Was ist der Gegenstand der Soziologie?

Überlegungen zu den unterschiedlichen Ansichten des methodologischen Individualismus und des methodologischen Holismus


Hausarbeit, 2011

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

1. Darstellung der individualistischen Position Webers

2. Darstellung der holistischen Position Durkheims

3. Diskussion
a) Allgemeiner und beschränkter Begriff des soziologischen Gegenstandes
b) Die Rolle des Handelns
c) Die Betrachtung des Gegenstandes

4. Die Weiterentwicklung des methodischen Individualismus durch Esser

5. Fazit

Einleitung

Als Student der Soziologie wird man häufig mit der Frage konfrontiert, was man denn in seinem Studium eigentlich lernt, bzw. was die Soziologen denn so machen. Im Fall meiner Fächerkombination von Pädagogik und Soziologie wird aber auch häufig stillschweigend unterstellt, dass ich so etwas Ähnliches wie Sozialpädagogik studiere.

Diese Reaktionen deuten auf eine gewisse Randexistenz der Soziologie in der Öffentlichkeit, aber auch im Rahmen der Hochschule hin, denn schließlich fragt niemand, womit sich Politikwissenschaftler, Philosophen oder Pädagogen beschäftigen.

Bei dem Versuch ein wenig Licht in das Dunkel der Vorstellung über das soziologische Tätigkeitsfeld zu bringen, stelle ich jedoch – nicht nur bei mir selbst - nach dem dritten Semester noch einige Unsicherheiten fest. Betrachtet man die Fülle der Werke, die sich schon mit der Frage nach dem spezifischen Gegenstand der Soziologie befasst haben, wird deutlich, dass diese Frage ein altes und keineswegs gelöstes Problem ist.

In der vorliegenden Arbeit soll es genau um dieses Problem gehen: Was ist der Gegenstand der Soziologie? Dazu habe ich die unten angeführten Texte von Emile Durkheim, Max Weber und Hartmut Esser herangezogen, um die unterschiedlichen Antworten auf diese Frage zweier großer soziologischer Strömungen herauszuarbeiten: die des methodologischen Individualismus und die des methodologischen Holismus. Hierfür stelle ich zunächst die Ansichten Webers und Durkheims kurz dar, um die beiden Positionen voneinander abzugrenzen. Im Folgenden gehe ich auf drei wesentliche Unterschiede der beiden Theorien ein und beleuchte dann die scheinbar integrative Antwort Essers auf diese Frage.

1. Darstellung der individualistischen Position Webers

Max Weber liefert nicht nur eine Definition dessen, was er für den Gegenstand der Soziologie hält, sondern eine Definition der ganzen Disziplin Soziologie: „Eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will.“(Weber, S. 542) Diese Definition macht deutlich, dass durch soziologische Untersuchungen und Analysen kollektive Phänomene erklärt werden sollen. Obwohl laut Weber alle makrosoziologischen Erklärungen auf die individuelle Ebene zurückgeführt werden müssen, ist das Handeln der einzelnen Akteure nicht der eigentliche Gegenstand der Soziologie. Und doch soll die soziologische Analyse genau dort ansetzten: bei den Handlungen der Individuen; denn für Weber ist das Verstehen subjektiver Sinngebung die Voraussetzung für das Erklären sozialer Phänomene. Hierfür muss sich der Soziologe zuerst in die Situation des Akteurs hineinversetzen, um dessen Motive und Beweggründe für sein Handeln deutend verstehen zu können.(Esser, S. 4) Verstehen kann einerseits ein rein intellektuelles Erfassen der Tätigkeit des anderen, des Gehörten oder Gelesenen sein, indem der Soziologe z.B. versteht, dass jemand nach der Türklinke greift, um die Tür zu schließen oder die Aussage 2+2=4 versteht. Weber nennt dies „aktuelles Verstehen“.

Das Verstehen kann aber noch hierüber hinaus gehen, indem der Soziologe das Handeln des Akteurs in einen Sinnzusammenhang bringt. Er versteht, dass jemand die Tür schließt, weil ihm kalt ist oder dass die Aussage 2+2=4 einer kaufmännischen Kalkulation dient. Der Soziologe kann also die Handlung motivationsmäßig nachvollziehen, was Weber „erklärendes Verstehen“ nennt. (Weber, S. 546)

Im nächsten Schritt soll der Handlungsablauf in einer bestimmten Situation erklärt werden. Hierzu benötigt der Soziologe eine Handlungstheorie, die die Entscheidung für eine von mehreren Handlungsmöglichkeiten in einer Handlungssituation erklärt.

Betrachtet man schließlich die Wirkungen, die subjektiv sinnhaftes Handeln nach sich zieht stellt man fest, dass oft vom Akteur unbeabsichtigte und unbemerkte Effekte auftreten, die wiederum Triebkraft für gesellschaftliche Strukturen und Prozesse, wie z.B. die Entwicklung von Städten und Sprachen, sind.(Esser, S. 5)

Die Sinnzusammenhänge der Handlungsabläufe von Individuen sind für Weber das, was das Objekt der Soziologie sein soll und das Verstehen der Handlungen Einzelner ist ihre spezifische Leistung.(Weber, S. 552,555)

Da Weber davon ausgeht, dass soziale Erscheinungen die Ergebnisse des sinnhaften Handelns einzelner Individuen sind, beginnt seine Analyse bei den Menschen selbst. Die oben dargestellte Position Webers, wie soziologisches Verstehen und Erklären ablaufen kann, klingt durchaus plausibel und ist aus der alltäglichen Erfahrungswelt her zugänglich. Ganz unbewusst vollziehen wir tägliche viele solcher Verstehensleistungen. Das aktuelle Verstehen der handelnden Menschen, die uns im Alltag begegnen, läuft ständig unbewusst ab, auch nehmen wir oft automatisch Sinnzuschreibungen des Handelns anderer vor. Demnach stellt sich die Frage, was das spezifisch soziologische an diesem Verstehen ist und inwieweit es wissenschaftlich sein kann, denn Weber selbst spricht von deutendem Verstehen; und Deutung ist immer etwas sehr subjektives.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Was ist der Gegenstand der Soziologie?
Untertitel
Überlegungen zu den unterschiedlichen Ansichten des methodologischen Individualismus und des methodologischen Holismus
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
12
Katalognummer
V177820
ISBN (eBook)
9783640996421
Dateigröße
459 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weber, Durkheim
Arbeit zitieren
H. Kunze (Autor:in), 2011, Was ist der Gegenstand der Soziologie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177820

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