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'Wie glaubwürdige Nachrichten versichert haben'

1998
978-3-8233-3000-4
Gunter Narr Verlag 
Ulrike Haß-Zumkehr

Von Beginn der Mediengeschichte an verwenden Journalisten mehr oder weniger feste Fügungen, meist um Angaben über die Quellen einer Nachricht, ihre Hintergründe und Übermittlung zu machen. Die Arbeit untersucht die kommunikativen, syntaktischen und lexikalischen Formen der Versprachlichung im Hinblick auf die Herausbildung und Tradierung fester Fügungen. Dabei wird unveröffentlichtes Material umfangreich dokumentiert und interpretiert.

Ulrike Haß-Zumkehr »Wie glaubwürdige Nachrichten versichert haben« Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts g n W Gunter Narr Verlag Tübingen S T U D I E N Z U R D E U T S C H E N S P R A C H E Studien zur deutschen Sprache F O R S C H U N G E N D E S I N S T I T U T S F ÜR D E U T S C H E S P R A C H E Herausgegeben von Bruno Strecker, Reinhard Fiehler und Hartmut Schmidt Band 13 • 1998 Ulrike Haß-Zumkehr »Wie glaubwürdige Nachrichten versichert haben« Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts g n ^ 7 Gunter Narr Verlag Tübingen Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufmhme Haß-Zumkehr, Ulrike: „Wie glaubwürdige Nachrichten versichert haben“ : Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts / Ulrike Haß-Zumkehr. - Tübingen : Narr, 1998 (Studien zur deutschen Sprache ; Bd. 13) ISBN 3-8233-5143-5 © 1998 ■ Gunter Narr Verlag Tübingen Dischingerweg 5 ■ D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Satz: Norbert Volz, Mannheim Druck: Laupp&Göbel, Nehren Verarbeitung: Nädele, Nehren Printed in Germany ISSN 0949-409X ISBN 3-8233-5143-5 Inhalt 1. E in fü h ru n g .......................................................................................... 9 1.1 Was heißt Formulieren? ...................................................................... 10 1.2 Was sind sprachliche Traditionen? ......................................................11 1.3 Was heißt Musterhaftigkeit, speziell in Zeitungsnachrichten? ......... 13 1.3.1 Aktualität............................................................................................ 16 1.3.2 Periodizität.......................................................................................... 17 1.3.3 Thematische Universalität.................................................................. 17 1.4 Die Funktionen der Neben- und Zusatzprädikationen...................... 18 1 .4 .1 GEWÄHRLEISTEN................................................................................................... 18 1.4.2 KOHÄRENZ SICHERN...........................................................................19 1.4.3 REFLEKTIEREN und RECHENSCHAFT ABLEGEN .................................19 1.4.4 ZU SELBSTSTÄNDIGEM DENKEN AUFFORDERN ................................ 22 1.5 Die Zusammenstellung des Textkorpus............................................ 23 1.6 Zur M ethode....................................................................................... 25 1.6.1 Terminologisches................................................................................25 1.6.2 Gegenstand......................................................................................... 26 1.6.3 Vorgehensweise..................................................................................29 1.7 Zur Pragmatik der Korpustexte in der Mediengeschichte.................34 1.7.1 Zur Entwicklung des Textsortenspektrums in der Presse................ 38 1.7.2 Zensur................................................................................................. 41 2. „Aviso“ u nd „R elation“ 1609.........................................................46 2.1 Die journalistischen Sprachhandlungstypen.......................................46 2.2 Die neben- und untergeordneten Prädikationstypen........................ 47 2.3 Die zu ihrer Realisierung herangezogenen syntaktischen................ 48 Klassen und lexikalischen Inventare 2.3.1 Prädikationstyp: ANGABE der QUELLE einer Information............... 48 2.3.2 Prädikationstyp : KENNZEICHNUNG einer TEXTWIEDERGABE ....... 61 2.3.3 Prädikationstyp : Die VERBÜRGTHEIT einer Information................. 64 BESTÄTIGEN 2.3.4 Prädikationstyp: KENNZEICHNUNG eines wiederholt.......................66 behandelten Ereigniszusammenhangs und BEZUGNAHME auf vorgängige Berichterstattung (Anaphorische Kohärenzstiftung) 2.3.5 Prädikationstyp: THEMATISIERUNG der UNBEKANNTEN................ 70 EINZELHEITEN eines Ereignisses (Kataphorische Kohärenzstiftung) 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts 2.3.6 Prädikationstyp : KENNZEICHNUNG eines gegenwärtig noch.......... 73 unabgeschlossenen Ereigniszusammenhangs und ANKÜNDIGUNG künftig daran anschließender Berichterstattung (Kataphorische Kohärenzstiftung) 2.4 Zusammenfassung zu „Aviso“ und „Relation“ Jahrgang 1609 ........ 77 3. Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770...................................... 78 3.1 Die journalistischen Sprachhandlungstypen...................................... 78 3.2 Die neben- und untergeordneten Prädikationstypen......................... 78 3.3 Die zur Realisierung der Prädikationstypen herangezogenen.......... 82 syntaktischen Klassen und lexikalischen Inventare 3.3.1 Prädikationstyp : ANGABE der QUELLE............................................. 82 3.3.2 Prädikationstyp : CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation...... 91 ALS MEINUNG 3.3.3 Prädikationstyp : BEWERTUNG der Hauptprädikation......................93 3.3.4 Prädikationstyp : KENNZEICHNUNG einer Textbzw........................94 Redewiedergabe 3.3.5 Prädikationstyp : VERBÜRGTHEIT einer Information........................97 BESTÄTIGEN oder RELATIVIEREN 3.3.6 Prädikationstyp : Anaphorische Kohärenzstiftung...........................102 3.3.7 Prädikationstyp : Kataphorische Kohärenzstiftung und.................. 104 THEMATISIERUNG der informatorischen LEERSTELLEN 3.3.8 Prädikationstyp : Über vergangene und zukünftige.........................106 Ereignisse SPEKULIEREN 3.4 Zusammenfassung zum Zeitabschnitt 1700 bis 1770......................108 4. Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850.....................................111 4.1 Die journalistischen Sprachhandlungstypen.....................................111 4.2 Die neben- und untergeordneten Prädikationstypen....................... 111 4.3 Die zur Realisierung der Prädikationstypen herangezogenen.........112 syntaktischen Klassen und lexikalischen Inventare 4.3.1 Prädikationstyp: ANGABE der QUELLE einer Information.............. 112 4.3.2 Prädikationstyp: CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation.... 121 ALS MEINUNG 4.3.3 Prädikationstyp: BEWERTUNG der Hauptprädikation.................... 123 4.3.4 Prädikationstyp: KENNZEICHNUNG einer Textbzw...................... 126 Redewiedergabe 4.3.5 Prädikationstyp: VERBÜRGTHEIT einer Information...................... 133 BESTÄTIGEN oder RELATIVIEREN 4.3.6 Prädikationstyp: Anaphorische Kohärenzstiftung.......................... 141 Inhalt 1 4.3.7 Prädikationstyp : Kataphorische Kohärenzstiftung und.................. 144 THEMATISŒRUNG d er in form a torisc h e n LEERSTELLEN 4.3.8 Prädikationstyp: über vergangene oder zukünftige Ereignisse ...... 145 SPEKULIEREN 4.4 Zusammenfassung zum Zeitabschnitt 1770 bis 1850.................... 147 5. Der Z eitabschnitt von ca. 1850 bis 1919.....................................150 5.1 Die Reflexion der Telegrafie............................................................ 150 5.2 Die journalistischen Sprachhandlungstypen....................................156 5.3 Die neben- und untergeordneten Prädikationstypen....................... 156 5.4 Die Prädikationstypen und ihre syntaktischen und lexikalischen.. 157 Realisierungen 5.4.1 Prädikationstyp: ANGABE der QUELLE einer INFORMATION ..........157 5.4.2 Prädikationstyp: CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation.... 169 ALS MEINUNG 5.4.3 Prädikationstyp: BEWERTUNG der Hauptprädikation.................... 172 5.4.4 Prädikationstyp: KENNZEICHNUNG einer Textbzw......................174 Redewiedergabe 5.4.5 Prädikationstyp: VERBÜRGTHEIT einer Information...................... 180 BESTÄTIGEN b z w . RELATIVIEREN 5.4.6 Prädikationstyp: Anaphorische Kohärenzstiftung.......................... 185 5.4.7 Prädikationstyp: Kataphorische Kohärenzstiftung..........................187 5.4 8 Prädikationstyp: über vergangene oder zukünftige Ereignisse.......188 SPEKULIEREN 5.4.9 Sprachhandlungstyp : THEMATIS1ERUNG v o n ................................. 188 KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN 5.5 Zusammenfassung zum Zeitabschnitt 1850 bis 1919..................... 193 6. R esüm ee........................................................................................... 195 6.1 Die Entwicklung der typischen journalistischen.............................. 195 Sprachhandlungen in Zeitungsnachrichten 6.2 Die Entwicklung des Inventars der Haupt- und der typischen ...... 197 Nebenprädikationstypen 6.2.1 Die Entwicklung des Prädikationstyps QUELLENANGABE ............ 198 6 .2 .2 Die Entwicklung des Prädikationstyps CHARAKTERISIERUNG ..... 2 0 3 d er H a u p tp rä d ik a tio n ALS MEINUNG 6.2.3 Die Entwicklung des Prädikationstyps BEWERTUNG .....................204 der Hauptprädikation 6.2.4 Die Entwicklung des Prädikationstyps KENNZEICHNUNG ............ 205 einer Textbzw. Redewiedergabe 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts 6.2.5 Die Entwicklung des Prädikationstyps VERBÜRGTHEIT einer ..... 207 Nachricht BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN 6.2.6 Die Entwicklung des Prädikationstyps Anaphorische....................208 Kohärenzstiftung 6.2.7 Die Entwicklung des Prädikationstyps Kataphorische...................209 K o h ä r e n z s tiftu n g u n d THEMATISIERUNG in form a torisch er LEERSTELLEN 6.2.8 Die Entwicklung des Prädikationstyps SPEKULIEREN ...................210 6.3 Faktoren der Herausbildung von Formulierungstraditionen........ 211 6.4 Tabellarische Übersicht über die Entwicklung d e r ........................ 214 Prädikationstypen 7. Chronologisches Quellenverzeichnis........................................... 215 7.1 Erster Zeitabschnitt: 1609................................................................215 7.2 Zweiter Zeitabschnitt 1700-1770.................................................... 216 7.3 Dritter Zeitabschnitt 1770-1850......................................................217 7.4 Vierter Zeitabschnitt 1850-1914/ 19............................................... 218 8. L ite r a tu r ..........................................................................................219 Einführung 9 1. Einführung1 Es geht in dieser Untersuchung um Elemente der „Zeitungssprache“, die wir beim täglichen Nachrichtenkonsum meistens überlesen. Mit dem folgenden Text einer Hauptnachricht der Süddeutschen Zeitung vom 18. November 1997 werden diese Elemente hervorgehoben, weil die eigentlichen Nachrichteninhalte stark gekürzt sind: Mehr als 60 Tote bei Terroranschlag in Luxor [...] Zahl der Deutschen unter den Opfern noch unbekannt Kairo (dpa/ Reuters) [...] Nach Angaben des ägyptischen Innenministeriums [...]. 24 Personen seien verletzt [...] worden, hieß es. [...] Nach Angaben der Polizei hatten sich [...]. Die sieben bewaffneten Angreifer hätten [...], hieß es in dem Polizeibericht. Dann brachten sie den Angaben zufolge einen weiteren Bus in ihre Gewalt [...]. Laut Polizei haben [...]. Diese Untersuchung ist Teil der Forschungen zum Themenbereich „Traditionen des Formulierens“ der Abteilung Lexikologie und Lexikografie des Instituts für deutsche Sprache. Es sollen die Möglichkeiten untersucht und erprobt werden, muster- oder formelhafte Lexemkombinationen jenseits der Wortbildung und diesseits der Syntax sprachwissenschaftlich in historisch-diachroner Perspektive zu beschreiben Im weitesten Sinne handelt es sich also um die Beschreibung idiomatischer Prägungen (Feilke 1996) im Prozess der Entstehung und Veränderung. Für eine solche Beschreibung sind verschiedene Ansätze denkbar. Einmal von einzelnen, für einen bestimmten Wortschatzbereich zentralen Lexemen ausgehend so etwas wie eine erweiterte Schlagwortforschung. Typische Lexemkombinationen eröffnen semantische Felder, die den Schlagwortcharakter und die semantisch-pragmatische Funktion des zentralen Lexems einer Kombination historisch mitprägen und verändern.2 In dieser Arbeit ist ein anderer Ansatz gewählt worden; er geht vom semantisch-pragmatischen Gehalt komplexer Äußerungen in einem bestimmten Textsortenbereich aus, sucht hier nach relativen Konstanten, fragt dann nach deren syntaktischen und lexikalischen Realisierungen und danach, ob gewissen semantischen Funktionen in musterhafter Weise lexikalisch-syntaktische Realisierungen zugeordnet werden können. Damit erhält die Untersuchung ein weiteres, textsortengeschichtliches Ziel: die Beschreibung der AusdifFerenzierung journalistischer Sprachhandlungen und 1 Ich danke Dirk Michel M.A. sehr herzlich, sowohl fur inhaltlich konstruktive Diskussionen als auch für sorgfälüges Korrekturlesen. 2 So etwa Schmidt (1995) und Schmidt (1998). 1 0 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts der auf ihnen beruhenden usuellen satzsemantischen Strukturen. Es soll historisch genauer als bisher geklärt werden, wann welche Varianten der Sprachhandlungen BERICHTEN und KOMMENTIEREN wie implizit oder explizit ausgedrückt wurden, welche Ausdrucksweisen wann ausgebildet, etabliert und gegebenenfalls textsortenspezifisch konventionalisiert wurden. Mit Jäger/ Switalla (1994, S. 19) wird die Frage nach dem möglichen Zusammenhang zwischen dem medialen Wandel kommunikativer Prozesse und dem Wandel kommunikativer Strukturen als Teil der zentralen Aufgabe einer gegenwartsbewussten germanistischen Sprachwissenschaft begriffen. Mithin verfolgt diese Untersuchung das Ziel, durch medienhistorische Aufklärung zum Verständnis gegenwärtiger, medial geprägter Kommunikation beizutragen. Man könnte den ersten Ansatz als im weiteren Sinn semasiologisch, den zweiten als im weiteren Sinn onomasiologisch bezeichnen; dadurch wird deutlich, dass die Forschungen zum Thema „Formulierungstraditionen“ nicht einander ausschließende oder konkurrierende, sondern komplementäre Ansätze miteinander verbinden. Die Möglichkeit, über lexikostatistische Analysen Aufschluss über die Distribution musterhafter Lexemkombinationen zu erhalten, wird als zu starr verworfen (vgl. Feilke 1996, S. 266f.). Erste Untersuchungen haben nämlich gezeigt, dass „musterhaft“ nicht dadurch definiert werden kann, dass man das Lexem A nur in Verbindung mit dem Lexem B vorkommend als Muster wertet, sondern dass Musterhaftigkeit einem breiten, allerdings nicht unendlich breiten Spektrum lexikalischer Varianten zukommt, und dass dieses Spektrum als der eigentliche Untersuchungsgegenstand zu gelten hat. 1.1 Was heißt Formulieren? Unter Formulieren, Form ulierung wird selbst innerhalb der Linguistik recht Verschiedenartiges verstanden. In der Gesprächsanalyse wird der Ausdruck verwendet, um die partiellen Synonyme kommunikatives Handeln, Interaktion u.Ä. durch eine sprachnähere Bezeichnung zu ersetzen, die zugleich das Prozessuale, die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Sprechen betont (Kallmeyer/ Keim 1986). Auch in der Gemeinsprache impliziert der Ausdruck Formulieren das Vorhandensein vorsprachlicher Gedanken, die sprachlich realisiert werden oder denen eine sprachliche „Form“ gegeben wird. Hierbei wird der Aspekt der sprachreflexiven Anstrengung im Sinne eines bewussten Auswählens der Ausdrucksmittel betont, wie er vor allem für schriftsprachliche Äußerungen gilt. Ein solcher Auswahlvorgang stellt sich linguistisch differenzierter dar: Formulieren heißt Konzeptionalisierung plus Bildung von syntaktischen Strukturen plus Wahl lexikalischer Einheiten. Für Antos (1982, S. 94) bilden Konzeptualisierung und Formulierung ein „rückgekoppeltes System“; demzufolge wird die Auffassung, Formulieren sei Planen plus Mittel- Einführung 11 wähl, zurückgewiesen (ebd., S. 91ff.) und gefordert, die nicht zerlegbare Einheit des „Textherstellens“ als Formulieren zu begreifen (ebd., S. 99). Im Unterschied zu diesen Verwendungsweisen soll in dieser Arbeit mit Formulierung, Formulieren das muster- und formelhafte Sprechen und Schreiben unabhängig von Reflektiertheit und Unreflektiertheit der Äußerungen bezeichnet werden, wobei mit M ustern syntagmatische Muster, bestehend aus mindestens zwei Lexemen unterhalb des Satzstatus, gemeint sind (Näheres siehe 1.3). Diese Lexeme können syntagmatisch oder kookkurrent verbunden sein; anstelle des hyperonymen Ausdrucks Formulierung werden im Folgenden auch differenzierender die hyponymischen Ausdrücke Syntagma (für unmittelbar benachbarte Lexeme) und Kookurrenz (für mittelbar verbundene Lexeme) gebraucht. Komplexe Textmuster sowie produktive Wortbildungsmuster sind ausdrücklich nicht gemeint.3 1.2 Was sind sprachliche Traditionen? Der Gegenstand ‘musterhafte Formulierungen’ legt die Einbeziehung des Imitierens und Variierens und damit eine diachrone Perspektive in der Beschreibung ihres Gebrauchs nahe, die im Thema mittels Tradition zum Ausdruck gebracht wird. Natürlich ist nicht immer eindeutig zu entscheiden, ob die Übernahme eines rezipierten Musters oder eine originäre Neuformulierung vorliegt, für die ja auch schon mehr oder weniger starke semantisch-syntaktische Restriktionen wirksam sind. Sechs Kriterien lassen sich zwecks Unterscheidung zwischen übernommenen und originären Formulierungen anwenden: - Wenn Formulierungen auf irgendeine Weise als direkte (Zitat) oder indirekte Redebzw. Textwiedergabe gekennzeichnet sind, ist eine Übernahme sehr wahrscheinlich. - Wenn der Text, der die inffage stehende Formulierung enthält, explizite Bezugnahmen auf andere Texte, in denen ähnliche Formulierungen Vorkommen, enthält, ist eine Übernahme möglich. - Wenn zwei ähnliche, tradierungs-„verdächtige“ Formulierungen innerhalb der gleichen Textsorte bzw. des gleichen Kommunikationsbereichs belegt sind, ist eine Übernahme möglich; sie wird umso plausibler, je enger und spezifischer Textsorte und Kommunikationsbereich bestimmt werden können. Beispielsweise ist die Textsorte „Aufrufe ‘An mein Volk’ deutscher Fürsten des 19. Jahrhunderts“ (Schmidt 1998b) enger als die Textsorte 3 Vgl. Feilke (1996, S. 114) zu Irmhild Barz’ Untersuchungen über die Funktionsverschiedenheit von Adjektiv-Sübstantiv-Komposita und Adjektiv-Substantiv-Syntagmen. 12 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts „Politische Reden“; ähnliche Formulierungen innerhalb der „Aufrufe“ sind mit größerer Wahrscheinlichkeit auf einen Tradierungszusammenhang zurückzufiihren als im weiteren Bereich der politischen Reden. - Je mehr lexikalische Glieder eine Formulierung umfasst und je komplexer ihre Binnenstruktur ist bzw. je mehr sie zur Lexikalisierung tendiert (etwa bei „geflügelten“ oder Sprichwörtern), desto eher liegt im Falle ihrer wiederholten Belegung eine Übernahme nahe; hingegen ist bei kurzen, einfach strukturierten Formulierungen, bestehend etwa nur aus ‘Adjektiv + Nomen’ oder ‘Nomen + Genitivattribut’, eine traditionsunabhängige Neuformulierung wahrscheinlicher. - Wenn mehrgliedrige und komplexe Formulierungen besonders häufig belegt sind, ist eine Übernahme wahrscheinlich. - Insofern mit einer Formulierung auch ein semantisch-pragmatischer Gehalt identifiziert wird, der mit bestimmten historisch-sozialen Traditionen zusammenhängt, müssen auch außersprachlich-kulturgeschichtliche Kriterien zur Entscheidung zwischen Übernahme und Neuanfang mit herangezogen werden. Mit letzterem Kriterium soll ein wissenschaftsgeschichtlicher Zusammenhang gewahrt werden, denn mit dem Begriff der Tradition wird letztlich ein kulturhistorisches Modell4 auf die Sprachwissenschaft übertragen, und diese Übertragung sollte gerechtfertigt werden. Vorläufig offen bleiben muss die Frage nach dem Verhältnis von Formulierungstraditionen zum kollektiven Sprachgedächtnis bzw. zum kommunikativen Gedächtnis einerseits und zur Sprachgeschichte andererseits. Betrachtet man die epochenübergreifende Traditionsreihe eines bestimmten syntagmatischen Musters, dann dürfte zu ihrer Plausibilisierung eines der genannten Kriterien allein nicht ausreichen; je mehr Kriterien für eine traditionsbedingte Übernahme sprechen, desto plausibler wird dann die These, dass es sich um eine Formulierungstradition handelt. Eine Traditionsrelation zwischen den syntagmatischen bzw. kookkurrenten Verbindungen A und B wird zunächst mithilfe der genannten Kriterien plausibilisiert, um schließlich mit anderen zu einem ganzen Traditionsgefüge zusammengeordnet zu werden. Mit Traditionen des Formulierens wird also ein sprachwissenschaftliches Thema bezeichnet, in dem Imitation und Variation syntagmatischer und kookkurrenter Lexemverbindungen über verschiedene sprachgeschichtliche Perioden hinweg beschrieben und erläutert werden. 4 Halbwachs (1985); Assmann (1988). 1.3 Einführung Was heißt Musterhaftigkeit, speziell in Zeitungsnachrichten? 13 Aus der vorgenommenen Bestimmung von Formulierung und Tradition ergibt sich die Notwendigkeit zu klären, was fur eine Eigenschaft von Ausdrücken mit „Muster“- oder „Formelhaftigkeit“ gemeint ist. Syntagmatische Verbindungen werden in der germanistischen Sprachwissenschaft einmal unter dem Etikett „Phraseologie/ Idiomatik“ und zum anderen unter dem aus der angelsächsischen Tradition und der Lexikografie herkommenden Etikett „Kollokationen“ behandelt. Eine diachrone Dimension ist in diesen bis vor kurzem stark auf den Fremdsprachenerwerb ausgerichteten Forschungsgebieten zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht eigentlich entwickelt.5 Die Forschung hat bisher vor allem an dem Aspekt der Festigkeit lexematischer Verknüpfungen Interesse gehabt6 oder „Vorgeformtheit“ unter generativistischen Vorzeichen als „Reproduzierbarkeit“ aufgefasst.7 In jedem Fall ging es primär um Lexikalisierung, d.h. um die Identifizierbarkeit einer komplexen Bedeutung und um die Integration einer Lexemverbindung in das lexikalische System. Dabei lässt sich das Grundproblem der Selektivität des Ausdrucks, wie Feilke (1996, S. 168) darlegt, nicht befriedigend auf semantische oder kognitive Regularitäten zurückfuhren und dadurch lösen, sondern nur durch das von Feilke (ebd., S 169) durch einen neu gefassten Konnotationsbegriff charakterisierte Grundprinzip idiomatischer Prägung 8 Eine historisch-diachrone Perspektive kann heutige, aus der eigenen Sprachkompetenz abgeleitete Kriterien für die Festigkeit einer Lexemverbindung, sei es im Sinne einer kognitiv-mentalen Einheit, sei es im Sinne einer Lexikalisierung, nicht einfach übernehmen. Es ist unmöglich, mit einer vorab erstellten, kontextunabhängigen Definition von Kollokation, Phrasem, festem Syntagma o.Ä. an Texte älterer Epochen heranzugehen, diese Erscheinungen dort zu identifizieren und ggf. statistisch oder automatisch auszuwerten usw., wenn das Verfahren historisch korrekt sein soll Demgegenüber wird hier die Auffassung vertreten, dass sich musterhafte Lexemverbindungen auf einer ge- 5 Feilke (1996, S. 192ff.) bringt eine kriüsche Wissenschaftsgeschichte der Phraseologie, in deren „Konsequenz die Phraseologie deshalb heute auch erhebliche Schwierigkeiten bei der Integration von Phänomenen syntaktischer und pragmatischer Prägung [hat]“ (ebd., S. 197). „Theoretisch begründete Integrationsversuche für Sprichwörter, Routineformeln, Gemeinplätze, sogenannte Klischees, usuelle Kollokationen, Funktionsveibgefüge etc. gibt es nur wenige“ (ebd., S. 198). 6 Vgl. Rothkegel (1973); Burger/ Linke (1985, S. 2019). Vgl. Burger (1973). 8 Vgl. schon Hörmann (1978, S. 177); „Der Lexikonbegriff in seiner üblichen Fassung kann [...] nicht fassen: daß im täglichen Sprachgebrauch weit stärker als die Linguisten uns glauben machen wollen, formelhafte Wortkonstruktionen verwendet werden, idiomatische Wendungen, Wendungs-Teile, Schemata, und daß wir unsere Äußerungen viel weniger grammatisch konstruieren, sondern sie vielmehr als mehr oder minder große Einheiten aus den Speichern unseres Gedächtnisses nehmen.“ 14 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts dachten Skala von freier Variabilität bis zu mehr oder weniger starker Verfestigung herausbilden, dass diese ganze Skala, nicht bloß der eine Pol „Verfestigung“, beschrieben werden muss und dass musterhafte Verbindungen nicht bloß ausdrucksseitig, sondern vor allem äußerungsfiinktional identifizierbar sind.9 In der sich mit konkreten einzelsprachlichen Textstrukturen befassenden klassischen Rhetorik, der Textsortenlinguistik sowie auch in der historischen Syntaxforschung scheint das Phänomen der Musterhaftigkeit von Lexemverbindungen jenseits von Phraseologie und Idiomatik gelegentlich bemerkt, nicht aber sprachsystematisch-theoretisch eingeordnet oder gar als Forschungsgegenstand entdeckt worden zu sein. Indizien fur die insofern noch tastende Wahrnehmung sind die wechselnden umschreibenden, umkreisenden Ausdrücke, wie sie die folgende Auswahl zeigt10: - figurae verborum/ Wortfiguren; figurae sentiarum/ Gedankenfiguren (Lausberg 1990, S. 308ff, S. 376ff) - rituelle Formalisierungen; Fossilierung (Cherubim 1990) - sprachliche Schematismen (Wolff 1993, S. 129) - Burger (1990, S. 15) spricht im Zusammenhang mit der professionalisierten Bearbeitung journalistischer Quellen von stilbildenden Modellen - Formeln (Lüger 1983, S. 48) - formelhafte Wendungen, sprachliche Stereotype und Klischees (Straßner 1975, S. 93) - gewisse Redensarten (Dovifat/ Wilke 1976, Bd. I, S. 169) - typische Beitragsformen in der Berichterstattung; durch erkennbare Textmuster geprägt; typische Gestaltungsformen (Schröder 1995, S. 198); formelhafte Wendungen (e b d , S. 196); hohes Maß an Standardisierung (ebd , S. 178); formelhafter Charakter (ebd., S. 186); formelhafte Wendungen (ebd., S. 196) - musterartige idiomatische Wendungen oder Zitate (Grosse 1985, S. 1154) In ffühneuhochdeutscher Zeit sind nach Erben (1985, S. 1342) „Phraseologisierungsprozesse“ hervorhebenswert, „die Wortgruppen gewissermaßen institutionalisieren, ihnen den Status eines Wortgruppenlexems oder gar Satzlexems, also einer komplexen, vorgeformt zur Verfügung stehenden, abrufbaren Wortschatzeinheit, verleihen.“ 9 Feilke (1996, S. 146) bestimmt Kollokation - im Unterschied zu rein frequenzbezogener Kookkurrenz - als „funktionale Ausdrucks-Einheit“. 10 Weitere s. Feilke (1996, S. 268f.). Einfîlhrung 15 Mit allen Bezeichnungen wird mehr oder weniger explizit ausgedrückt, dass die zu bezeichnende Lexemverbindung einerseits als einem Vorbild folgend, andererseits selbst als musterhaft auf nachfolgende Textproduktionen wirkend aufgefasst wird. Es scheint also geboten, nach den Textsorten(bereichen) zu fragen, in denen Produktion, Imitation und Variation von Mustern erwartbar, und nach solchen, in denen sie eher unerwartbar sind. Leitende Hypothese hierbei ist, dass standardisierte Formulierungen vor allem dort entstehen, wo ein Sprachhandlungstyp, ein Aussagegehalt oder ein Themenbezug häufig wiederholt werden müssen, ohne dass dabei stilistische Normen oder Performativität11 eine Rolle spielen. Eher unerwartbar sind musterhafte Formulierungen in literarischen Texten, die mehr oder weniger stark am Ideal von Originalität oder gar von Innovativität ausgerichtet sind. Damit soll nicht behauptet werden, dass es in literarischen Texten keine sprachlichen Muster gibt oder geben kann auch Musterwiederholung und -variation können als literarische Stilmittel eingesetzt werden. Aber literarische Texte sind als Symptom irgendeiner Eigenschaft des allgemeinen Sprachgebrauchs generell nur bedingt geeignet, so dass sie in dieser Untersuchung ausgeschlossen bleiben. Mit dem Entstehen musterhafter Lexemverbindungen kann in Textbereichen gerechnet werden, in denen 1) ein Textproduzent didaktisch oder meinungsbildend mittels eines Appells zur Nachahmung auf seine Rezipienten einwirken will, oder in Textbereichen, in denen 2) ein Textproduzent aus Gründen der Ökonomie/ Zeitknappheit oder im Falle einer innerhalb eines komplexen Äußerungsgefüges relativ nachgeordneten Mitteilungsabsicht zu vorhandenen und die „Qual der Wahl“ mildernden Vertextungsmustem greift. Mit dem Fall (2) ist vor allem in Zeitungen zu rechnen, da deren Hauptcharakteristika (vgl. Bucher 1986, S. 1Iff.; Schröder 1995, S. 28f.) sich in allen Epochen ihrer Geschichte allesamt musterfördernd auswirken können, und zwar wegen ihrer: - Aktualität mit der Folge des Zeitdrucks, - Periodizität mit der Folge der Wiederholung, - thematischen Universalität mit der Folge einer starken Ausdifferenzierung der Äußerungen nach vorgeordneter Informationsabsicht („Herausstellung n Formulierungen sind von sprachlichen Ritualen durch das für Letztere konstitutive Moment der Peiformativität abzugrenzen. Siehe: Kern (1975); Werten (1984, S. 81). 1 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts des Neuen“) und relativ nachgeordneter Kohärenzherstellungsabsicht („Einbindung des Neuen in Bekanntes“), - Publizität mit der Folge der multiplizierten Verbreitung. Mit dem Fall (1) ist einerseits in didaktischen Büchern (Stilmusterbüchem, Fach-Lehrbüchern) und in Ratgebertexten (Briefstellern, Formularbüchem) mit Wirkung für darauf Bezug nehmende Texte wie Schulaufsätze, Briefe, Ansprachen zu rechnen, andererseits in Texten politisch-öffentlicher Rede, insofern dort auch mithilfe von Schlag- und Schlüsselwörtern Meinungsführung angestrebt wird; damit aber aus unmarkierten Lexemen Schlag- und Schlüsselwörter werden, so hat die „politische Semantik“ (Klein 1989) gezeigt, müssen sie umfassend kontextualisiert bzw. pragmatisch „aufgeladen“ werden.12 Dabei scheint sich die syntagmatische Kontextualisierung auf ein an den Möglichkeiten des Sprachsystems gemessen begrenztes, aber sich diachron weiterentwickelndes Inventar von Lexemen zu konzentrieren. In dieser Untersuchung soll der Fall (2), die Musterhaftigkeit von Lexemverbindungen in Zeitungsnachrichten und ihre Bedingungen, im Zentrum stehen. Daher sind die musterfordemden Charakteristika von Zeitungen unabhängig von Zeit und bezogen auf den deutschsprachigen Raum näher zu erläutern. 1.3.1 Aktualität Vom Beginn der Zeitungsgeschichte an stellte Aktualität der Nachrichten ein konstitutives Merkmal des Mediums dar, das zu gewährleisten allerdings angesichts labiler Infrastruktur und anderer Hindernisse nicht einfach war. Die zeitungskundlichen Werke schon des 17. Jahrhunderts betonen durchgehend den Wert des Neuen, das Zeitungen bringen, und brandmarken alte Nachrichten als „unangenehm“ und „verächtlich“ (Stieler 1695, S. 29 und 47). Der Aktualitätsdruck begünstigt ein textstrukturelles und ein lexikalisches Muster. Das wichtigste textstrukturelle Muster ist die an den Anfang der Nachricht, in einem vorangestellten afiniten Nebensatz fixierte Datumsangabe, die mit der Zeit syntaktisch isoliert wird, wie dies auch für Angaben des Orts und der Agentur gilt, z.B.: St. Petersburg, den 28. März. (Hanauer Neue Europäische Zeitung, 26.4.1810, S. 1 und 2) Aus dem Brandenburgischen, den 14. April (ebd.) (Nordische Telegraphen-Agentur) Berlin, Donnerstag, 13. (1.) September (St. Petersburger Zeitung 3. (15.) 9.1888, S. 4) 12 Siehe Schmidts (1993) Untersuchungen zu Lexemverbindungen mit dem Element Freiheit. Einführung 17 Sofern Datierungen syntaktisch integriert sind, legt sich ein lexikalisches Muster nahe, das aus Wortverknüpfungen der Lexeme gestern, heute, vor wenigen Tagen, kürzlich, gerade eben u.Ä. mit bestimmten Verben wie eintreffen, zukommen, erhalten usw. besteht. Auch Wiederaufnahmen und Rückbezugnahmen auf ein berichtetes Ereignis, mit denen die aktuelle Entwicklung eines Ereigniszusammenhangs dargestellt werden bzw. die Darstellung angekündigt werden soll, sind für musterhafte Formulierungen, vor allem für Vorstufen von Gelegenheitskomposita geeignet, z.B: der Krieg a u f der Krim > Krimkrieg. 1.3.2 Periodizität Die Periodizität, die die Textsorten der Medien Zeitung und Zeitschrift von fast allen anderen Textsorten unterscheidet, bringt die Möglichkeit diverser und vor allem häufiger Wiederholung von Formulierungsentscheidungen bei den Neben- und Zusatzprädikationen und deren Imitation mit sich. Periodizität macht ferner Ausdrucksweisen zur Benennung orientierender Zeitpunkte notwendig und berührt sich eng mit dem Merkmal der Aktualität. Den Frühformen der Nachrichten lag die Form des persönlichen Briefs zwischen Fürsten, Militärpersonen, Höfen, Geistlichen, Gelehrten, Kaufleuten oder deren Organisationen zugrunde; allgemeinere Mitteilungen befanden sich am Briefschluss vor der Schlussformel oder auf beigelegten Zetteln. Schon in diesen finden sich Äußerungen zumindest über die zeitliche Einordnung einer Nachricht wie: Anno 1353. die 22 Januarii haben wir diese folgende Zeitung gehabt (aus e. Brief an König Christian von Dänemark vom 22.1.1533, zit. Lindemann 1969, S. 16). Die syntaktischen Elemente, die sich auf die zeitliche Einordnung beziehen, stehen so gut wie immer im Vorfeld; ihre Positionierung deckt sich mit ihrer prinzipiellen Einstufüng als Neben- oder Zusatzprädikation zu der jeweils zentralen Information. Da es kaum Ausnahmen von dieser Einstufüng gibt, ist die syntaktische Struktur der Zeitangaben in Zeitungsmeldungen immer dieselbe und kann zum Muster werden. 1.3.3 Thematische Universalität Die zentralen Prädikationen der Nachrichten sind stets andere und können prinzipiell allen öffentlich interessierenden Themenbereichen zugeordnet sein. Die faktische Ausschließung gewisser Bereiche zu bestimmten Zeiten, etwa die Inlandspolitik in absolutistischen Staaten, hängt nicht von Medium oder Textsorte ab, sondern ist Eingriffen der Zensur zuzuschreiben. Die Hauptprä- 18 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d es 17. bis 20. Jahrhunderts dikationen der Zeitungsnachrichten können aufgrund der thematischen Universalität nicht mit musterhaften Formulierungen wiedergegeben werden. 1.4 Die Funktionen der Neben- und Zusatzprädikationen Gegenstand dieser Untersuchung sind daher die mit den Hauptprädikationen regelmäßig verknüpften Neben- oder Zusatzprädikationen, die ein begrenztes Inventar von sowohl inhaltswie ausdrucksseitigen Elementen repräsentieren. Diese Neben- oder Zusatzprädikationen erfüllen in Zeitungsnachrichten vier allgemeine Funktionen: - als textstrukturelles Element die Identifikation und Tradierung der Textsorte GEWÄHRLEISTEN (s. 1.4.1) - die KOHÄRENZ des Mediums Zeitung X SICHERN (durch Anknüpfung an Vorberichterstattung und Hinweis auf Nachfolgeberichterstattung) (s. 1.4.2) - über Glaubwürdigkeit/ Verbürgtheit und Aktualität der Quellen REFLEK- TIEREN und RECHENSCHAFT ABLEGEN (s . 1 .4 .3 ) - den Leser zur selbstständigen Meinungsbildung AUFFORDERN (s. 1.4.4) Diese Nebenprädikationen bleiben stets erhalten, unabhängig von dem je aktuellen und sich ändernden Nachrichteninhalt. Das Verhältnis der zentralen, informationstragenden Prädikationen zu den nebengeordneten, funktionalen Prädikationen drückt sich im Verhältnis des thematisch gebundenen Wortschatzes zum übrigen Wortschatz aus: Gloning (1996a, S. 163) hat für die Zeitungen des 17. Jahrhunderts 20% thematisch gebundenen Wortschatz und 80% „Eigennamen, Strukturwörter, funktionale Bestandteile wie Quellenangaben, Querverweise, Meldungsverknüpfer usw.“ ermittelt. Die Bedeutung der spezifischen Textorganisation von Zeitungen mit charakteristischen Prädikationstypen wird dadurch unterstrichen. 1 .4 .1 GEWÄHRLEISTEN Eine Formel wie aus wohlunterrichteten Kreisen verlautet ist geradezu zu einem stereotypen Kennzeichen der Textsorte Zeitungsmeldung geworden (vgl. Feilke 1996, S. 5 0f, S. 157). Die durch den Aktualitätsdruck begünstigten Formulierungsmuster bei Zeit- und Ortsangaben, die spezifische Verwendung von Verba dicendi und bestimmte Textsortenbezeichnungen gelten als ebenso stereotype und charakteristische Elemente des Zeitungsstils. Einführung 19 1.4.2 KOHÄRENZ SICHERN Bestimmte Formulierungsmuster stellen den Bezug einer Nachricht zur vorangegangenen und zur nachfolgenden Berichterstattung über einen bestimmten Ereigniszusammenhang her. Damit wird nicht nur die Identifikation und Kohärenz ein und desselben Ereigniszusammenhangs in der Perspektive der Leser ermöglicht, sondern gleichzeitig auch die Kohärenz derselben Zeitung, in der die Abfolge der Berichte zu ein und demselben Thema weder Lücken noch unnötige Redundanzen aufweist, sondern einen zusammenhängenden Text bildet. Kaspar Stieler rät dem Leser, die Kohärenz des Mediums zur Prüfung der Verbürgtheit von Meldungen auszunutzen: Es muß ein Zeitungs-leser an allem/ was in den Avisen stehet/ so lange zweifeln/ bis eine Sache dieymal nacheinander von unterschiedlichen Orten bekräftiget werde. (Stieler 1695, S. 127) E s kan auch des Franzosens itzige Friedens-Vorschläge niemand recht ergründen/ als wem aus denen vorigen Geschichten solche Dinge/ wie erwehnet/ samt darauf folgenden Progressen und Fortschritten zimlicher massen bekant sind. (Stieler 1695, S. 145) Die Kohärenz des Mediums hat also etwas mit der Kohärenz der Ereignisse zu tun, so wie sie von den Journalisten hergestellt wird. In dieser Parallelisierung spiegelt sich das Selbstverständnis des Journalisten als Historiker im Sinne eines Chronisten, das fur die Zeit der Aufklärung prägend, aber zweifellos schon früher vorhanden war. Auch für die frühe Leserbriefkommunikation ist typisch, dass die zu Schreibern gewordenen Leser in der Briefeinleitung den Zusammenhang mit den vorausgegangenen Leserbriefen und Artikeln herstellen und damit gleichzeitig ihren eigenen Beitrag zur Diskussion legitimieren (Püschel 1993, S. 80). 1 .4 .3 REFLEKTIEREN u nd RECHENSCHAFT ABLEGEN Die Funktion der Quellenreflexion und Rechenschaftslegung wird nicht ausschließlich von musterhaften Formulierungen übernommen, sondern unter Umständen auch völlig frei und explizit zum Ausdruck gebracht. Dies gilt vor allem für Sonderfälle wie abweichende Informationen aus mehreren Quellen, Widersprüche und Dementis; Konstanten finden sich in diesen Fällen höchstens auf der lexikalischen Ebene, etwa die relativ häufige Verwendung von dementieren, Ente, anders lautend u.Ä. Nur bei den immer wiederkehrenden Konstellationen, wie etwa der Übernahme einer Nachricht aus einer anderen Zeitung oder von einem bestimmten Informanten, wird die Entstehung musterhafter Formulierungen, in die der Name der Quelle nur eingefügt werden muss, begünstigt. Ein Beispiel für eine explizite, nicht standardisierte Formulierung mit dieser Funktion ist: 20 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Folgende Nachricht wollten wir noch zurükke halten, w eil wir uns von deren Aechtheit noch nicht ganz überzeugen konnten, bis wir nun solche aus einer sichern Quelle bekamen; besonders da wir nicht gerne in Unßem Blättern Nachrichten mittheilen, die wir zu einer andern Zeit zu widerrufen haben. (Augspurgische Ordinäre Zeitung 1.1.1791, zit. Lindemann 1969, S. 34) Die kommunikativ-pragmatische Funktion quellenreflexiver Syntagmen in Zeitungsmeldungen besteht darin, die Vermitteltheit einer Aussage über die Welt und insofern ihre perspektivische Gebundenheit auszudrücken; Wie der Golfkrieg im Januar 1991 ins öffentliche Bewusstsein gebracht hat, sind Journalisten auf Quellen angewiesen und kaum jemals Augenzeuge eines Ereignisses (vgl. Öhlschläger 1993). Medienhistorisch ging mit dieser Funktion eine weitere einher: Die Angabe von Quellen und Kommunikationswegen diente von Anfang an dazu, die Verbürgtheit des Aussagegehaits einer Meldung zu sichern oder zu erhöhen. Grund zu Zweifel bestand wohl tatsächlich. 1609 ist eine Satire dokumentiert, in der die „Neuigkeitensucht“ und das Für-Wahrscheinlich-Erklären haarsträubender Nachrichten in den Zeitungen thematisiert werden (Lindemann 1969, S. 75). Die Konventionalisierung dieser Funktion und ihrer sprachlichen Realisierung ließ wohl schon früh die Textsortenerwartung entstehen; Was in der Zeitung steht, ist wahr. Kritik an dieser stillschweigenden Voraussetzung macht ihre Verbreitung erst recht deutlich. Verbürgtheit von Informationen war neben Aktualität das entscheidende Qualitätskriterium eines Presseorgans. Gegen den von Anfang an, d.h. seit dem 16. Jahrhundert erhobenen Vorwurf, Zeitungen seien „ungewiß und lügenhaft“ (Stieler 1695, S. 56), wehrte sich Stieler (1695) mit dem Hinweis darauf, dass der Zeitungsschreiber selbst nur einen mittelbaren Weg zur Wahrheit haben könne; alleine/ Er schreibet nicht: dieses und jenes habe ich mit meinen Augen gesehen/ mit meinen Ohren gehöret/ und mit meinen Händen betastet/ sondern setzet bey jeder Zeitung oben über/ den Ort und das Datum/ oder den Tag/ meldet auch wol dabey: aus Turin/ von Brüssel/ von Peterwardein etc. wird berichtet/ ob solte etc. und damit verwahret er sich zur genüge/ indem er e s ausgiebt/ wie er es empfangen hat. (Stieler 1695, S. 57) Allerdings sollen sich die Zeitungsschreiber durch kritische Durchsicht der „einlaufenden Zeitungen“ absichem und „vorhero die bey ihnen einlaufende Zettul [prüfen]/ wo sie herkommen und ob ihnen auch zu trauen sey? “ (Stieler 1695, S. 31). Als Mittel der Prüfung nennt Stieler die Übereinstimmung „von Zeit und Umstände(n)“ (ebd., S. 32) und das Warten auf übereinstimmende Meldungen „von andern glaubhaften Oertem“ (ebd., S. 32; vgl. S. 49, S. 58f.). Für solche Sorgfalt gab es wohl Gründe genug: nicht nur Korrespondenten, auch Regierungen fälschten Nachrichten (ebd., S. 34f.). Einfilhrung 21 Die Zeitungsschreiber sollen sich nicht schämen der Verbesserung: Welchenfals er sich nicht zu schämen hat/ in folgender Zeitung anzuflihren: Es continuire nicht/ es wolte vielmehr das Gegenteil verlauten/ man habe nunmehro eine gewissere Nachricht etc. (Stieler 1695, S. 34; ähnliche Formeln auch ebd., S. 56). Stieler fuhrt hier also bereits musterhafte Formulierungen vor, mittels derer die Verbürgtheit des Mediums insgesamt auch noch nach einer Falschmeldung „repariert“ werden kann. Bei obrigkeitlich befohlenen Falschmeldungen habe der Post-Meister aber zu gehorchen, denn: Die Ursache ist/ daß es der Stat vielmals erfordert/ etwas Ungegründetes unter das Volk zu bringen/ wenn es dem gemeinen Wesen zu träglich ist. (Stieler 1695, S. 35). Das Kriterium der Verbürgtheit wird also entgegen dem Politikverständnis des Absolutismus aufrechterhalten, in dem es keinen Begriff von Öffentlichkeit und erst recht keine Pflicht der Information gab. Auch noch Schlözer (1777) nimmt in der Ankündigung seines „Zeitungs-Collegii“ die Zeitungsschreiber gegen den Lügen-Vorwurf in Schutz: Keine Zeitung hat sich je vermessen, daß sie nichts als Wahrheit melde; alle fiiren die Devise: Relata refero. Der Zeitungsschreiber also ist gemeiniglich ausser Schuld, wenn er etwas falsches debitieret; und es ist unvernünftig, gegen ihn, wie doch häufig geschieht, als vorsetzlichen Erfinder einer Unwahrheit zu toben (Schlözer, zit. Fischer 1975, S. 35).13 Die Konkretisierung und Einschränkung der Pflicht des Rechenschaftablegens seitens des Journalisten geht seit der Aufklärung mit dem Verweis auf die Urteilsfähigkeit der Leser Hand in Hand. Schlözer: [. ..] Wahrheit oder Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, er der Urteilskraft des Lesers lediglich anheimstellt, (zit. Lindemann 1969, S. 34) Im 19. und 20. Jahrhundert werden diesbezügliche „Redensarten“ zum Gegenstand der Kritik an der Zeitungssprache. Für Dovifat verstoßen sie gegen die „Klarheit und Treffsicherheit der Nachrichtenform“ : Meist geschieht das in der Absicht, immer konditional zu bleiben, sich ja nicht festzulegen und alle Hintertüren offen zu lassen. Solche Redewendungen sind: „Wir glauben zu wissen“, „Man geht wohl in der Annahme nicht fehl, daß“ [...] Solche stilistischen Stützen, die eine Unsicherheit, einen noch vorhandenen Zweifel an der Richtigkeit der eigenen Aussage erkennen lassen, sollten unterbleiben, oder wo Vorbehalte nötig sind, durch ein „aller Voraussicht nach“ oder „wahrscheinlich“, also durch die natürlichen Formen des Vorbehaltes, ersetzt werden.“ (Dovifat/ Wilke 1976, Bd. I, S. 169). 13 Relata refero = „ich berichte (nur) das Berichtete“ ist die lateinische Version einer grundsätzlichen Äußerung Herodots über die Verantwortung des Historikers gegenüber der Überlieferung; die lateinische Version ist nicht nachweisbar (Bartels 1992, S. 155, S. 141, S. 20). 22 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Dovifats Altemativenvorschlag zeigt immerhin, dass musterhafte Formulierungen mit der Funktion des Rechenschaftablegens zum eher bewussten als unbewussten Ausdrucksinventar der Journalisten gehören. Im Übrigen scheinen in dieser Joumalistenstilistik Adverbien als „natürlich“, Obersätze hingegen als „unnatürlich“ eingestuft zu werden. 1.4.4 ZU SELBSTSTÄNDIGEM DENKEN AUFFORDERN Zum grundsätzlich Neuen des Mediums Zeitung seit dem 16. Jahrhundert gehörte die Erfahrung der offensichtlichen Veränderbarkeit und Relativität des Wissens von der Welt; man wurde ständig „mit Neuartigem, Unerhörtem, aber auch Falschem, Widersprüchlichem oder mit (quellenbedingten) Einstellungs- und Bewertungsunterschieden bzw. Richtigstellungen konfrontiert“ (v. Polenz 1994, S. 18). Das Medium löst Modemisierungsschocks und Orientierungsbedürfiiis aus und fordert zu neuen kognitiven Leistungen heraus. Üblich war das unkommentierte Abdrucken von Verträgen, Friedensschlüssen, Kriegserklärungen, amtlichen Ausschreibungen, Bekanntmachungen, Notenwechseln zwischen Potentaten in Form von Einblattdrucken schon Ende des 15. Jahrhunderts (Lindemann 1969, S. 76), wenn auch nicht aus einer aufklärerischen Motivation heraus. Aber die zensurbedingt unkommentierte Wiedergabe von Nachrichten provozierte die Leser zum kommentierenden Räsonnieren, so dass sich ein funktionaler Zusammenhang zwischen unkommentierter Nachrichtenwiedergabe und einer impliziten Aufforderung zum Bewerten und Urteilen herausbildete. Gerade das kommentarlose Zitieren evoziert somit den selbst urteilenden Leser in idealtypischer Form; 14 die wörtliche Textwiedergabe fordert die Leser mehr noch als eine inhaltliche Paraphrase zum Seiberdenken auf und spricht ihnen zugleich die Fähigkeit und das Recht darauf zu. Nicht zuletzt deshalb galten Zeitungen geradezu als „Instrument der Aufklärung“ (Welke 1977, S. 83-86), als das „beste Vehikel ..., wodurch nützliche Wahrheiten unter das Volk gebracht werden könnten.“15 Zwei zentrale Ziele der Aufklärung prägten die Textsorte: erstens die Forderung „nach Unabhängigkeit von Autorität und Vorurteil“, zweitens das „Postulat der Richtigkeit, Klarheit und Deutlichkeit der Begriffe“ (ebd., S. 83): „Exaktheit in der Beschreibung von Sachverhalten ist das Ideal der Zeit“ (ebd., S. 88). Kommentierende Meinungsbildung fü r die Leser durch den Journalisten war nicht durch die Zensur erzwungen, sondern wurde von Aufklärern unterschiedlichster Couleur abgelehnt; stattdessen galt es, die Leser zur eigenen Meinungsbildung zu befähigen.16 Als Redakteur der Bamberger Zeitung versprach noch 14 Schon in den reformatorischen Kampfschriften Luthers und seiner Gegner war das Zitieren als Mittel der Argumentation üblich, vgl. Lenk (1984). 15 K. Ph. Moritz, zit. Martens (1974, S. 85). 16 Vgl. Martens (1974). Einführung 23 Hegel, „das, was der Deutsche vornehmlich verlangt, eine Art von Pedanterei und Unparteilichkeit der Nachrichten“ beizubehalten (Welke 1977, S. 82). Das Editorial der Neuesten Weltkunde am 1 und 2.1.1798, wie die berühmte (Augsburger) Allgem eine Zeitung zunächst hieß, bekundet als Absicht ihrer Gründer, „Acten vor[zu]tragen“ und J e d e n Theil selbst sprechen [zu] lassen, mit allen seinen Gründen, nur abgekürzt“ (Neueste Weltkunde 2.1.1798, S. 5). Hierin erhielt die wörtlich zitierende Wiedergabe ihren Sinn. Lange Zeit blieben die Zeitungen also bei der rein berichtenden Nachricht oder Meldung; erst mit dem Ende des 18. Jahrhunderts im Gefolge der Umwälzungen im Zusammenhang mit der Französischen Revolution setzt eine allmähliche Ausdifferenzierung zwischen der berichtenden Nachricht und dem politischen Kommentar ein - ein Prozess, der erst Mitte des 19. Jahrhunderts, nach den Befreiungskriegen und im Vormärz, zum Abschluss kommt (Püschel 1991b). Mit dem politischen Räsonnement entwickelt sich die Meinungspresse. Die in der pressehistorischen Forschung vorherrschende Auffassung, die nüchtern referierende Form der Stoffdarbietung und das Fehlen des Raisonnements in den Zeitungen [des 18. Jahrhunderts, UHZ] sei im wesentlichen nur ein Ergebnis der Bedrückung durch die Zensur gewesen, dürfte sich kaum halten lassen. (Welke 1977, S. 82). Aus einem pädagogisch-aufklärerischen Selbstverständnis heraus verzichtete man bewusst auf Kommentierungen „zugunsten einer sachlich informierenden, fast enzyklopädisch breiten Berichterstattung“ (Welke 1977, S. 82). Unmittelbar vor der Revolution von 1848 bekannte sich Georg Cotta, der Sohn des Gründers der Augsburger Allgem einen Zeitung, zum väterlichen Grundsatz, “leitende Artikel“ zu vermeiden und keine Partei zu nehmen: „Wenn ich die verschiedensten Meinungen alle sprechen lasse, so lasse ich Gottes Stimme vernehmen“ (zit. Sengle 1972, S. 67). Die Erweiterung des Spektrums der Zeitungstextsorten und der journalistischen Stilarten schränken die Möglichkeit der Tradierung musterhafter Formulierungen grundsätzlich ein. Die empirische Analyse wird zeigen, ob die mediengeschichtliche Zäsur um 1830 mit der Initiierung neuer Formulierungstraditionen einherging oder ob die alten Traditionen allmählich wieder aufgenommen wurden. 1.5 Die Zusammenstellung des Textkorpus Die Wahl von Zeitungen liegt, wie gezeigt, für eine Untersuchung musterhafter Syntagmen besonders nahe. Ein weiterer Grund ist die bisher relativ gerin- 24 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts ge Beachtung, die Zeitungen bzw. der Pressesprache in der Sprachgeschichtsforschung geschenkt worden ist. Der Topos, dass Journalisten aufgrund mangelnder Sorgfalt die Sprache verderben, ist fast so alt wie das Medium selbst.17 Infolgedessen fanden Zeitungen erst spät Eingang in die traditionell wichtigste Quelle zur Erforschung historischer Semantik und Syntagmatik, die Wörterbücher. Aber auch in historisch ausgreifenden Grammatiken und in Arbeiten zur historischen Syntax (s. Handbuch Sprachgeschichte 1984/ 1985) sind sie nicht berücksichtigt. Jacob und Wilhelm Grimm führten Zeitungsbelege im Deutschen Wörterbuch nur ausnahmsweise im „Belegnotstand“ und ohne bibliografisch korrekten Nachweis an. Ähnlich ihr Kritiker Christian F. L. Wurm, der Belege aus Zeitungen zwar öfter, aber auch ohne genauen Nachweis bringt. Nur Daniel Sanders behandelte Zeitungssprache in seinem W örterbuch der deutschen Sprache (1859-1865) annähernd gleichgewichtig mit belletristischer und Sachliteratur (Haß-Zumkehr 1995). Die sprachliche Stigmatisierung von Zeitungen scheint heute noch nicht überwunden und verhindert weitgehend, dass sie zum Gegenstand der germanistischen Sprachwissenschaft werden. Die sich per definitionem mit Zeitungen beschäftigende Disziplin ist die im Prinzip außerhalb der Germanistik angesiedelte Medienwissenschaft; sie ist aber kaum diachronisch ausgerichtet. Für Zeitungen als Forschungsgegenstand sprechen aber nicht nur die genannten Defizite, sondern in Anbetracht der Leserzahlen vor allem ihr überragender Einfluss auf die Schriftsprachentwicklung. Das Korpus für diese Untersuchung besteht aus je einem Jahrgang der „Aviso“ und der „Relation“ von 1609 und aus 65 kompletten Zeitungsnummem, die sich gleichmäßig auf drei sprach- und zeitungsgeschichtlich begründete Zeitabschnitte verteilen: 1609 je ein Jahrgang „Aviso“ und „Relation“ 1700 bis 1770 1770 bis 1850 1850 bis 1914 Die zweite Phase beginnt eher willkürlich18 und endet mit dem Jahr 1770, um das der Beginn der so genannten Sattelzeit (Reinhard Koselleck), d.h. der Übergangs- und Retardierungsphase vom Absolutismus zur bürgerlichen Industriegesellschaft, angesetzt wird (vgl. v. Polenz 1991) Die dritte Phase en- 17 Wilke (1985); Moscherosch 1642 und Schorer 1643, zit. bei Blühm/ Engelsing (1967, S. 3 3 f, S. 3 4 f). 18 1700 und 1914 sind die annäherungsweise verstandenen zeitlichen Eckpunkte des Historischen Korpus, das am Institut für deutsche Sprache seit einigen Jahren aufgebaut wird und das zu ca. 30% aus Zeitungstexten besteht; vgl. Haß-Zumkehr (1998) (ersch ). Einführung 25 det 1850, einem politisch einschneidenden und die Übergangszeit abschließenden Datum, das durch die Einführung der Nachrichtentelegrafie (1849) auch zeitungsgeschichtliche Relevanz aufweist. Die vierte Phase endet mit dem Beginn des 1. Weltkriegs. Aus den genannten Periodisierungskriterien ist schon ersichtlich, dass exakte Zeitgrenzen allein aus heuristischen Gründen fixiert werden können. Die Zeitabschnitte werden grundsätzlich als synchrone Schnitte behandelt. Erst bei einem erheblich größeren Korpus scheint eine feinere zeitliche Staffelung sinnvoll. Dennoch soll nicht nur auf grobe, d.h. von Zeitabschnitt zu Zeitabschnitt feststellbare, sondern auch auf eventuelle feinere, d.h. innerhalb eines Zeitabschnitts feststellbare diachrone Prozesse geachtet werden. Die Zeitungsnummern des zweiten bis vierten Abschnitts entstammen mindestens je fünf verschiedenen Presseorganen. Die Menge der zu untersuchenden Nachrichtentexte ist im letzten Zeitabschnitt dennoch bedeutend größer, weil die Zeitungen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts um ein Vielfaches umfangreicher sind als vor der Einführung der Telegrafie. Ziel ist es, die textuelle und medienkommunikative Funktion der reflexiven Syntagmen und ihre diachrone Veränderung zu beschreiben und dabei die Musterhaftigkeit von Äußerungselementen im Grenzbereich von Lexik und Syntax zu erfassen. Dazu sollen sie in einem weiteren Schritt ausdrucksseitig klassifiziert werden, und zwar mittels einer Kombination aus syntaktischen und satzsemantischen Klassifikationskriterien. 1.6 Zur Methode 1.6.1 Terminologisches Diese Untersuchung geht von der Hypothese aus, dass die fünktionalen Merkmale der Textsorte Zeitungsnachricht auf der Ausdrucksseite musterhafte Elemente hervorbringen oder zumindest begünstigen; sie favorisiert den in Abschnitt 1 genannten, onomasiologisch gekennzeichneten Ansatz. Diese musterhaften Elemente können lexikalischer, syntaktischer und wortbildungsbezogener Art sein. Ich konzentriere mich hier auf eine Mischform lexikalischer und syntaktischer Elemente, die zunächst so imspezifisch wie möglich als m usterhafte syntagm atische Lexemverbindungen oder kurz als musterhafte Syntagm en bezeichnet werden sollen. Die Untersuchung zielt also auf Beschreibung und Erklärung musterhafter Lexemverbindungen, die mit dem Ausdruck spezieller Textsortenfiinktionen des Mediums Zeitung Zusammenhängen. 26 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Unter Textsorte soll eine tradierte und im Wissen einer Sprachgemeinschaft präsente Textgattung mit gemeinsprachlich eingeführter Bezeichnung verstanden werden. Solche Textsorten lassen sich sprachwissenschaftlich als Zusammenhang von Funktion(en) und Form(en) beschreiben. Im Zentrum der Untersuchung steht die Textsorte (Zeitungs-)Nachricht oder auch (Zeitungs-) Meldung genannt. Der Ausdruck M edium soll hier in spezifischer Weise auf Einheiten periodischer Massenkommunikation, d.h. der Presse in der Ära „nach Gutenberg“, bezogen werden. Das Medium Presse umfasst alle Nummern aller Zeitungen; dafür kann auch der Kollektivsingular die Zeitung verwendet werden. Eine namentlich identifizierte Zeitung ist als ein Element des Mediums Presse zu verstehen bzw. als ein hierarchisch untergeordnetes (Sub-)Medium und zugleich als ein komplexer Text, insofern er in sich kohärent organisiert ist. Eine einzelne Zeitungsnummer oder -ausgabe ist als teilselbstständiger Subtext anzusehen, der sich aus Exemplaren spezifischer Textsorten zusammensetzt. N achricht oder oft synonym M eldung, auch Korrespondenzbeitrag, wird allgemein im Sinne einer Textsortenbezeichnung verwendet und einerseits von Nachrichteninhalt oder -aussage, andererseits von den historisch jüngeren Textsortenbezeichnungen Kommentar, Leitartikel, Interview usw. unterschieden. Da die Standardisierung der Syntagmen selbst, d.h. ihre Idiomatisierung, zum Untersuchungsgegenstand gerechnet werden soll, wird hier zunächst allgemein von Syntagm en gesprochen. Die Zahl ihrer Glieder ist prinzipiell unbegrenzt. Zum untersuchten Gegenstandsbereich werden (zunächst) alle Äußerungen mit ähnlicher Textfunktion gerechnet, also auch die expliziten Bezugnahmen auf Nachrichtenquellen und deren Übermittlung, die ein oder mehrere Sätze bzw. Satzgefüge umfassen können.19 Nur so können Herausbildung und Verfestigung von idiomatischen gegenüber nichtidiomatischen Äußerungen abgegrenzt werden. 1.6.2 Gegenstand Gegenstand der Untersuchung sind tendenziell standardisierte Syntagmen der folgenden Art: Wie glaubwürdige Nachrichten versichert haben, [...] (Allerneueste Europäische Welt- und Staats-Geschichte 3.7.1744) 19 Zu der insgesamt sehr spekulativen Berichterstattung über den Wiener Kongress heißt es etwa in der Allgemeinen Zeitung: „Wir fahren unserer Gewohnheit nach fort, die in öffentlichen Blättern umlaufenden Gerüchte über den Wiener Kongress zu liefern, ohne aber jedesmal über das Gepräge von Unwahrscheinlichkeit, welche manche dieser Sagen an der Stirne trägt, eine ausdrückliche Anmerkung zu machen“ (zit. v. Rintelen 1994, S. 209). Einführung 27 Wohlunterrichtete Correspondenzen berichten übereinstimmend, daß (...) (Allgemeine Zeitung 4.4.1850) Dem Verlaut nach (...) (passim, z.B. Allerneueste Europäische Welt- und Staats- Geschichte 3.7.1744) Es gibt Belege, dass solche Syntagmen schon relativ früh als musterhafte und textsortencharakteristische Äußerungseinheiten gesehen und etwa in andere literarische Gattungen wie Erzählungen und Briefe übernommen wurden (Burger 1990, S. 8). Ein Curiosus N eografus in der hamburgischen Moralischen Wochenschrift „Der Patriot“ erfand zwecks satirischer Kritik am Fremdwortgebrauch der Journalisten im April 1724 eine Meldung, die nicht zuletzt durch das Syntagma dem Vernehmen nach als „zeitungssprachlich“ gekennzeichnet werden sollte: R ahlstedt, den 16. April. D er vorm Jahre au f unserm Kirch-Dache LOGirtgewesene Storch ist aus der Fremde hierselbst wieder RETOURNiret, und wird, dem Vernehm en nach, w enigstens diesen Sommer über, seine RESiDENtz bey uns nehm en, (zit. W ilke 1985, S. 77). Es handelt sich bei den oben genannten Syntagmen also um textsortenspezifische Äußerungselemente, die unabhängig von den stets wechselnden Nachrichteninhalten einen durch die gesamte Mediengeschichte hindurch gleich bleibenden Äußerungstyp darstellen und sich deshalb für diachron-idiomatische Untersuchungen gut eignen. Sprachpragmatisch gesehen handelt es sich bei diesen Syntagmen um Äußerungsteile von Nachrichten, die sich auf die Informationsquellen oder auf die Übermittlungswege der Nachrichteninhalte beziehen. Die typischen und durchgängigen Sprachliandlungen von Zeitungsnachrichten waren in Abschnitt 1.3.3 bestimmt worden als: 1) Identifikation und Tradierung der Textsorte GEWÄHRLEISTEN 2) zeitliche Kontinuität der Nachrichtenvermittlung und damit die KOHÄRENZ des Mediums Zeitung SICHERN 3) Verbürgtheit und Aktualität des Nachrichteninhalts BEHAUPTEN 4) die Leser zur selbstständigen Meinungsbildung AUFFORDERN Alle vier Sprachhandlungen rekurrieren auf die Traditionen, auf denen das Medium Zeitung im 15. und 16. Jahrhundert aufgebaut hat, und auf deren funktionale Merkmale: Nachrichtenbriefe, Flugschriften, Messrelationen. Schon in den frühen Formen der Nachrichtenbriefe als einem der Vorläufer des Mediums Presse sind funktionsäquivalente Syntagmen anzutreffen: Nachdem vnns (...) von ainem vertrauten ort Zeitungen zuekomen sind (...) haben wir nit umbgeen wollen solches an Euch alls die dessen gern wissen haben 28 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts möchten, auch gelangen zulassen, wie Jr dann das hieynnligende Zuempfahn vnnd seines Innhalts zuuememen ... (Herzog Albrecht von Bayern im Jahr 1561, zit. Lindemann 1969, S. 18) Wir haben Eur Schreiben [...] an vnns ausgangen, sambt den eingelegten Zeittungen gestriges morgenns [...] wol empfangen vnnd vemomen. Halten auch solche Zeitungen, sonderlich mit No 1 signirt, dieweil vnns dergleichen annders wo her auch zuekomen, für bestendig vnnd war. (Herzog von Bayern an Pfleger und Rat in Augsburg im Jahr 1563, zit. Lindemann 1969, S. 19) Der Zusammenhang zwischen musterhaften Syntagmen und textsortenspezifischen Äußerungsfunktionen soll durch Rückgriff auf die Satzsemantik spezifiziert und methodisch transparent gemacht werden. Im Hauptteil werden je Zeitabschnitt zunächst die im Material belegten Sprachhandlungstypen und darauf aufbauend die Prädikationstypen beschrieben. Satzsem antisch gesehen leisten die Syntagmen Zusatzprädikationen (vgl. v. Polenz 1986, S. 247ff), die die Nachrichteninhalte hinsichtlich ihrer Verbürgtheit qualifizieren, indem sie mehr oder weniger genaue bzw. relativierende Angaben über die Herkunft einer Information enthalten. Mit ihnen können ferner Sprechereinstellungen zum Aussagegehalt einer Nachricht und/ oder zur Verbürgtheit einer Quelle ausgedrückt werden, und zwar trotz bestehender Zensurbedingungen und historisch vor der Etablierung der Zeitungstextsorte Kommentar. Da sich Nachrichten unter den damaligen Bedingungen häufig widersprachen, erfüllten bestimmte musterhafte Syntagmen vor allem seit Beginn des 19. Jahrhunderts die Funktion, die kommunikativen Konstellationen darzustellen, die verschiedene Positionen der öffentlichen Meinung zu einem Thema bildeten, so dass sich die Leser zur eigenen Meinungsbildung aufgerufen fühlen konnten. Die primäre Funktion quellenreflexiver Syntagmen, die darin besteht, Verbürgtheit und Aktualität des Aussagegehalts einer Nachricht zu sichern bzw. zu vergrößern, fuhrt unter den technischen und politischen Bedingungen des 18. und 19. Jahrhunderts zu einer im Ganzen differenzierten Darstellung der zum Teil recht verschlungenen Kommunikationswege, die eine Nachricht durchlaufen hat, und teilweise zu einer ebensolchen Darstellung der kommunikativen Konstellationen. Darum sollen sie nicht lediglich als quellenreflexive, sondern, weil umfassender, als kommunikationsreflexive Äußerungen bezeichnet werden. Lexikalisch-sem antisch entfaltet sich in den zu untersuchenden Syntagmen der Wortschatz des Sagens und Meinens in einer sehr Varianten- und nuancenreichen Weise. Die Untersuchung hat vor allem die Lexikalisierung von Kompositen und Verbalsubstantiven im Blick. Es wird zu zeigen sein, dass die Annahmen über den heutigen Variantenreichtum der Verba dicendi in Zeitungs- Einführung 2 9 nachrichten (v. Polenz 1966; Jäger 1968; Wunderlich 1969) von einer sprachpflegerisch-traditionellen Kritik an zeitungssprachlichen „Moden“ ausgehen, obwohl es sich dabei um eine Jahrhunderte alte Mode handelt. Im Zusammenhang mit der impliziten Äußerung einer Sprechereinstellung in kommunikationsreflexiven Syntagmen können nahezu beliebige Verben zu Verba dicendi gemacht werden - ein sprachpflegerisch oft bemängeltes und z.T. dem Einfluss des Englischen unterstelltes Phänomen. Das folgende Beispiel Der Weser-Zeitung wird von Hamburg aus die sanguinische Hoffnung gegeben: „Die Gewährung völliger Preßfreiheit in hamburgischen Angelegenheiten wird vorbereitet...“ (Mainzer Zeitung 3.1.1848, S. 1) zeigt, dass die Verbgruppe H offnung geben über die Funktion des hier notwendigen und deshalb erwartbaren Verbum dicendi hinaus vor allem dem Ausdruck einer Wertung dient. Die das sprachpragmatische und satzsemantische Funktionsinventar abdeckenden Neben- oder Zusatzprädikationen zu den Hauptprädikationen einer Nachricht bilden den onomasiologischen Ausgangspunkt meiner Untersuchung, die von dort aus fragt: Wie werden die Neben- oder Zusatzprädikationen lexikalisch realisiert und inwiefern lassen sich dabei syntagmatische Muster erkennen? Als Zwischenschritt zwischen der Identifizierung und Funktionsklassifizierung der Prädikationen und der lexikalischen Realisierung ist die begrenzte Menge der syntaktischen Realisierungsformen zu berücksichtigen, durch die Haupt- und Neben- oder Zusatzprädikationen miteinander verknüpft sind. Gegenstandsbestimmung und Vorgehensweise variieren somit den pragmalinguistischen Ansatz, der im Tübinger Projekt zur Zeitungssprache des 17. Jahrhunderts als „integrative Betrachtung von journalistischen Handlungsformen und sprachlichen Mitteln“ gefasst wird (vgl. Fritz/ Straßner 1996, S. 1Iff). 1.6.3 Vorgehensweise Der empirische Teil dieser Untersuchung gliedert sich in die o.g. synchronen Schnitte mit je sechs Ebenen, die onomasiologisch von „oben“ nach „unten“ durchschritten werden: I. Textstruktur, bestehend aus journalistischen (Sprach-)Handlungstypen und ihren Relationen zueinander, beschreibbar als Prädikationstypen 30 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts II. Auswahl der neben- oder untergeordneten Prädikationstypen mit den Funktionen Quellenreflexion und Kohärenzstiftung III. Beschreibung der zu ihrer Realisierung herangezogenen syntaktischen Klassen IV. Beschreibung der lexikalischen Realisierung in jeder der belegten syntaktischen Klassen20 V. Beschreibung der syntagmatischen Muster und ihres Variabilitätsspektrums VI. Deutung der Ergebnisse Die syntaktischen und die lexikalischen Klassen (Ebenen III und IV) erfordern nähere Erläuterung. Die Klassifizierung syntaktischer Konstrukte über einen mehrere Jahrhunderte umfassenden Zeitraum hinweg stellt eine an sich problemreiche Aufgabe dar, die hier nur pragmatisch, d.h. unter Rückgriff auf vorhandene Arbeiten zur historischen Syntax (vor allem Konopka 1996) wie auf neuere Dependenzgrammatiken (vor allem Zifonun/ Hoffinann/ Strecker et al. 1997), und nicht grundsätzlich gelöst werden kann. Im Hinblick auf das Untersuchungsziel sind bei der Klassifikation alle vier von Konopka (1996, S. 4ff.) genannten Parameter zu berücksichtigen: Einfachheit/ Komplexität, Neben-/ Unterordnung, Unabhängigkeit/ Abhängigkeit sowie Selbstständigkeit/ Unselbstständigkeit. Acht syntaktische Klassen, satzwertige und nichtsatzwertige, die die Rahmenbedingungen möglicher musterhafter Lexemverknüpfungen stellen, lassen sich unterscheiden und in diachroner Belegung und Veränderung beschreiben. Als Hauptsatz werden nachfolgend solche unabhängigen Sätze eingeordnet, die im Unterschied zu sogenannten Obersätzen - den Nebensatz oder die Nebensätze nicht mit einschließen. Als Hauptsätze gelten hier auch solche unabhängigen, aber unselbstständigen Teilsätze, die als defektive Hauptsätze bezeichnet werden (vgl. Ruprecht 1997). III. 1: Hauptsatz zur Einführung direkter oder indirekter Redewiedergabe (Variante: zum Abschluss einer Redewiedergabe), z.B : 21 Briefe aus Italien brachten folgende M eldung: D er Papst habe [...] 20 Vgl. Fritz (1983, S. 40ff.) und Fritz/ Straßner (1996), die von acht „funktionalen Bausteinen“ aus die syntaktisch-lexikalischen Realisierungen darstellen. 21 Die nachfolgenden Beispiele sind den Dokumentationen des Hauptteils entnommen und werden dort nachgewiesen. Einführung 31 III.2: Obersatzrest in Verbindung mit einem Objektsatz (meistens mit daß) oder einem Attributsatz mit deverbalem Bezugswort, z.B.: A us [Ort] wurde dem/ der [ZtgsName] gemeldet, daß [...] Dem / D er [ZtgsName] ging eine M eldung zu, nach welcher [...] III 3: Obersatzrest in asyndetischer Verbindung mit einem bzw. (meist) mehreren Objektsätzen (regelmäßig mit Konjunktiv der indirekten Rede), z.B.: M oskauer Blätter melden, der Zar sei verärgert über [. ..] III. 4: Einfachsatz oder Hauptsatz, in dem der Nachrichteninhalt die Stelle einer Ergänzung (nominal oder als Gliedsatz) einnimmt, z.B.: Die Nachricht über [Thema] langte neu hier ein. III.5: unselbstständiger Adverbialsatz mit wie22, z.B.: Wie man aus [Ort] hört, [...] Wie derldie [ZtgsName] berichtet, [.. .] Wie verlautet, [...] III. 6: inhaltlich äquivalente Parenthese, sofern grafisch besonders markiert, z.B : [ . . .] - so hört man aus [Ort] - [ . . .] III. 7: eventuell mehrgliedrige Präpositionalangabe (in Verbindung mit laut, gemäß, zufolge, nach), z.B : Dem Correspondenten der „Tim ed1 zufolge [...] III 8: Adverb, z.B.: vermutlich, bekanntlich, usw. Hier nicht mit aufgenommen ist die Verwendung von Modalverben (sollen, wollen, dürfen) als Ausdruck des Für-wahr-Haltens, da sie sich syntagmatisch nicht in irgendeiner Weise musterhaft mit anderen Ausdrücken verbinden. Sie werden meist in Verbindung mit einem der genannten syntaktischen Mittel 22 Nach Ruprecht (1997) ist die Einordnung typisch zeitungssprachlicher wie-Sätze als Haupt- oder Nebensatz strittig. 32 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts verwendet, um indirekte Redewiedergabe oder Zweifel des Redakteurs an der Richtigkeit der Information auszudrücken, können diese Funktion aber auch allein übernehmen. Der Zusammenhang zwischen den Ebenen III (Syntax) und IV (Lexik) lässt sich mittels folgender Frage herstellen: Welche irgendwie musterhaften, idiomatischen Relationen sind zwischen den Lexemen deijenigen syntaktischen Klassen auszumachen, die am häufigsten realisiert sind und die die erläuterten pragmatischen und satzsemantischen Funktionen erfüllen? Die hier vorkommenden Lexeme lassen sich - gültig für alle synchronen Zeitschnitte - verschiedenen morphologischen und semantischen Klassen zuordnen: IV. 1: Verba dicendi et audiendi IV.2: Funktionsverbgefüge derselben semantischen Klasse IV. 3: Bezeichnungen für Zeitungen (Blätter, Journale usw.) als Quellen IV.4: Textsortenbezeichnungen der benutzten Informationsquellen (Depesche, Note, Verlautbarung usw.) IV.5: andere Quellenbezeichnungen (Gewährsmann, Augenzeuge, Interviewer) IV. 6: Adjektivattribute (sichere, neue, eingelauffene Nachrichten) IV. 7: Adverbien und adjektivische Prädikatsnomen (vermuthlich, glaublich) IV. 8: Namen von Zeitungen (hier nicht weiter relevant) Weitaus die meisten Verknüpfungen dieser Lexeme sind durch pragmatische, syntaktische oder semantische Restriktionen erklärbar: Eine pragmatische Erklärung ist z.B., dass die Wörter Kabel, Telegramm und telegraphisch erst nach 1850 und dann häufig in textueller Kookkurrenz auftreten. Die Häufung bestimmter Präpositionen wie nach, aus, laut erklärt sich aus der Verwendung bestimmter syntaktischer Formen zur Realisierung der Zusatzprädikation. Und die überaus häufige Kombination eines Verbum dicendi mit einer Quellenbezeichnung plus eventuellem Adjektivattribut {gestrige Zeitungen berichten) folgt den semantischen und textsortenspezifischen Regeln dieser Lexemklassen. Die empirische Analyse wird zeigen, dass schon im 18. Jahrhundert die Varianz der Verba dicendi und audiendi groß ist und auch das als Synonymisierung bezeichnete Phänomen (v. Polenz 1966; Jäger 1968), dass Verben, die nicht zu den Verba dicendi et audiendi gehören, durch die Art ihrer Verwendung Einführung 33 eine zusätzliche Bedeutung als Verbum dicendi/ audiendi erhalten, nicht erst in der Gegenwart auftritt. Diese Umdeutung enthält Möglichkeiten verdeckten Kommentierens, auf die man gerade in Zeiten schärferer Zensur angewiesen war. Von der empirischen Analyse sind außerdem genauere Aussagen zur Entstehung der Nominalisierungstendenz23 und zur Zunahme der sprachlichen Nachrichtengegenstände (große Menge von Bezeichnungen fur Textsorten (Depesche, Note, Kommunique) und kommunikative Handlungen (Gespräch, Verhandlung, M itteilung) zu erwarten. Daraus erhellt: Nachrichten haben im Laufe der Zeit zunehmend weniger nonverbale Ereignisse (Schlachten, Unwetter) und immer mehr verbale Ereignisse (Erlasse, Politikeräußerungen) zum Gegenstand (vgl. Wilke 1984). Im Golfkrieg von 1991 wurde nicht über die Kämpfe, sondern über die militärischerseits herausgegebenen Texte und Bilder berichtet. Werden kommunikationsreflexive Äußerungen als redundant angesehen und entsprechend standardisiert, komprimiert, gekürzt, gerät die Tatsache völlig aus dem Blick, dass Nachrichten sprachlich oft mehrfach vermittelte Inhalte haben. Innerhalb dieses vom Sprachsystem syntaktisch und lexikalisch vorgegebenen Rahmens möglicher Lexemkombinationen gilt es nun, die musterhaften, standardisierten Syntagmen ausfindig zu machen, bei deren Bildung über die genannten Restriktionen hinaus ein Moment der Tradition, der „Formulierungstradition“, wirksam wird. Als Kriterium gilt hierbei Häufigkeit, Stabilität und vor allem eine erkennbare, spezifische Funktion über einen größeren Zeitraum hinweg. Demgegenüber gelten als nichtstandardisiert alle Einfachsätze, die nicht in die syntaktischen Klassen III. 1, III.4 und III.6 gehören, und komplexe Sätze, deren Aussageinhalt in einer Prädikation über Quellen und/ oder Kommunikationswege und -konstellationen besteht. In ihnen wird die Verbürgtheit einer Nachricht explizit und oft sehr ausführlich thematisiert. Vor allem in Fällen von Gerüchten, Dementis und Widersprüchlichkeit verschiedener Nachrichten drücken Redakteure sich explizit aus. Gerüchte signalisieren Hoffnungen und Ängste; Gerüchte und Widersprüche können die Leser daran hindern, die eigene Meinung zu festigen und Interessengruppen bzw. Parteiungen zu bilden, die zu bestimmten politisch relevanten Handlungen bereit sind. Sichere Informationen hingegen ermöglichen feste Meinungspositionen und stärken Handlungsbereitschaft. Standardisierte Syntagmen zum Ausdruck von Widersprüchlichem ähnlich dem heute üblichen Typ entgegen anders lautender Berichte scheinen sich historisch erst spät entwickelt zu haben. Explizite Darstellung einer heterogenen Nachrichtenlage geschieht oft ausdrücklich, damit der Leser sich selbst ein Bild, ein Urteil machen soll. Es wäre ggf. durch Ver- 23 Weniger dagegen Komprimierung und Lexikalisierung (Krim-Nachrichten statt Nachrichten aus der Krim). 34 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts größerung des Korpus zu prüfen, ob die Verbindung der Nomina G erücht und Dem enti mit bestimmten Adjektiven (ausgestreut, ausgebreitet) bereits als idiomatisch angesehen werden kann. Bei der Beschreibung der syntaktischen Muster (Schritt III) und des dabei verwendeten Lexeminventars (Schritt IV) werden die belegten Syntagmen nicht nur analysiert und generalisierend interpretiert, sondern immer auch relativ breit dokumentiert, damit die Interpretationen nachvollziehbar sind. Die Entscheidung für die umfangreiche Dokumentation fiel aufgrund der Schwerzugänglichkeit der Quellen; die untersuchten Zeitungen sind, abgesehen von „Aviso“ und „Relation“ des Jahrgangs 1609, nicht ediert, sondern liegen nur als Mikrofilmkopien und in verschiedenen deutschen Bibliotheken, aber in keiner komplett vor. Eine unter sprachhistorischen Gesichtspunkten exemplarische Auswahl von Erzeugnissen der deutschsprachigen Presse des 18. und 19. Jahrhunderts steht im Institut für deutsche Sprache auf Mikrofilm zur Verfügung und wird in ein maschinelles Textkorpus integriert (Haß-Zumkehr 1998). 1.7 Zur Pragmatik der Korpustexte in der Mediengeschichte Nicht nur das Interesse einer Sprachgemeinschaft an Sprachgeschichte, auch das wissenschaftliche Interesse geht letztlich immer von Fragen der Gegenwart aus. Von einiger Aktualität ist die Frage nach den Bedingungen von Sprache und Sprechen in der „Informationsgesellschaft“, in der zwischen Sprache bzw. Sprecher und Wirklichkeit ein Verbund verschiedener Medien und Textsorten tritt, von dem anzunehmen ist, dass er sich bis ins Sprachsystem hinein auswirkt. - Der Anteil der in diesem Sinne „medien“-vermittelten Realität hat in den letzten Jahrzehnten zwar sprunghaft zugenommen, ist aber keineswegs völlig neu. Der Beginn mediengebundenen Sprechens und Schreibens ist in Form zunächst handschriftlich, später gedruckt vervielfältigter Kaufmannskorrespondenzen im 16. Jahrhundert zu lokalisieren und fällt demzufolge mit der 2 Hälfte der sprachhistorischen Periode des Frühneuhochdeutschen (ca 1350-1650) als Beginn der neuhochdeutschen Periode zusammen Das späte 18. und das 19. Jahrhundert umfassen den Beginn der Massenpresse und ihre Entwicklung zum Höhepunkt.24 Zeitungen sind das älteste und immer noch ein zentrales Medium öffentlicher Informationsverbreitung und Diskussion Sprachliche und informationelle Traditionen lassen sich in diesem Textsortenbereich am ehesten vermuten. 24 Zahlen bei Wittmann (1982, S. 149ff.). Einfiihrung 35 Die sich scheinbar zunehmend beschleunigende Entwicklung hin zu einer durch mediale Informationsströme gesteuerten Gesellschaft provoziert Fragen nach den Traditionen der Wirklichkeitskonstitution durch Medien und nach der Rolle der Sprache in ihnen. Es handelt sich dabei um andere Fragerichtungen als sie beispielsweise um die Jahrhundertwende in Gestalt der Joumaillen- Schelte artikuliert wurden, die das Medium Zeitung stilistisch an der Sprache der klassischen Dichtung maß. Ein in diesem, d.h. wissenschaftsgeschichtlichen Sinn konservatives, auf die sprachliche Form, nicht auf das sich verändernde Verhältnis von Sprache und Wirklichkeit bezogenes Interesse hielt bis in die Zeit nach 1945 an. So untersuchte man in den 60er Jahren die indirekten Redeeinleitungen in der Zeitungssprache der Gegenwart eher unter sprachpflegerischem Aspekt und ignorierte die Auswirkungen kommunikativ begründeter Traditionen (z.B. Jäger 1968; v. Polenz 1966; Wunderlich 1969; Sitta 1970). Die Fragen, auf die die nachfolgenden Untersuchungen daher letztlich zielen, beziehen sich auf diejenigen sprachlichen Traditionen der uns vertrauten Textsorte Nachricht, die bei der Wahrnehmung der beschriebenen bzw. der medial erzeugten Wirklichkeit eine Rolle spielen. Sprachgeschichtlicher Forschung wird hiermit also eine orientierende Funktion flir die Gegenwart zugeschrieben. Aus diesem spezifischen und daher eingeschränkten Interesse heraus soll hier auf die ansonsten durchaus pragmatisch relevanten Hintergründe wie Herstellung und Vertriebswege, Zensur und Presserecht, Instrumentalisierung der Presse durch Politik und Industrie sowie auf pressegeschichtliche Zäsuren nicht detailliert eingegangen werden. Einschlägiges kann der umfangreichen pressegeschichtlichen Literatur25 entnommen werden. Nachfolgend seien nur solche Hintergrundinformationen gegeben, die die Funktion kommunikationsreflexiver Syntagmen verstehen helfen. Die den Anfang machenden kaufmännischen Korrespondenzen erhielten durch die größeren Messen eine zunächst jährliche, dann halbjährliche Periodik Ursprünglich waren es ökonomische Interessen, die Auswahl und sprachliche Gestaltung öffentlicher und halböffentlicher Nachrichten bestimmten. Daneben existierten immer schon Diplomaten, die auch als fürstliche Nachrichtenagenten tätig waren, sowie militärische Kundschafter, die einem begrenzten Empfängerkreis Texte übermittelten, für die die Textsorte Brief und der Stil der Kanzleisprache prägend waren. Obrigkeitliche und militärische Informationssysteme zeichnen sich nicht nur in absolutistischen Gesellschaften durch programmatische Nichtöffentlichkeit aus. Öffentlichkeit der Diskussion politischer 25 Lindemann (1969); Salomon (1906); Koszyk (1966); Presse und Geschichte (1977) und Presse und Geschichte II (1987); Nail (1985) und Nail (1988); Puschel (1991a), (1991b), (1992), (1993); Schröder (1995). 36 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Angelegenheiten, die nur auf der Basis allgemein zugänglicher Informationen möglich ist, war eine zentrale Forderung der Aufklärung und des um politische Mitwirkung kämpfenden Bürgertums. Erst im 19. Jahrhundert, beginnend mit Napoleon, fingen die absolutistischen Herrscher an, das per definitionem antiabsolutistische Medium Zeitung auch für ihre eigenen Zwecke zu nutzen, indem sie gezielte Informations- und Desinformationspolitik betrieben. Spezifisch für den deutschsprachigen Raum ist die enge Bindung des Mediums Zeitung an das einzig mögliche Vertriebssystem - die Post. Beispielsweise hing die Reihenfolge der Meldungen in einer Nummer sowie der Grad der Aktualität, die die Nachrichten einerseits in den Handelszentren, andererseits in abseits der Handelswege liegenden Städten besaßen, direkt von den Postwegen ab. Inhaber von Poststationen (Posthalter) waren bis ins 18. Jahrhundert hinein oftmals Zeitungsherausgeber in Personalunion, die die aus verschiedenen Richtungen eingelaufenen Nachrichten mittel Orts- und Zeitangaben redaktionell bearbeiteten, neu zusammenstellten und mit der nächsten Post versandten. Die grafische Gestalt von Nachrichten wurde entscheidend durch die Übermittlungswege des Postsystems und den Aktualitäts- und Zeitdruck geprägt. Die in einer Poststation bzw. bei einem dort ansässigen Zeitungsverleger eintreffenden Korrespondenzen wurden meist ohne Veränderung des Wortlauts im Druck aneinander gefugt und zwar in der Reihenfolge, in der die Städte, aus denen die Nachrichten stammten, an einer Postroute lagen (Wilke 1984, S. 35). Sobald sich die Post- und Verkehrsbedingungen verdichteten, vermehrte sich auch der Nachrichtenstoff. Die Verleger fingen dies durch eine Ausweitung der Kapazität des Mediums auf: Sie verkleinerten Schriftgrad und Schriftschnitt; sie änderten das Format ab Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend von Quart in Folio; sie änderten durch Beiblätter den Umfang; sie ließen die Zeitung öfter erscheinen. Die ältesten Nachrichten standen innerhalb einer Zeitungsnummer voran, die jüngsten am Schluss. Das Alter einer Nachricht hing unmittelbar mit der Entfernung des Korrespondenzortes zusammen, wobei Entfernung nicht absolut im Sinne von Luftlinie, sondern in Relation zu den Verkehrswegen gesehen werden muss. Meldungen aus Übersee finden sich beispielsweise regelmäßig in Nachbarschaft von Meldungen aus den großen Hafenstädten (Venedig, Hamburg). Bei der Übernahme von Meldungen aus anderen Zeitungen hing deren Positionierung im Blatt ebenfalls von der Postroute ab; Nachrichten aus Londoner Zeitungen fanden sich in Hamburger Zeitungen wieder und diese unter der Überschrift „Aus Hamburg“ schließlich in süddeutschen Blättern. Die Anonymität der Korrespondenten, zunächst meist Diplomaten und Hofbeamte, die als einzige politisch interessante Informationen weitergeben konnten, Einführung 37 war notwendig, wenn nicht konstitutiv.26 Dovifat/ Wilke (1976, Bd. I, S. 58f.) bezeichnen die Korrespondenten als „zwielichtige Existenzen, die vielen Herren dienten.“ v. Rintelen (1994, S. 381-396) hat eine Reihe von in der Augsburger Allgem einen Zeitung zwischen 1798 und 1823 verwendeten Korrespondentenkürzeln durch detaillierte Recherchen aufgedeckt, die diese soziale Verortung bestätigen. Nach Meyn „erschien Anonymität in dieser Zeit der Verfolgung und des Mißtrauens geradezu als ein Bollwerk der Pressefreiheit“ (1982, S. 87). In den 27 territorialen Pressegesetzen, die vor 1874 galten, herrschten insgesamt vier unterschiedliche Rechtsauffassungen hinsichtlich Feststellung und Bestrafung des für ein Pressedelikt Verantwortlichen vor, die mehrheitlich dahin tendierten, den Verantwortlichen im Verleger zu sehen. Im Badischen Pressegesetz von 1831 wurde deshalb der Begriff des „verantwortlichen Redakteurs“ eingefuhrt (Gusti 1908, S. 93-108) und mit der Impressumspflicht - regelmäßige Impressumsangaben gab es schon im Vormärz (Naujoks 1982, S. 117) - sicherte sich die Staatsgewalt den Zugriff auf den Verantwortlichen. Das Reichspressegesetz richtete dann zwar einen so genannten Zeugniszwang ein; dieser scheint aber dennoch nicht verhindert zu haben, dass Zeugen sich auf ihr Recht beriefen, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihnen selbst oder anderen Personen, in Bezug auf die sie ein Ablehnungsrecht besaßen, strafrechtliche Verfolgung einbringen würde (Dochow 1877, S. 33f). Dass Redakteure sich oft auch durch drohende Geld- und Freiheitsstrafen nicht dazu zwingen ließen, Informanten zu verraten, zeigte der Fall des Redakteurs Kantecki vom November 1876, der sogar den Reichstag beschäftigte27 Wichtiger noch als Korrespondenten, die sich ohnehin nur größere Blätter finanziell leisten konnten, waren andere Zeitungen als Quellen. Auch hier wurden unter Zeitdruck redaktionelle Umformulierungen, die sich allerdings zumeist auf Orts- und Zeitangaben beschränkten, sowie zum Teil auch Übersetzungen vorgenommen. Von Anfang an galt Aktualität als wichtiges Qualitätskriterium der Nachricht; Aktualität im Jahr 1694 hieß, die Post vom selben Morgen zur „Aviso“ weiterzuverarbeiten (vgl. Neumann 1987). Dennoch konnten zwischen dem Ereignis und der Meldung durchaus zwei bis vier Wochen liegen. Andererseits beeinträchtigten die parallele Existenz zweier verschiedener, um zehn Tage differierender Kalender seit 1582 (des julianischen und des gregorianischen je nach protestantischer oder katholischer Region, vgl. Gloning 1996c, S. 373) und die kommerziellen oder drucktechnischen Motiven folgenden Umdatie- 26 „das Recht der Anonymität, deren Maskenfreiheit in fast allen Ländern eine wesentliche Bedingung der Existenz der Presse zu sein scheint“ (Gusti 1908, S. 94). Zur Anonymität der Korrespondenten im 17. Jahrhundert vgl. Salomon (1906, S. 39). 27 Dochow (1877, S. 6ff ); vgl. Wetzel (1982, S. 151, Anm. 33). 3 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts rungen die Verbürgtheit der Datumsangaben (Neumann 1987, S. 134f.). Ex negativo bestätigen diese Manipulationen die Gültigkeit des Aktualitätskriteriums. Daneben und nicht weniger hoch bewertet stand das Kriterium der Verbürgtheit der Nachricht; Verbürgtheit und Aktualität waren unmittelbar ökonomisch relevant, wenn es z.B. darum ging, ob eine Grenze ab wann oder bis wann passierbar war oder nicht. Das zuletzt genannte Kriterium erhielt nach 1770, im Zusammenhang mit den aufklärerischen Idealen der Unparteilichkeit und Wahrhaftigkeit, ein wesentlich größeres Gewicht. Ein Bewusstsein von der Relativität der Wahrnehmung war aber schon gut entwickelt. Johann Martin Chladenius gibt in einem mit „Von Auslegung Historischer Nachrichten und Bücher“ überschriebenen Kapitel seines Buches „Einleitung zur richtigen Auslegung vernünftiger Reden und Schriften“ (Leipzig 1742) ein Beispiel für die „vielerlei Sehe-Puncte bei einer Geschichte“ : „Eine Privatperson kann nach ihrer Einsicht alles für ruhig und das Land von einem Anfall für weit entfernt halten, wenn man bei Hofe wegen äußerlicher oder innerlicher Unruhe schon von der größten Gefahr redet.“28 Chladenius’ Begriff des Sehe-Puncts geht auf Leibniz und die wolffsche Schule zurück, die ihn zuerst aus der Physik entlehnten (Gadamer/ Boehm 1979 , S. 22). 1.7.1 Zur Entwicklung des Textsortenspektrums in der Presse Das Inventar der uns heute vertrauten Zeitungstextsorten, wie es medienwissenschaftliche Überblicksdarstellungen beschreiben (Bücher 1986; Burger 1990, S. 4 7ff, S. 322ff; Lüger 1983), hat erst nach dem 2. Weltkrieg seine charakteristischen Formen und funktionalen Differenzierungen entwickelt. Für eine historisch-diachrone Beschreibung sind heutige Gattungsbezeichnungen, wie Meldung, Kommentar, Reportage, schlecht geeignet. Unter den pressegeschichtlichen Arbeiten, die textfunktionale Aspekte und damit die Frage nach möglichen Differenzierungen von Zeitungstextsorten in früheren Jahrhunderten behandeln, liefern die Arbeiten von Püschel (1991a, 1991b, 1992) zur 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts und die von Schröder (1995) und Gloning (1996b) zum 17. Jahrhundert einen Überblick über die großen Entwicklungslinien. Da diese Linien sich in dem in dieser Arbeit zugrunde gelegten Korpus im Ganzen bestätigen, seien sie nach der Forschungsliteratur referiert. Übereinstimmung herrscht allgemein, d.h. auch in den Sprachgeschichten des Deutschen, in der Annahme eines folgenreichen Wechsels in der Pressegeschichte von der Faktenorientiertheit zur Meinungsorientiertheit, der während 28 Chladenius, zit. Gadamer/ Boehm (1979, S. 73£). Einführung 39 der so genannten Sattelzeit im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts einsetzte und einschließlich der vor allem von v. Polenz (1991) betonten Retardierungsphase bis zum Ende des ersten Drittels oder auch der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dauerte (Püschel 1991b, S. 432f ). Die Geschichte der kommentierenden Textsorten „beginnt deshalb erst unmittelbar vor und mit der Märzrevolution 1848 [...] Es entstand die ‘Meinungspresse \ deren Vertreter zu Organen von Gruppeninteressen und Parteienstandpunkten wurden.“ (ebd., S. 434) Die zunehmende Meinungsorientiertheit hat aber auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch kaum zu formal und funktional differierenden Textsorten geführt. Das Korpus dieser Arbeit bestätigt vielmehr, dass einerseits faktenorientierte Nachrichtentexte sehr unterschiedlicher Länge und Ausführlichkeit noch die Presse des Jahres 1919 beherrschten, dass andererseits Kommentare und Wertungen schon von Beginn der Überlieferung im 17. Jahrhundert an je nach Druck der Zensur und geändertem Selbstverständnis der Journalisten mal mehr, mal weniger in die faktenorientierten Texte integriert waren. Über Nebeneinander oder Dominanz von Fakten- und Meinungsorientiertheit ist anhand von Textsortendistributionen also kein klares Bild zu gewinnen; aber auch Merkmale des äußeren Textaufbaus liefern keine Anhaltspunkte. Über alle behandelten Jahrhunderte hinweg, von der Mitte des 15. Jahrhunderts (Gloning 1996b, S. 198ff ) bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts (Püschel 1991b, S. 437), bleibt die Tradition des Briefs in den Nachrichtentexten erkennbar, und zwar vor allem an der Beibehaltung einer texteinleitenden oder als Überschrift gesetzten Ortsangabe, die immer die Herkunft einer Nachricht bestimmt, in Verbindung mit irgendeiner Form der Datumsangabe. Diese nickt im Lauf der Zeit aus einer syntaktisch gebundenen Form heraus und wird Teil einer Überschrift oder eines einleitenden afiniten Textsegments Außer dem Brief weisen vor allem die dominant kommentierenden Zeitungstexte der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Ähnlichkeiten mit der Textsorte ‘wissenschaftliche Abhandlung’ auf, die Püschel (1991b, S. 439ff.) auf die für alle journalistischen Texte prägende Schulrhetorik zurückführt Bei den sich in Ausführlichkeit und Länge unterscheidenden „Spielarten des Berichtens“ im 19. Jahrhunderts ist nach Püschel (1991b, S. 437) „schwer zu erkennen, wann und warum ein Text nach der einen oder anderen Mustervariante verfaßt wurde.“ Große Unterschiede bestehen jedoch zwischen Provinzzeitungen, in denen anderswoher übernommene Meldungstexte nahezu unverändert abgedruckt werden, und überregionalen Blättern, die ihr Material redaktionell stärker bearbeiteten und dabei auch Bericht und Kommentierung subtil verflechten konnten. Auch das dieser Untersuchung zugrunde liegende 40 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts Korpus erweist diese Unterschiede als beträchtlich. Jede Zeitung besaß eine sehr spezielle und offensichtlich in der Zeit stabile Binnenstruktur. Änderungen in der äußeren Textstruktur und in der Typografie wurden durch die wachsende Informationsmenge erzwungen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Wechsel von der „Ganzlektüre“ zur „selektiven Lektüre“ brachten und den Zeitungsmachem damit die Einführung von Gliederungshilfen auferlegte (Püschel 1991b, S. 438). Hier wurden nicht wie in literarischen und sonstigen Gebrauchstexten lange üblich, thematische Überschriften gewählt, sondern, in der Tradition des Nachrichtenbriefs, die Herkunft einer Gruppe von Meldungen durch Länder- und Städtenamen angezeigt. Innerhalb eines solchen Blocks waren die einzelnen Meldungen aber ebenfalls kaum typografisch separierbar, da außer Doppelspatium allenfalls Gedankenstriche und Absätze verwendet wurden. Erst relativ spät beginnen überregionale Zeitungen mit Hervorhebungen wie Fett-, Sperrdruck und Klammerung der ersten themenkennzeichnenden Nomen in einem Meldungstext. Im Zusammenhang mit der Nutzung der Telegrafie durch die Presse differenzieren sich einerseits längere Nachrichten mit Hintergrundinformationen und redaktioneller Bearbeitung, andererseits übernommene Kurzmeldungen aus. Dabei werden die längeren Berichte unter rubrikähnlichen Titeln wie „(Politische) Übersicht“, „Rundschau“, „Wochenschau“ oder um 1848/ 49 und nach 1870 vereinzelt unter thematischen Überschriften wie „Aus dem Reichstag“ zusammengefasst, während für Kurzmeldungen rubrikähnliche Titel wie „Neueste Nachrichten“, „Neueste Post“, „Telegraphische Depeschen“, „Telegramme“, „Zeitungsnachrichten“, „Tagesneuigkeiten“, „Aus Stadt und Amt“, „Landesnachrichten“ typisch sind. Auch die äußeren Merkmale eines Nachrichtentextes lassen also eine eindeutige Zuordnung zu Fakten- oder Meinungsorientiertheit nicht zu, geschweige denn die Nachzeichnung des Übergangsprozesses. Es bleibt nur die Untersuchung der Äußerungsstruktur der Nachrichtentexte selbst, die ja schon in traditionellen Stilcharakteristiken nicht selten über ein einleitendes „Aus X wird gemeldet, daß ..." identifiziert wird. Die Darstellung kommunikationsreflexiver Äußerungen wird im Verlauf dieser Arbeit zeigen, wie gut gerade die quellenreflektierenden Nebenprädikationen dazu geeignet waren, durch lexikalische Variation mehr oder weniger verdeckte Wertungen auszudrücken. Einen entscheidenden Schritt zur Meinungsorientiertheit der Nachrichten stellen daher die expliziten, syntaktisch selbstständig formulierten Äußerungen über Qualität und politischen Standort einer Nachrichtenquelle dar, die je nach Prädikationstyp schon vor oder auch erst nach 1850 dominant werden. 1.7.2 Zensur Einführung 41 Über Einflüsse und Auswirkungen auf die sprachliche Gestaltung durch die Zensur lassen sich kaum allgemeine Aussagen machen und es lassen sich auch keine generellen Auswirkungen der Zensur auf die sprachliche Gestaltung von Nachrichten feststellen, da es sich bei der Zensur um ein rechtsgeschichtlich komplexes Gebilde handelt, das bis 1806 von konfligierenden Gesetzen auf Reichsebene und auf Territorialebene beherrscht war und nach dem Ende des Deutschen Reichs zersplittert und uneinheitlich blieb. Das Reichspressegesetz von 1874 löste 27 Landespressegesetze ab.29 Generell lässt sich sagen, dass im 17. Jahrhundert, d.h. im ersten Zeitabschnitt dieser Untersuchung, die Berichterstattung über den jeweils eigenen Staat verboten war; es finden sich auch keine „harmlosen“ Nachrichten aus der Nachbarschaft, etwa über Vermählungen, Unwetter oder Unglücke. Meinungsbildung fand per anonymer Flugschrift statt, nicht per Zeitung (Salomon 1906, Bd. 1, S. 44f.). Der absolutistische Herrscher brauchte auf keinerlei Recht Rücksicht nehmen, wenn er bestimmte Nachrichten unterdrücken wollte. Nachrichtenbriefe per Post ließ er bei Bedarf von Soldaten abfangen - eine Tatsache, die der Nachrichtenherausgeber in der nächsten Nummer unter Umständen, d.h., wenn es sich nicht um Soldaten der eigenen Obrigkeit handelte, mitteilte, damit die Leser sich ihren Reim darauf machen konnten: D ie Ordinari Posten von Frankfurt nach Cölln vom 22. vnd. 29. Maij oder ersten vnd 8. Junij seyndt abermahlen von den Ligistischen vnd Spanischen zu Andernach vffen Westerwald vffgefangen, die erste gantz hinderhalten, die Letztere aber von dem Postverwalter Johann Coßfeldten (doch eröffnet) distribuirt, doch viel Brief hinderhalten worden, werden also die Herrn Interessenten dieses in acht zu nehmen wissen. (Mai 1634, Ordentliche Wöchentliche Zeitung, Frankfurt, zit. Salomon 1906, Bd. 1, S. 42) Formulierungen wie Die Posten aus X seynd dato nicht angekommen erhielten daher eine Bedeutung, die sich angeben ließe mit: „Nachrichten aus X sind möglicherweise der Herrschaft von X so unangenehm, dass sie sie hat abfangen und aufhalten bzw. vernichten lassen.“ Vor allem Nachrichten über Truppenbewegungen und militärische Ereignisse waren davon betroffen (Salomon 1906, Bd. 1, S. 42). Für Zeitungsverleger und Redakteure war die Zensur bis 1806 und noch darüber hinaus nahezu unberechenbar, denn eine Reihe von Faktoren beeinflussten die konkreten Zensurmaßnahmen: - Konkurrieren der Reichs- und Territorialgesetze - mehr oder weniger strikte Anwendung der Gesetze vor Ort 29 Wilke (1984, S. 51); vgl. Fromme (1982. S 37f ); Kloeppel (1884); Gisch (1982). 42 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts - Haltung des jeweiligen Regenten und - eventuell davon abweichend - seiner Regierungsbeamten - Befugnis, sozialer Status, Bildung, Arbeitsbelastung und Laune der Zensoren30 - Sonderbestimmungen bezüglich bestimmter Blätter, Themen, Redakteure, Korrespondenten - die politische Situation - diplomatische Rücksichten31 Aus der ständigen Fluktuation dieser und weiterer Bedingungen ökonomischer und infrastruktureller Art ist die These abzuleiten, dass musterhafte Formulierungen, insbesondere quellen- und kommunikationsreflexive Syntagmen in Zeitungsnachrichten nicht grundsätzlich durch Zensurbedingungen erklärt werden können. Die Formulierungen sind trotz ihrer Variationsbreite weitaus konstanter als die räumlich und zeitlich ständig veränderten Zensurbedingungen. Allenfalls kann in engem räumlichen und zeitlichen Rahmen etwa eine standardisierte Bezugnahme auf eine als offiziell bekannte Zeitungsquelle oder die Tatsache der ausführlichen Zitierung offizieller Texte mit Zensurbedingungen in Zusammenhang gebracht werden. Solche punktuellen Zensurauswirkungen sind aber nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Der nahe liegende Gedanke, dass sich Redakteure vielleicht durch formelhafte Berufung auf „wohlunterrichtete Kreise“ einer eventuellen Strafverfolgung entziehen konnten, erweist sich auch beim Nachprüfen als abwegig. Die Materialanalysen von Dalimeier (1987) lassen allenfalls vermuten, dass die minutiösen und umständlichen Angaben der Kommunikationswege, die eine Meldung durchlaufen hat, insofern zensurbedingt sein können, als durch die Nennung offiziöser anderer Zeitungen Verantwortung „weitergereicht“ wurde; mit der Nennung von Personen war das nicht möglich. Auch wörtliche Zitate konnten bei Zensurangriffen im 18. Jahrhundert wohl zur Rechtfertigung benutzt werden, wenn es sich bei den zitierten Texten um bereits veröffentlichte handelte. Diese Methode funktionierte oft aber auch nicht. Explizite Widerrufe können 30 Anschauliche Details bei Salomon (1906, Bd. 3, S. 360f.). 31 Zur Hannoverschen Zeitung im Vormärz: „Die Zensur wurde [...] mit besonderer Rücksicht auf die persönlichen Wünsche des Königs gehandhabt, und es wurde kein Artikel aufgenommen, der dagegen verstieß oder auswärtigen, besonders befreundeten Regierungen - namentlich der österreichischen oder preußischen - Anstoß geben konnte. Über den deutschen Bundestag und dessen Personale wurden keine Nachrichten aufgenommen [...] Alles Raisonnement über die englische konservative Partei war verboten, und nichtoffizielle Nachrichten über die englische Königliche Familie von einiger Erheblichkeit waren zur Genehmigung zu unterbreiten“ (Salomon 1906, Bd. 3, S. 372f.). Einführung 43 u.U. auf Auflagen einer Zensurbehörde zurückzuführen sein (Dalimeier 1987, S. 245f.); sie können aber ebenso „in Negation versteckte“ Informationen darstellen. Nach Kloeppel (1884, S. 62ff, S. 130ff.) entsprach es einer längeren Rechtstradition, dass die Strafandrohungen des Zensurrechts immer beim Drucker ansetzten und erst sukzessive die weiteren Mitglieder der Kette der Verbreitung, also auch den Redakteur, einbezogen: die alte Zeit sah in vollem Ernste darin bösen Willen, wenn jemand ein so gemeingefährliches Ding wie eine Druckschrift veröffentlichte, ohne sich zu vergewissern, daß der Inhalt unschädlich sei. (Kloeppel 1894, S. 131) Dazu heißt es dann im Allgemeinen Preußischen Landrecht von 1794: Drucker, Verleger, Abschreiber und Austheiler solcher aufrührerischer Schriften trifft, außer dem Verluste ihres Bürgerrechts und Gewerbes, eine ihrer Verschuldung und der Größe des Hauptverbrechens angemessene Strafe [. ..] Die Schmähschrift selbst soll der Gerichtsdiener, in Gegenwart des Verfassers und dreier von dem Beleidigten gewählten Zeugen vor dem versammelten Gerichte zerreißen und mit Füßen treten. Hat der Verfasser sich nicht genannt, so soll das Pasquill auf Verlangen des Beleidigten durch den Henker auf öffentlichem Platze verbrannt werden. Drucker und Verleger solcher Schandschriften werden, wenn selbige ohne Censur gedruckt worden, dem Verfasser gleich bestraft. Kann der Urheber des Pasquills nicht ausgemittelt werden, so wird die Strafe gegen den Druckerund Verleger verdoppelt, (zit. Kloeppel 1884, S. 70f.) Die zentralisierte und überwachte Presse unter Napoleon schuf eine Situation, in der eigene Korrespondenten eine Zeitung relativ unabhängig vom Zwang machten, offiziöse Berichte zu übernehmen. Denn je abhängiger eine Zeitung von anderen Presseorganen war, desto vorhersagbarer und politisch berechenbarer war sie. Aber: Redakteure, die den Korrespondentenberichten den Vorzug gegenüber offiziösen Meldungen gaben, setzten sich selbst der Bestrafung aus. Die Zensoren hatten daher oft nicht mehr zu tun, als zu prüfen, ob eine Zeitung auch die offiziösen Blätter zitiere, und zwar im Wortlaut übereinstimmend wiedergebe (Fuchs 1975, S. 80f ). Die formelhafte Bezugnahme auf andere Zeitungen signalisierte dem Zensor also: ‘Du siehst, wir halten uns an die erlaubten Quellen.’ Dem Leser signalisierte sie außerdem: ‘Dies ist die offizielle Sicht, nicht unsere eigene und auch nicht die wahrheitsgetreue.’ Insofern konnte ein musterhaftes Syntagma wie Der M oniteur berichtete am M ontag, daß [...] die Bedeutung eines Dementis erhalten, während der propositionale Gehalt expliziter Dementis möglicherweise gerade den wahren Sachverhalt darstellte. Ein relativ wirksames Mittel war die Vorzensur für alle Schriften unter 20 Bogen, die in den Karlsbader Beschlüssen von 1819 verfügt wurde.32 Im 32 Meyn (1982); Kloeppel (1884, S. 73). 44 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts Württemberg der Rheinbundzeit fingen Zensoren auswärtige Zeitungen in den Postämtern ab, bevor sie die Redaktionen erreichen und dort als Quellen verarbeitet werden konnten (Fuchs 1975, S. 257). Die verschiedenen Landespresserechte, die vor 1871 existierten, konzentrierten sich ganz überwiegend auf die Verantwortlichkeit von Redakteuren und Verlegern, nicht auf anonyme Korrespondenten. Die juristischen Stichworte hierzu lauten: Impressumspflicht und - neben dem oben erwähnten Zeugniszwang - das Zeugnisverweigerungsrecht der Redakteure im Hinblick auf ihre Informanten.33 Auch die Konzessionsvergabe, die mit der Impressumspflicht verbunden war, konzentrierte sich auf den „verantwortlichen Redakteur“, auf Verleger und Drucker als diejenigen Personen, die sich im Bereich richterlicher Gewalt befanden. Ein Zensurrecht, das sich primär auf den Autor konzentrierte, wäre undurchführbar gewesen, da der Autor sich durch Anonymität und Wohnort außerhalb der jeweiligen Staatsgewalt jederzeit entziehen konnte. Nur bei namentlicher Kennzeichnung ging die Verantwortlichkeit auf den Autor über. Korrespondenten wurden offensichtlich nicht als Urheber geistiger Produkte gesehen, sondern eher als Sammler von Ereignissen (Kloeppel 1884, S. 92). Im Württemberg der Rheinbundzeit wurde allein der Drucker, nicht der Verfasser, zur Rechenschaft gezogen; zwischen 1797 und 1816 galt generell die Verantwortlichkeit dessen, der als letzter Hand an das Manuskript gelegt hatte; das konnte sogar der Zensor sein, wenn er anstößige Stellen hatte passieren lassen (Fuchs 1975, S. 108, S. 156). In der Königlich Württembergischen Zensurordnung von 1808 heißt es: Die von dem Censur-Amt ertheilte Erlaubniß zum Druk eines censirten Manuscripts entlediget ordentlicher Weise den Verleger und Druker aller Verantwortlichkeit für dessen Inhalt. Der Schriftsteller ist [...] gegen die öffentliche Ahndung der in seiner Schrift geäusserten Urtheile und Grundsäze gedekt [...] Wenn der Verfasser nicht genannt ist, und der Verleger denselben anzuzeigen ausser Stand seyn sollte: so hat dieser die Verantwortung an des erstem Stelle zu übernehmen (zit. Fuchs 1975, S. 423). In der preußischen Verfassungsrevision von 1850 wird die Verantwortlichkeit dann institutionalisiert: Sodann ist für den Inhalt einer periodischen Druckschrift jederzeit auch der für diese zu bestellende und auf jedem Blatte zu benennende Rédacteur verantwortlich, ohne daß es eines weiteren Nachweises seiner Mitschuld bedarf (zit. Kloeppel 1884, S. 97). Im Presserecht des Deutschen Reichs von 1874 wird in den § §2 0 und 21 dem verantwortlichen Redakteur, subsidiär dem Verleger und dann dem Drucker mit Bestrafung gedroht, sofern er nicht den ursächlich Schuldigen nachweist, 33 Vgl. Kloeppel (1884, S. 456); Wetzel (1982, S. 133). Einführung 45 der sich aber im Bereich der richterlichen Gewalt eines deutschen Bundesstaats befinden muss (zit. in Kloeppel 1884, S. 473). Diese zensurgeschichtlichen Schlaglichter zeigen, dass eine Äußerungsfunktion Juristische Absicherung“ oder Ähnliches bei musterhaften Lexemverbindungen somit ausgeschlossen werden kann. Die zeitgleiche Unterschiedlichkeit der Pressegesetze und ihre historischen Veränderungen sprechen ebenso gegen eine Herausbildung musterhafter Syntagmen, die auf diese Rechtsnormen Bezug nehmen, wie die Art der kurzfristig gültigen Normen selbst, die einen Redakteur nur dann straffrei lassen, wenn er Namen und Wohnort des Verantwortlichen nennt. Diese Funktion konnten die Formeln, mit denen pauschal auf „unterrichtete Kreise“ oder „auswärtige Blätter“ verwiesen wurde, gerade nicht erfüllen. 4 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts 2. „Aviso“ und „Relation“ 1609 Die Untersuchungen zu den beiden frühesten, komplett erhaltenen Zeitungsjahrgängen „Aviso“ (1609/ 1939) und „Relation“ (1609/ 1940) kann sich in vielem auf die mediengeschichtlichen und pragmalinguistischen Arbeiten von Schröder (1995) und Fritz/ Straßner (1996) stützen, auf deren Ergebnisse im Einzelnen verwiesen wird. 2.1 Die journalistischen Sprachhandlungstypen Der erste Schritt auf dem methodischen Weg vom Aussage- und Handlungsgehalt einer Zeitungsmeldung zu ihren auf verschiedenen Komplexitätsstufen, d.h. zwischen Textgestalt und Syntagma angesiedelten Ausdrucksformen, umfasst die Unterscheidung und Benennung der vorkommenden Sprachhandlungstypen, für die die Prädikatsklassen nach v. Polenz (1986) Orientierung geben können. Schröder (1995) nennt für „Aviso“ und „Relation“, die den Typus des bis um 1800 vorherrschenden berichtenden Journalismus repräsentieren, vier Sprachhandlungstypen („Spielarten der Berichterstattung“), die sich in den konkreten Texten zu unterschiedlichen Kombinationen ergänzen: 1) INFORMIEREN a ls B e a n tw o rtu n g d er k la s sis c h e n W -F ra g e n w er, w as, wann, w o; 2 ) erzählendes BERICHTEN als Beantwortung der Wie-Frage; 3) EINORDNEN des berichteten Ereignisses in die Zusammenhänge von Ursachen und Folgen; STIFTEN von KOHÄRENZ zwischen mehreren Nummern derselben Zeitung; 4 ) REFLEKTIEREN der Berichterstattung selber, der Quellen, der Widersprüche, der Nachrichtenlage (vgl. Schröder 1995, S. 150f.). Während 1) und 2) die für jede Meldung obligatorischen Sprachhandlungstypen sind, sind 3) und 4 ) in dieser frühesten Periode der Zeitung noch fakultativ und seltener anzutreffen. Die Sprachhandlungstypen 3) und 4 ) werden in der Regel durch die neben- und untergeordneten Prädikationstypen realisiert, bei denen, wie oben (s. 1.3) erläutert, die Chance, musterhafte Formulierungen herauszubilden, besonders hoch ist. Alle im Folgenden vorzustellenden Ergebnisse beruhen auf einer teilweisen Auswertung beider Zeitungsjahrgänge; es wurden jeweils die ersten zwölf „Aviso“ und „Relation“ 1609 4 7 (Januar bis Anfang April) und die letzten vier (d.h. die Dezember-)Nummem des Jahrgangs 1609 ausgewertet. Tendenzen lassen sich auf dieser Materialbasis durchaus erkennen, absolute Quantifizierungen sind so nicht möglich und werden hier auch nicht angestrebt. 2.2 Die neben- und untergeordneten Prädikationstypen Die Analyse des Jahrgangs 1609 beider Zeitungen („Aviso“ und „Relation“) hat bei den genannten Sprachhandlungstypen EINORDNEN, KOHÄRENZ STIFTEN und QUELLENREFLEXION folgende Prädikationstypen ergeben: (1) ANGABE DER QUELLE einer Information; hierbei handelt es sich um den häufigsten Prädikationstyp von allen; er wird meist texteinleitend verwendet und kann in eine andere Prädikation des gleichen oder eines anderen Typs eingebettet sein. Z.B.: Aus Andtorff von 20. Novemb. [...] Von Marsillia hat man/ das sie aida zeitung/ das [...] (Aviso 3.12.1609, A ij r). ( 2 ) KENNZEICHNUNG e in e r TEXTWIEDERGABE d u rch Ü b ersc h rift u n d o rig in a le D e ix is , z .B .: Kayserlich Edict Wir Rudolph/ [...]/ Geben zu Prag [...] den 12. Julij [...] (Aviso 1609, zit. n. Fritz 1983, S. 39). (3) die VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN, z.B.: Allhie ist gewisse Zeitung einkommen/ daß [...] (Aviso Nr. 15,26.4.1609, A i v).34 ( 4 ) KENNZEICHNUNG eines wiederholt behandelten Ereigniszusammenhangs und Bezugnahme a u f vorgängige Berichterstattung (ANAPHORISCHE KOHÄRENZSTIFTUNG). Beispiele: Mit Königlicher Maytt. vnd den Evangelischen Stenden/ stehet es/ noch in alten Terminis/ [...] (Aviso 5.2.1609, A iv r). Von dem Österreichischen wesen/ wird allhie vnderschiedlich außgeben/ daß [. ..] (Relation 8.1.1609, S. 4). (5) KENNZEICHNUNG eines gegenwärtig noch unabgeschlossenen Ereigniszusammenhangs und Ankündigung künftig daran anschließender Berichterstattung (KATAPHORISCHE KOHÄRENZSTIFTUNG); dieser Prädikationstyp wird überwiegend als Textschlussmarkierung verwendet und scheint die Leser dar- 34 Mit tiberschriebenem Längsstrich markierte Konsonantenverdoppelung im Original wird hier und im Folgenden durch die Wiederholung des Konsonanten wiedergegeben. Mit überschriebenen Vokalen markierte Umlaute werden mit ä, 0, ü wiedergegeben. 48 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts über hinaus werbend aufzufordern, den „Aviso“ auch künftig zu lesen. Beispiel: [...]/ was daraus entstehen wird/ gibt zeit. (Aviso Nr. 15, 26.4.1609, A iii v). (6) THEMAT1SIERUNG der UNBEKANNTEN Einzelheiten eines Ereignisses; dieser Prädikationstyp kennzeichnet die informatorischen Leerstellen innerhalb der Berichterstattung und kann deshalb ebenfalls kataphorisch kohärenzstiftend fungieren Beispiel: Aus Franckreich wird geschrieben/ der König habe [...]/ vnd gienge das Geschrey dero Orten/ daß Ihr Mayst. die Waffen wieder an die Hand nehmen w oll/ gegen wem oder warumb/ were noch vnbewust. (Aviso 22.3.1609, A ij r/ v). Prädikationen dieser Typen können selbstverständlich ausdrucksseitig einzeln und in Kombination (Einbettung, Verknüpfung) miteinander und mit den Hauptprädikationen, d.h. mit den eigentlichen Aussagegehalten der Nachrichten, realisiert sein. 2.3 Die zu ihrer Realisierung herangezogenen syntaktischen Klassen und lexikalischen Inventare 2.3.1 Prädikationstyp: ANGABE der QUELLE einer Information Der textuell obligatorische und deshalb häufigste Fall des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION wird nicht mittels aller der oben in 1.6.3 genannten acht syntaktischen Klassen realisiert. Im „Aviso“ von 1609 scheinen sieben der acht möglichen syntaktischen Klassen überhaupt zum Ausdruck einer QUELLENANGABE genutzt worden zu sein. Drei syntaktische Klassen kommen auf der Basis der Teilauswertung nur je einmal, eine weitere nur zweimal vor. Der Schwerpunkt liegt offensichtlich bei drei von sieben Syntaxklassen mit Beleghäufigkeiten von 12, 27 und 78. Ein einziger Syntaxtyp wird also doppelt so oft verwendet wie die beiden zweit- und dritthäufigsten zusammengenommen. Bei der „Relation“ von 1609 ist es ähnlich: Von acht syntaktischen Klassen sind fünf belegt, von denen wiederum drei deutlich seltener verwendet werden als die zwei restlichen, die mit den beiden am stärksten belegten Klassen des „Aviso“ zusammenfallen; dieser „Rest“ teilt sich wiederum deutlich in eine dominante und eine weniger dominante Klasse. Die Unterschiede zwischen „Aviso“ und „Relation“ scheinen minimal zu sein und könnten durchaus mit individuellen Formulierungsgewohnheiten der uns unbekannten Schreiber erklärt werden. Lässt man die Unterscheidung zwischen syndetisch und asyndetisch verbundenen Objektsätzen außer Acht, wird noch deutlicher, dass die , / t viso“ und „Relation“ 1609 49 Form des Obersatzrestes rund fünfmal so häufig verwendet wird wie irgendeine andere. Die Ergebnisse im Einzelnen: „ A v i s o “ J a h r g a n g 1 6 0 9 ( 1 6 N u m m e r n ): afinite Markierung direkter Textwiedergabe 1-mal Obersatzrest in Verbindung mit Objekt- oder Attributsatz (syndetisch mit dass) 78-mal Obersatzrest in Verbindung mit asyndetischem Objektsatz, 27-mal meist mit dem Konjunktiv der indirekten Redewiedergabe (Indirektiv) Einfachsatz oder Hauptsatz, der die Hauptprädikation, d.h. den Nachrichteninhalt, als Satzglied35 enthält 1-mal Adverbialsatz mit wie 12-mal Parenthese, grafisch markiert 2-mal Präpositionalangabe 1-mal Adverb: „ R e l a t i o n “ J a h r g a n g 1 6 0 9 ( 1 6 N u m m e r n ): afinite Markierung direkter Textwiedergabe 3-mal Obersatzrest in Verbindung mit Objekt- oder Attributsatz (syndetisch mit dass) 72-mal Obersatzrest in Verbindung mit asyndetischem Objektsatz, 38-mal meist mit dem Konjunktiv der indirekten Redewiedergabe (Indirektiv) Einfachsatz oder Hauptsatz, der die Hauptprädikation, d.h. den Nachrichteninhalt, als Satzglied36 enthält 10-mal Adverbialsatz mit wie 12-mal Parenthese, grafisch markiert Präpositionalangabe Adverb Festzuhalten ist demzufolge, dass in den Zeitungen des frühen 17. Jahrhunderts der Obersatz mit überwiegend syndetisch verbundenem Objektsatz (abperlender Satztyp), den „klassischen“ Fall der Formulierung kommunikationsreflexiver Nebenprädikationen darstellt. Nachfolgend alle Obersatzreste des3536 35 Das Satzglied hat meist den Status einer Ergänzung. 36 Das Satzglied hat meist den Status einer Ergänzung. 50 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts „Aviso“ (78)37 und der „Relation“ (72); die Menge soll auch einen Eindruck von der lexikalischen Variation und ihren Grenzen vermitteln: „Aviso“ J a h rg a n g 1609 (16 Num m ern) Aus Holland hat man/ das (Aviso 15.1.1609, A ij r) vnnd melden Brieff von dar/ das (Aviso 15.1.1609, A ij r) Auß Ambsterdam hat man/ das (Aviso 15.1.1609, A ij r) Sonsten hat man zu Brüssel publicirt/ das (Aviso 15.1.1609, A ij r) Aus Schweden haben wir/ das (Aviso 15.1.1609, A ij v) aus Constantinopel wird vermeld/ das (Aviso 15.1.1609, A iv r) JUngste Brieff auß dem Haag melden/ das (Aviso 22.1.1609, A ij r) Gleich jetzt hat man zu Hoff außgeben/ das (Aviso 15.1.1609, A iij r) Sonst schreibt man auch/ das (Aviso 22.1.1609, A ij r) Es wird bestätiget/ das (Aviso 22.1.1609, A ij r) Man saget starck/ das (Aviso 22.1.1609, A ij v) vnd ist die saag das (Aviso 22.1.1609, A iij v) weil man sagt/ das (Aviso 29.1.1609, A ij r) Gleich jetzt kömpt auch bericht ein/ das (Aviso 29.1.1609, A ij v) Jn gemein wil man spargim/ das (Aviso 29.1.1609, A iij r) Bey Zumachung diß kompt ein/ das (Aviso 29.1.1609, A iij r) Auß der Schlesien haben wir/ das (Aviso 29.1.1609, A iv r) Aus Neapoli wird bestetiget/ das (Aviso 29.1.1609, A iv r) BRieff aus dem Haag melden/ das (Aviso 5 2.1609, A ij r) Auß Spannia wird confirmirt/ das (Aviso Nr. 4, 5.2.1609, A ij r) Man saget/ das (Aviso 5.2.1609, A ij v) Auß Seelandt hat man/ das (Aviso 5.2.1609, A ij v) / man hat gewisse Nachrichtung/ das (Aviso 5.2.1609, A iij r) / vnd wird noch vber diß allhier geschrieben/ das (Aviso 5.2.1609, A iij v) dahero verlaut/ das [...] gleichwol verlaut/ das (Aviso 5.2.1609, A iij v) / man höret aber nicht/ das (Aviso 12.2.1609, A j v) Die Conditiones betreffend/ heit man dafiir/ das (Aviso 12.2.1609, A j v) vngeachtet/ aber diß alles hat man! das (Aviso 12.2.1609, A j v) Brieff aus Dort melden/ das [...] doch verlaut/ das (Aviso 12.2.1609, A j v) Von Ambsterdam wird geschrieben/ das (Aviso 12.2.1609, A j v) 37 Unter den 76 Beispielen befinden sich zwei mit je zwei adversativ verknüpften Obersatzresten. „Aviso“ und Relation" J609 51 / vnd sagen etliche/ das [...] vnd schreibt man auß Franckreich/ das (Aviso 12.2.1609, A ijr) Auß Gretz wird geschrieben/ das (Aviso 12.2.1609, A ij v) Demnach die Stendt [...]/ vnd lauter vernehmen/ lassen das (Aviso 12.2.1609, A üj r) Brieff auß Constantinopel melden/ das (Aviso 12.2.1609, A iv v) Die Schiff so von Riga kommen melden/ das (Aviso 20.2.1609, A ij r) Auß Engell. hat man/ das (Aviso 20.2.1609, A ij r) Jetzt vemimblich/ das (Aviso 20.2.1609, A iij r) Brieff auß Constantinopel melden/ das (Aviso 20.2.1609, A iv v) Brieff aus dem Haag melden/ das (Aviso 1.3.1609, A ij r) Auß Florentz hat man/ das (Aviso 1.3.1609, A iv v) Auß Paris hat man/ das (Aviso 8.3.1609, A ij r) Von Amsterdam hat man/ das (Aviso 8 3.1609, A ij v) [...] diese Schiff melden auch/ daß (Aviso 8.3.1609, A iij r) Allhie hat man Aviso/ daß (Aviso 8.3.1609, A vi r) / Vnnd aus Schweiz wird vermelt/ daß (Aviso 8.3.1609, A iv r) Sonst verlaut daß (Aviso 15.3.1609, A iij r) Von Wien hat man/ daß (Aviso 15.3.1609, A iij v) Aus Ambsterdam hat man/ daß (Aviso 15.3.1609, A iij v) / vnnd hat man nun mehr für gewiß/ daß (Aviso 22.3.1609, A ij r) / vnd gienge das Geschrey dero Orten/ daß (Aviso 22.3.1609, A ij r f.) / man hat nachrichtung daß (Aviso 22.3.1609, A iij r) Gestern sein Brieff von Lintz/ den Österreichischen Stenden zukommen/ daß (Aviso 22.3.1609, A iij r) Sonst ist die sag/ daß (Aviso 22.3.1609, A iij v) Genueser Brieff melden/ daß (Aviso 22.3.1609, A iv r) Aus dem Haag haben wir/ daß (Aviso 29.3.1609, A ij r) Von Neapolis hat man/ daß (Aviso 29.3.1609, A ij r) Aus Spannia wird vermeldt/ daß (Aviso 29.3.1609, A ij r) / so hat man doch nachrichtung/ daß (Aviso 29.3.1609, A iv r) NAch deme [...]/ hat man seiner nachrichtung/ daß (Aviso 5.4.1609, A ij r) / Dargegen lassen sich die Stendt auch bestendig verlauten/ daß (Aviso 5.4.1609, A iij v) Man hat Zeitung/ daß (Aviso 5.4.1609, A iv r) Aus Newheussel hat man/ daß (Aviso Nr. 36, 20.9.1609, A iij r) 52 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Von Marsillia hat man/ das sie aida zeitung/ das (Aviso 3.12.1609, A ij r) Auß dem Haag haben wir/ das (Aviso 3.12.1609, A ij r) Anjtzt sagt man/ das (Aviso 3.12.1609, A iij r) Wegen Gülch sagt man alhie/ von Ertzhertzog Leopold/ das er (Aviso 3.12.1609, A iij r) Von Antorff hat man/ das (Aviso 10.12.1609, A ij r) Von Preßburg hat man/ das (Aviso 10.12.1609, A ij v) Auß dem Haag haben wir/ das (Aviso 18.12.1609, A ij r) Auß Londra hat man/ das (Aviso 18.12.1609, A ij r) Es wird bestetiget/ das (Aviso 18.12.1609, A ij r) Auß Holland hat man/ das (Aviso 26.12.1609, A ij r) vnd gehet das geschrey/ das (Aviso 26.12.1609, A iij r) Von Brüssel hat man/ das (Aviso 26.12.1609, A iij r) Auß Engelland hat man/ das (Aviso 26.12.1609, A iij r) Man spürt/ das (Aviso 26.12.1609, A iv r) „ R e la ti o n “ J a h r g a n g 1 6 0 9 ( 1 6 N u m m e r n ) weil man gewisse nachrichtung/ daß (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 1) Auß Neapoli hat man das (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 2) Jüngste Brieff auß Constantinopel berichten/ das (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 3) Von dem Oesterreichischen wesen/ wird allhie vnderschiedlich außgeben/ daß (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 4) deßgleichen wird gesagt das (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 4) / sonst verlaut das (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 4) Alhie gibt man auß/ das (Relation 15.1.1609, o.S. = S. 3) Von Florentz wird bestettiget/ daß (Relation 15.1.1609, o.S. = S. 3) Auß Spania hat man noch Confirmation daß (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 1) Auß Essen wird geschrieben/ das (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 1) Von Braunschweig hat man/ daß (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 1) Dagegen schreibt man daß die Hänse Stete (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 1) auß Constantinopoli hat man/ daß (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 1) / ist auch die sage/ daß (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 2) Auß Preßlaw wird geschrieben/ daß (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 2) Man sagt alhie starck/ das (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 3) / a lle in wird von Ambsterdam geschrieben/ daß (Relation 29.1.1609, o.S. = S. 1) Auß Newß wird avisirt, das (Relation 29.1.1609, o.S. = S. 1) ,^iviso“ und R elation“ 1609 53 So wird auß Cassai di Monserato geschrieben/ das (Relation 29.1.1609, o.S. = S. 2) Auß Constan. haben wir/ das (Relation 29.1.1609, o.S. = S. 2) Man will gleichwol außgeben/ daß (Relation 29.1.1609, o.S. = S. 3) / auß Engelland schreibt man das (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 1) Auß Neapoli wird bestetigt/ daß (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 1) / so hat man auch schreiben/ daß (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 2) Auß Genua wird vermeld/ daß (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 2) AUß Engelland hat man/ daß (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 1) Letzte Brieff auß Anttorff melden/ das (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 1) Florentinische Brieff melden/ daß (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 2) BRieff auß Brussel melden/ daß (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 1) sonst wird auch geschriben/ daß (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 1) Brieff auß dem Haage melden/ das (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 1) Auß Ambsterdam wird avisirt, das (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 1) Von Genua wird vermelt/ das (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 4) Jüngste brieff auß Constantinopoli melden/ das (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 4) Letste Brieff von Andorff avisiren, das (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 1) vnnd verlaut/ daß (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 3) AUs Andorff wird geschrieben/ das (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1) Auß Franckreich wird vermelt/ daß (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1) Auß Holland wird Avisirt, das (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1) Auß Franckreich haben wir/ daß (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1) Auß Placenz hat man/ daß (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 2) LEtste Brieff auß Andorfif melden/ das (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 1) Spannische Brieff vom 22. Passato melden/ daß (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 1) diese Schiff melden auch/ das (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 2) Alhie hat man Aviso, daß (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 2) Brieff auß Mayland melden das (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 2) vnd auß Schweitz wird vermelt/ das (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 2) Brieff auß Andorff melden/ daß (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 1) / sonst verlaut das der Tartar (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 3) AVß Engelland vom 7. diß schreibt man/ daß (Relation 26.3.1609, o.S. = S. 1) Letste Brieff von Andorfif melden/ daß (Relation 26.3.1609, o.S. = S. 1) Sonst vemimbt man beyläuffig soviel/ das (Relation 26.3.1609, o.S. = S. 3) 54 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Genueser Brieff melden/ daß [...] (Relation 18.6.1609, o.S. = S. 2) Von Genua hat man/ daß (Relation 10.12.1609, o.S. = S. 2) Gestern hat sich entdeckt/ das (Relation 10.12.1609, o.S. = S. 2) Jüngste Brieff auß Constantinopoli melden/ das (Relation 10.12.1609, o.S. = S. 2) Auß Preßlaw wirdt Avisirt, das (Relation 10.12.1609, o.S. = S. 3) AVß dem Hage vem em en wir/ das (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 1) Jn gleichem w ill auch verlauten/ daß (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 1) Das geschrey gehet alhie/ das (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 1) Brieff auß Florentz vom 13 passato melden/ daß (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 2) Von Genua wirdt geschrieben/ daß (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 2) vnnd von Cartagena hat man/ das (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 2) Weil die Heyducken sich verlauten lassen/ das (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 4) Von Ambsterdam meid man den 21. Dito/ das (Relation 25.12.1609, o.S. = S. 1) Brieff auß Engelland Avisiren, das (Relation 25.12.1609, o.S. = S. 1) Es wird auch auß Holland geschrieben/ daß (Relation 25.12.1609, o.S. - S. 1) vnd auß Spania hat man/ das (Relation 25.12.1609, o.S. = S. 1) deßgleichen hat man auch von Vilna/ daß (Relation 25.12.1609, o.S. = S. 2) Brieff auß Constantinopoli melden/ das (Relation 25.12.1609, o.S. = S. 2) Mann sagt/ daß (Relation 31.12.1609, o.S. = S. 1) Von Genua wird gemelt/ das (Relation 31.12.1609, o.S. = S. 2) Die asyndetische Variante scheint demgegenüber eine subsidiäre Rolle zu spielen, weil hier die Markierung der inhaltlichen Zusammengehörigkeit meist mittels Indirektiv etwas schwächer und weniger auffällig ausfällt, z.B.: „Aviso“ J a h rg a n g 1609 (16 Num m ern): Der Palatinus Illieschazi hat aus [...] geschrieben/ es nehme jhne groß Wunder/ (Aviso 15.1.1609, A iv r) vnd verlaut noch Ertzhertzog [...] kommen solle (Aviso 22.1.1609, A ij r) Sonst hat man auß Franckr: selbig gantz Parlament habe (Aviso 22.1.1609, A ij r) Alhie ist die Saag/ König Matthias habe (Aviso 22.1.1609, A iv r) Von Meylandt wird geschrieben/ der Conte [...] hat [...] versprochen (Aviso 22.1.1609, A ivr) Auß Neapoli wird vermeldt/ die (Aviso 22.1.1609, A iv r) Man wil noch vermuten/ der Keyser wolle (Aviso 29.1.1609, A ij r) , / I v i . r o “ und R ela tio n “ 1609 55 vnd gehen vnter der Gemein die reden/ Herr Graff von Sultz hette (Aviso 29.1.1609, A iijv ) Jüngste Brieff auß Genua melden/ der König in Spa: sey (Aviso 29.1.1609, A iv r) Sonst schreibt man auß Spannia/ der König habe (Aviso 5.2.1609, A ij v) / so verlaut/ die Stendt wollen (Aviso 5.2.1609, A iij r) / vnd wenn die Osterr: Stendt sich nicht werden lencken lassen/ wird gemelt Volck dem König zu Hülf zugeschickt werden/ (Aviso 12.2.1609, A iij r) Jn dieser Stundt verlaut/ der König habe (Aviso 12.2.1609, A iij v) Von Gülich vemimbt/ selbiger Hertzog sey vbel auff (Aviso 20.2.1609, A ij v) Sonst wird gar ingeheimb bey Hoff dißcurirt/ (Aviso 20.2.1609, A iv r) Auß Neapoli hat man/ daselbst werden [...] erschossen (Aviso 20.2.1609, A iv r) Diesen Abendt hat man auß Florentz/ bey einem Extra Curier zeitung/ derselbe Großherzog were (Aviso 20.2.1609, A iv v) Brieff aus Constantinopel melden/ der Sultan wolle (Aviso 1.3.1609, A iv v) Gestern sein alhie zeitung einkommen/ die Stadischen hatten (Aviso 8.3.1609, A Ü r) Aus Neapolis hat man [...] hetten dem König (Aviso 15.3.1609, A iv v) Brieff aus dem Haag melten/ (Aviso 22.3.1609, A ij r) Aus Frankreich wird geschrieben/ der König habe (Aviso 22.3.1609, A ij r) Man sagt allhie/ es lassen sich (Aviso 22.3.1609, A iv r) Von Florentz wird geschrieben/ derselbe Großherzog habe (Aviso 5.4.1609, A iv r) Meylendische Brieff melden/ der Monsor Jacob Savoischer Ambr. [. ..] were vom König ein Kleinoth [...] verehret worden/ (Aviso 6.11.1609, A iiij r) Meylendische Brieff berichten/ di Signori [...] hetten (Aviso 10.12.1609, A iv v) „R elation“ J a h rg a n g 1609 (16 Num m ern): / man vermeint/ da [...] möcht dieses einen newen auffstand in Vngem erwecken (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 3) andere Brieff melden/ (Relation 15.1.1609, o.S. = S. 1). Auß Spannia haben wir/ selbiger König habe (Relation 22.1.1609, o.S. = S. lf.) Auß Spannia vemimbt man/ der König hab (Relation 15.1.1609, o.S. = S. 3) Auß Neapoli wird geschrieben/ die (Relation 29.1.1609, o.S. = S. 2) Maylender Brieff vom 10 diß berichten der Principe di Maroco haben (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 2) / auß Schlesien wirdt vermelt/ (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 4) Sonst wird auch außgeben der Hertzog (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 4) Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Genueser brieff melden/ der [...] were (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 1) Auß Franckreich wird vermeld/ selbiger König (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 2) Auß Spannia haben wir/ daselbst werde (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 2) auß Franckreich wird vermeldt/ es seye (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 4) Brieff auß Meiland melden der Conte Fuentes habe (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 1) Aus Neapoli hat man/ daselbst werden (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 2) Diesen abend hat man auß Florentz bey inem Extra ordinari Currier zeitung/ derselbe großhertzog were (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 2) Jüngste Brieff aus Constantinopoli melden/ die (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 2) Brieff auß Constantinopoli melden/ der primo (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 2) Auß Franckreich hat man/ deß Hertzogen von Savoia Ampassator (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 1) Von Neapoli wird geschrieben/ dieselbe Statt (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 2) Auß Florentz haben wir der Neüwe Großhertzog habe (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 2) Maylendische Brieff melden/ im fall (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 2) Pariser Brieff berichten/ der (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 2) Jüngste Brieff auß Constantinopoli Avisiren, aida thu man (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 2) / sonst ist die sage/ biß an wenig puncten (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 4) Von Florentz wird vermelt/ derselbe Großhertzog habe (Relation 26.3.1609, o.S. = S. 2) Alhie hat man Zeitung/ die Meerräuben hetten (Relation 26.3.1609, o.S. = S. 2) Von Thurin wird geschrieben/ derselbe Herzog habe (Relation 4.6.1609, o.S. = S. 2) Auß Spania wird vermeld/ der König hab verbotten (Relation 10.12.1609, o.S. = S. 2) auß Marsilia hat man/ die Türcken hetten (Relation 10.12.1609, o.S. - S. 4) Auß Franckreich hat man/ derselbige König hab (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 1) Maylendische Brieff berichten/ die Signor Serra vnd Spinola (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 2) Auß dem Hage vom 19. Decembris haben wir/ Der Monsor de Pralin (Relation 25.12.1609, o.S = S . 1) Auß Schweitz hat m an/ der [...] habe (Relation 25.12.1609, o.S. = S. 1) Auß Vilna in Littaw wird geschrieben/ demnach der Polnische König (Relation 25.12.1609, o.S. = S. 2) Man gibt auß/ die nave Albana habe (Relation 25.12.1609, o.S. = S. 2) , / l v / s o “ und R ela tio n “ 1609 5 7 Auß Spania wird geschrieben/ ob wol [...] sein doch dieselbe (Relation 31.12.1609, o.S. = S. 2) Brieff auß Constantinopoli melden/ der Groß Türck lasse (Relation 31.12.1609, o.S. = S. 2) Der in „Aviso“ und „Relation“ am dritthäufigsten belegte Typ des Adverbialsatzes m it wie wird meist mit Spitzenstellung in einem nicht texteinleitenden Satz realisiert, z.B. „Aviso“ J a h rg a n g 1609: / wie dann auß Caschaw geschrieben wird/ das (Aviso 15.1.1609, A iij r) allda werden wir schöne Sachen/ vnd wie menniglich vermutet/ wieder ein neuwen Handel sehen/ (Aviso 15.1.1609, A iij v) Die Abgesandten [...) sein Gestern auch wider allhero gelanget/ wie man saget/ bey ihr Kön: Maytt: nochmahln zu intercediren/ (Aviso 5.2.1609, A iij v) vnd zwey Herrn [...] sein Gestern auch wider allhero gelanget/ wie man saget/ bey Jhr Kön: Maytt: nochmahln zu intercediren (Aviso 5.2.1609, A iij v) Wie man sagt/ so solle der Teuffel leibhafltig (Aviso 20.2.1609, A iij v) / wie aber weiters gesagt wird/ so (Aviso 20.2.1609, A iv r) dann wie verlaut/ wil Spannia (Aviso 1.3.1609, A ij r) vnd wie man jetzt außgibt/ solle (Aviso 1.3.1609, A iij r) sollen etlich vnd 20. Reichsfrh: zu Dresden zusammen kommen/ vnd sich wie die Saag/ wegen [...] beratschlagen. (Aviso 1.3.1609, A iv r) wie man aber aus Brüssel schreibet (Aviso 29.3.1609, A ij r) weil der Clössel wie jüngst gemelt/ (Aviso 10.12.1609, A ij v) / wie man sagt/ soll (Aviso 18.12.1609, A ij r) „R elation“ J a h rg a n g 1609: / wie man sagt werden die (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 1) gelegen/ wie heut Aviso einkommen/ mit jhrem Volck (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 3) vnd wie vor gewiß gesagt wird/ (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 1) vnd wie man vermeint möcht bald (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 3) die sollen auff künfftigen wochen wie man sagt sampt dem Graven (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 3) Vnd sich miteinander/ wie man sagt/ wegen eines (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 4) D ie Stadischen so vergangene wochen hinauff gezogen/ haben wie man sagt/ daß Hauß Passenheim (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1) 58 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Obwol man vermeint/ der Stende abgesanden würden [...]/ vnd wie man alhier außgibt/ sollen dieselben (Relation 5.3.1609, o.S. - S. 2) soll sich wie man sagt/ weiter nicht erstrecken (Relation 26.3.1609, o.S. = S. 3) vmb etliche ort zu fortificiren, wie dann verlaut/ als solle (Relation 10.12.1609, o.S. = S. 1) Der Landtag soll/ w ie man sagt/ inner wenig tagen (Relation 10.12.1609, o.S. = S. 3) alher gelangt wie die sage/ nach Neapoli zu reisen (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 1) Die typische Formulierung wie man sagt/ ausgibt scheint demnach als Wiederaufnahme einer vorhergegangenen Quellenangabe zu dienen, um deren Skopus zu markieren. Im Mittelhochdeutschen wie auch im Frühneuhochdeutschen wurde der Konjunktiv in viel stärkerem Maße als im Neuhochdeutschen als Signal der Abhängigkeit des Gliedsatzes vom übergeordneten Satz eingesetzt (Grosse 1985, S. 1155). Bereits im Frühneuhochdeutschen, in dessen Spätzeit die frühen Zeitungen fallen, hat sich dieser Gebrauch offensichtlich als Indirektiv auf „Quasi-Aussagen“ (Erben 1985, S. 1345), d.h. auf Fälle von Rede- und Meinungswiedergabe, spezialisiert. Eine weitere Möglichkeit des Ausdrucks syntaktischer Abhängigkeit besteht in der Ersparung des Verbs im abhängigen Satz, dem gegenüber der verbhaltige Satz als übergeordnet markiert und der unvollständig-abhängige Satz strukturell den frühneuhochdeutsch häufig gebrauchten Konstruktionen mit Verbalnomina angenähert wird (Erben 1985, S. 1343; vgl. Admoni 1985, S. 1540). In „Aviso“ und „Relation“ markiert dabei Finitheit/ Afinitheit das Abhängigkeitsgefälle der Sätze oft abweichend von der Markierung mittels Konjunktion, aber in Übereinstimmung mit dem satzsemantischen Status der Sätze als Träger von Hauptbzw. Nebenprädikation. Beispiele: Jetzt vemimblich/ das die Behemischen Stendt [...] (Aviso 20.2.1609, A iij r) weil man aviso, das [...] (Relation Nr. 23, 11.6.1609, o.S. = S. 1; ebd., S. 2; 18.6.1609, o.S. = S. 1) Für eine Abhängigkeitsbeziehung spricht in den drei Fällen der „Relation“ auch die Verwendung des Kommas anstelle der Virgel. Man sollte deshalb vielleicht statt von Abhängigkeit eher von der Markierung einer engen semantischen Verbindung sprechen, deren interne Struktur vom finiten Satz be- ,/ lviso“ und R ela tio n “ 1609 5 9 stimmt wird.38 Die Stärke solcher Verbindungen wird in den Zeitungen oft zusätzlich durch den Interpunktionsgebrauch unterstrichen, etwa indem Virgel oder Komma ganz fehlen. Was für die „progressiven Gattungen“ der Flugschriften- und Fachprosaliteratur des Frühneuhochdeutschen feststeht, dass nämlich funktionalstilistische Bedingungen deren Syntax weitaus stärker prägten als sprachlandschaftliche und individualstilistische (Erben 1985, S. 1346), gilt für Zeitungen demnach auch. Einfachsatz od er H auptsatz, der die Hauptprädikation, d.h. den Nachrichteninhalt, als Satzglied enthält: Brieff auß Constantinopel avisim die Ankunfft des (Aviso 29.1.1609, A iv v) Mit 2. Curirem von Florentz hat man/ di Confirmation des Ableiben seligen Großhertzogs (Aviso 1.3.1609, A iv r) allein melden die Brieff auß Holland/ den biß Vltimo February prolongirten Treves oder Stillstand (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 1) Brieff auß Franckreich bestettigen/ den geschlossenen Heurat (Relation 15.1.1609, o.S. = S. 2) Jüngste Maylendische berichten die ankunfft deß Printzen (Relation 15.1.1609, o.S. = S. 3) Genueser Brieff melden/ die ankunfft deß (Relation 29.1.1609, o.S. = S. 2) Jüngste Brieff auß Constantinopoli melden/ die ankunfft des (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 2) Brieff auß Spania avisiren die wieder ankunfft (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 4) Auß Florentz hat man Confirmation desselben Großhertzogen [...] ableiben (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1) Briff auß Franckreich melden/ das äbbleiben zweyer (Relation 26.3.1609, o.S. = S. 1) Maylendische Brieff melden/ die ankunfft des (Relation 10.12.1609, o. S. = S. 2) Auß Littaw wird deß Königs in Schweden Todt bestetigt (Relation 31.12.1609, o.S. = S. 2) Präpositionaladverb: dem gemeinen Außgeben nach (Aviso 22.3.1609, A ij r) 38 „Das logische Verhältnis zweier Sätze kann auch geradezu das umgekehrte werden wie das grammatische, indem der in der Form des Nebensatzes gegebene Satz die eigentliche Mitteilung enthält, zu dem der in der Form des Hauptsatzes stehende Satz als Bestimmung dient“ (Paul 1920/ 1968, Bd. IV, S. 325). 60 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Aus der zeitungsgeschichtlichen Literatur seien hier noch einige Beispiele ergänzt, die zeigen, dass die textuellen und syntaktischen Realisierungen in „Aviso“ und „Relation“ die Traditionslinie der Vorläufertextsorten Nachrichtenbrief und „Neue Zeitung“ fortfuhren. Quellenreflexive Formulierungen in den Briefzeitungen, die Philipp Melanchthon um 1550 an König Christian III. von Dänemark schickte, sowie in Einblattdrucken, die „Neue Zeitungen“ genannt wurden, zeigen im Wesentlichen schon die gleichen syntaktischlexikalischen Realisierungen und eine leichte Vorliebe für den asyndetischen Typ: und ist die Rede, man wolle die Belägerung der Stadt fümehmen [...] Man sagt auch, K.M. habe von dem Rath zu Noriberg begehrt, daß sie die Festung dem Prinzen eingeben wollen und Geschütz (Salomon 1906, Bd. 1, S. 6) dagegen schreibt man, Paterwitz hab Hülf von dem Türken (Salomon 1906, Bd. 1, S. 7) Vnnd als sie vmb den Capo kumen sein, wie gemelt ist, vnd gegen vns Nortwest wertz geseylet oder gefaren haben (Weller 1872/ 1994, S. 5) Der Piloto, das ist der schifluerer, oder schiff laytter. So mit disem schiff gefaren ist, ist mein fast güt frewnd [...] Ist auch etlich Rayß in India gewesen, der sagt mir vnd vermaint das (Weller 1872/ 1994, S. 5f.) Es ist wol zuglawben, das sie gedechtnuß haben von sant Thamas haben, dann wissentlich ist, das (Weller 1872/ 1994, S. 6) Sy sagen das der Hauptman (Weller 1872/ 1994, S. 7) Dem nach wissend ist in Malaqua das Silber vnd Kupffer besser kauf ist dann in vnsem landen (Weller 1872/ 1994, S. 8) Newe zeitung seyndt kommen, das [...] wart vns abermals Nawe tzeyttung von [...] wye hernach volgt (Weller 1872/ 1994, S. 13) Neue worhaffie gezeittung der kriegßleuff (Weller 1872/ 1994, S. 29) man halt es aber für gewiß [...] Auch saget man warlich (Weller 1872/ 1994, S. 35) Lexikalische Realisierungen: Die Realisierungen vor allem der zentralen syntaktischen Muster zeichnen sich in „Aviso“ und „Relation“ insgesamt durch eine überwiegend agenslose Formulierung aus, z.B. ist auch die sage/ daß. Passiv bzw. der unpersönliche Gebrauch von m an oder - seltener - wir ist häufig (aus X hat man/ daß; aus X haben w ir/ daß), das unpersönliche es wird immer elidiert. B rie ff plus Ortsangabe (Letste b rie ff von X m elden/ daß) ist daneben der einzige wiederholt vorkommende Ausdruck zur Besetzung der Agensrolle, wobei es sich aber um einen Agensschub handelt. Die einzig mögliche lexikalische Variation liegt im Bereich des Verbum dicendi oder audiendi. In den passivischen und unpersönlichen Konstruktionen kommen folgende (29) Verben vor: ,A viso" und R ela tio n “ 1609 61 ausgeben, avisiren, bestätigen, berichten, conßrmieren, daßrhalten, discurieren, einkommen, sich entdecken, haben, aviso haben, Confirm ation haben, nachrichtung haben, hören, melden, publicieren, sagen, schreiben, spargieren wollen, spüren, verhoffen, verlauten, vermeinen, vermelden, vermuten wollen, vernehmen, vem im blich sein; (als fe ste Wendungen: ) es ist die sage; es gehet das geschrey; es gehen die reden, es kommt bericht ein. In Kombination mit b rie ff kommen folgende Verben vor: avisieren, berichten, melden, zukommen. Weitere singuläre Varianten sind: (Aviso! zeitung (= Agens) + einkommen. Die Verben bzw. Verbverbindungen teilen sich auf eine kleinere, besonders häufig belegte und eine größere, selten belegte Gruppe. Die Häufigkeiten von haben (hat man! haben wir) mit 54, b rie ff + melden mit 33 Belegen, schreiben (schreibt m an/ wird geschrieben) mit 25, vermelden mit 13 und verlauten mit 12 Belegen weichen so auffällig von der Frequenz der übrigen Varianten ab, dass man sie als den Kern des Formulierungsmusters ansehen kann. Für eines der verwendeten Verben - verhoffen - kann angenommen werden, dass es vollends erst durch den Kontext, d.h. durch seine Verwendung innerhalb eines quellenreflexiven Syntagmas in Zeitungsnachrichten, zum Verbum dicendi gemacht wird. Diese Art der kontextabhängigen Bedeutungserweiterung von Verben ist also nicht erst in der Zeitungssprache der Gegenwart zu beobachten. Sie ermöglicht, genau wie bestimmte andere der verwendeten Verba dicendi (z.B. spargieren wollen), den Ausdruck impliziter Wertung. Ob es vor allem diese Möglichkeit ist, die fur die Breite des Variabilitätsspektrums der Verben verantwortlich zu machen ist, muss vorerst offen bleiben. 2.3.2 Prädikationstyp : KENNZEICHNUNG einer Textwiedergabe Die grafische Herausgehobenheit wiedergegebenen Textes macht es bei der Frage nach den syntaktischen Mustern zur Kennzeichnung direkter Textwiedergabe möglich, jeweils den ganzen Jahrgang beider Zeitungen als Materialgrundlage heranzuziehen; es werden nachfolgend also alle Fälle der Markierung von Textwiedergabe in „Aviso“ und „Relation“ des Jahrgangs 1609 berücksichtigt. In diesem Zusammenhang scheint die Unterscheidung zwischen Wiedergabe von (mündlicher) Rede und (schriftlichem) Text aus sprachgeschichtlichen und methodischen Gründen nicht sinnvoll. Der „Aviso“ und die „Relation“ des Jahrgangs 1609 enthalten noch zu wenig direkte Textwiedergabe, als dass die vorkommenden Kennzeichnungsformen nach diesen Kriterien funktional klassifiziert werden könnten. Während die indirekte Textwiedergabe ausdrucks- 62 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts seitig weitgehend mit der Angabe von Textbzw. RedHinhalten und Meinungen zusammenfällt, macht die Kennzeichnung direkter Textwiedergabe die Verwendung lexikalischer Mittel aus dem Bereich der Verba et Nomina dicendi notwendig (vgl. Fritz/ Straßner 1996, S. 58ff.). Wie die nachfolgenden Beispiele zeigen, beschränkt sich die Kennzeichnung der Textwiedergabe im „Aviso“ meist auf die afinite Verwendung von überschriftartig hervorgehobenen Textsortenbezeichnungen in Verbindung mit Absatzeinrichtungen und manchmal zusätzlich mit deiktischen Ausdrücken, während die „Relation“ verbale Muster in Verbindung mit deiktischen Ausdrücken und Interpunktionsmarkierung zu bevorzugen scheint: 39 Extract des Fürsten von Anhalt Triplic vnnd Schluß“ Schriffi/ auff die Keys, andere Resolution. [Überschr.] Ewer Keys. Mayst. andere Resolution/ ist mit durch Herrn Landtgr. diesen Vormittag zugestelt/ [...] (Aviso Nr. 39, 11.10.1609, A ij r) Hieibey ist ein Extract/ was [...] die Stand [...] zur Antwort geben [...] Folgt der Extract. (Aviso Nr. 38, 4.10.1609, A ij v) Proposition so Kay: May: den Römischen stenden am 31. Jenner dieses Jahr haben vortragen lassen. 1. [. ..] Vor Verlesung dieser Proposition ist etlich Landstenden vorgehalten worden/ [...] (Relation 19.2.1609, S. lf. ) Herr Illishaschki schreibt wie volgt/ wolte Gott das wir [...] (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 3) Folgende Textsortenbezeichnungen oder (bzw. in Verbindung mit) Verba dicendi sind in „Aviso“ und „Relation“ zur Realisierung dieses Prädikationstyps, der in der Regel unmittelbar vor der Text- oder Inhaltswiedergabe platziert ist, zu finden: Heut haben die samentlichen Stend/ die Keys. Resolution [...] in der Landtstuben öffentlich verlesen/ vnd dieses Inhalts auff 4. Puncten befunden (Aviso 22.3.1609, A ij v) An Ihr Genadt/ Herrn Leonharten Abten zum heiligen Creutz [...] Einer gemeinen Bürgerschafft daselbsten vnterthenige Supplication. (Aviso Nr. 13, 12.4.1609, A ijr f .) DEr beschlossene Anstandl [...] ist [...] publient vnd öffentlich außgeruffen worden/ [...] D ie fumembsten Puncten dieser Tractation sollen seyn. (Aviso Nr. 16, 3.5.1609, A iir ) [...] die Böhm. Stend [...] daß jhnen von I. Mayst. communicirte Mandat (welches sie etwas corrigirt) wieder zugestelt/ [...] welches Mandat dann verschienen Mitwoch angeschlagen worden/ vnd ist der Inhalt dessen/ den Artickel der Religion betreffend/ wie folget: (Aviso Nr. 20, 31.5.1609, A ij v) 39 Text- und Redewiedergabe ist im „Aviso“ häufiger als in der „Relation“, vgl. Schröder (1995, S. 168-178). ,^4viso“ und R elatio n" 1609 63 HEut haben die Ständt [...] diese Resolution folgen lassen/ so weder kalt noch warm/ als nemlich: [...] Nach Verlesung dieser Resolution [...] (Aviso Nr. 22, 14.6.1609, A ijr) Ein newes Liedt/ so zu Prag [...] gefunden worden / den 9. Junij (Aviso Nr. 23, 21.6.1609, A ivr) Verzeichnis der Fragpuncten/ so [...] fürgehalten worden [...] DarauffEr Cantzier geantwortet: [...] Der Böhm. Ständt letztes Memorial/ So sie [...] presentirt (Aviso Nr. 24, 28.6.1609, A ij v f.) Keyserliche Resolution vnnd endtlicher Bescheidt/ in Puncto Religionis gegen [...] (Aviso Nr. 25, 5.7.1609, A ij v f.) Der Böhmischen Ständ sub utraque gethanes Jurament den verordneten Directoribus zu dem angestelten Defensionwesen (Aviso Nr. 26, 12.7.1609, A iij v) Kurtzer Extract der abermahln nach Gülch geschickten Kay: Mandaten. (Aviso 3.12.1609, A ijv ) Die Türck. Bottschafft hat heut jhren Auffbruch von hinnen genommen [...] Ihr begehm ist gewesen. (Aviso 10.12.1609, A iij r) D es Königs in Franckreich Antwort/ vff das Kays. Schreiben darin er sich erklert/ Brandenburg vnd Neuburg Beystandt zuthun [.. .] Extract der Verbündniß/ so die Catholischen Fürsten im Jahr 1609. miteinander auffgericht (Aviso 18.12.1609, A ijv ) etlich Deputirte von Mayntz vnd Trier [...] welche jhr begeren in folgenden Articuln einem erbam Raht schriftlich vbergeben haben. (Relation 29.3.1609, o.S. = S. 1) Extract auß der Vngarischen Kön. May. Landsproposition/ so den 5. Septemb. Anno 1609 ist eröffnet vnd verlesen worden (Relation Nr. 38, 27.9.1609, o.S. = S. 1) Musterhafte Formulierungen sind hier nirgends zu erkennen. Im Gegenteil, das Zustandekommen eines wiedergegebenen Textes, sein politischer Status, die Tatsache seiner Veröffentlichung und seine Rezeption bzw. Folgegeschichte werden in ausführlicher und je spezifischer Weise expliziert, was einen relativ umfangreichen sprachthematisierenden Wortschatz erforderlich macht. Die Publikation durch Verlesen oder Anschlag scheint sogar die Bedingung für die Wiedergabe eines Textes in der Zeitung gewesen zu sein; die Presse stellt Öffentlichkeit noch nicht her, sondern vollzieht sie lediglich nach. Dadurch erklärt sich die relative Häufigkeit von Ausdrücken, mit denen auf die vollzogene Veröffentlichung Bezug genommen und insofern die Textwiedergabe legitimiert wird (öffentlich verlesen, publizieren, eröffnen). Der Schwerpunkt der Wiedergabe liegt erkennbar auf dem Inhalt, nicht auf dem Wortlaut eines Textes (vgl. Schröder 1995, S. 168ff); infolgedessen dominieren Ausdrücke wie Extract und Bezeichnungen für Sprecherintentionen wie begeren. 64 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Festzuhalten ist, dass im Zusammenhang mit direkter/ indirekter Textwiedergabe spätestens seit dem frühen 17. Jahrhundert am ehesten nominale bzw. afinite Syntagmen Formulierungstraditionen ausbilden, insofern sie zur Überschrift tendieren und Möglichkeiten differenzierender typografisch markierter Textstrukturierungen eröffnen. Die verbalen Realisierungen des Prädikationstyps eröffnen hingegen eher die Möglichkeit, kurze Zitate in den Meldungstext zu integrieren. Es bleibt abzuwarten, ob diese Option im späteren Verlauf der Mediengeschichte ausgebaut werden wird. Die spezifischen Texteigenschaften der Zeitung haben möglicherweise früher als bei anderen Textsorten zu Innovation und Vergrößerung des sprachreflexiven Wortschatzes beigetragen. 2.3.3 Prädikationstyp . Die VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN Das für das Medium Zeitung konstitutive Merkmal der Verbürgtheit der Information, gespiegelt als Qualitätskriterium der Glaubwürdigkeit oder „Wahrheit“ einer Zeitung, scheint - anders als das Merkmal der Aktualität, das schon in der Vorläufertextsorte der so genannten „Newen Zeitungen“ titelbezeichnend war - in der frühesten Periode eine noch geringe Rolle zu spielen Die drei Belege für diesen Prädikationstyp im „Aviso“ lassen eine syntaktische Klassifizierung mit darauf aufbauender Tendenzaussage nicht zu oder allenfalls die, dass die Prädikation im „Aviso“ sehr implizit, in einem Adjektivattribut, realisiert wird und folglich als weitgehend untergeordnet gegolten haben muss. Das Muster Adjektivattribut gewiß plus Nomen aus dem onomasiologischen Paradigma „Nachricht“ wird seinerseits eingebettet in das syntaktische Muster aus Obersatzrest mit - meist syndetisch verbundenem - Objektbzw Attributsatz, das für den zentralen Prädikationstyp ANGABE der QUELLE einer INFORMATION etabliert ist: Aus OberVngem kommen gewisse Zeitung/ daß [...] (Aviso Nr. 13, 12.4.1609, A iij r) Allhie ist gewisse Zeitung einkommen/ daß [...] (Aviso Nr. 15, 26.4.1609, A i v) Aber wie gar gewisse Aviso lauten/ so solle [...] (Aviso Nr. 17, 10.5.1609, A ij v) Der „Aviso“ realisiert das syntaktische Muster in einem sehr engen lexikalischen Rahmen Die „Relation“ zeigt diesbezüglich eine größere Variation des Ausdrucks; das Muster Adjektivattribut gewiß plus Nomen aus dem onomasiologischen Paradigma „Nachricht“ wird zwar ebenfalls verwendet, aber die Schreiber der „Relation“ integrieren die Nebenprädikation der Verbürgtheitsbestätigung bevorzugt unmittelbar in das verbale Muster „Obersatzrest mit Objektbzw. Attributsatz“, d.h., sie greifen auf den „klassischen“ Fall der syntaktischen Realisierung zurück, wie er beim zentralen Prädikationstyp ANGABE der QUELLE einer INFORMATION etabliert ist. Beispiele für beide Muster aus der „Relation“ : weil man gewisse nachrichtung/ daß [...] (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 1) „Aviso“ und R elatio n“ 1609 65 Brieff auß Franckreich bestettigen/ den beschlossenen Heurat [...] (Relation 15.1.1609, o.S. = S. 2) Von Florentz wird bestettiget/ daß [...] (Relation 15.1.1609, o.S = S. 3) welches noch alhie schwerlich glaubt wird/ weil andere aviso haben das (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 1) Von etlichen Personen wirdt vor gewiß außgeben/ daß sie Aviso haben/ daß (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 4) / vnd sagt man vorgewiß daß (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 1) / vnnd wirdt verhoffi/ er werde (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 2) / man redet vnderschiedlich darvon/ (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 5) wir vem em en auch vorgewiß/ auß Brussel/ daß (Relation 17,12.1609, o.S. = S. 1) Die in „Aviso“ und „Relation“ etablierten syntaktischen Muster zur Realisierung des Prädikationstyps die VERBÜRGTHEIT EINER INFORMATION BESTÄTIGEN sind in allgemeiner Notation die folgenden: Adjektivattribut gewiß + Nomen aus dem Paradigma „Nachricht“; folgende paradigmatischen Glieder sind belegt: Zeitung, Aviso, Nachricht, Nachrichtung. Einfachsatz oder Hauptsatz mit bestätigen + affiziertem Objekt; anstelle von bestätigen kann auch stehen Confirmation haben. Obersatzrest mit aktivischem oder passivischem bestätigen + abhängigem Objektsatz; in diesem Muster eröffnet das Verbum dicendi bestätigen ein Paradigma mit den Gliedern: Confirmation haben, stark sagen, fü r gewiß sagen, fü r gewiß vernehmen, f ü r gewiß ausgeben,40 In beiden Zeitungen wird offensichtlich eine einmal verwendete Formulierung in der Folge wiederholt oder nur leicht abgewandelt, woraus zu schließen ist, 40 Die Belege aus der „Relation“ lauten vollständig: Auß Spannia hat man noch Con firmation daß [...] (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 1). Mann sagt alhie stark/ das [...] (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 3). Aus Neapoli wird bestettigt / daß [...] (Relation 5.2.1609, S. 1). / vnd wie vor gewiß gesagt wird/ [...] (Relation 20.2.1609, S. 1). Von etlichen Personen wirdt vor gewiß außgeben/ daß sie Aviso haben/ daß der Teuffel leibhaftig [...] (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 4). Auß Florentz hat man Confirmation desselben Großhertzogen [...] ableiben (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1). / vnd sagt man vorgewiß daß der König [...] (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 1). / wir vemem en auch vorgewiß/ auß Brussel/ daß [...] (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 1). Auß Littaw wird deß Königs in Schweden Todt bestetigt (Relation 31.12.1609, o.S. = S. 2). 6 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts dass man es hier wohl mit der Herausbildung und Verfestigung eines individualstilistischen Usus zu tun hat. Möglichkeiten der Bewertung der Hauptprädikation öffnen Verben wie hoffen. Fritz/ Straßner (1996, S. 54fF.) stellen für die Zeitungen des 17. Jahrhunderts generell fest, dass zwischen Beschreibung und Bewertung fließende Übergänge bestehen, die unter anderem durch die Polysemie einzelner Ausdrücke entstehen (ebd., S. 56). Eine Frankfurter Ordinari-Zeitung von 1634 beteuert die Verbürgtheit ihrer Quellen in der Titelei mittels des gleichen nominalen Musters wie in „Aviso“ und „Relation“, aber abweichender lexikalischer Besetzung. Anstelle von gewiß steht glaubwürdig und möglicherweise ist auch durch den Truck eröffnet zum Paradigma zu rechnen; dann aber hätte die Tatsache der gedruckten Publikation als Merkmal von Verbürgtheit zu gelten: Wochenüiche Ordinari Zeitung: Das ist/ Aller denckwürdigen/ namhafften vnnd fumehmen Geschichten [...] auß vielen glaubwürdigen Sendbrieffen/ vnd anderstwo durch den Truck eröfineten Zeitungen [...] (zit. Salomon 1906, Bd. I, S. 38). 2.3.4 Prädikationstyp: KENNZEICHNUNG eines wiederholt behandelten Ereigniszusammenhangs und BEZUGNAHME auf vorgängige Berichterstattung (Anaphorische Kohärenzstiftung) Dieser Prädikationstyp fasst die aktuelle Nachrichtenlage zusammen und nimmt Bezug auf komplexe Ereigniszusammenhänge oder politische Konstellationen, die in derselben Zeitung bereits eingeflihrt worden sind. Es wird insofern auf den Status quo des allgemein Bekannten oder auf die Informationslage im Sinne einer noch ganz unprogrammatischen Vorform des historisch späteren Öffentlichkeitskonzepts Bezug genommen Dieser Prädikationstyp stellt also intertextuelle Beziehungen zwischen Meldungen verschiedener Zeitungsnummern her und trägt insofern zur Kohärenz des periodischen Textes Zeitung bei. Der Zeitungsjahrgang 1609 zeichnet sich allerdings dadurch aus, dass sich weit über die Hälfte der Berichterstattung auf dieselben vier Ereignisschwerpunkte bezieht (Schröder 1995, S. 11Of.) und sich eine wiederholte thematische Kennzeichnung zwangsläufig anbietet Wie wichtig die kohärenzstiftende Funktion ist, zeigt die Tatsache, dass der Prädikationstyp auch dann realisiert wird, wenn die Nachrichtenlage unverändert ist, d.h., wenn es gar nichts oder nur wenig Neues aus dem Ort X über das Thema Y zu berichten gibt. Die Schwelle der Aufnahme einer Nachricht ist sehr niedrig, „wenn ein Ereignis im Zusammenhang mit einem bereits etablierten Berichterstattungsschwerpunkt steht“ (Schröder 1995, S. 114). Gerade in diesem Fall werden zusammenfassende Themenbezeichnungen wichtig, die, so scheint es, als Formulierungskeme dienen und aufgrund ihrer lexikalischen Dominanz die Identifizierung eines Musters gewährleisten, während sich die ,^4viso“ und R ela tio n “ 1609 67 syntaktische Dimension des Musters durch große Variabilität auszeichnet und insofern wenig zur Identifikation des Formulierungsmusters beiträgt. Identifizierend fungiert primär der lexikalische Kern und sekundär die Verwendung an texteinleitender Position. Weil also die Musterhaftigkeit der Formulierung dieses Prädikationstyps primär von der lexikalischen und der textuellen Ebene nahe gelegt wird, kann, so meine These, seine syntaktische Struktur weitaus variabler sein als bei den bisher behandelten Prädikationstypen. Von der Variabilität ausgenommen ist lediglich ein Muster, das eher zu den textuellen als zu den syntaktischen Mustern zu rechnen ist: die Überschrift einer Korrespondenz, bestehend aus Ortsangabe und Datum, insofern es sich um Orte handelt, aus denen zu einem bestimmten Zeitpunkt kontinuierlich über einen bestimmten Ereigniszusammenhang berichtet wird; im Jahr 1609 sind dies vor allem Antwerpen als Quelle für Nachrichten über den Jülich- Kleveschen Erbfolgestreit und Prag und Wien als Quellen für Nachrichten über den politisch-konfessionellen Streit zwischen Kaiser und Ständen, z B : Aus Antdorff vom 24. dito Aus Prag den 3. Augusü „Aviso“ und „Relation“ haben das gleiche Muster; weitere Beispiele erübrigen sich. Die folgenden Beispiele für die Realisierung anaphorischer Kohärenzstiftung sind aus den oben genannten Gründen nicht nach syntaktischen Strukturen, sondern nach ihren lexikalischen Kernen geordnet: Aus Venedig [...] Mit jüngst angedeuter Türckischen Beut/ (Aviso Nr. 18, 17.5.1609 A i w ) D ie jüngst gemelte Vngerische Gesandten (Aviso Nr. 13, 12.4.1609, A ij r) gedachte General Staden (Aviso Nr. 25, 5.7.1609, A i v) Seyter dem jüngsten/ ist nichts sonders fürgelauffen/ allein das [...] (Aviso Nr. 31, 16.8.1609, A ij r) seider jüngst hat man mit den Evangelischen Stenden nichts tractirt (Relation 5.2.1609, o.S. - S. 3) Seiter jüngst ist alhie nichts sonders furgangen/ allein daß (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 3) Seiter ist wenig Schriffiwürdigs furgefallen/ allein das man sagt das (Aviso Nr. 45, 18.11.1609, A ijv ) Alhie ist seider obgemelts nicht furgangen/ aber (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 3) Aus Wien [...] DIßmal nichts newes/ dann daß (Aviso Nr. 13, 12.4.1609, A j v) Zeitung auß Cöln [...] Von newem wenig zumelden/ allein (Relation 29.1,1609, o.S. = S. 1) Newes so v ie l/ daß [...] (Aviso Nr. 18, 17.5.1609, A iv r) 6 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Aus Wien vom [...] DIßmal nichts newes/ dann daß (Aviso Nr. 13, 12.4.1609, A i v) Von vnsem Gaffelssachen ist anders nichts zu melden/ dann daß (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 1) In vnsem Gaffels Sachen ist nichts schließlichs vorgefallen/ allein (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 1) das die Sachen heut oder morgen zu einem entliehen außschlag gelangen muß (Relation Nr. 11, 19.3.1609, o.S. = S. 4) Ebenmessig sein in der zeit der Gülch. Sachen (Aviso Nr. 37, 26.9.1609, A ij v) Wegen der Gülichschen Sachen wird besorget (Aviso Nr. 46, 24.11.1609, A ij r) weil sich die Spannis: in den Gül. Sachen einmischen wollen/ (Aviso 18.12.1609, A i j r ) die tradieren täglich mit einander in bewuster Sachen (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 3) vnd ob wol die Mehren sich stark in der Sachen bemühen (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 4) Alhie stehen alle Sachen Gott lob wol/ dann (Relation 26.3.1609, S. 3) der empter noch anderer Sachen halben aida/ auch wegen deß ostereichi sehen wesens (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 3) Mit Königlicher Maytt. vnd den Evangelischen Stenden/ stehet es/ noch in alten Terminis/ (Aviso 5.2.1609, A iv r) Die Gülchl. Sachen stehen noch in vorigen Terminiß/ vnd haben (Aviso Nr. 46, 26.11.1609, A ijr ) Mit den Gülischen Sachen stehet es noch in alten terminis (Relation 3.12.1609, o.S. = S. 1) [...]/ stehet also noch in wiedrigen Terminis (Aviso Nr. 46, 24.11.1609, A iij v) Mit König May vnd den Evangelischen Stenden stehet es noch in alten Terminis (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 2) Vom hieländischen wesen ist nicht viel guts zuschreiben/ dann (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 1) Das hießige Wesen/ hat auch ein weit außsehen (Aviso 20.2.1609, A ij v) Von dem Österreichischen wesen/ wird allhie vnderschiedlich außgeben/ daß (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 4) Alhie steht es mit dem Magistrat vnnd gemeinen Bürgerschaft! noch im alten wesen (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 1) auch sonsten anders in voriges wesen zubringen/ (Relation 19.3.1609, S. 1) Der von Altheim [...)/ vnd rahtet fast wegen des Gülichschen Wesens zum Krieg (Aviso Nr. 38, 4.10.1609, A ii v) deß Gülischen wesens halben (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 1) sonderlich deß Gülisch wesens vnd andere [...] betreffend (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 3) „Aviso“ und R elatio n" 1609 6 9 Allhie hat es leyder in ReligionsWesen ein weites außsehen (Aviso Nr. 40, 17.10.1609, A ijv ) Alhie verlaut das wegen des Gül: wesens beyde Fürsten [...] ein stilstand [...] gemacht (Aviso Nr. 42, 31.10.1609, A ij r) Das Behmische Wesen wil sich noch nicht accomodim (Aviso Nr. 45, 18.11.1609, A iijv ) Der getroffene Anstand bleibet nunmehr im alten Wesen (Aviso Nr. 2 1 ,7 .6 .1 6 0 9 , A i j r ) das die Herrn Staaden das Gülch. Wesen gleichfals sehr zu gemüt fassen (Aviso 26.12.1609, A ijr ) im fall das Oestereichische wesen nicht gestilt wird (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 3) wolte Gott das wir mit dem Oestereichischen wesen an ein ort weren (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 3) auch ob das Gülische wesen möchte verglichen [...] werden. (Relation 31.12.1609, o.S. = S. 3) Bei mehrfacher Wiederholung wird der Ausdruck verkürzt: sein außsprachen wegen Gülich (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 3f.) Die am Beginn der obigen Beispielreihe aufgefuhrten Verwendungen von Adverbien, Adjektiven und pronominalen Ausdrücken stellen einen eindeutigen Bezug zum kanzleisprachlichen Wortschatz her (vgl. Gloning 1996a, 154ff). Die Angaben der historischen Wörterbücher, vor allem des Deutschen Wörterbuchs, zu Sache, Wesen und Termin decken sich kaum mit dieser textsortenspezifischen Verwendung als themenkennzeichnende und -zuordnende Ausdrücke. Territoriale Attribuierungen des Typs Oesterreichisches Wesen und erst recht Kompositen wie Religionswesen und Gaffelssachen werden dort überhaupt nicht gebucht. Auch das offensichtlich formelhafte in [alten/ vorigen] Terminis stehen ist nicht kodifiziert. Mit Termini wird hier die Unverändertheit eines wiederkehrenden Nachrichtenthemas bezeichnet. Es handelt sich bei allen diesen Ausdrücken um die Anfänge einer mediensprachlichen Wortschatztradition, zu deren späteren Varianten die produktiven Kompositionselemente -frage {Arbeiter-, Juden-, etc.) und -problem {Energie-, Umweltetc.) gehören. Einige der Formulierungen sind regelmäßig adversativ mit der nachfolgenden Aussage verbunden nach dem Muster nichts anders [...] allein daß/ denn daß; wenig [...] allein; nichts [...] aber = s.o ). Diese semantische Struktur hängt einerseits mit der texteinleitenden Funktion der Themenzuordnung zusammen. Andererseits wird dadurch die nachfolgende Aussage als untergeordnete Information bzw. als Detail innerhalb eines größeren Ereigniszusammenhangs eingestuft; dies kann natürlich als subtiles Fokussierungsmittel eingesetzt werden, so dass durch die Musterhaftigkeit der Formulierung der adversative Sinn 7 0 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts in den Hintergrund gedrängt wird und die textstrukturierende und fokussierende Funktion in den Vordergrund rückt. Musterhafte Formulierungen implizieren also offenbar bestimmte textuelle Restriktionen; sie schränken die Menge der kotextuellen Verknüpfungen in gewisser Weise ein oder, aus der Sicht des Textproduzenten, sie erleichtern und konventionalisieren die Vertextung. 2 .3 .5 Prädikationstyp: THEMATISDERUNG der UNBEKANNTEN EINZELHEITEN eines Ereignisses (Kataphorische Kohärenzstiftung) Auch die Thematisierungen dessen, was (noch) nicht bekannt ist und welche Informationen möglichst in einer der nächsten Nummern nachgeliefert werden sollen, gehören zu den kohärenzstiftenden Ausdrucksmitteln, und zwar insofern, als sie ebenfalls auf eine über mehrere Zeitungsnummem hinweg aufgebaute Informationslage Bezug nehmen. Die kataphorische Kohärenz wird regelmäßig am Ende einer Texteinheit gestiftet, und zwar in der Staffelung, dass das Formulierungsmuster XY is t u n b e w u ß t eher untergeordnete Texteinheiten abschließt, während das Formulierungsmuster XY g i b t z e it ( 2 . 3 . 6 ) sowie die meisten der freieren Varianten eher am Schluss größerer, übergeordneterer, meist mit Absatz geschlossener Texteinheiten stehen. Das syntaktische Muster für den Prädikationstyp besteht entweder aus einem minimal komplexen Satz, in dem die noch ausstehende Information in einem Objektsatz benannt wird, oder - seltener - aus einem Hauptsatz, der die ausstehende Information in Form einer Ergänzung enthält. Diejenigen semantischen Rollen der Hauptprädikation einer Meldung, die noch nicht besetzbar sind, werden mittels Fragewörtern und Negation explizit gemacht. Es folgen die Belege aus „Aviso“ und „Relation“ : XY ist unbewusst/ unwissend vnd gienge das Geschrey dero Orten/ daß Ihr Mayst. die Waffen wieder an die Hand nehmen w oll/ gegen wem oder warumb/ were noch vnbewußt (Aviso 22.3.1609, A ijr f .) ist die Sage/ daß man in kürz Volck werben soi/ zu was end/ ist unbewust (Aviso Nr. 22, 14.6.1609, A ijv ) wohin sie ihren Weg nehmen/ ist vnbewust (Aviso Nr. 23, 28.6.1609, A i v) Aus Parma wird geschrieben/ derselbe Herzog lasse seine Unterthanen [...] muster/ [,..] aus was Vrsachen/ were noch vnbewust (Aviso Nr. 26, 26.7.1609, A i j r ) der lasse 500. Pferdt werben/ zu was End ist vnbewußt/ vnd hat [...] (Aviso Nr. 32, 23.8.1609, A iijr) zu was Endt ist noch vnbewust (Aviso Nr. 36,20 .9 .1 6 0 9 , A ij v) / die Vrsach seiner ankunfft ist noch vnbewust (Aviso 3.12.1609, A ij v) „Aviso“ und R ela tio n “ 1609 71 Erzh. Leopold vnnd einer von den Fürsten [. ..]/ sein bißhero nicht alhero gelangt/ die vrsach ist vnbewust (Aviso 26.12.1609, A ij v) Weil allhie etlich Gutschen [...] bestellet/ jedoch vnwissent von wem oder wannen hero/ (Aviso 26.12.1609, A iv r) was er aber allda guts tractirt/ ist vnwissent (Aviso Nr. 38, 4.10.1609, A iij r) zu was end/ ist vnbewust (Aviso Nr. 39, 11.10.1609, A iij v) jr anbringen ist noch vnbewust (Aviso Nr. 42, 31.10.1609, A iij r) / dero anbringen ist vnbewust (Relation 17.12.1609, o.S. = S. 1) was vrsach ist vnbewust/ (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 2; und Nr. 19, o.S. = S. 2) / die vrsach ist vnbewust (Relation 10.12.1609, o.S. = S. 1) / die vrsach dessen ist vnbewust/ (Relation Nr. 44, 5.11.1609, o.S. = S. 2) / die vrsach seiner verhaffiung ist vnbewust (Relation Nr. 23, 11.6.1609, o.S. = S. 1) / was aber jhnen jhre May. vor ein bescheit geben ist noch vnbewust (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 3) / was aber seine Verrichtung oder Werbung/ ist vnwissend (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 4) / waß aber sein verrichten ist vnbewust (Relation Nr. 45, 17.11.1609, o. S. = S. 2) ihr verrichten ist noch vnbewust (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 2) / ihr Verrichtung ist vhnbewust/ (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 3) / seine Verrichtung ist noch vnbewust (Relation 18.6.1609, o.S. = S. 3f.) / deren tractation ist noch vnbewust/ (Relation Nr. 27, 6.7.1609, o.S. = S. 4) / warumb ist vnbewust (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 1) / seine Werbung ist vnbewust (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 5; Nr. 26, o.S. = S. 2; Nr. 32, o.S. = S. 1) / jhre Werbung ist vnbewust (Relation Nr. 21, 28.5.1609, o.S. = S. 4) / dero Werbung ist vnbewust (Relation Nr. 32, 14.8.1609, o.S. = S. 3 ) zu was end/ ist vnbewust (Relation Nr. 14, 19.4.609, o.S. = S. 1; Nr. 37, 1609, o.S. = S. 1) / zu was ende/ ist vnbewust/ (Relation Nr. 16, 23.4.1609, o.S. = S. 1; S. 2; Nr. 23, 11.6.1609, o.S. = S. 4) / zu welchem end ist vnbewust/ (Relation Nr. 44, 5.11.1609, o.S. = S. 1) / vnbewust/ zu was ende (Relation Nr. 30, 30.7.1609, o.S. = S. 3) / wozu/ ist vnbewust (Relation Nr. 31, 28.7.1609, o.S. = S. 2) Schreiben [...] ankommen/ dero inhalt aber ist noch vnbewust (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 4) ein Vngerischen schein/ dessen inhalt ist vnbewust/ fertigen lassen. (Relation Nr. 3 7 .2 1 .9.1609, o.S. = S. 3) Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts noch ein andere Schrillt hinderlassen/ dero Inhalt aber noch vnbewunst [! ] (Relation Nr. 4 0 ,8 .1 0 .1 6 0 9 , o.S. = S. 3) / derhalben selbiger allher kunffi noch vnbewust (Relation Nr. 28, 16.7.1609, o.S. = S. 3) / sind auch entschlossen/ sich von hinnen zubegeben/ wohin aber ist vnbewust/ (Relation Nr. 16, 23.4.1609, o.S. = S. 3) / vnnd thue man daselbst Knecht werben/ vnbewust aber/ wohin man solche gebrauchen w ill (Relation Nr. 20, 21.5.1609, o.S. = S. 1) / was nun derselb verschuld ist vnbewust (Relation Nr. 28, 16.7.1609, o.S. = S. 3) / dero anschlag oder intent ist vnbewust. (Relation Nr. 30, 30.7.1609, o.S. = S. 2) / doch vnbewust/ wer obgesiegt habe (Relation Nr. 45,17.1 1 .1 6 0 9 , o.S. = S. 2) / was man aber mit dem alten machen wirdt/ ist vnbewust/ (Relation Nr. 45, 17.11.1609, o.S. = S. 3) XY kan n m a n / ic h n ic h t w is s e n Vor acht tagen ist der [...] Girier [...] ermordet gefunden/ [...] die Thäter dessen kan man noch nicht wissen (Aviso Nr. 28, 26.7.1609, A ij v) / zu was end/ kan man nicht wissen (Aviso 29.3.1609, A ij r) was ihnen hierauff zum Bescheidt worden/ kan man nicht wissen (Aviso Nr. 19, 24.5.1609, A iijr) wozu nun solche gebraucht werden sollen/ kan man noch nicht wissen (Aviso Nr. 36, 20.9.1609, A ij v) / warauff es aber angesehen/ kan man noch nit wissen/ die zeit wirds lehren (Relation 4.6.1609, o.S. = S. 3) / wann aber das Fußvolck gemustert wird/ kan ich nit wissen (Relation Nr. 30, 30.7.1609, o.S. = S. 3) von jhrer reise/ die man doch nit wohin solche eigentlich angestelt gewest/ oder was darbey verricht worden/ wissen kan/ (Relation Nr. 32,14 .8 .1 6 0 9 , o.S. = S. 2) / ob nun [...] oder sonsten [...]/ kan man nit wissen (Relation Nr. 35, 3.9.1609, o.S. = S. 1) / was aber hinter solcher seltzamer practicken gesteckt/ kan man noch nicht eigentlich wissen (Relation Nr. 37, 17.9.1609, o.S. = S. 3) / was aber die vrsach dieses zancks kan ich nit wissen/ (Relation Nr. 42, 21.10.1609, o.S. = S. 3) XY w e iß m a n / ic h n ic h t / zu was end weiß man nit (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 1) was sie aber vor bescheid [...] erlangt haben/ weiß ich nicht/ man redet vnderschiedlich darvon/ (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 5) / man weiß aber nit zu was ende (Relation Nr. 21, 28.5.1609, o.S. = S, 1) ,siviso“ u n d ,fi e lation“' 1609 73 / was sie aber auff jhrer Reise verrichtet/ weiß man noch nichts eigentlichs davon/ dann alles in sehr grosser geheimb gehalten wird (Relation Nr. 33, 20.8.1609, o.S. = S. 2) / wie solche Brunst außkommen/ weiß man nicht (Relation Nr. 44, 5.11.1609, o.S. = S. 3) Varianten. Dem Bottschafter ist ein verschlossenes Schreiben zugestelt/ vnnd der Inhalt gar nicht vermelt worden/ (Aviso 10.12.1609, A iij v) Auß dem Haag haben wir/ das man noch nicht wisse/ wie man sich wegen der Commerden [...] werde vergleichen können/ (Aviso 18.12.1609, A ij r) 2 .3 . 6 Prädikationstyp : KENNZEICHNUNG eines gegenwärtig noch unabgeschlossenen Ereigniszusammenhangs und ANKÜNDIGUNG künftig daran anschließender Berichterstattung (Kataphorische Kohärenzstiftung) Dieser Prädikationstyp hat ebenfalls kataphorisch kohärenzstiftende Funktion; anders als bei 2.3.5 werden aber weniger einzelne informatorische Leerstellen eines Ereigniszusammenhangs identifiziert, sondern eher unabgeschlossene Ereignis- und Informationszusammenhänge als Ganzes kenntlich gemacht Entsprechend findet sich das Formulierungsmuster stets am Ende thematisch abgeschlossener Texteinheiten. Natürlich wird auch hier Neugier auf nachfolgende Berichterstattung geweckt und Spannung erzeugt, die geeignet ist, die Leser an eine bestimmte Zeitung zu binden (vgl. Schröder 1995, S. 196). Schottelius (1673/ 1991) kannte die hierfür typische Formulierung und kommentierte sie insofern kritisch, als die standardisierte Formel ihren „medienkritischen“ Zweck verfehle: Die Wahrscheinlichkeit erwirbt oft den neuen Avisen bei vielen/ grossen Glauben; wiewol gemeiniglich dabeisteht/ die Zeit würde die Gewißheit offenbaren (ebd., S. 14f.). X Y g ib t/ e r ö ffn e t/ le h r e t z e it was daraus entstehen wird/ gibt zeit (Aviso Nr. 15, 26.4.1609, A iij v) vnd was der herzog [...] zu thun vorhat/ gibt zeit (Aviso Nr. 21, 7.6.1609, A ij v) Weil aber daselbsten nichts beschlossen/ sollen gedacht h eim zu Dortmundt wieder zusammen kommen/ ihr verrichten gibt zeit (Aviso Nr. 23, 21.6.1609, A ij r) Ob nun solches den Handlungen nütz wird/ eröffnet zeit (Aviso Nr. 26, 12.7.1609, A i v ) / wo sie vbergefahren seyn/ gibt zeit (Aviso Nr. 27, 19.7.1609, A ij r) Was er nun erlangen wird/ gibt zeit (ebd.) / was nun darauff erfolget/ gibt zeit (Aviso Nr. 30, 9.8.1609, A ij r) 7 4 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts / ob aber die bezahlung gleich/ oder in fristen folgen wird/ gibt die zeit (Aviso Nr. 34, 6.9.1609, A iijr) ob [...] deren Correspondentz halten wollen oder nicht/ deren antwort eröffnet zeit (Aviso Nr. 35, 13.9.1609, A ij v) ob er nun daselbst bessern bescheid [...] bekommen wird/ gibt zeit. Nach solchem haben die beyde Fürsten [...] zu was Endt gibt Zeit (Aviso Nr. 36, 20.9.1609, A ij r) wie sich der Cardinal gegen jhm erzeigen wird/ gibt Zeit/ es werden seltzame Sachen von dieser practica geredt/ dann etliche sagen/ das (Aviso Nr. 36, 20.9.1609, A iijr) wie man sich nun vergleichen wird gibt die zeit (Aviso Nr. 42, 31.10.1609, A ij v) / wie derselbe ablauffen möcht/ öffnet zeit (Relation Nr. 30, 30.7.1609, o.S. = S. 2) / wie solches nun den [...] Stenden gefallen wird/ öffnet zeit (Relation Nr. 19, 14.5.1609, o.S. = S. 3) / was sie nun für ein antwort darauff bekommen werden/ gibt zeit/ (Relation 18.6.1609, o.S. = S. 3) / was sie vor ein bescheid erlangen/ öffnet zeit/ (Relation 31.12.1609, o.S. = S. 3) Waß nun hierausser folgen wird/ gibt die zeit (Aviso Nr. 4 4 ,1 2 .1 1 .1 6 0 9 , A iv v) / was nun weitters folgen wird/ gibt zeit (Relation 18.6.1609, o.S. = S. 1) / was es bedeut/ öffnet zeit (Relation Nr. 32, 14.8.1609, o.S. = S. 3) / was dieses nun sein wird öffnet zeit (Relation Nr. 3 6 ,1 0 .9 .1 6 0 9 , o.S. = S. 1) / ob nun derselbe oder sonsten ein anderer/ zum General Obersten [...] solte erklert werden/ gibt zeit (Aviso Nr. 45, 18.11.1609, A ij r) / ob aber die bezahlung auch gleich/ oder in fristen folgen wird/ öffnet zeit (Relation Nr. 35, 17.9.1609, o.S. = S. 3) / waß nun darauß erfolgen wird/ gibt zeit (Aviso Nr. 4 5 ,1 8 .1 1 .1 6 0 9 , A ij v) / was nun weites folgen wird/ öffnet zeit (Relation Nr. 21, 28.5.1609, o.S. = S. 1) was nun darauß werden w ill/ gibt zeit (Relation Nr. 18, 7.5.1609, o.S. = S. 3) was nun auß diesem wesen werden wird/ gibt zeit (Relation Nr. 19, 14.5.1609, o.S. = S. 3) / zu was end solches angesehen/ öffnet zeit (Relation Nr. 36, 10.9.1609, o.S. = S. 1) / zu was ende/ öffnet zeit (Relation Nr. 47, 26.11.1609, o.S. = S. 3) / solle ein Scharmützel vorgangen sein ob nun was daran vnd wer obgesiegt gibt zeit (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 3) / wie diß ablauffen wirt/ gibt zeit (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1) / wie es abgehen wird gibt zeit (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 3) / was beschlossen wird/ gibt zeit/ (Relation 5.2.1609, o.S. = S. 1) „Aviso“ und R ela tio n “ 1609 75 / was sie nun verrichten gibt zeit (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 1) was sie verrichten/ gibt zeit (Relation 4.6.1609, o.S. = S. 1 (ebd., zweimal); Relation Nr. 43, o.S. = S. 1) was er mehr verrichtet/ als der/ welchen Ertzherzog Leopoldus dahin gesand hat/ öffnet zeit (Relation Nr. 35, 3.9.1609, o.S. = S. 1) / sein Verrichtung gibt zeit (Relation Nr. 37, 17.9.1609, o.S. = S. 3) / was er nun guts bringen wirdt1 gibt die zeit (Relation 4.6.1609, o.S. = S. 4) ein newe Zusammenkunft [...]/ dessen Beschluß öffnet zeit (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 1) / dessen erfolgung öffnet zeit (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 1) / sein verrichten eröffnet zeit (Relation Nr. 18, 7.5.1609, o.S. = S. 3) jre berahtschlagung öffnet zeit (Relation Nr. 46, 19.11.1609, o.S. = S. 4) / wie es nun ablauffen wird lehret zeit (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 1) ob es nun eines Römischen Königs oder ander Sachen halben ist/ öffnet zeit (Relation Nr. 15, 16.4.1609, o.S. = S. 4) / ob sie hierin was erhalten werden/ gibt zeit (Relation Nr. 44, 5.11.1609, o.S. = S. 4) / ob es nun eine Vergleichung abgeben wird lehret zeit (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 5) obs geschieht lehret zeit (Relation Nr. 42, 21.10.1609, o.S. = S. 3). / ob solches nun geschehen wird/ lehret zeit (Relation Nr. 44, 5.11.1609, o.S. = S. 1) / ob diesem also/ öffnet zeit (Relation 19.3.1609, o.S. = S. 4) / ob sich nun die Vngam derselben annemen werden/ öffnet zeit (Relation 17.12 1609, o.S. = S. 3) was gibt öffnet zeit (Relation 29.1.1609, o.S. = S. 1) / wann aber die vbrigen 500 Pferd so noch daselbst liegen/ abgedanckt werden sollen/ öffnet zeit (Relation Nr. 36, 10.9.1609, o.S. = S. 4) / was mm der Rat hierauff sich resolviren wird/ öffnet zeit (Relation 19.3.1609. o.S. = S. 1) / was nun die Stend jetzt ferner fiimemen werden/ öffnet zeit (Relation Nr 26, 2.7.1609, o.S. = S. 1) / zeit öffnet alles (Relation Nr. 26, 2.7.1609, o.S. = S. 1) / was die nun guts verrichten werden öffnet zeit (Relation Nr. 16, 23.4.609, o.S. = S. 2) / zu was end eröffnet zeyt (Relation 12.2.1609, o.S. = S. 2; Nr. 21, 1609, o.S. = S. 1) / waß nun der jnhalt dieser Resolution eröffnet zeit (Relation 12.3.1609, o.S. = S 4) 76 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts / vnd was ihre Werbung sein wirdt/ öffnet zeit (Relation Nr. 41, 15.10.1609, o.S. = S. 1) / wie es ihn nun ergehen wird/ öffnet zeit (Relation 26.3.1609, o.S. = S. 1) / was nun ihr May: deßwegen thun wird/ gibt zeit (Relation 15.1.1609, o.S. = S. 1) / was nun erfolgt gibt zeit (Relation Nr. 15, 16.4.1609, o.S. = S. 1) / wohin es nun angesehen öffnet zeit/ dann ob wol [...] (Relation 22.1.1609, o.S. = S. 2; ausnahmsweise im Absatz positioniert) freiere Varianten. / wie nun solches abgangen sey/ haben wir mit ehestem zuuememen (Aviso Nr. 30, 9.8.1609, A i w ) Wie nun solches von den herm Staden wird verstanden werden/ hat man zu vernemen (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 1) / wie dieselbe nun weiters fahren werden/ vememen wir täglich (Relation Nr. 20, 21.5.1609, o.S. = S. 1) / ob dem also/ vemem en wir mit negstem (Relation Nr. 40, 8.10.1609, o.S. = S. 1) / davon wir negst mehrer vmbstend gewertig (Relation 5.3.1609, o.S. = S. 1) / wie er aber möcht angenommen vnd empfangen werden/ wird vns künfllige Aviso berichten (Relation Nr. 17, 30.4.1609, o.S. = S. 4) / was nun jhre May. verwilligen/ vnnd wie man sich volgende vergleichen werde/ vemimbt man hinnach (Relation Nr. 42, 22.10.1609, o.S. = S. 3) / in was Sachen/ ist in höchster geheim/ (Relation 18.6.1609, o.S. = S. 3) / kan man doch von dero Verrichtung wenig melden/ dann alles in grosser geheim gehalten wird (Relation Nr. 30, 30.7.1609, o.S. = S. 2) / was aber sie anbringen/ wirdt noch alles in geheim gehalten/ (Relation Nr. 44, 5.11.1609, o.S. = S. 3) Der von Anhalt ist noch alhie/ von seiner abfertigung ist es noch still. (Relation Nr. 35 ,3 .9 .1 6 0 9 , o.S. = S. 2) / was aber diß vor Sachen/ ist der zeit noch nicht zu melden (Relation Nr. 40, 8.10.1609, o.S. = S. 3) / wie solchem nun sey/ befehlen wir der zeit (Relation Nr. 25, 25.6.1609, o.S. = S. 1) / weiß also Gott was darauß werden wird (Relation 8.1.1609, o.S. = S. 3) / Gott geb das was guts folg/ (Relation 19.2.1609, o.S. = S. 3) / Gott gebe daß waß guts verrichtet werden möge (Relation Nr. 13, 5.4.1609, o.S. = S. 1) / lest sichs also ansehen/ als wolt alles vber vnd drüber gehen/ Gott wende es zum besten (Relation Nr. 15, 16.4.1609, o.S. = S. 3) / der Allmächtig Gott wöll es gnädig verhüten (Relation 20.2.1609, o.S. = S. 3) darauß nichts guts entspringen wird (Relation 12.3.1609, o.S. = S. 2) ,s4viso“ und R ela tio n “ 1609 77 In einem Korrespondenzbrief, der mit schreibt wie fo lg t und originaler Sprecherdeixis kenntlich gemacht ist, steht die Variante: / wird die zeit bait eröflhen was er mitgebracht hat/ (Relation Nr. 11, 19.3.1609, o.S. = S. 3) 2.4 Zusammenfassung zu „Aviso“ und „Relation“ Jahrgang 1609 Kommunikationsreflexive Prädikationen werden in den Zeitungen des frühen 17. Jahrhunderts durch die Art ihrer syntaktischen Realisierung als Neben- oder Zusatzprädikation bestätigt. Dabei spielt es prinzipiell keine Rolle, ob sie mit einer Haupt- oder Nebensatzform ausgedrückt werden. Wichtiger hingegen scheint ihre Stellung im Satzgefüge bzw. im Text einer Meldung41 zu sein: Die große Mehrheit der Prädikationstypen steht satzbzw. texteinleitend; der Typ der kataphorischen Kohärenzstiftung hingegen steht regelmäßig am Ende des Satzes bzw. des Textes. Durch diese Stellungsregelmäßigkeit in Verbindung mit der ganz überwiegenden Beschränkung auf den Konstruktionstyp ‘Obersatzrest mit syndetisch oder asyndetisch verbundenem Objektsatz’ und in Verbindung mit der inhaltlichen Beschränkung auf einige bestimmte Prädikationstypen (s.o.) werden Formulierungen erzeugt, die musterhaft werden konnten. Das infrage kommende lexikalische Inventar ist dadurch schon relativ eingeschränkt. Von 29 Verba dicendi kommen fünf zehnmal und öfter vor: haben, schreiben, sagen, vermelden, verlauten. Die festzustellende Variabilität innerhalb eines Musters resultiert zumindest partiell aus der Notwendigkeit semantischer Differenzierungen, offenbar aber auch aus dem zu dieser Zeit nur angedeuteten Versuch, implizite Bewertungen der Quellen oder auch der Nachrichteninhalte vorzunehmen. Die Ausdifferenzierung eines weiteren, dem Ausdruck der Bewertung dienenden Prädikationstyps findet erst im 18. Jahrhundert statt. Die Bezugnahmen auf die Quelle einer Nachricht sind unabhängig vom Prädikationstyp ganz überwiegend agenslos bzw. mit einer extrem vagen Agensbezeichnung realisiert; eine Ausnahme stellt die vereinzelte Bezugnahme auf Nachrichten überbringende Personen dar. Diese Agenslosigkeit bedeutet insofern eine Anonymisierung der Quelle, als die Überprüfung durch die Leser ausgeschlossen ist. Die Bezugnahme auf die Quelle diente im 17. Jahrhundert also weniger der Überprüfbarkeit der Kommunikationswege als der Affirmation der Inhalte. 41 In diesem Zeitabschnitt besteht eine Meldung in aller Regel aus genau einem Satzgefüge. 78 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts 3. Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 3 1 Die journalistischen Sprachhandlungstypen Die journalistischen Sprachhandlungstypen und ihre Abgrenzung können gegenüber dem 17. Jahrhundert unverändert beibehalten werden: 1) INFORMIEREN als Beantwortung der klassischen W-Fragen wer, was, wann, wo; 2 ) erzählendes BERICHTEN als Beantwortung der Wie-Frage; 3 ) EINORDNEN des berichteten Ereignisses in die Zusammenhänge von Ursachen und Folgen; STIFTEN von KOHÄRENZ zwischen mehreren Nummern derselben Zeitung; 4 ) REFLEKTIEREN der Berichterstattung, der Quellen, der Widersprüche, der Nachrichtenlage (vgl. Schröder 1995, S. 150f). Bei den Handlungstypen 3) und 4) liegen, wie in 2.1, Bedingungen vor, nach denen bestimmte, neben- oder untergeordnete Prädikationstypen durch musterhafte Formulierungen realisiert werden können. 3.2 Die neben- und untergeordneten Prädikationstypen Insgesamt lassen sich den Sprachhandlungstypen 3) und 4) zunächst die gleichen satzsemantischen Prädikationstypen zuordnen wie im 17. Jahrhundert; diese werden jedoch deutlich ausdifferenziert, so dass nachfolgend nicht sechs, sondern acht Prädikationstypen mit ihren syntaktischen und lexikalischen Realisierungen behandelt werden (3.3.1-3.3.8). Zunächst wird die Ausdifferenzierung der Prädikationstypen ausgehend von denjenigen des 17. Jahrhunderts dargestellt. Bei dem Prädikationstyp ‘ANGABE DER QUELLE einer Information’ ( s u 3.3.1) handelt es sich, wie schon im 17. Jahrhundert, um den häufigsten Prädikationstyp von allen; er wird meist einleitend, d.h. zu Beginn einer Meldung, verwendet und kann in eine andere Prädikation des gleichen oder eines anderen Typs eingebettet sein, z. B.: Von Verona vemimt man/ daß (Frankfurter Journal, 27.9.1701, S. 1) Von Mayntz empfängt man Bericht unterm 15. Junii, daß [...] Dem Verlaut nach, hat der Kayser [...] (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte, 3.7.1744, S. 411) D er Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 7 9 Solche Einbettungen oder Verknüpfungen mit den früheren Prädikationstypen VERBÜRGTHEIT BESTÄTIGEN (so . 2 . 3 . 3 ) und EINEN NOCH UNABGESCHLOS- SENEN EREIGNISZUSAMMENHANG KENNZEICHNEN (so . 2 . 3 . 6 ) nehmen so deutlich zu, dass man das Ergebnis als einen neuen Prädikationstyp: SPEKU- LIEREN (s.u. 3 . 3 . 8 ) bezeichnen kann. Durch die Zusatzprädikation SPEKU- LIEREN entfällt für die jeweilige Hauptprädikation, d.h. den Inhalt einer Meldung, die Bedingung, wahr, glaubhaft und geschehen zu sein, damit können auch fiktive Prädikationen zur Nachricht verarbeitet werden. Unabhängig von der tatsächlichen Nachrichtenlage oder von demjenigen, was die Zensur zum Abdruck übrig gelassen hat, kann auf diese Weise der NachrichtenstofF vermehrt werden, z.B.: Indessen gehen die Weihungen wohl vonstatten/ und hat man Hoffnung/ daß die 12000. Mann in Zeit von 6. Wochen complet seyn weiden (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) Neben dem SPEKULIEREN und zum Teil ebenfalls vermischt damit steht die Entwicklung des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE hin zu mit ausgedrückten Kommentaren, Bewertungen und zum Prädikationstyp CHARAKTE- RISIERUNGen der Hauptprädikation als MEINUNG (s.u. 3.3.2). Dies schlägt sich in einer Zunahme der lexikalischen Varianten im Bereich der Verba dicendi et sentiendi nieder. Die Möglichkeiten eines fließenden Übergangs vom Berichten zum Bewerten durch Verwendung polysemer Ausdrücke waren im 17. Jahrhundert ansatzweise vorhanden und werden nun ausgebaut, z.B.: Dahero man vermeynet/ daß [...] Man hat zwar vermuthet/ es würde [...] so wird dannoch vernommen/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, S. 3) Werden hier Kommentare und Bewertungen anderer wiedergegeben, so wird im Prädikationstyp BEWERTUNG der Hauptprädikation (s.u. 3.3.3) der Kommentar des Journalisten selbst ausgedrückt. Diese Differenzierung ist neu. Der Prädikationstyp KENNZEICHNUNG einer TEXTWIEDERGABE (s.u 3.3.4) bleibt fast unverändert erhalten. Aber es werden jetzt nicht nur schriftliche Texte, sondern auch mündliche Reden wiedergegeben. Dabei überwiegt die indirekte, inhaltlich referierende Wiedergabe. Eine Ausdifferenzierung in weitere Prädikationstypen findet hier nicht statt, z.B.: Als neulich [...] Jh. Päbstl. Heiligkeit die Dominicaner Kirche zu besuchen gieng/ und auff dem Wege durch das Collegium Romanum passirte/ wartete die darinnen studirende Jugend derselben mit folgendem Epigrammate auff: [...] Diese Verse waren auff groß Regal Papier gedruckt/ und wurden also dem Pabste präsentiret (Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa, 20.9.1701, S. 297) Extract eines zu Regensburg am löten Februarii geschriebenen Briefes, welchen der Baron von [...] erhalten hat (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, 3.3.1742, o.S. = S. 2) 80 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts In diesem Habit näherte er sich dem in der Kirche seyenden Priester/ und fragte denselben/ ob er ihn nicht kennete? Als dieser mit nein antwortete/ zeigt ihm der verstellte Bettler [...] und machte sich dadurch käuflich/ mit dem Zusatz: Er habe ein groß Unglück gehabt [...] bäte/ er möchte ihn in diesem heiligen Orte lassen (Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 20.9.1701, S. 298) Der Prädikationstyp VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN (s.o. 2.3.3) macht eine Veränderung durch: Die Verbürgtheit wird nicht mehr nur bestätigt, sondern von Fall zu Fall beurteilt und hoch oder niedrig eingestuft, so dass der Prädikationstyp mit Bezug auf das 18. Jahrhundert mit VER- BÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN oder RELATIVIEREN bezeichnet werden muss. Mit ihm können auch Widersprüchlichkeiten und Gerüchte ausgedrückt werden. Eine solche Bewertung der Verbürgtheit wird offen für Kommentierungen, die sich auch auf die Hauptprädikation, d.h den Inhalt der Meldung, erstrecken, z.B.: Wie sichere Nachrichten aus Wien melden, so (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, S. 6) Das Gerücht, als ob unsere Trouppen mercklich vermehret werden solten, verschwindet gänzlich (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, S. 7) Alle Uberläuffer/ Gefangene und andere Nachrichten bestättigen deß Feindes grossen Abgang der Fourage: (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 1) Der Prädikationstyp KENNZEICHNUNG eines wiederholt behandelten Ereigniszusammenhangs und Bezugnahme auf vorgängige Berichterstattung (Anaphorische Kohärenzstiftung) bleibt erhalten. Er ist nach 1700 allerdings deutlich seltener als in den Zeitungsjahrgängen von 1609 belegt. Das liegt einerseits an der Streuung des Materials über ca. 70 Jahre, durch die eine Behandlung durchgängiger Themen in ein und demselben Periodikum kaum fassbar wird, zum anderen an der gestiegenen thematischen Vielfalt der Zeitungen selbst, z.B.: Die Frantzosen kauffen hiesiger Landen noch immer vil Pferde [...] auff (Mercurii Relation, München, 9.1.1700, o.S. = S. 2) Bey denen Königlichen continuieren die Kriegs=Präparatorien noch immerhin/ indem (Mercurii Relation, München, 9.1.1701, o.S. = S. 4) Der vor einiger Zeit erwehnte [...] Graff (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, S. 4) Der Prädikationstyp KENNZEICHNUNG eines gegenwärtig noch unabgeschlossenen Ereigniszusammenhangs und ANKÜNDIGUNG künftig daran anschließender Berichterstattung (Kataphorische Kohärenzstiftung, s.o. 2.3.6) wird mit dem Prädikationstyp THEMATISEERUNG der UNBEKANNTEN Einzelheiten eines Ereignisses (s.o. 2.3.5) verschmolzen. Das Produkt kennzeichnet weiterhin die informatorischen Leerstellen innerhalb der Berichterstattung und kann deshalb ebenfalls kataphorisch kohärenzstiftend fungieren. Aber es geht zum Teil ins SPEKULIEREN (s.u. 3.3.8) über. Die Funktion der kataphorischen Ko- D er Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 81 härenzstiflung wird dadurch wohl etwas zurückgedrängt, insofern der spekulativen Füllung, nicht der bloßen Nennung der informatorischen Leerstellen das Hauptinteresse von Autor und Leser gilt, z.B. : Verwichner Tagen ist vom Kayseri. Abgesandten im Haag [...] ein Abgesandter hier angelangt dessen Mitbringen bleibt noch secretirt/ (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 3) / ob sie nun seiner erwarten werden/ wird die Zeit lehren (Mercurii Relaüon, München, 25.9.1717, Extra-Zeitungen, S. 7) Zusammenfassend seien die sechs Prädikationstypen von 1609 den acht Prädikationstypen des zweiten Zeitabschnitts 1700-1770 tabellarisch gegenübergestellt. ,A viso“ und R e la tio n “ 1609 diverse Zeitungen 1700-1770 1) Angabe der Quelle Angabe der Quelle 2) Charakterisierung einer Prädikation als Meinung (ausdifferenziert aus 1 unter Einfluss von 8) 3) Bewertung der Hauptprädikation (neu) 4) Kennzeichnung einer Textbzw. Redewiedergabe Kennzeichnung einer Textbzw. Redewiedergabe 5) Verbürgtheit einer Information bestätigen Verbürgtheit einer Information bestätigen oder relativieren (geändert) 6 ) anaphorische Kohärenzstiftung anaphorische Kohärenzstiftung 7) kataphorische Kohärenzstiftung kataphorische Kohärenzstiftung 8) Thematisierung unbekannter Einzelheiten Spekulieren (aus alt 1 plus S plus 8) 82 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts 3.3 Die zur Realisierung der Prädikationstypen herangezogenen syntaktischen Klassen und lexikalischen Inventare 3 .3 .1 Prädikationstyp: ANGABE der QUELLE Bei der ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION sind verschiedene syntaktische Klassen belegt, für die nachfolgend so ausführliche Beispielreihen gegeben werden sollen, dass das lexikalische Variantenspektrum repräsentiert wird: a) Obersatzrest mit syndetisch oder asyndetisch verbundenem Objektsatz: Aus Engeland hat man/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, S. 1) Pariser Brieff melden/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, S. 1) Allhier gehet die Rede/ als wann (Mercurii Relation 9.1.1700, S. 4) Auß dem Bremischen hat man/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, S. 4) Man hat Nachricht erhalten/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, S. 4) Von Böhmen wird berichtet/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 1) Von der Türckischen Bottschafft hat man nun die actuate Lista empfangen/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 2) Von Warschau hat man/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 2) Auff die Nachricht/ so man von Rom empfangen hat1 daß (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 4) Von Constantinopel hat man Avisen/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra- Zeitungen, S. 7) Von Florentz vernimmt man/ es hätte (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra- Zeitungen, S. 7) / man hat aber schon gestern gemeldet/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 1) Gestern liefif abermahls Zeitung ein/ als (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 2) und hat man gestern Nachricht gehabt/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 2) Von der Armee aus Italien hat man vom 10. dieses/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 3) Aus Pohlen kommt/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 3) Bey Hof ist viel Redens von einem Brief [...] worinn enthalten/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 3) hat man auch einige Post-Tage nacheinander aus Franckreich Brieffe gehabt/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 4) Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 83 Aus Brest hat man vom 10. dieses/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 1) Von Verona vemimt man/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 1) Man hat Nachricht/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 1) Von der Kayserl. Armee aus Italien hat man/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 2) Man sagt/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) A uf die Nachricht/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) brachte ein Courrir die Nachricht von Turin/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) Ein Schiff von [...] kommend/ berichtet/ das (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) Es wird als etwas sonderliches bemercket/ daß (Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 16.10.1703, S. 334) Auß dem Lager von Semblin hat man von 10. diß/ daß (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra-Zeitungen o.S. = S. 1) Von Saltzburg wird berichtet/ daß (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra- Zeitungen, o.S. = S. 4) Madritter Brief vom 26. pass, melden/ daß (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra- Zeitungen, o.S. = S. 7) Von Constantinopel verlauthet, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 3) Man bemercket, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 6) Die gestrige Zeitungen von Fontainebleau melden, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 7) Der Hoff hat Zeitung bekommen, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 7) Man sagt, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 1) So gehet die Rede auch, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 1) M anvemimbt, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 2) Man spricht, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 3) Aus Wien hat man, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 4) Aus Moskau schreibt man, wie (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 1) Aus der Ukraine hat man, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 2) Wir haben dahier Nachricht erhalten/ daß (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 2) Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Man vem im t/ daß in kurtzem Zeitungen [...] auß Franckreich erwartet werden/ wobey verlautet/ daß (Mercurii Relation, München, 2 5 .11.1730, o.S. = S. 2) Auß Moscau geben die letstem Briefe/ daß (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 4) Auß Türckey verlautet daß (Mercurii Relation, Extra-Zeitungen 25.11.1730, o.S. = S. 2) Aus dem Mecklenburgl. hat man, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 2) Worbey annoch verlautet, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 2) Denn es heißt: (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) Sonsten verlautet, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) Es heißt, (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) Hiemächst wird gesprochen, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) Von Wien wird berichtet (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 4) Aus Dreßden verlautet, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 4) ist allhier Nachricht eingelauffen, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 6) Aus Wyburg vernimmt man, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 6) Sonst verlautet, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 7) Ausser diesem aber vernimmt man, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 1) Von Straßburg verlautet, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 53) Von Constantinopel hat man Briefe, welche melden, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 55) Aus Paris werden folgende besondere Begebenheiten überschrieben: (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 56) und es verlautet daselbst, daß (Stoibergische Sammlung 6.12.1736, o.S. = S. 1) Aus Vorder-Österreich wird gemeldet, daß (Stoibergische Sammlung 6.12.1736, o.S. = S. 1) Aus Dreßden vernimmt man, daß (Stoibergische Sammlung 6.12.1736, o.S. = S. 1) Anstatt daß [...] verlautet nunmehro, daß (Stoibergische Sammlung 6.12.1736, o.S. = S. 1) unterdessen verlautet, daß (Stoibergische Sammlung 13.8.1736, o.S. = S. 1) Andere Nachrichten melden folgendes: (Stoibergische Sammlung 13.8.1736, o.S. = S. 1) Briefe aus Turin melden, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 5) Von Ofen vernimmt man daß (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 6) Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 85 Aus Genua hat man, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 6) Aus [...] ist die Nachricht eingelauffen, daß (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 339) Briefe aus Stargard vom 18ten dieses melden, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 1) Man sagt, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 2) Man hat Nachricht, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 2) Mit Briefen aus Erfurt vernimmt man, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. = S. 1) Aus Bayreuth vernimmt man, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 1) Aus [. ..] vernimmt man, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 1) ist aus [...] die Nachricht eingelauffen, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 2) Von [...] empfängt man Bericht unterm 15. Junii, daß (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 411) Seit kurzem ist eine neue Nachricht anher gekommen, welche (Bayreuther Zeitungen 1.2.1752, S. 53) Aus [...] vernimmt man, daß (BayreutherZeitungen 20.1.1753, S. 36) In den vorstehenden 82 Belegen42 fur einen Obersatzrest des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE werden fü n f Textsortenbezeichnungen verwendet: Nachricht ist darunter 13-mal belegt, B rief 6-mal und Zeitung 5-mal, Avise und Bericht nur je 1-mal. Die ganz überwiegend passivisch bzw. mit unpersönlichem Subjekt man und es konstruierten Obersatzreste lassen keine Überprüfüng der Quelle zu; sie bleiben bis auf zwei Ausnahmen anonym. In den Obersatzresten kommen zwanzig verschiedene Verben vor, unter denen drei jedoch durch ihre Häufigkeit herausragen: haben (14-mal), vernehmen (12-mal), verlauten (1 1-mal); dann folgen mit absteigender Häufigkeit melden (7-mal), berichten (4-mal), empfangen (3-mal), einlaufen (3-mal), bemerken (2-mal), erhalten (2-mal), sagen (2-mal), geht die Rede (2-mal), heißen, schreiben, sprechen, bekommen, bringen, geben, kommen, anherkommen, überschreiben (je 1-mal). 42 In zwei der 80 Belegzitate sind je zwei Obersatzreste enthalten. 8 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Die vier Lexeme, deren Häufigkeit über 10 liegt (das sind Nachricht, haben, verlauten, vernehmen), werden in 42 der 82 Belege verwendet; dabei zweimal zur Kombination von Nachricht mit haben. Selbst wenn man diese Zahlen aufgrund des relativ kleinen Korpus nicht absolut nehmen darf, scheint die These gerechtfertigt, dass das Variabilitätsspektrum der Lexeme im Obersatzrest in zwei deutliche Inventare zerfällt: erstens in ein relativ kleines Inventar sehr häufiger und im Endeffekt musterhaft wirkender Ausdrücke und zweitens in ein größeres Inventar mehr oder weniger singulärer Varianten b) Realisierung des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE mittels Adverbialsatz mit wie oder so: Den zu Regensburg neu-verbesserten Calender/ wird man/ wie verlautet/ in hiesigen [...] auch annemmen (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 5) Wie man sagt/ so wird (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 4) und wie man hernach durch Gefangene erfahren/ hätte (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 2) und wie man Nachricht bekommen/ sollen (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 2) wie verlautet/ so marchiren (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 2) Wie die Brieff von Wien melden, so (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 2) Wie aus Maltha berichtet wird, so (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 1) Wie man von Berlin vemimbt, so (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 4) Wie man von Pariß vemimt/ so (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 3) Wie auß Hanover verlautet (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 4) und so vil man von dessen Mitbringen erfahren können/ solle (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 4) so sagt man, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 2) wie schon ehermalen gemeldet worden (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) wie denn die Rede gehet, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 55) wie man saget (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 2, 3). Wie aus Neapolis berichtet wird (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 3) wie man uns berichtet (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. = S. 1) wie man vernimmt, so (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 1) Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 8 7 Wie im Fall des syntaktischen Musters a) ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ (s.o.) überwiegen beim Adverbialsatzmuster die agenslosen Konstruktionen. Auch hier bleibt also die Quelle anonym und ihre Angabe dient lediglich als Kennzeichnung, dass es sich bei der Hauptprädikation überhaupt um eine von irgendwoher übermittelte Nachricht handelt. In den 18 vorstehenden Belegen werden zwei Nomina je einmal verwendet, Nachricht und Brief, syntaktisch bedingt überwiegen aber die Verben. Von acht Verben sind verlauten, berichten, sagen und vernehmen je dreimal belegt; die übrigen zweibzw. einmal: erfahren (2-mal), melden (2-mal), bekommen (1-mal), geht die Rede (1-mal). Damit liegt eine ganz ähnliche Aufteilung des Lexeminventars vor wie oben für a) festgestellt: In deutlich mehr als der Hälfte der Belege, d.h. immer wieder, bedienen sich die Schreiber einer recht kleinen Gruppe von Lexemen, während der Rest der verwendeten Formen sich auf ein breiteres Variantenspektrum verteilt, das man sich sicherlich als prinzipiell unbegrenzt vorzustellen hat. Es fällt auf, dass die erste Gruppe, d.h. die in Adverbialsätzen des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION am häufigsten verwendeten Lexeme, sich weitestgehend mit derjenigen des Syntaxmusters a) ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ deckt. Nur das dort am allerhäufigsten verwendete haben fehlt in den Adverbialsätzen ganz (*wie man hat). Aber auch die zweite, offene Gruppe der Lexemvarianten enthält die gleichen Elemente wie die des Syntaxmusters a) und keine neuen. c) Realisierung des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE mittels eines Einfach- oder Hauptsatzes, in dem die Hauptprädikation als Nominalgruppe realisiert ist: Von Coppenhagen ist die Geburt eines Königl. Prinzen durch einen Expressen communicirt worden (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 1) Auß der Ost-See höret man von grossen Schiff-Brüchen/ (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 7) / so ertheilte derselbe die Nachricht/ von der herrlichen Victorie (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 4) die höchst-erfreuliche Nachricht [...] wegen [...] vernommen (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 4) Man spricht dermahlen nur von der Antwort, welche (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 2) wie man dann von vielen Diebstahlen höret (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 2) Man spricht viel und verschiedentlich von der langen Conferenz (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 4) 8 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts erfahret man ein mehrere Elend mit unterschiedlichen wahrhaften Nachrichten (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 1) Hier wird von [...] gesprochen; (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) Die unzeitige Nachricht von (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 4) Von dem Brande [...] hat man folgende Nachricht erhalten; (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 7) An auswärtigen Orten höret man gleichfalls von starcken Werbungen (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 2) Alle Nachrichten [...] melden von nichts, als von dem Unglücke (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 2) Sonst trägt man sich hier mit der Zeitung von einer [...] entdeckten Conspiration (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 3) Der Typ des unabhängigen Satzes tendiert in Zeitungen textstrukturell zur Spitzenstellung, d.h. zur Position als erster Satz einer Meldung. Die in ihm realisierte Komprimierung einer Prädikation, die den gesamten Nachrichteninhalt in einer Nominalgruppe zumindest umreißt, bedeutet textsortengeschichtlich, dass man es hier mit den Ansätzen des in Deutschland erst nach 1945 unter amerikanischem Einfluss gezielt durchgefuhrten so genannten Pyramidenprinzips zu tun hat, nach dem die texteinleitenden Überschriften, das sog. Lead und der allererste Textsatz, das Wesentliche der Meldung beinhalten und alle nachfolgenden Prädikationen lediglich die ausgestaltenden Einzelheiten enthalten. Der nominalisierte und komprimierte Ausdruck eines Nachrichteninhalts erfordert im Übrigen ein flexibles Inventar nominaler Handlungs- und Sprachhandlungsausdrücke. Die 14 Belege dieses syntaktischen Musters enthalten drei Textsortenbezeichnungen mit folgender Häufigkeit: Nachricht (6-mal), Antwort (1-mal), Zeitung (1-mal). Ihnen ist mittels von oder wegen ein Präpositionalattribut angeschlossen. Syntaktisch bedingt häufiger sind folgende Verben vertreten: hören (3-mal), sprechen (3-mal), kommunizieren, erteilen, vernehmen, erfahren, erhalten, melden, sich tragen (je 1-mal). Ihnen ist meist ein Präpositionalobjekt mittels von angeschlossen, das den Kern des Nachrichteninhalts ausdrückt. Nachricht weist hier eine ähnlich herausragende Häufigkeit auf wie in den anderen syntaktischen Mustern. Bei den Verben decken sich die Lexeminventargruppen der relativen Konstanz und der Varianz allerdings nicht mit jenen. Das sonst immer häufige verlauten fehlt ganz. Der Grund dafür ist möglicherweise die Valenz des Verbs auf dieser historischen Sprachstufe. Nach den Belegen des Deutschen Wörterbuchs (Bd. D er Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 89 25, Sp. 75 lf.)4344 wird es bis in die Zeit um 1800 lediglich mit einer Akkusativergänzung neben meist unpersönlicher Nominativergänzung gebraucht, z.B. bei Stieler (ebd): es verlauten schlechte Sachen von dir.M Eine Präpositionalergänzung (d a s z [. ..] n ic h t s v o n d e r th a t v e r la u te ) wird erstmals bei Schiller (ebd.) n a c h g e w ie s e n . d) Realisierung des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE mittels Präpositionaladverb: wird dem Vernehmen nach (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S.2) sie werden sich aber dem Bericht nach nicht lange aufhalten (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) Laut der Sibenbürger Brief (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 2) Laut Brieffen aus Paris (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 6) dem Verlaut nach (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 4) dem Vernehmen nach (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 2) Ordinarien Coppenhagener Brieffen zufolg (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 4) dem Verlaut nach (Mercurii Relation 25.11.1730, o.S. = S. 4) Laut der Briefe auß Stockholm (Mercurii Relation 25.11.1730, o.S. = S. 4) dem Verlaut nach (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) Laut Briefen von (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) sollen dem Bericht nach (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 7) nach den neuesten Briefen (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 54) Nach eingelauffenen Nachrichten (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 1) nach erhaltenen Briefen aus Neapolis (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 4) dem Verlaut nach (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 6) Dem Verlaut nach sollen (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 338) dem verlaute nach (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. = S. 2) dem Vernehmen nach (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 7) 43 Angesichts der generellen Beleghäufigkeit dieses Worts in Zeitungen ist die lexikografische Bemerkung: „es scheint ein im gerichtswesen beliebter ausdruck gewesen zu sein“ ( dwb Bd. 25, Sp. 751) symptomatisch für die Blindheit bzw. für das verzerrte Bild von der Sprachrealität bei der traditionellen germanistischen Sprachforschung aufgrund einer von sprachnormativen Vorentscheidungen geprägten Quellenauswahl, die Zeitungen nach Möglichkeit ausschloss. 44 von dir ist hier Präpositionalattribut zu Sachen 90 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts dem sichern Vernehmen nach (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. S) Dem Verlaut nach (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 411) Syntaktisch bedingt enthält dieses Muster keine Verben, sondern nur Nomina. Die Schreiber der 21 Belege verwenden ein Inventar von insgesamt lediglich fünf Lexemen, von denen zwei je siebenmal, das heißt in je einem Drittel aller Belege, Vorkommen: B rie f (7-mal), Verlaut (7-mal), Vernehmen (4-mal), Bericht (2-mal), Nachricht (1-mal). Auch hier scheint also die Aufteilung des Lexeminventars in eine eher konstante und eine eher variante Gruppe vorzuliegen. Wenn man beim Vergleich Wortartenwechsel zulässt, decken sich die Elemente der „konstanten“ Gruppe darüber hinaus mit denen der Konstanz-Gruppen der anderen syntaktischen Muster. Verlaut entspricht verlauten, Vernehmen entspricht vernehmen, Bericht entspricht berichten. An dieser Stelle lässt sich als Hypothese formulieren, dass aufgrund der hier punktuell sichtbar werdenden großen Rolle wortfamiliärer Zusammenhänge für die Ausbildung musterhafter Formulierungen syntaktische Vorgaben und Bedingungen weniger wichtig zu sein scheinen als der Zugriff auf ein intern unter anderem nach Wortbildungsbeziehungen und anderen ausdrucksseitigen Kriterien geordnetes Lexeminventar. Anders gesagt: Es sieht so aus, als wähle der Schreiber nicht zuerst ein passendes syntaktisches Muster aus, das anschließend lexikalisch gefüllt wird, sondern als lege er zuerst die lexikalische Realisierung fest - wobei er entweder semantisch-pragmatisch unmarkierte Standardwörter wählt oder bei Bedarf markierte, nuancierende Varianten, und weise ihnen dann eine von wenigen, textsortenspezifisch bedingten syntaktischen Positionen zu - die gleichzeitig die gesamte Konstruktion festlegt. Beim Zuweisen dieser Position spielten dann bestimmte Präpositionen wie zufolge, gemäß oder auch die Kombination mit anderen inventarisierten Lexemen, etwa Nachricht kombiniert mit haben oder Briefe mit melden, eine initialisierende Rolle. Eine solche Hypothese würde sich mit den neueren kognitivistischen Wortschatztheorien gut vertragen. Aitchinson (1997) vergleicht verschiedene Modelle der kognitiven Prozesse, die bei der Wortwahl ablaufen, und kommt zu dem Schluss: „Sehr gebräuchliche Wörter werden relativ leicht ausgelöst, wohingegen ungebräuchliche schwerer zu aktivieren sind. Obgleich die genauen Einzelheiten noch unklar sind, muß man möglicherweise von irgendeinem Mechanismus dieser Art ausgehen“ (ebd., S. 269f.). Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 91 3 .3 .2 Prädikationstyp: CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation ALS MEINUNG Aufgrund der geringeren Belegung dieses und der weiteren Prädikationstypen kann auf eine ebenso detaillierte syntaktische Klassifizierung, wie sie oben (unter 3.3.1) für den zentralen Prädikationstyp ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION von a) bis d) vorgenommen wurde, verzichtet werden. Die nachfolgenden 33 Belegstellen weisen 31-mal das zentrale syntaktische Muster ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ auf, je einmal einen Hauptsatz mit nominal komprimierter Hauptprädikation und einen typischen Adverbialsatz. Die Mengenverhältnisse zwischen diesen drei am häufigsten realisierten syntaktischen Mustern bleiben gegenüber dem zuvor behandelten Prädikationstyp unverändert bzw. sind eher noch ausgeprägter. Da ein Obersatzrest zwei Prädikate haben oder eine Belegstelle mehr als einen komplexen Satz umfassen kann, ergeben sich insgesamt nicht nur 33, sondern 40 zu beachtende Verbalausdrücke: Dahero man vermeynet/ daß [...] Man hat zwar vermuthet/ es würde [...] so wird dannoch vernommen/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, S. 3) dahero man an einem guten Vergleich [...] nicht zweiffelt/ vnnd hoffet/ daß (Mercurii Relation 9.1.1700, S. 4) / also daß man sich sehr verwundert/ wie (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra- Zeitungen, S. 1) / man glaubt aber/ das es (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 7) Diesem allen aber ohngeacht/ reflectiren die meisten dahin/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 2) / und hält man davor/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 4) und hat man Hoffnung/ daß die 12000. Mann in Zeit von 6. Wochen complet seyn werden. (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) Hingegen klagen die Brieffe aus Bordeaux [...] daß (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 6) Brieffe von Bajonna vom 9ten dieses bemercken nicht, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 7) daher man hoffet, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 1) Man zweiffelt nicht, es habe (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 3) und glaubet man auch, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 1) so zweiffelt man/ daß einige Hoffnung zu Treffung eines baldigen Vergleichs [...] vorhanden seye (Mercurii Relaüon, Extra-Zeitungen 25.11.1730, o.S. = S. 4) und zweiffelt man/ daß er [...] eine so grosse Hoffnung bald Cardinal zu werden/ haben könne/ als er [...] gehabt hatte (Mercurii Relation, Extra-Zeitungen 25.11.1730, o.S. = S. 6) weßwegen man glaubt, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 1) 92 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts Einige wollen glauben, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 2) w eiln geglaubt wird, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 4) so zweiffelt man hier an einem allgemeinen Frieden in geringsten mehr (Berlinische privilegiite Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 2) so w ill man doch nicht hoffen, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 54) Diejenigen, w elche Ober [...] ihre Betrachtungen anstellen, sagen, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 55) denn man hält davor, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 55) Aus verschiedenen Umständen w ill geurtheilet werden, daß (Stoibergische Sammlung 13.8.1736, o.S. = S. 1) Andere sind der Meynung daß [...] noch andere aber glauben daß (Stoibergische Sammlung 6.12.1736, o.S. = S. 1) D ie meisten glauben (Stolbeigische Sammlung 13.8.1736, o.S. = S. 1) Man glaubt allhier daß (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 338) Ihre Ankunft verursacht durchgängig ein grosses Nachsinnen, indem einige meynen, daß [...] andere aber, und zwar die Klügsten versichern, daß (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 339) Man glaubt daß (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 340) man meynt, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 2) wie man glaubt (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. = S. 1) so wenig Hoffnung hat man (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 2) Deßwegen hofft man [...] nun besorgte man (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 3) und wir glauben (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 411) D ie Frantzösische Hoffnung hat sich ohnlängst in einem aus Paris datirten Schreiben also herausgelassen: (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 413) Das syntaktische Muster, mittels dessen dieser Prädikationstyp ganz überwiegend realisiert wird, ist dasselbe wie im Falle des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE (3.3.1). Anstelle der Verba dicendi treten allerdings Verba sentiendi und in zwei Fällen Funktionsverbgefuge mit einem Verbalsubstantiv auf, die die Funktion der Charakterisierung als Meinung erfüllen. Die folgende, nach Häufigkeit sortierte Liste bildet insofern ein Paradigma, das den allmählichen Wechsel vom Verbum dicendi zum Verbum sentiendi anschaulich macht. Es liegt nahe, dass dieser Wechsel auch qualitativ als Polysemierung eines einzelnen Verbs stattfinden kann. Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 93 Verba sentiendi: glauben (11-mal), zweifeln (5-mal), hoffen (4-mal), Hoffnung haben (3-mal), dafürhalten (2-mal), meinen (2-mal), Hoffnung herauslassen, der Meinung sein, vermeinen, sagen, klagen, vermuten, verwundern, reflektieren, bemerken, Betrachtungen anstellen, urteilen, versichern, besorgen (je 1-mal). Das lexikalische Spektrum ist insgesamt größer als bei anderen Prädikationstypen: 19 unterschiedliche unter 40 belegten Verben. Die Bezugnahme auf die Quelle als den die Meinung äußernden Sprecher ist immer noch relativ vage, aber die Präzisierung nimmt insofern zu, als deutlich weniger agenslose Konstruktionen und mehr Personalpronomina und Textsortenbezeichnungen in Agensposition Vorkommen, die teilweise auch lokal und temporal spezifiziert werden (z.B. Brieffe aus Paris vom ...). Die Charakterisierung als Meinung fällt also recht differenziert aus, denn auch die mit der Meinung verbundene Bewertung eines berichteten Ereignisses wird oft im Verb mit ausgedrückt. Aber das Inventar weist wiederum deutliche Häufigkeitsschwerpunkte auf; sechs der neunzehn vorkommenden Verben sind mehr als einmal belegt und decken insgesamt 27, mehr als die Hälfte also, von 40 belegten Verben ab. Das Inventar ist damit wiederum zweigeteilt in eine relativ kleine, konstante Gruppe und in eine größere variante Gruppe Wenige, häufig verwendete Verben können auch in diesem Fall als Indikator flir Standardisierung und Musterhaftigkeit gedeutet werden. Als paradigmatisches Formulierungsmuster kann gelten: M an glaubt, dass [...] bzw. Man zweifelt nicht, dass [...]. 3 .3 .3 Prädikationstyp : BEWERTUNG der Hauptprädikation Zu den journalistischen Sprachhandlungen der Epoche vor Aufklärung und Französischer Revolution gehören Kommentieren und Bewerten bekanntermaßen noch nicht. Der Wechsel vom so genannten rein berichtenden zum auch kommentierenden Journalismus in Form einer Ausdifferenzierung in Textsorten vollzog sich erst um 1830 (s. 1.7.1). Dieser anerkannte zeitungsgeschichtliche Grundsatz bezieht sich offensichtlich auf die Einführung besonderer Textsorten wie des Leitartikels. Es ist hingegen unbestritten, dass schon vor der Änderung des journalistischen Textsortensystems bewertende und kommentierende Äußerungen innerhalb berichtender Texte Vorkommen (vgl. Fritz/ Straßner 1996, S. 54ff, S. 152f). Ohne die Entwicklung solcher Ausdrucksmöglichkeiten auf lexikalischer und syntaktischer Ebene wäre die Herausbildung neuer Textsorten wohl gar nicht möglich. Zumindest lieferte das lexikalische und syntaktische Inventar zum Ausdruck von Bewertungen die Grundlage für die Ausgestaltung der künftigen Textsorte. 94 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts Es kann also nicht verwundern, dass der Prädikationstyp BEWERTUNG einer Hauptprädikation in Zeitungsnachrichten vor 1770 sehr selten belegt ist. Bei einer entsprechenden Klassifizierung der Belege wird allerdings eine recht explizite Form der Bewertung vorausgesetzt, die auch aus größerer zeitlicher Distanz noch zweifelsfrei als solche erkennbar ist; subtilere Formen hat es darüber hinaus sicherlich gegeben, aber deren Identifizierung wäre jeweils auf sehr detaillierte allgemein- und sprachhistorische Kompetenz angewiesen. Außerdem scheint eine sehr subtile und einzelfallbezogene Form der Bewertung mit einer Tendenz zur Standardisierung ihres Ausdrucks kaum vereinbar. Die folgenden Belege für die Nebenprädikation des BEWERTENS folgen alle dem syntaktischen Muster ‘Obersatzrest mit Objektsatz’: Lächerlich ist sonsten/ daß (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 3) Es ist unbeschreiblich, wie noch immer betrübte Nachrichten aus unserm Königreiche wegen der Theurung einlauffen (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 6) Als nemlich [...] die betrübte Zeitung einlieffe/ daß (Mercurii Relation, 25.11.1730, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 2) hat ein [...] Expresser die betrübte Nachricht aus Coppenhagen mitgebracht (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 8) Die Prädikation des BEWERTENS wird von Adjektiven als Prädikatsteil oder öfter als Attribut zum Nomen realisiert. Die Attribuierung erlaubt dem Schreiber die kaum komplexitätserhöhende Einbettung in eine weitere Nebenprädikation, und zwar offensichtlich vor allem in die der ANGABE DER q u e ll e einer Information (3.3.1). In vier Belegstellen werden fünf wertende Adjektive verwendet, darunter dreimal betrübt. Die Nomina, mit denen betrübt kombiniert wird, gehören dem gleichen standardisierten Lexemparadigma an, das sich auch bei anderen Prädikationstypen fand: Zeitungen und Nachricht. Die im Prädikatsteil verwendeten Adjektive scheinen die variante Gruppe des Inventars zu bilden. 3 .3 .4 Prädikationstyp: KENNZEICHNUNG einer Textbzw. Redewiedergabe Das Variantenspektrum zum Ausdruck der Prädikation KENNZEICHNUNG einer Textbzw. Redewiedergabe ist syntaktisch wie lexikalisch sehr viel breiter als im 17. Jahrhundert. Eine Beschränkung auf bestimmte syntaktische Konstruktionen lässt sich nicht feststellen: Daß er [...] ist aus folgender von beederseits Commissarien auffgerichteten D eclaration zu ersehen: (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 2) vnd hat sich derselbe verlauten lassen/ wofehra (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 7) Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 95 Als neulich [...] Jh. Päbstl. Heiligkeit die Dominicaner Kirche zu besuchen gieng/ und auff dem Wege durch das Collegium Romanum passirte/ wartete die darinnen studirende Jugend derselben mit folgendem Epigrammate auff: [...] Diese Verse waren auff groß Regal Papier gedruckt/ und wurden also dem Pabste präsentiret. (Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 20.9 1701, S. 297) In diesem Habit näherte er sich dem in der Kirche seyenden Priester/ und fragte denselben/ ob er ihn nicht kennete? Als dieser mit nein antwortete/ zeigt ihm der verstellte Bettler [...] und machte sich dadurch käntlich/ mit dem Zusatz: Er habe ein groß Unglück gehabt [...] bäte/ er möchte ihn in diesem heiligen Orte lassen (Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 20.9.1701, S. 298) die ihm von [...] gehaltene Lateinische Leich-Rede durch den Druck gemein geworden/ aus welcher von seinem Leben folgendes: (Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 20.9.1701, S. 301) und bestehet der darüber auffgerichtete Revers in folgenden Puncten: (Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 19.12.1702, S. 402) Extract eines zu Regensburg am 16ten Februarii geschriebenen Briefes, welchen der Baron von [...] erhalten hat. (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, 3.3.1742, o.S. = S. 2) ist ein Königlich Rescript [...] eingelauffen, dessen Inhalt folgender: (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 3) Indessen wurde [...] nachfolgende Declaration durch [...] gethan: (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 7) Man hat eine Ordonnance, oder Regelment des Kriegs-Raths publicirt, vermög (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 3) redeten Ihro Majestät selbige also an: Ich [...] Mein Cantzier wird euch das Überige vermelden: Dieser nähme hierauff das Wort und sagte: (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 3) und zugleich zu verbieten/ daß niemand [...] sich der [...] Stadt nähern solte (Mercurii Relation, 25.11.1730, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 6) Es ist eine Königliche Ordre [...] dahin publiciret worden [...] eine gewisse Quantität Korn [...] zu lifem (Mercurii Relation, 25.11.1730, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 7) Es ist der Befehl ertheilet worden [...] zu bezahlen (Mercurii Relation, 25.11.1730, Extra-Zeitungen o.S. = S. 7) Allhier gehet eine Schrifft [...] herum, welche den Tittul führet: (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 7) hat der Graf [...] geantwortet: es sey (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 338) ein Schreiben [...] übersandt, in welchem er [...] erzählet, was man [...] vernommen, hernach aber hinzu füget, daß [...] eine nähere Erklärung von ihm verlangt [...] worauf [...] eine positive Antwort erwarte [...] welcher solches mündlich [...] bezeugen solte (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 339) eine Piece unter dem Titul [...] unter der Hand communiciren lassen (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 340) 96 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Die Protestationen [..] gründen sich hauptsächlich auf 5. Puncte: (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 2) In verschiedenen [...] Unterredungen hat er sich verlauten lassen: (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 3) hat der Kayser [...] zur Antwort ertheilet: (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 411) ist eine gedruckte Piece bekandt worden: „[...]“ Es wird hierinne gantz gründlich [...] erläutert (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 412f.) Ein Brief des [...] kan hier die beste Wahrheit sagen: (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 415) Man siehet sich nunmehr im Stande dem Publico von dem [...] zugetragenen Handel beygehende Erzehlung mitzutheilen: (Bayreuther Zeitungen 1.2.1752, S. 53) wie man aus folgendem Memorial ersehen kan (Bayreuther Zeitungen 1.2.1752, S. 53) Sonsten circuliret dermalen das Königlich-Preußische Schreiben (Bayreuther Zeitungen 20.1.1753, S. 33) In den 26 vorstehenden Belegstellen finden sich 22 verschiedene nominale Textsortenbezeichnungen und siebzehn verschiedene Verba dicendi. Sechs der Nomina und drei der Verben sind je zweimal belegt: Antwort (2-mal), B rie f (2-mal), Declaration (2-mal), Epigramma, Erklärung, Erzählung, Extract, Leich-Rede, M emorial, Ordonnance, Ordre, Protestation, Piece (2-mal), Regelment, Rescript, Revers, Schreiben (2mal), Schrift, Titul (2-mal), Unterredung, Vers, Zusatz. antworten (2-mal), sagen (2-mal), verlauten (2-mal), anreden, bitten, Befe h l erteilen, bezeugen, erläutern, erzählen, fragen, hinzufugen, mitteilen, verlangen, verbieten, vermelden, vernehmen, das Wort nehmen. Während bei den hier vertretenen Nomina keine Übereinstimmung mit Nomina bei anderen Prädikationstypen vorliegt, decken sich wenigstens zwei der mehrfach belegten Verben, sagen und verlauten, mit den auch bei den übrigen Prädikationstypen am häufigsten verwendeten Verben. Von standardisierten Formulierungen kann beim Prädikationstyp REDEWIEDERGABE aber nicht die Rede sein Das liegt nicht zuletzt an der noch nicht normierten Interpunktion; wo Doppelpunkt und einschließende Anführungszeichen direkte Rede nicht regelhaft kennzeichnen, greifen Schreiber zu lexikalischen Kennzeichnungen. Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 97 3 .3 .5 Prädikationstyp : VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN oder RELATIVIEREN Diese Prädikation hat gegenüber dem 17. Jahrhundert an Häufigkeit enorm zugenommen. Die insgesamt 87 Belegstellen werden nachfolgend in syntaktische Klassen unterteilt. 53-mal wird die Prädikation in einem Obersatzrest mit Objektsatz ausgedrückt, 15-mal in einem Obersatz zu Attributsatz, 6-mal mittels Adverbialsatz, 5-mal mittels Präpositional- und sonstiger Adverbien und in 12 Belegstellen wird das Einordnen der Glaubwürdigkeit einer Meldung zur Hauptprädikation irgendeines Satzes (s.u. „Sonstiges“). a) Realisierung des Prädikationstyps mittels ‘Obersatzrest mit Objektsatz’: Man wil hier versichern/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 3) Man wil confirmiren/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 4) so wird zwar auch bestätüget/ daß [. ..] dato weiß man aber nicht wo es seyd (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 2) Jetzund wird vor gewiß berichtet/ daß allein bis dato ist noch nichts darauf erfolget (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 3) ist aber noch nicht confirmirt und glaubt man/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) weil man hier versichern w ill/ daß (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) nach welcher das Gerücht gieng/ daß (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra- Zeitungen, o.S. = S. 3) Die Brieffe aus Pohlen versichern beständig, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 6) Es will verlauten, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 4) Indessen ist man noch nicht gar gewiß, ob der Krieg ausbrechen werde (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 4) sintemahl kein Zweiffel ist, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 4) Die aus Corsica einlauffende Nachrichten sind gar unterschieden, und wollen einige, daß [...] Andere hingegen behaupten (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 1) Indessen aber will verlauten, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 3) Man will versicheren/ daß (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 3) Wir haben durch einen Expressen auß Spanien die Confirmation/ daß (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 3) Man hält gewiß dafür/ daß (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 3) Man will vor gewiß sagen daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 2) Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Man will es vor etwas gewisses ausbreiten, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) Sonsten will man den Leuten allhier vorschwatzen, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) und will man versichern, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) Daß [...] wird confirmiret; auch sollen (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) und gründet man sich darauf daß (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 4) Es ist zwar gewiß/ daß (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 4) Man hat die versicherte Nachricht erhalten/ daß (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 3) Es wird vor etwas gantz gewisses gehalten, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 53) Im übrigen will man versichern (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 53) Man vernimmt von guter Hand, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 54) so wird vermuthet, daß (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 55) woraus man schliesset, daß [...] zumahlen da man höret, daß (Stoibergische Sammlung 6.12.1736, o.S. = S. 1) Es ist nicht an dem, daß [...] so gewiß auch beydes von allen Orten berichtet werden wollen. Gantz gewiß ists daß (Stoibergische Sammlung 6.12.1736, o.S. = S. 1) Von Wien will verlauten, daß (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 337) Es wird confirmirt daß (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 338) Es hat sich zwar ein Gerüchte ausgebreitet, daß [...] die Admiralität aber weiß gewiß, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 2) Man will wissen, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 2) Man hat gegenwärtig sichere Nachricht erhalten, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 3) Man versichert, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. = S. 1) und man versichert, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. =S. 3) Man vermuthet (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 1) es wird bestätiget, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 2) Man weiß nunmehro besser, daß (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 415) daß man nicht zweifelt (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 6) Der Zeitabschnitt von ca 1700 bis 1770 9 9 man behauptet (BayreutherZeitungen 4.1.1752, S. 7) ohne daß man im übrigen versichern kan, in wie weit dieses gegründet ist (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 7) Alle nachrichten aus Schweden versichern einmüthiglich (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 8) Man versichert (Bayreuther Zeitungen 26.12.1752, S. 617) Man sagt sogar (Bayreuther Zeitungen 26.12.1752, S. 617) Man behauptet auch, daß (Bayreuther Zeitungen 26.12.1752, S. 617) Man versichert daß (Bayreuther Zeitungen 20.1.1753, S. 34) Es will allhier verlauten, daß (Bayreuther Zeitungen 20.1.1753, S. 36) b) Realisierung des Prädikationstyps mittels ‘Obersatzrest mit Attributsatz’ Auf erhaltene Gewißheit/ daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 2) Das Gerücht, als ob [...] verschwindet gänzlich (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 7) Es gehet ein Gerücht, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 4) Dieser Tagen hatte es das Ansehen, als ob (Europäische Zeitung, Hanau 19.5.1730, o.S. = S. 1) Das Gerücht hat sich falsch befunden, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S .4 ) Es breitet sich ein Gerüchte aus/ daß [...] welches aber noch der confirmation bedarff; indessen hoffet man (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 2) Das seit einiger Zeit entstandene Gerüchte/ als (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S .4 ) Von Königsberg soll bey Hofe ein Expresser mit der Nachricht angelanget seyn; daß (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 3) Das Gerücht als ob [...] ist ohne Grund. (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 3) Das [...] Gerüchte als ob [...] ist falsch (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 7) Das Gerüchte, als ob [...] beginnet zu verschwinden (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 54) ein neues hemmgehendes Gerüchte, daß (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S .4 ) sind ein und andere falsche Relationes ins Publicum eingeschlichen, worunter vomemlich irrig war, daß (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 415) Es hat das Ansehen (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 6) Es hat sogar das Ansehen, als (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 7) 1 0 0 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts c) Realisierung des Prädikationstyps mittels Adverbialsatz: Wie sichere Nachrichten aus Wien melden, so (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 6) Wie man versichert (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 2) wie zwar hin und wieder fälschlich von einigen Widrigkeiten ausgesprenget worden (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 7) wie man versichert (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. = S. 2) Wie glaubwürdige Nachrichten versichert haben (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 415) wie man glaubt (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 5) d) Realisierung des Prädikationstyps mittels Präpositional- und anderer Adverbien: Es ist aber sicherer Nachricht nach/ falsch und ohne Grund/ (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) allem Ansehen nach aber dürffte sich (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, O.S. = S. 4) allem Ansehen nach (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 54) vermuthlich (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 2) Allem Vermuthen nach (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 3) e) Realisierung des Prädikationstyps mittels sonstiger syntaktischer Formen: Alle Uberläuffer/ Gefangene und andere Nachrichten bestättigen deß Feindes grossen Abgang der Fourage: (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 1) Das [. ..] ist mehr als zu gewiß, und hat man aus Bagdat oder Babylon folgende Umstände von der Sache erfahren: (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 4) so w ill man nicht mehr an einem Krieg mit den Türcken zweiffeln (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 6) Dasjenige, was bis anher von [...] geredet worden ist alles ohne Grund gewesen, da [...] A uf gleiche Art dürffte es mit dem zu Versailles und hier herumgehenden Gerüchte von [...] beschaffen seyn. (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 3) allein, man will solches noch nicht gantz gewiß glauben (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 4) ob gleich alle öffentliche Nachrichten davon geredet (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 55) Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 101 daß dieses von einigen Ubelgesinneten zum Nachteil der Spanier ausgestreuete Gerücht ganz ohne Grund sey (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 4) Die Nachrichten so wegen (...) einlauffen, wiedersprechen einander noch immerfort und nach den letzten Briefen von Genua hat man daselbst Kundschafft haben wollen, daß (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 338) Zeitung [...] welche aber einer Bestätigung bedarf. (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 3) Wer weiß, obs wahr ist? (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 413) und diese Erzehlung ist eben die erste nicht, die man dem Publico aufgehefftet, ob sie gleich keinen Grund gehabt (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 415) D ie hohe Schwangerschaft [...] wird nunmehro bestättiget (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 7) Die Verben, die das wiederum größte und damit zentrale syntaktische Muster a) ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ beherrschen, zeigen ein breites Variantenspektrum, in dem eine kleine Gruppe von Lexemen häufig belegt ist, dieser Kern wird insgesamt in etwa der Hälfte der Belegstellen verwendet. Nur diese zur Musterhaftigkeit tendierenden Lexeme seien nachfolgend in ihren Wortfamilien zusammengestellt. Alle Verben werden bei diesem Prädikationstyp sehr oft mittels wollen bzw. sollen modalisiert. versichern (1 1-mal) versichern beständig (1-mal) versicherte Nachricht erhalten (1-mal) sichere Nachricht erhalten (1-mal) conßrmieren (4-mal) Confirm ation haben (1-mal) verlauten (4-mal) wissen (1-mal) besser wissen (1-mal) gewiß wissen (1-mal) es ist gewiß ( 1-mal) fü r gewiß berichten (1-mal) fü r gewiß sagen (1-mal) fü r etwas gewisses halten ( 1-mal) 102 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts fü r etwas gewisses ausbreiten (1-mal) gewiß dafürhalten (1-mal) gar gewiß sein (1-mal) ganz gewiß sein (1-mal) behaupten (3-mal) In der syntaktischen Klasse b) ‘Obersatzrest mit Attributsatz’ ist die lexikalische Realisierung der Korrelate auf Wiederholungen zu prüfen. Hier ragt Gerücht mit 9-maliger Verwendung heraus; aber auch Ansehen ist mit dreimaliger Verwendung in 15 Belegstellen noch standardisierungsverdächtig. Bei der Realisierung der Prädikation mittels Adverbialsatz e) ragt der zweimal invariant verwendete Gliedsatz wie man versichert heraus; als Variante dessen kann gelten Wie glaubwürdige Nachrichten versichert haben, das wiederum variiert wird in Wie sichere Nachrichten melden. Der adverbiale Ausdruck der Prädikation d) scheint sich einerseits an die Formulierungen des Attributsatzes (gemeinsames Lexem Ansehen), andererseits an die des Adverbialsatzes (gemeinsame Lexeme sicher plus Nachricht) anzulehnen. Das in a) ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ nur zweimal verwendete vermuthen scheint adverbialisiert (vermuthlich, allem Vermuthen nach) relativ produktiver zu werden. In den syntaktisch frei formulierten Belegstellen e) bedienen sich die Schreiber insgesamt des gleichen lexikalischen Inventars wie in den bevorzugten syntaktischen Klassen. Standardisierungsverdächtige Kombinationen sind aber nicht zu finden. Die Bezugnahmen auf die Quellen sind wiederum fast ganz anonymisiert. Aber die Formulierungen lassen die Existenz unterschiedlicher Stimmen und damit Ansätze einer öffentlichen und von der Presse getragenen Diskussion sichtbar werden, z.B. alle öffentliche Nachrichten (1736). 3.3.6 Prädikationstyp: Anaphorische Kohärenzstiftung Diese Prädikation wird von einer Verbalphrase oder - seltener - von einer Nominalphrase unabhängig von einem bestimmten syntaktischen Muster mit ausgedrückt. D ie Frantzosen kauffen hiesiger Landen noch immer vil Pferde [...] auff (Mercurii Relation, München, 9.1.1700, o.S. = S. 2) continuiren die Kriegs-Präparatorien noch immerhin/ (Mercurii Relation, München, 9.1.1700, S. 4) Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 103 hochgedachtes Printzen Proceß [...] stehet noch so hin/ (Mercurii Relation 9.1.1700, Extra-Zeitungen, S. 7) Bey denen Königlichen continuieren die Kriegs=Präparatorien noch immerhin/ indem (Mercurii Relation, München 9.1.1701, o.S. = S. 4) Er continuiret sonsten noch immer [...] vnd bestätigen auch sofortan alle Gefangene [ ...] / daß (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 1) Allhier siehet es mit dem Vertrag in Littauen dunckel aus [...] die Littauische Streitigkeit (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 2) Bede Armeen stehen noch im vorigen Lager (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 2) Der vor einiger Zeit erwehnte [...] Graff (Europäische Zeitung, Hanau 14.2.1730, o.S. = S. 3f.) Man hat nunmehr heraus gebracht, wer der Abbé sey, den man letzthin allhier ermordet gefunden (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 56) Die Spanischen Streitigkeiten mit dem Römischen Hofe stehen noch auf dem alten Fusse (Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737, o.S. = S. 4) Von den beyden Gesandten [...] derer schon im vorigen gedacht worden (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 339) die 3 Chineser [. ..] von welchen schon ehermalen Meldung geschehen (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 339) Die Lustbarkeiten werden noch immer bey Hofe [...] fortgesetzet (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741, o.S. = S. 1) diese schon mehrmahlen verlautete Zeitung (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 414) die Ostfriesische Sache betreffend (Bayreuther Zeitungen 20.1.1753, S. 33) In erster Linie erfüllen Adverbien und Adjektive die prädikative Funktion. In der Verbalphrase kann das Verb das rückverweisende Adverb in seiner Funktion unterstützen. noch noch immer noch immerhin noch so hin Diese Adverbien können beliebig mit den Verben stehen und continuieren kombiniert werden, z.B.: noch a u f dem alten Fusse stehen die Kriegs-Präparatorien continuieren noch immerhin er continuiret sonsten noch immer 104 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Unter den Nominaladjektiven hochgedacht, im vorigen gedacht, vor einiger Zeit erwehnt, schon mehrmalen verlautet findet sich wieder das in den Realisierungen verschiedener Prädikationstypen belegte verlautet. Von den im Zeitungsjahrgang 1609 so auffallend häufig verwendeten Sache, Wesen, Terminis in Verbindung mit dem Verb stehen sind - wenn die Quellenbasis nicht täuscht - kaum noch Reste übrig geblieben, nämlich O stfriesische Sache und Littauische Streitigkeit. Ob diese lexikalische Tradition aber tatsächlich abgebrochen ist, ließe sich erst durch Untersuchung kontinuierlicher Themenberichterstattung, d.h. auf der Grundlage eines ganz anders zusammengesetzten Korpus, feststellen. 3.3.7 Prädikationstyp : Kataphorische Kohärenzstiftung und THEMATISIERUNG der informatorischen LEERSTELLEN Die syntaktischen Formen variieren hier so stark, dass eine diesbezügliche Klassifizierung nicht angebracht ist. Als möglicher Grund kommt infrage, dass der satzwertige Ausdruck der Prädikation im 17. Jahrhundert textschließende Funktion besaß, dass diese Strukturierungsfunktion im 18. Jahrhundert aber durch andere Mittel erreicht wird, vor allem durch ein doppeltes Spatium zwischen verschiedenen Meldungstexten und zunehmend auch durch Absatzeinrichtung. Auch das Variationsspektrum auf der Wortschatzebene ist sehr viel breiter als im 17. Jahrhundert: Verwichner Tagen ist vom Kayserl. Abgesandten im Haag [...] ein Abgesandter hier angelangt dessen Mitbringen bleibt noch secreürt/ (Frankfurter Journal 8 11.1701, o.S. = S. 3) allein bis dato ist noch nichts darauf erfolget (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 4) wovon man in kurtzem den Auschlag erwartet. (Frankfurter Journal 8.11.1701, o.S. = S. 4) auch 2 Piemontesische Courriers mit brieffe ertappet/ in welchem aber nichts gefunden worden/ was sonderlicher Consequentz wäre anbey hat man confirmirt die Abreiß [...] unwissend warum; auch seynd wiederum über 15 Uberlauffer kommen/ so nichts neues zu berichten wußten (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 2) was ihnen dieser Allarm verursachet/ weiß man biß dato nicht (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 2) wovon morgen die Particularia zu vernehmen scyn werden (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 2) ob aber wegen eingefallenen Regen der Aufbruch geschehen wird/ lehret die Zeit (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 3) Wie bald selbe aufbrechen werden/ und wohin sie weiter gehen werden/ ist noch nicht zu melden (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 3) Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 105 wie solches nun wird beygeleget werden/ stehet zu erwarten (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) An den König von Schweden hat er sich zwar erboten/ zu schreiben/ in was für Terminis aber hat er eigentlich nicht declarirt (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 4) ob sie nun seiner erwarten werden/ wird die Zeit lehren. (Mercurii Relation 25.9.1717, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 6) das Resultat aber ist noch geheim (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 2) GOtt gebe, daß das Unglück ein End nehme. Künffiig wird ein mehrere hievon zu berichten seyn. (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 3) ohne aber daß man etwas von deren Mitbringen vemiembt. (Europäische Zeitung, Hanau, 14.2.1730, o.S. = S. 3) Man kan den Inhalt der von gedachtem Courier überbrachten Depeches noch nicht erfahren (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 3) ein Courier [...], dessen mitgebrachte Depechen aber noch unbekandt seyn (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 3) wovon dann künffiig [...] ein mehrere zu vernehmen seyn wird (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 3) man ist nun sehr begierig zu vernehmen/ was das Geheimnuß von diesen Commissionen seyn möge (Mercurii Relation, München, 25.11.1730, o.S. = S. 3) so wird sich zeigen/ ob dise Cron ihnen solchen verstauen wird. (Mercurii Relation, 25.11.1730, o.S. = S. 4) worvon nun der weitere Erfolg zu erwarten stehet (Mercurii Relation, 25.11.1730, Extra-Zeitungen o.S. = S. 2) Man kan nicht in Erfahrung bringen/ was die vile geheime Conferentzen betreffen/ welche (Mercurii Relation, 25.11.1730, Extra-Zeitungen, o.S. = S. 5) Doch alles dieses was jetzo gemeldet, ist noch immer der Veränderung unterworfFen (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) doch weiß man noch keine sichern Umstände davon (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 3) wovon man umständlichere Nachricht noch gewärtig ist (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 3) worauf aber von Seiten des Kayserl. Hofes noch keine Antwort erfolget. (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 7) Ob dieser Umstand [...] seine völlige Richtigkeit habe, wird man femerweit vernehmen (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 338) Man wird leicht sehen, daß [...] den Endzweck hat (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 3) Man erwartet mit Ungeduld, wie die Antwort Sr, Heiligkeit ausfallen wird (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. = S. 2) 106 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Das Geheimnis ist am päpstlichen Hofe so groß, daß man das Kunststück noch nicht ergründen kann, dessen man sich in der Acte [. ..] bedienet hat (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741, o.S. = S. 2) Man weiß noch nicht, welchen Tag die Crönung der Kayserin geschehen dürffie (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 2) Und wer weiß, worzu die 40000. Mann Preussen mögen destinirt seyn? (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 412) Man wünscht, daß diese schon mehrmalen verlautete Zeitung einmahl wahr werden dörffie (Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744, S. 414) Es äussert sich dermalen ein erstaunender Mangel an Neuigkeiten allhier (Bayreuther Zeitungen 26.12.1752, S. 617) wird zwar hier hin und wieder verschiedentlich vieles gesprochen, weshalb aber sich künftig erst das gewisse zeigen muß (Bayreuther Zeitungen 20.1.1753, S. 34) Die Tendenz zur Wiederholung und damit eventuell zur Musterhaftigkeit lässt sich bei vorstehenden Belegstellen im Zusammenhang mit einigen wenigen Lexemen und Ausdrucksformen der Zukünftigkeit beobachten: lehrt die Zeit w ird die Z eit lehren Dieses Formulierungsmuster war schon im 17. Jahrhundert etabliert. Neu hinzu kommen erwarten und sich zeigen, in kurzem erwarten steht zu erwarten zu erwarten steht wird sich zeigen m uß sich künftig zeigen 3.3.8 Prädikationstyp: Über vergangene und zukünftige Ereignisse SPEKULIEREN Die Vermischung von vor 1700 etablierten Prädikationstypen (ANGABE der QUELLE, VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN und THEMATISIE- RUNG unbekannter Einzelheiten, s.o. 2 . 2 ) zum neuen Typ des SPEKULIERENS geschieht ausdrucksseitig durch Integration bedeutungsnaher, allerdings nicht bedeutungsgleicher Lexeme in das für den Prädikationstyp ANGABE d e r QUELLE tradierte zentrale syntaktische Muster ‘Obersatzrest mit Objektsatz’. Die Verwendung des Modalverbs sollen zum Ausdruck der Möglichkeit nimmt folglich zu, ferner das Futur: Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 107 Von der Königl. Schwedis. Armee lauffen hier noch allerhand Gerüchte/ und machen sich viele besorgliche Gedancken von ihrem Vorhaben/ man kan noch nicht recht absehen/ w o sie hingedencket/ zum wenigsten gehet dero March nicht mehr so grade auf Memel zu/ als man ausgesprengt/ unterdessen w ill verlauten (Frankfurter Journal 27.9.1701, o.S. = S. 3) und scheinet es, daß man es deßwegen auf das äußerste ankommen lassen will: welches auch daher desto glaublicher gemacht wird, weil (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 2) Man hat hier niemahls so öfltere Expressen zwischen Hanover und London paßiren sehen, als gegenwärtig, woraus denn zu präsumiren, daß wichtige Conseils auf dem Tapet seyn müssen (Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725, o.S. = S. 5f.) so hörete man doch noch nicht, daß (Europäische Zeitung, Hanau, 19.5.1730, o.S. = S. 2) wie das Gericht gehet/ so solte er wichtige Sachen mitgebracht haben. Es prätendiren auch einige zu glauben/ daß (Mercurii Relation, 25.11.1730, Extra- Zeitungen, o.S. = S. 1) Man ist dahier nicht ohne Furcht/ daß ein unvermutheter Vorfall wol eine Uneinigkeit [...] verursachen dörffte. (Mercurii Relation, 25.11.1730, Extra- Zeitungen, o.S. = S. 7) so daß an einem baldigen gefährlichen Aufstande fast nicht mehr gezweiffelt wird (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 4) doch ist zu vermuthen, daß [...] dürften (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 2) Was die eigentliche Ursache (...] sey, ist noch nicht bekandt, obgleich vielerley gemuthmasset werden (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 4) allwo es vielleicht auch zu einer Action kommen dürfte (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 2) woraus man schließen will, daß (Stoibergische Sammlung 3.1.1735, S. 4) langte vor einigen Tagen ein Expresser bey Hof an/ von dessen Mitbringen nichts bekannt gemachet worden; man vermuthet daß solches sehr wichtig gewesen [...] Inzwischen weiß man so viel/ daß [...] so daß man befürchtet (Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735, o.S. = S. 2f.) Da man vor kurtzer Zeit von einem Königl. Befehl geredet [...] welches unterschiedene Gedancken und Muthmassungen erreget, so höret man ietzo ganz das Gegentheil (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 4) worauf man erfahren wird, ob der Ersatz des [...] verursachten Schadens zu hoffen oder nicht; doch ist das letztere vermuthlicher als das erstere [...] Wenn man nach denen [...] urtheilen soll, so hat man eher einen neuen Feld-Zug als [...] zu erwarten (Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736, o.S. = S. 6) Allein wann sich dasjenige Gerücht wahr befindet [...] als kann man sich schon einbilden, wie (Stoibergische Sammlung 2.4.1736, S. 54) Das erschollene Gerüchte von [...] wird zwar für erdichtet gehalten, wo aber einigen Zeitungen Glauben zuzustellen, so scheinet es eben nicht gantz unmöglich zu seyn (Stoibergische Sammlung 6.12.1736, o.S. = S. 1) 108 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts woraus man schliessen kan, daß [...] nächstens erfolgen werde (Stoibergische Sammlung 27.10.1738, S. 337) Man will hieraus schliessen, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740, o.S. = S. 3) Die gegenwärtige Situation der Affairen in Europa scheinet uns auch in der That die Fortsezung des Friedens zu versprechen (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 6) Man befürchtet es möchte [...] auf einige Zeit verhindern. (Bayreuther Zeitungen 4.1.1752, S. 6) vnd gestern wird man vermuthlich völligen Besitz davon genommen haben (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742, o.S. = S. 2) Das syntaktische und das lexikalische Ausdrucksinventar in diesen 21 Belegstellen ist wiederum sehr weit. Von der mehrfachen Verwendung des Nomens Gerücht und des Verbs schliessen abgesehen, deren Wiederholung nicht als musterhaft gelten können, scheint speziell ein Wortbildungsparadigma für diesen Prädikationstyp produktiv zu sein: vermuthen, vermuthlich (2-mal), unvermuthet, muthmassen (2-mal), Muthmassung. Eventuell liegt für befürchten, Furcht ein ähnlicher Zusammenhang vor. Die Ausbildung musterhafter Formulierungen ist bei einem in diesem Zeitabschnitt neu etablierten Prädikationstyp wie SPEKULIEREN nicht zu erwarten. 3 .4 Zusammenfassung zum Zeitabschnitt 1700 bis 1770 Diese Periode der Nachrichtensprache zeichnet sich gegenüber der vorhergehenden durch Ausdifferenzierungen auf verschiedenen Ebenen aus. Zwar bleiben die Sprachhandlungstypen, gebunden an die journalistische Textsorte Nachricht, gleich, aber die Prädikationen verteilen sich nicht mehr nur auf fünf, sondern a uf acht Typen. Auf der syntaktischen Ebene werden einerseits ebenfalls alle sprachsystematischen Möglichkeiten genutzt und somit ein breites Variantenspektrum zur Verfügung gehalten, andererseits bildet sich eine der syntaktischen Varianten als das eindeutig dominante und bei der Realisierung jedes Prädikationstyps genutzte Muster ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ aus. Wenn man das systematisch analoge Muster ‘Obersatzrest mit Attributsatz’ hinzunimmt, gewinnt die Dominanz dieser syntaktischen Form ein beachtliches Ausmaß. Bei den lexikalischen Realisierungen macht sich die auf der Prädikationsebene festgestellte Tendenz zur Ausdifferenzierung und Erweiterung des Variantenspektrums am ausgeprägtesten bemerkbar. Dabei lässt sich in den meisten Fällen eine noch stärkere Aufteilung des Varianteninventars feststellen, nach der etwa die Hälfte aller Realisierungen ein nur einige wenige Elemente umfassendes Lexeminventar abdeckt, während die andere Hälfte ein anscheinend Der Zeitabschnitt von ca. 1700 bis 1770 109 unerschöpfliches und prinzipiell offenes Varianteninventar bildet. M.a.W., einerseits wiederholen die Zeitungsschreiber einige Wörter immer wieder, andererseits wissen sie auch die Nebenprädikationen durch Wortwahl bei Bedarf beliebig zu differenzieren und zu nuancieren. Dieser Bedarf ist vor allem dann gegeben, wenn Informationen in irgendeiner Art zu bewerten bzw. zu kommentieren sind. Die Wahl häufig gebrauchter, standardisierter Lexeme entspräche dann der Intention der Schreiber, keine Wertung vorzunehmen; diese Lexeme sind also evaluativ unmarkiert. Wortwiederholung scheint in Zusammenhang mit Wortartenwechsel innerhalb desselben Wortbildungsparadigmas zu stehen, verlauten und seine Derivate Verlaut, verlautet (adj.) ist die einzige Lexemfamilie, die beim Ausdruck aller Prädikationen des hier behandelten Sprachhandlungstyps ‘Kommunikationsreflexion in Zeitungsnachrichten’ verwendet wird. Im Unterschied zu ebenfalls häufigem sagen bleibt verlauten etc. auf das Medium der Presse beschränkt und kann somit zum stilistischen Kennzeichen der „Zeitungssprache“ werden. Es stellt sich an dieser Stelle die Frage nach derjenigen linguistischen Theorie, die eine Relation zwischen häufig gewählten Lexemen und deren Wechsel in eine andere Wortart begründen kann Experimentelle Untersuchungen von Versprechern im Rahmen der kognitiven Linguistik lassen den hierfür interessanten Schluss zu, dass neben dem lexikalischen Kenntnissystem im Gehirn auch ein phonologisch-assoziatives Kenntnissystem existiert und dass zwischen diesen beiden und weiteren Kenntnissystemen interaktive Prozesse ablaufen (vgl. Schwarz 1992, S 24) Die Analyse von Versprechern zeigt, dass die ersetzte und die ersetzende Einheit nicht bloß in semantischen, sondern auch in formalen Relationen zueinander stehen; es werden unter anderem auch „Stammvertauschungen (stranding)“ vorgenommen. Die „Formadresse“ jedes „Eintrags“ im „mentalen Lexikon“ enthält phonologische respektive graphemische45 und morphologische Informationen (Schwarz 1992, S. 180ff). Der Aktivierung des Wortformeninventars scheint aber die Aktivierung des Inventars der Wortbedeutungen oder Konzepte vorgeschaltet zu sein (ebd., S. 185). Auch Assoziationstests haben ergeben, dass phonologische Assoziationen unabhängig von semantischen existieren und zum Teil auch schneller als Letztere ablaufen (Schwarz/ Chur 1993, S. 74ff ). Vorausgesetzt, man folgt der kognitivistischen Theorie und nimmt verschiedenartige assoziative Strukturen im mentalen Lexikon als gegeben an,46 dann kann auch der Wortartenwechsel als eine Art der Wortwiederholung einge- 45 Schriftsprachliches Formulieren kommt in der mir bekannten kognitivistischen Literatur nicht vor; die hier von mir vorgenommene Übertragung hat also hypothetischen Charakter. 46 Zu den Problemen eines angemessenen theoretischen Modells des sprachlichen Gedächtnisses und des Lexikons siehe Hörmann (1978, S. 175ff.) und Coulmas (1985, S. 262f.). 1 1 0 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts ordnet werden. „Oft benutzte Wörter [werden] schneller aktiviert als weniger frequente Einheiten“ (Schwarz 1992, S. 186). Die Rolle eines schmalen, standardisierten und nichtkommentierenden Inventars häufig verwendeter Lexeme und Lexemkombinationen, das bei der Realisierung bestimmter textsortenspezifischer Prädikationstypen festgestellt wurde, erhält vor dem Hintergrund dieser kognitivistischen Hypothesen ein noch höheres und deshalb qualitatives Gewicht, weil diese Lexeme offenbar im Langzeitgedächtnis vorrangig gespeichert sind. Trifft nun das dominante und multifunktionale Satzmuster ‘Obersatzrest mit Objektbzw Attributsatz’ mit diesem schmalen, standardisierten Lexeminventar zusammen - was, wie die Belege zeigen, de facto außerordentlich oft der Fall ist - , so steht dem Journalisten ein allerdings durchaus noch stellungsvariierbares und durch weitere Satzglieder ausgestaltbares Formulierungsmuster zur Verfügung, das heute (noch) als stilistisches Spezifikum und Erkennungsmerkmal der Zeitungssprache schlechthin gilt, etwa angebbar mit: Von X verlautet, dass. Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 111 4. D er Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 4.1 Die journalistischen Sprachhandlungstypen Die vielleicht wichtigste mediengeschichtliche Veränderung der so genannten Sattelzeit zwischen 1770 und der Wende zum 19. Jahrhundert ist die allmähliche Ausdifferenzierung der journalistischen Sprachhandlungen in einerseits das berichtende Informieren und andererseits wertendes Kommentieren. Wie man in den Kapiteln 2 und 3 gesehen hat, besitzt das sporadisch auftretende Kommentieren und Werten vor 1770 noch den Charakter von Neben- oder Zusatzprädikationen zur Hauptprädikation des Berichtens. Infolge der von Aufklärung und Französischer Revolution initiierten Veränderungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Entstehung einer bürgerlichen Öffentlichkeit, ändert sich der marginale Charakter des Kommentierens und nimmt in Abhängigkeit von den spezifischen politischen und Zensurbedingungen mal mehr, mal weniger den Charakter einer explizit ausgedrückten Hauptprädikation an. WERTEN und KOMMENTIEREN wird daher im Folgenden als neuer, d.h. fünfter journalistischer Sprachhandlungstyp angesetzt und im Hinblick auf seine syntaktischen und lexikalischen Realisierungen und dabei möglicherweise auftretende Standardisierungen untersucht: 1) INFORMIEREN als Beantwortung der klassischen W-Fragen wer, was, warm, wo; 2) erzählendes BERICHTEN als Beantwortung der Wie-Frage; 3) EINORDNEN des berichteten Ereignisses in die Zusammenhänge von Ursachen und Folgen; STIFTEN von KOHÄRENZ zwischen mehreren Nummern desselben Zeitungsmediums; 4 ) REFLEKTIEREN der Berichterstattung, der Quellen, der Widersprüche, der Nachrichtenlage; 5) WERTEN und KOMMENTIEREN des berichteten Ereignisses wie der Nachrichtenquelle. 4.2 Die neben- und untergeordneten Prädikationstypen Während die Sprachhandlungstypen 1) und 2) in Zeitungsnachrichten als Hauptprädikationen formuliert werden, kommen 3), 4) und 5) für Neben- und Zusatzprädikationen inffage. Für sie sind die 8 Prädikationstypen von vor 1770 weiterhin identifizierbar, wenn auch in einigen, unten zu beschreibenden 112 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Fällen (s. Zusammenfasssung in 4.4) Vermischungen und Überschneidungen so weit gehen, dass man für die Zeit nach 1770 von einer partiellen Entdifferenzierung und Konzentration auf einige wenige, dominante Prädikationstypen sprechen kann, die den pressegeschichtlichen Übergang von der Faktenorientiertheit zur Meinungsorientiertheit repräsentieren. Vier der acht tradierten Prädikationstypen konvergieren nach 1770 zu einem Prädikationstyp, den man als „Thematisieren von Kommunikationsstrategien“ bezeichnen kann. Die Veränderungen werden nachfolgend im Einzelnen entwickelt. 4.3 Die zur Realisierung der Prädikationstypen herangezogenen syntaktischen Klassen und lexikalischen Inventare 4.3.1 Prädikationstyp: ANGABE der QUELLE einer Information Die Realisierungen dieses am häufigsten belegten, zentralen und am längsten tradierten Prädikationstyps lassen sich in der gleichen Weise wie oben syntaktisch klassifizieren: a) Realisierung mittels Obersatzrest mit syndetisch oder asyndetisch verbundenem Objektsatz: Es heist, wenn die Russen den Türken den Krieg anktindigen, so w ill es der römische deutsche Kaiser mit den Russen halten gegen die Türken (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 9.12.1786, o.S. = S. 2) Eben jetzt vernehme die mittelst Expressen hier eingelangte Nachricht, daß (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1053)41 D ie Gravenhaagse Courant [...] sagt nun unter den Hofartikeln daß (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1056) Zu Hull ist die Hofnung, Capitain Hunter, [...] angekommen und bringt mit, daß (BayreutherZeitungen 17.5.1791, S. 511) Eine hiesige Zeitung meldet aus Regensburg (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 1) Man sagt, die Insurgenten wollten (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 4) Aus Briefen aus Koriii erhellt, daß (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 5) Es heißt, derPabst solle (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 2) Es heißt, die Stadt Livorno sey (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 2) Es hies, daß (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 613) Briefe aus dem südlichen Frankreich melden, daß (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 614) 47 Ellipse des Subjekts in der 1. Person Singular. Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 113 Man versichert, daß (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 3) und man versichert, ihr Aufenthalt werde (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 2) In den zu Londen angekommenen Amerikanischen Zeitungen heißt es, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 4) Die Zeitung von Neapel erzählt, (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 7) Gestern erfuhr man, daß (Allgemeine Zeitung 9.11.1830, S. 721) Die Münchner polit. Zeitung meldet aus Athen: Im Piräus (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, o.S. = S. 4) Man hört zwar, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, o.S. = S. 4) Aus Danzig meldet man, wie von Bremen, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, o.S. = S. 4) Der Leibarzt [...] macht in Berliner Blättern bekannt, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 1) Die Mittheilung versichert, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, Beil , o.S. = S. 2) Man schreibt aus Saarbrücken, 19. Mai. Zum würdigen Empfange (...] (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 31.5.1837, o.S. = S. 1) Am 20. Mai um 3 Uhr hieß es zu Paris (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 31.5.1837, o.S. = S. 2) Aus Jassy wird vom 8. Mai gemeldet: (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 31.5.1837, o.S. = S. 4) Man erzählt, sie sey (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 1) Aus Boitzenburg ist hier die Nachricht eingegangen, daß (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 1) Fürst Metternich hat auch in London angezeigt, daß (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 2) Aus Dublin wird gemeldet, daß (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 1) Ueber Großbritanniens Lage [...] bemerkt die Köln. Ztg.: (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) Die Démocratie pacifique berichtet, daß (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) Soeben verbreiten Landbesitzer aus Samland die Nachricht, daß (National- Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. la) Das Lloydjoumal veröffentlicht eine Kundmachung des Gouverneurs des Küstenlandes vom 3. Mai, welcher zufolge (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. lc) Man hört, daß (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2a) Das Mailänder Bulletin vom 28. April bringt die Nachricht, daß (National- Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 3b) 1 1 4 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Von der Schweizergrenze, 3. Mai, geht der „Freiburger Zeitung“ eine briefliche Mittheilung zu, in welcher es heißt, daß (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3a) daß er aus guter Quelle in Erfahrung gebracht, man habe (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3b) Der „Nouvelliste de Marseille“ berichtet, daß (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4b) Aus Potsdam geht uns die Nachricht zu, daß (National-Zeitung 11.5.1848, Beiblatt, o.S. = S. 5b) geht uns noch die Nachricht zu, daß (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 5b) Der Esprit National meldet, daß (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3c) aber die Times berichten (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3c) man sagt (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3c) Aus Oberitalien berichten die italienischen Bulletins, daß (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 4a) Am Schlüsse des Blattes geht uns die Nachricht aus Schleswig ein, daß (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 4c) Aus dem hradischer Kreise läuft die Nachricht ein, daß (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3a) Auch neapolitanische Briefe hiesiger Häuser melden, daß (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3c) Der Republikaner berichtet, daß (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 4a) Gestern ist die Nachricht aus Jassy hier eingelangt, daß (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 4a) Man erzählt sich in politisch erfahrenen unterrichteten Kreisen, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. lc) Man sagt, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2a) Eben höre ich, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2b) Ein Privatbrief meldet, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) Man meldet aus Pesth vom 12. daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) Es ist hier noch immer die Rede davon, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3a) Diese Korrespondenz spricht auch davon, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3c) Das Handelsblatt schreibt aus Maestricht, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2c) Das „Journal des Débats“ spricht sich über die angebliche Einnahme Rom s dahin aus, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2c) Hiesige Blätter enthalten die Mittheilung, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. lb) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 1 15 Wir hegen die Zuversicht, sagt sie [die Times, uhz ], daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2a) Aus einem Artikel des ministeriellen „Globe“ geht soviel hervor, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2b) Aus Rom geht die Nachricht ein, daß [...] Man sagt sogar, (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, o.S. = S. 2c) b) Realisierung des Prädikationstyps mittels Adverbialsatz mit w ie oder so: [...] wie die Ofener Zeitung bemerkt, (...) (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1056) Wie man aus Stuttgart vom 24. August vernimmt, (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 613) Wie es heist, hat (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 615) (...) w ie ein neueres Schreiben aus Sinzig an der Aar meldet (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 615) ihr Auftrag bezieht sich, wie man sagt, auf (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 3) Wir haben hier seit Kurzem eine Ministerialkrisis gehabt, wie die Franzosen sagen. (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, o.S. = S. 4) wie noch neuerlich von bewährten Naturforschern berichtet worden ist! (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 4) Wie wir hören ist (National-Zeitung 11.5.1848, Beiblatt, o.S. = S. 5b) Wie wir vernehmen, hat (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. la ) (...) soll nämlich, wie von unterrichteten Seiten verlaute (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. la) Wie man vernimmt, ist (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3c) (...) wie die Konstitutionelle sagt, (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2b) Wie ich Ihnen bereits meldete (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. lc) Die syntaktischen Realisierungen a) und b) können mittels Parenthese variiert werden: D ie Preßfreiheit - hieß es vor einiger Zeit im Journal de Paris - ist (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 614) Heute wurde, sagt das hiesige Amtsblatt, der Senat (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 2) c ) Realisierung des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE mittels eines Satzes, in den die Hauptprädikation als Nominalgruppe eingebettet ist: Die neuesten Briefe aus Wien sprechen von einem nahen Aufruf (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 4) 116 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts Heute früh ging der Graf Choteck als Expresser hier durch mit der Nachricht nach Wien, daß (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 4) Privatberichte geben den Verlust der Franzosen an diesem Tage zu 3000 Mann an (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 4) wovon folgendes vor der öffentlichen Bekanntmachung durch die Hofzeitung hie und da kund geworden ist: (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 615) Zu Brüssel kündigt man auf eine bestimmte Weise die Ankunft der Kaiserinn im Pallaste von Läken an (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 2) Man spricht von der Verlobung des Kronprinzen (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 3) Eine Engl. Zeitung enthält folgenden Traurigen Todesfall. (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 4) Wie haben zeither schon manche uns zugekommene Briefe und Aufsäze, in Bezug auf die in Preußen ausgebrochene politisch-litterarische Fehde, bei Seite gelegt (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 7) Seit einigen Tagen spricht man hier nur von dem Einfall der Konstitutionellen (Allgemeine Zeitung 9.11.1830, S. 721) Um die Art der Belagerung zu begreifen, giebt eine pariser Zeitung folgende Erläuterungen (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, o.S. = S. 1) Die neuesten (zu London eingetroffenen) Nachrichten aus Lissabon sind vom 1. Dec. (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, o.S. = S. 2) Ein merkwürdiger Raub-Versuch wird aus Paris [...] berichtet (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, o.S. = S. 3) Die holländischen Zeitungen enthalten noch fortwährend Berichte über die Unglücksfälle (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 1) Aus Helsingör wird, vom 6. Dez., Folgendes gemeldet: (Zeitung für Städte, Flekken und Dörfer, 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 1) Öffentliche Blätter enthalten folgende Mittheilung über die russ. Flotte (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 4) Der Moniteur enthält folgendes Festprogramm: (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 31.5.1837, o.S. = S. 3) Nach Eintreffen eines Tartaren mit der Nachricht, daß (Zeitung für Städte, Flekken und Dörfer, 31.5.1837, o.S. = S. 4) [...] glaubt Herr Owen, der eine Notiz darüber in einer neulichen Sitzung der Londoner Literatur-Gesellschaft gelesen (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 4) Unter den Hofnachrichten macht die Audienz Aufsehn, welche (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S . 1) Unsere Zeitung erwähnt auch des Vorfalls (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 15.4.1848, o.S. = S. 3) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 1 1 7 Aus dem Munde eines der 95 deutschen Handwerksgesellen [...] erfahren wir einige Einzelheiten, die für unsere Leser nicht ohne Interesse sein möchten (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3a) Die Händel zwischen französischen und belgischen Arbeitern werden von den Blättern in unserem Lande folgendermaßen erzählt: (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3b) In Raspail’s „Ami du peuple“ liest man Folgendes: (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3b) Bezeichnend in dieser Beziehung ist, was jüngst das Organ der englischen Regierung, das Moming-Chronicle äußerte, indem (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. lb) Der Moniteur enthält heute den Bericht, den (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3a) Die Presse veröffentlicht eine neue „Mittheilung“ über die italienische Frage (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3b) Nachrichten aus Böhmen melden forwährend von bedeutender Aufregung, die (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2b) Die Regierungsblätter melden die Niederlage einiger republikanischer Banden in Katalonien (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3a) Man unterhält sich in Kreisen, in denen man gut unterrichtet zu seyn pflegt, von (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. lc) D ie neuesten Nachrichten von der Bergstraße melden uns die Verlegung des Hauptquartiers (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 3b) Nun wird mir aber aus guter Hand eine Erklärung jener unbegreiflichen Inkonsequenzen (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. lb) Die beruhigenden Nachrichten aus Paris haben ihre Wirkung auf unsere Börse nicht verfehlt. (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2a) Die „Times“ bringt Auszüge der im Parlament niedergelegten diplomatischen Korrespondenzen betreffs (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2b) Für die syntaktischen Klassen a), b) und c) gelten die gleichen Ergebnisse hinsichtlich ihrer lexikalischen Realisierung. Die Gruppe der häufigsten Verben ist: melden (15-mal), sagen (9-mal), heißen (8-mal), berichten (7-mal), sprechen und enthalten (je 5-mal), vernehmen und hören (je 4-mal), versichern, erzählen, eingehen, zugehen (je 3-mal). Neben diesem deutlich häufiger verwendeten Wortschatz mit 12 Einheiten steht eine mit 26 Elementen doppelt so große Gruppe aus nur einbis zweimal belegten und deshalb wohl eher seltener gebrauchten Verben: angeben, ankündigen, kund werden, anzeigen, äußern, bringen, m itbringen, in Erfahrung bringen, bekanntmachen, bemerken, bringen, erhellen, 1 1 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts einlaufen, einlangen, Erläuterungen geben, erwähnen, erfahren, erzählen, hervorgehen, lesen, schreiben, verlauten, verbreiten, veröffentlichen, sich unterhalten, die Rede sein. Nimmt man die mit unpersönlichem Subjekt gebildeten, die passivischen und diejenigen Belege aller syntaktischen Formen zusammen, die den Vorgang der Nachrichtenrezeption bezeichnen und deshalb auf die Benennung der Quelle verzichten können, so zeigt sich folgendes Verhältnis zwischen anonymer und identifizierbarer Quelle: Angabe einer anonymen Quelle (z.B. es heißt) Angabe einer anonym bleibenden Gruppe als Quelle (von unterrichteten Seiten, in politisch erfahrenen unterrichteten Kreisen usw.) Identifizierung der Quelle als eine andere Zeitung Identifizierung der Quelle als Brief oder Korrespondenz sonstige (vor allem durch Amtsbezeichnung oder Namen identifizierbare Einzelpersonen) Die ersten beiden, anonymisierten Quellenbezeichnungen stellen mit insgesamt 48 Belegen eine kleinere Gruppe gegenüber den 61 Belegen der mehr oder weniger als Sprecher mit individuellem politischem Standpunkt identifizierbaren Quellengruppe dar. Diese Daten zeigen, dass die Funktion dieses Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION nach 1 7 7 0 nicht in der Feststellung der Tatsache besteht, dass eine Nachricht von irgendwoher übernommen wurde, wie dies in den beiden vorhergehenden Zeitabschnitten galt, sondern in der möglichst genauen Feststellung, woher sie kommt und von wem sie formuliert wurde. d) Realisierung des Prädikationstyps mittels Adverb oder Präpositionaladverb: Dieses Fort liegt (laut der Ofner Zeitung) dem Berge Alion gegenüber (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1055) Laut Briefen aus Berlin vom 30. April (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 512) Zufolge Nachrichten aus Warschau, (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 513) Nachrichten aus Warschau zufolge (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 1) Das Hauptquartier des Generals Jourdan wird, dem Vernehmen nach (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 1) Nach Briefen aus Lausanne sind (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 3) Dem Vernehmen nach wird der Kaiser (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 614) 43-mal, 5-mal, 36-mal, 5-mal, 10-mal. Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 119 [...] nach diesen Nachrichten (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 614) Dem Vernehmen nach ist (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 614) Dem Vernehmen nach geht (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 2) Herr Chevalier Reinhold, hat, dem Vernehmen nach, [...] (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 2) Nachrichten aus dem Nassauischen zufolge werden (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 7) denn nach den neuesten Berichten aus Alexandria (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, o.S. = S. 4) Ueber erhaltene Nachrichten soll (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 2) Nach einer ausführlichen Mittheilung hat (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 2) Einer Mittheilung aus Aachen zufolge hat (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 1) Der Presse zufolge (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) Laut Erklärung des Konseilpräsidenten (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) laut Lissaboner Nachrichten (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) Den Berichten eines zuverlässigen Reisenden zufolge (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) Dem Vernehmen nach (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) Mit heute eingelaufenem vorörtlichem Schreiben wird (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) wird dem Vernehmen nach erfolgen (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2c) Nach einem uns gefälligts mitgetheilten Privatbriefe aus Gravenstein vom 6. Mai, haben (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3a) [...] dem Vernehmen nach, [...] (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4b) Nach der Oberrh. Ztg. hätte (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. lc) Nach der „schleswig-holsteinischen Zeitung“ hinge der Rückzug (Fr. O.P.A.Z.) (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. Sb)48 dem Vernehmen nach (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3c) laut der D. Z. (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. lc) Einer soeben aus Ungarn eingetroffenen Nachricht zufolge (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3a) Berliner Zeitungen zufolge (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2a) 48 „Fr. O.P.A.Z.“ steht für Frankfürter Oberpostamtszeitung; hier wird also auf eine Meldung Bezug genommen, die in eine andere Meldung einer anderen Zeitung eingebettet ist. 120 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts [...] Soldaten, angeblich Serben und Peterwardeiner (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) [...] ist, den neuesten Berichten zufolge, gerettet (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) neuen Ordres zufolge soll (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. lc) sollen nach dem jüngsten Erlaß des kommandierenden Generals (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. lc) trotz der Ankündigung halboffizieller Zeitungen (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2a) Nach Berichten aus Lyon (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2c) Nach den neuesten Botschaften aus der Pfalz (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 3b) Unter den 38 Belegen - eine leichte Zunahme dieses syntaktischen Typs gegenüber der Zeit vor 177049 - ist die musterhafte Formulierung dem Vernehmen nach 9-mal belegt. Die Präpositionen nach, laut und zufolge sind ansonsten mit den lexikalischen Gliedern eines relativ begrenzten semantischen Paradigmas verknüpft: B rie fe n ), P rivatbriefen), N achrichten), M ittheilungferi), B erichten), E rklärungen), Zeitungien) [hier steht oft auch ein Zeitungsname], Presse, B o tsch a ften ), Erlaß, Ordres. V e r e in z e lt w e r d e n a u c h P rä p o sitio n a la d v erb ie n m it ü b e r, m it, tr o tz , a n g e b li c h v e r w e n d e t. e) Realisierung des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE EINER INFOR- MATION mittels Übergang des syntaktisch gebundenen Musters zur textstrukturellen Einheit; folgende Angaben stehen texteinleitend, meist direkt im Anschluss an die Angabe, mittels derer das zu berichtende Ereignis lokalisiert wird: (Aus Londoner Zeitungen vom 20. Dec.) (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) (Deutsche Ztg.) (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 1) (Deutsche A. Ztg.) (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 1) (Trier’sche Ztg.) (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 1) Swinemünde [...] (Privatmittheil.) [...] (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 15.4.1848, o.S. = S. 2) (Deutsche Allg. Ztg.) (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. lc) (Fr. O.P.A.Z.) (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. lc) (D. Reichstags-Ztg.) (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. lb) 49 Dort waren für diesen syntaktischen Typ 21 Belege gezählt worden; vgl. 3.3.1 d). Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 121 (N. Rh. Z.) (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. lc) (Brem. Wes.-Ztg.) (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 2c) (Köln. Z.) (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. la) (R. u. M.-Z.) (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. la ) usw. Angaben am Textschluss: (Regensb. Z.) (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2a) (H.B.H.) (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) (Schwäb. M.) (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) (D Z.) (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2c) (Freib. Ztg.) (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2c) (Schles. Z.) (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2c) (M. Z.) (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, o.S. = S. 2b) (E. Z.) (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, Beil., o.S. = S. la) Die Etablierung der Angabe der Zeitungsquelle an einer bestimmten Stelle der Textstruktur und in syntaktisch ungebundener Form zeigt wiederum, wie sehr sich das Quellenschwergewicht auf andere Zeitungen hin und von anonymen bzw. unbestimmten Quellen weg verlagert hat. Die Bezugnahme auf andere Medien und damit auf „die“ öffentliche Meinung wird in der Zeit von 1770 bis 1850 konstitutiv. 4 .3 .2 Prädikationstyp: CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation ALS MEINUNG Die syntaktische Struktur dieses Prädikationstyps ist weitgehend einheitlich: Das Muster ‘Obersatzrest mit Objektsatz bzw. - hier in einem Fall - zu Attributsatz’ ist 25-mal belegt gegenüber 6 unabhängigen Sätzen bzw. Satzgefügen: D ie Aristokraten behaupten, daß (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 511) die allgemeine Meinung aber war, daß (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 511) So sehr man auch von den Rüstungen der Türken spricht, so glaubt man doch, daß (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 1) Einige behaupten (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. 1) [...], so besorgt man, daß (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. 2) Er hält vielmehr dafür, daß (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.17%, Beil., o.S. = S. 2) 122 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Sie behaupten alle, daß (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. 2) Einige, die etwas mehr als andere wissen zu wollen glauben, behaupten (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 3) und man behauptet, (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 3) Man glaubt daher, daß (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 614) Die erste Eintheilung der Pfarreien ist hier allgemein getadelt worden (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 615) In Serwien ist man in banger Furcht, daß (Zeitung fur Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 3) Er behauptet von ihnen Befehl erhalten zu haben (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) Die Gazette de France will wissen (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 6) Der Weser-Ztg. wird von Hamburg aus die sanguinische Hoffnung gegeben: (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 1) D ie Union monarchique will wissen (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) Die (halboffizielle) Wiener Zeitung erklärt sich in einem räsonnirenden Artikel ganz energisch gegen die Selbständigkeit Polens (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. lc ) Die „Schlesw.-holst.“ Zeitung enthält eine scharfe Ansprache an den kommandirenden dänischen General [...], den sie als denjenigen bezeichnet, der (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) Unsere Blätter enthalten die bittersten Artikel gegen Deutschland in Beziehung auf den Krieg in Schleswig (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4b) Ein an [...] gerichtetes Plakat behauptet daß (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 2) In Rom hofft man laut französischen Blättern, (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S .4 ) Es wird gut sein, die Art und Weise kennen zu lernen, wie das Brandenburg- Manteuffelsche Organ, die „Galgenzeitung mit Gott, fur König und Vaterland“, jetzt in Betreff der Juden eine kleine Schwenkung macht (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 2) Der Genueser Corriere Merkantile stellt die Urtheile der italienischen Presse über diesen päpstlichen Erlaß zusammen; sie athmen Zorn und Spott (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3) In Düsseldorf herrscht große Besorgnis auf das Gerücht hin, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. lc ) E s steht indessen zu hoffen, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) Der Politique behauptet (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3a) D ie Indépendance erklärt, diies (sic) sei eine Mystification (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3a) In Turin glaubte man, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3c) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 123 D ie ultra-konservative Zeitung für Oesterreich scheint dies endlich einzusehen: sie meint (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. lb) Die Wiener Zeitung erfreut uns wieder durch eine erkleckliche Menge Verurtheilungen wegen aufreizender Reden und dergl. (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. lc) Nachdem [...] erwartet die Times, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2a) Unter den Ausdrücken, die einen Nachrichteninhalt als Meinung charakterisieren, ist behaupten mit 7-mal am häufigsten belegt; es folgen glauben (4-mal) und hoffen (2-mal), das mit H offnung geben (1-mal) durch Wortbildung verbunden ist. Die übrigen verbalen und nominalen Ausdrücke sind der Charakterisierungsfunktion gemäß unterschiedlich, die sich notwendigerweise in differenzierenden Formulierungen ausdrücken muss: besorgen, dafürhalten, tadeln, in banger Furcht sein, sich gegen erklären, bezeichnen als, eine Schwenkung machen, einsehen, erwarten; Besorgnis, allgem eine M einung, scharfe Ansprache, bitterste Artikel, Urteile, Zorn und Spott, M ystificationen, Verurteilungen. 4 . 3 . 3 Prädikationstyp : BEWERTUNG der Hauptprädikation Der Skopus des BEWERTENS verändert sich. Wurde vor 1770 das berichtete Ereignis bewertet, so gehen die Schreiber danach dazu über, die Quelle, die die Nachricht übermittelt hat, und deren Intentionen zu bewerten. Dadurch wird ein fließender Übergang zum bzw. eine Verknüpfung mit dem Prädikationstyp 4.3.2 ‘CHARAKTERISIERUNG als MEINUNG’ geschaffen und die Thematisierung von Kommunikationsstrategien ermöglicht. In die gleiche Richtung tendieren die Realisierungen des Prädikationstyps 4.3.5 ‘ VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN’ (s.u ). Bewertungen von Nachrichteninhalten und von Quellen werden überwiegend explizit und mit einfachen Haupt- oder komplexen Sätzen ausgedrückt. Damit werden die Voraussetzungen für eventuelle Standardisierungen hier weiter eingeschränkt; die syntaktisch-lexikalischen Realisierungen tendieren im Gegenteil zu großer Variabilität. Dort, wo der Status der Nebenprädikation vorliegt, findet das syntaktische Standardmuster ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ am häufigsten Verwendung. Aber auch die Möglichkeit des Bewertens mittels Adjektivattribut, d.h. eine ebenfalls explizite Form des Ausdrucks, wird oft genutzt. BEWERTEN wird nicht selten mit allen anderen hier behandelten Nebenprädikationen, außer mit den beiden kohärenzstiftenden Prädikationen 4.3.6 und 4.3.7, verknüpft. Lexikalische Konstanten sind nicht zu entdecken: 124 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Von hier hört man noch nicht viel Gutes; besonders kommen aus der Provinz Virginien in Amerika die traurigsten Nachrichten her von [...] (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 9.12.1786, o.S. = S. 1) Nun klingen die Nachrichten daher ganz gut (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 9.12.1786, o.S. = S. 2) Wenn aber dadurch eine Sicherheit auf die Authorität der Kaiserin angedeutet werden soll, so ist es so zweydeutig ausgedrückt, daß es alle Wirkung verliehrt, daher ist auch [...] (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 512) D ieses sehr curiöse Pappier [...] (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 512) Da die Art wie davon gesprochen wird, zu Auslegungen Anlaß geben kann (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 512f.) Als etwas ungewöhnliches verdient bemerkt zu werden, daß (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 1) worüber hier alles erfreuet ist (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 3) (In der That ist der Umstand, daß [...] wohl beschaffen, um die Ueberzeugung hervorzubringen, daß [...]) (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) [...] der große Athlete Rheinische Merkur [...] Es ist eine Art von litterarischer Olla potnda [...] in der alttestamentarischen Manier verarbeitet [...] und also in die lesegierige Menge geworfen (...] damit die nöthige Angst und Furcht vor künftigen Uebeln so recht die gläubigen Seelen unter den Lesern erhize (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 7) D ie Entdeckung einer geheimen revolutionairen Verbindung [...] müssen wir als ein glückverkündendes Zeichen ansehen, und uns darüber freuen, daß (Baireuther Zeitung 29.7.1819, S. 685) Glücklicherweise ist der revolutionaire Geist noch nicht bis zu dem Innern des Volks durchgedrungen (Baireuther Zeitung 29.7.1819, S. 686) Ein merkwürdiger Raub-Versuch wird aus Paris vom 9. d berichtet. (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 3) Das außerordentliche Steigen des Rheins hat [...] ein sehr beklagensw ertes Ereigniß herbeigeführt (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 3) Calabrien ist wieder von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht worden (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 4) Es ist bittere Klage darüber geführt worden, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 4) Ueber die schrecklichen Wirkungen des Orkans und der Gewitter vom 29. Nov. gehen noch täglich von allen Seiten die traurigsten Berichte ein (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 1) Ins Tragikomische fallt folgendes Ereigniß; (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 1) Ein psychologisch merkwürdiger Fall hat sich [...] ereignet (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 2) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 125 In der hannov. Zeitung wird als Merkwürdigkeit erzählt, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 2) Am 25. Apr. ist ein merkwürdiger Blitzschlag [...] beobachtet worden (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 3) In den Bergwerken von [...] hat sich ein furchtbares Ereigniß zugetragen (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 4) [...] folgende wahr und tief gefühlte Stelle (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 2) [...] die Polemik der Blätter (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) Die Débats nennen dies voll Grimm „Cynismus“ und „Bergparteipolemik“ (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) folgende interessante Notiz über (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 3) die von den Oppositionsblättem hochgetragene Sprache Lord Palmerston’s (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 4) Die Nachricht, daß [. ..] hat nicht verfehlt auf der Börse einen sehr guten Eindruck zu machen. (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 3) Die heutigen Nachrichten aus Italien lauten mindergünstig, indem (National- Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2c) Aus dem Eifer, mit welchem der „Globe“ diese Verbindung zu hintertreiben sucht, kann man auf die Wichtigkeit einer solchen Vereinigung der unteren Klassen mit den mittleren schließen (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4a) Ein Brief aus Kopenhagen in der „Times“ zeigt, daß englische Vermittlung jetzt die einzige Hoffnung der Dänen ist (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4a) das Brandenburg-Manteuffelsche Organ, die „Galgenzeitung mit Gott, für König und Vaterland“ (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 2a) D ie Deutsche Reform, die im konservativen Interesse steht (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 2a) Es ist leicht erklärlich, welches Aufsehen unter solchen Umständen die Nachricht machte, daß (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 2a) die Urtheile der italienischen Presse über diesen päpstlichen Erlaß [...] sie athmen Zorn und Spott (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3c) Lächerlich ist nur, daß man glauben machen will (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2b) Die Times beurtheilt heute die Cobden’schen Erspamißpläne von richtigem Gesichtspunkte aus und sie meint ganz richtig, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3b) Palmerston’s Politik ist der Times noch immer ein Dom im Auge, denn sie greift ihn heute wieder wegen seiner Politik in Sizilien an (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3b) Die ultra-konservative Zeitung für Oesterreich scheint dies endlich einzusehen: sie meint (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. lb) daß diese [...] Berichte das Werk von Börsenspekulanten [...] waren (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2a) 126 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts 4.3.4 Prädikationstyp: KENNZEICHNUNG einer Textbzw. Redewiedergabe Dieser Prädikationstyp hat sich in der Zeit von 1770 bis 1850 quantitativ so enorm entwickelt, dass der bisher häufigste Prädikationstyp ANGABE DER QUELLE einer Informaton seine dominante Rolle verliert. Quantitativ spielen Quellenangabe und Wiedergabekennzeichnung zwar immer noch etwa gleich große Rollen, aber die jeweilige Quelle wird zunehmend als eine andere Zeitung und nicht mehr bloß mittels Ortsangabe gekennzeichnet. Statt des musterhaften Aus X wird gemeldet, daß heißt es immer öfter Eine hiesige Zeitung m eldet aus X, daß. Dadurch wird auch den Lesern stärker ins Bewusstsein gerückt, dass Nachrichteninhalte immer als Text, nicht als sprachunabhängige Informationsgehalte übermittelt werden. Diesem gestiegenen Bewusstsein der sprachlichen Vermitteltheit von Nachrichten trägt die Umfunktionierung des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE zur gekennzeichneten TEXTbzw. REDEWIEDER- GABE Rechnung. Mit der Übernahme von Nachrichten aus anderen Zeitungen wird nun sehr viel kritischer und distanzierter verfahren, indem zunächst die KENNZEICHNUNG einer TEXTbzw. MEINUNGSWIEDERGABE in die ANGABE DER QUELLE dieses Textes bzw. der Meinung eingebettet wird. In dem Maße, wie dabei die ANGABE DER QUELLE immer komprimierter und impliziter ausgedrückt wird, dreht sich das Einbettungsverhältnis schließlich um und die KENNZEICHNUNG DER TEXTWIEDERGABE wird zur wichtigsten Prädikation neben der jeweiligen Sachverhaltsdarstellung. Es lassen sich zwei extensional unterschiedliche Gruppen der Textwiedergabe erkennen: Die eine Gruppe bezieht sich auf amtliche oder offizielle Texte, deren Wiedergabe in der Presse - zum Teil ganz explizit - als Veröffentlichung qualifiziert ist. Die andere Gruppe bezieht sich auf Zeitungsartikel als Quellen. Die Formulierungen mittels Verba dicendi und Textsortenbezeichnungen zeigen hier den Bewusstseinswandel von der Übernahme nachrichtlicher Inhalte (entspricht Prädikationstyp 4.3.1) zur Übernahme von Inhalten, die an bestimmte Ausdrucksformen und damit an Sichtweisen gebunden sind, und insofern zur eventuell kritisch-distanzierten Übernahme von Texten und Bezeichnungen. Den zweiten Grund für die sich durchsetzende Dominanz dieses Prädikationstyps, und zwar in der Spezifizierung KENNZEICHNUNG EINER REDE- WIEDERGABE, liefern die politischen Veränderungen der Epoche: die beginnende Demokratisierung und Parlamentarisierung. Sie machen Ausdrucksmit- Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 127 tel nötig, mittels derer sich über parlamentarische und andere Debatten zwischen prinzipiell gleichrangigen Sprechern über gesellschaftlich relevante Themen berichten lässt. Die Form protokollartiger Sitzungsberichte mit zum Teil inhaltlich referierender, zum großen Teil aber wortgetreuer Wiedergabe von Rednerbeiträgen (und auch von Zwischenrufen) bildet ab Ende des 18. Jahrhunderts50 eigene Vertextungskonventionen aus, in denen das sich gegenüber früheren Epochen vergrößernde Inventar der Verba und Nomina dicendi und seine funktionale Differenzierung eine wichtige Rolle spielt. Die Verba dicendi haben nämlich nicht mehr nur die Funktion, den Skopus einer direkten oder indirekten Redewiedergabe zu kennzeichnen - hierzu tragen auch andere Mittel wie Interpunktion, Absatzeinrichtungen und Indirektiv bei - , sondern zunehmend auch die Funktion, den spezifischen Handlungscharakter eines Redebeitrags in einer Debatte deutlich zu machen und ihn insofern zu bewerten. Zumindest was die Berichterstattung in Zeitungen angeht, werden ab Ende des 18. Jahrhunderts Verba sentiendi (Verben des Meinens) anstelle der Verba dicendi im engeren Sinn verwendet Dass es sich um sprachlich ausgedrückte Meinungen handelt, geht zweifelsfrei aus dem Kontext hervor, der zunehmend in Form von überschriftartigen Einleitungssyntagmen das Gremium, z.B. politischer Clubb, benennt. Bei der kürzenden und zusammenfassenden Wiedergabe von Rednerbeiträgen greift der Journalist nicht nur zu Ausdrücken, die etwa die performativen Äußerungen der Redner wiederholen (z.B. Antrag stellen) oder eine Menge von Äußerungen wertneutral zusammenfassen (z.B. entspann sich eine Debatte über die Frage X), sondern auch zu solchen, die darüber hinaus die Rednerbeiträge und die in ihnen zum Ausdruck gebrachten Meinungen bewerten, z.B. Wunden aufreißen oder Schuld zuschieben (s.u ). Musterhafte Formulierungen sind nicht festzustellen, im Gegenteil: Die politische und pressegeschichtliche Innovationsphase zwischen 1770 und 1850 scheint die stilistische Phantasie sehr beflügelt zu haben wenn wir so gründlich wie in dem nachfolgenden Schreiben eines besseren belehrt werden (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1055) wurde auf der Bank, im Südseehauße und auf andern öffentlichen Plätzen folgende Notiz ausgegeben: [...] Dieses sehr curiöse Pappier (sagt ein Oppositionsblatt) wurde auf der Börse angeschlagen (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 512) In unserer Gazette erscheint heute folgendes, zweifelsohne unter Authorität: (BayreutherZeitungen 17.5.1791, S. 512) Salzburg hat bey den Berathschlagungen [...] erklärt, daß (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S 1) Churbayem erklärte, wegen (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 1) 50 Der früheste Beleg in dem dieser Arbeit zugrunde gelegten Korpus datiert 1798. 128 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Auch erklärte das Direktorium im Reichsfürstenrathe, es werde (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 1) Eine hiesige Zeitung meldet aus Regensburg, Churtrier habe [...] erklären lassen: [...] (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 1) Die gestrige hiesige Zeitung enthält darüber folgenden Artikel: (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 2) Mit den neuesten Briefen aus Danzig hat man folgende Nachricht: „[...] (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 2) Der Rath der 500 hat [...] folgendes für die Handlung wichtige Decret erlassen: „[...] (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung, Beil., 12.2.1796, o.S. = S. 1) Wir theilen heute die letzte Hauptnote der französischen Deputazion ausführlich, obgleich mit Auslassung einiger weniger interessanten Erörterungen, mit: „[...] (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 2) Auf die zweite Note der Reichsdeputazion [...] worin mehrere Stellen aus früheren Uebereinkünften [...] wörtlich ausgezogen waren, haben die französischen Abgeordneten durch folgende Note geantwortet: „[...] (Berlinische Nachrichten von Staats-und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 2) eine Proklamazion erlassen, worin es heißt: „[...] (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 3) Der gestrige Rédacteur liefert folgende Depesche des Generals (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 2) Der Beschluß, den die Regierung deshalb gefaßt hat, lautet dahin: „[...] (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 2) Die heutige Hofzeitung enthält folgenden Offizialbericht über die neuem Vorfälle in Tyrol: „[...] (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 3) Er erhielt zur Antwort: „[...] (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 3) ist von den kaiserlichen Gesandtschaften folgende Note an die Reichsversammlung übergeben worden: (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 513) hat der [...] Gesandte folgendes an die Reichsversammlung gelangen lassen: (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 513) Der heutige Moniteur enthält folgenden Artikel aus Boulogne, vom 21. Aug.: „[...] (Baireuther Zeitung 31.8.1804, S. 514) Die Wiener Hofzeitung vom 14ten dieses enthält folgende zwei Bekanntmachungen: (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 3) Ein Königl. Dekret vom 4. Sept, enthält folgende den Adel betreffende Verfügungen: [...] Ein anderes Königl. Dekret vom 4. Sept, enthält Besümmungen, welche [...]; und ein drittes Königl. Dekret von demselben Tage enthält Verfügungen über [...] (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 1 u. 2) Die Einwohner von Rotterdam sind von dem Maire dieser Stadt aufgefordert (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 2) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 129 Ein Kaiserl. Dekret vom 26. Aug. bestimmt: daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 2) Durch ein Dekret [...] ist der Termin der Amnestie für [...] verlängert (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 2) Der Hr. Präfekt [...] hat einen Befehl erlassen, daß die Jäger (...] Der Hr. Präfekt führt in seinem Befehle folgende Stelle eines berühmten Naturkundigen an: „[...] (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9 1811, Beil., o.S = S. 2) veranlassen die neue Bekanntmachung des folgenden Beschlusses (Bonner Nachrichts- und Anzeige-Blatt 3.10.1813, o.S. = S. 1) Nach Wieder-Einsicht der Artikel [...] welche folgendermaßen lauten: (Bonner Nachrichts- und Anzeige-Blatt 3.10.1813, o.S. = S. 1) Cirkularschreiben des Herrn Prefekten (Bonner Nachrichts- und Anzeige-Blatt 3.10.1813, o.S. = S. 2). Das Amtsblatt vom [...] enhält nunmehr das von den Kammern genehmigte Gcsez wegen (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) In allen Theilen der Hauptstadt sind Zettel angeschlagen, des Inhalts, daß (Baireuther Zeitung 29.7.1819, S. 687) In dem Schreiben [...] sagt er unter andern: (Baireuther Zeitung 29.7 1819, S. 687) Die Zeitung von [...] enthält folgende Berechnung: (Bonner Wochenblatt 30.3.1826, o.S. = S. 3) Der Justizminister warnt durch ein Umlaufschreiben seine Untergebenen, alle Depeschen mit Vorsicht zu öffnen (Allgemeine Zeitung 9.11.1830, S. 721) Der Globe enthält folgende Briefe von der spanischen Gränze: (Allgemeine Zeitung 9.11.1830, S. 721) Die Polizeidirektion von Kassel hat folgende Bekanntmachung erlassen: „[...] (Allgemeine Zeitung 9.11.1830, S. 722) [...] ward ein Polizei-Commissär benachrichügt, daß ein junger Mann [...] Worte geäußert habe, die auf [...] hin zu deuten schienen (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 2) Nach einer Verfügung des Finanzministers (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 3) Ein unlängst aus Paris zurückgekehrter Offizier erzählt [...] Folgendes: „[...] (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 3) Man schreibt aus Breslau unterm 14. Mai: „[...] (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 1) Die Königsberger Zeitung enthält folgende Mittheilung aus Königsberg: „[...] bemerkt die Königsberger Zeitung, „[...] (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 2) Wir theilen daraus folgende wahr und tief gefühlte Stelle mit: „[...] (Mainzer Zeitung 3.1.1848, o.S. = S. 2) 1 3 0 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Die Allg. Preuß. Zeit, enthält folgendes Schreiben von der Posenschen Gränze: (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 15.4.1848, o.S. = S. 2) Unserer Zeitung liegt heute folgende Bekanntmachung bei: (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 15.4.1848, o.S. = S. 3) geben wir nachträglich noch einen Auszug aus einem uns gtitigst zur Benutzung mitgetheilten Briefe eines Offiziers (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 1) einen Aufruf (...) erlassen, in dem es unter anderem heißt: „[...] (National- Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 1) Das heutige Regierungsblatt enthält nachstehende Verordnung: „[...] (National- Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 1) Die (halboffizielle) Wiener Zeitung erklärt sich in einem räsonnierenden Artikel ganz energisch gegen die Selbständigkeit Polens. Es heißt hier unter Anderem: „[...] (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 1) Die Leipziger Zeitung enthält einen Auffuf des Ministeriums des Innern an alle Gemeinden (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2) Gleichzeitig ist folgende Ansprache an die Bewohner [...] erlassen: (National- Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2) Die „Schlesw.-holst. Zeitung“ enthält eine scharfe Ansprache an (National- Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2) (...) sagt dieses freisinnige Blatt, [...] (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 3) Die Pos. Zeitung enthält folgende Bekanntmachung: (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 1) Die Pos. Ztg. giebt zugleich den Text einer solchen Zuschrift des Polnischen Partisanen-Corps; sie lautet wörtlich: (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 1) Die „Trier. Ztg.“ enthält eine Bekanntmachung (...) in welcher es nach Erwähnung des Bekannten heißt: (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2) Die Pariser Blätter (...) enthalten folgende telegraphische Depesche: „[...) (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4) Die New-Yorker Deutschen haben folgenden offenen Brief an das freie deutsche Volk von deutschen Bürgern Amerika’s ausgehen lassen: „[...] (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4) Die Krlsr. Z. schreibt: [Textwiedergabe ohne Anführungszeichen, uhz ] (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. lc) Der (...) Ausschuß (...) hat so eben Folgendes bekannt gemacht: „[...] (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 2c) „Wir erlauben uns,“ schließt das Aktenstück, „nur (...) (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3a) Der neueste österreichische Lloyd bringt den (...) Protest des (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3a) Der Berichterstatter der Kommission Perrée schlägt folgende Fassung des 4. Artikels vor, [...]: „[...] (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3c) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 131 Die Gazeta veröffentlicht heute nachstehende Kundmachung des [...]: „[...] (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3c) In Rom hofft man laut französischen Blättern, „[...] (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 4a) Aus Neapel schreibt ein Schweizeroffizier [...] an seine Verwandten in Bern: „[...] (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 4a) So z.B. sagt sie in Betreff der „Reformjuden“ Breslau’s: „[...] (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 2a) Folgende Bekanntmachung ist dem Text derselben vorausgeschickt: „[...] (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 2c) Die Tagespresse wirft heute einige Blicke in das neue Kaiserreich; unter anderm sagt „Courrier Français“: „[...] (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3b) Ueber das Gefecht der Russen mit den Szekler berichtet ein Siebenbürgisches Blatt: „[...] (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) Folgende Proklamation an die Bürger von Kronstadt hat der Russische General erlassen: „[...] (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) Der „Bresl Ztg.“ meldet eine Magyarische Korrespondentz: [ohne Anführungszeichen, uhz ] (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) Die Estafette bringt ein Privatschreiben aus Turin vom 24. Februar, worin es heißt: [ohne Anführungszeichen, uhz ] (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3c) Wie aus der seiner Zeit zur öffentlichen Kenntniß gebrachten Cirkular-Note vom 28. Mai bekannt (Aachener Zeitung 22.6.1849, o .S. = S. la) Oberst Frapolli erklärt in der „Presse“, es sey nicht wahr, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2b) sandte er eine Proklamation an die Römer, worin es heißt: „[...] (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2b) Der Ober-Befehlshaber [...] hat folgende Bekanntmachung erlassen: (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. la) Die Karlsr. Ztg. enthält folgenden Heerbericht: [ohne Anführungszeichen, uhz ] (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. la) Der „Lloyd“ theilt ein [...] Gebet mit [...] Wir glauben unsem Lesern einen Dienst zu erweisen, wenn wir das interessante Aktenstück hier aufnehmen „[...] (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2a) heißt es in dieser Note (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2b) Die Allg. Augsburger Zeitung enthält folgende Erklärung: [ohne Anführungszeichen, uhz ] (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2c) Die „Deutsche Zeitung“ enthält folgende Erklärung: (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2c) die den Stoff verarbeitende Deduction beginnt [...] also lautend: „[...] (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, Beil., o.S. = S. lb) 1 3 2 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Berichterstattung über Debatten: [Paris, „Rath der Alten“: ] Einige Mitglieder verlangten, daß [...] aber die meisten wollten, daß man sogleich darüber stimmen solle. Median gab zu erwegen, daß [...] Goupil Prefein war derselben Meinung; allein sie drangen nicht durch Median sprach nun über den Beschluß selbst: „[...] (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 4) und verhehlte der Kammer nicht: „daß (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) und schloß seine Rede mit folgenden Worten: „[...] (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) In der Deputirtensizung vom 23. Dec. kündigte Hr. [...] einen Vorschlag [...] an. Nach stürmischen Debatten über die Zulässigkeit dieses Vorschlags wurde er [...] aufgefordert, ihn auf der Stelle zu machen. Er lautete so: „[...] - Hr. v. Bouville: [...] Großer Lärm. Ja und Nein durcheinander. - Hr. Bellart: [...] (Gemurmel.) [...] Man ruft: [...] Hr. Bordeaux: [...] Die Kammer beschloß endlich [...] (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 6) [Aus einer badischen Ständekammer: ] Se. Königliche Hoheit bezeugten Höchstihre Zufriedenheit [...] Die Deputation der zweiten Kammer überreichte drei Dankadressen: 1) Wegen [...] In Beziehung auf die erste äußerten Höchstsie: „[...] (Baireuther Zeitung 29.7.1819, S. 685) [...] (Der Landtagsabschied wurde hierauf gelesen, worauf Se Excellenz fortfuhr: ) (Allgemeine Zeitung 9.11.1830, S. 723) Die provisorische Regierung stattete der Versammlung Rechenschaft über ihre Staatsverwaltung [...] ab. [...] doch ermuntere sie die Versammlung [...] Ledru Rollin bestieg hierauf die Tribüne, um [...] die Reihe der Spezialberichte zu beginnen. [...] Er entwickelte alle die gegen ihn gerichteten Angriffe mit viel zu großer Empfindlichkeit, während er den Nadelstichen des Constitutionei gänzliche Verachtung hätte entgegensetzen sollen. [...] als der Redner die gesellschaftlichen Wunden aufriß und Heilmittel forderte (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3) (Langanhaltende Bravo’s.) [...] (Stürmischer und wiederholter Beifallsruf, [...] Lange Aufregung.) (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4) [Berlin, Sitzung des „politischen Clubbs“: ] Herr Jung als Vorsitzender eröflhete die Sitzung damit, daß er [...] vorschlug [...] Herr Sachs erklärte darauf [...] Hr. Jung verteidigte sich nun gegen [...] Seiner Meinung nach müsse [...] Der Redner schloß mit der Bemerkung, daß [...] Ihm entgegnete [...] ist er der Meinung [...] beharrt [...] erklärte [...] nach dessen Ansicht [...] protestirt gegen [...] erklärt [...] beharrte [...] hält [...] für [...] protestirte gegen [...] dringt darauf [...] stellt die Frage: ob [...] berichtete [...] erklärte [...] Die Versammlung beschließt [...] schlägt schließlich vor, [...] (National-Zeitung 11.5.1848, Beiblatt, o.S. = S. 1) [Berlin, „Constitutioneller Clubb“: ] Hr. [...] hielt einen längeren Vortrag [...] berichtete [...] theilte mit [...] gab ferner Nachrichten [...] verlas einen Erlaß [...] stellte dann den Antrag [...] wies daraufhin [...] Der Redner entwickelte sodann die Gründe für [...] er schloß endlich mit [...] Der Antrag [...] auf den Vorschlag [...] Ein fernerer Antrag [...] nachdem [...] darauf hingewiesen hatten [...] (National-Zeitung 11.5.1848, Beiblatt, o.S. = S. 1) [London, Oberhaus: ] In der vorigen Sitzung des Oberhauses stellte Lord Aberdeen die Frage [...] Marquis Lansdowne erklärte [...] Lord Aberdeeen [...] hält D er Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 133 aber dafür, daß (...) Marquis Lansdowne berichtigt die Frage dahin, daß [...] (Hört! ) Lord Aberdeen ergriff noch einmal das Wort und erinnert an [...] Markis Lansdowne hob noch einmal hervor [...] (Hört, hört! ) Obgleich Lord Brougham damit einverstanden ist, daß [...] Gleichen Gesichtspunkt nimmt Markis Londonderry ein. (...) Vorgestern hatte Gladstone die Aufmerksamkeit des Hauses auf (...) gelenkt, auf deren Entstehen er einging. [...] Herles schiebt (...) alle Schuld zu (...) in der gestrigen Sitzung zeigte Lord (...] an (...) erklärte (...) andere sprachen sich für (...) aus (...) nachdem Lord (...) seine Einwendung dawider fallen ließ (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2b/ c) 4 .3 .5 Prädikationstyp : VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN oder RELATIVIEREN Dieser Prädikationstyp wird ähnlich wie CHARAKTERISIERUNG einer Hauptprädikation als MEINUNG und BEWERTUNG einer Hauptprädikation jetzt zunehmend dazu benutzt, die Kommunikationsstrategie bestimmter Medien oder politischer Gruppen öffentlich zu thematisieren und dabei auch zu bewerten. Das Gewicht zwischen kommunikationsreflexiver Neben- und informierender Hauptprädikation verschiebt sich: Wirkungen von Nachrichten, Beeinflussungen, „Stimmungsmache“ werden häufig explizit dargestellt und werden so selbst zur Nachricht. Es sind fünf syntaktische Realisierungsformen (a - e) zu unterscheiden: a) Realisierung mittels ‘Obersatzrest mit Objektsatz’: In andern Briefen aber lautet es anders, da heißt es, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 9.12.1786, o.S. = S. 2) Hieraus erhellet klar, daß (Bayreuther Zeitungen 26.11 1789, S. 1055) Ganz falsch ist es, daß (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1055) Hieraus können mit dem Publikum vernünftige Leute die Unwahrheit Ihres Correspondenten abnehmen, daß (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1055f.) Aus Paris kommt zum andemmal das Gerücht, daß (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1056) Er hat kürzlich Mons. dTvemois widerlegt, welcher behauptet hatte, daß (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. 2) Hier gehet das Gerücht, der General (...) Nach andern Nachrichten (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. 2) Aus Briefen aus Korfü erhellt, daß alles was man über die ehemaligen venezianischen Inseln verbreitet hat, ungegründet war. (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 5) Das Gerücht ist allgemein, unser König werde (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 1) Als zuverlässig weiß man, daß (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 4) Ein Gerücht sagt (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 4) Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Man versichert, daß (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 2) und daß die Zoll-Abgaben [...] verringert würden, wird für ungegründet erklärt (Zeitung fiir Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 2) Es bestätigt sich von mehreren Seiten, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 18.9.1811, o.S. = S. 3) Man vermuthet, sie seyen (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) Man weiß im Gegentheil aus guter Quelle, daß (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 7) In Düsseldorf herrscht große Besorgniß auf das Gerücht hin, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. lb) so viel ist gewiß, daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 4) obgleich Parreno in den von ihm besoldeten Blättern „Vapor“ und „Guarda naciona“ das Gerücht ausgesprengt hat, daß (Zeitung fiir Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, o.S. = S. 3) La Presse bestätigt dies durch die Meldung, daß (Mainzer Zeitung 2.1.1848, o.S. = S. 1) Obwohl die Gaceta von [...] noch nichts enthielt, so hieß es doch allgemein, man wolle (Mainzer Zeitung 2.1.1848, o.S. = S. 3) Von allen Seiten kommt uns die Versicherung zu, daß (Mainzer Zeitung 2.1.1848, o.S. = S. 3). Aus sicherer Quelle vernehmen wir, schreibt die „Reforme“, daß (National- Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 3a) Man glaubt, daß (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 3b) So eben, Nachmittags 4 Uhr, erhalten wir die zuverlässige Nachricht, daß (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2a) Aus dem Königreiche Polen haben wir die gänzlich zuverlässige Nachricht erhalten, daß (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2a) Gestern verbreitete sich das Gerücht (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 2a) Soeben verbreitet sich das Gerücht [...] auf die Nachricht hin [...] Diese Nachricht kann ich übrigens nicht verbürgen. (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 2c) Aus sicherer Quelle kann ich Ihnen die erfreuliche Nachricht melden, daß (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 2c) Die Alba vom 23. meldet als bekannte Thatsache, daß (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 4a) Den erwähnten Gerüchten und Andeutungen gegenüber macht seit den letzten Tagen ein anderes die Runde, welches behauptet, der Ministerpräsident Heinr. v. Gagem, der nach dem Ausdruck des erwähnten Journals .„jetzt den „Königsmacher“ unter den Potentaten Deutschlands spielt“, werde (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. lb) Daß [...] bestätigt sich vollkommen. Ungegründet aber ist die Angabe (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. lb) D er Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 1 3 5 Ich sprach mit ihnen. Sie versicherten mir (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. lc) Die Nachricht zirkuliert hier als ganz gewiß und wird durch einen Artikel in der heutigen Prager Zeitung (dem Regierungsblatte) halb bestätigt (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3a) D ie Vermuthungen, daß [...] scheinen immer mehr Wurzel zu fassen (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3a) Heute verbreitete sich hier das Gerücht (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S = S. 3c) Dazu paßt, daß der Dänische Gesandte selbst erklärt haben soll (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. la) In Düsseldorf herrscht große Besorgnis auf das Gerücht hin, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. lb) In gewissen Kreisen will man hier mit Bestimmtheit wissen, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) Die Alba von Florenz will wissen, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3a) Wenn es wahr ist, wie die Presse heute glauben zu machen sucht, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3b) Man will wissen, daß (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3c) Man will weiter wissen, es sey (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3c) Nur soviel ist sicher, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. lc) Die hiesigen Agenten des Hauses [...] werden in Verfolg der in der gestrigen National-Zeitung enthaltenen Notiz [...] in öffentlichen Blättern erklären, daß ihnen ein solcher Brief nicht zugegangen sey (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. lc) Aus guter Quelle vernehme ich Folgendes: (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2b) Ein demokratisches Blatt versichert, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S = S. 2c) Dürfte man der Estafette Glauben schenken, so wäre (...) Man versichert, sagt sie (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2c) Man behauptet das Siecle soll suspendirt werden. Das Siecle bestätigt selbst, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 3a) Es ist jetzt mehr als gewiß, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S = S. 2a) Wir müssen vermuthen, daß (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2a) b) Realisierung des Prädikationstyps ‘VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN’ mittels Einleitung zur Textwiedergabe: die Einnahme von Cladova, welche nun mit der eben ankommenden 47sten Beylage zur Wiener Zeitung sich folgendermassen bestättigt: (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1053) 1 3 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Wir sind der Wahrheit, wenn wir, durch Correspondenten verleitet, uns an ihr vergangen haben, augenblicklich Genugthuung schuldig, und thun es immer gerne; am liebsten aber, wenn wir so gründlich wie in dem nachfolgenden Schreiben eines bessern belehrt werden: (BayreutherZeitungen 26.11.1789, S. 1055)51 In unserer Gazette erscheint heute folgendes, zweifelsohne unter Authorität: (BayreutherZeitungen 17.5.1791, S. 512) so lassen wir die lezten drei Briefe von drei unsrer Korrespondenten, die wie man leicht sehen wird, verschiednen Meinungen zugethan sind, zum Beweise unsrer Unparteilichkeit unverändert und hintereinander hier abdruken (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 7) c) Realisierung des Prädikationstyps im selbstständigen Einfachsatz bzw. Satzgefüge: Die Gerüchte wegen [...] dauern indeß fort (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. 1) Der linke Flügel der Oestreichs. Armee scheint sich immer mehr gegen Ulm auszudehnen (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 3) die in auswärtigen Blättern vorkommende Angabe, daß [...] ist ohne Grund. (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 2) Die Nachrichten über Carthagena sind noch immer widersprechend. (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) Der National kündigt, nach Briefen aus London vom 30 Okt. die wohl noch der Bestätigung bedürfende Nachricht an, daß (Allgemeine Zeitung 9.11.1830, S. 721) Die Madrider Nachrichten vom 4. Dec. bestätigen die schon am 10. Dec. auf telegraphischem Wege von Bayonne nach Paris gelangte Angabe von (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 1) Von glaubwürdiger Seite ging uns diese frohe Kunde zu (Mainzer Zeitung 2.1.1848, o.S. = S. 1) Das Gerücht, wonach [...] macht leider die Runde durch alle Journale. Irren wir nicht, so veröffentlichte die berliner Zeitungshalle zuerst einen Pariser Brief, worin e s hieß, daß Depeschen von hier aus nach Berlin und Wien abgegangen seien, denen Armeen bald folgen dürften. Diese Angabe entbehrt noch jedes Grundes (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2c) Wir geben diese Nachricht, ohne uns fiir deren Verbürgtheit besonders zu verbürgen (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2a) Aus zuverlässiger Quelle, meldet die „Aachener Zeitung“ gehen uns gegenwärtig nähere Data über [...] zu (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2a) D ie Erzählungen, die man aus sicherster Quelle über das Loos der Gefangenen erfährt, sind arg (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3a) Vom Kriegsschauplätze hören wir außer unsichem, munkelnden Gerüchten [...] so gut w ie nichts (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3a) 51 Hier liegt der Prädikationstyp 4.3.5 vermischt mit 4.3.4 und 4.3.6 vor. Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 1 3 7 Die Nachrichten, welche mit dem „Nikolai I.“ aus St. Petersburg eingegangen, widerlegen die Gerüchte von einer Reise des Kaisers (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) Der Moniteur erklärt die Behauptung eines gestrigen Blattes, wonach der Alpenarmee der Befehl zugegangen sei, in Piemont einzurücken, als ungegründet (s. Nr. 38 d. Z.) (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3c) Diese Nachricht kann ich übrigens nicht verbürgen (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 2c) Nach Berichten des Lloyd-Journals vom 24. erweist sich die Angabe der Allgem Ztg. von dem Abzug der feindlichen Flotte als unrichtig. Die Flotte lag vielmehr in [...] (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3a) Dies Ausstreuen falscher Lärmgerüchte scheint Taktik der Klubs zu sein, um (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3b) Die vorgestern verbreitet gewesenen Gerüchte von [...] entbehren für jetzt allen Grundes (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. lc) Heute versicherte man mit ziemlicher Bestimmtheit, daß [...] Briefe aus Pesth vom 17. erwähnten indessen davon nichts (Mainzer Zeitung 26.1.1849, o.S. = S. 3a) In Berlin will man wissen [...] Ehe dies nicht offiziell erklärt worden, wird es wenig Glauben finden. [...] Schon wahrscheinlicher klingt, was andere Berichte melden (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. la) Ein vielfach verbreitetes Gerücht [...] hat zu einem diplomatischen Notenwechsel Veranlassung gegeben (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. lc) Die Gerüchte von [...] müßten denn mehr als bloße Gerüchte seyn (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) An der Börse ging das Gerücht, die Oesterreicher wären bereits in Rom eingerückt, eine Nachricht, die mindestens Bestätigung bedarf (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3c) Von den durch die Zeitungen gemeldeten großen Verlusten der Preußen sowie von [...] sprechen diese Briefe Nichts (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. lc) lieber Grund und Zusammenhang dieses Konflikts verlauten sehr unsichere, einander zum Theil widersprechende, Versionen (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. lc) Die Nachricht, welche gestern in Frankfurt einlief, daß [...] ist völlig ungegründet. (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2b) Nach der bisherigen Haltung des Kabinetts zu urtheilen, sind solche Gerüchte mit großer Behutsamkeit aufzunehmen (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2c) Diese Nachricht stimmt durchaus nicht mit den Mittheilungen zusammen, die ich aus verlässiger Hand erhalten (Aachener Zeitung 2.6.1849, Beil., o.S. = S. lb) Wiederholt tauchen in unsem Blättern Gerüchte von den Siegen (sic) (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. lb) 1 3 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Uebrigens sind die Zeitungsnachrichten von dem drohenden Bruch zwischen Oesterreich und Preußen irrig, mindestens voreilig (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. lc) Unsere Zweifel an der Richtigkeit der von der National-Zeitung gestern mitgetheilten Nachricht über den großen Sieg der Ungarn, werden heut von dieser Zeitung selbst bestätigt (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2a) d) Realisierung des Prädikationstyps VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN mittels Adverb: der Meinung Ihres Wiener Correspondenten nach (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1056) Hier gehet das Gerücht, der General [...] Nach andern Nachrichten (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. 2) Nach den Nachrichten die man von andern ähnlichen Verhaftungen hat, scheinen sich diese auf Schriftsteller und Studierende zu beschränken (Baireuther Zeitung 29.7.1819, S. 685) Sicherem Vernehmen nach (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) Nach verschiedenen glaubwürdigen Berichten werden (Mainzer Zeitung 3.6.1848, o.S. = S. 3a) In Kaiserslautern soll nach vielfach mir zugekommenen Nachrichten heute Morgen (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 3b) e) Realisierung des Prädikationstyps VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN in unselbstständigem Satz (Attributsatz und andere): Daß man Ihnen einen falschen Bericht gegeben hat, beweiset (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1055) welches weder wahr noch wahrscheinlich ist (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 511) wobey letzterem [dem Wiener Hof, UHZ] nicht gleichgültig seyn kann, sie im Publico beglaubt werden zu lassen (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 513) die Tugendrichter [...] zu Boden zu schlagen gesucht, indem er sie in einer simulirten Korrespondenznachricht aus Berlin [...] vor das Volk hingeworfen (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 7) Seit einigen Tagen spricht man hier nur von dem Einfall der Konstitutionellen, deren Zahl jeder nach seinen Wünschen angibt (Allgemeine Zeitung 9.11.1830, S. 721) wenn man den aus revolutionärer Quelle herrührenden Briefen glauben darf (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, o.S. = S. 2) wie noch neuerlich von bewährten Naturforschern berichtet worden ist! (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 4) D er Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 139 Das syntaktische Muster a) ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ (51-mal belegt) bleibt vorherrschend. Aber die standardisierungsfreie Realisierung der Prädikation mittels eines unabhängigen komplexen oder einfachen Satzes (31-mal belegt) - hier ist lediglich die Verwendung der Modalverben scheinen und sollen typisch - ist ebenfalls noch häufig belegt. Dies entspricht dem hohen Explizitheitsgrad, mit dem die Prädikation des Einstufens der Verbürgtheit in dieser Zeitspanne formuliert wird. Sogar die Einleitungen zu direkt wiedergegebenem Text (4-mal belegt) dienen dieser Einstufung und machen eine Funktion des wörtlichen Zitierens deutlich, die deijenigen des philologischen Belegs für eine Auffassung ähnelt.52 Die Form des Attributsatzes ist völlig singulär geworden und reiht sich in die kleine Klasse der abhängigen Sätze ein (insgesamt 7-mal belegt). Eine Tendenz zur Komprimierung mittels Präpositionaladverb (6-mal belegt) ist dagegen kaum auszumachen. Unabhängig von der Wahl der syntaktischen Form weist der Wortschatz quantitative Schwerpunkte sowohl im Bereich bestimmter semantischer als auch im Bereich bestimmter Wortbildungsparadigmen auf. Das folgende semantische Paradigma wird in irgendeiner der möglichen Varianten 9-mal realisiert: ^ guter ^ zuverlässiger/ n Quelle gewisser/ n ^ Seite sicherer/ n Kreisen glaubwürdiger/ n Hand V . revolutionärer/ n J Ferner gehören einige Glieder des attributiven Paradigmas zugleich einem Wortbildungsparadigma an, dessen übrige Glieder ebenfalls zu den häufiger gewählten Lexemen zählen. gewiß, gewisser steht in paradigmatischer Beziehung zu: wissen (4-mal); sicher steht in paradigmatischer Beziehung zu: versichern (5-mal), Versicherung (1-mal), sicherem Vernehmen nach (1-mal), 52 Das verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein „Akademikerüberschuss“ herrschte; die nicht in den Staatsdienst übernommenen, humanistisch-philologisch Gebildeten wanderten vielfach zur expandierenden Presse ab. 140 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts glaubwürdig steht in paradigmatischer Beziehung zu: glaubwürdige Berichte, Verbürgtheit, verbürgen, glauben (2-mal), Glauben schenken, Glauben fin den, im Publico beglaubt werden lassen. Somit sind insgesamt vier miteinander vernetzte lexikalische Paradigmen, wenn auch unterschiedlicher Art, belegt. Es kommen weitere Wortbildungsparadigmen hinzu, für die im hier zugrunde gelegten Korpus lediglich eine teilweise Vernetzung belegt ist: verlauten (1-mal), anders lauten (1-mal) [dazu: andere Nachrichten (1-mal)]; sich bestätigen (8-mal), der Bestätigung bedürfen(d) (2-mal); wahr (2-mal), wahrscheinlich (2-mal), Wahrheit (1-mal), Unwahrheit (1-mal). Dazu tritt das antonymische Paradigma über Unwahrheit, das mit dem vorstehenden vernetzt ist: fa lsc h (3-mal), irrig (1-mal), ungegründet (5-mal). ungegründet ist vernetzt mit dem Wortbildungsparadigma: ohne Grund (1-mal), {jedes) Grundes entbehren (2-mal). Lediglich die folgenden Lexeme lassen sich in keiner Weise an im Korpus belegte Paradigmen anschließen: Gerücht (22-mal), M einung (2-mal), Vermuthung (1-mal), dazu vermuthen (2-mal), behaupten (3-mal), erklären (1-mal), verbürgen (1-mal), erhellen (2-mal), widersprechend (2-mal), widerlegen, eines bessern belehrt werden (je 1-mal), m it Bestim m theit, unter Authorität, offiziell (je 1-mal). Für das auffallend häufig gebrauchte Gerücht existieren weder Ableitungen noch Zusammensetzungen und es scheint auch nicht Bestandteil musterhafter syntagmatischer Verknüpfungen zu sein. Für die Übrigen sind mögliche semantisch-paradigmatische Relationen oben durch Nebeneinanderordnung angedeutet. Ihre Variation mittels Wortartenwechsel ist in einem umfangreiche- Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 141 ren Korpus durchaus vorstellbar. Es bleiben somit nur folgende Lexeme singulär und ohne jegliche paradigmatische Vernetzung belegt: nach seinen Wünschen, simuliert, fro h e Kunde Möglicherweise hat in diesen Fällen die ironische Absicht des Schreibers zu einer originelleren Wahl der Ausdrucksmittel geführt. Insgesamt zeigen die lexikalischen Realisierungen dieses Prädikationstyps die herausragende Rolle paradigmatischer Relationen bei der Formulierung. Die Variation des Ausdrucks orientiert sich an einem semantischen Rahmen, der durch Wortbildungsbezüge weiter eingeschränkt wird. 4.3.6 Prädikationstyp: Anaphorische Kohärenzstiftung In syntaktischer Hinsicht lassen sich bei diesem Prädikationstyp zwei Klassen von Mustern unterscheiden: einmal die Attributsätze, zum andern alle übrigen syntaktischen Formen: a) Realisierung des Prädikationstyps durch Attributsätze: In der Deputirtensizung vom 23. Dec kündigte, wie gestern erwähnt, Hr. (Allgemeine Zeitung 2 .1.1816, S. 6) wie bereits gemeldet, (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 2) Die Abreise des Sultans erfolgte nicht, wie früher gemeldet, am 25. sondern erst am 29. April gegen 10 Uhr Morgens (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, o.S. = S. 3) Die Preußen haben Fridericia, wie bekannt, besetzt (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 2b) Der Conflikt, der, wie schon berichtet (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 3b) Wie wir gestern schon dem hiesigen Publikum durch ein Extrablatt anzeigten, so (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. la) Dann kam (wie wir gestern, No. 37. d. Z., auch schon gemeldet) die Angelegenheit von Schleswig-Holstein zur Sprache (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 3a) Es hat sich jetzt herausgestellt, daß, wie ich Ihnen schon früher schrieb, (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2a) Dieser Tage wurde (wie bereits gemeldet) der bekannte (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, o.S. = S. 2c) Für die Realisierung mittels Attributsatz lässt sich also als elliptisches Grundmuster ‘wie plus Partizip Perfekt’ angeben. Das Partizip kann zwei lexikalischen Paradigmen entstammen, einmal den Verba dicendi (hier melden, schreiben, berichten, am eigen, erwähnen) und zum Zweiten den Verben des 1 4 2 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Wissens (hier nur b eka m t sein). Das Grundmuster ist häufig durch Temporalangaben (hier bereits, früher, gestern, schon) erweitert, zu denen vereinzelt Instrumentalangaben (hier durch ein Extrablatt, No. 37 d.Z.) hinzutreten können. In drei von neun Fällen ist die Ellipse aufgelöst und an die Stelle des Partizips tritt ein Subjekt (wir, ich) und die entsprechende Verbform eines Vergangenheitstempus. Handelt es sich dabei um das Perfekt, kann das finite Verb entfallen, so dass eine äußere Übereinstimmung mit dem Partizip entsteht: wie wir [. ..] gem eldet. b) Realisierung des Prädikationstyps durch sonstige Konstruktionen: Schon neulich meldeten wir aus Temesvar die Einnahme von (Bayreuther Zeitungen 26.11.1789, S. 1053) daß es mit Avignon beym alten bleiben soll (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 511) die Angelegenheiten in Pohlen (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 2) Die Armenanstalten und das Hospitalwesen von Paris hatten durch die Revoluzion bekanntermaßen so sehr an ihren Einnahmen gelitten (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 24.11.1798, o.S. = S. 5) D ie Nachricht von [...] ist zuvoreilig gewesen (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 2) Der Fürst [...] war bekanntlich [...] (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 1) w egen der neuen Organisation der Wahlen (Allg. Zeit, vom 29. Dec.) (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 5) Schon seit mehreren Wochen sprach man von einer nahen Vertagung unserer Kammern (Baireuther Zeitung 29.7.1819, S. 685) Übrigens erfährt man seit langer Zeit von derselben nichts weiter, als daß (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 2) Hiernach ist denn auch unsere frühere Mittheilung zu berichtigen (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, Beil., o.S. = S. 2) Zur Vervollständigung der bereits in der Kürze mitgetheilten Nachrichten vom Kriegsschauplätze dienen folgende telegraphische Depeschen: (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, o.S. = S. 2) D er bereits erwähnte Zug des Gen. Damremont gegen Belida hat sehr wenige Menschen gekostet (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, o.S. = S. 3) daß der berüchtigte Zaun wirklich ermordet worden sey (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 1) Unsere gestrige Mittheilung ist dahin zu berichtigen, daß (Berlinische Nachrichten von Staats-und gelehrten Sachen 15.4.1848, o.S. = S. 2) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 143 D ie in unserer gestrigen Zeitung mitgetheilte Nachricht, daß [...] ist ungegründet (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 15.4.1848, o.S. = S. 2) Unsere Blätter haben gestern das königliche, vom 1. d. M. datirte Schreiben mitgetheilt, durch welches (National-Zeitung 10.5.1848, o.S. = S. 3c) Zur Vervollständigung und Berichtigung unserer früheren Mittheilungen mögen folgende Notizen dienen: (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2a) In unserm gestrigen Bericht über die nach Kiel gelangte Stafette, ist zu lesen „nach Fühnen“, statt „nach Flensburg“ (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 3a) Der Sohn des Justizministers [...] welcher bekanntlich (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2a) Wir haben (s. Nr. 144 u. 146) gesehen, wie (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. la ) Wie aus einer durch die öffentlichen Blätter mehrfach geschehenen Aufforderung bereits bekannt seyn wird, (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2a) Dieselben sind (gelegentlich bemerkt) gestern zum Neckarheer abgegangen (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 3b) Bekanndich ist Prinz (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, o.S. = S. la ) Es ist durch die Presse vor längerer Zeit zur Sprache gebracht worden, daß (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, o.S. = S. lb) Es hat schon mehrmal in diesem Blatte die Ankündigung gestanden, daß (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, Beil., o.S. = S. la) Auch in diesen syntaktischen Konstruktionen spielt bei der Realisierung der Prädikation der anaphorischen Kohärenzstiftung eine Temporalangabe die zentrale Rolle. Der Bereich, innerhalb dessen Kohärenz hergestellt wird, ist nicht auf die jeweilige Zeitung beschränkt, sondern kann jetzt auch die gesamte Presse oder die öffentliche Diskussion umfassen. Außer den Temporalangaben lässt sich bei allen syntaktischen Konstruktionen eine, wenn auch nicht umfangreiche, lexikalische Klasse allgemeiner Themenkennzeichnungen feststellen, bei der die Demonstrativpronomina eine wichtige anaphorische Funktion haben. Die Bezugnahme auf das Vorwissen der Adressaten mit Bezug auf bestimmte Themen soll hier ebenfalls als Anapher gewertet werden. Diese Themenkennzeichnungen sind: es bleibt m it Avignon beym alten die neue Organisation der Wahlen der berüchtigte Zaun wirklich ermordet wie bekannt, bekanntlich, bekanntermaßen, bereits bekannt 144 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Die Temporalangaben lassen sich unabhängig von der gewählten syntaktischen Konstruktion wiederum vielfach Paradigmen vor allem nach Wortbildungsbeziehungen zuordnen: neulich m eldeten (1-mal), gelegentlich bemerkt (1-mal) voreilig (1-mal) gestern (1-mal), gestern schon (2-mal), gestern erwähnt (1-mal), gestern m itgetheilt (1-mal), gestrig m itgetheilt (1-mal), gestrige M ittheilung (1-mal), gestriger Bericht (1-mal), gestrige Zeitung (1-mal), früher, früh ere M ittheilung (2-mal), frü h er gem eldet (1-mal) seit m ehreren Wochen (1-mal), seit langer Zeit (1-mal), vor längerer Zeit (1-mal) bereits, bereits bekannt (1-mal), bereits m itgetheilt (1-mal), bereits erwähnt (1-mal), bereits gem eldet gestern schon (1-mal), schon berichtet (1-mal), schon m ehrmal (1-mal), schon frü h er (1-mal). Der Wortschatz zur Realisierung der anaphorischen Bezugnahme und Kohärenzstiftung in Bezug auf die eigene Zeitung und auch auf die Presseöffentlichkeit im Ganzen ist recht begrenzt, wird aber immer wieder anders kombiniert. Bei der Kombination spielen Wortbildungsbeziehungen eine wichtige Rolle. 4.3.7 Prädikationstyp: Kataphorische Kohärenzstiftung und THEMATISIERUNG der informatorischen LEERSTELLEN Wie im vorhergehenden Zeitabschnitt sind auch jetzt keine eindeutig musterhaften Formulierungen vorhanden; die Prädikation wird syntaktisch und lexikalisch völlig variabel ausgedrückt: Es stehet nun zu erwarten, ob sie gehorchen werden (Bayreuther Zeitungen 17.5.1791, S. 511) Man weiß den Erfolg noch nicht (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 2) Über die Expedition nach Constantine ist nichts Neues bekannt geworden (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 3) Man kennt den wahren Grund hiervon noch nicht (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 3) doch weiß man nicht, welcher Art diese sind (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 4) Ueber die Zahl der Gebliebenen können wir noch nichts mittheilen (National- Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 2a) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 1 45 wenigstens ist von russischer Hülfe in dem Briefe keine Rede (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4a) Ob diese Nachricht richtig, muß sich zwischen heute und morgen entscheiden. (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2c) Neuere Nachrichten aus Italien sind nicht bekannt (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 3c) Wo Ledru-Rollin sich befindet weiß man noch nicht (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 3a) und ob, wie verlautet, die Russen [...] bleibt dahingestellt, da solche Nachrichten öfters schon an’s Tapet kamen, ohne sich zu bestätigen (Aachener Zeitung 22.6.1849, Beil., o.S. = S. 2a) Diese Angaben sollen nach weiterer Bekanntwerdung anderer Wahlen zweckmäßig ergänzt und von uns mitgetheilt werden (Bonner Wochenblatt 7.4.1850, o.S. = S. la) Allenfalls die mit unpersönlichem Subjekt gebildeten Obersatzreste man weiß (noch) nicht (in den vorstehenden Belegen 3-mal), es steht zu erwarten und es bleibt dahingestellt sind standardisierungsverdächtig. Die deutlich zurückgegangene Belegdichte dieses Prädikationstyps (12 statt 35 Belege vor 1770) könnte ein Hinweis auf die gestiegene Informationsdichte sowie auf die endgültige Etablierung des kontinuierlichen Zeitungslesens sein, die die Leser werbende Ankündigung nachzuliefemder Informationen allmählich überflüssig macht. 4.3.8 Prädikationstyp: über vergangene oder zukünftige Ereignisse SPEKULIEREN Die syntaktische und die lexikalische Realisierung dieses Prädikationstyps zeichnet sich durch große Variabilität aus. Die Modalverben sollen, dürfen, wollen, die in bestimmten Kontexten eine Distanzierung des Sprechers gegenüber der wiedergegebenen Äußerung ausdrücken, sind offensichtlich das wichtigste Mittel, diesen Prädikationstyp zu realisieren. Damit nähert er sich dem unter 4 .3 . 5 behandelten Prädikationstyp die VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN an, als dessen übergeordnete Funktion in diesem Zeitabschnitt die Thematisierung von Kommunikationsstrategien in der öffentlichen Diskussion herausgearbeitet wurde. Bei einigen der nachfolgenden Belege ist es tatsächlich schwer zu entscheiden, welchem der beiden Prädikationstypen er eher zuzuordnen sei. Die Zeit der wilden Spekulationen in der Presse scheint vorüber; an die Stelle der Frage nach möglichen Informationsgehalten ist die Frage nach den Interessen und Motiven getreten, die hinter der Informationsvermittlung und Meinungsäußerung stehen Eine syntaktische Klassifizierung der Belege ist nicht sinnvoll; allerdings ist der Typ ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ häufig vertreten. 1 4 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Die Hoffnung zu einer nahen Aussöhnung scheinet eben noch nicht groß zu seyn (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 9.12.1786, o.S. = S. 3) Was folgt mm daraus? [...] und daß mittlerweile ein großer Grad von Wahrscheinlichkeit ist, daß (BayreutherZeitungen 17.5.1791, S. 512) In der That beweißt diese so geflissentlich kundgemachte Nachricht weiter nichts, als daß die Unterhandlung wahrscheinlich noch 2 Monate dauern wird (BayreutherZeitungen 17.5.1791, S. 512) In dem Churfürstl. Collegio wird wohl nächsten Freytag concludirt werden (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, o.S. = S. 1) Einige unserer Politiker wollen jetzt vermuthen, daß die Absicht der Französischen Regierung gegenwärtig dahin gehe (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. lf.) Jedoch giebt man nicht alle Hoffnung einer Friedens-Negociation auch von unserer Seite auf, und die Häupter der Opposition machen noch einmal Anstalten (Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796, Beil., o.S. = S. 2) Bestätigt sich dieses, so geht der Kongreß gewiß bald auseinander (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 3) Der Kaiserl. General [...] soll zahlreiche Verstärkungen [...] erhalten haben (Danziger Zeitung 11.4.1799, o.S. = S. 3) Man kann sich die Verzweiflung des Mannes und der 9 Kinder denken, welche (Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810, o.S. = S. 4) Hieraus schließt er, daß (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 6) Indessen läßt sich aus dem Vorhergesagten folgern, daß (Allgemeine Zeitung 2.1.1816, S. 8) Unterrichtete hielten dieses Ereigniß nicht vor dem [...] für möglich, weil (Baireuther Zeitung 29.7.1819, S. 685) A uf der Insel Malta soll das gelbe Fieber herrschen. (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 4) D ie Angelegenheiten Aegyptens scheinen bald wieder zu einer europäischen Frage werden zu sollen, denn (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 4) nach den letzten Berichten scheint er zu glauben, daß die Pforte seinen Wünschen willfahren dürfte (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 4) Ein Abentheurer, von dem man sagt, er sey früher ein Student gewesen, aber ein Schustergesell seyn soll, gab sich (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, Beil., o.S. = S. 3) w elches alles darauf hindeutet, daß es dort oben wieder nicht ganz geheuer ist und man einer abermaligen Erhebung der Republikaner entgegensieht (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. lc ) Der Gedanke liegt nahe, das Ministerium habe besorgt (Aachener Zeitung 3.3.1849, o.S. = S. 2b) Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 1 4 7 Es scheint, als ob die Sitzungen des Gerichts in Kürze ihren Anfang nehmen werden (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. lc) Man spricht heute von neuen Zerwürfnissen welche eine Modifikation des Kabinetts zur Folge haben dürften (Aachener Zeitung 22.6.1849, o.S. = S. 2c) Innerhalb des zentralen Wortschatzes ragt ein Wortbildungsparadigma heraus, unter dessen Gliedern sich auch das einzige zweifach belegte Lexem befindet: scheinen (2-mal), wahrscheinlich, Wahrscheinlichkeit. In semantischer Relation zu wahrscheinlich stehen gewiß und wohl. Eine weitere sowohl semantische als auch wortbildungsparadigmatische Relation besteht zwischen man kann sich denken und der Gedanke liegt nahe und zwischen folg ern und zur Folge haben. Bedeutungsverwandt mit folg ern sind schließen und hindeuten, insofern die Spekulation hier durch Angabe von Gründen gestützt und somit zum Raisonnement wird, vermuthen und fü r m öglich halten sind bedeutungsverwandt; allein dahingegen und Anstalten machen lassen sich keinem Paradigma zuordnen. 4.4 Zusammenfassung zum Zeitabschnitt 1770 bis 1850 Die Prädikationstypen der bis 1770 etablierten journalistischen Sprachhandlungstypen differenzieren sich nicht weiter aus; eher lässt sich eine leicht gegenläufige Tendenz feststellen, nach der das BEURTEILEN der VERBÜRGTHEIT einer INFORMATION (Prädikationstyp 5) sowie das SPEKULIEREN über unbekannte und zukünftige Ereignisse (Prädikationstyp 8) sich dem Prädikationstyp CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation ALS MEINUNG (Prädikationstyp 2) stark annähert. Eine ähnliche Tendenz ist auch für den Prädikationstyp BEWERTEN der Hauptprädikation (Prädikationstyp 3 ) festzustellen: Zu der Bewertung des mitgeteilten Ereignisses tritt zunehmend die Bewertung der Quelle, d h ihrer Motive und Interessen bei der Nachrichtenübermittlung, und verdrängt Erstere tendenziell. Die zunehmende Vermischung dieser vier Prädikationstypen führt zu Ansätzen einer neuen journalistischen Sprachhandlung, die man als THEMATISIERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN in der Presse bezeichnen könnte (siehe Synopse in 6.4). Die kohärenzstiftenden Prädikationstypen (6 und 7) sind nur noch von marginaler Bedeutung, was auf ein kontinuierliches Rezeptionsverhalten und auf den erreichten Verbreitungsgrad des Mediums Zeitung hinweist. Eine weitere Verschiebung gegenüber dem vorhergehenden Zeitabschnitt betrifft die Prädikationstypen ANGABE der QUELLE einer INFORMATION 1) und TEXTbzw. REDEWIEDERGABE 4). Quellenangaben werden einmal als formales Muster zur Realisierung von Prädikationen der Sprachhandlung THEMATI- 148 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts SIERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN aufgefüllt oder, metaphorisch gesagt, „besetzt“. Zum Zweiten werden sie verknüpft mit dem quantitativ enorm expandierenden Prädikationstyp KENNZEICHNUNG einer TEXTbzw. REDEWIEDERGABE 4). Zunächst wird letzterer in die Quellenangabe eingebettet, doch das Einbettungsverhältnis wird dann zunehmend umgedreht, insofern einer Wiedergabekennzeichnung die Angabe des Sprechers oder Autors implizit ist. Deshalb kann von einem Wechsel des dominanten Prädikationstyps in diesem Zeitabschnitt gesprochen werden. Zwischen der Wiedergabe eines geschriebenen Textes und einer mündlich gehaltenen Rede wird deutlich unterschieden, denn die Berichterstattung über politische Debatten im Zuge der Demokratisierung der Kommunikation in verschiedenenen Gesellschaftsbereichen bringt die Notwendigkeit mit sich, geeignete Formen des Berichtens über Diskussionen in Parlamenten, Versammlungen, Clubs und Vereinen zu entwickeln. In den neuen Vertextungskonventionen dieser Berichte spielt ein vergrößertes und funktional differenziertes Inventar von Verba und Nomina dicendi eine zentrale Rolle. Die Klasse der Verba dicendi wird nun prinzipiell offen für Verba sentiendi und alle sonstigen Verben, die in einem bestimmten Kontext die Funktion des Verbum dicendi mit der Funktion des Einordnens und Bewertens des Redeinhalts zu verbinden imstande sind. Gerade in der Parlamentsberichterstattung wird der sich neu herausbildende Sprachhandlungstyp THEMATISIERUNG VON KOMMU- NIKATIONSSTRATEGIEN dann benötigt, wenn den Lesern die politische Bedeutung der Rednerbeiträge und der Diskussionen insgesamt klargemacht werden soll, wie es der Aufklärung entsprach. Bei der Wiedergabe schriftlicher Texte sind zwei Textbereiche zu unterscheiden: erstens amtliche Texte, deren Wiedergabe von Beginn der zeitungssprachlichen Tradition an üblich ist, und zweitens nun meist namentlich identifizierte, als Quellen benutzte Zeitungsberichte. Auch dieser letzte neue und ausgebaute Textbereich dient der THEMATISIERUNG VON KOMMUNIKATIONS- STRATEGIEN in der Presse. Die Dominanz des syntaktischen Musters ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ ist ungebrochen und wird nahezu bei allen Prädikationstypen genutzt, und zwar immer dann, wenn „nichts Besonderes“ vorliegt, d.h., wenn die erwartbaren Prädikationen eher implizit als explizit zum Ausdruck gebracht werden sollen. Daneben werden Bewertungen und sonstige Kommentare oft explizit und ohne Befolgung irgendeines erkennbaren syntaktischen oder auch lexikalischen Musters realisiert; die stilistische Kreativität der akademisch gebildeten Journalisten des frühen 19. Jahrhunderts tummelt sich hier spürbar. Die lexikalischen Untersuchungen haben gezeigt, dass die anonymen, vagen Bezugnahmen auf die Quellen quantitativ zurückgehen und die annähernde Identifizierung des für die Formulierung der jeweiligen Nachricht verantwort- Der Zeitabschnitt von ca. 1770 bis 1850 149 liehen Sprechers zunimmt. Erst nach 1770 werden öfter Zeitungsnamen als Agens der Nebenprädikationen verwendet, seltener unpersönliches man und es oder Passivkonversen. Auch dies ist ein weiterer Beleg für den neuen Prädikationstyp THEMATISIERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN. Für den Wortschatz bestätigt sich der schon vor 1770 gültige Befund, dass die Schreiber erstens zu einem häufig belegten Kemwortschatz und zweitens zu einem bei besonderem Bedarf herangezogenen, offen variablen Peripheriewortschatz greifen. Für beide Wortschatzbereiche gilt, dass die überwiegende Menge der zur Formulierung aller acht Prädikationstypen herangezogenen lexikalischen Ausdrücke einem semantischen oder einem Wortbildungsparadigma angehört, dessen übrige Glieder ebenfalls verwendet werden. Während die semantische Verwandtschaft der dem Ausdruck eines bestimmten Prädikationstyps dienenden Lexeme nicht verwundert, lässt sich die offensichtliche und unreflektierte Bevorzugung von Wörtern, die Glieder ein und derselben Wortfamilie sind, sprachfunktional nicht erklären. Hierzu müssen Erklärungsansätze der kognitiven Linguistik herangezogen werden, die bei der Aktualisierung des Wortschatzes bedeutungsunabhängig phonologische und wohl auch graphematische Ahnlichkeitsrelationen empirisch nachweisen zu können glaubt. 150 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts S. Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 Die Pressetexte dieser Zeit werden durch zwei äußere Faktoren geprägt: die Einführung der telegrafischen Nachrichtenübermittlung und ihre kommerzielle Organisation durch expandierende Nachrichtenagenturen (vgl. Burger 1990, S. 18ff) sowie durch die sich beschleunigend und mengensteigemd auswirkenden Verbesserungen in der Drucktechnik. Dadurch steigt nicht nur die Menge der in den Redaktionen zu verarbeitenden Informationen an, sondern auch die Höhe und Frequenz der Zeitungsauflagen. Die Menge der Zeitungen wie der Umfang der einzelnen Zeitungsnummem nimmt zu. Unter anderem wirken sich die technischen Veränderungen auf die Nachrichtenübermittlung dahin gehend aus, dass die erreichten Beschleunigungen den Lesern sichtbar gemacht werden sollen, um so auf das Qualitätskriterium Aktualität hinzuweisen. Am deutlichsten wird dies im Falle der Nachrichtenübermittlung per Telegrafie. Nachfolgend werden, abweichend vom sonstigen Verfahren, alle diejenigen Äußerungen im Korpus belegt, die die allmähliche Durchsetzung der telegrafischen Nachrichtenübermittlung reflektieren. 5.1 Die Reflexion der Telegrafie Zwar wurde die Nachrichtentelegrafie in Deutschland offiziell erst 1849 eingeführt (vgl. Burger 1990, S. 18ff) und mit der Gründung des „Wölfischen Telegraphen-Bureaus“ im gleichen Jahr auch sogleich von der Presse genutzt, aber vereinzelt wird die Verwendung dieses ungewöhnlichen und neuen Übermittlungsweges schon früher erwähnt. D ie Madrider Nachrichten vom 4. Dec. bestätigen die schon am 10. Dec. auf telegraphischem Wege von Bayonne nach Paris gelangte Angabe von (Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer 21.12.1836, o.S. = S. 1) Zur Vervollständigung der bereits in der Kürze mitgetheilten Nachrichten vom Kriegsschauplätze dienen folgende telegraphische Depeschen: (Zeitung fur Städte, Flecken und Dörfer 31.5.1837, o.S. = S. 2) D ie Pariser Blätter [...] enthalten folgende telegraphische Depesche: „[...] (National-Zeitung 11.5.1848, o.S. = S. 4) In der Allgemeinen Zeitung wurde am 25.3.1850 die ungewöhnlich verzögerte Übermittlung einer Nachricht per Eisenbahn in einer Fußnote (S. 1332) festgehalten; statt 24 Stunden hätten Briefe aus Erfurt vier Tage bis nach Augsburg gebraucht. Wie die (Augsburger) Allgemeine Zeitung führte auch die Wiener Zeitung um 1850 ein Inhaltsverzeichnis am Beginn jeder Nummer, in dem keineswegs alle, Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 151 aber doch die als wichtig angesehenen Beiträge aufgelistet waren. Dieses Verzeichnis war nach den Herkunftsorten der Nachrichten geordnet, wobei hinter den Ortsnamen in Klammem bereits Themenwörter angegeben wurden Bei diesen Themenwörtem findet sich gegebenenfalls auch der Hinweis auf die neue Übermittlungsart, z.B.: Oesterreich. Wien. (Die Reise Sr. k. k. Majestät. Telegr. Privat-Depeschen.) (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3689) Im Heftinnem findet sich eine weitere, gesperrt gesetzte Überschrift, unter der verschiedene Kurzmeldungen zusammengefasst sind: Telegraphische (Privat-) Depeschen. Kassel, 12. October. ... Wilhelmsbad, 13. Oct. ... Genua, 10. O c t.... Rom, 8 Oct. Am Ende einer Nachricht aus St. Petersburg lautet die eingeklammerte Quellenangabe: (Tel. Dep. d. K. Z.) (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 3) Die Frankfurter Postzeitung bringt 1854 regelmäßige „Telegraphische Coursberichte“ auswärtiger Börsen Telegraphische Depesche. Abgegangen von Paris, den 26. April, 11 Uhr 45 Min. Vormitt. Der Redact, zugegangen den 26. April, 1 Uhr 45 Min. Nachmitt. Konstantinopel, 15. April (alle: Frankfurter Postzeitung 2 6 .4 .1854 , Beil., o.S. = S. 1 ) Tel. Depeschen der Königsb. Hartung’schen Ztg. [= Überschrift, uhz ] Angekommen in Königsberg den 16. Okt. 10 Uhr Vormittags [= petit gesetzte Zeile vor dem Meldungstext, uhz ] Angekommen in Königsberg, den 16. Okt. 12 Uhr Mittags [= petit gesetzte Zeile vor dem Meldungstext, UHZ] Angekommen in Königsberg, den 16. Okt. 8 Uhr 40 Min. Abends [= petit gesetzte Zeile vor dem Meldungstext, uhz ] (alle: Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) Meldungen aus Asien und Amerika sowie auswärtige Börsenberichte fuhren als Quellenangabe „(W.T.B.)“ für „Wolffsches Telegraphen-Bureau“ (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735f.). 152 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Bei einem Brandunglück in Königsberg selbst wird die Feuerwehr gelobt und innerhalb dieses Zusammenhangs ein falscher Gebrauch der neuen Technik hervorgehoben, die in den meisten, aber nicht in allen Fällen schneller ist als das traditionelle Glockenläuten: Das Institut hat sich, das muß jeder, der die Brandstätte in Augenschein nimmt und erwägt, daß das Feuer erst 'A Stunden nach seiner Entstehung gemeldet wurde - (der Schloßthürmer hat dasselbe naiver Weise erst Morgens halb 6 Uhr auf telegraphischem Wege gemeldet) - namentlich aber erwägt, daß die Beschaffung des Wassers so sehr viele Schwierigkeiten bietet, riihmlichst hervorgethan (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1736) Die Königlich Privilegirte Berlinische („Vossische“) Zeitung fuhrt spätestens um 1870 Kurzmeldungen unter Überschriften wie „Telegramme“, „Telegraphische Depeschen“ an; Verweise hierauf finden sich in der 2 Beilage zur Ausgabe vom 27.9.1870. Der dort zitierte Ausschnitt aus einem militärischen Telegramm zeigt deutlich Verkürzungsbemühungen auf lexikalischer (Ersetzung des Zahlworts durch die Zahlziffer) und syntaktischer Ebene (Elision der Kopula): Der Feind unternimmt nichts Ernstliches, zeigt 3 Kanonen-Böte auf der Seine. Ueberall Beschanzungen und Barrikaden bemerkbar (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung, 2. Beil., 27.9.1870, S. 1) Telegraphische Correspondenz für Fonds-Course (= Überschrift; Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung, 1. Beil., 1.1.1871, S. 6) Drei Telegramme, die zusammen als eine „telegraphische Correspondenz“ bezeichnet werden, werden in der Königlich Privilegirten Berlinischen Zeitung vom 19.1.1871, S. 4, abgedruckt. Unterzeichnende Absender sind Bismarck und der deutsche Gesandte in Rom, G raf Arnim. Die Texte sind auf die notwendigen Informationen beschränkt, enthalten aber keine syntaktisch verkürzten Aussagen wie im o.g. Beispiel. Das kürzeste der drei Telegramme lautet: Versailles, den 8. Oktober 1870. Der Bundeskanzler an den Gesandten Grafen v. Arnim in Rom. Den ersten Satz Ihres gestrigen Telegramms beantworte ich, nach eingeholtem Befehle Sr. M. des Königs bejahend. Eine entsprechende telegraphische Verwendung geht gleichzeitig nach Florenz ab. gez. v. Bismarck (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871, S.4) Zwei aufeinander Bezug nehmende Telegramme eines russischen und eines bulgarischen Fürsten werden kenntlich gemacht durch den Satz: Das Telegramm des Fürsten lautet: (Preußischer Volksfreund 10.9.1886, S. 145f). Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 153 Aus Texteinleitungen werden Überschriften, wie z.B. : Aus Pest vom 17. Januar meldet das WolfFsche Tel.-Bur.: (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871, S.7) Telegraphische Depeschen (= Überschrift; Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871, S. 8) Telegramme werden einerseits nach anderen Zeitungen, andererseits etwa nach „der Nord. Tel.-Ag.“ (St. Petersburger Zeitung vom 3./ 15.9.1888, S. 2) zitiert. D a s V e rb t e l e g r a p h i e r t w ird a ls V erb u m d ic e n d i in d ie Q u e lle n a n g a b e e in g e fugt: General Lecomte telegraphirt aus Nevers unterm 15. d.M.: (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung, 2. Beil. 19.1.1871, S. 3) Aus Prag wird der „Presse“ telegraphirt: (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 45) Telegramm wird als Nomen dicendi in die Quellenangabe eingebettet: D ie „Times“ meldet in einem Telegramm aus Versailles vom 20. d.: (Allgemeine Zeitung, Beil., 22.2.1871, S. 885) Die durch Münchener Telegramme in süddeutschen Blättern verbreitete Nachricht, Bayern werde (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 4) einem Privat-Telegramm zufolge (Berliner Tageblatt 27.7.1919, 1. Beiblatt, o.S. = S. 1; u.ö.) wie uns ein Privat-Telegramm meldet (Berliner Tageblatt 27.7.1919, 1. Beiblatt, o.S. = S. 2) Das abgeleitete Adjektiv telegraphisch wird attributivisch zu den traditionell üblichen Nomina dicendi oder adverbial zu den entsprechenden Verben hinzugesetzt: Von Pruntrut kommen telegraphische Berichte, daß (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung, 2. Beil., 19.1.1871, S. 4) Telegraphische Nachrichten vom 2. melden: (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 5) Dem [...] „Dagblad“ wird [...] telegraphisch aus Petersburg gemeldet, daß (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S .l) nach der telegraphischen Meldung (St Petersburger Zeitung vom 19.8./ 1.9 1913, S. 1) Die Einklammerung im folgenden Beispiel kann zwar als nebengeordnete, aber doch als notwendig eingestufte Aussage gedeutet werden: Ueber den (telegraphisch gemeldeten) Entwurf der revidirten Reichsverfassung schreibt die „Corr. St.“: (Allgemeine Zeitung, Beil., 22.2.1871, S. 888). 154 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Noch stärker abgekürzt und somit auf Vorwissen der Leser aufbauend ist die Angabe „T. D.“ für Telegraphische Depesche: Innsbruck, 4. März (T. D .) (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 5). Texte des Typs Kurzmeldung sind versammelt unter der Überschrift: Telegraphische Berichte (= Überschrift; Allgemeine Zeitung, Beil., 22.2.1871, S. 885). Ähnlich auch: Telegraphische Depeschen (= Überschrift; Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 8) Aus Pest vom 17. Januar meldet das WolfFsche Tel.-Bür.: (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871, S. 7) Dass die neue Technik auch Gewinne verschafft und Aktualität ihren Preis hat, wird den deutschen Lesern mit Hilfe eines britischen Beispiels verdeutlicht: Der „Daily Telegraph“ kam der Times sogar noch dadurch zuvor, daß er schon am 1. März, Abends zehn Uhr, einen Bericht in einem Extrablatt um den doppelten Preis - zwei Pence - in den Straßen Londons verkaufen ließ (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 6). Die drei Nummern der Bonner Zeitung aus den Jahren 1875, 1876 und 1891 enthalten keinerlei explizite Bezugnahmen auf telegrafische Nachrichtenübermittlung. Cannstatt, 26. April. (Feuertelegraph.) Wie verlautet, beschäftigt sich die Verwaltung der hiesigen Feuerwehr mit (sic) Einrichtung von elektrischen Feuertelegraphen und sollen die Pläne hiezu schon ausgearbeitet sein. Die Zentralstelle soll auf der Polizeiwache errichtet und damit das K. Oberamt, die Wohnungen des Obetbürgermeisters und der einzelnen Haupüeute der Feuerwehr, ferner die Wasserwerks-Inspektion und die Pumpstation verbunden werden. Desgleichen sollen diejenigen Hornisten und Tamboure, welche festen und ständigen Wohnsitz haben, in die Verbindung eingezogen werden (Tübinger Chronik 1.5.1888, o.S. = S. 2). Unter der Überschrift „Neueste Nachrichten“ sind Kurzmeldungen aus ganz Europa versammelt, die zwei bis drei Tage vor Erscheinen der Zeitung datiert sind, die im Falle der Herkunftsorte Paris, Bordeaux, Nancy und Konstantinopel also kaum anders als telegrafisch übermittelt worden sein können. Unter der Überschrift „Neueste Post“ finden sich in der St. Petersburger Zeitung vom 3./ 15.9.1888, S. 3, Kurzmeldungen aus deutschen Städten vom Vortage sowie eine zwei Tage alte Meldung aus New York; hier ist nur eine telegrafische Nachrichtenvermittlung möglich. Eine eigene Überschrift: D er Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 155 Telegraphische Depeschen. (Nordische Telegraphen-Agentur.) (St. Petersburger Zeitung vom 3./ 1 5 .9 .1888, S. 4). Telegramme der St. Petersburger Telegraphen-Agentur. (St. Petersburger Zeitung 19.8./ 1.9.1913, S. 3) versammelt ebensolche Kurzmeldungen aus Europa. In der St. Petersburger Zeitung vom 2./ 14.6.1894 wird telegrafische Übermittlung nicht mehr eigens erwähnt. Während der im Jahr 1919 nach Weimar verlegten Verhandlungen der Nationalversammlung konnte die Rolle Berlins als der Informationszentrale des Reichs nur durch die mittlerweile nicht mehr ganz so neue Technik aufrechterhalten werden. Die Aktualität der Berichte aus Weimar wird ihrer Thematik aber durch eine Differenzierung von typografisch hervorgehobener Überschrift und klein gesetztem Untertitel untergeordnet, z.B.: Die Parteien zur Rede Erzbergers (Telegramm unseres Sonderberichterstatters) (Berliner Tageblatt 27.7.1919, o.S. = S. 2) Die Organisation der künftigen Steuerbehörden (Telegramm unseres Sonderberichterstatters) (Berliner Tageblatt 27.7.1919, o.S. = S. 2) Weitere Sonderberichterstatter bzw. Korrespondenten schicken Telegramme aus Bromberg und den Haag (Berliner Tageblatt 27.7.1919, o.S. = S. 4). Alle diese Telegramme weisen keinerlei syntaktische Verkürzungen oder auffällige lexikalische Komprimierungen auf. Die eingeklammerte und abgekürzte Angabe des Informationsbezuges durch das Wolffsche Telegraphenbureau wird hinter die textexteme Orts- und Datumsangabe gesetzt, z.B.: Berlin, 26. Juli. (W. T. B.) (Berliner Tageblatt vom 27.7.1919, o.S. = S. 2, passim) Zusammenfassend kann man sagen, dass zwischen den 1860er und 1880er Jahren wohl in allen europäischen Nachrichtenagenturen die Technik der Telegrafie breite Anwendung gefunden hatte, so dass sich insbesondere bei Agenturmeldungen die Nennung des Telegrafen erübrigte. Nur in Sonderfällen wurde sie nochmals relevant. Von der Streikbewegung des Jahres 1919 blieb auch die Telegrafie nicht verschont; das Berliner Tageblatt berichtet am 27.7.1919 (1. Beiblatt, o.S. = S. 1) von einem „Telegraphenarbeiterstreik“ . 156 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts 5.2 Die journalistischen Sprachhandlungstypen Hatte der Übergang von der Faktenzur Meinungsorientiertheit schon vor 1850 die Herausbildung eines weiteren, fünften Sprachhandlungstyps, des WERTENS U ND KOMMENTIERENS, zur Folge gehabt (s. 2.3.1), so fuhrt dieselbe Tendenz in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer partiellen Entdifferenzierung aller deijenigen Sprachhandlungstypen, die nicht unmittelbar der Faktendarstellung dienen. Das heißt, dass von den nachfolgend aufgelisteten fünf Sprachhandlungstypen des Zeitabschnitts 1770 bis 1850, das sind: 1) INFORMIEREN als Beantwortung der klassischen W-Fragen wer, was, wann, wo, 2 ) erzählendes BERICHTEN als Beantwortung der Wie-Frage, 3 ) EINORDNEN des berichteten Ereignisses in die Zusammenhänge von Ursachen und Folgen; STIFTEN von KOHÄRENZ zwischen mehreren Nummern desselben Zeitungsmediums, 4) REFLEKTIEREN der Berichterstattung, der Quellen, der Widersprüche, der Nachrichtenlage, 5 ) WERTEN und KOMMENTIEREN des berichteten Ereignisses wie der Nachrichtenquelle, in der Zeit von 1850 bis 1919 die Typen 3), 4) und 5) überwiegend mittels verknüpfter und ineinander gebetteter Prädikationen realisiert werden. Der dadurch entstehende Prädikationskomplex soll deshalb summarisch dem Sprachhandlungstyp THEMATISIERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN zugeordnet werden. Trotz dieser Entdifferenzierung und Komplexbildung sind die aus der Zeit von vor 1850 überlieferten Prädikationstypen noch identifizierbar, so dass deren Formulierungsrealisierungen wie bisher dokumentiert werden können. 5.3 Die neben- und untergeordneten Prädikationstypen Es ergeben sich in diesem Zeitabschnitt in signifikant stärkerer Weise Zuordnungsprobleme von syntagmatischen Äußerungseinheiten zu Prädikationstypen dadurch, dass ganz überwiegend mehrere Nebenprädikationen mittels einer syntaktischen Einheit bzw. mittels eines Satzgefüges ausgedrückt werden. Es entstehen Komplexe von drei und mehr Hauptbzw. Nebenprädikationen. So wird etwa der Prädikationstyp ANGABE d e r q u e ll e e in e r INFORMATION dann, wenn es sich um die komplette Übernahme einer Meldung aus einer anderen Zeitung handelt, so eng mit dem Prädikationstyp Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 157 KENNZEICHNUNG EINER TEXTWIEDERGABE v erk n ü p ft, d a s s dafür ein n e u e s s y n ta k tis c h e s M u s te r re s erviert w ird (s .u . 5 .4 .1 e ). A u s d rü c k e , in d e n e n n ic h t m ehr als z w e i P rä d ik a tio n sty p e n m itein a n d er v e r k n ü p ft sind, w e r d e n in 5 .4 .1 b is 5 .4 .8 e in e m d er T y p e n z u g e o rd n e t. Im F alle v o n drei u n d m ehr V e rk n ü p fu n g e n k o m m u n ik a tio n sre fle x iv er P räd ik atio n e n w e r d e n d ie F o rm u lieru n g e n als R e a lis ie ru n g e n d e s in te g riere n d e n S pra ch h an d lu n g s ty p s THEMATISŒRUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN v ersta n d e n u nd e n ts p r e c h e n d in 5 .4 .9 d ok u m e n tiert. 5.4 Die Prädikationstypen und ihre syntaktischen und lexikalischen Realisierungen 5 . 4 . 1 P räd ik atio n styp : ANGABE d er QUELLE ein er INFORMATION Von den sieben nachfolgend unterschiedenen syntaktischen Klassen werden b), d) und g) bevorzugt in Kurzmeldungen verwendet, die in der Regel als telegrafische Depesche die Redaktion erreicht haben. Während e) und f) für längere Informationstexte typisch sind, bei denen es sich um Textübemahmen aus anderen, redaktionell abonnierten Zeitungen handelt, a) und c) sind in dieser Hinsicht unspezifisch. a) Realisierung mittels Obersatzrest mit syndetisch oder asyndetisch verbundenem Objektsatz: Bei dieser Gelegenheit bemerke ich Ihnen noch daß die in bayerischen Blättern mitgetheilte Nachricht [...] (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330) Diesen Morgen verbreitet sich hier allgemein die Sage daß [...] abberufen worden sey (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330) Nach diesen und ähnlichen Anzeichen geht die vorherrschende Meinung dahin daß (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1332) Friedrich Hebbel erklärt in der Reichszeitung daß er (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1333) Der Feind, erläutert der Naüonal, sind die Soldaten Frankreichs die [...] (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1335) Er bemerkt dazu: Die Anführungen seyen voll löblicher Gesinnungen [...] (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1335) Der General-Procurator beim Pariser Appellationshofe erklärt heute im „Moniteur“, daß (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3093) Man schreibt aus Nantes, daß (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3093) Die „Independence“ meldet, daß (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3094) Ein Privatbrief in der Berl. Ztg. aus Flensburg sagt, daß (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3094) 1 5 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts Eine Correspondenz in Faedrelandet aus Schleswig vom 5. October sagt, daß (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3094) Von New-York aus wird geschrieben, daß (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3095) Der Moniteur verkündet heute, daß (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 1) Der Siebenbürger Bote meldet, daß (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. « S . 1) Aus den Donauprovinzen wird gemeldet, daß (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 1) Es ist wieder die Rede davon, daß (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 3) Der Moniteur zeigt an, daß (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) Mit der Ueberlandpost eingetroffene Nachrichten melden aus Calcutta vom 14. September, daß (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1736) Hier eingegangene Nachrichten aus Newyork vom 5. d. versichern, daß (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1736) Wir hören, daß (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1736) Die „Flensburger Zeitung“ meldet, daß (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Aus Rendsburg wird gemeldet, daß (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Heute Nachmittag wurde uns durch die Schelle bekannt gemacht, daß (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) „Moming-Post“ sagt, Dänemark habe allen Grund [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 3) Die „Indépendence“ meldet, daß (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 8) Aus Lyon vom 15. d. wird gemeldet, daß (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 8) Wir haben nur eine Nachricht, wo die ersehnten preußischen Heeresabtheilungen standen. Dem „Moviemento“ wurde unterm 8. geschrieben, das 7. Armee-Corps habe Saulieu besetzt (Vossische Zeitung 19.1.1871, 2. Beil., S. 3) Von Prunrut kommen telegraphische Berichte, daß (Vossische Zeitung 19.1.18 7 1 ,2 . Beil., S 4) Hinsichtlich der Verwendung der Kriegsentschädigung verlautet, daß (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 3) Einem Bericht des „Daily Telegraph“ entnehmen wir, daß (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 7) Dagegen hört man, daß (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 8) D ie „Nat.-Ztg.“ meldet, die schwächenden Nachtschweiße seien [...] (Tübinger Chronik 1.5.1888, o.S. = S. 2) Die „Now. Wr.“ berichtet, daß (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 2) Dem „Kiewljanin“ wird berichtet, daß (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 2 und öfter) Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 1 5 9 An dem Tage nach [...] kam die Nachricht, daß (St. Petersburger Zeitung 19.8./ 1.9.1913, S. 1) Es verlautet, daß (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 4) In parlamentarischen Kreisen wird auch der Plan erörtert, die Vereinigung (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 4) Diesen Bericht ergänzt „Echo de Paris“, indem es feststellt, Marschall Foch habe (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 4) b ) R e a lis ie r u n g m itte ls A d v e rb ia ls a tz m it w ie o d e r so: [...] dauerte, wie die Zeitungen berichten, [...] fort (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3095) Wie man sagt, ist gestern (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 2) Wie man vernimmt (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 2) Die Cavalleriebrigade ist (wie schon gemeldet) commandirt (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 3) [...] wie uns vor einigen Tagen gemeldet wurde, [...] (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 4) Wie man von anderer Seite hört, soll (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 4) [...] wie die Times bemerkt, [...] (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S = S. 4) [...] wie die „Neck. Ztg.“ erfährt, [...] (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) Wie wir hören, hat (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1736 und öfter) Wie die „N.Pr.Z.“ schreibt (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1736) [...], wie die ,3 k . u. H-Ztg.“ mittheilt, [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 1) soll nämlich, wie es heißt, [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Am Sonntag Abend - wird erzählt - stellte General Ducrot (nicht, wie die preußischen Berichte irrthümlich angeben, General Vinoy) seine Truppen [. ..] (Vossische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 1) [...], so berichtet der Herr Oberst, [...] (Vossische Zeitung 27.9.1870, 2 Beil., S .4 ) [...], wie die „Weimar. Ztg.“ zur Kenntniß bringt, (Vossische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 5) soll, wie die „N. Pr. Z.“ mittheilt, [...] (Vossische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 8) Wie die Zeitungen melden, werden [...] (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 2) Wie die „N. fr. Presse“ meldet, ist [.,.] (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 3) 160 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, hat [...] (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 3) Wie man vernimmt, soll Graf Bismarck [. ..] (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 3) [...], wie man der „Danz. Ztg.“ schreibt, [...] (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 6 und öfter) [...], wie die „N. Pr. Ztg.“ mittheilt, [...] (Vossische Zeitung 19.1.1871, 2. Beil., S. 8) Graf Bismarck wird sich, wie wir hören, [...] (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 3) Wie man hört, ist [...] (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 3) Wie man der ,3- B.-Ztg.“ aus Dortmund schreibt (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 3) Wie das „Journal de Bruxelles“ meldet, ist (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 5) Wie schon kurz notirt, hat (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 1) [...], w ie die Post mittheilt, [...] (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 2) [...], w ie der „Volkszeitung“ von dem Vorsitzenden der städtischen Volkszählungs-Commission mitgetheilt wird (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 2) [ . . . ] - so wurde gestern in Deutz erzählt - (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 2) Wie die „Wes. Ztg.“ mittheilt, [...] (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 2) [...], wie den „D. Nachr.“ mitgetheilt wird (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 1) [...], wie die „Politische Correspondenz“ mittheilt, [...] (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 2) Wie aus Caub a. Rh. berichtet wird, [...] (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 2) Wie der Kreuzzeitung aus Wien berichtet wird, hat [...] (Preußischer Volksfreund 21.10.1887, S. 167) [...], so erzählt das „D. T: “, [...] (Preußischer Volksfreund 21.10.1887, S. 168) [...], so wird aus London geschrieben, [...] (Preußischer Volksfreund 21.10.1887, S. 168) [...], wie die „Polit. Corr.“ mittheilt (Tübinger Chronik 1.5.1888, o.S. = S. 1) Wie verlautet, (Tübinger Chronik 1.5.1888, o.S. = S. 2) [...], wie die „Now. Wr.“ berichtet (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 2) [...], wie die „Nowosti“ erfahren, [...] (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 2 und öfter) [...], wie wir einem Bericht der „Magdeb. Ztg.“ aus Trier entnehmen, [...] (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 149) Wie der „Polit. Corr.“ aus Konstantinopel berichtet wird (St. Petersburger Zeitung 2./ 14.6. 1894, S. 2) [...], wie die Row. Wremja erfährt, [...] (St. Petersburger Zeitung 19.8 ./ 1.9.1913, S. 1) [...], wie der Rig. Ztg. geschrieben wird, [...] (St. Petersburger Zeitung 19.8./ 1.9.1913, S. 2) Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 161 [...], wie die Rig. Ztg. berichtet, [...] (St. Petersburger Zeitung 19.8./ 1 .9.1913, S. 2) Wie verlautet, sind (St. Petersburger Zeitung 19.8./ 1.9.1913, S. 3) Wie verlautet, soll (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 2) [...], wie die „P. P. N.“ erfahren (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 2) Wie ich höre, wird (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 2) Wie wir hören, beabsichtigt die Regierung (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 2) [...], wie der offizielle Bericht meldet (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 4) Wie die Blätter melden (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 4) Wie uns von der Oberpostdirektion mitgeteilt wird (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 5) Wie uns eine Berliner Speditionsfirma mitteilt, ist ihr ein Telegramm zugegangen, wonach (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 6) Wie uns ein Privat-Telegramm meldet (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 6) c) Realisierung mittels eines Satzes, in den die Hauptprädikation als Nominalgruppe eingebettet ist: D ie Würzburger Zeitung vom 19ten enthält einen fulminanten Artikel gegen die Vorlage des Ministeriums (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330) Im Lloyd schildert ein Correspondent von der Theiß, den die Redaction selbst als einen ungarischen vormärzlichen Staatsmann bezeichnet, den politischen Zustand Ungarns, womach [...] (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1333) Die „A.G.Z.“ berichtet über die Ermittelung einer Falschmünzerbande, welche (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3091) Die „Leipz. Ztg.“ enthält eine Bekanntmachung des [...] Ministeriums wegen (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3092) Ferner enthält das amtliche Blatt Ernennungen im Generalstabe (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 2) Aus Darmstadt, Mainz [...] und anderen Städten liegen uns Berichte über Feierlichkeiten vor (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, B e il, o.S. = S. 2) Die heutigen Oldenb. Anzeigen bringen eine vom 20. datirte Bekanntmachung [...] über (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 3) Seit einiger Zeit liest man in den Zeitungen von einem Abbé Richard, der (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1736) Ferner meldet die „Weimarische Zeitung“ über den Marsch des [...]: (Vossische Zeitung 19.1.1871, 2. Beil , S. 4) Aus der Provinz Constantine werden ernste Unruhen gemeldet (Allgemeine Zeitung, 22.2.1871, Beil., S. 889) Die „Br. Ztg.“ berichtet einen bedauerlichen Fall von Wahlbeeinflussung (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 4) 1 6 2 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Ueber das intolerante Verhalten der Magyaren zu den Nicht-Magyaren in Ungarn schreibt man der „Schles. Ztg.“ aus Siebenbürgen vom 10. c.: (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 1) Die Frage: ob [...] oder [...] hat schon wiederholt und besonders neuerdings die russische Presse beschäftigt (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 2) Die „Grashdanin“ weiß von [...] zu melden (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 2) Einen rätselhaften Vorfall meldet die J. D. L. (St. Petersburger Zeitung 19.8 / 1.9.1913, S. 2) Ueber die Zurückführung der deutschen Kriegsgefangenen erfahren wir von zuständiger Stelle folgendes: (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S.3) d) Realisierung mittels Adverb oder Präpositionaladverb: Dem Vernehmen nach hat die Regierung (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330). Im Theater an der Wien hat nach einem Urtheile in der Ostdeutschen Post [...] (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1333) Nach der amtlichen Zeitung haben (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3094) Nach einem Stockholmer Blatt hat die Artillerie (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3094) Dem Vernehmen nach (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 2) Telegraphischen Nachrichten aus Orsova zufolge ist (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 1) Neueren Nachrichten der Preuß. Corresp. aus Korfü zufolge, hatte sich (Frankfürter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 1) Dem Vernehmen nach wird der Ministerpräsident (Frankfürter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 2) Dem Vernehmen nach dringt der französische Gesandte (Frankfürter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 3) Nachrichten aus Rom und Neapel zufolge (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) [...] ist, dem Vernehmen nach, [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Nach hier eingetroffenen Berichten aus Rendsburg (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Sicherm Vernehmen nach wird (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Dem Vernehmen nach ist [...] (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 8) Nach einem Berichte aus Lille ist (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 8) Zeitungsnachrichten zufolge (Allgemeine Zeitung, 22.2.1871, Beil., S. 889) Nach der „N. Allg. Ztg.“ [...] (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 3) [...], einer Mittheilung der „D. R. Corr.“ zufolge, [...] (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 3) Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 163 [...] laut der „H u. B.-Ztg.“ [...] (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 2) [...], laut Mittheilung der „Westf. Ztg.“, [...] (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 2) (...], laut der „Elberf. Ztg.“ [...] (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 2) Nach den neuesten Nachrichten hat (Preußischer Volksfreund 10.9.1886, S. 146) [...] wird den „Pet. Wed.“ zufolge (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 2) [...], der „Now. Wr.“ zufolge (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, Beibl., S. 5 und öfter) Nach Meldungen, die aus Schanghai in London eingegangen sind, hat (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 150) Aus Valparaiso sind über Lima Nachrichten eingetroffen, denen zufolge (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 150) Nach Mittheilungen, die aus Peking kommen (St. Petersburger Zeitung 2./ 14.6. 1894, S. 2) [...], ist nach der telegraphischen Meldung, [...] (St. Petersburger Zeitung 19.8 / 1.9.1913, S. 1) [...1 der „Täglichen Rundschau“ zufolge (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 1) [...] nach Meldungen der Pariser Blätter [...] (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 3) Den Blättern zufolge (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 4) Ein schweres Eisenbahnunglück hat sich einem Privat-Telegramm zufolge (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 5) Das Schiffahrtsamt hat einer Reuter-Meldung zufolge mitgeteilt, daß (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 6) In Tilsit sind einem Privat-Telegramm zufolge beim Baden (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 6) e) Realisierung mittels vorangestelltem Einfachsatz: Die „Donau-Ztg.“ meldet: Der Beamte [...] (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1736) Der E. Ztg. wird geschrieben: Es ist [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 1) Man liest in der „Fl. Ztg.“: [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Die „N.F.Z.“ schreibt: Wir erfahren [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Die „Bayrische Zeitung“ sagt: [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Berg’s Amtsblatt, der „Dennii“, vom 1. Jan. meldet: Am [...] (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 3) Der „Staats-Anz.“ berichtet aus [...], 21. September: [...] (Vossische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 1) Das amtliche Blatt bringt ferner folgenden Bericht aus St. Germain [...] 18. September: [...] (Vossische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 2) 164 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts Aus Mundolsheim, 22. September, berichtet man der „Karls.Ztg“: (Vossische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 3) Aus Zweibrücken, 20. September, meldet die „Br. Ztg.: “ (Vossische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 4) Die „N. Allg. Ztg.“ schreibt: [...] (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 4) Man schreibt der „Köln. Ztg.“ von hier: [...] (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 4) Aus Pest vom 17. Januar meldet das WolfTsche Tel.-Bür.: (Vossische Zeitung 19.1.1871, S. 7) Aus Dresden vom 16. Januar schreiben die „Dresd. N achr“: (Vossische Zeitung 19.1.1871, 1. Beil., S. 4) Die „Times“ meldet in einem Telegramm aus Versailles vom 20. d. : (Allgemeine Zeitung, 22.2.1871, Beil., S. 885) D e r „K öln . Z tg .“ w ird v o n h ier g e schrieb en: (V o s s is c h e Z eitu n g 5 .3 .1 8 7 1 , S. 3 ) So schreibt man der „Wes.-Ztg.“ vom Oberrhein, 2. März: [...] (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 4) Aus Prag wird der „Presse“ telegraphirt: (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 5 u.ö.) Schließlich lassen wir noch einen Bericht des „Joum. officiel“ folgen: (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 7) Aus Münster schreibt man der „Dortm. Ztg.“: (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 2) Aus Düsseldorf, 20. März, berichtet man der „Elbf. Ztg.“: (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 2 und öfter) Einem österreichischen Blatte wird unter dem 1. d. M. aus München geschrieben: Nach verläßlichen Berichten aus (Preußischer Volksfreund 10.9.1886, S. 146) Wiener Blätter melden darüber unterm 30. August folgendes: (Preußischer Volksfreund 10.9.1886, S. 148 und öfter) Die „Nordd. Allg. Ztg.“ berichtet: (Tübinger Chronik 1.5.1888, o.S. = S. 1) Die „Corr. de I’Est“ erfährt aus Sofia: (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 4) Aus Brüssel schreibt man der „Corr. de l ’Est“: (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 4) Die „Schles. Ztg.“ meldet: (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 149) Aus London wird gemeldet: Lloyd George empfing gestern (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 3) Hollandsch Nieuwsbureau meldet aus London: Die Vereinigung (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 4) Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 165 f) Realisierung mittels abgekürzter Nennung des Zeitungsnamens, aus dem eine Meldung übernommen wurde, am Ende des Meldungstextes: (Kathol. Bl. a. M.) (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3090) (Brünn. Ztg.) (Wiener Zeitung 15.10.1850, S, 3090) (Agr. Ztg.) (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3091) (S. P.) (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3091) (Augsb. Abdz.) (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3092) (Schw. M.) (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3092) (O.P.A.Z.) (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3093) (N Pr. Z.) (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 2) (K. Z.) (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 2) (Tel. Dep. d. K. Z.) (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 3 und öfter) (Voss. Ztg.) (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) (W. Abendpost.) (Allgemeine Zeitung, 22.2.1871, Beil., S. 889) (K. Z.) (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 150) g) Realisierung mittels abgekürzter Nennung der Nachrichtenagentur, von der eine Meldung übernommen wurde, am Beginn des Meldungstextes: (W.T.B.) (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735 und öfter) Potsdam, 14. Januar. (Priv. Mitth.) (Vossische Zeitung 19.1.1871, 2. Beil., S. 8) Paris, 4. März, Morgens. (Auf indirektem Wege.) [...] Bordeaux, 3. März. (Auf indirektem Wege.) [...] (Vossische Zeitung 5.3.1871, S. 8) (W. T. B.) (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 2) Als (Sammel-)Überschrift: Telegramme der St. Petersburger Telegraphen Agentur (St. Petersburger Zeitung 19.8./ 1.9.1913, S. 3) (Telegramm unseres Sonderberichterstatters) (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 2) Die Realisierungsformen in f) und g) kommen mit dem Usus zur Deckung, Korrespondentenberichte durch anonyme Kürzel oder nichtalphabetische Zeichen zu kennzeichnen, z.B. A. L. (St. Petersburger Zeitung 19.8./ 1.9.1913, S. 2). Die mit Abstand häufigste syntaktische Realisierungsform dieses Prädikationstyps ist der stellungsvariable Adverbialsatz (Typ b) mit 56 Belegen gegenüber 38 Belegen beim Typ a) (= Obersatzrest). Mit b) wird der Status von Haupt- und Nebenprädikation syntaktisch als Ober- und Unterordnung gespiegelt. 1 6 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Auch die schon vor 1850 eingeführte syntaktische Realisierung mittels vorangestelltem Einfachsatz (Typ e) bewirkt, dass die Hauptprädikation nicht wie bei a) als abhängiger, sondern als Hauptsatz bzw. als selbstständiges Satzgefüge formuliert wird. Stellungsvariabilität und syntaktische Unterordnung von Nebenprädikationen ermöglichen auch die adverbialen Nominalgruppen in d), die mit 34 gezählten Realisierungen gegenüber der Zeit vor 1850 in der Gebrauchsfrequenz stabil geblieben sind. Der syntaktische Typ c), bei dem die Hauptprädikation in einer Nominalgruppe komprimiert wird, wird wie schon vor 1850 vor allem am Anfang einer Meldung platziert und dort dazu genutzt, das Meldungsthema einzufuhren. Dabei werden weiterhin semantisch eher unspezifische und pragmatisch neutrale Verben wie melden, bringen oder berichten mit deutlich perspektivierenden und z.T. wertenden Nomina wie ernste Unruhen, einen bedauerlichen F all von W ahlbeeinflussung oder das intolerante Verhalten der M agyaren zu den Nicht-M agyaren verbunden. In den Kurzmeldungen, die sich als telegrafisch übermittelte Texte jetzt eindeutig von längeren postalisch transportierten Berichten unterscheiden lassen, werden die stellungsvariablen Syntaxtypen b), c) und d) bevorzugt verwendet. Gleichzeitig werden andere textstrukturell fixierte Formen (am Textende, am Textbeginn) etabliert (f und g); in diesem Fall sind Haupt- und Nebenprädikation nicht mehr syntaktisch, nur noch textuell miteinander verknüpft, denn die Nebenprädikation ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION wird, wenn sie nicht weiter charakterisiert wird, aus dem eigentlichen Textzusammenhang ausgelagert. Beides bringt eine Entlastung für die Textproduktion. Die lexikalischen Realisierungen der Syntaxtypen a), b), c), d) und e) gehen von 32 verschiedenen Verben plus vier Funktionsverbgefiigen aus. Von diesen 36 lexikalischen Einheiten werden sieben viermal und öfter, nämlich bis zu 28mal, verwendet, sieben Verben zweimal und der größere Rest (22 Verben) nur je einmal Das Verhältnis zwischen der zentralen und der marginalen Gruppe entspricht recht genau dem entsprechenden Verhältnis im vorhergehenden Zeitabschnitt: Etwa ein Viertel bis ein Drittel der bei der Realisierung dieses zentralen Prädikationstyps verwendeten Verben wird häufig und musterhaft gebraucht, während die übrigen eher für spezifische Ausdrucksintentionen zu stehen scheinen. Die an entsprechender Stelle für die vorhergehenden Zeitabschnitte festgestellten Frequenzen tendierten eher zu einem hälftigen Verhältnis zentraler und marginaler Verben, so dass sich im Laufe der Zeit die Tendenz zu größerer Kreativität und zur Beschränkung der Musterhaftigkeit auf wenige typische Verben in der Formulierung der ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION ergibt. Von 1850 bis 1919 sind belegt: melden (28-mal), schreiben (16-mal), berichten (11-mal), m itteilen (10-mal), erfahren (5-mal), sagen (4-mal), verlauten (4-mal), Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 167 bemerken (2-mal), enthalten (2-mal), entnehmen (2-mal), erklären (2-mal), erzählen (2-mal), kommen (2-mal), lesen (2-mal). Je 1-mal belegt sind: angeben, anzeigen, bekannt machen, sich beschäftigen mit, bringen, ergänzen, erläutern, erörtern, haben, heißen, {kurz) notieren, schildern, telegrafieren, sich verbreiten, verkünden, vernehmen, versichern, vorliegen. Funktionsverbgefüge, je einmal belegt: (es) geht die vorherrschende M einung dahin; es ist die Rede davon; zur Kenntnis bringen, einen Berichtfolg en lassen. Verglichen mit dem vorhergehenden Zeitabschnitt sind erfahren und verlauten in die Gruppe der zentralen bzw. musterhaft reproduzierten Verben „aufgestiegen“, während heißen und vernehmen „abgestiegen“ zu sein scheinen. Während sich die 28 Belege für melden und die entsprechenden Zahlen für schreiben und berichten in etwa gleichmäßig auf alle verbalen Syntaxtypen a), b), c) und e) verteilen, fällt beim Verb mitteilen auf, dass es ausschließlich im Adverbialsatz mit wie verwendet wird, hier also die syntagmatischen Muster wie X IY m itteilt/ m itteilen bzw. wie X IY m itgeteilt wird wirksam sind. Dies stellt offensichtlich eine echte Neuerung dar, denn m itteilen war vor 1850 gar nicht belegt und auch die syntaktische Form des Adverbialsatzes mit wie war mit 13 Belegen weitaus seltener realisiert worden als am Ende des Jahrhunderts, als sich 56 Belege hierfür ergaben. Auch für den Syntaxtyp d) ‘Präpositionaladverb’ ist die Kombination dem Vernehmen nach mit 6 Realisierungen von 17-mal ‘nach + Nomen’ als musterhaft einzustufen und war vor 1850 schon mindestens ebenso häufig belegt. Es kommt hinzu, dass vernehmen als finites Verb in einem der übrigen Syntaxtypen nur noch ein einziges Mal vorkommt, nämlich in b). Die finite Verwendung von vernehmen hat demnach gegenüber dem vorhergehenden Zeitabschnitt eher abals zugenommen. Man könnte deshalb fragen, ob die feste Bindung des Lexems an die adverbiale Fügung dem Vernehmen nach für den Gebrauch des Verbs in anderen musterhaften und auch in okkasionell gebildeten Syntagmen blockiert und gewissermaßen für das Muster dem Vernehmen nach reserviert. Eine schlüssige Antwort auf solche Fragen lässt die Linguistik gegenwärtig wohl nicht zu. 168 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Der syntaktische Typ e) ‘vorangestellter Einfachsatz’ war für die vorhergehenden Zeitabschnitte noch nicht angesetzt worden; er hat sich offensichtlich aus dem Prädikationstyp KENNZEICHNUNG DER TEXTWIEDERGABE entwickelt, der vor 1850 in der Regel noch syntaktisch mit dem zitierten Text verbunden war. Der Zusammenhang von Obersatzrest (quellenreflexive Nebenprädikation) und abhängigen Sätzen (Hauptprädikation) wird also auch hier aufgelöst, so dass die Hauptprädikation mittels Hauptsatz bzw. komplexem Satz ausgedrückt wird. Es handelt sich hierbei also um die gleiche Tendenz wie beim Wechsel des Primats zwischen dem Syntaxtyp ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ und ‘Adverbialsatz’. Für das Verb schreiben lässt sich feststellen, dass es erstmals besonders häufig in vorangestelltem Einfachsatz (Typ e) verwendet wird, nämlich 9-mal, und zwar meist in der Verbindung mit einem Zeitungsnamen, aus dem die anschließend meist unverändert abgedruckte und nicht mehr mittels Anführungszeichen als Textwiedergabe markierte Meldung stammt. Als Formulierungsmuster entsteht so: Das X -B lait schreibt: [...] bzw. Dem X-Blatt wird geschrieben: [...] Fragt man, wie oben, nach dem Verhältnis von anonymer und identifizierter Quelle und unterscheidet zu diesem Zweck drei weitere Stufen zwischen diesen beiden Polen, so ergibt sich gegenüber der Zeit vor 1850 ein deutlich anderes Bild. Angabe einer anonymen Quelle (z.B. es heißt, wir hören) einschließlich so unspezifischer Angaben wie die russische Presse, Pariser Blätter Angabe einer anonym bleibenden Gruppe (z.B. aus unterrichteten Kreisen, von offizieller Seite) Identifizierung der Quelle als eine andere Zeitung oder Telegrafenagentur Identifizierung der Quelle als Korrespondenzbericht, Brief oder Privattelegramm (z.B. der Zeitung X wird geschrieben; aus Shanghai wird via London gemeldet) sonstige (vor allem durch Amtsbezeichnung oder Namen identifizieibare Einzelpersonen) Sowohl diese Zahlen als auch die konkreten Formulierungen auf den einzelnen Stufen zeigen eine sehr deutliche Verschiebung hin zur weniger Identifizierbarkeit und größerer Anonymisierung der Quelle (vgl. 4.3.1). Die Charakterisierung der Quelle beschränkt sich ganz überwiegend auf die Angabe des Herkunftsortes einer Meldung und auf die Angabe des benutzten Presseorgans bzw. - allmählich zunehmend - der Agentur. Auch der Hinweis auf Korrespondentenberichte fokussiert allein, in welcher Zeitung diese erschienen. Die Anonymität der Quelle ist insofern auf mittlerem Niveau fixiert: Die Leser 54-mal 7mal 97-mal 25-mal 8mal Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 169 erfahren, aus welcher Zeitung eine Information übernommen wurde, und damit meist verbunden auch, aus welchem Ort sie herkommt, aber nicht, aus welcher primären Quelle die genannte Zeitung oder Agentur sie wiederum hat. Auch mit den jetzt typisch werdenden leerformelhaften Angaben wie wir hören, wie gem eldet wird, man schreibt aus X, aus Y wird m itgeteilt usw. wird lediglich noch zum Ausdruck gebracht, dass eine Information überhaupt „aus zweiter Hand“ stammt. Die quellenreflexive Nebenprädikation hat so fast nur noch die Angabe des Quellenortes als relevante Information zu bieten, der im Zeitalter dichter gewordener Infrastruktur mit dem Ereignisort annähernd zusammengefallen ist. Diese semantische „Entleerung“ des Prädikationstyps ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION fuhrt dennoch nicht zu seiner Abschaffung. Als Erklärung kommt die Funktion der Entlastung von kreativer Sprachplanung durch Stereotypisierung in Betracht (Coulmas 1985, S. 265). Es könnte aber auch mit der Möglichkeit zu tun haben, Quellenangaben zu Kommentierung und Wertung zu nutzen. Ein anderes denkbares Motiv wäre die Tatsache, dass gerade Formulierungen wie Aus X wird gem eldet zu dem pressestilistischen Kennzeichen schlechthin geworden sind. Journalisten, die einen Text damit beginnen, finden sich möglicherweise leichter in die geforderte Stilebene hinein. Während alle viermal und öfter belegten Verben in der Perspektive auf den Informationssachverhalt und hinsichtlich einer Wertung von Sache oder Quelle neutral sind, finden sich in der Menge der nur einmal belegten Verben eine ganze Reihe betont meinungsorientierter Verben, mit denen schon im Ausdruck der Prädikation ANGABE DER QUELLE EINER INFORMATION einordnende und wertende Kommentare vorgenommen werden können. Solche Verben sind etwa erörtern, ergänzen, sich verbreiten über, sich beschäftigen mit. Zwar darf man nicht übersehen, dass auch die wertungsneutralen melden, schreiben usw. in Kombination mit kommentierenden Nomen, Adjektiven und Adverbien gebraucht werden, aber in solchen Fällen tritt ein Kommentar oder dergl. additiv neben das prototypisch primäre Verbum dicendi. Lexikalische Variation und rhetorische Kreativität zeigen sich hingegen in der Wahl von semantisch-pragmatisch komplexeren Verben. 5 .4 .2 P rä d ik a tio n sty p : CHARAKTERISIERUNG d er H a u p tp rä d ik a tio n ALS MEINUNG Dieser Prädikationstyp wird nur noch selten unverbunden mit anderen Nebenprädikationen ausgedrückt; meist wird er zusammen mit den Prädikationstypen 3, 5 und 8 als ein neuer komplexer Typ journalistischer Sprachhandlung realisiert, der als THEMATISŒRUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRA- 170 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts TEGIEN (s.u. 5 . 4 . 9 ) bezeichnet werden kann. Nachfolgend werden die einzeln oder mit nur einem weiteren Prädikationstyp kombinierten Realisierungen von CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation ALS MEINUNG dokumentiert und interpretiert. Diese folgen mehrheitlich dem musterhaften Typ ‘Obersatzrest mit Objektsatz’, der aber teilweise stark erweitert wird und oft, außer bei Kurzmeldungen, zu einem syntaktisch vollständigen Satz ausgebaut wird, der mit einem weiteren Obersatzrest mit Objektsatz aneinander gereiht wird, so dass der vom Muster eröffnete Satzanschluss erhalten bleibt: a) Realisierung mittels ‘Obersatzrest mit syndetisch oder asyndetisch verbundenem Objektsatz’: Die Ostdeutsche Post erwidert ganz logisch darauf daß (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1333) Das ministerielle Blatt Pays bespricht ziemlich ausführlich die Art und Weise, wie der Krieg gegen Rußland zu betreiben sei, und schließt mit der Folgerung, daß (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 3) Die Besorgniß vor einem kriegerischen Zusammenstöße in [...] steigert sich von Tage zu Tage. Sie tritt in den Leitartikeln aller Tages- und Wochenblätter zu deutlich in den Vordergrund, als daß weitere Commentate erforderlich wären. Sagt doch die „Times“ klar heraus, daß [...] Der „Spectator“ glaubt, daß (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 3) Die Spekulation, daß [...] werde, ist eine sehr gewagte (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, „Vossische“ Zeitung 5.3.1871, S. 4) Mit dürren Worten gesteht hier also das Hauptorgan der Centrumspartei, daß (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 317) Aber die Blätter gehen weiter und deuten an, daß (Preußischer Volksfreund 21.10.1887, S. 166) [...] es wird daran die Befürchtung geknüpft, daß (Preußischer Volksfreund 21.10.1887, S. 167) Der Korrespondent klagt, daß (St. Petersburger Zeitung 3./ 15. September 1888, S. 2) Wir stimmen der „Rev. Ztg.“ nicht nur in der Erklärung ihres Bedauerns darüber bei, daß (St. Petersburger Zeitung 3./ 15. September 1888, S. 2) In schwedischen Kreisen scheint Sorge mit Bezug auf die Gerüchte zu herrschen, daß [...] Das „Aftonbladet“, welches sich zum Sprachrohr dieser Gefühle macht, meint, es sei (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 150) [...] machte der Römische Korrespondent der .Köln. Ztg.“ geltend, daß (St. Petersburger Zeitung 2./ 14.6.1894, S. 1) Was die Stellung der Geistlichkeit zum Prinzen betrifft, so meinen die „Nowosti“, daß (St. Petersburger Zeitung 2./ 14.6.1894, S. 2) Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 171 [Zur bulgarischen Frage]53 bemerkt heute der „Sswjet“, daß sein - bekanntlich Versöhnung zuneigender - Standpunkt allmählich immer mehr Anhänger auch unter den übrigen russischen Blättern zu finden beginne“ (St. Petersburger Zeitung 2 / 14.6.1894, S. 2) b) Realisierung mittels Abverbialsatz mit wie oder so: Wie die „Perseveranza“ wissen will, soll [...] nach anderen Mittheilungen wären dies (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) c) Realisierung mittels Satz, in den die Hauptprädikation als Nominalgruppe eingebettet ist: D ie Würzburger Zeitung vom 19ten enthält einen fulminanten Artikel gegen die Vorlage des Ministeriums (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330) Alle Blätter, nur Pyats und Rocheforts Journale nicht, billigen dieselbe, und alle ohne Ausnahme sprechen sie sich mit starker Entrüstung gegen jeden Gedanken an Gebietsabtretung aus (Allgemeine Zeitung 22.2.1871, Beil., S. 889) Das „111. Wr. Extrablatt“ bezeichnet den Eindruck der Einrede der Königin als einen wenig günstigen, ja, er sei (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 1) Daß das Blatt, wie bekannt, in enger Fühlung mit der Verwaltung der Südwestbahnen steht, so verdienen die in demselben veröffentlichten Daten um so mehr Interesse, als ihnen die Eigenschaft einer ziemlichen Genauigkeit wohl nicht abgesprochen werden kann (St. Petersburger Zeitung 3./ 15. September 1888, S. 3) Ueber [...] waren in letzter Zeit widersprechende Ansichten laut geworden (Berliner Tageblatt 27.7.1919, o.S. = S. 5) d) Realisierung mittels Adverb oder Präpositionaladverb: Wie die „Perseveranza“ wissen will, soll [...] nach anderen Mittheilungen wären dies (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) Nach der Aeußerung unser [sic] seriösen Presse zu schließen muß (Allgemeine Zeitung 22.2.1871, Beil., S. 888) Syntaktisch nicht klassifizierbar: D ie „Germania“ geht mit ihrer guten Freundin, der „Kreuzzeitung“ ins Gericht, w eil (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 317) In der „Nowoje Wremja“, „Kaspi“ und „Nowoje Obrosrentje“ sind Einzelstimmen für und wider zu Tage getreten (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 2) Die Möglichkeit, die gebräuchlichste Syntaxform ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ durch Satzglieder zu erweitern, die die Prädikationsfunktion erfüllen, wird offensichtlich nach wie vor bevorzugt genutzt (s. 4.3.2). Des Weiteren wird die komprimierte Form c) genutzt, um meist texteinleitend die Perspektive auf das behandelte Thema zu fixieren Dabei spielen Nomina dicendi bzw 53 Eckige Klammem im Original; der eingeklammerte Text ist gesperrt gesetzt; damit erhält die Klammer eine Überschriftfunktion. 172 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts konventionelle Textsortenbezeichnungen eine wesentliche Rolle, bei denen aber keinerlei Frequenzunterschiede und damit auch kein musterhaftes Lexeminventar zu erkennen sind. Die Funktion der CHARAKTERISIERUNG wird nicht von den Verben allein getragen; vor allem Adverbien, aber auch alle anderen Satzglieder können diese Funktion bei entsprechender Wortwahl allein und gemeinsam mit anderen Mitteln übernehmen. Auf der lexikalischen Ebene sind somit keinerlei Ansätze zu Musterhaftigkeit mehr feststellbar. Die vor 1850 erkennbare Frequenzhäufung von glauben und hoffen (s. 4.3.2) hat sich nicht erhalten. Die Journalisten des späten 19. Jahrhunderts bedienen sich durchgängig situations- und intentionsspezifischer Ausdrücke, wenn sie die politischen Positionen oder Meinungen ausgewerteter Zeitungen charakterisieren wollen. Sie greifen lediglich auf das syntaktische Muster ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ zurück, um die Überleitung von der Meinungscharakterisierung zur Informationswiedergabe in der auch für die Leser gewohnten Weise sicherzustellen. 5 .4 .3 P rä d ik a tio n sty p : BEWERTUNG der Hauptprädikation Gegenüber dem vorhergehenden Zeitabschnitt wird die Verschiebung im Skopus beibehalten, d.h., an die Stelle einer Bewertung der Hauptprädikation tritt zunehmend eine Bewertung der Quelle und der mit der Äußerung der Hauptprädikation verbundenen Intention. Dieser Prädikationstyp fallt in der Realisierung also häufig mit dem der CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation ALS MEINUNG ( 5 . 4 . 2 ) zusammen. Die ältere Variante (BEWERTUNG der HAUPT- PRÄDIKATION) kommt aber noch vor, so dass beide Varianten als nebeneinander stehend dokumentiert werden müssen. Überwiegend jedoch wird dieser Prädikationstyp integriert in die prädikativ und syntaktisch komplexe Thematisierung von Kommunikationsstrategien (siehe 5.4.9). a ) ä lte r e V aria nte: BEWERTUNG DER HAUPTPRÄDIKATION: Daß diese Erklärung richtig sey, möchten wir bezweifeln (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1329) [...], so ist der Vorschlag so sehr conservativ daß er manche Mißbräuche conserviren dürfte (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1329) [...], so ist der Antrag nicht ohne „Tragweite“, um diese Sprachemmgenschaft der Märztage zu gebrauchen, eine der wenigen Errungenschaften die uns noch übrig geblieben sind (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1329) Aus diesem Grunde scheint es sehr überflüssig daß (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330) In welcher gemüthlichen politischen Kindheit wir hier noch leben und welche naiven constitutioneilen Begriffe sich demgemäß bei uns äußern, davon haben Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 1 73 wir gestern ein merkwürdiges Histörchen erfahren, welches [...] (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330f.) In Folgendem ist uns ein neues Beispiel von der Nützlichkeit der Johanniter- Ritter mitgetheilt worden: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung, 27.9.1870, 2. Beil., S. 6) Das „Journal des Débats“ nimmt daher aus jenem Artikel Anlaß, dem jämmerlichen Gesellen in wohlverdienter Weise heimzuleuchten (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung, 19.1.1871,1. Beil., S. 2) D ie „République française“ und der „Temps“ rügen es nachdrücklich, daß (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 1354) D ie Zustände der Londoner Börser [...] sind nach dem Zugeständnis der „Times“, welche der der Angelegenheit einen eingehenden Artikel widmet, äußerst unerfreulich (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 319) Eine politische Bedeutung scheint dieser Fürstenreise durchaus fern zu liegen (Preußischer Volksfreund 10.9.1886, S. 148) D ie gestern von uns veröffentlichte Eingabe der Königin (...], die auf uns den Eindruck eines mit Würde und großem politischen Geschick abgefaßten Aktenstücks gemacht hat, wird von den, in dieser Angelegenheit durchaus nicht vorurtheilsfreien Wiener Blättern recht abfällig beurtheilt (St. Petersburger Zeitung 3. / 15.9.1888, S. 1) D ie Nachrichten aus Lissabon lauten für den Augenblick etwas beruhigender (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 150) b ) neuere Variante: BEWERTUNG DER QUELLE einer Hauptprädikation und deren INTENTION [...]; die Würzburger Zeitung sollte sich nicht so unnöthig ereifern (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330) Die Ostdeutsche Post bringt eine scharfe Kritik über die Judencontributionen (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1333) [...], obgleich das Gleichniß desselben Journals nicht ganz paßt, wenn gesagt wird (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1333) Die Trierer Zeitung bringt folgende wichtige Nachricht und schließt daran einige sehr sachgemäße Bemerkungen: [...] (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 1) Das „Journal des Débats“ nimmt daher aus jenem Artikel Anlaß, dem jämmerlichen Gesellen in wohlverdienter Weise heimzuleuchten [es folgt eine Textwiedergabe, uhz ] (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 1.1.1871, 1. Beil., S. 2) Der „Siecle“ findet auch während der Beschießung noch Zeit, seine Leser mit Geschichten aufzuheitem, um welche ihn Baron Münchhausen selig beneiden müßte. Er erzählt nämlich [...] (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 1.1.1871, 1. Beil., S. 3) Ein Artikel der „Wiener Abendpost“ weist in entschiedenem Tone die der Regierung untergeschobenen verfassungsfeindlichen Absichten zurück (Allgemeine Zeitung, Beil., 22.2.1871, S. 1) 1 7 4 F o rm u lie r u n g s tra d itio n e n in Z e itu n g s n a c h ric h te n d e s 1 7. b i s 20. J a h r h u n d e rts Die Spekulation, daß die Bevölkerung der annektirten Gebiete en masse sich für die französische Nationalität entscheiden werde, ist eine sehr gewagte (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 4) Das ultramontane Blatt knüpft daran folgende staatsrechts-philosophische Betrachtung: (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 317) Das „Kasseler Tageblatt“ meldet, angeblich aus sicherer Quelle (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 317) In dem fortschrittlichen „Berliner Börsen-Courir“, der aus seinen herzlichen Sympathien für Dr. Mackenzie nie ein Hehl gemacht hat, finden wir eine längere, vermuthlich autorisirte Mittheilung über die Schrift des [...] (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 2) Das giebt dem „Grashdanin“ Veranlassung, auf dieses sein Lieblingsthema wieder einmal zurückzukommen. (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 2) Vorstehende Belege sind chronologisch geordnet, weil sich eine syntaktische Klassifizierung nicht durchfuhren lässt. Auch die tradierte Form des ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ ist hier nicht mehr musterbildend; wie auch in 5.4.2 tendieren die Schreiber zu syntaktisch selbstständigen Satzkomplexen. Ebenso wenig sind bei der Lexemwahl tradierte Muster zu erkennen, denn die Verwendung von melden, mitteilen, bringen und lauten ist zu vereinzelt, um signifikant zu sein. 5 . 4 . 4 Prädikationstyp: K E N N Z E IC H N U N G einer Textbzw. Redewiedergabe Die Differenzierung in Textwiedergabe und Redewiedergabe wird tendenziell weiter ausgebaut. Wiederzugeben sind in erster Linie Korrespondentenberichte und Kommentare anderer Zeitungen, ferner auch amtliche und sonstige Schreiben und Dokumente. Wie schon vor 1850 fallen der Prädikationstyp A N G A B E D E R Q U E L L E E IN E R IN F O R M A T IO N und K E N N Z E IC H N U N G E IN E R T E X T W IE D E R G A B E im Ausdruck weitgehend zusammen. Die Quantität des Typs Redewiedergabe nimmt, v.a. nach der Reichsgründung und der Einrichtung eines nationalen Parlaments in Deutschland, weiter zu. Die Parlamentsberichterstattung gibt jetzt mehr zusammenfassende Berichte, in denen Sprechaktverben und entsprechende Nomina eine große Rolle spielen. Weniger komprimiert als solche Zusammenfassung ist die indirekte Redewiedergabe, in die Ausschnitte direkter Rede punktuell eingebettet sind. Anders als noch vor 1 8 5 0 , als zumindest noch versucht wurde, öffentliche politische Diskussionen einigermaßen vollständig und im Wortlaut wiederzugeben, müssen sich die Journalisten des späten 19. Jahrhunderts verstärkt mit der Frage, was im Wortlaut und was summarisch übermittelt werden soll, auseinander setzen. Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 175 Welcher Komprimierungsgrad für welche Aspekte oder Teile einer parlamentarischen Rede von den Journalisten gewählt wird, ist m.W. noch nicht untersucht worden. Da stellt sich die Frage nach eventuellen Präformierungen der Parlamentsberichterstattung im Fernsehen, die durch die äußerst punktuelle Wiedergabe kürzester Redesequenzen die politische Rede selbst verändert. Nachfolgend nur eine begrenzte Auswahl chronologisch geordneter Beispiele, um die weiterhin gepflogene Formulierungskreativität bei der Redewiedergabe im Unterschied zur graduell stärkeren Standardisierung und Eingeschränktheit der Lexemwahl bei der Textwiedergabe sichtbar zu machen. Kennzeichnung der Textwiedergabe: Aus dem Berichte des Verwalthungsraths der Taunus Eisenbahn geht hervor daß (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1329) Dem „Boten f. T. u. V.“ entnehmen wir nachstehnden weiteren Bericht über die Reise Sr. Majestät des Kaisers: (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3089) Es circulirt gegenwärtig eine Petition [...], worin gebeten wird (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3091) Das heute im „Moniteur Beige“ veröffentlichte Bulletin über das Befinden der Königin vom 9. October lautet: (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3094) Der russische Staatskanzler Graf Nesselrode hat an die diplomatischen Agenten Rußlands im Ausland ein Circularschreiben gerichtet, von welchem die Triester Zeitung eine deutsche Uebersetzung mittheilt. Dies höchst bedeutsame Actenstück verheißt [...] Wir lassen den Wortlaut folgen: (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 1) Auch Ed. Warrens feiert heute die Vermählung des Kaisers, und zwar durch einen Leitartikel im Lloyd, in welchem es heißt: (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 2) Die Kirche Santa Croce ist bestimmt, das nationale Pantheon Italiens zu werden. Ein königliches Decret weist allen um das Vaterland verdient gewordenen Italienern hier ihre letzte Ruhestätte an (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) Unter dem 5. Januar wird der „Koburger Zeitung“ von hier berichtet: (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 1) Das Aktenstück möge allein sprechen. Es findet sich in einem Extrablatte des in Pößneck erscheinenden „Ziegenrücker Kreisblattes“ und lautet: (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 2) Vom Kriegsschauplätze vor Paris liegen zwei amtliche Depeschen vor, welche so gut wie nichts Neues berichten. Dieselben lauten: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung, 2 7 .9 .1 8 7 0 ,2 . Beil., S. 1) Wie groß die Furcht des Dorfbewohner in Frankreich vor den Preußen ist, erhellt wiederum aus einem Briefe, welchen die „N. Fr. Pr.“ aus Chezy [...] erhalten. Wir entnehmen demselben Folgendes: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 27.9.1870, 2. B e il, S. 6) 176 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Das „Journal officiel“ enthält folgendes Rundschreiben Jules Favre's an die Vertreter Frankreichs im Auslande: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871, S. 7) Wir schließen hieran den in obigen Noten erwähnten diplomatischen Briefwechsel über das völkerrechtswidrige Schießen auf Parlamentaire, der im „Journal officiel“ vom 14. c. veröffentlicht ist (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871, 1. Beil., S. 1) Die „Spener'sche Ztg.“ vom 17. d. bringt redaktionell folgende Original- Mittheilung: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871,1. Beil., S. 5) Der „progrès de l'Eure“ vom 6. Januar bringt folgendes Document: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung, 19.1.1871, 2. Beil., S. 5) Ueber den (telegraphisch gemeldeten) Entwurf der revidirten Reichsverfassung schreibt die „Corr. St “: „[...] (Allgemeine Zeitung, Beil., 22.2.1871, S. 888) Die bereits erwähnte officielle Anzeige an den Bundesrath bezüglich der Uebernahme der deutschen Kaiserwürde durch [...] lautet wörtlich wie folgt: „Hr. Präsident! [...] (Allgemeine Zeitung, Beil., 22.2.1871, S. 888) Die offiziellen militairischen Nachrichten geben den Wortlaut der Friedenspräliminarien wie folgt an: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 1) Die „N. Pr. Ztg.“ erhält eine Zuschrift von [...] Die Zuschrift schließt mit den Worten in deutscher Uebersetzung: „[...] (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 3) Die „Presse“ bemerkt über das reichhaltige Thema u.A. Folgendes: „[...] (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 1) Schließlich lassen wir noch einen Bericht des „Joum. officiel“ folgen: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 7) Es wird von Interesse sein, den oben erwähnten Vorschlag des Abg. Bamberger hier wiederzugeben. Er sagt in dem Schlußwort der angeführten Schrift: „[...] (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 1353) Die „Köln. Ztg.“ schreibt: „Wir sind vor Kurzem auf eine Nummer der „Germania“ aufmerksam gemacht worden, in der [...] besprochen wird; es heißt da: „[...] (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 1354) Aus Münster, 6. Dec., wird der „Westf. Ztg.“ geschrieben: [...] (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 1354) In der „Elberf. Ztg.“ wird diesen Worten folgende Entgegnung aus Westfalen zu Theil: „[...] (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 318) Die „Weser-Ztg.“ eröffiiet uns einen Blick in's Restaurant des Abgeordnetenhauses: [...] (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 319) Ein vor Kurzem erlassenes polizeiliches Circular lautet: (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 319) Das Telegramm des Fürsten lautet: „Sire! [...] - Die Antwort des Kaisers lautet: „Ich habe das Telegramm Ew. Hoheit erhalten.“ (Preußischer Volksfieund 10.9.1886, S. 146) Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 177 Ueber das Befinden Kaiser Wilhelms heißt es einem Bericht aus der nächsten Umgebung des Kaisers wie folgt: [...] (Preußischer Volksfreund 10.9.1886, S. 147) Der „Reichsanzeiger“ vom 18 Oktober schreibt über das Befinden des Kronprinzen: [...] (Preußischer Volksffeund 21.10.1887, S. 166) D ie „Republique française“ schreibt unter der Ueberschrift „ein neuer Skandal“, daß, wenn (Preußischer Volksfreund 21.10.1887, S. 167) Aus Rom „von sehr beachtenwerther Seite“ erhält die „Politische Correspondenz“ einen Brief, der [...] nachdrücklich auseinandersetzt. Zum Schlüsse heißt es: [...] (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 1) Ungeachtet des kürzlich vom „J. de St. P.“ publizirten Dementis, schreibt die „N. fr. Pr.“ in ihrer letzten hier eingetroffenen Nummer, in ganz kategorischer Fassung: „[...]: (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 2) In dieser Korrespondenz heißt es: „[...]“ Der Korrespondent klagt, daß [...] „[...]“ So weit der Korrespondent der „Mosk. Wed.“ (St. Petersburger Zeitung 3 / 15.9.1888, S. 2f.) So weit der Gewährsmann des genannten Blattes (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 3) D ie Münchener „Allgem. Ztg.“ theilt nachfolgendes Handschreiben des Kaisers an [...] mit: „[...] (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 149) 432 Firmen [...] haben [...] eine von einer ausführlichen Denkschrift begleitete Eingabe an den Bundesrath gerichtet, in welcher ausgeführt wird: „[...] (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 149) An anderer Stelle des heutigen Blattes finden unsere Leser eine Polizeiverordnung vom 31. v. Mts. publient, durch welche [...] (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 150) Die „Edinburgh Evening News“, das Lieblingsblatt des schottischen Arbeiters, schreibt: „[. ..] (St. Petersburger Zeitung 2 ./ 1 4 .6 .1894, S. 1) In einem der Internationalen Carnegie-Kommission gewidmeten Leitartikel schreibt die Liberto: „[...] (St. Petersburger Zeitung 2./ 14.6.1894, S. 3) (Telegramm unseres Sonderberichterstatters.) E. D. Weimar, 26. Juli. Wie ich höre, [...] (Berliner Tageblatt 27.7.1919, o.S. = S. 2 und öfter) Kennzeichnung der Redewiedergabe: Die Rede, womit Hr. v. Radowitz das Parlament eröffnete, lautete: „Meine Herren! [...] (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1331) Wir kommen in folgendem etwas ausführlicher auf die Finanzdarlegung des Schatzkanzlers in der Unterhaussitzung vom 15 März zurück. Sir Charles Wood begann mit der Bitte um [...] Von vielen Seiten (bemerkte Sir Charles ironisch) habe man [...] (Zuruf.) [...] Der Minister schloß mit Beantragung eines vorläufigen Votums [...] Hr. Joseph Hume [...] klagte daß [...] und protestierte (...] Die HH. Frewen und Hodges [...] jammerten daß [...] Der Marquis v. Granby und Lori [sic] J. Manners acceptirten [...] und versicherten daß [...] Hr. Drummond [...] freut sich doch [...] (Gelächter.) Hr. Muntz [...] zweifelt ob [...] So folgte noch eine Reihe abspringender Bemerkungen [...] Die Times schenkt den von der 1 7 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts R e g ie ru n g a n g e k ü n d ig te n S te u ererleich teru n g en ih ren v o lle n B e ifa ll (A llg e m e in e Z e itu n g 2 5 .3 .1 8 5 0 , S. 1 3 3 4 ) D ie b e i d er a m 2 7 . v. M . Statt g e fu n d e n e n fe ie rlic h e n E id e sle istu n g d e s H errn B ürg erm eisters Dr. U lm v o n H errn Statth alter g e sp ro c h e n e n W orte w e rd e n v o n d er „Gr. Z tg .“ ih r e m w e s e n tlic h e n In h alte n a ch in F o lg e n d e m m itg eth eilt: (W ie ner Z e itu n g 1 5 .1 0 .1 8 5 0 , S. 3 0 9 1 ) A u s der h e u tig e n S itz u n g der K am m er ist F o lg e n d e s z u erw äh n en: (W ie n er Z e itu n g 1 5 .1 0 .1 8 5 0 , S. 3 0 9 2 ) „ W e n n e s n ö th ig ist,“ s a g te e in S ta atsm an n , d er m it d e n e n g lis c h e n P o litik e rn in V e rb in d u n g steht, „w ird E n g la n d s e in e n letz te n S o ld a te n n a ch d e m O rie nt sc h ik k e n [...]“ (Frankfurter P o stz eitu n g 2 6 .4 .1 8 5 4 , B e il. o .S . = S. 3 ) In der h e u tig e n S itz u n g d e s H a u se s der A b g eord n ete n b e g a n n d ie S p eziald eb attc üb er [...]. A u f e in e B e m erk u n g d e s A b g. [...] e n tg e g n e te der K rie g sm in iste r in W orten , d ie der P rä sid en t [...] n ic h t für p arlam en tarisch erklärte. Hr. v . R o on erklärte d a g e g e n , n ic h ts zurü ck zu n e h m e n (M ärk isch e B lätter 1 6 .1 .1 8 6 4 , o .S . = S. 1) U n s e r h e u tig e s B latt trägt a n der S p itz e e in e h o c h b e d e utsa m e A n sp ra ch e Sr. M aj. d e s K ö n ig s W ilh e lm v o n P reuß en a n d a s d e u tsch e V olk: [...] (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g , 1 9 .1 .1 8 7 1 , S. 1) V or d e m E intritt in d ie T a g e s-O rd n u n g v erla n g t der H a n d elsm in iste r G ra f Itz en p litz a ls z e itig e r V o r sitz e n d er d e s S ta a tsm in isteriu m s d a s Wort: [...]. D e r M in ister v e rlie s t h ie ra u f [...] d ie P roklam ation a n d a s d e u ts ch e V o lk [...] u n d fu g t [...] h in zu , daß [...]. P rä sid en t v. Forckenb eck: M .H .! [...] S e in e M ajestät d er d e utsch e K a is er [...] er leb e hoch! (D a s H a u s stim m t dreim al m it B e g eiste ru n g in d ie s e n R u f e in ). D er P rä sid en t fahrt fort: [...] (A lls e itig e Z u stim m u n g ). [...] E s fo lg e n B e rich te d er P e titio n sk o m m is sio n . [...] [...] [...] A b g. v. B e n d a und G la s er befürw orten ihre A n trä g e , o h n e sic h über e in e g e m ein s a m e F a ssu n g v e rstä n d ig e n zu k ö n n e n . [...] (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z eitu n g , 2. B e il., 1 9 .1 .1 8 7 1 , S. 7 f.) A u f e in e a n d e n P o liz eip rä sid e n te n v. M ad ai g e h a lte n e A n red e antw ortete d e r s e lb e , daß er a u f [...] W erth le g e . [...] Im V e rla u f der R ed e g e d e nkt er so d a n n [...]. O b erb ürg erm eister M u m m sa g te in E rw id eru n g e in e r a n ih n g e h a lte n e n A n red e unter A nd erem : „ [...]“ (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z eitu n g 5 .3 .1 8 7 1 , S. 8 ) D e r K a n z le r [...] hat g e stern in M a n c h e ster e in e R ed e g e h a lte n , w o rin er [...] b e m erkte, daß [...] R e d n er fu g te h in zu , daß (B o n n er Z eitu n g 9 .1 2 .1 8 7 5 , S. 1 3 5 4 ) D e n e rste n T h e il d er S itz u n g n a h m d ie dritte L e su n g der P r e ß g e s e tz -N o v e lle in A n sp ru ch . A b erm als entbrannte üb er [...] e in e sehr leb h afte D ebatte. (...) Zu der lä n g e re n D is k u s s io n w urd e v o n S e ite n der R eich sr e g ieru n g h a u p ts ä ch lic h h erv o rg e h o b e n , daß [...]. A b g. G rum brecht le g te je d o c h au sdrü cklich V erw ahru n g d a g e g e n e in , daß [. ..]. D ie n u n fo lg e n d e , m it s o groß er S p an n u n g erw artete D e b atte üb er (...]. E röffn et w urd e sie n a ch e in e m e in le ite n d e n V ortrag e d e s B erich terstatters (...] durch d e n A bg. L ö w e , d er in e n e rg isc h e r V ertretun g der S p e z ia l- In tere s se n s e in e s W a h lk re is e s (B o c h u m ) e n tsc h ie d e n für d ie P etitio n eintrat. [...] M it b e so n d e re m N a ch d ru ck w ie s d er R e d n er dab ei a u f d ie traurige L a g e der brodlo s w e rd e n d e n Arbeiter hin . N a c h ih m u n terz o g der A b g. B am b erg er d ie P e titio n e n in e in e r m it gro ß e m B e ifa ll a u fg e n o m m e n e n , bald sark a stis ch -w itzig e n , b ald e m st-e n trü ste te n R ed e ein er v e rn ic h te n d e n K ritik. A b g. Dr. B am b erg er. [...] Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 179 (Sehr richtig! ) [...] (Heiterkeit.) [...] (Heiterkeit). [...] (Sehr richtig! ) [...] (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 1354f.) Wir haben an anderer Stelle schon von der Kongo-Konferenz in Berlin berichtet, die der französische Abgeordnete Deloncle durch die „Frkf. Ztg.“ in Vorschlag gebracht hat. Er äußerte damals zu seinem Interviewer: [...] (St. Petersburger Zeitung 2./ 14.6.1894, S. 1) D ie heute fortgesetzte große politische Debatte stand noch völlig unter dem Einfluß der gestrigen Rede Erzbergers. [...] Von den einzelnen Sprechern wurden wesentlich neue Momente indessen nicht mehr vorgebracht. Dagegen hat sich die [...] Fraktion eingehend mit [...] beschäftigt, und es darf nicht verhehlt werden, daß sich in diesen Besprechungen eine starke Skepsis bemerkbar machte. Vor allem bemängelte man es, daß Erzberger nicht den Wortlaut der [...] Depesche [...] mitgeteilt habe. [...] Wie es heißt, wird der [...] Abg. Gothein, dahingehende Fragen an den Minister [...] richten. [...] Für die Deutsche Volkspartei sprach heute [...], bewegte sich dabei aber lediglich in den ausgefahrenen Gleisen der alten [...] Politik. [...] sprach auch er [...] das Mißtrauen aus. D ie Rede des [...] war in der Form auffällig zurückhaltend. Mit Recht wies er auf [...] hin und warnte die Rechte. Auch [...] Noske wandte sich in überaus scharfen Wendungen gegen [...] und zog einen dicken Strich zwischen sich und alle die, welche [...]. Als er dann die Vorwürfe [...] entkräftete, kam es wiederholt zu geradezu ungeheuerlichen Lärmszenen. [...] Die Unabhängigen schrien, lärmten, tobten, zischten und schreckten selbst nicht vor persönlichen Beleidigungen [...] zurück. [...] Der bayrische [...] hielt eine gemütvolle Rede im bayrischen Dialekt und zeitigte dabei einige Redeblüten, die die stürmische Heiterkeit des Hauses hervorriefen [...] (Berliner Tageblatt 27.7.1919, o.S. = S. 2) Das lexikalische Inventar, das zur Kennzeichnung einer Textwiedergabe verwendet wird, bewegt sich im Rahmen des unter 5.4.1 zusammengestellten, etwa: bringen, entnehmen, enthalten, veröffentlichen, heißen, lauten, berichten, schreiben; Bericht, M itteilung, Brief, Depesche. Um das Verb fo lg e n und seine Ableitungen gruppieren sich einige wenige standardisierte Formulierungen: wir lassen X folg en , bringt! enthältfolgend(en/ e/ es) X, {lautet) wie fo lg t. Die komplexe Verknüpfung direkter, indirekter und zusammenfassender Textwiedergabe macht in manchen Fällen neben der einleitenden Kennzeichnung auch eine abschließende notwendig, für die eine bestimmte afinite Satz- 1 8 0 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts form musterhaft zu sein scheint. Belegt wird diese aber nur zweimal in der St. Petersburger Zeitung von 1888: So weit der/ die/ das X der Zeitung Y. 5.4.5 Prädikationstyp : V E R B Ü R G T H E IT einer Information B E S T Ä T IG E N b z w . R E L A T IV IE R E N Dieser Typ geht oft in den neuen komplexen Sprachhandlungstyp T H E M A T IS IE R E N V O N K O M M U N IK A T IO N S S T R A T E G IE N (s. 5.4.9) ein. Wie auch Prädikationstyp 5.4.8 (S P E K U L IE R E N ) nimmt der Typ V E R B Ü R G T H E IT E IN E R IN F O R M A T IO N B E S T Ä T IG E N bzw. R E L A T IV IE R E N quantitativ ab, weil Informationssicherheit und Geregeltheit der Informationsübermittlung im Zeitalter ihrer Industrialisierung durch Telegrafie und zentrale Nachrichtenagenturen zunehmen. Folgende Fälle sind, trotz Verknüpfung mit einzelnen anderen Prädikationstypen, noch identifizierbar. Es lassen sich sechs syntaktische Realisierungsformen (a - f) unterscheiden; die Variationsbreite scheint also noch größer geworden zu sein als im vorangegangenen Zeitabschnitt Dies zeigt sich auch in der nicht seltenen Kombination mehrerer Sätze bzw. Gliedsätze.54 Die das Prädikat ausdrückenden Lexeme sind durch Unterstreichung hervorgehoben: a) Realisierung mittels Obersatzrest mit syndetisch oder asyndetisch verbundenem Objektsatz: D ie s e n M o rg e n v erbreitete sic h h ier a llg e m e in d ie S a g e daß [...] O ffic ie lle G e w iß h e it h ab e ic h n ic h t erh alten k ö n n e n (A llg e m e in e Z e itu n g 2 5 .3 .1 8 5 0 , S. 1 3 3 0 ) D a s G erü cht daß [...] s c h e in t irrig (A llg e m e in e Z e itu n g 2 5 .3 .1 8 5 0 , S. 1 3 3 3 ) E s w ird v ersich ert, e in er d er v erb an nten G en erale h ab e [...] (Frankfurter P o stz e itu n g 2 6 .4 .1 8 5 4 , o .S . = B e il. S. 3 ) [...], u n d e s ist k e in Z w e ife l, daß (Frankfurter P o stz eitu n g 2 6 .4 .1 8 5 4 , o .S . = B e il. S. 4 ) G ew iß ist, d aß (Frankfurter P o stz eitu n g 2 6 .4 .1 8 5 4 , o .S . = B e il. S. 4 ) D a s G erücht, F re m o n d sei a b g e s etzt [...], ist fa lsc h (K ö n ig sb erg er H artu n g sch e Z e itu n g 1 7 .1 0 .1 8 6 1 , S. 1 7 3 5 ) B e z ü g lic h d e s [...] erfahren w ir a u s guter Q u e lle , daß (M ärk isch e B lätter 1 6 .1 .1 8 6 4 , o .S . = S. 1) U m la u fe n d e G erüchte b ereiten d ara uf vor, daß d ie R e g ieru n g n a ch d er a lle m A n s c h e in n a c h b a ld b e v o r ste h e n d e n S c h lie ß u n g d e s L an d ta g s [. ..] (M ärk isch e B lä tter 1 6 .1 .1 8 6 4 , o .S . = S. 1) 54 D ie sy n ta ktisc h e K la s sifiz ie r u n g b erü ck sich tig t n a c h fo lg e n d nur j e e in e n v o n e v e n tu e ll m ehreren S a tztyp e n , u m B e le g v erd o p p e lu n g e n z u v erm eid en . Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 1 8 1 D ie v o n Z e itu n g e n gebrachte N a chrich t, daß [...] ist a u s d er L uft g e g riffe n (M ärk is c h e B lätter 1 6 .1 .1 8 6 4 , o .S . = S .2 ) A b g. W e h r e n p fe n n ig v ersich erte zw ar a u s guter Q u e lle zu w is s e n , daß (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g 1 9 .1 .1 8 7 1 , S. 4 ) W ahr ist n u n sc h o n , daß (K ö n ig lic h privile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g 1 9 .1 .1 8 7 1 , 2. B e il., S. 5 ) D e r „Standard“ w ill w is s e n daß d er G esu n d h eitsszu sta n d d e s K a is ers W ilh elm b e u n ru h ig e n d sei (A llg e m e in e Z eitu n g 2 2 .2 .1 8 7 1 , B e il., S. 8 8 5 ) D ie „D . R .-C orr.“ hält trotz d e s D e m e n ti’s d er „ N .P r.Z tg .“ ih re frühere M itth eilu n g , daß der K a is er erst [...] hierh er zurückk ehren w ird, aufrecht (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g 5 .3 .1 8 7 1 , S. 2 ) b is g e stern A b en d w aren d ie s e lb e n [W ahlresultate, uhz] zw ar n o c h nich t v o ll stä n d ig , aber d o c h in so w e it m it S ich erh eit b ekan nt g e w ord en , daß (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g 5 .3 .1 8 7 1 , S. 3) m an glaubt, daß (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g 5 .3 .1 8 7 1 , S. 3) E s b e stä tig t sic h , daß (K ö n ig lic h privile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g 5 .3 : 1 8 7 1 , S. 5) E s s c h e in t a ls o d o c h nicht, daß er, w ie e s h ieß , n a ch A m erik a a u s w a n d e m w ill. (K ö n ig lic h privile g irte B e rlin isc h e Z eitu n g 5 .3 .1 8 7 1 , S. 8) A u s w o h lin fo rm ierte n K reis en verlautet, R u ßland habe [...] (B o n n er Z eitu n g 9 .1 2 .1 8 7 5 , S. 1 3 5 4 ) D a s „K a sseler T ag eblatt“ m eld et, a n g e b lic h a u s sich erer Q u e lle , [...] (B o n n er Z e itu n g 2 2 .3 .1 8 7 6 , S. 3 1 7 ) D ie „P olit. K orr.“ m eld et o ffiz iö s (T ü b in g er C hronik 1 .5 .1 8 8 8 , o .S . = S. 2) A u s B e rlin w ird der „P ol C orr.“ b e stätigt, daß (St. P etersburg er Z eitu n g 3 . / 1 5 . 9 . 1 8 8 8 , S. 1) U e b er d ie G ründ e, w e lc h e [...] w ird der g e n a n n ten C o r r e s p o n d e d v o n durchau s g utu nterrich teten S e ite n m itg eth eilt, daß (St. P etersburger Z e itu n g 3 ./ 1 5 .9 .1 8 8 8 , S. 1) D ie M itth e ilu n g der R e sid e n zblätter, daß [...] ist n a ch d e m „ R ish ski W e stnik “ u n ric h tig (St. P etersburg er Z e itu n g 3 ./ 1 5 .9 .1 8 8 8 , S. 2) M a n glaubt, Stroßm ayer [...] w erd e (St. P etersburger Z e itu n g 3 ./ 1 5 . 9 . 1888, S. 4 ) In s c h w e d is c h e n K reis en s c h e in t S org e m it B e z u g a u f d ie G erüchte z u herrsch en, daß (B o n n er Z e itu n g 1 0 .2 .1 8 9 1 , S. 150) b) Realisierung mittels Abverbialsatz: [...] w ie B e rich te a u s N e a p e l v ersich ern , [...] (K ö n ig sb erg er H artu n g sch e Z eitu n g 1 7 .1 0 .1 8 6 1 , S. 1 7 3 5 ) W ie u n s aus sich erer Q u e lle m itg eth eilt w ird, hat Ihre M ajestät [...] (K ö n ig sb er g er H artu n g sch e Z e itu n g 1 7 .1 0 .1 8 6 1 , S. 1 7 3 6 ) W ie u n s m ehrere v o n d e n b etreffe n d e n F uhrleuten , d ie h e ute h ier ein g etro ffen , e rz ä h le n (K ö n ig lic h privile g irte B e rlin isc h e Z eitu n g 2 7 .9 .1 8 7 0 , 2. B e il., S. 5) 182 F o rm u lie r u n g s tra d itio n e n in Z e itu n g s n a c h ric h te n d e s 1 7 . b i s 20. J a h r h u n d e rts Wie der Wiener „Presse“ aus verläßlicher Quelle geschrieben wird (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 1.1.1871,1. Beil., S. 3) Will man den Angaben derselben Quelle, welche von Saulieu sprach, Glauben schenken, so ist (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871, 2. Beil., S. 3) [...] wird der „Elbf. Ztg.“ von hier, wie es scheint, von offizieller Seite Folgendes geschrieben: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 3.3.1871, S. 3) Wie der „Staaten-Corresp.“ aus Rom von besonderer Seite mitgetheilt wird, soll sich (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 1) Der Bahnbau [...] ging nicht, wie die „Leipziger Illustrierte Zeitung“ u.A. fälschlich anninunt, von [...] aus (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 2) c ) Realisierung mittels Attributsatz [...] daß die in bayerischen Blättern mitgetheilte Nachricht als ob [...] zur Zeit noch nicht begründet ist, indem [...] (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1330) Ferner enthält der Wiener Lloyd noch folgende aus guter Quelle kommende Nachricht, welche obige Mittheilung bestätigt: (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = Extra-Beil. S. 1) Die provisorische Regierung in Tours hat einen Bericht über die Schlacht vor Paris [...] veröffentlicht (siehe unten Telegramm), der die Angaben des weiter unten folgenden Berichts aus der „Daily News“ bestätigt (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 27 .9 .1 8 7 0 ,2 . Beil., S. 1) d) Realisierung als Hauptprädikation im selbstständigen Satz bzw. Satzkomplex: Mag man auch ..., so stimmen doch zu viele Berichte darin überein daß (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1333) Ob dann gleichzeitig auch die Ernennung eines neuen Justizministers erfolgen wird, w ie man glaubt, scheint noch zweifelhaft (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = Beil. S. 2) D ie Gerüchte von bevorstehenden Veränderungen im Ministerium sind vollkommen aus der Luft gegriffen (Königsberger Hartungsche Zeitung 17.10.1861, S. 1735) Es gibt außer unsem Gränzen kaum einen Zeitungsschreiber der nicht hundertfach von französischen Siegesberichten belogen, dennoch die Lügen immer wiederholte (Allgemeine Zeitung 22.2.1871, Beil., S. 885) D ie durch Münchener Telegramme in süddeutschen Blättern verbreitete Nachricht [...] wird zwar von verschiedenen Seiten dementiert, hat jedoch schon genug böses Blut gemacht (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S .4 ) D ie auch von uns mitgetheilte Ausweisung der Lehrer des Lyceums zu Straßburg wird von der offiziösen „Straßb. Ztg.“, ohne daß sie auf die näheren Umstände eingeht, bestätigt und, w ie folgt, rechtfertigt: (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S .4 ) Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 1 8 3 E in e Frau, d ie s ic h m it F la s ch e n u n d G lä s ern n a ch d e n Straßen b e g e b e n hatte, w o d ie P reuß en e in z ie h e n m ußten, u m ih n e n G etränk e zu v erk aufen , s o ll v o n d e m V o lk e g e s te in ig t sein . S o w e n ig ste n s läßt sic h „E to ile b e ig e “ b erichte n (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g 5 .3 .1 8 7 1 , S. 7 ) lie b e r d a s B e fin d e n d e s K ro n prin ze n lauten leid er and au ern d d ie N a ch rich ten se h r w id ersp re ch en d , s o daß e s überaus sc h w er w ird, d a s W ahre v o m F a ls ch e n zu u n ter sc h e id e n (P reu ß isch er V o lk sffe u n d 2 1 .1 0 .1 8 8 7 , S. 165) D ie E in z e la n g a b e n über d ie S p eis e n , w e lc h e der K a is er g e n ieß t, sin d ü brig en s fa st s ä m tlich e [sic] un w ahr (T ü b in g er C hronik 1 .5 .1 8 8 8 , o .S . = S. 2) D e r „M atin “ m e in t a lle n A n la ß zu hab en, d ie s e ih m z u g e g a n g e n e M eld u n g für ric h tig zu h a lte n (St. P etersburger Z e itu n g 3 ./ 1 5 . 9 . 1 8 8 8 , S. 1) [...] v e rd ie n e n d ie in d e m s e lb e n v e rö ffe n tlic h te n D a te n u m s o m ehr Interesse, a ls ih n e n d ie E ig e n s c h a ft e in er z ie m lic h e n G en a u ig k eit w o h l nich t ab g e sp ro ch e n w e rd e n k a n n (S t. P etersburg er Z e itu n g 3 ./ 1 5 . 9 . 1 8 8 8 , S. 3 ) D ie „W ien . A llg . Z tg .“ ist v o n kom p etenter S e ite erm ä chtig t, d a s a n e in er a u s w ä rtig e n B ör s e verbreitete G erücht v o n (...] a ls ab solu t g e g e n sta n d slo s zu b e z e ic h n e n (St. P etersburger Z e itu n g 2 7 1 4 .6 .1 8 9 4 , S. 1) e) Realisierung mittels (Präpositional-)Adverb: e in e m g e stern h ier verbreiteten G erüchte z u fo lg e (Frankfurter P o stz eitu n g 2 6 .4 .1 8 5 4 , o .S . = B e il. S. 3) A lle m V erm u ten n a ch lie g t e in S elb stm ord v or (T ü b in g er C hronik 1.5 1 8 8 8 , o.S . = S. 2 ) D e m in S to c k h o lm e rs ch ein e n d e n „D a g b la d “ w ird nun, n a ch e in er M itth eilu n g d er „H am burger N a c h rich te n “ a n s ch ein e n d in durch au s z u v e rlä s sig e r W e is e te le g ra p h isc h a u s P etersburg g e m eld e t, daß (St. P etersburg er Z e itu n g 3 7 1 5 .9 .1 8 8 8 , S. 1) U n g e a c h te t d e s k ü rz lic h v o m „J. d e St. P .“ p u b lizirte n D e m e n tis , schreibt d ie „N . ff. P r.“ (St. P etersburger Z e itu n g 3 7 1 5 .9 .1 8 8 8 , S. 2 ) f) Realisierung mittels Attribut: V o n o ffiz ie lle n m ilita irisc h e n N a c h rich te n ist d ie n a c h ste h e n d e ein g e g a n g e n : (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z eitu n g 1 9 .1 .1 8 7 1 , 2. B e il., S. 3) B ord eau x, 15. Januar (O ffiz ie lle D e p e s c h e d er fr a n z ö sis c h e n R e g ie ru n g .) (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z eitu n g 1 9 .1 .1 8 7 1 , 2. B e il., S. 3) In [...] fin d e n w ir e in e lä n g ere , v e rm u th lic h autorisirte M itth e ilu n g üb er die S chrift d e s (S t. P etersburg er Z e itu n g 3 7 1 5 .9 .1 8 8 8 , S. 2) Insgesamt nimmt die Realisierung des Prädikationstyps V E R B Ü R G T H E IT einer Information B E S T Ä T IG E N bzw. R E L A T IV IE R E N , ohne mit zwei und mehr weiteren quellenreflexiven Prädikationen zum Sprachhandlungstyp T H E M A T I- S IE R U N G V O N K O M M U N IK A T IO N S S T R A T E G IE N verknüpft zu sein, gegenüber der Zeit vor 1850 deutlich ab. Die Verbürgtheit eines Nachrichteninhalts hängt nicht mehr von technischen Gegebenheiten ab, sondern viel eher von politisehen Absichten und Eingriffen in die Presse, die die Journalisten, begünstigt durch die in diesem Maße nie zuvor da gewesene Liberalisierung des Presserechts ab 1874, zu weiter gehenden Kommentaren veranlassen. Allerdings bleiben die primären Quellen der Information selbst fast völlig anonym. Nur die vermittelnden, sekundären Quellen, die von der Masse der redaktionell verarbeiteten Zeitungen gebildet werden, werden genannt und oft auch politisch eingeordnet. Symptomatisch hierfür ist die seit dem deutschfranzösischen Krieg von 1871 üblich werdende Ausdrucksweise von den „offiziellen“ oder „offiziösen“ Quellen.55 1 8 4 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts Die beiden bevorzugten syntaktischen Realisierungsformen, Obersatzrest mit Objektsatz (25-mal belegt) und selbstständiger Einfachbzw. komplexer Satz (11-mal belegt), sind aber die gleichen geblieben wie vor 1850. Die anderen Formen, darunter die Komprimierungen mittels Adverb und Attribut, bleiben hingegen bei einer Häufigkeit unter 10 Belegen. Daraus ist zu schließen, dass die Tendenz zu einer expliziten, variantenreichen, nicht standardisierten Formulierungsweise dieses Prädikationstyps eher noch zugenommen hat. Auf der lexikalischen Ebene zeigen sich aber ähnliche Paradigmen wie vor 1850. Relativ häufig ist das Formulierungsmuster: aus guter (3-mal) sicherer (2-mal) verlässlicher Quelle aus wohlinformierten Kreisen von offizieller besonderer kompetenter Seite von durchaus gutunterrichteten Seiten Das Lexem H and ist in diesem Zusammenhang verschwunden. Ferner ergeben sich folgende, durch Wortbildung konstituierte Lexemparadigmen: 55 Der früheste Beleg zu halboffiziell findet sich 1848 in der National-Zeitung mit Bezug auf die Wiener Zeitung. Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 185 wissen, gewiss, Gewissheit versichern (3-mal), m it Sicherheit glauben (3-mal), Glauben schenken vermuten, verm utlich Zweifel, zw eifelhaft scheinen (2-mal), allem Anschein nach belügen, Lüge fa lsc h (2-mal), fälschlich dementieren, D em enti (2-mal) wahr (2-mal), unwahr richtig, unrichtig Alle Übrigen sind wortbildungsparadigmatisch unverbunden, darunter die absolut am häufigsten belegten Lexeme G erücht (6-mal) und bestätigen (5-mal), Genauigkeit, Sage, übereinstimmen, irrig, gegenstandslos, zuverlässig, begründet, angeblich, offiziell (3-mal), offiziös (2-mal), autorisiert, aus der Luft gegriffen (2-mal). Die für die Zeit von 1770 bis 1850 festzustellende hohe Vernetzung durch Wortbildung der betreffenden Lexeme liegt nun nicht mehr vor; die Paradigmen umfassen bis auf eine Ausnahme nur zwei Glieder und der verwendete Wortschatz ist insgesamt vielfältiger. Dafür lassen sich die adjektivischen Lexeme leicht zwei komplementären semantischen Paradigmen zuordnen: ‘eher verbürgt’ {zuverlässig, begründet, offiziell, offiziös, autorisiert, gewiss, wahr, richtig) und ‘eher nicht verbürgt’ {irrig, gegenstandslos, angeblich, aus der L uft gegriffen, falsch , fälschlich, unrichtig, unwahr). Auf der anderen Seite sind einige wenige Lexeme und das als Muster nun sicher etablierte aus guter Quelle/ von offizieller Seite häufiger belegt als zuvor. Damit bestätigt sich hier eine bei fast allen Prädikationstypen und in allen Zeitabschnitten mehr oder weniger deutlich festgestellte Entwicklung hin zu einem insgesamt immer variantenreicheren Lexeminventar bei gleichzeitiger Herausbildung eines quantitativ begrenzten, hochfrequenten und somit standardisierten, quellenreflexiv relevanten Kemwortschatzes. 5.4.6 Prädikationstyp: Anaphorische Kohärenzstiftung Bei diesem Prädikationstyp lassen sich nicht mehr die selben syntaktischen Klassen von Mustern finden wie vor 1850. Die dort häufige Formulierung wie 1 8 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts gestern/ früher gem eldet bzw. wie wir am [Datum] berichteten kommt nur noch einmal vor. Stattdessen wird auf das Vorwissen der Leser sehr pauschal mittels des äußerst komprimierten Ausdrucks bekanntlich Bezug genommen. Damit wird der früher übliche Rekurs auf die vorhergehende Berichterstattung in derselben Zeitung oder auf die gesamte Presse ersetzt durch den Rekurs auf den generellen Wissenshorizont „des Menschen als Zeitungsleser“. In sechs der 15 Belege wird bekanntlich gebraucht. Diese Komprimierung erleichtert die Integration dieses Prädikationstyps in den neuen komplexen Sprachhandlungstyp THEMATISEERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN (s. 5.4.9), auf die auch Zurückzufuhren ist, dass die anaphorische Kohärenzstiftung nur noch etwa halb so oft (15 Belege gegenüber 34 Belegen von 1770-1850) als von anderen unterscheidbare Prädikation realisiert wird. Nachfolgend werden nur die isolierbaren Ausdrucksformen dokumentiert: von der in allen Zeitungen veröffentlichten Protestation des Geistlichen Denison (Nro. 82 der Allgem. Ztg.) (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1331) in der Wiener Zeitung vom 12. October 1. J. (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3089) Am 21. September wurde bekanntlich (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 3) Ueber das in den letzten Tagen mehrfach genannte Fort Valérien schreibt der „Staatsanzeiger'': (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 27.9.1870, 2. Beil., S. 5) Wir theilten in No. 9 unserer Zeitung vom 11. d. M. [...] die Depesche [...] mit (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871, S. 3) Der Feldpolizei-Direktor [...], welcher bekanntlich (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 3) (Es ist bekannüich zu keinem ernsteren Zwischenfall gekommen.) (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 6) Graf Wendt zu Eulenburg, der Verlobte der [...], dessen Tod wir bereits mittheilten, ist gestern den Nachwehen des Typhus erlegen (Bonner Zeitung 9.12.1875, S. 1354) Nach dem Todes des Grafen Cavour belegte bekanntlich die italienische Regierung alle Papiere des berühmten Staatmannes mit Arrest. (Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 317) Die Geldgier des General Caffarel wird sogar mit der, wie man sich erinnert, vorzeitigen Veröffentlichung des Mobilisienmgsplans in Verbindung gebracht (Preußischer Volksfreund 21.10.1887, S. 166) Bekanntlich soll diese gewiß hochwichtige Angelegenheit [...] nun endlich in diesem Herbst im Reichsrath zur Entscheidung gelangen (St. Petersburger Zeitung 3 / 15.9.1888, S. 2) doch dürften Sie über die Hauptvorfälle dieser Arten bereits telegraphisch berichtet sein und brauche ich daher auf all diesen „infandum dolorem“ nicht einzugehen (St. Petersburger Zeitung 3 ./ 1 5 .9 .1888, S. 3) Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 187 [...] zumal bekanntlich am Jahresschluß [...] häufig eine vorübergehende Kurssteigerung selbst der solidesten Papiere herbeigefbhrt wird (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 149) D ie tunfangreichen Arbeiterausstände in Nordamerika haben, wie bereits mehrfach berichtet wurde, zu Unruhen und blutigen Ausschreitungen geführt (St. Petersburger Zeitung 2 ./ 1 4 .6 .1894, S. 2) Zu dem Raubüberfall auf das Dienstmädchen Erna Reichmann [...], über den wir berichteten, wird noch gemeldet: (Berliner Tagblatt 27.7.1919, 1. Beiblatt, o.S. = S. 2) Bekanntlich wurden die Kohlen- und Kokspreise (Berliner Tageblatt 27.7.1919, S. 6) 5.4.7 Prädikationstyp: Kataphorische Kohärenzstiftung Dieser Prädikationstyp scheint spätestens zum Jahrhundertende hin völlig auszulaufen. Die Relevanz der Mitteilung, dass über bereits thematisierte, noch unabgeschlossene Ereignisse nach Möglichkeit weiterhin berichtet werden wird, scheint in der Zeit der Massenpresse nicht mehr gegeben. Auch die zweite Funktion der Prädikation scheint obsolet zu werden: Der Hinweis auf noch unabgeschlossene Ereignis- oder Informationszusammenhänge scheint sich dank des nachrichtentechnischen Fortschritts immer mehr zu erübrigen Eher schon wird das Verschweigen eines anderswoher bekannten Ereignisses einer Bemerkung fur wert befunden, denn auch Nachrichtenunterdrückung gehörte zu den politischen Strategien. Standardisierte Formulierungen sind daher nicht zu erwarten. Was aus solchen Verwickelungen sich erzeugt, müssen wir abwarten (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1331) (Von dem Eintreffen der französischen Flotte in der Kjögebucht, die aus Kopenhagen von gestern Mittag gemeldet wurde, berichtet der Hamb. Correspondent nichts.) (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 1) daß im preußischen Gesandtschaftshotel [...] fleißig gepackt wird; wir wisser nicht, ob zu einer Reise aufs Land oder aufs Fesüand (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, Beil., o.S. = S. 4) Ueber die Unterredung [...] ist unseres Wissens noch nichts Zusammenhängende! bekannt geworden (Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung 27.9.1870, 2 B eil., S. 4) Wo das 2. Armeecorps augenblicklich steht, ist absolut nicht zu ermitteln (Kö niglich Privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871,2. Beil., S. 3) 188 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7 . bis 20. Jahrhunderts 5.4.8 Prädikationstyp: über vergangene oder zukünftige Ereignisse SPEKULIEREN Wie schon vor 1850 besteht in den Realisierungen eine Annäherung an den Prädikationstyp VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN bzw. RELA- TIVIEREN sowie eine Einbindung beider in den übergeordneten Sprachhandlungstyp THEMATISIEREN VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN. Demzufolge nimmt die Menge der als Ausdruck des SPEKULŒRENS identifizierbaren Belege gegenüber dem vorhergehenden Zeitabschnitt um etwa die Hälfte ab. Unter ihnen ist der syntaktische Typ ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ nach wie vor häufig, obwohl das syntaktische Variationsspektrum im Ganzen weit ist. Darüber hinausgehende lexikalische Standardisierungen sind nicht zu erkennen. Das in neun Belegen dreimal realisierte Wortbildungsparadigma scheinen, allem Anschein nach könnte, muss aber kein Indiz hierfür sein. Auch die übrigen Vorlagen [...] werden vermuthlich [...] angenommen werden, dergestalt daß binnen vier bis sechs Wochen der Schluß des Parlaments erfolgen zu können und zu müssen scheint (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1332) Wenn ich nicht sehr irre, wird eine bedeutende Majorität fur dieses Verfahren seyn (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1332) Man erwartet nächstens die Bestätigung der (Allgemeine Zeitung 25.3.1850, S. 1333) Heute Abends (sic) hofft man, daß die hohen Gäste unser großes Theater besuchen werden (Wiener Zeitung 15.10.1850, S. 3091) Es wird mit ziemlicher Gewißheit darauf gerechnet, daß die Regierung eine eventuelle Creditbewilligung für militairische Zwecke beantragen wird (Frankfurter Postzeitung 26.4.1854, o.S. = S. 2) Umlaufende Gerüchte bereiten darauf vor, daß die Regierung nach der allem Anschein nach bald bevorstehenden Schließung des Landtags eine neue Preßverordnung erlassen werde (Märkische Blätter 16.1.1864, o.S. = S. 1) Wir schließen daraus, daß wir aus jener Gegend von keinen Kämpfen haben berichten hören, auf den ungestörten Vormarsch (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 19.1.1871,2. Beil., S. 3) Am bedeutendsten scheint die Majorität für Hoverbeck im zweiten Wahlkreise gewesen zu sein (Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 5.3.1871, S. 3) in den letzten Nummern des Organs des bulgarischen Ministeriums [...] ließen sich Anzeichen dafür entdecken, daß die Bewegung in diesem Sinne schon begonnen habe (St. Petersburger Zeitung 2 ./ 1 4 .6 .1894, S. 2) 5 .4 .9 Sprachhandlungstyp: THEMATISIERUNG von KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN In diesem Komplex werden mehrere Prädikationstypen derart zusammengefasst und miteinander verknüpft, dass eine Zuordnung von Realisierungen zu Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 1 8 9 den o.g. acht Prädikationstypen (5.3.1-5.3.8) nicht mehr möglich bzw. sinnvoll ist und hier stattdessen als übergeordnete Sprachhandlung die THEMA- TISIERUNG KOMMUNIKATIVER STRATEGIEN in der vor allem politischen Presseberichterstattung angesetzt werden soll Die Verknüpfung von Prädikationen hat hier auch meist einen syntaktisch selbstständigen und abgeschlossenen Status, d.h., dass zu Beginn oder mitten im Meldungstext Satzgefüge auftreten, die der Explizierung von hinter den Informationen stehenden Absichten und Motiven dienen. Das THEMATISIEREN VON KOMMUNIKATIONSSTRATE- GIEN muss zu den Hauptprädikationen von Nachrichtentexten, d.h. zum eigentlichen Nachrichteninhalt, gerechnet werden Geht man von den acht Prädikationstypen des vorhergehenden Zeitabschnitts ( 1 7 7 0 - 1 8 5 0 ) aus, die ja auch nach 1 8 5 0 noch identifiziert werden können (s. 5 . 3 . 1 - 5 . 3 . 8 ) , dann s e t z t sich der Sprachhandlungstyp THEMATISIERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN z u s a m m e n aus 5 . 3 . 2 (CHARAKTERISIERUNG ein er Hauptprädikation ALS MEINUNG), 5.3.3 (B E W E R T U N G einer Quelle und ihrer Intention), 5 . 3 . 4 (KENNZEICHNUNG einer Textbzw. Redewiedergabe), 5 . 3 . 5 (VERBÜRGTHEIT ein er In form a tio n BESTÄTIGEN b z w . RELATI- VIEREN) und 5 . 3 . 8 (über vergangene oder zukünftige Ereignisse SPEKULIEREN). Nicht in den neuen Sprachhandlungstyp einbezogen werden somit der ursprüngliche und zentrale Prädikationstyp ANGABE DER QUELLE einer Information (5.3.1) sowie die beiden kohärenzherstellenden Prädikationstypen (5.3.6 und 5.3.7). Die ANGABE DER QUELLE bleibt einerseits unabhängig von Bewertungen und Kommentierungen bestehen, andererseits ist die Angabe der Quelle einer Information der Thematisierung der damit verbundenen Motive und Strategien im Prinzip präsupponiert Die Vor- und Rückverweisungen beziehen sich meist selbstreferenziell auf die Vertextung im jeweils eigenen Zeitungsmedium oder in einem national oder regional bestimmten Bereich der Presse und nur selten auf die Kohärenz eines Ereignisses (in diesem Falle können auch sie in den komplexen Sprachhandlungstyp einbezogen sein), während die Thematisierung von Kommunikationsstrategien nie die eigene Zeitung einbezieht, sondern immer auf die anderen, rezipierten Presseorgane und auch auf die „öffentliche Meinung“ als Größe eigener Art gerichtet ist. Der prädikativ komplexe Sprachhandlungstyp THEMATISIERUNG VON KOM- MUNIKATIONSSTRATEGIEN entstand wohl im Zusammenhang mit einer Entwicklung, die schon vor 1850 einsetzt, aber im Zuge der Durchsetzung der 190 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Telegrafie in den 50er- und 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts in der immer breiter werdenden Informationsmenge aus nationalen und internationalen Zeitungen besteht. Deren Politik und Einflussnahme auf die öffentliche Meinung deutlich zu machen, erhält eigenen Nachrichtenwert und steht mindestens gleichgewichtig neben der Nachricht über außerbzw. vormedial existierende Ereignisse. Wie die nachfolgende stark auswählende36 Belegdokumentation zeigt, finden sich die letzten Belege in den 90er-Jahren des 19 Jahrhunderts (d i. 1894); danach (1913, 1919) scheint dieser Sprachhandlungstyp wieder verschwunden zu sein. Es sieht so aus, als hätten die Journalisten am Vorabend des 1. Weltkriegs aufgehört, ihre Leser auf politische Instrumentalisierungen der Presse und pressepolitische Strategien aufmerksam zu machen. Warum? Ein sicher mitspielender Faktor ist die mit Kriegsbeginn wieder einsetzende Zensur bzw. Überwachung. Ein anderer Grund könnte darin liegen, dass die Menge der telegrafischen Agenturkurzmeldungen immer mehr zu- und die Übernahme von Nachrichten aus anderen Zeitungen abnimmt. Dem prädikativen Status des T H E M A T IS IE R E N S V O N K O M M U N IK A T IO N S - S T R A T E G IE N angemessen ist die syntaktisch komplexe und in jeder Hinsicht variantenreiche Art der Formulierungen. W e n n S ie d ie B e le g e h ab en w o lle n , s o b lick e n S ie n ic h t a u f d ie B lätter der R e sid e n z , so n d ern hören S ie w e lc h e n N a c h h a ll d a s G erücht d a v on in a lle n B lättern d e s L a n d e s h erv org eru fen hat. D ie drei gro ß e n d e u tsch en B lätter in P e s th und P reßburg, d er H irla ch u n d N a p lo - a lle hab en C h oru s g e m a ch t g e g e n A b sich te n w e lc h e s ie n o c h g e n a u e r form ulirten a ls m ir m e in e N a c h rich te n erlaub en. S o v ie l ist n u n g e w iß daß j e n e N a c h rich t d ie d a s M ag y ar H irla ch v o r W o c h e n brachte, e s b ild e sic h in U n g arn e in e P artei, d e n A b so lu tism u s w ie d er ein zu fu h re n , k ein e Z e itu n g s e n te , so n d ern - W ahrh eit w ar (K orr e s p o n d e n z b rie f a u s W ien , A llg e m e i n e Z e itu n g 2 5 .3 .1 8 5 0 , S. 1 3 3 2 ) D ie O std e u ts ch e P o st brin gt e in e sch arfe K ritik üb er d ie Ju d en con trib u tion en d e s G en era ls H aynau. D ie B e sch rä n k u n g w e lc h e d ie s e u n g ere ch tfertig te M aßreg el du rch d ie M in ister erfahren, hat der g e s a m m te n W ie n er P re ss e d ie Z u n g e g e lö s t, u n d s ie g ib t ihrem entrü stetem R e ch tsg e fü h l d e n A u sdru ck größter S ch ärfe ( A ll g e m e in e Z e itu n g 2 5 .3 .1 8 5 0 , S. 1 3 3 3 ) D i e O p p o sitio n s p r e s s e treibt w ie d e r e in m a l a n g e le g e n tlic h retro sp ectiv e P o litik (A llg e m e in e Z e itu n g 2 5 .3 .1 8 5 0 , S. 1 3 3 5 ) W ir h ab en n o c h k e in U rth eil über d ie a ls o a n g e k ü n d ig te n G e s etz v o rs ch lä g e , a lle in w e n n ih re T e n d e n z d e n D ro h u n g e n entsp rä ch e , d ie w ir seit m ehreren T a g e n in d e n O rg a n e n der O rle a n iste n u n d d e s E ly s é e le s e n , d a n n m üßten w ir v o n d ie ser W e n d u n g der D in g e g e n a u d ie s e lb e n F o lg e n a ls v o n e in e m S ta a ts streich s e i te n s d e s P rä sid en ten [...] erw arten ( A llg e m e in e Z e itu n g 2 5 .3 .1 8 5 0 , S. 1 3 3 6 )56 56 A u s je d e r N u m m e r d e s T e ilk o rp u s w ird - so w e it v o rh a n d en - n a c h fo lg e n d m in d e ste n s e in B e le g dokum entiert. Der Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 191 Frankfurt, 2 6 . A p ril, 12 U hr M ittag s. O d e s sa ist v o n d e n v e r e in ig te n F lo tte n bom b ardirt w ord en . B e im A b g ä n g e die ser N a c h rich t v o n dort stan d d ie Stadt a n m ehreren S te lle n in F la m m e n [...] V o r ste h e n d e w ic h tig e N a c h rich t th e ilt d ie W ie n er P re ss e in ih rem n e u e ste n A b en d b latt v o m 2 4 . A p ril m it. N ic h t s o w e it w ie d ie d er P re ss e g e h e n d ie N a c h richte n d e s W ie n er Lloyd; aber fo lg e n d e a u s g ute n Q u e lle n flie ß e n d e M itth e ilu n g e n in der n e u e ste n A b e n b e ila g e (sic ) d ie s e s B la tte s g e b e n d e n S c h lü s s e l z u o b ig e r N a c h rich t der P resse. M a n schreibt n ä m lic h d e m W ien er L lo y d a u s B rody, 2 0 . April. „ S o e b e n k o m m t u n s d ie g e stern fä llig e P o st a u s O d e s sa zu. [...]“ (Frankfurter P o stz e itu n g 2 6 .4 .1 8 5 4 , E x tr a -B eil., o .S . = S. 1) D ie B e so rg n iß v o n e in e m k rie g e risc h e n Z u s a m m e n stö ß e in S c h le sw ig -H o ls te in steig ert sic h v o n T a g e z u T a g e . S ie tritt in d e n L eitartik eln a lle r T a g e s - und W o ch e n b lätter z u d e u tlich in d e n V ordergrun d, a ls daß w e iter e C om m e ntare erford e rlic h w ären . S a g t d o ch d ie „ T im e s “ klar h eraus, daß [...]; D e r „Sp ectator“ glaubt, daß e s k au m m ö g lic h s e in w erd e , [...]. (M ärk isch e B lätter 1 6 .1 .1 8 6 4 , o .S . = S. 3 ) F o lg e n d e D e ta ils der S c h la c h t b e i S c e a u x g ie b t d ie „ D a ily N e w s “, da s e in z ig e e n g lis c h e B la tt, w e lc h e s n a ch der E in s c h lie ß u n g v o n P aris direkte N a c h rich te n hat. E in u n tern e h m e n d er C ourier hat ihr Z e itu n g e n und e in e n B rie f überbracht; a u f w e lc h e m W e g e , w ird u n s nich t g e sa g t, o b w o h l s e in e F ahrt a ls e in e h ö ch st a b e n th e u erlic h e b e z e ic h n e t w ird. D er intere ssa nte ste T h e il d ie s e r N a c h rich te n b e z ie h t sic h a u f d a s G efe ch t b e i C h a tillo n am M o n ta g d e n 19. d. S ie schreib en au ch d ie s e N ie d e rla g e der F ra n zo s en der U n fä h ig k e it u n d u n v erb e ss erlich e n S o r g lo sig k e it der B e fe h ls h a b e r z u (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z eitu n g , 2. B e il , 2 7 .9 .1 8 7 0 , S. 1) D ie F ra g e über d e n b e sten A n sc h lu ß d e r s e lb e n [= „E lsaß u n d D e u ts ch - L o th rin g e n “ , uhz] a n D e u ts ch la n d h at d ie ö ffe n tlic h e M e in u n g v o r M on aten m e h r a ls b e sc h ä ftig t u n d n u n s ie v o n der ob ersten R e ic h s g e w a lt b eantw ortet w er d e n s o ll, sie h t m a n n ic h t klar, w arum d ie E n ts c h e id u n g in der a n g e g e b e n e n W e is e g e fa lle n ist (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g , 1 9 .1 .1 8 7 1 , S. 2) Zur B e ric h tig u n g in d ie Ö ffe n tlich k e it g e la n g ter sc h ie fe r u n d u n g en a u er D ar ste llu n g e n “ [sic ] ist d ie „Nordd. A ll. Z tg .“ erm ä ch tig t, du rch V e rö ffe n tlich u n g d er in der D e p e s c h e d e s G rafen L aun ay e rw ä h n te n te le g ra p h isc h e n C orresp ond e n z z w is c h e n d e m B u n d e sk a n z le r G rafen v. B ism arck u n d d e m G e s a n d te n in R o m u n d F lo r e n z d ie S te llu n g der K ö n ig lic h e n R e g ieru n g zur S a c h e a kte n m ä ß ig klar z u s te lle n u n d schreibt, w ie folgt: (K ö n ig lic h p riv ile g irte B e rlin is c h e Z e itu n g , 1 9 .1 .1 8 7 1 , S. 4 ) D i e m in iste rie lle „ P ro vin z ia l-C orr e s p o n d en z “ w e ist, in d e m s ie a n d ie B erath u n g d e s R e ic h sta g e s üb er d ie S tra fg e s e tz -N o v e lle anknü pft, a u f d e n v e rle tz e n d e n S ie g e s to n der lib era le n P re ss e g e g en ü b er der v e r s ö h n lic h e n u n d c o n stitu tio n e lle n G e s in n u n g d er R e ic h sr e g ieru n g h in u n d schreibt: [...] (B o n n e r Z eitu n g 9 .1 2 .1 8 7 5 , S. 1 3 5 3 ) G ra f A n dra ssy u n d a lle d ie and ern D ip lo m a te n [...] w is s e n se h r w o h l, daß je d e s W ort in d er P etitio n w ah r ist, u n d d e n n o ch le s e n w ir in d e n B lättern , d ie v o n der D ip lo m a tie in sp irirt sin d , d ie P etitio n sei e in s e rb isc h e s od er m o n te n e g rin is ch e s M a ch w erk , [...]. D a s h eiß t m it and ern W orten: [...] 1 9 2 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts Die russische Regierung hat eine eigene Preßagentur (Agence générale russe) gegründet, welche die Welt mit Klagen über die Unzuverlässigkeit der Türken und über das traurige Loos der Aufständischen erfüllt, die, zusammengehalten mit dem Petersburger Sensationsartikel vom vorigen Herbst und andern Zweideutigkeiten der russischen Action, unwillkürlich zu der Annahme fuhren, daß man in Petersburg von vornherein nur den Zweck hatte, [...] (= Leitartikel in der Bonner Zeitung 22.3.1876, S. 317) D ie Lenker der Politik von Oesterreich und Deutschland verfolgen die Ereignisse mit der größten Aufmerksamkeit; man denkt aber nicht daran, um Bulgariens willen Krieg zu fuhren, so sehr auch die freisinnige Presse dafür hetzt und zwar nur aus Haß gegen den Fürsten Bismarck. Allen voran steht in dieser Beziehung das jüdische „Berliner Tageblatt“, und mit Recht bemerkt der „Reichsbote“ diesem Maulheldentum gegenüber: [...] (Preußischer Volksfreund 10.9.1886, S. 146) Ueber das Befinden des Kronprinzen lauten leider andauernd die Nachrichten sehr widersprechend, so daß es überaus schwer wird, das Wahre vom Falschen zu unterscheiden. Jetzt wird der „Kreuzzeitung“ aus London vom 14. d. Mts. geschrieben: [...] (Preußischer Volksfreund 12.10.1887, S. 165) Der Besuch der Königin von England in Berlin giebt der Presse hinsichtlich der politischen Seite desselben Veranlassung zu allen möglichen Kombinationen. So schreibt die „B. Z “: [...] (Tübinger Chronik 1.5.1888, o.S. = S. 1) Die durch den Boulangismus erregte öffentliche Meinung scheint, wie die Reise des Präsidenten beweist, sich mehr und mehr beruhigen zu wollen. Ueber die gegenwärtige innere Lage entwirft die „N. A. Z.“ ein treffendes Bild, indem sie sagt: [...] ( Tübinger Chronik 1.5.1888, o.S. = S. 1) [Ueber baltische Korrespondenzen in einigen Residenzblättem]57 hat sich, wie wir in unserer letzten Nummer konstatiren konnten, jüngst Herr Boborykin in der „Nowosti“ in beachtenswerther Weise ausgesprochen. Wir theilten auch gleichzeitig mit, in welcher Weise die „Now. Wr.“ Stellung zur Sache nahm. Nunmehr reproduzirt die „Rev. Ztg.“ einen Passus aus den „Estl. Gub. Wed “, der gerade auf die „Now. Wr.“ Bezug nimmt [...] Der Leser erinnert sich wohl noch, daß wir in Nr. 238 auszüglich eine Korrespondenz des genannten Petersburger Blattes über die orthodoxe Kirchenfeier in Püchtitz reproduzirten, welcher Korrespondenz die „Rev. Ztg.“ einige nur zu berechtigte Bemerkungen anhing. In derselben Sache nun schreibt die bezeichnete Gouvernements-Zeitung: [...] (St. Petersburger Zeitung 3./ 15.9.1888, S. 3) Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“, die in der letzten Zeit charakteristischer Weise besonders häufig gegen solche Zeitungsartikel polemisirt, welche mit Recht oder Unrecht auf den - Fürsten Bismarck zurückgeführt werden, gibt dabei immer deutlicher den Anschein officiöser Unterweisung. So erklärt sie neuerdings, die Regierung sei keine Parteiregierung, sondern in erster Linie der berufene Vertreter aller wirthschaftlichen [sic] Interessen. Das Blatt betont sodann, [...]. Die Planmäßigkeit, mit der in der „Nordd. Allg. Ztg.“ die Zurückweisung und Widerlegung solcher Ansichten, die man für Bismarckisch hält, betrie- 57 Eckige Klammern hier im Original; der Text in der Klammer ist gesperrt gesetzt, so dass die Klammerung die Funktion einer Überschrift erfüllt. D er Zeitabschnitt von ca. 1850 bis 1919 193 ben wird, ist auffallend. Es ist vor der Hand nicht abzusehen, ob das Blatt wirklich auch nach Bismarcks Rücktritt aus Regierungskreisen inspirirt wird oder ob es damit nur seine Bereitwilligkeit andeuten will, auch fernerhin der Regierung „einen Raum auf der ersten Seite freizulassen“ (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 149) In schwedischen Kreisen scheint Sorge mit Bezug auf die Gerüchte zu herrschen, daß im nördlichen Finnland bedeutende Russische Truppenconcentrationen stattfinden. Das „Aftonbl.“, welches sich zum Sprachrohr dieser Gefühle macht, meint, es sei ja schon gut, wenn [...] (Bonner Zeitung 10.2.1891, S. 150) Russische Presse. - [Zur bulgarischen Frage] bemerkt heute der „Sswjet“, daß sein - bekanntlich Versöhnung zuneigender - Standpunkt allmählich immer mehr Anhänger auch unter den übrigen russischen Blättern zu finden beginne. Jedoch fühlt er sich veranlaßt, heute seine Sympathien etwas näher zu präcisiren. „Man darf nicht glauben - schreibt er - daß wir mit [...] sympathisiren, [...] (St. Petersburger Zeitung 2./ 14.6.1894, S. 2) 5.5 Zusammenfassung zum Zeitabschnitt 1850 bis 1919 Dieser Zeitabschnitt ist durch tief greifende technische Neuerungen, vor allem die Telegrafie, geprägt, die Text-, Satz und Wortschatzstrukturen beeinflussen, und durch eine insgesamt starke quantitative Expansion der Presse mit einem entsprechend geänderten Rezeptionsverhalten. Die sich schon vor 1850 ankündigende Entdifferenzierung der journalistischen Nebenprädikationen zugunsten eines sich ebenfalls jetzt fest etablierenden komplexen Sprachhandlungstyps THEMATISIEREN VON KOMMUNIKATIONS- STRATEGIEN setzt sich zum Ende des 19. Jahrhunderts durch. Einzelne Prädikationstypen (wie KATAPHORISCHE K o h ä r e n z s t i f t u n g ) verschwinden fast ganz, nehmen quantitativ stark ab (wie SPEKULIEREN) oder verändern sich substanziell (wie CHARAKTERISIERUNG der HAUPTPRÄDIKATION oder ANA- PHORISCHE KOHÄRENZSTIFTUNG) Im Großen und Ganzen weisen die journalistischen Ausdrucksweisen der identifizierbaren Prädikationstypen und deren Bedingungen gegenüber der Zeit vor 1850 keine gravierenden Neuerungen oder Veränderungen auf, aber viele zu Jahrhundertbeginn sichtbare Ansätze treten nun als in ihrer Tendenz deutliche Entwicklungen hervor. In syntaktischer Hinsicht zeigt sich unabhängig vom Prädikationstyp eine bedeutsame Tendenzwende: Waren traditionell die quellenreflexiven Nebenprädikationen vor allem mit dem Syntaxtyp ‘Obersatzrest’ realisiert worden, dem die Hauptprädikation, d.h. der Nachrichteninhalt, als Objektsatz zubzw. untergeordnet wurde, so werden jetzt die Nebenprädikationen überwiegend 194 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts durch abhängige (Neben-)Sätze ausgedrückt. Besonders deutlich zeigt sich dies beim Prädikationstyp ANGABE der QUELLE einer Information, der ab 1850 erstmals überwiegend mittels Adverbialsatz ausgedriickt wird. Auch unter den übrigen syntaktischen Realisierungsformen werden nun diejenigen dominant, die es gestatten, die Hauptprädikation(en) durch selbstständige Sätze geringerer oder größerer Komplexität auszudrücken. Auf der lexikalischen Ebene verstärkt sich die schon vor 1850 festzustellende Entwicklung zur Differenzierung in zwei Wortschatzinventare je Prädikationstyp: Das Verhältnis zentraler zu marginalen Lexemgruppen verändert sich von etwa gleich großen Teilen hin zu einem Verhältnis von 1: 2 oder gar 1: 4. Die zentralen, musterhafte Formulierungen erzeugenden Lexeme bilden nun ein oft verwendetes und relativ fest umrissenes Inventar, während die Menge der kreativen, situations- und intentionsspezifisch einmalig gebrauchten Lexeme ständig zunimmt. Letztere finden sich vorzugsweise bei den komplexen Verknüpfungen von Prädikationen wie der nicht mehr in einzelne Prädikationstypen aufzugliedemden Thematisierung von Kommunikationsstrategien und in syntaktisch selbstständigen Einheiten, für die gerade die Abwesenheit jeglicher Formulierungsmuster typisch ist. Fallen jedoch standardisierter Kemwortschatz und ein bestimmter Syntaxtyp zusammen, bilden bzw. verfestigen sich partiell erweiterungsfähige Syntagmen wie wie X m itteilt/ m itteilen, wie m itgeteilt wird, dem Vernehmen nach, aus guter Quelle, von offizieller Seite, wie fo lg t, bekanntlich, deren einzelne Glieder, wenn überhaupt, dann einem sehr begrenzten lexikalischen Paradigma angehören. Bei den Relationen der zentralen Lexeme untereinander ließen sich Wortbildungsbeziehungen nicht mehr so stark wie in der Zeit von 1770 bis 1850 ausmachen; dafür könnte man die semantischen Beziehungen stärker in den Vordergrund gerückt sehen. Mit der Frage, inwiefern Wortbildungsbeziehungen bei Textproduktion und Wortwahl eine Rolle spielen, wird jedoch ein linguistisch kaum gesichertes Feld berührt, das auch hier nicht weiter bearbeitet werden kann. Resümee 195 6. Resümee Die Zusammenfassung dieser Arbeit ist komplementär zur chronologischen Anlage des Hauptteils (Kapitel 2 bis 5) primär systematisch angelegt. Die Ergebnisse jeder Untersuchungsebene (Sprachhandlungen, Prädikationen, syntaktische Konstruktionen, Lexem- und Kollokationsinventar) werden nachfolgend zu diachronen Skizzen zusammengefasst, die z.T. zu neuen, d.h. im Hauptteil der Arbeit noch nicht ausformulierten Thesen und zu weiter gehenden Schlussfolgerungen fuhren. 6.1 Die Entwicklung der typischen journalistischen Sprachhandlungen in Zeitungsnachrichten Für das 17. und frühe 18. Jahrhundert stehen den für Zeitungsnachrichten zentralen und obligatorischen beiden Sprachhandlungstypen INFORMIEREN als Beantwortung der klassischen W-Fragen wer, w a s, wann, wo, und erzählendes BERICHTEN als Beantwortung der Wie-Frage zwei fakultative und daher seltener festzustellende Sprachhandlungen gegenüber, nämlich EINORDNEN des berichteten Ereignisses in die Zusammenhänge von Ursachen und Folgen; Stiften von KOHÄRENZ zwischen mehreren Nummern derselben Zeitung, und r e fl e k t ie r e n der Berichterstattung, der Quellen, der Widersprüche, der Nachrichtenlage. Da das Textsortenmuster der Meldung für diesen Zeitabschnitt in der Regel genau einen einfachen bzw. komplexen Satz umfasst, entspricht den obligatorischen Sprachhandlungen INFORMIEREN und BERICHTEN die jeweilige Hauptprädikation des Satzes und den fakultativen Sprachhandlungen des EINORDNENS und REFLEKHERENS der Informationen die untergeordneten und mehr oder weniger impliziten Prädikationen desselben Satzes. EINORDNEN und REFLEKTIEREN bezieht sich schon 1 6 0 9 auf beide Ebenen, auf den Zusammenhang der Ereignisse und auf den textuellen Zusammenhang des je bestimmten Zeitungsmediums bzw. der Nachrichtenlage. 196 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Nach 1770 kommt ein fünfter Sprachhandlungstyp hinzu: WERTEN und KOMMENTIEREN des berichteten Ereignisses wie auch der Nachrichtenquelle. Die eindeutige Zuordnung der Sprachhandlungstypen zu Haupt- und Nebenprädikationen geht verloren. In diesem Zeitabschnitt können sowohl das EINORDNEN, KOHÄRENZ STIFTEN und REFLEKTIEREN der Ereigniswie der Informationslage und auch das WERTEN und KOMMENTIEREN mittels untergeordneter und impliziter Prädikationen, aber bei Bedarf auch explizit mittels Hauptprädikationen realisiert werden. Damit zusammen hängt die Überschreitung der Satzgrenze beim Meldungsumfang. Unabhängig von der Menge der berichteten Einzelheiten, d.h. der Ausführlichkeit einer Nachricht, wird nun alles Bemerkenswerte in den Text integriert und durch Zuweisung des Status einer Haupt- oder einer Nebenprädikation gewichtet. Es muss hervorgehoben werden, dass WERTEN und k o m m e n t i e r e n sich nicht primär oder gar ausschließlich auf die Ereignisse selbst bezieht, sondern - das zeigt die Spezifizierung der Prädikationstypen ganz deutlich - dem Selbstverständnis des Aufklärungsjoumalismus gemäß auf die von den Quellen vorgenommene „Spiegelung“ bzw. Perspektivierung der Ereignisse. M.a.W., nicht die Politik ist das Ziel der journalistischen Kommentare, sondern die Nachrichtenpolitik. Diese Tendenz schließt konsequent an die Gegenstände des EINORDNENS und REFLEKTIERENS in den Zeitabschnitten vor 1770 an: Auch hier wurden in großem Umfang die Vollständigkeit und Verbürgtheit einer Nachricht reflektiert und die jeweils neu hinzugekommenen Informationsdetails in den Wissenshorizont des Zeitungslesers eingeordnet, wohingegen ein Ereignis an sich zwar ansatzweise in einen Ereigniszusammenhang eingeordnet, aber kaum jemals über die „Bedeutung“ eines Ereignisses für die Leser reflektiert wurde. Das moderne Schlagwort von der Selbstreferenzialität des Mediums bezeichnet also einen Grundzug, der sich vom Beginn der Mediengeschichte im 16./ 17. Jahrhundert an nachweisen lässt, der nach 1770 aber eine neue Qualität erreicht. Sind um 1850 relativ deutlich fünf Sprachhandlungstypen zu unterscheiden, so findet in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Entdifferenzierung dahingehend statt, dass die Sprachhandlungen, die nicht unmittelbar auf die Faktendarstellung bezogen sind, durch Prädikationsverknüpfungen und -einbettungen konvergieren. Aus EINORDNEN des Ereignisses, KOHÄRENZ- HERSTELLUNG, r e fl e k t ie r e n der Berichterstattung, der Quellen, ihrer Qualität, ihrer Widersprüche und der Nachrichtenlage sowie dem b e w e r t e n und KOMMENTIEREN von Ereignissen und Quellen entsteht ein Komplex möglicher Prädikationen, der sich als ein Sprachhandlungstyp THEMATISIEREN VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN auffassen lässt. Daneben existieren die tradierten Sprachhandlungen differenziert und identifizierbar weiter. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts deutet sich allerdings der Rückgang des komplexen Sprachhandlungstyps THEMATISIEREN VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN an. Das zugrunde gelegte Material ist in dieser Hinsicht zwar nicht breit ge- Resümee 197 nug; wenn man allerdings einen eher introspektiven Vergleich mit der deutschsprachigen Nachrichtenpresse nach 1 9 4 5 anstellt, scheint die THEMATISIE- RUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN nach 1 9 0 0 tatsächlich nicht mehr zu den medienspezifischen Sprachhandlungen gehört zu haben. Ganz sicher hat hier die nahezu lückenlose Beschränkung bzw. Aufhebung der Pressefreiheit von 1 9 1 4 bis 1 9 4 8 (westliche Bundesländer) bzw. 1 9 8 9 (östliche Bundesländer) beigetragen. Anders als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte die deutsche Presse in diesen langen Jahrzehnten des 2 0 . Jahrhunderts der illusionären Auffassung kaum etwas entgegensetzen, dass die Darstellung von Ereignissen in der Presse ein vielleicht gekürztes und auf das Wesentliche reduziertes, im Ganzen aber doch adäquates „Abbild“ der Wirklichkeit sei. 6.2 Die Entwicklung des Inventars der Haupt- und der typischen Nebenprädikationstypen Das Inventar der im weitesten Sinne kommunikationsreflexiven Prädikationstypen hat sich von sechs (im frühen 17. Jahrhundert) auf acht (ab 1700) vergrößert und sich nach 1850 wieder partiell entdifferenziert (s. Tabelle in 6.4). Gewandelt hat sich ferner der Status der einzelnen Prädikationstypen im Satzgefüge bzw. später im Text einer Meldung: Wurden im 17. und frühen 18. Jahrhundert kommunikationsreflexive Äußerungen ganz überwiegend in neben- und untergeordneten, mehr impliziten als expliziten Prädikationen formuliert, so wurden die Journalisten nach 1770 deutlich freier darin, die verschiedenen Arten der Kommunikationsreflexion als Haupt- oder als Nebenprädikation, explizit oder implizit mit Ereignisdarstellungen und untereinander verknüpft zu realisieren. Für die Tradierung von relativ konstanten Syntagmen stellt im Falle kommunikationsreflexiver Äußerungen in Zeitungsnachrichten ihre Realisierung als Nebenprädikation im Satz eine entscheidende Bedingung dar. Nur für Satzteile mit Nebenprädikationsstatus greifen Journalisten auf ein bekanntes Inventar von Formulierungsmustem zurück. In dem Moment aber, wo die Kommunikationsreflexion ins Zentrum der Mitteilungsabsicht rückt, etwa wenn die Pressepolitik einer Partei oder Regierung thematisiert werden soll, wird die Kommunikationsreflexion auch in die Hauptprädikationen verlagert. Nun wäre es denkbar, dass Journalisten auch in Hauptprädikationen zu bekannten Formulierungsmustem greifen, insbesondere zu solchen, die syntaktisch selbstständig in der Form des Obersatzrestes oder Hauptsatzes realisiert werden können, wie dies vor allem für die ersten beiden Zeitabschnitte bis 1770 für etliche Prädikationstypen festgestellt wurde. Der Gebrauch musterhafter Formulierungen bei einer expliziten Thematisierung von Kommunikationspolitik usw. ist aber so gut wie nicht nachweisbar, wenn man von Fällen absieht, in denen vorhandene Muster dermaßen variiert werden, dass sie fast nicht mehr zu erkennen sind. Die explizite Thematisierung kommunikativer 198 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 1 7. bis 20. Jahrhunderts Strategien, d.h. von Pressepolitik, die nach 1850 als eigener Prädikationstyp fassbar wird, geschieht also mithilfe frei und z.T. sehr kreativ formulierter Sätze und Texte. Nachfolgend sollen die einzelnen Prädikationstypen diachron und im Hinblick erstens auf ihre Position im Feld der Prädikationstypen, zweitens auf ihre syntaktischen und drittens auf ihre lexikalischen Realisierungen skizziert werden. Ziel ist auch hier, Bedingungen fur Konstanz und Varianz, fur die Herausbildung oder Verhinderung musterhafter Formulierungen herauszuarbeiten. 6.2.1 Die Entwicklung des Prädikationstyps QUELLENANGABE Die Angabe der Quelle derjenigen Information, die die Hauptprädikation desselben Satzes darstellt, ist von allen acht Prädikationstypen die mit der größten Konstanz und höchsten Frequenz über alle Zeitabschnitte hinweg. Der Prädikationstyp QUELLENANGABE geht nur partiell und auch nur eine einzige Verbindung mit einem weiteren Prädikationstyp ein, dem der KENNZEICHNUNG EINER TEXT- ODER REDEWIEDERGABE, wie auch der Prädikationstyp KENN- ZEICHNUNG einer TEXT-/ REDEWIEDERGABE zwar weniger häufig, aber ebenso konstant durch die Epochen hinweg anzutreffen ist. Bei der syntaktischen Realisierung des überzeitlich zentralen Prädikationstyps QUELLENANGABE wird der Rahmen der syntaktischen Möglichkeiten fast ganz ausgeschöpft: Von acht syntaktischen Formen, die sowohl hauptsatzwertige, nebensatzwertige und satzgliedwertige umfassen, ließ sich nur eine, nämlich der Ausdruck der Quellenangabe mittels Adverb, gar nicht belegen Sogar die komprimierte Form der Quellenangabe mittels Präpositionaladverb (dem gem einen Außgeben nach, Aviso 22.3.1609, S. A ij r) wurde, wenn auch sehr vereinzelt, schon im 17. Jahrhundert verwendet. Dabei wurde 1609 eine rund fünfmal so häufige Entscheidung für das Muster ‘Obersatzrest mit Objektbzw. Attributsatz’ deutlich, wobei der Nachrichteninhalt, d.h. die Hauptprädikation im abhängigen Satz, die Nebenprädikation der Quellenangabe im übergeordneten Satz, ausgedrückt wird. Die Dominanz des Typs ‘Obersatzrest’ steht in Zusammenhang mit gewissen Konstanten bei dessen lexikalischer Füllung. Paradoxerweise wird nämlich bei der so häufigen Quellenangabe im 17. Jahrhundert die Quelle selbst anonymisiert. Es herrschen die agenslosen oder unpersönlichen Formulierungen ist auch die sage/ {daß), aus X wird geschrieben! {daß), man berichtet/ {daß) vor. Allenfalls der Plural b rie f/ plus Ortsangabe steht in Agensposition {leiste b rie ff von X melden/ {daß)). Die Funktion der Quellenangabe liegt im 17. Jahrhundert somit nicht in der Identifikation der Quelle, sondern in der Kenn- Resümee 199 Zeichnung einer Ereignisdarstellung als vermitteltes, nicht unmittelbar erfahrenes Wissen. Lexikalische Variation herrscht hingegen außer bei den Ortsangaben beim Verbum dicendi bzw. audiendi vor. Auffällig hierbei ist eine Zweiteilung des Variantenspektrums in eine kleinere Gruppe besonders häufig verwendeter Verben und eine größere, seltener verwendeter Verben. Während die frequente Gruppe haben, schreiben, melden, vermelden und verlauten in Verbindung mit dem syntaktischen Rahmen des Obersatzrestes und der Agenslosigkeit ein identifizierbares Muster bildet, das nichts als die eben genannte Funktion erfüllt, zählen zu der wohl prinzipiell offenen Gruppe der vereinzelt verwendeten Verba dicendi auch solche, mit denen eine implizite oder verdeckte Wertung des Nachrichteninhalts vorgenommen werden kann, etwa im Falle von verhoffen. Es ist also festzuhalten, dass bereits im 17. Jahrhundert Verbalausdrücke durch spezifische Kontexteinbettung semantisch erweitert werden und als Verba dicendi fungieren können und dass dies im Zusammenhang mit Sprecherintentionen steht, die in irgendeiner Weise über den unmarkierten Standardfall der Angabe der Quelle einer Information hinauszielen. Im zweiten Zeitabschnitt von 1700 bis 1770 bleibt der Prädikationstyp Quellenangabe die mit Abstand am häufigsten realisierte Art der Kommunikationsreflexion. Die Konzentration auf vier bzw. sechs von acht möglichen syntaktischen Realisierungsformen setzt einerseits die bestehende Tendenz fort und fuhrt zweitens eine neue ein. Die Fortführung der Traditionen sieht folgendermaßen aus: Obersatzrest (syndetisch und asyndetisch): 82-mal Adverbialsatz (mit wie und so): 18-mal Einfachsatz oder Hauptsatz: 14-mal Präpositionaladverb: 21 -mal Der Obersatzrest zu Objekt- oder Attributsatz bleibt die häufigste und damit typischste Form der ganz überwiegend agenslosen oder entpersonalisierten Realisierung. So wie die syntaktischen Rahmenbedingungen bei diesem Prädikationstyp konstant bleiben, bleibt es auch bei der Zweiteilung des lexikalischen Variantenspektrums in eine kleine, hochfrequente und eine große, singulär verwendete Gruppe von Verben. Dabei scheinen einige Glieder der frequenten Gruppe gegenüber dem frühen 17 Jahrhundert gewechselt zu haben: Anstelle von haben, schreiben, melden, vermelden, verlauten stehen jetzt haben, vernehmen, verlauten und m elden, d.h., das kontextuell unspezifische schreiben ist durch das spezifischere vernehmen in gewisser Weise ersetzt worden. 200 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts Bei der syntaktischen Realisierung mittels Adverbialsatz zeigte sich ein ganz ähnliches Bild: Deagentivierung und damit Anonymisierung der Quelle, Zweiteilung des lexikalischen Variantenspektrums. Dabei finden sich die gleichen Lexeme mit entsprechenden Häufigkeiten, an der Spitze verlauten und vernehmen. Eine gegenüber 1609 neue Tendenz besteht in der deutlichen Ausbreitung der syntaktischen Form des Präpositionaladverbs zum Ausdruck einer Quellenangabe, die häufiger belegt ist als die ebenfalls stellungsflexible Form des Adverbialsatzes. Der Rahmen ‘Präposition plus Nomen plus fakultatives Attribut’ eröffnet zwei obligatorische und ein fakultatives Lexemparadigma. Als Präpositionen sind belegt nach, laut, zufolge, bei den Nomina zeigt sich wieder eine Zweiteilung: In 21 Belegen werden insgesamt fünf verschiedene Nomina verwendet, zwei davon aber je siebenmal, nämlich B rief und Verlaut. Aus den syntaktischen und lexikalischen Restriktionen bzw. Präferenzen ergibt sich das Gerüst einer Formel: B rieffen i d em Verlaut Da aber laut und dem Verlaut aus phonetischen Gründen nicht kombiniert werden und B rie ff anders als Verlaut meist attributiv erweitert wird, ergibt sich als eine feste Formel: dem Verlaut nach, neben der eine Variante der Muster nach/ laut + Brieffen (+ A ttrib) und Brieffen (+ Attrib) + zufolge gebraucht wird. Da außerdem nach von allen drei Präpositionen sowohl voranals auch nachstellbar ist und Verlaut ein Deverbativum des in anderen syntaktischen Realisierungen bevorzugten verlauten ist, ist die Menge der lexikalisch-syntaktischen Präferenzen letztlich so hoch, dass eine Art festes Syntagma entsteht. Der Prädikationstyp Quellenangabe wird in der Sattelzeitepoche 1770 bis 1850 wie zuvor am häufigsten mittels Obersatzrest und am zweithäufigsten mittels Präpositionaladverb realisiert. Deutlich erhöhte Frequenz zeigt die Realisierung mittels Einfach- oder Hauptsatz, während der Adverbialsatz eine untergeordnete Rolle spielt. Neu hinzu kommt eine Form ‘texteinleitende Klammer mit Orts- und Datumsangabe’, die den Übergang vom syntaktisch gebundenen Muster zum textstrukturellen Element darstellt. Bei den Verba dicendi setzt sich die beobachtete Zweiteilung weiter fort; die hochfrequente Gruppe ist aber nun nur noch etwa halb so groß wie die der Resümee 201 vereinzelt verwendeten Verben. M.a.W., weniger Verben werden noch häufiger gebraucht, während der journalistische Spielraum beim kreativen Formulieren größer geworden ist. M elden ist das in allen syntaktischen Rahmen mit Abstand am häufigsten gebrauchte Verb, sagen, heißen und berichten die nächsthäufigen, wohingegen vernehmen eine mittlere Position und verlauten jetzt eine Position in der Gruppe der singulären Varianten einnimmt. Es bestätigt sich, dass die Elemente der hochfrequenten Gruppe semantisch und auch pragmatisch bzw. evaluativ unspezifisch sind, während die Glieder der „kreativen“ singulären Gruppe sich überwiegend durch semantischpragmatische Besonderheiten auszeichnen. Dies entspricht genau der nach 1770 allmählich einsetzenden Meinungsorientiertheit der Presse. Die Zunahme des Realisierungstyps Einfach- oder Hauptsatz, in den die eigentliche Nachricht als Satzglied oder Gliedsatz eingebettet ist, hängt mit der Ausdehnung des Meldungstextes über die Satzgrenze zusammen, ferner mit der steigenden Informationsdichte und Erscheinungshäufigkeit einer Zeitung, die es erlaubt bzw. erforderlich macht, auf ein Ereignis mithilfe meist nominaler Konzepte Bezug zu nehmen, um anschließend dem Pyramidenprinzip folgend Einzelheiten zu berichten. Insgesamt entwickeln sich die syntaktischen Formen Obersatzrest, Adverbialsatz und Einfachbzw. Hauptsatz im Zusammenhang mit der Vergrößerung des lexikalischen Varianteninventars eher weg von musterhaften Formulierungen. Dazu trägt auch eine Tendenzänderung der Anonymisierung bzw. Identifizierung der Quelle bei. Waren bis 1770 deagentivierende Konstruktionen vorherrschend gewesen, so werden in etwas mehr als der Hälfte aller Fälle die Quellen als eine bestimmte Zeitung, ein bestimmter Brief oder eine Korrespondenz oder als Einzelperson identifizierbar. Allein beim syntaktischen Typ Präpositionaladverb liegen noch Bedingungen vor, die partiell feste Syntagmen zulassen. Anstelle von dem Verlaut nach (1700-1770) ist jetzt dem Vernehmen nach getreten, das ein knappes Viertel der Belege ausmacht. Ansonsten ist aber auch hier die Zahl der mit nach, laut und zufolge kombinierbaren Nomina (das Nomen Verlaut ist nicht mehr darunter) gegenüber dem vorhergehenden Zeitabschnitt angestiegen und auch die Menge der Präpositionen hat sich vergrößert {trotz, angeblich). Im letzten untersuchten Zeitabschnitt von 1850 bis 1919 setzten sich auf der Ebene der syntaktischen Realisierungen zwei wesentliche Änderungen durch. Erstens werden kommunikationsreflexive Nebenprädikationen jetzt immer öfter auch in untergeordneten Gliedsätzen oder in Satzgliedern ausgedrückt. Dies zeigt sich am deutlichsten im Rückgang des bis dahin absolut dominanten Syntaxtyps ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ und in der Zunahme des Typs ‘Adverbialsatz’, der zum herausragenden syntaktischen Muster für den Prädikationstyp Quellenangabe wird. Die gleiche Tendenz zeigt sich ferner in der wei- 202 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts terhin relativ häufigen Verwendung von Präpositionaladverbien und den diversen Formen syntaktischer und textstruktureller Separierung von Information und Quellenreflexion. Hierfür ist die Durchsetzung eines neuen syntaktischtextstrukturellen Realisierungstyps bezeichnend, der in der eingeklammerten Angabe des Zeitungsnamens, der Nachrichtenagentur, des Ortes und Datums am Textbeginn oder Textende (Letzteres ist deutlich häufiger) besteht. Diese Form der Quellenangabe, die nicht zuletzt auf die Durchsetzung der Telegrafie zurückzufuhren ist, steht in keinem syntaktischen Zusammenhang mehr mit der Hauptprädikation einer Meldung. Die zweite wesentliche Änderung auf der Ebene der syntaktischen Realisierung ergibt sich z.T. aus der ersten. Die syntaktische Unterordnung der Quellenangabe geht meist mit der Stellungsvariabilität des Ausdrucks innerhalb des (komplexen) Satzes einher. Das quantitative Verhältnis der stellungsvariablen Realisierungen mittels Adverbialsatz und Präpositionaladverb gegenüber den topologisch festen Realisierungen (Obersatzrest und Hauptsatz) beträgt fast 2 zu 1 (90 gegenüber 54 Belegen). Allerdings nehmen auf der anderen Seite diejenigen Realisierungen zu, die eine feste Position im Text haben (vorangestellter Einfachsatz, afiniter Klammerzusatz am Textanfang oder -ende). Sie sind mit 46 Belegen schon fast ebenso häufig wie die topologisch festen im Satz. Die lexikalischen Realisierungen zeigen insgesamt wieder einmal das deutlich zweigeteilte Inventar von Verba dicendi, in dem eine häufig gebrauchte und semantisch-pragmatisch unspezifische Gruppe einer seltener gebrauchten, spezifischeren Gruppe von Verba dicendi gegenübersteht. Die Menge der zentralen und der marginalen Verben beträgt 1 zu 2 bis 1 zu 3. Mit Abstand am häufigsten ist melden, dessen Gebrauch sich gleichmäßig in allen finiten Syntaxtypen findet. Mit melden können also folgende Formulierungsmuster gebildet werden: . wie (aus X ) gem eldet w ird ,... A us X I E s w ird gemeldet, d a s s ... A us X I E s w ird Folgendes gem eldet: ... A us X I Eis w ird Y gemeldet. Das ebenfalls zur zentralen Gruppe gehörende Verb m itteilen wird allerdings ausschließlich im Adverbialsatz verwendet: ... wie X I Y m itgeteilt w ird ,... Musterhaft wird diese Formulierung erst nach 1850, da sowohl das Lexem mitteilen als auch der Syntaxtyp Adverbialsatz erst jetzt durch besondere Häufigkeit hervorstechen. Resümee 2 0 3 Die eben aufgeführten Formulierungsmuster sind ins Passiv gesetzt, weil die Verteilung von anonymisierten und identifizierten Quellen in diesem Zeitabschnitt, anders als in der Zeit von 1770 bis 1850, wieder eine starke Tendenz zur Anonymisierung zeigt. Ähnlich wie für m itteilen ist für das Nomen Vernehmen eine auffällig exklusive Bindung an den Syntaxtyp Präpositionaladverb festzustellen. Das schon vor 1850 etablierte Formulierungsmuster dem Vernehmen nach bleibt damit aktiv. Analoges lässt sich für schreiben in Verbindung mit vorangestelltem Einfachsatz feststellen; als Agens fungiert dabei immer ein Zeitungsname oder ein anonymer Informant der Zeitung. Das Muster lautet demnach: D as X -B latt schreibt: Dem X -B latt w ird geschrieben: Die stark anonymisierten und standardisierten Realisierungen des Prädikationstyps QUELLENANGABE fuhren nach 1 8 5 0 zu einer semantischen Entleerung. Dennoch wird der Prädikationstyp ganz offensichtlich nicht obsolet. Mögliche Erklärungen hierfür sind erstens, dass die Variabilität der Muster für Zwecke der impliziten Kommentierung und Wertung stets gegeben blieb, und zweitens, dass die Muster das pressestilistische Kennzeichen schlechthin darstellten, mit dessen Hilfe sich die journalistischen Textproduzenten möglicherweise leichter in den nötigen Stil hineinfinden. 6.2.2 Die Entwicklung des Prädikationstyps CHARAKTERISIERUNG der Hauptprädikation ALS MEINUNG Dieser Prädikationstyp entwickelte sich parallel zum Prädikationstyp SPEKULIEREN frühestens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Von 1700 bis 1770 ist syntaktisch derselbe Typ vorherrschend, der auch den Prädikationstyp QUELLENANGABE prägt, nämlich ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ Entscheidend ist damit die Verwendung eines Verbum sentiendi anstelle eines Verbum dicendi. Mithilfe des Kontextes kann dabei auch ein Verbum dicendi wie sagen oder versichern zur Bezeichnung einer Meinungsäußerung verwendet werden. Das mit Abstand häufigste Verb ist jedoch das auch kontextfrei als Verbum sentiendi identifizierbare glauben. In Verbindung mit der unbestimmten Agensangabe m an ergibt sich das Formulierungsmuster: man glaubt, dass ... Das lexikalische Spektrum der Verben ist bei diesem Prädikationstyp und in diesem Zeitabschnitt besonders breit; d.h., der Ausdruck variiert stark. Dennoch ist die Zweiteilung des verbalen Lexeminventars in eine kleine usuelle und eine größere okkasionelle Gruppe noch deutlich zu erkennen. Eine mögliche Erklärung der besonders hohen Ausdrucksvarianz könnte darin bestehen, dass mit der impliziten Behauptung, die Hauptprädikation X sei nur eine Meinungsäußerung und keine Tatsachendarstellung, zugleich eine Be- 204 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts wertung der Hauptprädikation vollzogen werden kann, auch wenn diese Bewertung nicht vom Redakteur, sondern von der referierten Quelle stammt. In der Zeit von 1770 bis 1850 wird die Bevorzugung des Syntaxtyps Obersatzrest beibehalten; aber erstmals werden vereinzelt einfache, selbstständige Sätze bzw. komplexe Sätze verwendet, um einen Nachrichteninhalt explizit als Meinung zu kennzeichnen. Bei der Realisierung mittels Obersatzrest wird eine kleine frequente Gruppe von Verba sentiendi und eine größere Gruppe verbaler und auch nominaler Lexeme verwendet. Das deutlich häufigste Verb ist nun behaupten; glauben ist immer noch das zweithäufigste. Die Varianz der frequenten Gruppe steigt vor allem in Zusammenhang mit der freien syntaktischen Realisierung. Da gleichzeitig die Anonymität des meinungsäußemden Sprechers sehr zurückgeht, vielmehr dessen Identifizierung in den meisten Fällen nahe gelegt wird, lässt sich keine musterhafte Formulierung erkennen. Nach 1850 geht der Prädikationstyp fast ganz im komplexen Sprachhandlungstyp THEMATISIERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN auf. Nur noch wenige Belege lassen eine gesonderte Realisierung erkennen, die syntaktisch meist dem Grundmuster ‘Obersatzrest’ folgen oder aber explizit in selbstständigen einfachen oder komplexen Sätzen realisiert werden. Auf der lexikalischen Ebene ist keinerlei Musterhaftigkeit erkennbar, nicht zuletzt deshalb, weil die Charakterisierungsfunktion auch von anderen Satzgliedern, nicht nur vom verbalen Prädikat, erfüllt werden kann. 6.2.3 Die Entwicklung des Prädikationstyps BEWERTUNG der Hauptprädikation Auch dieser Prädikationstyp findet sich 1609 noch nicht und auch im Zeitabschnitt 1700 bis 1770 sind nur ganz vereinzelt Äußerungen identifizierbar, mit denen Journalisten einen Nachrichteninhalt bewerten. An diesen (vier) Belegstellen fällt immerhin auf, dass die Bewertung in den Prädikationstyp QUELLENANGABE, und zwar in dessen musterhafte Syntaxform ‘Obersatzrest mit Objektsatz’, eingebettet ist. Dabei spielen Adjektive die zentrale Rolle Auffällig ist ferner, dass in den Belegen dreimal das folgende, lexikalisch bestimmte Formulierungsparadigma verwendet wird: Nachrichten betrübte Z eitungen In der Zeit von 1770 bis 1850, vor allem ab 1800, nimmt das Bewerten stark zu. Gleichzeitig verändert sich dessen Skopus. Nicht mehr das berichtete Er- Resümee 205 eignis wird bewertet, sondern die Quelle und deren Intention. Damit einher geht eine oft kaum noch zu trennende Verbindung mit dem Prädikationstyp CHARAKTERISIERUNG EINER HAUPTPRÄDIKATION ALS MEINUNG. Das syntaktische Grundmuster ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ ist häufig; daneben finden sich aber viele variantenreiche und damit „standardisierungsfeindliche“ Syntaxformen, so dass auch auf der lexikalischen Ebene keinerlei Musterhaftigkeit zu erkennen ist. Nach 1850 werden die beiden Varianten a) Bewertung der Hauptprädikation und b) Bewertung der Quelle (die die Hauptprädikation übermittelt) und deren Intention nebeneinander realisiert. Außerdem wird der Prädikationstyp BE- WERTEN zunehmend in die komplexe Sprachhandlung THEMATISEERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN integriert. Eine Begrenzung bestimmter syntaktischer Formen ist ebenso wenig festzustellen wie ein zentrales Lexeminventar. Vielmehr spiegelt die syntaktische Realisierung im Ganzen, dass das Bewerten und Kommentieren nicht als Nebenprädikation eingestuft wird, sondern ins Zentrum journalistischer Äußerungen gerückt ist. Ein politisches Urteil oder ein Kommentar hat, vorausgesetzt man erfahrt dessen Urheber, den gleichen Infoimationswert wie ein Ereignisbericht. 6.2.4 Die Entwicklung des Prädikationstyps KENNZEICHNUNG einer Textbzw. Redewiedergabe Im 17. Jahrhundert wird noch ausschließlich schriftlicher Text in Zeitungen direkt wiedergegeben. Es handelt sich dabei noch ausschließlich um bereits durch Anschlag oder Verlesen veröffentlichte Texte. Die Presse vollzieht die Publizität hier nur nach. Das Inventar der syntaktischen Realisierungsmöglichkeiten wird voll ausgeschöpft. Eine Zeitung bzw. ein Redakteur bevorzugt Textüberschriften aus Nomina dicendi, eine andere finite Sätze mit Verba dicendi. Erstere Praxis hält sich dicht an die Bezeichnungen der jeweiligen Textvorlage. Da die Wiedergabe von Text insgesamt noch relativ selten ist, können sich musterhafte Formulierungen offenbar nicht bilden. Der verwendete sprachthematisierende Wortschatz ist im Gegenteil recht umfangreich. Dennoch lässt sich im Zeitabschnitt von 1700 bis 1770 noch eine Erweiterung dieses Wortschatzes feststellen. Begünstigt wird diese Entwicklung duch die fast ausschließliche Verwendung finiter syntaktischer Formen, bei deren lexikalischer Füllung sowohl Verba als auch Nomina dicendi, zudem oft kombiniert, gebraucht werden. Die Gruppe der verschiedenen Nomina dicendi ist etwas größer als die der Verba und enthält etliche kanzleisprachliche, d.h. aus 206 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d e s 17. bis 20. Jahrhunderts dem Lateinischen entlehnte Textsortenbezeichnungen. In beiden Gruppen gibt es ein paar semantisch und pragmatisch unspezifische Lexeme, die häufiger verwendet werden als der Rest. Es handelt sich dabei z.T. um solche Lexeme, die auch bei der Realisierung anderer Prädikationstypen bevorzugt verwendet werden, wie Brief, schreiben, sagen und verlauten. Dennoch kann von standardisierten Formulierungen nicht die Rede sein. In der Zeit von 1770 bis 18S0 nimmt der Prädikationstyp quantitativ enorm zu. Jetzt ist nicht mehr die Angabe der Quelle der häufigste und damit typischste Typ der kommunikationsreflexiven Äußerung, sondern die Kennzeichnung einer Textwiedergabe. Der wiedergegebene Text ist dabei ganz überwiegend eine andere Zeitung, deren Berichterstattung inhaltlich oder wörtlich übernommen wird. Gleichzeitig mit dem Nachrichteninhalt wird auch die spezifische Perspektive der referierten Zeitungsquelle wiedergegeben, was oft zu einer als kritisch-distanziert markierten Realisierung des Prädikationstyps fuhrt, so dass die Grenze zur Kommentierung des Wiedergegebenen teilweise überschritten wird. Es etabliert sich in diesem Zeitabschnitt ferner eine selbstständige Variante des Prädikationstyps, nämlich die Kennzeichnung einer Redewiedergabe, die dem historisch neuen Phänomen der öffentlichen politischen Diskussion Rechnung trägt. In beiden Fällen, Text- und Redewiedergabe, führt häufiger Gebrauch nicht zu musterhaften Formulierungen. Im Gegenteil scheint die politische und mediengeschichtliche Innovationsphase von 1770 bis 1850 zu einer verstärkten syntaktischen wie lexikalischen Variation geführt zu haben, zu der sicher auch der außerordentlich hohe, akademische Bildungsstand und die rhetorische Kompetenz der damaligen Redakteure und Journalisten beigetragen hat. Nach 1850 wird die Differenzierung in Text- und Redewiedergabe weiter ausgebaut. Textwiedergabe und Angabe der Quelle fallen weiterhin meist zusammen. Die Ausdrucksformen bei der Redewiedergabe differenzieren sich vor dem Hintergrund des parlamentarischen Systems in Deutschland insofern aus, als die Häufigkeit und Länge parlamentarischer Debatten die Journalisten immer mehr zu Zusammenfassungen von Redebeiträgen und Debatten zwingt, die nicht bloß deren propositionale, sondern auch deren illokutionäre Aspekte fokussieren. Während sich auf der syntaktischen Ebene bei der Text- und bei der Redewiedergabe keinerlei Muster feststellen lassen, scheint sich das lexikalische Inventar in seiner frequenten Gruppe auf diejenigen Verba und Nomina dicendi zu konzentrieren, die auch bei der Realisierung des Prädikationstyps Quellenangabe am häufigsten und damit typischsten waren. Es handelt sich bei den Lexemen berichten, Bericht, schreiben, Schreiben, mitteilen, M itteilung, {verkaufen und B rie f gewissermaßen um die Kerne von Syntagmen, mittels derer mindestens die zwei häufigsten (Quellenangabe und Text-/ Redewieder- Resümee 207 gäbe), z.T. auch noch weitere kommunikationsreflexive Prädikationstypen ausgedrückt werden können. 6.2.5 Die Entwicklung des Prädikationstyps VERBÜRGTHEIT einer Nachricht BESTÄTIGEN b z w . RELATIVIEREN Anfang des 17. Jahrhunderts wird der Prädikationstyp VERBÜRGTHEIT einer Information BESTÄTIGEN oder RELATIVIEREN in the Nebenprädikation der QUELLENANGABE eingebettet. Die Attribuierung der Nomina Nachricht, Zeitung und A viso durch gewiß ist möglicherweise nur ein individualstilistischer Usus im „Aviso“ 1609. Der Redakteur der „Relation“ scheint hingegen eine verbale und adverbiale Ausdrucksweise zu bevorzugen, etwa indem er das Verb sagen oder schreiben durch bestetigen ersetzt oder das adverbiale vor gewiß mit einem Verbum dicendi verknüpft. Insgesamt wird dieser Prädikationstyp aber noch zu selten verwendet, um Aussagen über Standardisierungen zu machen. In der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts nimmt der Prädikationstyp allerdings deutlich zu und wird dabei in etwa einem Siebtel der Belege nicht mehr syntaktisch untergeordnet, sondern als Hauptprädikation realisiert. Die Glaubwürdigkeit einer Nachricht wird damit erstmals thematisierbar. Bei den Nebenprädikationen wird die syntaktische Form ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ bevorzugt. Der dabei verwendete Wortschatz zeigt die Zweiteilung in wenige frequente und viele singuläre Lexeme. Die frequenten bilden darüber hinaus wortfamiliäre Strukturen. Besonders typisch sind sicher, versichern, conßrm ieren, Confirm ation, die auch in den übrigen syntaktischen Realisierungsformen, vor allem im Adverbialsatz mit wie, auffallend häufig verwendet werden. Nach 1770 verstärkt sich die Tendenz, über die „Wahrheit“ einer Nachricht explizit zu räsonnieren, ohne dass jedoch der Prädikationstyp seinen neben- und untergeordneten Status ganz aufgibt. Die syntaktische Form ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ bleibt vorherrschend. Die Entwicklung des lexikalischen Inventars zeigt Unabhängigkeit von den syntaktischen Bedingungen. Bei keinem anderen Prädikationstyp und in keinem anderen Zeitabschnitt wird die semantische, insbesondere synonymische und wortbildungsbezogene Vernetzung der am häufigsten verwendeten Verba und Nomina dicendi so deutlich wie hier. Zwischen 1770 und 1850 setzt eine Tendenz ein, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmend wird: Der Prädikationstyp VERBÜRGTHEIT EINER INFORMATION BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN geht in dem übergeordneten Sprachhandlungstyp THEMATISŒRUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN auf. Außerhalb dieser Sprachhandlung ist der Prädikationstyp nur noch in wenigen Fällen identifizierbar. In diesen wird die Bandbreite der syntaktischen Realisierungsformen gegenüber dem vorangehenden Zeitabschnitt noch etwas 208 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts größer, auch wenn der Typ ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ mit Abstand der häufigste bleibt. Auf der lexikalischen Ebene werden einige der vorhandenen Traditionen weitergefiihrt, insbesondere Präpositionalobjekte wie aus guter Quelle werden in engem paradigmatischen Rahmen variiert. Die vor 1850 festzustellende dichte semantische und vor allem wortbildungsbezogene Vernetzung des usuellen Wortschatzes löst sich großenteils wieder auf. Der Wortschatz wird vielfältiger; es bilden sich allerdings zwei komplementäre adjektivische Paradigmen für ‘eher verbürgt’, ‘wahr’ und für ‘eher nicht verbürgt’, ‘falsch’ heraus, die syntaktisch äußerst flexibel einsetzbar und leicht in Realisierungen anderer Prädikationstypen zu integrieren sind. Insgesamt bestätigen die Untersuchungen auf der lexikalischen Ebene die auch sonst häufig festgestellte Tendenz zu einem einerseits immer variantenreicheren Lexeminventar und andererseits zu quantitativ begrenzten und hochfrequenten „Formulierungskemen“. 6.2.6 Die Entwicklung des Prädikationstyps Anaphorische Kohärenzstiftung In den beiden Zeitungsjahrgängen von 1609 wird großenteils immer wieder auf nur vier Ereigniszusammenhänge Bezug genommen, für die von Anfang an bestimmte Kennzeichnungsausdrücke gewählt werden. Diese sind zum einen zeitlich und medial (z.B. seider jüngst, seider obgemelts, in vorigen Terminis), zum andern sachverhaltsbezogen (Gülichschen Sachen, wesen). Auffallend ist, dass diesen lexikalischen Konstanten freie Variabilität auf der syntaktischen Ebene gegenübersteht. Von 1700 bis 1770 werden Rückbezüge weiterhin mit Ausdrücken unterhalb des Satzstatus, d.h. vor allem mittels Adverbien und Adjektivattributen, realisiert, die temporale (noch immer) und mediale (im vorigen) Bezüge herstellen. Die 1609 so üblichen Sachverhaltsbezeichnungen sind fast ganz verschwunden, was aber wohl auf die notgedrungen besondere Zusammenstellung des Korpus zurückzufiihren ist. Zwischen 1770 und 1850 wird die syntaktische Form des Attributsatzes (wie bereits gem eldet) erkennbar bevorzugt. In jedem Fall bleibt die Temporalangabe zentral. Wesentlich neu ist, dass der Bereich, innerhalb dessen Kohärenz hergestellt werden kann, nicht länger die je bestimmte Zeitung ist, sondern die gesamte Presse und damit letztlich den Wissenshorizont des überhaupt Zeitung lesenden Bürgers umfasst. In diesem Zusammenhang werden Themenkennzeichnungen verwendet, unter denen jetzt auch semantisch erweiterte Ortsnamen eine Rolle spielen. In es bleibt m it Avignon alles beym alten fungiert der Ortsname als Kennzeichnung eines ganzen Ereigniskomplexes. Resümee 209 Nach 1850 wird der Rekurs auf die vorangegangene Berichterstattung generell ersetzt durch Bezugnahmen auf den Wissenshorizont des Zeitungslesers. Dies geschieht bevorzugt in pauschaler und komprimierter Form mittels des Adverbs bekanntlich, das äußerst flexibel in Ausdrücke anderer Prädikationstypen sowie der Sprachhandlung THEMATISIERUNG VON KOMMUNIKA- TIONSSTRATEGIEN integrierbar ist. Die Integration des Prädikationstyps ANA- PHORISCHE KOHÄRENZSTIFTUNG ist so weit fortgeschritten, dass nur noch sehr vereinzelte isolierte Realisierungen festzustellen sind. 6.2.7 Die Entwicklung des Prädikationstyps Kataphorische Kohärenzstiftung und THEMATISIERUNG informatorischer LEERSTELLEN Die Thematisierung noch unbekannter Einzelheiten eines berichteten Ereignisses sowie die Kennzeichnung eines gegenwärtig noch unabgeschlossenen Ereigniszusammenhangs besaß in beiden Zeitungen des Jahres 1609 einen auch quantitativ sichtbar hohen Stellenwert, der zu standardisierten Formulierungen wie den folgenden führte: XY ist unbewußt / unwissend XY gibt / eröffnet / lehret {die) zeit Diese Formulierungen stehen regelhaft am Ende thematischer Texteinheiten und übernehmen so zumindest teilweise auch eine textsegmentierende bzw. -limitierende Funktion. Zweifellos bewirken solche Äußerungen beim Leser Erwartungen, dass die noch ausstehenden Informationen in der künftigen Berichterstattung der Zeitung nachgeliefert werden. Im Zeitabschnitt von 1700 bis 1770 werden die Standardisierungen auf der syntaktischen, der lexikalischen und der textstrukturellen Ebene weitgehend aufgelöst. Nur das tradierte Formulierungsmuster YXlehrt die zeit bleibt gerade noch erkennbar erhalten. Daneben etablieren sich syntaktisch variabel konstruierte Syntagmen mit erwarten und sich zeigen als Kemlexemen. Eine textstrukturierende bzw. -limitierende Funktion müssen solche Syntagmen nicht mehr leisten, da das Medium im 18. Jahrhundert mehr und mehr typografische Mittel zur Kennzeichnung von Anfang und Ende einer Meldung, wie Absatzeinrichtung und doppeltes Spatium, entwickelt. Da der Prädikationstyp dennoch weiterhin häufig realisiert wird, bleibt als einzige funktionale Erklärung Spannungserzeugung und Leserbindung übrig. Nach 1770 nimmt die Belegdichte dieses Prädikationstyps aber stark (d.h. um rund zwei Drittel) ab. Standardisierte Formulierungen sind kaum noch zu erkennen (einzig: man weiß {noch) nicht). Man kann nur vermuten, dass einerseits die enorm zunehmende Informationsdichte und der Usus des Zeitungle- 210 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts sens die oben angenommenen Funktionen dieses Prädikationstyps obsolet werden ließen. Zwischen 1850 und 1871 ist dieser Prädikationstyp nur noch vereinzelt belegt, danach überhaupt nicht mehr. An dieser Stelle soll ausnahmsweise ein Blick in die deutschsprachige Presse von 1945 bis zur Gegenwart geworfen werden, denn es fällt ja spontan auf, dass es heute durchaus eine entsprechende Standardformulierung, etwa Einzelheiten wurden nicht bekannt, gibt. Eine Recherche in den Zeitungskorpora des IDS58 belegt, dass diese Formulierung schon 1949 in der Tageszeitung „Die Welt“, nicht aber im „Neuen Deutschland“ (DDR) derselben Jahre üblich war, z.B: Einzelheiten über die bisher in Annecy getroffenen Vereinbarungen sind noch nicht bekannt (Die Welt 1.8.1949, S. 4) Es ist noch nicht bekannt, ob diese Erdstöße neue Schaden und Verluste unter der Bevölkerung verursacht haben (Die Welt 9.8.1949, S. 5) D ie Höhe des Sachschadens ist noch nicht bekannt (Mannheimer Morgen 10.6.1995, o.S., Lokales) Da zahlreiche Belege aus den Jahren 1959, 1964, 1969, 1974, 1985, 1988 und 1995 das gleiche Formulierungsmuster zeigen, kann in der Tat von einer durchgehenden Tradition ausgegangen werden. Oft, wenn auch nicht eindeutig regelhaft, finden sich solche Sätze am Ende kurzer Agenturmeldungen. Es muss also gezweifelt werden, ob diese Formulierungstradition zwischen 1871 und 1945 tatsächlich unterbrochen worden ist. 6.2.8 Die Entwicklung des Prädikationstyps SPEKULIEREN Dieser Prädikationstyp entstand erst im 2. Zeitabschnitt, 1700 bis 1770, und zwar aus der Verknüpfung dreier tradierter Prädikationstypen, der ANGABE DER QUELLE, der VERBÜRGTHEIT BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN und THEMATISERUNG UNBEKANNTER EINZELHEITEN. Als syntaktischer Rahmen wird die vor allem für den Prädikationstyp QUELLENANGABE prototypische Form ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ gewählt. Die Verba dicendi werden ersetzt durch zum Teil komplexe Verbalphrasen des semantischen Paradigmas der Verba audiendi; hinzu kommen Modalisierungen zum Ausdruck der Möglichkeit und des Zukünftigen. Von musterhaften Formulierungen sind die Realisierungen des Prädikationstyps in dieser Zeit weit entfernt; allerdings scheint ein bestimmtes Wortbildungsparadigma spezifisch und produktiv zu sein, deren Elemente in einem Drittel aller Belege Vorkommen: vermuthen, muthmassen, vermuthlich, unvermuthet, M uthmassung. 58 Im Bonner Zeitungskorpus, im Handbuchkorpus und im Mannheimer Morgen von 1995. Resümee 211 In der Zeit von 1770 bis 1850 nimmt die - isolierte - Realisierung des Prädikationstyps SPEKULIEREN quantitativ ab. Gleichzeitig nähert er sich dem Prädikationstyp VERBÜRGTHEIT BESTÄTIGEN bzw. RELATIVIEREN an. Die dadurch entstehende Verbindung zweier Prädikationstypen bereitet die allerdings erst nach 1850 voll etablierte Sprachhandlung T H E M A T IS IE R U N G v o n K O M M U N IK A T IO N S S T R A T E G IE N vor. An die Stelle der Mutmaßungen und zum Teil wilden Spekulationen über Ereignisse von vor 1770 tritt die Beschäftigung mit den Interessen und Motiven, die hinter der Verbreitung bestimmter Meldungen stehen. Auf der syntaktischen Ebene sind keinerlei Standardisierungen auszumachen; lediglich die Form ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ ist häufig. Die lexikalische Tradition des vermuthens wird nicht fortgesetzt; stattdessen zeigt sich das Paradigma scheinen, wahrscheinlich, W ahrscheinlichkeit in einem Fünftel der Belege. Von 1850 bis 1919 nimmt die Realisierung des Prädikationstyps gegenüber dem vorhergehenden Zeitabschnitt um etwa die Hälfte ab, da Spekulieren nunmehr eines der Elemente der neuen journalistischen Sprachhandlung THEMATISIERUNG VON KOMMUNIKATIONSSTRATEGIEN darstellt. Deshalb sind die Bedingungen für Musterhaftigkeit noch weniger gegeben als vor 1850. Der syntaktische Typ ‘Obersatzrest’ wird aber weiterhin bevorzugt. Unter den neun Belegen sind drei mithilfe des Wortbildungsparadigmas scheinen, allem Anschein nach realisiert. Dies kann, muss aber nicht die auch sonst deutlich gewordene Tendenz bestätigen, dass musterhafte Formulierungen von Lexemkemen ausgehen, die nach Wortart oder Wortbildungstyp variiert werden. 6.3 Faktoren der Herausbildung von Formulierungstraditionen In dieser Arbeit wurden pragmatische, d.h. sozial-, medien- und sprachgeschichtliche, textuelle, syntaktische und semantische Bedingungen daraufhin untersucht, ob sie zu Standardisierungen von Syntagmen oder zu Kollokationsbildungen beitragen. Die diachrone Darstellung dieser Bedingungen hat gezeigt, dass die kontinuierliche Tradierung bestimmter Parameter die Ausnahme darstellt und dass vielmehr Traditionsbrüche und -Wandlungen immer wieder zu kreativer Variation gewohnter Vertextungs- und Formulierungsmuster fuhren. Standardisierungsfördemd ist auf der pragmatischen Ebene die Zunahme der Informationsmenge und die Umfangserweiterung der Zeitungen ab etwa 1850 in Zusammenhang mit der Nachrichtentelegrafie und der Gründung großer Nachrichtenagenturen. Standardisierungshemmend ist die Herausbildung eines meinungsorientierten Journalismus ohne gleichzeitige deutliche Trennung zwi- 212 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten des 17. bis 20. Jahrhunderts sehen informations- und meinungsorientierten Textsorten, wie dies vor allem zwischen 1770 und 1850, aber auch noch danach festzustellen war. Standardisierungsfördemd ist, auf der nächsten Ebene, der Ausdruck von Kommunikationsreflexion mittels neben- oder untergeordneter Prädikationen. Nur zwei Prädikationstypen des gesamten Inventars zeigen hierin aber eine ununterbrochene Tradition vom 17. bis ins 20. Jahrhundert: die A N G A B E der Q U E LL E einer IN F O R M A T IO N und die K E N N Z E IC H N U N G einer T E X T W IE D E R - G A B E . Alle anderen Prädikationstypen werden bei der Realisierung zeitweilig zu Hauptprädikationen „erhoben“, d.h., die Reflexion über die Nachrichtenübermittlung ist von Beginn der Pressegeschichte an und immer wieder zum journalistischen Thema und zum Gegenstand des Mediums gemacht worden. Auf der syntaktischen Ebene haben sich zwei Konstruktionsformen als standardisierungsfördemd herauskristallisiert: ‘Obersatzrest mit Objektsatz’ und ‘Adverbialsatz’. Beide etablieren sich zu Beginn der Pressegeschichte durch besondere Häufigkeit der Verwendung bei den eben genannten häufigsten und ununterbrochen tradierten Prädikationstypen. Während die Form ‘Obersatzrest’ im Laufe der Zeit zum syntaktisch vorgeprägten Rahmen fur neu entstehende nebengeordnete Prädikationstypen und ihre lexikalische Variation wird, wird die Tradierung der Form ‘Adverbialsatz’ erstens durch ihre Stellungsflexibilität im Satzgefüge gefördert und zweitens durch die Adäquatheit von abhängigem syntaktischem Status und untergeordnetem Status der Prädikation. Insgesamt verändert sich das Inventar der syntaktischen Ausdrucksformen seit dem 17. Jahrhundert erwartungsgemäß nicht; lediglich im Gebrauch lässt sich eine Tendenz hin zu stellungsflexibleren Formen ausmachen, wobei aber die Komprimierung nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Es zeigte sich nun, dass sich die standardisierungsfördemden bzw. -hemmenden Bedingungen auf der syntaktischen Ebene kaum auf die entsprechenden Bedingungen der lexikalischen Ebene auswirken. Es zeigte sich sogar, dass das zum Ausdmck der Kommunikationsreflexion verwendete lexikalische Inventar der Verba und Nomina dicendi nicht nur prinzipiell unabhängig von einem bestimmten Prädikationstyp, sondern auch symptomatisch für die Kommunikationsreflexion generell ist. Vielmehr war immer wieder festzustellen, dass offensichtlich die Wahl bestimmter Lexeme als Formulierungskeme Priorität gegenüber der Wahl einer bestimmten syntaktischen Konstruktion besitzt. Als ein diachron durchgängiges Ergebnis ist festzuhalten, dass die Schreiber auf zwei Lexeminventare zugreifen: auf ein quantitativ begrenztes Inventar häufig gebrauchter und semantisch wie pragmatisch unspezifischer Lexeme und auf ein quantitativ weites Inventar singulär gebrauchter und semantisch wie pragmatisch spezifischer Lexeme. Das erste Inventar ließ sich etwa bei der Hälfte bis einem Fünftel der Belege ausmachen. Sein Anteil ist umso größer, je Resümee 2 1 3 konstanter zugleich die Bedingungen auf der syntaktischen und prädikativen Ebene sind. An der internen Struktur dieses usuellen Inventars je Prädikationstyp und Zeitabschnitt fiel ferner etwas auf, das nicht von vornherein als mögliche Bedingung fiir die Entstehung standardisierter oder musterhafter Formulierungen in Betracht gezogen wurde: Neben semantischen, d.h. synonymischen und antonymischen Beziehungen bestehen vor allem mehrfache Wortbildungsbeziehungen zwischen den Elementen des frequenten, nicht aber des singulären Inventars. Diese erlauben einen Wortartenwechsel des - semantisch - gleichen Lexems und, oft damit verknüpft, die Wahl einer syntaktischen Variante. In diesem Zusammenhang ist auf die Ergebnisse empirischer Untersuchungen zum mentalen Lexikon zurückzukommen, die bei mündlicher Sprachproduktion die Vorrangigkeit phonologischer und morphologischer Assoziationen nachgewiesen hatten (s.o.). Vorausgesetzt, dies lässt sich im Prinzip auch auf schriftliche Textproduktion übertragen, dann könnte die herausragende Rolle der Wortfamilienbeziehungen als phonologisch motiviert erklärt werden. Dann ist aber auch umgekehrt die Bedeutung der phonologischen Assoziation bei Wortbildung und Wortartenwechsel zu berücksichtigen. Möglicherweise ist die wortfamiliäre Dichte des frequenten Inventars mit ihren Folgen fiir die syntaktische Ebene die Erklärung fiir die erwähnte Priorität der Lexik gegenüber der Syntax. Und nur das System der Lexik reagiert auch unmittelbar auf den Wandel der pragmatischen und sprachextemen Faktoren. Typen von Nebenprädikationen bzw. Sprachhandlungen: Differenzierung und Entdifferenzierung o \ * £ 1 6 0 9 (P r ä d ik a tio n s ty p e n ) 1 7 0 0 b is 1 7 7 0 ( P rä d ik a tio n s ty p e n ) 1 7 7 0 b is 1 8 5 0 ( P r ä tä k a tio n s ty p e n ) 1 8 5 0 b is 1 9 1 4 / 1 9 ( S p r a c h h a n d lu n g s ty p e n ) 1 ) A n g a b e d e r In fo rm a tio n s q u e lle d e r H a u p tp rä d ik a tio n 1 ) A n g a b e d e r In fo rm a tio n s q u e lle d e r H a u p tp rä d ik a tio n 1 ) s p e z ifiz ie r te A n g a b e d e r In fo rm a tio n s q u e lle d e r H a u p tp rä d ik a tio n w ird 1 . w e ite r tra d ie r t u n d 2 . in R e d e w ie d e rg a b e e in g e b e tte t 2 ) C h a r a k te r is ie r u n g d e r H a u p tp rä d ik a tio n a ls M e in u n g 2 ) C h a r a k te r is ie r u n g d e r H a u p tp r ä d ik a tio n a ls M e in u n g w ird v o lls tä n d ig in d ie T h e m a tis ie a in g von K o m m u n ik a tio n s s tr a te g ie n in te g rie rt 3 ) B e w e rtu n g d e r H a u p tp rä d ik a tio n 3 ) B e w e r tu n g e in e r Q u e lle u n d ih re r In te n tio n w ird v o lls tä n d ig in d ie T h e m a tis ie ru n g von K o m m u n ik a tio n s s tr a te g ie n in te g rie rt 2 ) K e n n z e ic h n u n g ein e r T e x tw ie d e r g a b e 4 ) K e n n z e ic h n u n g e in e r T e x to d e r R e d e w ie d e rg a b e 4 ) K e n n z e ic h n u n g e in e r a ) T e x t - o d e r b ) R e d e w ie d e rg a b e (n im m t q u a n tita tiv z u ) w ird 1 . w e ite r tr a d ie r t u. 2 . in d ie T h e m a tis ie ru n g v o n K o m m u n ik a tio n s s tra te g ie n in te g rie rt 3 ) V e rb ü r g th e it e in e r In fo rm a tio n b e s tä tig e n 5 ) V e rb ü rg th e it e in e r In fo rm a tio n b e s tä tig e n o d e r re la tiv ie re n 5 ) V e rb ü r g th e it e in e r In fo rm a tio n b e s tä tig e n o d e r re la tivie re n w ird 1 . w e ite r tra d ie r t u. 2 . in d ie T h e m a tis ie ru n g v o n K o m m u n ik a tio n s s tra te g ie n in te g rie rt 4 ) a n a p h o r is c h e K o h ä r e n z h e rs te l lung 6 ) a n a p h o r is c h e K o h ä r e n z h e rs te l lu n g 6 ) a n a p h o r is c h e K o h ä r e n z h e rs te llu n g w ird 1 . w e ite r tra d ie r t u. 2 . in d e n T y p V e rk n ü p fu n g s h a n d lu n g e n in te g rie rt S ) k a ta p h o r is c h e K o h ä r e n z h e rs te llu n g 7 ) k a ta p h o ris c h e K o h ä r e n z h e rs te l lu n g 7 ) k a ta p h o r is c h e K o h ä r e n z h e rs te llu n g (n im m t q u a n tita tiv a b ) w ird 1. w e rte rtr a d ie rt u, 2 . in d e n T y p V e rk n ü p fu n g s h a n d lu n g e n in te g rie rt 6 ) T h e m a tis ie ru n g d e r u n b e k a n n te n In fo rm a tio n s e le m e n te 8 ) S p e k u lie r e n 8 ) S p e k u lie r e n (n im m t q u a n tita tiv a b ) w ird v o lls tä n d ig in d ie T h e m a tis ie ru n g von K o m m u n ik a tio n s s tr a te g ie n in te g rie rt Tabellarische Übersicht über die Entwicklung der Prädikationstypen Chronologisches Quellenverzeichnis 215 7. Chronologisches Quellenverzeichnis 7.1 ErsterZeitabschnitt: 1609 Aviso 1609 = D ie Aviso des Jahres 1609. In Faksimiledruck hg. und mit einem Nachwort versehen von Dr. Walter Schöne, Leipzig 1939 (= D ie deutsche Zeitung im ersten Jahrhundert ihres Bestehens (1609-1700). Eine Schriftenreihe; I). Aviso Nr. 1,15.1.1609 Aviso Nr. 2, 22.1.1609 Aviso Nr. 3, 29.1.1609 Aviso Nr. 4, 5.2.1609 Aviso Nr. 5 ,1 2 .2 .1 6 0 9 Aviso Nr. 6 ,2 0 .2 .1 6 0 9 Aviso Nr. 7, 1.3.1609 Aviso Nr. 8, 8.3.1609 Aviso Nr. 9 ,1 5 .3 .1 6 0 9 Aviso Nr. 10, 22.3.1609 Aviso Nr. 11,29.3.1609 Aviso Nr. 12, 5.4.1609 Aviso Nr. 47, 3.12.1609 Aviso Nr. 48, 10.12.1609 Aviso Nr. 49, 18.12.1609 Aviso Nr. 5 0 ,26.12.16 0 9 Relation 1609 = Die Relation des Jahres 1609. In Faksimiledruck hg. und mit einem Nachwort versehen von Dr. Walter Schöne, Leipzig 1940 (= Die deutsche Zeitung im ersten Jahrhundert ihres Bestehens (1609-1700). Eine Schriftenreihe; II). Relation Nr. 1,8.1.1609 Relation Nr. 2 ,1 5 .1 .1 6 0 9 Relation Nr. 3 ,2 2 .1 .1 6 0 9 Relation Nr. 4 ,2 9 .1 .1 6 0 9 Relation Nr. 5, 5,2.1609 Relation Nr. 6, 12.2.1609 Relation Nr. 7, 19.2.1609 Relation Nr. 8, 26.2.1609 Relation Nr. 9, 5.3.1609 Relation Nr. 10,12.3.1609 2 1 6 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d es 17. bis 20. Jahrhunderts Relation Nr. 11, 19.3.1609 Relation Nr. 12, 26.3.1609 Relation Nr. 22, 4.6.1609 Relation Nr. 24, 18.6.1609 Relation Nr. 49, 10.12.1609 Relation Nr. 50, 17.12.1609 Relation Nr. 51 ,2 5 .1 2 .1 6 0 9 Relation Nr. 52, 31.12.1609 Stieler, Kaspar (1695/ 1969): Zeitungs Lust und Nutz. Vollständiger Neudruck der Originalausgabe von 1695, hg. von Gert Hagelweide, Bremen 1969. 7 . 2 Z w e ite r Z e ita b s c h n itt 1 7 0 0 - 1 7 7 0 Mercurii Relation (München) 9.1.1700 Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 20.9.1701 Frankfurter Journal 27.9.1701 Frankfurter Journal 8.11.1701 Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 19.12.1702 Historische Remarques über die neuesten Sachen in Europa 16.10.1703 Mercurii Relation (München), Extra-Zeitungen 25.9.1717 Berlinische privilegirte Zeitung 27.9.1725 Europäische Zeitung (Hanau) 14.2.1730 Europäische Zeitung (Hanau) 19.5.1730 Mercurii Relation (München) 25.11.1730 Stoibergische Sammlung 3.1.1735 Berlinische privilegirte Zeitung 8.12.1735 Berlinische privilegirte Zeitung 28.2.1736 Stoibergische Sammlung 2.4.1736 Stoibergische Sammlung 13.8.1736 Stoibergische Sammlung 6.12.1736 Berlinische privilegirte Zeitung 21.5.1737 Stoibergische Sammlung 27.10.1738 Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 23.7.1740 Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 7.1.1741 Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 10.1.1741 Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 3.3.1742 Chronologisches Quellenverzeichnis 2 1 7 Allerneueste Europäische Welt- und Staatsgeschichte 3.7.1744 BayreutherZeitungen 1.2.1752 Bayreuther Zeitungen 4.1.1752 Bayreuther Zeitungen 26.12.1752 Bayreuther Zeitungen 20.1.1753 7 .3 Dritter Zeitabschnitt 1770-1850 Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, insonderheit für die lieben Landleute alt und jung (Braunschweig/ Wolfenbüttel) 9.12.1786 BayreutherZeitungen 26.11.1789 BayreutherZeitungen 17.5.1791 Königlich privilegirte Stettinische Zeitung 12.2.1796 Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen (Haude-Spenersche) 24.11.1798 Danziger Zeitung 11.4.1799 Baireuther Zeitung 31.8.1804 Hanauer Neue Europäische Zeitung 26.4.1810 Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, insonderheit für die lieben Landleute alt und jung (Braunschweig/ Wolfenbüttel) 18.9.1811 Bonner Nachrichts- und Anzeige-Blatt 3.10.1813 Allgem eine Zeitung 9.11.1830 / 2.1.1816 Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, besonders für den Deutschen Landmann (Braunschweig/ Wolfenbüttel) 21.12.1836 Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, besonders für den Deutschen Landmann (Braunschweig/ Wolfenbüttel) 31.5.1837 Mainzer Zeitung 3.1.1848 Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen (Haude-Spenersche) 15.4.1848 National-Zeitung 10.5.1848 National-Zeitung 11.5.1848 Mainzer Zeitung 3.6.1848 Mainzer Zeitung 26.1.1849 Aachener Zeitung 3.3.1849 Aachener Zeitung 22.6.1849 Bonner Wochenblatt 7.4.1850 2 1 8 Formulierungstraditionen in Zeitungsnachrichten d es 1 7. bis 20. 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D e n B eiträg e n d e s B a n d e s ist d ie Frage g e m e in s a m , o b u n d w ie s ic h d ie p ro b le m a tis c h e d e u ts c h -p o ln is c h e G e s c h ic h te a u f h e u tig e K o n ta k te z w is c h e n P o le n u n d D e u ts c h e n au sw irkt. A u f d er G ru n d la g e v o n G e sp rä ch e n , Interview s u n d Z eitu n g s a rtik e ln w e r d e n d ie R o lle v o n V o ru rte ile n u n d d e s u n ters c h ie d lic h e n W is s e n s für das w e c h s e ls e itig e V e rste h e n u n ters u c h t. B io gra p h ie u n d fo to a n a ly tis c h e B eiträge g e b e n E in b lick e in d ie P ro b le m e d er B io gra p h ie v o n M e n s c h e n , d ie d urch das d e u ts c h -p o ln is c h e S p a n n u n g sv erh ä ltn is d er Kriegsjahre g eprä gt w o rd e n ist. D a b e i k o m m e n u. a. P ro b le m e zur S pra ch e, d ie a u s d er S itu a tio n v o n R e p atriierten u n d V ertrie b e n e n resultieren . Für d ie Frage n ach d e n M ö g lic h k e it e n ein er A n n ä h e ru n g u n d A u s s ö h n u n g z w is c h e n D e u ts c h e n u n d P o le n w e rd e n V erfa hre n b e s c h rie b e n , m it d e n e n d ie G e sprä ch sp artn er h is to ris c h -p o litis c h b e d in g t e V e rstä n d ig u n g sp ro b le m e z u ü b erw in d e n v ersu ch e n . B e so n d ere A u fm erk s a m k e it w ird d a b ei a u c h Fragen der K u ltu rv erm ittlu n g im R a h m e n v o n p o ln is c h d e u ts c h e n J u g e n d b e g e g n u n g e n g e w id m e t. B a n d 9 Rainer Wimmer / Franz-Josef Berens (Hrsg.) W o r t b i l d u n g u n d P h r a s e o l o g i e 1 9 9 7 , 2 7 1 S e ite n , D M 7 8 . - / Ö S 5 6 9 , - / S F r 7 4 - IS B N 3 - 8 2 3 3 - 5 1 3 9 - 7 D e r B a n d e n th ä lt U n te r s u c h u n g e n z u n e u ere n th e o re tis c h e n E n tw ic k lu n g e n in der G r a m m a tik v o n W o rtb ild u n g e n u n d P h ra se o lo g ism e n . Im B ereich d er W o rtb ild u n g w e r d e n A d je k tiv - u n d N e g a tio n s b ild u n g e n d u r c h d ie J a h r h u n d e rte v e r fo lg t, W o rtfa m ilie n w ö rte rb ü c h e r aufg earb eitet u n d e in n e u e s M o d e ll v org e stellt. Im B ereich d er P h ra s e o lo g ie w erd e n d ie u n te rs c h ie d lic h e n R e a lisieru n g e n in a n d eren S p ra ch e n w ie d e m F in n is c h e n u n d U n g a ris c h e n th em a tisiert. B eiträ g e zu A n w e n d u n g e n n e u erer E rk e n n tn is s e in d er S pra ch d id a k tik , in d er L e xik o gra p h ie u n d d er S pra ch erw erb sforsch u n g ru n d e n d e n B a n d ab. Studien zur deutschen Sprache F O R SC H U N G E N D E S IN S T IT U T S FÜR D E U T SC H E SPRACHE B a n d 1 0 Daniel Bresson / Jacqueline Kubczak (Hrsg.) A b s t r a k t e N o m i n a V orarb eiten zu ihrer Erfassung in e in em zw eisprachigen syntagm atisch en W örterb u ch 1 9 9 7 , 3 0 0 S eiten , D M 1 2 0 - / / Ö S 8 7 6 ,- / S F r 1 0 8 - IS B N 3 - 8 2 3 3 - 5 1 4 0 - 0 In d ie s e m B a n d w e r d e n d ie E r g e b n is s e e in e s d e u t s c h -fr a n z ö s is c h e n K o o p e r a tio n s p r o je k ts v o r g e s te llt. Im Z e n tr u m ste h t e in K o n z e p t fü r d ie B e h a n d lu n g ab strak ter N o m in a in e in e m z w e isp ra c h ig e n sy n ta g m a tis c h e n W ö rte r b u c h d e u ts c h -fr a n z ö s is c h / fr a n z ö s is c h -d e u ts c h . D i e N o m in a w e r d e n als P räd ik ate m it A r g u m e n ts tr u k tu ren b e tra c h te t, d ie z u s a m m e n m it S tü tz v e rb e n (v erb e s su p p o rts) d e n K ern e in e s S atz e s b ild e n . N e b e n d er a u s fü h rlic h e n sy n ta k tis c h e n u n d s e m a n tis c h e n C h a ra k te ris ie ru n g d er A r g u m e n t e w ird b e s o n d e r s a u f d ie a n g e m e s s e n e B e h a n d lu n g v o n K o llo k a tio n e n , id io m a tis c h e n P h ra s e m e n u n d K o m p o s ita W e rt g e le g t. B a n d 11 Wolfgang Teubert (Hrsg.) N e o l o g i e u n d K o r p u s 1 9 9 8 , 1 7 0 S eiten , D M 6 8 ,- / Ö S 4 9 6 ,- / S F r 6 5 , - IS B N 3 - 8 2 3 3 - 5 1 4 1 - 9 D e r S a m m e lb a n d e n th ä lt a u s g e w ä h lte u n d u m fa s s e n d ü b e r a rb e ite te B eiträ g e e in e s K o llo q u iu m s ü b er M ö g lic h k e it e n u n d P r o b le m e ein er k o rp u sb a sierte n N e o lo g is m e n le x ik o g r a p h ie . D a s in d er G e r m a n is tik la n g e v ern a c h lä s s ig te T h e m a d e r N e o lo g ie u n d d e s le x ik a lis c h e n W a n d e ls w ird in th e o r e tis c h e n , m e t h o d o lo g is c h e n u n d p ra k tis c h e n A s p e k te n b e le u c h t e t. B a n d 12 Angelika Storrer / Bettina Harriehausen (Hrsg.) H y p e r m e d i a f u r L e x i k o n u n d G r a m m a t i k 1 9 9 8 , 2 7 5 S eiten , D M 9 6 ,- / Ö S 7 0 1 ,-/ S F r 8 6 , - IS B N 3 - 8 2 3 3 - 5 1 4 2 - 7 D ie Beiträge d es interdisziplinär au sgerichteten S am m elb an d e s b eh a n d eln aus th eoretischer u n d aus an w en d u n g sb ezo g en er Perspektive d ie n euartigen G e staltu n g sm ö glich k eiten , d ie H y p erm e d ia in d e n B ereich en Lexikographie, T erm in o gra p h ie u n d G ram m a tik schreib u n g eröffn et. T extlin g u istis ch e, inform ation sw issen sch aftlich e u n d m e d ie n d idaktisch e Fragestellungen w erd en am B eispiel konkreter A n w e n d u n g e n diskutiert. Von Beginn d e r M ediengeschichte an verw enden Jo urn alisten m e h r o d er w eniger feste Fügungen, meist, um Angaben ü b e r die Quellen ein er Nachricht, ihre Hintergründe und Übermittlung zu machen. Die Arbeit untersucht die kom m unikativen, syntaktischen und lexikalischen. Form en d er Versprachlichung im Hinblick auf die H erausbildung und Tradierung fester Fügungen. Dabei wird unveröffentlichtes Material umfangreich dokumentiert und interpretiert. ISBN 3 - 8 2 3 3 -5 1 4 3 - 5