'Iwein, das gute und das schlechte Regiment' - Eine Auseinandersetzung mit Hartmut Kuglers gleichnamigem Aufsatz


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

37 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I) Einleitung

II) Das Fundament. Voraussetzungen: Thomas` von Aquin „De regimine principum“, die „Institutio Traiani“, Johannes` von Salisbury „Policraticus“, die Fresken Ambrogio Lorenzettis und der Begriff der diskursiven Affinitäten
II.1) Die Fürstenspiegel
II.2) Die Fresken Lorenzettis

III) Das Gebäude: Das gute und das schlechte Regiment im „Iwein“ Hartmanns von Aue
III.1) Iwein als Herrscher
III.2) Das Regiment am Artushof
III.3) Iweins Verschulden
III.4) Iweins Regiment im Quellenland
III.5) Brunnenaventiure und Dame von Narison
III.6) Waldlichtung mit und ohne Waldhüter
III.7) Übernachtungsburg ohne und mit Harpin
III.8) Das Brunnenreich nach Iweins Verschwinden
III.9) Der Verlust Laudines und der Verlust der Königin

IV) Zusammenfassung

V) Literaturverzeichnis
Primärliteratur:
Sekundärliteratur:

I) Einleitung

Die germanistische Forschung glaubte, das Strukturschema der mittelalterlichen Artusromane bereits seit langem aufgedeckt zu haben: Der Held verlässt den Artushof, um eine Reihe von âventiuren zu bestehen, ist erfolgreich und erobert sich Frau und Land. Doch an den Artushof zurückgekehrt, gerät er in die Krise. Er wird damit konfrontiert, trotz seiner Erfolge persönlich versagt zu haben und muss noch einmal ausziehen und seine Fehler wieder gut machen, bevor er, rehabilitiert und in seinen Errungenschaften bestätigt, endgültig an den Artushof zurückkehren kann. Wegen dieses zweifachen Auszugs zum äußerlich gleichen Ziel etablierte sich der Begriff des „doppelten cursus“, auch Doppelweg genannt, und ist seitdem aus der mediävistischen Literaturwissenschaft nicht mehr wegzudenken.[1]

Wenn es auch so scheint, als sei damit das Bauprinzip des Artusromans endgültig erkannt, so gelingt es einzelnen Forschern doch immer wieder, ihm neue Aspekte abzugewinnen.

1996 veröffentlichte Hartmut Kugler, Professor für Germanische und Deutsche Philologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, einen faszinierenden Aufsatz zum Iwein Hartmanns von Aue.[2] In ihm beruft er sich auf die organologische Herrschaftsauffassung der Zeit, d.h. auf die Vorstellung, das Gemeinwesen sei bildlich als Körper zu verstehen, dessen Haupt der Herrscher darstelle, welcher die Herrschaft über die übrigen Glieder des Körpers ausübe. Sein Ziel ist es, diese Organologie, die ihm in den Fürstenspiegeln Thomas` von Aquin und Johannes` von Salisbury entgegentritt, auch in Hartmanns „Iwein“ nachzuweisen. Dazu paraphrasiert er die Fürstenspiegel wie folgt: Ein guter Herrscher führe ein gutes Regiment in einem geordneten Gemeinwesen, ein schlechter Herrscher dagegen stürze sein Reich in Chaos. Da es eine Verbindung zwischen dem Herrscher und seinem Herrschaftsbereich gebe, könne man am Zustand des Landes ablesen, ob der Herrscher ein gutes oder ein schlechtes Regiment führt, ob er also ein guter oder ein schlechter Herrscher ist.

Da er weiter annimmt, dass Iwein ein Herrscher ist[3], kommt er zu dem überraschendem Ergebnis, dass auch Iweins Herrscherqualitäten sich in dem Zustand seiner Umgebung spiegeln: solange er sich angemessen verhält, herrsche Eintracht unter den anderen Figuren des Romans und um das Land sei es wohlbestellt, sobald er jedoch seine Artuswürdigkeit verliere, gerieten Land und Leute in Unordnung und Streit.

Kugler kann zu dieser Erkenntnis kommen, weil er sich die unterschiedlichen Handlungen des Romans als sich auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig ereignend vorstellt. Das Hauptgeschehen der Iwein-Handlung sei wie ein Windows-Fenster auf dem PC vorzustellen, hinter dem gleichzeitig noch weitere Fenster der Nebenhandlung geöffnet sein können, ohne dass man sie bemerkt; die verschiedenen Handlungsebenen glichen der Polyphonie in der Musik oder, in einem letzten Bild ausgedrückt, kommunizierten gleichsam miteinander, da sie alle von der Haupthandlung abhingen und sich nach ihr richteten.[4]

Kugler betritt hier Neuland: Hat man in der Forschung bereits ein dicht geknüpftes Netz von Verweisungszusammenhängen der einzelnen âventiuren Iweins vor und nach der Spiegelachse seiner „Zwischeneinkehr“ am Artushof aufeinander erkennen können[5], so hat meines Wissens bisher niemand eine derartige „Tiefenräumlichkeit“[6] erkannt. Das ist in der Tat eine neue Perspektive, die es genauer zu untersuchen gilt. Es ist aber auch eine problematische Perspektive, wie ich hoffe, im Folgenden zeigen zu können. Bevor ich mich dazu mit dem Iwein selbst auseinandersetzen kann, muss ich die Voraussetzungen prüfen, auf denen Kuglers Theorie beruht, denn wenn das Fundament nicht trägt, ist auch das Gebäude nicht stabil.

II) Das Fundament. Voraussetzungen: Thomas` von Aquin „De regimine principum“, die „Institutio Traiani“, Johannes` von Salisbury „Policraticus“, die Fresken Ambrogio Lorenzettis und der Begriff der diskursiven Affinitäten

Selbstbewusst bezieht Kugler sich auf die „alte Vorstellung“ der „organologische[n] Herrschafts- und Staatsauffassung, die im europäischen Hochmittelalter weit verbreitet war“[7] und führt als Beispiele den „Policraticus“ Johannes` von Salisbury und Thomas` von Aquin „De regimine principum“ an.[8] Obwohl er einräumt, dass im Hinblick auf die Ortho-Thematik „De regimine principum“ an das Ende einer Entwicklung zu stellen sei[9], bildet im Ganzen doch Thomas von Aquin den gedanklichen Rahmen seiner Auseinandersetzung mit der Organologie. Man ist also gezwungen, bei ihm eine gewisse Laxheit im Umgang mit der Chronologie zu bemerken: „De regimine principum“ entstand zwischen 1265 und 1266; dagegen fällt Hartmanns literarische Schaffenszeit in die Jahre zwischen 1180 und 1200.[10] Man könnte sogar noch weiter gehen und sagen, dass Hartmann wahrscheinlich längst tot war, bevor Thomas von Aquin geboren wurde, er das Werk des Theologen also gar nicht gekannt haben kann.

Um also Kuglers Interpretation des Iwein historisch abzusichern, muss man prüfen, ob die Aussagen, die Thomas von Aquin zum Herrschaftsaufbau trifft, sich in ähnlicher Weise bei Vorgängern bereits vorgebildet finden und man wird genau registrieren müssen, welche Unterschiede zu verzeichnen sind.

II.1) Die Fürstenspiegel

Betrachtet man die Fürstenspiegeltradition, so kann man erkennen, dass der Gedanke einer Wechselwirkung von Herrschertugend bzw. -tüchtigkeit und Wohlfahrt des Volkes bzw. Fruchtbarkeit der Natur bereits in die Fürstenspiegel der Karolingerzeit eingeschrieben ist.[11] Wilhelm Berges[12] hält dagegen fest, dass von der karolingischen Tradition kein Weg ins Hochmittelalter führt, vielmehr der „Policraticus“ eine Zäsur darstellt, indem er, ohne auf die karolingische Tradition zurückzugreifen, selbst zum Vorbild für die Weiterentwicklung der Gattung wird.[13] Damit weist er auf einen weiteren wichtigen Kritikpunkt hin: Bei aller Entdeckerfreude muss man Fragen der Rezeptions- und Überlieferungsgeschichte im Hinterkopf behalten. Leider hat man im Mittelalter immer mit Lücken im Quellenmaterial zu kämpfen und muss sich deswegen oft mit Vermutungen und Konstruktionen anstelle von Gewissheiten begnügen. Wenn ich mich in dieser Hausarbeit neben „De regimine principum“ mit dem „Policraticus“ und der „Institutio Traiani“ beschäftige, dann weil ihnen in der Entwicklung der Gattung der Fürstenspiegelliteratur Schlüsselstellungen zukommen. Natürlich wäre im Sinne einer weiterführenden Beschäftigung zu prüfen, ob sich Handschriften des „Policraticus“ zu Hartmanns Zeit im Einflussgebiet der Zähringer nachweisen lassen, damit mit einiger Berechtigung angenommen werden kann, Hartmann habe die Handschriften gekannt haben können. Das führt überschreitet jedoch den Rahmen dieser Arbeit, die sich damit zufrieden geben muss, aufgrund der erschlossenen Bedeutung des Werkes und seines Entstehungszeitpunkts[14] die Möglichkeit einzuräumen, dass es Hartmann als Quelle gedient haben könnte.

Zunächst stellt sich die Frage, wie die Organologie und darin die Regiments-Theorie in Thomas von Aquin ausgestaltet sind. Kugler paraphrasiert Thomas von Aquin dahingehend, dass ein schlechter Herrscher, ein rex iniustus, nicht persönlich für die schlechten Auswirkungen seiner Regentschaft verantwortlich sei, dass sich vielmehr der verheerende Zustand des Gemeinwesens von selbst „wie eine ansteckende Krankheit“ im Land verbreite.[15] Der Herrscher sei in diesem Bild der Krankheitsherd, verfüge also über ein gleichsam übernatürliches Charisma, welches sich auf seine Umwelt übertrage.

Das ist so aber nicht korrekt. Thomas von Aquin spricht in „De regimine principum“ nur an sehr wenigen Stellen überhaupt über einen Zusammenhang von Herrscherverhalten und Auswirkungen seiner Regentschaft. Am nächsten kommt dem eine Formulierung, welche die Wohlfahrt von Land und Leuten daran knüpft, von einem einzigen Fürsten regiert zu werden im Gegensatz zu einer gleichzeitigen Herrschaft mehrerer, einer Aristokratie oder in ihrer entarteten Form einer Oligarchie.[16] Das erklärt sich auch sinnvoll aus dem Gesamtzusammenhang: Der Mensch als Gemeinschaftswesen ist auf seine Mitmenschen angewiesen;[17] da jedoch im gemeinsamen Miteinander unterschiedliche und oft auch gegenläufige Interessen zutage treten, bedarf es des Herrschers als koordinierender Kraft, welche für die Gleichgerichtetheit der Handlungen des Staatskörpers sorgt.[18] Ein gutes Regiment ist also Folge eines gelungenen Interessenausgleichs bzw. einer Interessendurchsetzung seitens des Souveräns und nicht einer numinosen Strahlkraft des herrscherlichen Charakters. Überhaupt kommt es auf die Herrscherpersönlichkeit eigentlich nicht an, denn der rex iustus zeichnet sich zwar auch durch einige wünschenswerte Charaktereigenschaften aus, im Wesentlichen aber durch verschiedene Regierungsmaßnahmen, die er zu treffen hat. Und hier liegt in meinen Augen die wesentliche Eigenart der Staatsutopie Thomas` von Aquin: Es ist eine kontraktualistische Theorie, denn das Ideal der konstitutionellen Monarchie wird als relativ beste Verfassungsform hervorgehoben[19], das Königtum ist ein Amt[20] und die Person des Königs austauschbar.[21]

Schon daran kann man erkennen, dass es falsch ist, wenn Kugler sich auf Thomas von Aquin bezieht.

Es ist aber auch von der „symbiotisch engen Verbindung“[22] des Herrschers mit seinem Herrschaftsbereich, die sich nach Kugler vor allem in dem quasi empathischen Einfühlungsvermögen des Herrschers in den in der Natur ausgedrückten göttlichen Willen ausdrückt, zumindest in dem als authentisch Thomas zugeschriebenen Teil der Abhandlung „De regimine principum“[23], nicht viel zu finden. Der Herrscher ist zwar ein „Diener Gottes“[24], doch er richtet sich bei der Ausübung der Herrschaft nach der „Vernunft“[25] und dem „Nutzen“.[26] Damit er nicht in einen Widerstreit der Pflichten gerät, wird der Herrscher nach der thomasischen Lehre versuchen, die Vernunft mit dem göttlichen Willen in Übereinstimmung zu bringen; es ist jedoch nicht zu übersehen, dass im Ganzen „De regimine principum“ einem sehr viel säkulareren Herrschaftsverständnis das Wort redet, als beispielsweise der „Policraticus“. Wieder scheint Kugler Thomas von Aquin nicht genau gelesen zu haben.

Nun können wir uns dem „Policraticus“ zuwenden und damit auch der „Institutio Traiani“. Es ist wichtig, die „Institutio Traiani“ in diese Untersuchung miteinzubeziehen, auch wenn sie in der Gattungsgeschichte der Fürstenspiegelliteratur kaum auf die nachfolgenden Schriften eingewirkt hat[27], weil sie von Johannes von Salisbury aufgegriffen und in sein Werk eingebaut worden ist. Sie ist zudem einer der ersten Fürstenspiegel, der die organologische Staatsauffassung konsequent ausgestaltet[28] und von der deshalb Aufschlüsse über die von Kugler vermutete Existenz einer Regiments-Theorie zu erwarten sind.

Der anonyme Verfasser der „Institutio Traiani“[29] schreibt, man solle sich bemühen, den Geist einer Schrift zu verstehen, und nicht sich sich an der Textoberfläche festzuhalten.[30] Sich an dieses methodische Postulat zu halten, gestaltet sich im Fall der „Institutio Traiani“ ein wenig schwierig, denn gerade wenn es darum geht, in die subtilen Feinheiten der Gradunterschiede der „Regiments-Theorie“ einzusteigen, wird man enttäuscht. Zwar gibt der Text tatsächlich Hinweise auf eine Wechselbeziehung zwischen dem Herrscher und seinem Herrschaftsbereich; diese sind aber leider nicht so eindeutig, wie man es sich gerne wünschen würde, denn sie sind im Allgemeinen nicht weiter ausgeführt oder erklärt. So ist es schwierig, Widersprüche aufzulösen.

Als gesichert kann man festhalten, dass die „Institutio“ den Staat als Organismus

begreift[31], dessen einzelne Teile gemeinsam zum Wohlergehen des Ganzen beitragen.[32] Insofern trägt der Herrscher auch nicht die Alleinverantwortung für die Wohlfahrt des Gemeinwesens, obwohl er natürlich als caput rei publicae die lenkende Funktion innehat. Es scheint so zu sein, als wirke er auf mindestens zweifache Weise auf den Staat ein: zum einen durch sein persönliches Beispiel[33], zum anderen durch die Maßnahmen, die er als Regent trifft und die ihn in der Fürsorgepflicht gegenüber seinen Untertanen zeigen.[34] Dass sich das Charisma des Herrschers von selbst auf seine Umwelt überträgt, wie von Kugler behauptet, kann an dieser Stelle nicht bestätigt werden; vielmehr bemerken Kloft und Kerner in ihrem Kommentar zur Institutio Traiani, es finde mittels der Augen, Ohren und Zunge (also im weitesten Sinne mittels der „Verwaltungsbeamten“) Kommunikation zwischen dem Kopf des Gemeinwesens und seinen Gliedmaßen statt.[35] Gleichzeitig aber weisen beide auf die stoische Methexis und Sympathielehre hin, die Vorläufer solcher Gedanken gewesen ist und die sie schon bei Seneca erkennen können und in der Institutio auf den Staat übertragen sehen.[36] Es ist diese Stelle tatsächlich problematisch, weil nicht eindeutig zu erkennen ist, ob es hier lediglich unterlassen wurde, zu erwähnen, auf welche Weise sich die Unversehrtheit des Herrschers auf die Gesamtheit der Untertanen auswirkt, ob man also wieder von konkreten Maßnahmen im Sinne einer Befolgung der officia regis auszugehen hat, oder ob hier tatsächlich im Sinne Kuglers die Verfassung des Staatsoberhauptes auf mysteriöse Weise auf den Zustand des Staatskörpers einwirkt. Ich muss diese Frage leider offen lassen, gebe aber zu bedenken, dass es letztlich darauf ankommt, wie Johannes von Salisbury diese Aussage rezipiert hat, da von der „Institutio“, wie oben bemerkt, keine weiteren Anregungen auf die nachfolgende Literatur ausgegangen sind.

Johannes von Salisbury übernimmt diese Stelle denn auch wörtlich, wie er überhaupt die funktional stratifizierte Organologie der „Institutio“ in seinen „Policraticus“ einfügt. Doch wenn man versucht, die Kernaussage seines Fürstenspiegels zu erfassen, erkennt man, dass die „Institutio“ insgesamt funktionalisiert wird, um einer Hierokratie[36], eigentlich einer Theokratie das Wort zu reden. Viel stärker als in „De regimine principum“ wird betont, dass der Herrscher sein Herrscheramt von Gottes Gnaden empfangen hat[37], als Instrument Gottes dient[38] und vor allem die Exekution des göttlichen Willens zu besorgen hat.[39] Wie sehr viel traditioneller als der Kontraktualismus Thomas` von Aquin!

[...]


[1] Klassisch geworden ist die Definition Walter Haugs, u.a nachzulesen in Haug, Walter: Literaturtheorie im deutschen Mittelalter. Von den Anfängen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Eine Einführung. Darmstadt 1985. S. 98f. Einen guten Überblick über die „Entdeckung“ des Doppelwegs im Artusroman bietet Elisabeth Schmid: Schmid, Elisabeth: Weg mit dem Doppelweg. Wider eine Selbstverständlichkeit der germanistischen Artusforschung. In: Wolfzettel, Friedrich (Hrsg.): Erzählstrukturen der Artusliteratur. Forschungsgeschichte und neue Ansätze. Tübingen 1999. S. 69-85. Sie rekapituliert und kritisiert den Gang der Forschung, kann sich aber nicht vom Doppelweg lösen und bleibt deswegen letztlich hinter ihrem eigenen Anspruch zurück.

[2] Kugler, Hartmut: Iwein, das gute und das schlechte Regiment. In: Oxford German Studies 25 (1996), S. 90-118.

[3] wobei „Herrschaft“ nicht wörtlich verstanden werden soll; seine Herrschaft meint übertragen eine Herrschaft auf der „Metaebene“, Vgl. Kugler, S. 97.

[4] Hier übernimmt Kugler von Bachtin den Begriff der „Dialogizität“ und wandelt ihn für seine Zwecke leicht ab; Vgl. Kugler, S. 98.

[5] Haug, Walter: Die Wahrheit der Fiktion. Studien zur weltlichen und geistlichen Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Tübingen 2003. S. 227. Auch: Linke, Hansjürgen: Epische Strukturen in der Dichtung Hartmanns von Aue. Untersuchungen zur Formkritik, Werkstruktur und Vortragsgliederung. München 1968.

[6] Kugler, S. 114.

[7] Ders., S. 91.

[8] Ders., Ebd.f.

[9] Kugler verwendet die Partikel „noch“: „Die alte Vorstellung, dass Herrscher und Herrschaft sich verhielten wie Haupt und Glieder eines Körpers, prägt den Policraticus des Johannes von Salisbury und findet sich theoretisch aufgehoben noch in Thomas` von Aquin Schrift De regimine principum.“; Ebd.

[10] Christoph Cormeau und Wilhelm Störmer datieren den „Iwein“ in die ersten Jahre des 13. Jahrhunderts. Dazu: Cormeau, Christoph; Störmer, Wilhelm: Hartmann von Aue. Epoche- Werk- Wirkung. München 1985. S. 31.

[11] Es gibt z.B. im „Liber de rectoribus christianis“ des Sedulius Scottus ein „Korrelatverhältnis zwischen Herrschertugend, segensreicher Natur und Wohl des Volkes“ und Hinkmar von Reims hat die Ideen der Zeit in „De regis persona et regio ministerio“ noch einmal gesammelt vorgetragen. Dazu Anton, H.H.: Artikel „Fürstenspiegel“. In: Lexikon des Mittelalters. Hrsg. von Robert-Henri Bautier [...]. Bd. 4, München, Zürich 1989. Sp. 1040-1049.

[12] Berges, Wilhelm: Die Fürstenspiegel des hohen und späten Mittelalters. Leipzig 1938.

[13] Ders., S. 3f.; Auch Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. Bd. 2. München 1986. S. 383.

[14] Der „Policraticus“ entstand 1159.

[15] Kugler, S. 92.

[16] „E contrario vero provinciae et civitates, quae sub uno rege reguntur, pace gaudent, iustitia florent, et affluentia rerum laetantur.“; Buch I Kap. 2, Mathis S. 4; auch „ [...] quia dissentientibus principibus consequens est ut in multitudine sequatur dissensio.“; Buch I Kap. 5, Mathis S. 6.

[17] Buch I Kap. 1, Mathis S. 1f.

[18] „Multis enim existentibus hominibus et onoquoque id, quod est sibi congruum, providente, multitudo in diversa dispergeretur, nisi etiam esset aliquis de eo, quod ad bonum multitudinis, pertinet, curam habens [...].“; Buch I Kap. 1, Mathis S. 2.

[19] Buch I Kap. 6.

[20] Ebd., Kap. 7.

[21] „Primo quidem, si ad ius multitudinis alicuius pertineat sibi providere de rege, non iniuste ab eadem rex institutus potest destrui vel refrenari eius potestas, si potestate regia tyrannice abulatur.“ Buch I Kap. 6, Mathis S. 7f.

[22] Kugler, S. 92.

[23] Er deckt sich mit der Teilübersetzung Schreyvogels und Matzens; Vgl. Matz, Ulrich: Nachwort. In: Thomas von Aquin: Über die Herrschaft der Fürsten. Übersetzung von Friedrich Schreyvogel. Stuttgart 2004. S. 80.

[24] „minister Dei“; Buch I Kap. 8, Mathis S. 10.

[25] „ratio“; Buch I Kap. 2, Mathis S. 3.

[26] „utilitas“; Buch I Kap., Mathis Ebd.

[27] Berges, S. 42.

[28] Anton, Sp. 1044.

[29] Über die Fragen der Verfasserschaft herrscht eine wissenschaftliche Kontroverse. Kloft und Kerner gehen davon aus, dass die „Institutio“, wenn auch antikisierend geschrieben, nicht antiken, sondern mittelalterlichen Ursprungs ist, anonym verfasst wurde und Johannes von Salisbury als Vorlage für seinen „Policraticus“ gedient habe. Dazu: Kerner, Max: Die Institutio Traiani und Johannes von Salisbury, ein mittelalterlicher Autor und sein Text. In: Kloft, Hans; Kerner, Maximilian (Hrsg.): Die Institutio Traiani. Ein pseudo-plutarchischer Text im Mittelalter. Text- Kommentar- Zeitgenössischer Hintergrund. Stuttgart 1992. S. 93-124.

[30] „Quae omnia sillabatim exequi servilis interpretationis est quae potius affectat speciem quam vires auctoris exprimere.“; Institutio Kap.II, S. 12, Z. 8ff.

[31] In der „Institutio Traiani“ wird das Bild vom Staat als Körper sehr deutlich ausgeführt. Hier nimmt der Herrscher („Princeps“, Institutio Kap. II, S. 11, Z. 1, der Erste, der Führer; Ddazu Kloft, Kerner, S. 11.) die Stelle des Kopfes ein, der Senat die des Herzens. Augen, Ohren und Zunge werden von den Statthaltern symbolisiert, die Hände von Beamten und Kriegern. Es folgen als Flanke die Gehilfen des Königs („qui semper adsistunt principi“, Institutio Kap. II, S. 11, Z. 9f.), als Verdauungstrakt die Finanzverwalter und als Füße und damit Basis des Körpers die Bauern (Das gesamte Bild zu finden in Institutio Kap. II, S. 11.).

[32] Es wird ausdrücklich erwähnt, dass die Habgier der Finanzverwalter eine Krankheit sei, die den ganzen Körper angreifen könne: „Quaestores et commentarienses [...] ad ventris et intestinorum refert imaginem. Quae, si immensa aviditate congesserint et congesta tenacius reservaverint, innumerabiles et incurabiles generant morbos, ut vitio eorum totius corporis ruina immineat.”; Institutio Kap. II, S. 11, Z. 10-17. Ebenso wird von den Bauern ausgesagt, das Gemeinwesen sei ohne sie nicht überlebensfähig: „Pedium adminicula robustissimi corpore tolle, suis viribus non procedet sed aut turpiter inutiliter et moleste manibus repet aut brutorum animalium more movebitur.“; Institutio Kap.II, S. 12, Z. 1-4. Ohne das Heer schließlich sei eine Herrschaft gleichsam verstümmelt: „Nec tamen propositum meum est rei militaris hic artem tradere quae quidem maxima est et pernecessaria et sine qua [...] mancus quilibet intellegitur principatus.“; Institutio Kap.IX b, S. 25, Z. 2-5.

[33] „In summa ergo quattuor sunt quae nititur rei publicae principibus inculcare: reverentiam Dei, cultum sui, disciplinam officialium et potestatum, affectum et protectionem subditorum. Deum ergo in primis asserit honorandum; deinde seipsum colendum unicuique et secundum quod apostolus sentit [...] unusquisque vas suum possideat in sanctificatione et honore; post ut doctrinam praepositi totius disciplina domus redoleat [...]“; Institutio, Kap.III, S. 13, Z. 5-14. Ebenso: „Est ergo primum omnium ut princeps se totum metiatur et quid in toto corpore rei publicae, cuius vice fruatur, diligenter advertat.“; Institutio, Kap. II, S. 10, Z. 9ff. Eigene Hervorhebungen.

[34] „Hoc autem in summa colligitur, ut quae in re publica humiliora sunt, maiorum officio diligentius conserventur.“; Institutio, Kap. XIII, S. 28, Z.5ff.

[35] Kloft, Kerner, S. 53.

[36] Dies., S. 61. Sie beziehen sich auf die Aussage „post ut [...] tandem universitas subiectorum de capitis praepositorum sibi incolumitate letetur.“; Institutio, Kap. III, S. 13, Z.13-16.

[36] Vgl. Berges, S. 141.

[37] „Qui enim gladium accipit, gladio dignus est interire. Sed accipere intellegitur qui eum propria temeritate usurpat, non qui utendi eo accipit a Domino potestatem.“; Buch III Kap. 15, Webb Bd. 1,S. 232, Z.19-2.

[38] „Quod igitur princeps potest, ita a Deo est, ut potestas a Domino non recedat, sed ea utitur per subpositam manum, in omnibus doctrinam faciens clementiae aut iustitiae suae.“; Buch IV Kap. 1, Webb Bd.1, S. 236, Z. 8-11; „Athila flagellum Dei“; Buch IV Kap. 1, Webb Bd.1, S. 236, Z. 18f.; „Ministros Dei tamen tirannos esse non abnego, qui in utroque primatu, scilicet animarum et corporum, iusto suo iudicio esse voluit per quos punirentur mali et corrigerentur et exercerentur boni.“; Buch XIII Kap. 18, Webb Bd. 2, S. 358, Z. 7-10; „Ergo et tiranni potestas bona quidem est, tirannide tamen nichil [sic!] est peius.“; Buch VIII Kap. 18, Webb Bd. 2, S. 359, Z. 22f.

[39] „At ne ipsum principem usquequaque solutum legibus opineris, audi quam legem imponat principibus Rex magnus super omnem terram terribilis et qui aufert spiritum principum [...].“; Buch IV Kap. 4, Webb Bd. 1, S. 244, Z. 15-18; „Est ergo tirannus, ut eum philosophi depinxerunt, qui violenta dominatione populum premit, sicut qui legibus regit princeps est.“; Buch VIII Kap. 17, Webb Bd.2, S. 345, Z. 8-11.

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Details

Titel
'Iwein, das gute und das schlechte Regiment' - Eine Auseinandersetzung mit Hartmut Kuglers gleichnamigem Aufsatz
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Germanistisches Seminar)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
37
Katalognummer
V88762
ISBN (eBook)
9783638032193
ISBN (Buch)
9783638930239
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dozentenkommentar: "Gründliche Auseinandersetzung mit Kuglers Aufsatz, differenzierte, an den Quellen entwickelte Kritik, stringente Darstellung. Die Arbeit reflektiert auf hohem Niveau."
Schlagworte
Iwein, Regiment, Eine, Auseinandersetzung, Hartmut, Kuglers, Aufsatz
Arbeit zitieren
Sonja Riedel (Autor:in), 2006, 'Iwein, das gute und das schlechte Regiment' - Eine Auseinandersetzung mit Hartmut Kuglers gleichnamigem Aufsatz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88762

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