Abbé Sieyès

Emmanuel Joseph Sieyès


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Biografie – wer war Emmanuel J. Sieyès alias Abbé Sieyès?

3. In den Wirrungen der französischen Revolution
3.1. Der zeitgeschichtliche Hintergrund
3.2. Abbé Sieyès’ Rolle in der französischen Revolution

4. Seine Schriften – Qu’est-ce que le Tiers état?

5. Konstruktion der Gesellschaft
5.1. Der Staat
5.2. Der Bürger
5.3. Die Gesellschaft

6. Verfassungstheoretische Einbindung seiner Gedanken
6.1. Ansicht über die Souveränität
6.2. Ansicht über die Repräsentation

7. Sieyès’ Bibliographie

8. Fazit

9. Literatur

10. Anhang

11. Erklärung über die Selbstständigkeit

1. Einleitung

In der vorliegenden Hausarbeit werde ich mich mit dem Leben, Schaffen und letztendlich auch den Werken von Abbé Sieyès alias Emmanuel Joseph Sieyès beschäftigen. Von Relevanz für das öffentliche Rechtseminar ist seine Gestalt aufgrund der mannigfaltigen Veröffentlichungen oder zumindest der vielen Schriften über Staatsverfassungen. Er hat sich viele Gedanken über die unterschiedlichsten Ausgestaltungen von Verfassungen gemacht, wobei er den Naturzustand nicht vergaß. Hier stimmt er prinzipiell mit Locke überein, was durch die Betonung der Freiheitsrechte und einem generell liberalen Menschenbild ersichtlich wird.

Für Sieyès ist die Repräsentation von größter Bedeutung. So war er der erste vehemente Verfechter einer Repräsentativverfassung, in der fähige Auserwählte mit bestimmten Voraussetzungen das Volk vertraten. Außerdem äußert er sich kritisch über die Souveränität.

Zuerst werde ich einen Überblick über das Leben von Sieyès liefern, um im Anschluss sein Leben kurz in den zeitgeschichtlichen Hintergrund einzubetten. Hier beleuchte ich anhand von Zitaten von unterschiedlichsten Leuten seine Rolle in der Französischen Revolution. Bevor ich dann zu seiner Gesellschaftskonstruktion komme, erläutere ich zunächst die wichtigsten Punkte aus seinem Werk Qu’est-ce que le Tiers état?. In Punkt sechs geht es um Repräsentation und Souveränität in einer Nation. Anschließend nenne ich noch einige seiner Werke und komme dann zu einem Fazit.

2. Biografie – wer war Emmanuel J. Sieyès alias Abbé Sieyès?

Am 3. Mai des Jahres 1748 kam in Fréjus in Südfrankreich Emmanuel Joseph Sieyès als fünftes Kind des königlichen Posthalters und Steuereinnehmer Honoré Sieyès und Madame Honoré Sieyès an der Mittelmeerküste zwischen Nizza und Marseille zur Welt.1

Im November 1765 fängt er an im Seminar von Saint-Sulpice in Paris zu studieren. Er studiert hier bis Juli 1772, um die Priesterweihe zu erlangen.

Drei Jahre später wird er Sekretär des Bischofs von Tréguier in der Bretagne und steigt von hier 1780 zum Generalvikar des Bischofs von Chartres, welcher vorher der Bischof von Tréguier war, auf. Bevor Sieyès im Jahre der Revolution Qu’est-ce que le Tiers état? schreibt, ist er zwischen 1787 und 1788 als Vertreter des Klerus der Diözese Chartres auf der Provinzialversammlung in Orléans.

Anfang Mai 1789 findet die Eröffnung der drei Generalstände in Versailles statt. Zwei Wochen später wird Sieyès als Abgeordneter des Dritten Standes der Stadt Paris gewählt. Am 17. Juni 1789 erklärt sich der Dritte Stand zur verfassungsgebenden Nationalversammlung. Es kommt zum Ballhausschwur und am 14. Juli schließlich dann zum Sturm auf die Bastille.

Im selben Monat verfasst Sieyès die Einleitung der französischen Verfassung in Préliminaire de la Constitution Française. Reconnaissance et exposition raisonnée des Droits de l’Homme et du Citoyen. Einher mit dieser Arbeit geht die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte im August 1789. Gleichzeitig werden die Feudalrechte und Privilegien des Ersten und Zweiten Standes abgeschafft, sowie Einrichtungen wie Klöster, Feudalgerichte, Parlamente, Zünfte und Korporationen bis März 1791 geschlossen. Juni 1790 ist Sieyès für wenige Wochen turnusgemäß Präsident der Nationalversammlung. Ein halbes Jahr später, im März 1791, soll Sieyès Pariser Bischof werden, was er allerdings ablehnt. Noch mal drei Monate danach scheitert ein Fluchtversuch der königlichen Familie in Varennes.

Am 3. September 1791 gibt sich Frankreich seine erste Verfassung und wird somit eine konstitutionelle Monarchie. Am 1. Oktober findet die Eröffnungssitzung der Legislativ statt. Im August 1792 kommt es dann zu der Erstürmung der Tuilerien und der Suspendierung des Königtums.

Im Herbst 1792 wählt man Sieyès in den Konvent und dieser errichtet in

Frankreich „die eine und unteilbare Republik“2.

Im Januar 1793 stimmt Sieyès für den Tod des Königs Ludwig XVI, welcher dann am 21. Januar hingerichtet wird. Sieyès wird Mitglied des neuen Verfassungsausschusses. Mehr als zwei Jahre später wird das erste Direktorium unter Napoleon gebildet und am 21. November 1796 übernimmt Sieyès das Amt des Präsidenten des Rats der 500.

Mai 1799, nach seiner Rückkehr als Sonderbotschafter aus Berlin, wird er Mitglied des Direktoriums und im Juni dessen Präsident.

Dezember 1799 wird er Präsident des Senats. Nachdem Napoleon 1804 zum Kaiser Frankreichs gekrönt ist, erhebt dieser Sieyès vier Jahre später in den Grafenstand.

Am 3. April 1814 unterzeichnet er als Senator die Abdankungsurkunde Napoleons, welcher auf die Insel Elba verbannt wird.

Der neue König, dessen Vater er zum Tode mit verurteilt hatte, verbannt ihn lebenslänglich aufgrund seiner Rolle als Königsmörder. Er lebt im Exil in Brüssel, von wo er 1830 zurückkehrt als Karl X. den Thron bestiegen hat. Er stirbt am 20. Juni 1836 in Paris im hohen Alter von 88 Jahren.

3. In den Wirrungen der französischen Revolution

3.1. Der zeitgeschichtliche Hintergrund

Im Jahre 1789 befand sich die französische Monarchie in einer tiefen Krise. Neben politischen und wirtschaftlichen Problemen waren die eigentlich größten Probleme sozialer Herkunft. Das Klassenbewusstsein, das dem politischen System entsprang, durchdrang das gesamte gesellschaftliche Leben, aber vielmehr bestimmte es den Werdegang jedes Einzelnen in geradezu ungerechter Weise. Das Volk fing an, sich gegen das System zu wehren. So kam es auch zur Einberufung der Generalstände am 5. Mai 1789. In der sogenannten Ständerversammlung wurde nach Ständen abgestimmt. Es gab drei Stände: die Geistlichkeit, den Adel und den Dritten Stand, welcher aus Repräsentanten des Volkes bestand. Diese repräsentierten circa 95% der Gesamtbevölkerung, wurden aber bei den Abstimmungen regelmäßig überstimmt, da nach Ständen abgestimmt wurde. Abbé Sieyès wurde zum Wortführer und sprach sich vehement dafür aus, die Stände nach Köpfen abstimmen zu lassen, um die Abstimmungen gerechter zu machen. In einem zweiten Schritt ging er allerdings weiter und betonte, dass nur eine eigene Nationalversammlung des Dritten Standes eine gerechte Repräsentation bringen würde.

Der 17. Juni 1789, der der eigentliche Nationalfeiertag Frankreichs sein sollte, war der Tag, an dem der Dritte Stand sich dann zur Nationalversammlung ausrief und die verfassungsgebende Gewalt als Vertreter des Volkes beanspruchte.

Dieser erste Aufstand kam von unten und war gegen die Obrigkeit, den König gerichtet. Der 18. Brumaire 1799 hingegen war ein Staatsstreich von oben, welchen Napoleon und Sieyès gemeinsam geplant hatten. Das System, das errichtet werden sollte und von Sieyès ausgedacht war, entpuppte sich als autoritär angehaucht bedingt durch die Erlebnisse und Erkenntnisse aus den Zeiten des Direktoriums. Napoleon jedoch errichtete stattdessen eine verdeckte Alleinherrschaft3, wollte Sieyès zum zweiten Konsul ernennen, dieser lehnte aber beleidigt ab und fühlte sich ausgenutzt und hintergangen.

3.2. Abbé Sieyès’ Rolle in der französischen Revolution

„Nun gibt es also einen Mann in Frankreich! Einen Mann, der berufen ist, uns in der Nationalversammlung, die unser Schicksal bestimmen wird, als Führer zu dienen.“4

Dieses Zitat stammt von dem Comte de Mirabeau aus einem Brief an Abbé Sieyès. Er schreibt ihm die Rolle des Anführers zu und in der Tat war es niemand anderes, der durch seine schriftlichen Anträge im Parlament und dem „Wachküssen“ der Öffentlichkeit - dies belegen die rasant steigenden Auflagenzahlen des Qu’est-ce que le Tiers état? von damals – soviel zum unblutigen ersten Akt der Französischen Revolution beigetragen hat.5

„Die von Sieyes entworfene Deklaration sei aufgrund der Entdeckung des Dritten Standes ebenso gewaltig und in ihren Wirkungen ebenso weitreichend wie die Entdeckung der beiden Amerikas, des Buchdrucks, des Dampfschiffs oder der Himmelsgesetze.“6

Auch dieses Zitat, das von Sieyès’ eigener Beerdigung stammt, macht deutlich, dass er eine herausragende Stellung in den wirren Zeiten der Französischen Revolution inne hatte.

In Hinblick auf Sieyès’ Schaffen an verschiedenen konstitutionellen Verfassungen für den französischen Staat sagte der Philosoph und Staatstheoretiker Edmund Burke spöttisch, dass Sieyès

„has whole nests of pigeon-holes full of constitutions ready made, ticketed, sorted and numbered; suited to every season and every fancy; some with the top of the pattern at the bottom, and some with the bottom at the top; some plain, some flowered; some distinguished for their simplicity; others for their complexity; some of blood colour; some of bue de Paris; some with directories, others without a direction; some with councils of elders, and councils of youngsters; some without any council at all.“7

Seine herausragenden Qualitäten in Ausdruck und Stil und sein unnachahmliches Gespür für den Zeitgeist haben ihn bis Ende des 18. Jahrhunderts zu einem der „Anführer“ der Französischen Revolution gemacht:

„[...] M. Sieyès has all that is needed to please the common reader: a staccato style, a decisive tone, bold assertions and new ideas; opinions that were so well suited to the taste of the day managed both to arouse the curiosity and assuage the anxieties of most of his readers.“8

Diese außergewöhnliche und unabhängige9 Stellung verliert er als er sich von Napoleon in die seinige Sache einspannen lässt und durch Ämterhäufung und Adelsauszeichnungen korrumpiert wird.

[...]


1 Vgl. Thomas Hafen: S. 9, 1994.

2 Vgl. Thomas Hafen: S. 333, 1994.

3 Vgl. http://www.nzz.ch/2002/08/24/li/article83904.html.

4 Alois Riklin: S. 9, 2001.

5 Alois Riklin: S. 18, 2001.

6 Unbekannter Redner auf Sieyès’ Beerdigung aus Alois Riklin: S. 18, 2001.

7 Michael Sonenscher: S. 74, 2007.

8 Michael Sonenscher: S. 70, 2007.

9 Unabhängig im Sinne von dass er sich niemandem gegenüber verpflichtet fühlen muss. Napoleon kommt erst später in sein Leben und der Kirchenstand hat ihn vermutlich schon früher „aufgegeben“.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Abbé Sieyès
Untertitel
Emmanuel Joseph Sieyès
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Rechtswissenschaften)
Veranstaltung
Probleme des Verfassungsrechts
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V117091
ISBN (eBook)
9783640194773
ISBN (Buch)
9783640194926
Dateigröße
574 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Abbé, Sieyès, Probleme, Verfassungsrechts
Arbeit zitieren
stud. pol. Gerrit Achenbach (Autor:in), 2008, Abbé Sieyès , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117091

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Titel: Abbé Sieyès



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