia przypuszczać Untersuchung anstellen untersuchen sporządzać/ sporządzić analizę analizować Berechnung anstellen berechnen robić obliczenia obliczać Recherche anstellen recherchieren prowadzić poszukiwania poszukiwać Spekulation anstellen spekulieren robić spekulacje spekulować 376 Wortliste Funktionsverbgefüge Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV Ermittlung anstellen ermitteln prowadzić dochodzenie dochodzić Mutmaßung anstellen mutmaßen podejmować zgadywanie zgadywać Versuch anstellen versuchen czyniąc / przeprowadzać próbę próbować Betrachtung anstellen betrachten snuć rozważania rozważać / rozważyć Beobachtung anstellen beobachten dokonać/ dokonywać obserwacji obserwować Erwägung anstellen erwägen podejmować przemyślenia/ rozważania rozważać / rozważyć Hochrechnung anstellen hochrechnen oszacować erteilen Wort erteilen worten (selten) udzielać/ udzielić głosu - Auftrag erteilen auftragen wydawać / wydać zlecenie zlecić/ zlecać Genehmigung erteilen genehmigen wydawać / wydać pozwolenie pozwolić/ pozwalać Information erteilen informieren udzielać/ udzielić informacji informować / poinformować Baugenehmigung erteilen Bau genehmigen wydawać / wydać zezwolenie na budowę zezwalać/ zezwolić Bewilligung erteilen bewilligen udzielać/ udzielić zezwolenia zezwalać/ zezwolić Erlaubnis erteilen erlauben udzielać/ udzielić pozwolenia pozwolić/ pozwalać Unterricht erteilen unterrichten udzielać/ udzielić lekcji - Ratschlag erteilen ratschlagen udzielać/ udzielić porad radzić / poradzić Befehl erteilen befehlen wydawać / wydać rozkaz rozkazać / rozkazywać Rat erteilen raten udzielać / udzielić rady radzić / poradzić Weisung erteilen weisen udzielać / udzielić instrukcji instruować / poinstruować Anhang 377 Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV Lizenz erteilen lizenzieren udzielać / udzielić licencji licencjonować Segen erteilen segnen udzielać / udzielić błogosławieństwa błogosławić / pobłogosławić Info erteilen informieren udzielać / udzielić informacji informować / poinformować Mandat erteilen mandatieren (veralt.) udzielać / udzielić mandat - Konzession erteilen konzessionieren udzielać / udzielić koncesji koncesjonować Anweisung erteilen anweisen wydawać / wydać zlecenie zlecić/ zlecać Note erteilen benoten podać / podawać ocenę oceniać / ocenić Ausnahme erteilen ausnehmen robić / zrobić wyjątek - Nachhilfe erteilen nachhelfen udzielać / udzielić korepetycji üben Kritik üben kritisieren poddać/ poddawać krytyce krytykować Geduld üben gedulden okazywać / okazać cierpliwość - Einfluss üben einfließen/ beeinflussen wywierać/ wywrzeć wplyw wpływać/ wpłynąć Rache üben rächen mścić / zemścić Verzicht üben verzichten rezygnować Toleranz üben tolerieren ćwiczyć tolerancje tolerować Disziplin üben disziplinieren przestrzegać dyscypliny sich in Optimismus üben - - - 378 Wortliste Funktionsverbgefüge Konstruktionen Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV vornehmen Änderung vornehmen ändern przeprowadzać / przeprowadzić zmianę zmienić Veränderung vornehmen verändern przeprowadzać / przeprowadzić zmianę zmienić Korrektur vornehmen korrigieren przeprowadzać, przeprowadzić korekturę korygowac Ehrung vornehmen ehren szanować Anpassung vornehmen anpassen dokonać/ dokonywać zmian dopasowywać Eingriff vornehmen eingreifen dokonywać/ dokonać ingerencji ingerować Untersuchung vornehmen untersuchen sporzadzać, sporzadzić badanie / dochodzenie / analize badać, dochodzić Bewertung vornehmen bewerten zrobić/ robić ocene oceniac Kürzung vornehmen kürzen dokonać redukcji redukować/ zredukować Verbesserung vornehmen verbessern dokonywać/ dokonać porawy poprawic Prüfung vornehmen prüfen poddawać testowi testować Investition vornehmen investieren podjać / podejmować inwestycję inwestować Einsparung vornehmen einsparen zrobić / robić oszczędnośći zaoszczędzić Abschreibung vornehmen abschreiben dokonać/ dokonywać odpisu odpisać Umstellung vornehmen umstellen dokonać/ dokonywać zmiany zmienić Messung vornehmen messen dokonać/ dokonywać pomiaru mierzyć Ergänzung vornehmen ergänzen dodać/ dodać uzupełnienia uzupełniać Überprüfung vornehmen überprüfen dokonać/ dokonywać przeglądu przeglądać Analyse vornehmen analysieren przeprowadzać analizę analizować Anhang 379 Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV Operation vornehmen operieren przeprowadzać/ przeprowadzić operecję operować Reparatur vornehmen reparieren dokonywać/ dokonać naprawy naprawiać Sanierung vornehmen sanieren przeprowadzać/ przeprowadzić remont remontować Wechsel vornehmen wechseln dokonać/ dokonywać wymiany wymienić Einschnitt vornehmen einschneiden dokonać/ dokonywać nacięcia nacinać Einstellung vornehmen einstellen dokonać/ dokonywać regulacji regulować Test vornehmen testen przeprowadzać test testować Schwangerschaft / Abbruch vornehmen Schwangerschaft abbrechen przeprowadzić aborcję - Entlassung vornehmen entlassen zwolnić Verhaftung vornehmen verhaften przeprowadzić/ prowadzić aresztowanie aresztować Umschichtung vornehmen umschichten przekładać/ przełożyć warstwy warstwować Renovierungsarbeit vornehmen renovieren dokonać/ dokonywać renowacji / odnowy renowować, odnawiać Modifikation vornehmen modifizieren dokonać/ dokonywać modyfikacji modyfikować Ausbesserung vornehmen ausbessern dokonać/ dokonywać napraw naprawiać erheben Anklage erheben anklagen wniesć/ wnosić skargę oskarzać/ oskarzyć Vorwurf erheben vorwerfen wysunąć/ wysuwać zarzut / / stawiać zarzuty zarzucać 380 Wortliste Funktionsverbgefüge Konstruktionen Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV Forderung erheben fordern wysunąć/ wysuwać żądania stawiać/ stawić wymagania żądać Stimme erheben stimmen podnosić głos głosować Einspruch erheben einsprechen (veralt.) zgłaszać sprzeciw sprzeciwiać się/ sprzeciwić się Gebühr erheben gebühren pobierac/ brac oplaty opłacać/ opłacić Steuer erheben steuern pobierać/ pobrać podatek podatkować Einwand erheben einwenden zgłaszać zastrzeżenie zastrzec/ zastrzegać Beitrag erheben beitragen podnosić/ podnieść wkład przyczyniać Beschwerde erheben beschweren złożyć / składać skargę skarżyć/ poskarżyć Protest erheben protestieren wnosić / wnieść protest protestować Kosten erheben kosten podnosić/ podnieść koszty kosztować Anschuldigung erheben anschuldigen złożyć / składać oskarżenie oskarżyć / oskarżyć Beschuldigung erheben beschuldigen wnosić / wnieść / / stawić / stawiać zarzuty zarzucać/ zarzucić leisten Beitrag leisten beitragen wnieść / wnosić wkład przykładać / przyłożyć Arbeit leisten arbeiten wykonać/ wykonywać/ / dokonywać / dokonać pracę pracować Hilfe leisten helfen udzielać/ udzielić pomocy pomagać / pomóc Vorarbeit leisten vorarbeiten wykonać/ wykonywać pracę wstępną - Anhang 381 Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV Einsatz leisten einsetzen wykonać/ wykonywać misję - Zahlung leisten zahlen dokonywać / dokonać płatności płacić / spłacać Eid leisten vereidigen złożyć / składać przysięgę zaprzysięgać / zyprzycsiąc Aufklärung leisten aufklären robić / zrobić zwiady zwiastować Überzeugungsarbeit leisten überzeugen przekonać / przekonywać Frondienst leisten fronen harować unternehmen Versuch unternehmen versuchen podjąć/ podejmować próbę próbować / spróbować Schritt unternehmen schreiten przedsiębrać/ przedsięwziąć kroki kroczyć Anstrengung unternehmen anstrengen podjąć/ podejmować starania starać/ postarać treffen Entscheid treffen entscheiden podjąć/ podejmować decyzję decydować/ zdecydować Entscheidung treffen entscheiden podjąć/ podejmować decyzję decydować/ zdecydować Vorbereitung treffen vorbereiten czynić/ poczynić przygotowanie przygotować/ przygotowywać Wahl treffen wählen dokonać/ dokonywać wyboru wybierać / wybrać Aussage treffen aussagen złożyć / składać oświadczenia oświadczyć/ oświadczać Regelung treffen regeln podjąć/ podejmować ustalenia ustalić / ustalać Vereinbarung treffen vereinbaren zawierać / zawrzeć układ układać / ułożyć 382 Wortliste Funktionsverbgefüge Konstruktionen Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV Absprache treffen absprechen zawierać / zawrzeć porozumienie porozumieć/ porozumiewać halten Vortrag halten vortragen dać / dawać wykład wykładać / wyłożyć Kontakt halten kontaktieren utrzymywać / utrzymać kontakt kontaktować/ skontaktować Rede halten reden wygłaszać / wygłosić mowę rozmawiać / mówić Kurs halten kursieren trzymać / utrzymać kurs kursować Waage halten wiegen trzymać / utrzymać wagę ważyć Vorlesung halten vorlesen mieć wykład wykładać / wyłożyć Balance halten balancieren utrzymywać / utrzymać równowagę równoważyć/ zrównoważać Referat halten referieren wygłaszać / wygłosić referat referować Plädoyer halten plädieren wnieść / wnosić o uniewinnienie - Schwätzchen halten schwätzen uciac sobie pogawędkę gwarzyć setzen Akzent setzen akzentuieren ustawiać / ustawić akcenty/ / nadać / nawawać akcenty akzentuować Ende setzen enden klaść / położyć kres (kończyć/ skończyć) Grenzen setzen grenzen stawiać / postawić granicę graniczyć / ograniczać Ziel setzen zielen / abzielen stawiać / postawić sobie coć za cel celować Signal setzen signalisieren wysyłać / wysłać sygnał sygnalizować Anhang 383 Deutsch: FVG BV Polnisch: FVG BV Priorität setzen priorisieren ustalić / ustalać priorytety priorytetyzować Frist setzen befristen wyznaczyć/ wyznaczać termin terminować Rahmen setzen rahmen wyznaczyć/ wyznaczać ramy ramować (veralt.) Standard setzen standardisieren określać / określić standardy standardyzować stellen Frage stellen fragen zadawać / zadać pytanie zapytać / pytać Antrag stellen beantragen stawiać / postawić wniosek wnioskować Forderung stellen fordern stawiać / postawić żądanie żądać/ zażądać Anforderung stellen anfordern stawiać / postawić wymagania żądać/ zażądać Ansprüche stellen beanspruchen stawiać / postawić wymagania żądać/ zażądać Bedingung stellen bedingen stawiać / postawić warunki warunkować Diagnose stellen diagnostizieren stawiać / postawić diagnozę diagnozować/ zdiagnozować Prognose stellen prognostizieren stawiać / postawić prognozę prognozować Ersuche stellen ersuchen złożyć / składać prośbę prosić / poprosić 384 Danksagung Danksagung An dieser Stelle möchte ich allen Menschen, die mich in der Phase der Promotion und der Konzeption meiner Doktorarbeit unterstützt haben, meinen großen und sehr herzlichen Dank aussprechen. Mein besonderer Dank gilt Prof. Konstanze Marx für die exzellente Betreuung und die enorme Unterstützung bei der Umsetzung der Arbeit. Danke, liebe Konstanze, für Deine weitsichtigen und klugen Ratschläge sowie die wertschätzende, konstruktive und kritische Auseinandersetzung mit meiner Arbeit. Danke, dass Du mich auf meinem Weg in die Wissenschaft noch weiter begleitest. Prof. Janusz Taborek möchte ich für die zahlreichen Gespräche und Diskussionen (auch auf Fachtagungen zu Funktionsverbgefügen) danken, bei denen wir manchmal die Zeit vergaßen. Danke, lieber Janusz, für die vielen Stunden, in denen Du Deine klugen Gedanken mit mir geteilt hast. Prof. Angelika Wöllstein danke ich für die jahrelange Beratung, Betreuung und das Vertrauen in mich. Ganz besonders möchte ich mich bei Prof. Thomas Spranz-Fogasy bedanken, der mich auf meinem Weg mit seiner Expertise, produktiven Anregungen und Gesprächen sowie lieben Worten begleitet hat. Danke, lieber Thomas, für den emotionalen Rückhalt, die vielen kostbaren Empfehlungen zu verschiedensten wissenschaftlichen Themen sowie unsere Telefonate in der Endphase. Dein Mitfiebern, Daumendrücken und „na? Wie geht’s uns denn heute“ haben mich durch diese wohl härteste Zeit der Promotionsphase getragen. Bei dieser Gelegenheit muss ich Prof. Angelika Storrer meinen Dank aussprechen, die meine Arbeit durch ihre Unterstützung, ihre Bemühungen und Gedanken besonders geprägt und beeinflusst hat. Danke, für die zahlreichen Anregungen und Hinweise in Deinem Kolloquium und im persönlichen Gespräch. Meiner Mutter und meinem Stiefvater danke ich für ihre Geduld, die zahlreichen Ermutigungen und den Zuspruch während der Arbeit an der Dissertation. Danke, dass ihr mich in der Endphase mit Essen und Trinken versorgt habt. Meinem Vater danke ich für das konstante Daumendrücken. Meinem Freund, Yannik Czolk, möchte ich für seine unermüdliche Bestärkung und ständige Entlastung danken. Danke Yannik, dass Du mich auf dem Weg begleitet und Höhen wie Tiefen mit mir durchgestanden hast. Danke, dass Du mich in der Endphase wachgehalten, mich angefeuert und mir beim Durchhalten geholfen hast. Auf ewig bin ich Dir dankbar. Für die finanzielle Unterstützung in der Abschlussphase meiner Promotion danke ich der Universität Mannheim und dem Deutschen akademischen Aus- Danksagung 385 tauschdienst ( DAAD ). Für den Zugang zu Literatur, Korpora und einen Platz zum Arbeiten bedanke ich mich beim Leibniz-Institut für Deutsche Sprache und insbesondere dem Team und der Leitung der IDS -Bibliothek. Abschließend möchte ich mich bei den Reihenherausgeber*innen Dr. Steffen Pappert, Dr. Nina-Maria Klug und Dr. Georg Weidacher für die konstruktiven Anmerkungen zu meiner Arbeit bedanken. Dem Narr-Verlag sowie meinem Lektor, Herrn Tillmann Bub, möchte ich für die großartige Zusammenarbeit danken. Europäische Studien zur Textlinguistik herausgegeben von Steffen Pappert, Nina-Maria Klug und Georg Weidacher Die Europäischen Studien zur Textlinguistik sind ein Forum für alle Arbeiten, die Texte und Textsorten zum Gegenstand haben. Zugrunde gelegt wird dabei ein sehr weites Verständnis des Phänomens Text, das über traditionelle Textbegriffe hinausgehend Aspekte von Multimodalität und Hypermedialität, Kategorien der Wahrnehmbarkeit von Texten (Lokalität, Materialität, Medialität) oder ihre Bedeutung als sichtbare öffentliche Zeichen im urbanen Raum einschließt. Gefragt sind neben Beiträgen zur methodologischen Fundierung und terminologischen Präzisierung interdisziplinärer Textforschung vor allem empirische Beiträge quantitativer wie qualitativer Natur, die Einblicke in die Textwelten und textuellen Praktiken verschiedener gesellschaftlicher Domänen geben. Von besonderer Relevanz sind kontrastiv ausgerichtete Untersuchungen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen unterschiedlichen Textkulturen herausarbeiten. Dabei ist die Reihe nicht nur offen für die verschiedenen Strömungen der germanistischen Textlinguistik, sondern auch für Arbeiten anderer Philologien, die sich dem Gegenstand Text widmen. Bisher sind erschienen: Band 1 Kirsten Adamzik/ Wolf-Dieter Krause (Hrsg.) Text-Arbeiten Textsorten im fremd- und muttersprachlichen Unterricht an Schule und Hochschule 2005 255 Seiten €[D] 49,- ISBN 978-3-8233-6155-8 Band 2 Maximilian Scherner, Arne Ziegler Hrsg.) Angewandte Textlinguistik Perspektiven für den Deutsch- und Fremdsprachenunterricht 2005, 274 Seiten €[D] 58,- ISBN 978-3-8233-6169-5 Band 3 Georg Weidacher Fiktionale Texte - Fiktive Welten Fiktionalität aus textlinguistischer Sicht 2006, 165 Seiten €[D] 39,90 ISBN 978-3-8233-6254-8 Band 4 Sabine Schmölzer-Eibinger/ Georg Weidacher (Hrsg.) Textkompetenz Eine Schlüsselkompetenz und ihre Vermittlung 2007, 320 Seiten €[D] 49,- ISBN 978-3-8233-6360-6 ISBN: 978-3-8233-8421-2 Europäische Studien zur Textlinguistik Europäische Studien zur Textlinguistik 21 Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text Eine korpusbasierte quantitativ-qualitative Untersuchung am Beispiel des Deutschen und des Polnischen Susanne Kabatnik Susanne Kabatnik Warum existieren Konstruktionen wie Frage stellen oder Antwort geben, wenn es verbale Entsprechungen wie fragen oder antworten gibt? Empirische Studien zeigen, dass solche Nomen-Verb-Verbindungen im Vergleich zu Verben spezifische syntaktische Leistungen aufweisen, z.B. die Möglichkeit zur Attribuierung sowie Änderungen der Valenz. Auf Textebene zeichnet sich dadurch ein Zusammenspiel der Konstruktion mit anderen sprachlichen Einheiten ab und Informationen können so unterschiedlich perspektiviert und gewichtet, aber auch anders im Textverlauf eingebettet werden als mit dem Basisverb. Funktionsverbgefüge werden in diesem Band als kohärenzstiftende Mittel im Kontrast zu ihren polnischen Äquivalenten auf textuelle Funktionen hin untersucht. Die Datengrundlage bildet das deutsche und das polnische Wikipedia-Artikel-Korpus (2015) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache.