Liebe Leserinnen und Leser,

warum empfehlen wir Ihnen, sich ausgerechnet mit den seltenen Hautkrebserkrankungen in dieser Ausgabe der Zeitschrift Der Hautarzt auseinanderzusetzen? Ist die Rarität der Erkrankungen nicht ein überzeugender Grund, „auf Lücke zu lernen“. Einige der vorgestellten Erkrankungen werden nur wenige Male im Jahr in Deutschland diagnostiziert, und definitionsgemäß handelt es sich um Tumoren mit einer Inzidenz zwischen 1 und 10 pro 1 Mio. Einwohner pro Jahr. Beispielsweise kommt das kutane Angiosarkom nur etwa 30-mal jährlich in Deutschland vor. Nur eine radikale operative Entfernung ist eine kurative Option, aber leider wird im Regelfall die Diagnose zu spät gestellt! Das Bewusstsein für die seltenen Neoplasien ist also zu schärfen. Für die „Lücke“ könnte aber sprechen, dass die Diagnose eines seltenen Hauttumors sehr häufig auch von erfahrenen Klinikern erst nach der Biopsie durch die Dermatohistopathologie gestellt wird. Die Klinik präsentiert sich häufig unspezifisch. Ohne jeden Zweifel ist die Diagnostik dieser Tumoren die Domäne der Kollegen hinter dem Mikroskop. Aber auch da muss der Praktiker wissen, ob Stanze oder Exzision als Biopsietechnik angemessen ist, und die histopathologische Diagnose klinisch einordnen.

Die Autoren der vorliegenden Übersichtarbeiten bringen in einem bunten Strauß Beispiele zu Adnextumoren (Löser et al., Cosgarea et al.), dem neuroendokrinen Karzinom der Haut (Terheyden et al.), den Sarkomen der Haut (Ziemer et al., Bönisch et al.) und den Histiozytosen (Lang et al.). Gemeinsames Anliegen der Arbeiten ist es, die Differenzialdiagnose der seltenen Hauttumoren zu schärfen, und die Darstellung der praxisrelevanten Fortschritte. Dabei sind die Beiträge ganz unterschiedlich geprägt: teils durch die histologische Sichtweise mit einem Schwerpunkt auf der Diagnostik und Ätiologie, teils mit der Brille des Therapeuten: Was ist bei diesem Tumor dringend zu tun?

Seltene Hauttumoren sind eine diagnostische und therapeutische Herausforderung

Natürlich unterliegen die Diagnostik und Therapie maligner Erkrankungen einem schnellen Wandel. Die sicheren Erkenntnisse über die seltenen Tumoren sind naturgemäß limitiert, da aufgrund der niedrigen Häufigkeit weniger Diagnose- und Therapiestudien auf hohem Evidenzniveau vorliegen. Die seltenen Hauttumoren sind zudem eine völlig heterogene Gruppe von Krebserkrankungen – häufig mit aggressiver Biologie. Die Einführung neuer Medikamente erfordert eine sorgfältige Abwägung von Wirkung und Risiken für unsere Patienten. Einen großen Fortschritt brachte beispielsweise die Einführung von Immuncheckpointinhibitoren beim aggressiven Merkel-Zell-Karzinom.

Das Beispiel zeigt auch, dass gerade die seltenen Erkrankungen uns neue Erkenntnisse wie Perlen gelegentlich ganz zufällig vor die Füße fallen lassen – wenn wir sie nur erkennen. Lassen Sie sich davon überzeugen und lesen Sie, wie die Autoren die molekularen Mechanismen der seltenen Hauttumoren identifizieren und die teilweise sehr spezifischen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten herausarbeiten, die für die dermatologische Praxis einschließlich der dermatohistopathologischen und dermatoonkologischen Spezialisierung von Bedeutung sind.

Ihre

Patrick Terheyden und Edgar Dippel