Rijswijk 1697 - Das Zeremoniellwesen des Friedenskongresses und inoffizielle Direktverhandlungen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A) Der Pfälzer Erbfolgekrieg 1688 – 1697

B) Der Friedenskongress - Verhandlungen vom 09. Mai 1697
bis zum 20. September / 30. Oktober 1697
1.) Ortswahl und Kongresseröffnung
2.) Teilnehmer des Friedenskongresses
3.) Die französischen Präliminarien
4.) Die Vermittlerrolle Schwedens
5.) Diplomatische Strategien und Ziele einzelner Parteien
6.) Geheimverhandlungen anstelle öffentlicher Gespräche
7.) Zeremonielle „Stolpersteine“ für den Friedenschluss
8.) Scheinbare „Bedeutungslosigkeit“ des Zeremoniells?

C) Ergebnisse in Form von Thesen

Literaturverzeichnis

A) Der Pfälzer Erbfolgekrieg 1688 – 1697

„Vous serez brûlés“![1] Mit diesen Worten versucht der französische Kommandant von Fort Louis dem badischen Beamten, welcher sich aufgrund des widerrechtlichen Einrichtens eines französischen Brückenkopfes auf bayrischem Hoheitsgebiet echauffiert, klarzumachen, womit im Falle von geleistetem Widerstand gegen seine Majestät Ludwig XIV. zu rechnen sei. In der Tat erlässt der allerchristlichste König am bereits darauf folgenden Tag, dem 24. September 1688, ein Manifest, welches seinen ebenfalls an diesem Tag vollzogenen Einfall in deutsches Territorium begründet.[2] Es ist ein Präventivschlag gegen das Reich, und sei somit ein Präventivschlag gegen die aufkeimende antifranzösische Koalition. Als Kriegsvorwände dienen dem französischen König Erbansprüche in der Pfalz sowie die umstrittene Wahl des Kölner Erzbischofs aus dem Hause Wittelsbach anstelle des bevorzugten Bischofs von Straßburg.[3] Die Erbansprüche Ludwigs XIV. resultieren aus der Heirat zwischen Liselotte von der Pfalz, Schwester des verstorbenen, kinderlosen Kurfürsten der Pfalz, und dem Bruder des Königs, dem Herzog von Orleans.[4]

Die Franzosen sind sehr am Kriegsverlauf zwischen dem kaiserlichen Österreich und den Osmanen interessiert, da der Kaiser und das deutsche Reich durch diese in Schach gehalten werden kann.[5] Der Fall Belgrads vom 06. September lässt jedoch auf ein baldiges Ende des Türkenkrieges schließen, woraufhin der Kaiser die besagte Bedrängnissituation überstanden hätte, um sich nun gegen Frankreich zu wenden.[6]

Frankreichs erstes politisches Ziel besteht daher aus dem Gewinn von Faustpfändern, welche zur endgültigen Anerkennung französischer Reunionen führen sollen. So fällt die Feste Phillipsburg am 29. Oktober in französische Hände. Ein erster militärischer Feldzug ist nun zu Ende, doch beginnt nun ein Steifzug plündernder Soldaten durch ganz Württemberg.[7] Diese Streifzüge, kombiniert mit einer entsprechenden französischen Entfestigungspolitik des feindlichen Grenzgebietes binden jedoch die Grenzstände des Reichs an den Kaiser und ermutigen ganz Deutschland zur Gegenwehr.[8] Auch die holländischen Generalstaaten und England, beide miteinander verbunden durch Personalunion Wilhelms von Oranien, sorgen nun für einen Umschwung in der europäischen Politik: ein Kurs der Eindämmung französischer Hegemonie wird eingeschlagen. Dies begründet sich darin, dass der französische König nach der Landung des Oraniers in Brixham den Generalstaaten den Krieg erklärt und nun offen ersichtlich Wilhelms englischen Widersacher, Jakob II. unterstützt.[9]

Die Problematik die sich jetzt für die Franzosen ergibt ist einerseits auf die militärische Übermacht der Gegenseite, andererseits auf die Strategie eines kurzen Krieges mit raschem Friedenschluss zurückzuführen. So entwickelt sich der Pfälzer Erbfolgekrieg zu einem „rationalistisch geführten Abnützungskrieg“.[10]

Nach einer vernichtenden Niederlage des Türkenheers im August 1691 befürchtet der Sonnenkönig einen baldigen Frieden zwischen Kaiser und Osmanen, woraufhin er eine weitere Armee an den Oberrhein entsendet. Während er nun gleichzeitig verstärkt Druck auf die deutschen Fürsten sowie auf den Kaiser ausüben kann, verlagert sich auch der Hauptkriegsschauplatz in dieses Gebiet.[11]

Dennoch werden die Hauptschlachten auf holländischem Boden geschlagen. Beide Seiten verlieren insgesamt bis zu 60 000 Mann. Die Schlachten, obwohl jeweils von französischer Seite entschieden, enden in einem Belagerungskrieg. Die französische Überlegenheit lässt sich hierbei auf bessere Ausbildung der Truppen und auf feste Führung durch den König zurückführen, während die alliierten Armeen ihre Befehle von einer mehrköpfigen Kriegsleitung, deren Entscheidungen nicht immer einstimmig sind, entgegennehmen.[12]

Zuletzt lässt sich jedoch feststellen, dass sich beide Kriegsparteien an den Hauptfronten dennoch ebenbürtig sind. Die Franzosen können jedoch ganz Savoyen erobern, um es somit als das schwächste Glied aus der großen Allianz herauszulösen, was ihnen mit einem Separatfrieden am 29. August 1696 auch gelingt.[13] Das Herzogtum Savoyen ist sechs Jahre zuvor, sowie auch Spanien durch einen Vertrag mit England und den Generalstaaten der Allianz beigetreten.[14] Da aber keine der beteiligten Parteien die Kraft und die Mittel hat, einen bewaffneten Konflikt dieses Ausmaßes auf lange Zeit gesehen durchzustehen, sind Friedensverhandlungen nun bereits absehbar.

Diese Arbeit beschäftigt sich im Folgenden mit den Friedensschlüssen von Rijswijk am

20. September und 30. Oktober 1697. Hierbei werden diplomatische Ziele einzelner

Parteien zu Beginn und während des Verlaufs der Verhandlungen untersucht, ebenso die zeremoniellen Aspekte der Friedensschließung. Ferner werden auch Konflikttypen und Strategien zur Unterwanderung des Zeremoniells betrachtet.

B) Der Friedenskongress - Verhandlungen vom 09. Mai 1697 bis zum 20. September / 30. Oktober 1697

1.) Ortswahl und Kongresseröffnung

Die Ortswahl stellt sich im Vorfeld des Kongresses als kompliziertes Unterfangen dar. Die kaiserlichen Gesandten sprechen sich verstärkt für einen Ort auf deutschen Reichsboden aus, möglichst Aachen, Augsburg, Köln, oder Frankfurt. Der spanische König bevorzugt Antwerpen, erklärt sich aber auch mit Aachen oder Basel einverstanden. Die Seemächte schlagen Nimwegen, Maastricht, Utrecht, Breda, Hertogenbosch oder Den Haag vor, während der Fürstbischof von Lüttich seine eigene Hauptstadt empfiehlt. Der französische Wunsch hingegen sieht keine kaiserliche Stadt vor, jedoch aber Den Haag, Utrecht oder Breda. Es werden auch neutrale Orte vorgeschlagen, wie z. B. Stockholm, die Hauptstadt des Mediators. Nach langen und schwierigen Diskussionen der Abgeordneten, die monatelang in Den Haag tagen, fällt das Ergebnis letztendlich auch auf genau diesen Ort.[15] Die alliierten Minister werden fortan in Den Haag wohnen, die französischen in Delft und die Entscheidung auf den mittig gelegenen Verhandlungsort, Rijswijk, ist gefallen. Der kaiserliche Hof fügt sich dieser Entscheidung nach anfänglichem Unbehagen.[16] So ist es möglich, die Friedensgespräche in zwei Phasen zu unterteilen: in die Vorverhandlungen von Anfang Februar bis Anfang Mai und den eigentlichen Friedenskongress von der Eröffnung bis zur Unterzeichnung des jeweiligen Friedensvertrags.[17]

Der Friedenskongress wird am 09. Mai 1697 im Maison de Neubourg, einem Lustschloss des oranischen Wilhelm III., um 16 Uhr feierlich eröffnet. Auf diesem Schloss, nur „einen Musquetenschuss von dem Dorf entfernt“[18] trifft sich die Delegation nun zweimal die Woche, jeweils Mittwoch vormittags und Samstag nachmittags, insgesamt sechzehnmal zur Tagung.[19] Wolf Phillip von Schrottenberg, Gesandter des fränkischen Reichskreises beschreibt die Lage des Konferenzortes folgendermaßen: „ Das schöne lustige mit drei gärtten gezihrte Ryswikh liegt eine kleine halbe stundt von hier (Haag): und 3. viertl stundt von delft.“

2.) Teilnehmer des Friedenskongresses

Jede beteiligte Nation entsendet eine kleine Delegation um die jeweiligen Interessen zu vertreten. So werden die spanischen Interessen von Don Fernando Bernardo de Quiros und von Graf Tirimont vertreten, für die Generalstaaten sind der Ratspensionär Heinsius, Boreel (Provinz Holland), von Dijkvelt (Utrecht) und von Haeren (Friesland) anwesend. Die englischen Gesandten Lord Villers, Thomas Earl of Pembroke and Montgomery, Sir Joseph Williamson und Lord Lexington nehmen eine eigentümliche Stellung ein, da sie als Vertreter einer von Frankreich nicht anerkannten Macht in Rijswijk eingetroffen sind. Nach wie vor hält Ludwig XIV. an dem in seinen Augen rechtmäßigen König von England, Jakob II. fest. Daher waren die betreffenden vier Delegierten von offiziellen Diskussionen ausgeschlossen.

Die Vertretung des Reichs ist durch eine gewählte Generaldeputation gewährleistet und die kaiserlichen Interessen werden von Graf Dominik Andreas von Kaunitz, Graf Johann Heinrich von Stratmann sowie durch Freiherr Johann von Seilern gewahrt.[20]

Die französische Gegenseite zur Großen Allianz wird von d’ Harlay, Graf de Crécy und de Callières vertreten.

Zusätzlich anwesend ist der schwedische Diplomat Freiherr Nils Lillienroot, welchem am 4. Februar durch die Minister der Alliierten die Vermittlung im Friedenskongress angetragen wurde.[21]

3.) Die französischen Präliminarien

Die anfänglichen Verhandlungen beschäftigen sich mit einem französischen Präliminarienkatalog, der dem schwedischen Vermittler am 10. Februar gegen elf Uhr von

de Callières diktiert wird. Gemäß diesem Katalog erklären sich die Franzosen einverstanden, einen Frieden auf der Basis des Westfälischen Friedens und des Friedens von Nimwegen zu schließen. Straßburg soll in statu occupationis an das Reich zurückgegeben werden, Luxemburg im Status quo dem spanischen König restituiert werden, sowie Mons und Charlesroi im gegenwärtigen Zustand und die eroberten Städte in Katalonien, diese allerdings ebenfalls in statu occupationis. Ein ebenso besetztes Dinant soll dem Bischof von Lüttich restituiert werden und Ludwig XVI gibt zusätzlich seine Zustimmung zur Restitution aller Reunionen seit des Friedens von Nimwegen sowie der Restitution Lothringens gemäß den Bedingungen selbigen Friedens.[22]

[...]


[1] Raumer 1982, S 55.

[2] Raumer 1982, S 54.

[3] Fiedler 1986, S 220.

[4] Raumer 1986, S 39.

[5] Raumer 1982, S 37.

[6] Fiedler 1982, S 220., Raumer 1982, S 52.

[7] Fiedler 1982, S 222..

[8] Fiedler 1982, S 222..

[9] Duchhardt 1998, S 26.

[10] Fiedler 1982, S 224.

[11] Fiedler 1982, S 224-227.

[12] Fiedler 1982, S 226.

[13] Bandorf 1975, S 148.

[14] Duchhardt 1998, S 26; S 199.

[15] Duchhardt 1998, S 189., Bandorf 1975, S 180.

[16] Bandorf 1975, S 180.

[17] Duchhardt 1998, S 185.

[18] Bandorf 1975, S 194.

[19] Bandorf 1975, S 194., Aretin 1997, S 37. Duchhardt 1998, S 189.

[20] Bandorf 1975, S 195, 196., Duchhardt 1998, S 74.

[21] Bandorf 1975, S 179.

[22] Bandorf 1975, S 180, 181.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Rijswijk 1697 - Das Zeremoniellwesen des Friedenskongresses und inoffizielle Direktverhandlungen
Hochschule
Universität Augsburg  (Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit)
Veranstaltung
Friedensschlüsse in Früher Neuzeit
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V120728
ISBN (eBook)
9783640243174
ISBN (Buch)
9783640251926
Dateigröße
562 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rijswijk, Zeremoniellwesen, Friedenskongresses, Direktverhandlungen, Friedensschlüsse, Früher, Neuzeit
Arbeit zitieren
Alexander Hofstetter (Autor:in), 2006, Rijswijk 1697 - Das Zeremoniellwesen des Friedenskongresses und inoffizielle Direktverhandlungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120728

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