Ein Abgrund von Landesverrat

Die Spiegelaffäre und ihre Anfänge und Folgen


Term Paper, 2007

15 Pages


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1.) Einleitung

2.) Eine Nacht im Maienweg

3.) Onkel Aloys und Fibag

4.) Strauß der Atomminister!?

5.) Bedingt abwehrbereit

6.) Verdacht von Landesverrat

7.) Conrad Ahlers Festnahme in Spanien

8.) Die Aufklärung der Spiegelaffäre zwischen Rache und Berechtigung

9.) Die politischen Folgen der Affäre

10.) Die gesellschaftlichen Folgen der Affäre

11.) Fazit

12.) Literaturangaben

1.) Einleitung

In meiner Hausarbeit möchte ich mich mit der Spiegelaffäre und ihrer Vorgeschichte sowie den gesellschaftlichen Folgen auseinandersetzen.

Es war der 26. Oktober 1962, ein Freitagabend, als die Polizei die Redaktion des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ durchsuchte. Es war gerade Schlussredaktion für die nächste Ausgabe, die am Montag erscheinen sollte. Hinter jedem Redakteur stand nun ein Polizist und die Telefonleitungen waren gekappt. Der Vorwurf gegen die Zeitschrift war immens, Landesverrat in Zeiten des kalten Krieges. Doch war er berechtig? Oder war die Aktion ein Racheakt von Franz Josef Strauß an dem ihm so verhassten „Spiegel“? Seit Jahren hatte der Spiegel immer wieder auf den Verteidigungsminister der CSU geschossen und einige unangenehme Affären aufgedeckt. Die Vorgeschichte zu beleuchten, halte ich für sehr wichtig, denn ohne sie kann man die Spiegelaffäre nicht vollständig erklären und verstehen. Um die Hintergründe besser erfassen zu können, bilden nicht nur Fachliteratur über die Spiegelaffäre, sondern auch Biographien von dem Spiegelherausgeber Rudolf Augstein und dem Verteidigungsminister Franz Josef Strauß meine Arbeitsgrundlage. Nach der Klärung der Hintergründe möchte ich zu den Ereignissen um die Nacht des 26.10.1962 übergehen.

Dabei ich werde mich auch mit dem ausschlaggebenden Artikel „Bedingt abwehrfähig[1] “ auseinandersetzen und durchleuchten, ob er wirklich so geheime Informationen enthielt. Die Verstrickung von Franz Josef Strauß in die Affäre soll in diesem Abschnitt erarbeitet werden.

Die politischen Folgen der Affären waren eher gering, aber die gesellschaftlichen umso höher. Einige Autoren wie Thomas Ramge[2] sehen hier sogar schon die Ansätze zu der späteren Außerparlamentarischen Opposition und der 68-Bewegung.

Diese Fragestellung stellt auch den Abschluss meiner Arbeit dar. Hier möchte ich mich mit den gesellschaftlichen und politischen Ausmaßen des Skandals befassen.

2.) Eine Nacht im Maienweg

„Er war Gast in meinem Hause im Maienweg und benahm sich derart, dass ich gesagt habe: Der nicht!“ (Rudolf Augstein über sein Treffen mit Franz Josef Strauß)

Am 9. März 1957 hatte Rudolf Augstein Franz Josef Strauß, der sich wegen einer Wahlkampfveranstaltung gerade in Hamburg aufhielt, zu einer Herrenrunde in sein Haus im Maienweg eingeladen. Anwesend neben Augstein und Strauß auch noch die Spiegel-Redakteure Hans Schmelz, Horst Mahnke und Leo Brawand sowie der Verlagschef Hans Detlev Becker. Schon vor dem Treffen 1957 war die Beziehung zwischen dem gerade erst Verteidigungsminister gewordenen Strauß und dem Hamburger Nachrichtenmagazin nicht die beste.

Zu Anfang hatte der Spiegel noch milde Töne angeschlagen. Doch inzwischen schossen Augstein und seine Redakteure schon schärfer auf den Bayern, der ihrer Meinung nach Atomwaffen für Deutschland anstrebte. Am 2. Januar 1957 war der erste bitterböse Artikel über Strauß erschienen, in dem die angeblichen atomaren Bestrebungen des Verteidigungsministers scharf kritisiert worden waren.[3] Doch bei der abendlichen Runde kam kein richtig ernsthaftes Gespräch zustande und so blieb es beim Plaudern[4]. Nebenbei flossen der Sekt und das Bier und aus dem Plattenspieler ertönt der Zapfenstreich. Gegen 22 Uhr bricht Franz Josef Strauß auf um den letzten Zug nach München zu nehmen. Augstein und er sehen am Bahnhof jedoch nur noch die Lichter des abfahrenden Zuges und kehren in die Runde zurück. Es wird danach viel getrunken und die Stimmung wird lockerer genau wie die Zunge des Verteidigungsministers. Im Laufe des Gesprächs bezeichnet er die Sowjets als „Sittlichkeitsverbrecher, die man ja auch nicht frei herumlaufen lasse.“[5] Als Hans Schmelz ironisch entgegnet, „Dann schlagen Sie sie doch zusammen.“, poltert Strauß los „Wenn’s so mit mir reden wollt, dann holt’s euch lieber einen Zuhälter oder Ganoven und kein Mitglied der Bundesregierung.“ Was an dem Abend noch weiter gesagt wurde, blieb weitestgehend unbekannt, doch der Eindruck den Franz Josef Strauß hinterließ, prägte Augsteins journalistische Bestrebungen der nächsten Jahre. Seine Parole lautete „der darf nicht Kanzler werden.“ Rudolf Augstein hielt den Verteidigungsminister nach eigener Aussage für einen „Menschen, der zuverlässig unberechenbar ist und den man internationale Politik nur mit größter Vorsicht anvertrauen dürfe.“[6] Das „Sturmgeschütz der Demokratie“ hatte nun ein Ziel und Franz Josef Strauß bot immer wieder Angriffsfläche für die Medienkampagne des Spiegels.

3.) Onkel Aloys und Fibag

„Dieser ungestüme Mann, der insgeheim an Atomwaffen denkt und militanten Katholizismus mit deutscher Sprunghaftigkeit vereint, dieser Mann kann in einer voraussehbaren Weltkonstellation unheilvoll werden“ (Augstein über Strauß)

1957 hatte Franz Josef Strauß die besten Chancen Nachfolger von Konrad Adenauer im Kanzleramt zu werden. Kaum ein Politiker war damals so mächtig und so talentiert wie der Bayer. Er hatte einflussreiche Freunde in der Industrie und der katholischen Kirche und sein Ministeramt war zur Zeit des kalten Krieges eines der wichtigsten. Für ihn sprach auch sein Alter, denn er war ganze 37 Jahre jünger als Adenauer. Für Augstein stellte sich nun die Frage, wie verhindert man den Kanzler Strauß. Die Antworten lieferte der Verteidigungsminister selbst. Strauß wurde so zusagen zu Augsteins Lebensthema. Der Spiegel stürzt sich genüsslich auf jeden Skandal von Strauß.[7] Unter dem Pseudonym Moritz Pfeil listet Augstein immer wieder die Skandale des Bayern auf und spricht dabei sogar von einer „Balkanisierung in Bonn“.

Den ersten Akt dieser bisher einzigartigen Medienkampagne boten die Ungereimtheiten um Kauf des Schützenpanzer HS 30. Insgesamt wurden 4472 Fahrzeuge bestellt, aber nur 2200 geliefert. Der HS 30 stellt sich schnell als gefechtsuntauglich heraus. Der Spiegel deckt jedoch auf, dass insgesamt 18 Millionen DM als Schmiergeld und Provisionen im Umlauf gewesen waren. Der Untersuchungsausschuss konnte nicht herausfinden, wer im Umfeld von Strauß Schmiergelder gezahlt hatte.[8]

Der zweite große Skandal wurde unter dem Namen „Onkel Aloys“ bekannt. Aloys Brandenstein war ein mittelloser Freund der Strauß Gattin Marianne. Er wurde Dank der Empfehlung eines Referenten aus dem Verteidigungsministerium zum Generalbevollmächtigten einer Panzerkettenfabrik ernannt und bekam von Strauß die Aufträge vom Wehrbeschaffungsamt vermittelt. Dafür kassiert er Provisionen in Million Höhe.[9] Dieser Vorgang war nichts anderes als Vetternwirtschaft.

Die dritte große Affäre war die Verstrickung des Verteidigungsministers in die Auftragvergabe an die Finanzbau AG, kurz Fibag. Strauß setzte sich aktiv dafür ein, dass die Finanzbau AG einen Auftrag für den Bau von Wohnungen für die rund 6000 amerikanischen Soldaten in Deutschland bekam. Der Wert des Projektes wurde auf rund 300 Millionen Euro geschätzt. An der Finanzbau AG war pikanterweise auch der Zeitungsverleger und Strauß-Freund Hans Kapfinger beteiligt. Der Deal platzte auf die Spiegel-Reportage hin[10]. Strauß wurde im Untersuchungsverfahren mit knapper Mehrheit von jeder Schuld freigesprochen. Doch schon hier zeigte sich, dass Augstein in seinem „Kampf gegen Strauß“ nicht locker lassen würde.

Franz Josef Strauß selbst fühlte sich als Opfer des „publizistischen“ Terrors aus Hamburg. In seinen Memoiren schreibt er dazu: „Ich wurde damals behandelt wie ein Jude, der es gewagt hätte, auf dem Reichsparteitag der NSDAP aufzutreten.“ Im Februar 1962 erstattete Strauß deswegen Strafanzeige gegen den Spiegel, der ihm im Zusammenhang mit Fibag Bestechlichkeit vorgeworfen hatte. Allerdings verlor er den Prozess. Nicht nur juristisch war Augstein Sieger, sondern auch finanzielle lohnte sich der Rummel. 1962 lag die Auflage des Spiegels schon bei rund 500.000, 1957 waren es noch 267.000 Exemplare pro Woche. Rudolf Augstein hätte in dieser Zeit Strauß eigentlich einen Scheck schicken müssen, für all die Zeitschriften, die er durch ihn verkauft hat.

Doch den wohl heftigsten Angriff auf Strauß startete Augstein in der Spiegelausgabe vom 5.April 1961 mit der Titelstory „Endkampf“. Hier zeichnete er ein Porträt eines Ministers, das „von der Gier nach taktischen Atomwaffen getrieben ist“ und bezeichnet seine Politik als „Selbstmord für die Menschheit“. Dabei zitierte er süffisant die ausländische Presse. So schreibt die englische Zeitung „Daily Mail“ „Die Deutsche Armee zu der stärksten Europas zu machen ist Strauß Traum“ und der „Tribune“ pflichtet bei „Strauß ist getrieben von Ehrgeiz wie von Furien.“

Der Artikel wurde von Augstein als eine Warnung vor Strauß als Bundeskanzler genutzt. Er zeigte darin auch mögliche Konsequenzen einer Kanzlerschaft auf. Die Todesstrafe würde eingeführt, der Bayer würde eine Alleinherrschaft anstreben und militant katholisch regieren.[11]

[...]


[1] Der Artikel erschien in der 41. Ausgabe des Spiegels am 10.10.1962

[2] Ramge, Thomas: Die großen Polit-Skandale. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik. S. 85

[3] Greiwe, Ulrich: Rudolf Augstein S.53

[4] Greiwe, Ulrich: Rudolf Augstein S.52

[5] Köhler, Otto: Rudolf Augstein S. 125

[6] Greiwe, Ulrich: Rudolf Augstein S. 55.

[7] Ramge, Thomas: Die großen Polit-Skandale S.75

[8] Ulrich Greiwes: Rudolf Augstein S.58

[9] Schöps, Joachim: Die Spiegelaffäre des Franz Josef Strauss S.31

[10] Ramge, Thomas: Die großen Polit-Skandale S.74

[11] Greiwe, Ulrich: Rudolf Augstein S. 63f

Excerpt out of 15 pages

Details

Title
Ein Abgrund von Landesverrat
Subtitle
Die Spiegelaffäre und ihre Anfänge und Folgen
College
University of Hannover  (Historisches Seminar)
Course
Die Geschichte der christlichen Demokratie in Deutschland
Author
Year
2007
Pages
15
Catalog Number
V113445
ISBN (eBook)
9783640137916
File size
455 KB
Language
German
Keywords
Abgrund, Landesverrat, Geschichte, Demokratie, Deutschland
Quote paper
Birk Grüling (Author), 2007, Ein Abgrund von Landesverrat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113445

Comments

  • No comments yet.
Look inside the ebook
Title: Ein Abgrund von Landesverrat



Upload papers

Your term paper / thesis:

- Publication as eBook and book
- High royalties for the sales
- Completely free - with ISBN
- It only takes five minutes
- Every paper finds readers

Publish now - it's free