Der Wandel der Kasusrektion der Genitiv- und Dativpräpositionen im Deutschen

Theoretische Grundlagen und Korpusanalyse


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

32 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theorie
2.1 Präposition und deren syntaktischen und semantischen Merkmale
2.2 Faktoren im Wandel der Präposition
2.2.1 Semantische Differenzierung (Desemantisierung)
2.2.2 Morphologische Reduktion
2.2.3 Angleichung der Stellung
2.2.4 Angleichung der Rektion
2.2.5 Morpho-phonologische Differenzierung (Erosion)

3 Methodisches Vorgehen
3.1 Untersuchungsmethode
3.2 Analysemethode

4 Ergebnisse
4.1 Wandel des Gebrauchs der Präposition wegen und laut
4.1.1 Wandel des Gebrauchs der Präposition wegen in Textsorten BE und WI zwischen dem Zeitabschnitt 1700-1800
4.1.2 Wandel des Gebrauchs der Präposition wegen in Textsorten BE und WI zwischen dem Zeitabschnitt 1800-1900
4.1.3 Wandel des Gebrauchs der Präposition laut in Textsorten BE und WI zwischen dem Zeitabschnitt 1700-1800
4.1.4 Wandel des Gebrauchs der Präposition laut in Textsorten BE und WI zwischen dem Zeitabschnitt 1800-1900
4.2 Wandel des Gebrauchs der Präposition dank und trotz
4.2.1 Wandel des Gebrauchs der Präposition dank in Textsorten BE und WI zwischen dem Zeitabschnitt 1700-1800
4.2.2 Wandel des Gebrauchs der Präposition dank in den Textsorten BE und WI im Zeitabschnitt 1800-1900
4.2.3 Wandel des Gebrauchs der Präposition trotz in Textsorten BE und WI im Zeitabschnitt 1700­1800
4.2.4 Wandel des Gebrauchs der Präposition trotz in Textsorten BE und WI im Zeitabschnitt 1800­1900

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Ich lauf in die Kirch wegen dem Sterbläuten”1 -1871

„Den Jüngling wirft, trotz der belebten Glieder, Trotz seines Muths im Angesicht, Mit Riesen-Arm ein Fieber schnell danieder“2 -H64

Der Gebrauch der Präposition wegen, die ursprünglich den Genitiv regiert, kam schon im Jahre 1871 im Dativ vor, während die Präposition trotz, die ursprünglich den Dativ regiert, bereits im Jahre 1764 im Genitiv zu finden ist. Der Wandel des Gebrauchs dieser Präpositionen zog viel wissenschaftliche Aufmerksamkeit auf sich, die untersucht, wie sich der Gebrauch dieser Präpositionen gewandelt hat. Das Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ von Bastian Sicks befasst sich beispielsweise mit diesem Sprachphänomen. Dabei stellt der Autor unter anderem fest, dass die Präposition trotz vom Genitiv erfolgreich übernommen wird (Vgl.SICK 2004:16).

Betrachtet man näher dieses Phänomen, findet man heraus, dass Grammatikalisierung dabei eine zentrale Rolle spielt, da es eine Form von Sprachwandel ist (KLÖDEN 2001: 63). Zu diesem Punkt untersucht DI MEOLA (2014) die deutschen Präpositionen unter dem Gesichtspunkt ihrer Grammatikalisierung. Das Ergebnis dieser Studie zeigt, dass der Anteil des Genitivs bei Dativ-Präpositionen wie dank (bis zu 78%) und trotz (bis zu 92%) auffallend zugenommen hat, während der Gebrauch der Genitiv-Präposition wegen (16%) mit Dativrektion zurückgegangen ist (DI MEOLA 2014: 236). Diese Studie wird als Anhaltspunkt zum Wandel des Gebrauchs dieser Präposition für dieser Hausarbeit dienen.

Zunächst wird in dieser Arbeit die Präposition im Allgemeinen, einschließlich der syntaktischen-, und semantischen Merkmale vorgestellt. Darauffolgend wird auf die Stellung der Präposition sowie die Faktoren welche zu ihrem Wandel beigetragen haben eingegangen und erläutert. Danach wird auf die Untersuchungs-,sowie Analysemethode der Korpora eingegangen. Die Daten werden aus dem Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache (DWDS) entnommen. Die Präpositionen, die untersucht werden, sind zum einen wegen und laut, die ursprünglich Genitiv regieren und zum anderen dank und trotz, die ursprünglich Dativ regieren. Im weiteren Verlauf werden jeweils 100 Belege je nach der Textsorte, Belletristik und Wissenschaft, analysiert, die im Zeitabschnitt 1700-1800 und 1800-1900 Vorkommen. Schließlich werden die Ergebnisse dieser Arbeit in einem Fazit übersichtlich zusammengefasst.

2 Theorie

2.1 Präposition und deren syntaktischen und semantischen Merkmale

In diesem Kapitel werden der Begriff Präposition, deren Einteilung sowie ihre syntaktischen und semantischen Merkmale übersichtlich erläutert.

Der Terminus „Präposition“ stammt vom lateinischen Wort „praepositio“ und wird ins Deutsche „das Vorangestellte“ oder „die Stellung vor etwas“ übersetzt (JÜRGEN 1991: 18). In einigen Fällen wird diese Wortart nachgestellt, welche dann als „Postposition“ bezeichnet wird oder rahmt das Bezugswort ein, dann als „Zirkumposition“ benannt. Beispiel (1) zeigt jeweils ein Beispiel zu diesen Begriffen:

(1) Dem Bericht der deutschen Nachricht zufolge bekommt Türkei finanzielle Unterstützung. (Postposition, verlangt den Dativ) Was wir tun, haben wir um unserer Eltern willen getan. (Zirkumposition, verlangt den Genitiv)

Obwohl diese Wortart wie eben gezeigt in einigen Fällen nachgestellt wird oder das Bezugswort umrahmt, wird als Oberbegriff die Bezeichnung Präposition gebraucht. LEHMANN & STOLZ (1992: 10) benutzen „Adposition“ als Oberbegriff der drei Formen dieser Wortart. Diese Festlegung wird zwar auch von einigen Wissenschaftler benutzt, da es vielleicht präziser wäre, jedoch wird der Begriff „Präposition“ als Oberbegriff dieser Wortart benutzt (Vgl. DIEWALD 1997; DUDEN 2009 und ROELCKE 2011, zitiert nach KVIFTE (2014: 9). Darüber hinaus stellt HOBERG (2016: 83) fest, dass Präpositionen frei im Satz stehen und sich mit einem Substantiv oder Pronomen zu einer Wortgruppe verbinden, wobei sie Subjekt und Objekt in ein Verhältnis zueinander setzen.

Betrachtet man die Wortstruktur bzw. die syntaktische Beschreibung der Präposition, ist zwischen primären und sekundären Präpositionen zu unterscheiden (Vgl. LEHMANN & STOLZ 1992; HELBIG/BUSCHA 2001; DUDEN 2009). Handelt es sich dabei nicht um Ableitungen und Zusammensetzungen, die unterscheidbar sind, gehören sie zur primären

Präposition (HELBIG & BUSCHA 2001, zitiert nach ZVONÍCKOVÁ 2010: 6). Diese Art der Präposition bilden eine relativ geschlossene Wortklasse und drücken vorwiegend instrumentale, lokative und temporale Relationen aus (Vgl. COUFAL 1999:4). Dabei hat sie die Struktur dieser Präposition entnommen, die DIEWALD (1997) feststellt, wie folgt:

[Präposition + (Nominalphrase mit Kasus)]

Bsp. : Das Buch liegt auf dem Tisch.

Die primären Präpositionen verfügen über ein bedeutendes Merkmal, in dem sie den Akkusativ und/oder den Dativ regieren. Sie tauchen allerdings auch in Genitivrektion sowohl bei komplexen Präpositionen bzw. sekundären Präpositionen, als auch bei einfachen Präpositionen auf, wie z.B. samt, statt, trotz, während, wegen (Vgl. DUDEN 2009, zitiert nach KVIFTE 2014: 10). Zu dem Gebrauch dieser Präpositionen stellen LEHMANN & STOLZ (1992:16) fest, dass diese Präpositionen schon lange gebraucht wird und ist stark grammatikalisiert. Folgendes Beispiel (2) veranschaulicht diese Präposition, die HELBIG & BUSCHA (2001, zitiert nach ZVONÍCKOVÁ 2010: 7), je nach Wortklasse, klassifiziert haben:

(2)

a. Wechselpräpositionen- an, auf, hinter, in, neben, über, unter, vor, zwischen
b. Die Präpositionen mit Dativ- aus, bei, mit, nach, von, zu
c. Die Präpositionen mit Akkusativ- bis, durch, für, gegen, ohne, um
d. Einige Präpositionen mit Genitiv- während, wegen, trotz

Einige Präpositionen mit Genitiv wie während, wegen werden zu der Ausnahme der primären Präpositionen gezählt, da sie zwischenzeitlich in der Umgangssprache eine höhere Tendenz aufweisen, eine Nomimalphrase im Dativ zu regieren, weshalb sie sich erst in jüngerer Zeit der Gruppe der primären Präpositionen angeschlossen haben (Vgl. COUFAL 1999:5)

Im Gegensatz zu den primären Präpositionen, ist die sekundäre Präposition verhältnismäßig neu und wenig grammatikalisiert (Vgl. DI MEOLA 2009, zitiert nach VIEREGGE 2017: 2). Sie wird in zwei Typen unterteilt (VIEREGGE (2017: 2). Zum einen in Präpositionen, die ursprünglich den Genitiv regieren. Dazu nimmt sie gegensätzlich beispielsweise die Präposition wegen oder während, die nach HELBIG & BUSCHA (2001) zur primären Präposition gehören. Die Präposition wegen beispielsweise entstand aus der Konstruktion von X wegen, die auf Kontexte ausgeweitet hat (SZCZEPANIAK 2011: 98). Die vorangestellte Präposition von dieser Phräpositionalphrase wurde weggelassen. Danach blieb die nachgestellte Dativform wegen als Postposition. Sie wurde dann häufig vorangestellt (Vgl. DI MEOLA 2003, zitiert nach VIEREGGE 2017: 2ff). Zum anderen gibt es Präpositionen, die ursprünglich Dativ bzw. Akkusativ regieren wie z.B. dank, laut (Vgl. VIEREGGE 2017: 3). Der Gebrauch dieser beiden Präpositionen hat sich durch den sogenannten Faktor Desemantisierung gewandelt, der in den nächsten Subkapiteln übersichtlich erläutert wird.

Auf die semantischen Merkmale der Präpositionen wird nun eingegangen. Laut COUFAL (1999: 6) kann jede primäre Präposition in verschiedenen semantischen Bereichen benutzt werden, wie beispielsweise die Präposition bei, deren Verwendungsweise sowohl lokal, temporal, konditional, modal als auch konzessiv möglich ist (Vgl. COUFAL 1999: 6). Das Beispiel (3) verdeutlicht diese Aussage, wie folgt:

(3) Ich schlafe bei meinen Eltern (lokal)

Wir haben bei einer Party kennengelernt (temporal)

Bei schlechtem Wetter bleibt man lieber zu Hause (konditional)

Der Betrieb produziert das Doppelte bei gleichbleibend guter Qualität3 (modal)

Bei besten Noten kann er den Studienplatz nicht bekommen (konzessiv)

Dabei gibt es auch einige semantische Bereiche, denen sich Präpositionen zuordnen lassen und zwar lokale-, temporale-, modale-, kausale-, konzessive- und übertragene Präpositionen (Vgl. GÖTZE & HESS-LÜTTLICH 1992, zitiert nach ZVONÍCKOVÁ 2010: 7). Jede Verwendungsweise dieser Präposition wird in dem Beispiel (4) gezeigt:

(4) a. Lokale Präposition (auf dem Dach, bei meinem Onkel)

b. Temporale Präposition (außerhalb der Sprechzeit, während des Interviews)

c. Modale Präposition (einschließlich der Steuer, auf Englisch)

d. Kausale Präposition (zwecks Feststellung, aus diesem Grund)

e. Konzessive Präposition (trotz ihrer guten Noten hat sie keine Studienplatz bekommen)

f. Übertragene Präpositionen (durch die Verzögerung des Fluges, aus der Prüfung)

2.2 Faktoren im Wandel der Präposition

In diesem Subkapitel werden wir uns nun den Faktoren im Wandel der Präposition zuwenden, die zu Erscheinungsformen von Grammatikalisierung gehören (Vgl. LEHMANN & STOLZ 1992: 29). Da im Laufe des Grammatikalisierungsprozesses die semantischen, morphologischen, und phonologischen Eigenschaften eines Zeichens verändert werden, stellen LEHMANN & STOLZ (1992: 29) fest, dass reine Grammatikalisierungsphänomene einige Kategorien beinhalten und zwar: (1) Desemantisierung; (2) morphologische Reduktion;

(3) Angleichung der Stellung und (4) Angleichung der Rektion. Zusätzlich wird auch auf einen weiteren Faktor eingegangen, der als die sogenannte morpho-phonologische Differenzierung bzw. Erosion bekannt ist (Vgl. DI MEOLA 2014: 133).

2.2.1 Semantische Differenzierung (Desemantisierung)

Bei Desemantisierung handelt es sich um die Phänomene der Grammatikalisierung, die typischerweise mit einer Verallgemeinerung der lexikalischen Bedeutung verbunden sind (Vgl. DI MEOLA 2014: 134). Darüber hinaus stellen LEHMANN & STOLZ (1992: 29) fest:

„Desemantisierung besagt dann im weiteren: Verlust etwa verbliebener konkreter Bedeutungsmerkmale, Bedeutungsverallgemeinerung durch Verringerung der Intension, Konzentration der funktionalen Leistung auf die relationalen Eigenschaften ein Relator i.S.v. §2.2 entsteht.“ (LEHMANN & STOLZ 1992: 29)

LEHMANN & STOLZ (1992: 29) sind der Meinung, dass es bei Desemantiseriung einen Übergang von der konkreten Bedeutung einer Präposition zu abstrakten Bedeutungsvarianten gibt, die zur Verallgemeinerung der Bedeutungsvariante führen. Somit bildet sich ein Relator heraus, der zu einer Konzentration der funktionalen Leistung auf die relationalen Eigenschaften führt. Zu diesem Aspekt wird der Wandel der Präposition wegen als ein Beispiel genommen, wie folgt:

Tabelle (1): Wandel des Gebrauchs der Präposition wegen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Tabelle (1) stellt den Übergang von der Präpositionalphrase von X wegen zu Präposition wegen dar. Der erste Satz beschreibt von X wegen, aus welcher Quelle das Erbe stammt. Danach wird diese Konstruktion im Sinne von von X stammend benutzt, die im zweiten Satz gezeigt wird. Dabei lässt sich die Konstruktion von X wegen als von X stammend paraphrasieren. Der semantische Schwerpunkt verlagert sich auf das Nomen im Genitiv, während die Bedeutung von wegen verblasst. In dem dritten Satz lässt sich feststellen, dass die funktionale Bedeutung dieser Präposition sich gewandelt hat (SZCZEPANIAK 2011: 98). Mit fortschreitender Desemantisierung von wegen wurde das Genitivobjekt immer häufiger nachgestellt, was als sogenannte „Postposition“ bezeichnet wird. Wegen als Postposition kann noch eingenommen werden (Vgl. DUDEN 2009, zitiert nach KVIFTE 2014: 44). Im Ganzen lässt sich zusammenfassen, dass sich die Präposition wegen durch die semantische Differenzierung gewandelt hat.

2.2.2 Morphologische Reduktion

Dieser Faktor wird als eine Erscheinungsform der Grammatikalisierung bezeichnet (LEHMANN & STOLZ 1992: 30). Dabei treten einige Prozesse auf, die LEHMANN & STOLZ (1992: 30) feststellen. Zunächst gehen wir auf den ersten Prozess ein, in dem der finiten Artikel vor einer nominalen Basis ausgelassen wird. Greifen wir hierfür ein Beispiel auf, in welchem die Präposition mit hilff bereits im 17. Jahrhundert ohne Artikel zu finden ist:

(5) Solches kan füglich geschehen/ mit Hülff der Fleisch-ziehlenden Artzeneyen/ als da sind mastix. oliban, myrrha mumia, farina hordii, terra sigillata, sarcocolla, ung: fuscum &c. (Bürger 1692, zitiert nach DWDS Korpora)

Als weiteres Beispiel nehmen wir die Präposition im Bezug auf, die im 18. Jahrhundert ohne den definiten Artikel dem schon vorhanden ist:

(6) Geheime Unterhandlung mit dem Letzern, in Bezug auf meine Mission (Laukhard 1797, zitiert nach DWDS Korpora)

Bei dem zweiten Prozess der morphologischen Reduktion handelt sich um Auslassung der adverbialisierenden primären Präposition. Dieser Prozess wird realisiert, wenn der Gebrauch des Basissubstantivs in präpositionaler Verwendung schon gefestigt ist und somit die Präposition konstituieren kann und die primäre Präposition nicht mehr braucht. Aus diesem Grund enthält die Grammatikalisierung der Präposition häufig diesen Prozess (Vgl. LEHMANN & STOLZ 1992: 31). Folgendes Beispiel (7) verdeutlicht diesen Prozess anschaulich:

(7) Zum andern hab ich angezeigt das er sey in sein schlaffkamer kommen nach laut der Schrift von allen Heiligen bewert vnd augezeigt (WALTHER 1562, zitiert nach DWDS Korpora)

Derhalben wöllen wir / das dieselbige ernstlich getrieben / damit die Jugent nicht wie das Vihe / ohne alle Zucht / erzogen werde / laut des Spruchs: (Braunschweig­Wolfenbüttel 1569, zitiert nach DWDS Korpora)

Wie der erste Satz im Beispiel (7) zeigt, wurde in 16. Jahrhundert die Präposition laut mit der pimären Präposition nach gebraucht. Im Laufe der Grammatikalisierung wird diese adverbialisierende primäre Präposition nach nicht mehr gebraucht und anhand der gelieferten Ergebnisse von DWDS kam diese Präposition schon in dieselber Zeit ohne ihr Basissubstantiv vor.

2.2.3 Angleichung der Stellung

Da es keine primären oder gar grammatischen Postpositionen im Deutschen gibt (LEHMANN & STOLZ 1992: 34), tendieren die Postpositionen bei der fortgeschrittenen Grammatikalisierung dazu, Prästellung anzunehmen (DI MEOLA 2014: 136). Einige Stufen der Grammatikalisierung werden nachfolgend betrachtet.

Gehen wir zunächst auf die syntaktischen Strukturen der geringgefügigen Grammatikalisierung ein, finden wir heraus, dass sie bereits als Postposition reanalysiert werden können, wenn sie in direkter Nachbarschaft stehen wie die Adverbien hinauf, hinab, zunächst, Adjektive wie lang, breit, zuwider, Partizipien wie folgend, mitgerechnet, inbegriffen sowie Präpositionalphrasen wie zum Trotz, zuliebe und zufolge (DI MEOLA 2014: 136).

Die Postpostionen, deren syntaktische Struktur mittleren Grammatikalisierungsgrad beinhalten, zeigen eine Alternation von Post- und Prästellung auf wie z.B. entgegen, entlang, nahe, ungeachtet, gleich, zum Nutzen, wegen usw. (Vgl. DI MEOLA 2014: 136), während die Postpositionen mit dem höchsten syntaktischen Grammatikalisierungsgrad zu reinen Präpositionen geworden sind, wie bezüglich, unbeschadet, getreu oder voll (Vgl. DI MEOLA 2014: 137).

Zweitens betrachten wir die Entwicklung des Übergangs von Zirkumposition zu Prästellung. Folgende Adpositionen, die über niedrigen Grammatikalisierungsgrad verfügen, zeigen ausschließlich Zirkumstellung auf, wie bei Präpositionalphrasen um...willen, bei Adverbialphrasen wie an...vorbei und an...entlang und bei Nebensätzen wie was...betrifft und was...angeht (Vgl. DI MEOLA 2014: 137). DI MEOLA (2014:137) zufolge kann die Struktur dieser drei Typen als Zirkumposition reanalysiert werden, somit wird die klasse der reinen Zirkumposition offen sein. Betrachten wir nun die Zirkumpositionen, die mittleren Grammatikalisierungsgrad enthalten, lässt sich herausfinden, dass diese Adpositionen durch eine Alternation von Zirkum- und Prästellung gekennzeichnet sind, wie z.B. an...Statt/anstatt, an...Stelle (anstelle), an...Rand/am Rand; auf...Kosten/auf Kosten, in...Fall/im Fall, mit...Hilfe/mit Hilfe (mithilfe), zu...Nachteil/zum Nachteil usw. (Vgl. DI MEOLA 2014: 137), während sie mit der höchsten Stufe der Grammatikalisierung zu erreichen sind, wenn die ursprüngliche Stellung überhaupt aufgegeben worden ist wie z.B. gegen...über/gegenüber (DI MEOLA 2014: 137). Besonders wichtig zu beobachten sind ebenfalls die Beispiele, in denen durch Auslassen des ersten Elements aus Zirkumstellung Poststellung ensteht. Dazu ist der Übergang aus bi...in lanc zu entlang (POST) und von...wegen zu wegen (POST) gut zu sehen (DI MEOLA 2014: 137). Der Übergang aus Poststellung zu Prästellung lässt sich ebenfalls herausfinden. Dabei müssen die bestimmten abgeleiteten Adpositionen zu allererst Postposition sein, da infinite Verben ihre Komplemente linksläufig regieren. Danach lassen sich die Postpostionen zur Präpositionen entwickeln z.B. an...statt > statt (POST) > statt (PRÄ) (LEHMANN & STOLZ (1992: 35).

[...]


1 POCCI, Franz (1871): Lustiges Komödiebüchlein. Bd.4. München (aus DWDS Korpora, letzter Zugriff: 2.8.2018).

2 KARSCH, Anna Luist (1764): Auserlesene Gedichte. Berlin (aus DWDS Korpora, letzter Zugriff: 2.8.2018).

3 Nach COUFAL (1999: 6), Zur Entwicklung von Präposition im Deutschen.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Der Wandel der Kasusrektion der Genitiv- und Dativpräpositionen im Deutschen
Untertitel
Theoretische Grundlagen und Korpusanalyse
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
32
Katalognummer
V510823
ISBN (eBook)
9783346080042
ISBN (Buch)
9783346080059
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachwandel, Kasusrektion, wegen, laut, dank, trotz
Arbeit zitieren
Melin F. E. Sibarani (Autor:in), 2018, Der Wandel der Kasusrektion der Genitiv- und Dativpräpositionen im Deutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510823

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