Literarische Wa(h)lverwandtschaften. Herman Melville und Friedrich Gerstäcker oder die Symbolik des Wals


Masterarbeit, 2010

100 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Versuch über die Beziehung zwischen Mensch und Wal – Historische und soziokulturelle Betrachtung
2.1 Geschichte des Walfangs
2.1.1 Der Wal als Wirtschaftsfaktor – Auftakt des kommerziellen Walfangs
2.1.2 Abgesang des traditionellen Walfangs
2.1.3 Der amerikanische Pottwalfang – Sinnbild einer Nation?
2.2 Die Schiffsbesatzung
2.2.1 Lebensbedingungen an Bord
2.2.2 Der Walfänger und das ´Vis vincitur arte´-Thema
2.2.3 Beweggründe und Zusammensetzung der Schiffsmannschaft

3. Der Wal – Mythologische und biblische Rezeption
3.1 Der Wal in der griechischen Mythologie
3.1.1 Perseus und Andromeda
3.1.2 Herakles und Hesione
3.1.3 Melville und das mythische Seeungeheuer
3.2 Der Wal in der Bibel – Schöpfungsgeschichte und das Buch Jona
3.2.1 Die Genesis und der Wal
3.2.2 Das Buch Jona: Meerwurf und Verschlingung
3.2.3 Melville und das Buch Jona
3.3 Der Leviathan in der Bibel – Jesaja, Hiob und der Psalter
3.3.1 Die Vernichtung des Leviathans: Psalm 74 und das Buch Jesaja
3.3.2 Die Zähmung des Leviathans: Psalm 104 und das Buch Hiob
3.3.3 Melville und der Leviathan

4. Der Wal in der Literatur – Frühe Betrachtungen in den Seeromanen des 19.Jahrhunderts
4.1 Walter Scott: The Pirate – Nautische Fehlleistung in schematischer Darstellung
4.2 James F. Cooper: The Pilot – Der Wal als Gegenspieler
4.3 Scott und Cooper – Auftakt für künftige Darstellungen

5. Die Symbolik des Wals

6. Herman Melville
6.1 Typee. A Peep at Polynesian Life (1846)
6.1.1 Typee – Verknüpfung von Phantasie und Wirklichkeit
6.1.2 Typee und der Wal
6.2 Omoo. A Narrative of Adventures in the South Seas (1847)
6.2.1 Omoo und die Wirklichkeit – Beteuerung des Realitätsgehalt
6.2.2 Omoo und der Wal
6.2.3 Zwischenfazit: Typee und Omoo
6.3 Mardi and A Voyage Thither (1849)
6.3.1 Mardi und die Wirklichkeit – Fiktion und Realität
6.3.2 Mardi und der Wal
6.4 Moby-Dick; or, The Whale (1851)
6.4.1 Moby-Dick – ´a realistic and a symbolic novel´
6.4.2 Moby-Dick und der Wal
6.5 Melville und der Wal

7. Friedrich Gerstäcker
7.1 Omoo als Reiseführer ‒ Übersetzungs- und Wirkungsgeschichte
7.2 Tahiti (1854)
7.2.1 Typee, Omoo und Tahiti
7.2.2 Tahiti und der Wal
7.3 Erzählungen aus der Südsee
7.3.1 Der Schiffszimmermann (1855)
7.3.2 In der Südsee (1854-1857)
7.3.3 Die Nacht auf dem Walfisch (1854)
7.4 Gerstäcker und der Wal

8. Literarische Wa(h)lverwandtschaft? – Eine Zusammenführung

9. Schlussbetrachtung

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Chief among these motives was the overwhelming idea of the great whale himself.1

Der Wal wird als Geschöpf des Meeres verstanden und in verschiedenen mythologischen Dar- stellungen als Personifizierung des Elementes Salzwasser interpretiert.2 Demnach trägt er den Dualismus, der dem Meer zugesprochen wird, in sich: Der Wal symbolisiert sowohl die schöpferische Kraft des Ursprungs als auch die zerstörende Macht des alles verschlingenden Abgrunds. Doch damit erschöpft sich die Symbolik des Wales nicht. Hübener verweist auf die Vielfältigkeit der Deutungsmöglichkeiten und sieht im Wal ein „Symbol der Erhabenheit und Bedrohung, der Täuschung und des Bösen, der Gefangenschaft und Läuterung, des Sozialen und der künstler[ischen] Kreativität“3. Diese Polyvalenz der Symbolik des Wals macht eine Definition sowohl schwierig als auch interessant.

Symbolik als Arbeitsbegriff wird hier so verstanden, dass der Wal in seiner Verwendung als Zeichen über sich hinaus auf etwas anderes verweist.4 Sein Symbolgehalt stellt sich als „unei- gentliche Bedeutung“5 in Mythologie, Religion und Literatur dar und sein eigentliches Wesen – „a whale is a spouting fish with a horizontal tail6 – wird durch die symbolische Semantik überlagert. Der Wal wird so zu einem „Sinnbild für etwas Abstraktes“, dessen „semantische Potenz“ hauptsächlich auf einer „kulturell überlieferten Bedeutungstradition“7 beruht.

Die vorliegende Arbeit widmet sich der Symbolik des Wals und des Walfangs im Werk von Herman Melville und Friedrich Gerstäcker, die sich in ihren Schriften mehrfach mit diesem Thema beschäftigt haben. Hier soll untersucht werden, welche Symbolik dem Wal und dem Walfang an sich zugesprochene wird, welche Bedeutungstiefe Wal und Walfang in den Wer- ken der beiden Autoren bekommt und ob und in welcher Intensität eine Beziehung, eine lite- rarische Wa(h)lverwandtschaft zwischen den beiden Autoren bestanden hat.

Zunächst gehe ich davon aus, dass der Symbolgehalt von Wal und Walfang seinen Höhe- punkt in Moby-Dick; or, The Whale (1851) erreicht. Der Weg dahin führt Melville von seinen geradlinig erzählten Südseeromanen im Stil realistischer Reiseschilderungen Typee. A Peep at Polynesian Life (1846) und Omoo. A Narrative of Adventures in the South Seas (1847) über erste Darstellungen mit Symbolgehalt in Mardi And a Voyage Thither (1949). In- sofern kann Mardi als Experiment des nach einer eigenen epischen Form suchenden Autors und als Vorstufe zu Moby-Dick gesehen werden. Verdeutlichen lässt sich diese Entwicklung an der zunehmenden Genese des Wals zum zentralen literarisches Sinnbild Melvilles.

Aus dem reichen Südseeoeuvre Gerstäckers werden der Roman Tahiti (1854) sowie fünf Erzählungen ausgewählt. Diese Werke werden hinsichtlich der Darstellung des Walfangs und des Wals sowie des Einflusses Melvilles untersucht. Bei dieser repräsentativen Werkschau der Südseerezeption des weitgereisten Deutschen – der während seines ersten Aufenthalts in den Wäldern Nordamerikas den Blick des leidenschaftlichen Jägers auf die Tierwelt entwickelt hat – interessiert, inwiefern er den Walfang mit Bedeutung auflädt. Hier wird zunächst davon ausgegangen, dass Gerstäcker einen Ansatz entwickelt, der über die bloße Jägerperspektive hinausgeht.

Gerstäcker hat Melvilles zweiten Roman Omoo bereits im Erscheinungsjahr 1847 aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt und ist auf dessen Spuren an Bord eines Walfängers in die Südsee gefahren. Zudem beeinflusst ihre Erfahrungen mit dem Walfang die thematisch- inhaltliche Ebene beider Autoren, sie fließen in ihr Werk ein und bestimmen Sujet, Motive und Figuren. Es kann hier also zunächst davon ausgegangen werden, dass eine persönliche Beziehung – eine literarische Wa(h)lverwandtschaft – zwischen diesen beiden Autoren zu- mindest vordergründig vorliegt.

Um Wal und Walfang als Symbolträger begreifbar zu machen, wird im Kapitel 2. die Ge- schichte und die wirtschaftliche sowie ideologische Bedeutung des Walfangs dargestellt. Ins- besondere die Pottwaljagd, die etwa ab der Mitte des 18. Jahrhunderts von den Nordamerika- nern eröffnet worden ist, soll in der vorliegenden Arbeit näher betrachtet werden, ist sie doch eng mit der prosperierenden Wirtschaft und einer eigenen nationalen Wesensbestimmung der aufstrebenden ehemaligen Kolonie Neuengland verknüpft gewesen. Somit verfolgt die vorlie- gende Arbeit im weiteren Sinne einen sozialgeschichtlichen Ansatz, der auf der Annahme be- ruht, dass der Literatur eine Referenz auf die außertextliche Wirklichkeit innewohnt und der literarische Text diese soziale und gesellschaftliche Wirklichkeit reflektiert.8 Es wird verdeut- licht, wie der Walfang im Sinne des ´Vis vincitur arte´-Themas9 als repräsentatives Sinnbild der Prosperität und des Selbstverständnisses einer ganzen Nation gedacht werden kann. Da- von ausgehend, dass der Symbolgehalt des Wales kulturell geprägt ist, werden in Kapitel 3. und 4. Walrezeptionen in Texten der Mythologie, Religion und Literatur vorgestellt. In Kapi- tel 5. wird die Symbolik des Wals im Überblick dargestellt und eine Zusammenführung der bisherigen Ergebnisse vorgenommen. Daran anschließend wird im 6. und 7. Kapitel unter- sucht, welche Bedeutung dem Wal und dem Walfang im Werk beider Autoren zukommt, wel- chen Einfluss der Amerikaner auf den Deutschen hat und inwiefern sich ihre Umsetzung von- einander unterscheidet. Die Schlussbetrachtung liefert eine Besprechung der wichtigsten Er- gebnisse, die in einer vorangehenden Zusammenführung inhaltlich vorentlastet wird.

2. Versuch über die Beziehung zwischen Mensch und Wal – Historische und soziokulturelle Betrachtung

Ere that come to pass […] it is but well to attend to a matter almost indispensable to a tho- rough appreciative understanding of the more special leviathanic revelations and allusions of all sorts which are to follow.10

Um Wal und Walfang als Symbolträger par excellence verstehen zu können, genügt die Son- dierung mythologischer, biblischer und literarischer Quellen alleine nicht. Grundstein einer ersten Betrachtung muss die reale Begegnung zwischen Mensch und Wal sein, die jeder geis- tigen Aneignung, sei sie nun symbolhaft oder nicht, zugrunde liegt. Der Mensch hat sich erst im Schweiße seines Angesichts mit dem Wal auseinandersetzen gemusst, um ihn sich dann in Form von Mythen, biblischen und literarischen Texten greifbar zu machen.

Die ersten Kontakte mit Walen hatten Küstenbewohner in Gestalt gestrandeter Tiere. Ei- nerseits dienten sie als willkommene Nahrungslieferanten, andererseits verbreiteten sie auf- grund ihrer anatomischen Andersartigkeit Furcht und Schrecken. Mit dem einsetzenden Wal- fang fand der erste, für beide Seiten gefährliche, direkte Kontakt statt.

Die Beziehung zwischen Mensch und Wal kann vor allem über den folgenden historischen Abriss über den Walfang dargestellt werden, anhand dessen die wirtschaftliche und ideologi- sche Bedeutung des Walfangs deutlich wird. Besonderes Gewicht erhält die Darstellung des

´Vis vincitur arte´-Themas, das sowohl als Sinnbild für den amerikanischen Pottwalfang und die aufstrebende Nation als auch als wesentlicher Motivationsgrund der Walfänger gesehen werden kann.

2.1 Geschichte des Walfangs

Wann und wo der Mensch zum ersten Mal die Ressourcen entdeckte, die der Wal als größtes Lebewesen bot, ist unklar. Felszeichnungen aus der Jungsteinzeit an der Küste Norwegens lassen vermuten11, dass bereits die Bewohner dieses Landstrichs in der Jungsteinzeit gestran- dete Wale für ihre Zwecke verwerteten.12 Als die eigentlichen Pioniere des Walfangs gelten jedoch die Basken, die vermutlich schon in der Steinzeit gestrandete Tiere als Nahrungsliefe- ranten erkannten. Um ihren Bedarf zu decken, begannen sie in der Bucht von Biskaya die ers- ten Wale zu erlegen und weiteten ihr Fanggebiet immer weiter aus:13 Als „unbändige Fischer fuhren sie in kleinen Booten über […] die Untiefe von Biscaya. […] Sie sahen dort Wale sich tummeln und begannen, ihnen nachzufahren […]. Diese gigantische Beute […], sie jagten sie zu Tode und folgten dem Wal überallhin, wo auch immer er sie hinführte.“14

2.1.1 Der Wal als Wirtschaftsfaktor – Auftakt des kommerziellen Walfangs

Westeuropa gilt als Geburtsstätte des kommerziellen Walfangs. Die baskischen Walfänger wa- ren die ersten, die Wale in organisierter Form gejagt hatten. Etwa ab dem 10. Jahrhundert er- öffneten sie die systematische Waljagd auf internationaler Ebene. Dabei ging es nicht mehr nur um die Deckung von Eigenbedarf, sondern verstärkt um die Vermarktung von Fischbein und Walöl.15 Der Wal wurde vom Nahrungslieferanten zum Wirtschaftsfaktor.

Anfang des 17. Jahrhunderts entwickelten sich Großbritannien und die Niederlande zu füh- renden Walfangnationen und segelten bis nach Spitzbergen und Grönland. Etwa ab der Mitte des 17. Jahrhunderts beteiligten sich auch andere europäische Länder wie Deutschland und Dänemark. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert trat Neuengland als neuer, mächtiger Konkurrent in den Walfang ein und machte Jagd in den Gewässern der Karibik und Afrikasund entdeckte dort mit dem Pottwal16 eine neue jagdbare Walart, der für den Aufstieg der amerikanischen Walfangindustrie und der wirtschaftlichen Entwicklung des ganzen Landes eine entscheidende Rolle spielen sollte. Die Versuche der Engländer, in den 1770er Jahren ihre Fanggebiete zu erweitern, scheiterten am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775-1783). Viele Schiffe der britischen Fangflotte wurden als Truppentransporter und Ver- sorgungsschiffe gegen die aufbegehrende Kolonie benötigt. Der britische Walfang ging stark zurück und nahm erst im Jahre 1783 wieder einen Aufschwung. Allerdings überdauerten die Bestrebungen der Engländer, das Walfangmonopol ihrer ehemaligen Kolonie zu brechen, nicht den Britisch-Amerikanischen-Krieg (1812-1814). Während sich die von Kriegsfolgen angeschlagene amerikanische Walindustrie schnell regenerierte, blieb die englische Fangflotte zerschlagen. Die Amerikaner machten sich diese Situation zu Nutze und entdeckten Europa als neuen Absatzmarkt. Vor allem das Öl des Pottwals und das Fischbein verschiedener Bar- tenwale wurden auf europäischen Märkten gegen andere Waren (Eisenerz, Hanf, Stoffe) ein- gehandelt, die in der aufstrebenden jungen Kolonie benötigt wurden.17 Dies bedeutete für den amerikanischen Walfang eine Periode beispielloser Prosperität, die auf dem Bevölkerungs- wachstum, auf der Nachfrage nach amerikanischem Öl in England und in einer Wechselwir- kung auf der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der Vereinigten Staaten von Amerika beruhte. Die amerikanische Walfangindustrie lieferte dem aufblühenden Land die erforderli- chen Rohstoffe und bekam dafür wiederum die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen. Nantucket und New Bedford entwickelten sich zu den Walfangzentren der Welt.18

2.1.2 Abgesang des traditionellen Walfangs

Nach der Blütezeit der amerikanischen Walfangindustrie in den Jahren von 1830 bis 1860 machte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts ihr Niedergang bemerkbar.19 Als Grund dafür sieht Ellis vor allem die Entdeckung des Erdöls als Brenn-, Schmier- und Heizmittel: „Das Walöl, das einst die Industrie geprägt und den Gang der Geschichte, die Wohlstandsentwick- lung […] nachhaltig beeinflußt […] hatte, war überholt. Das Zeitalter des Erdöls brach an.“20

Als der amerikanische Pottwalfang um 1900 zu Ende ging,21 übernahmen norwegische Walfänger aufgrund fangtechnischer Innovationen die Führungsrolle in der Welt. Die Ent- wicklung der Harpunenkanone durch den Norweger Svend Foyn in den 1860er Jahren mar- kierte den Übergang vom traditionellen zum modernen Walfang. Foyn stellte seine Walfang- flotte auf Dampfschiffe um und rüstete seine nun schnelleren Fangboote mit Harpunenkano- nen aus. Diese Umstellungen revolutionierten den Walfang. Mit der neuen Fangtechnik konn- te jeder Wal, auch die Furchenwale, welche bis dato zu schnell für die Ruderboote der tradi- tionellen Walfänger waren, ohne Gefahr für den Jäger und aus vergleichsweise großer Entfer- nung getötet werden. Auch wenn es mit der Entdeckung des Erdöls und anderer Ersatzstoffe keine echte Notwendigkeit mehr für den Walfang gab, wurden die Wale weiterhin bejagt und vielfältig vermarktet.22 Ein bis zu diesem Zeitpunkt beispielloses Abschlachten der Wale be- gann, das bis zur Verabschiedung des Walfangmoratoriums von 1982 anhielt:

[D]ie Walfänger [ließen] nicht nach, weil sie sich einredeten, das Morden geschehe im Namen des Fort- schritts, der Technologie, des Bruttosozialprodukts, des Ruhmes einer Nation oder irgendwelcher anderer Götzen, die der Mensch im technischen Zeitalter vorschiebt, um sein Verbrechen gegen die Natur zu rechtfertigen. […] Die Tiere wurden zu Hunderttausenden umgebracht – der wohl abstoßendste histori- sche Beleg für die vom Menschen angemaßte Überlegenheit über die Tierwelt.23

2.1.3 Der amerikanische Pottwalfang – Sinnbild einer Nation?

In der Blütezeit der amerikanischen Pottwaljagd wurden die Wale auf die traditionelle Weise gejagt, die über die Jahrhunderte der Walfanggeschichte optimiert wurde: Mit Segelschiffen wurde den Walen nachgestellt. Bei Sichtung der Tiere wurden die kleinen, leichtgebauten Walfangboote zu Wasser gelassen und auf eine Entfernung von 5-7 Metern an den Wal heran gerudert. Mit einer Harpune, die per Hand geworfen werden musste und mit einer Leine zum Boot verbunden war, wurde der Wal am Boot festgemacht. Die in den Körper des Wals einge- drungene Harpune stellte so eine feste Verbindung zwischen Beute und Jäger her. Nach oft vielen Stunden der Verfolgung ermatteten die Tiere durch Blutverlust und Anstrengung, so dass die Waljäger sich dem Wal nähern konnten, um ihn durch Lanzenstiche in Herz und Lunge zu töten.24 Da die Jäger nah an das Tier heran und im direkten Kontakt via Lanzenstich den Wal töten mussten, bestand eine unmittelbare Lebensgefahr. Nicht selten setzte das ver- wundete Tier zu verzweifelter Gegenwehr an und zertrümmerte mit seiner Fluke die leichten Fangboote und tötete oder verletzte seine Jäger. Auch wenn keine Waffenparität herrschte, bestand zumindest eine realistische Chance für den Wal, lebend aus der Jagdsituation zu ent- kommen. Die Jagd auf den Wal war noch mit allen „Risiken der Segelschiffahrt […] behaftet […] und das Tier [hatte] noch gewisse Überlebenschancen [...], die auch dem ihm nachstel- lenden Menschen keineswegs gesichert waren.“25

Ähnlich bewertet auch Jules Michelet, wenn er schreibt, dass der traditionelle Walfang ein „edler Krieg [war], eine große Schule des Mutes. Diese Jagd war nicht das mühelos Gemetzel von heute, das in aller Sicherheit aus der Ferne von einer Maschine besorgt wird: Man schlug vielmehr mit eigener Hand zu, man riskierte Leben für Leben.“26 Nur im Kampf selbst „machte [man] beträchtliche Fortschritte in der seemännischen Geschicklichkeit, in der Ge- duld, der Besonnenheit und Unverzagtheit. Man brachte weniger Tran, aber mehr Ruhm nach Hause.“27

Michelet deutet mit seiner Ausführung das ´Vis vincitur arte´-Thema an, nach dem nur durch das kunstfertige Geschick der Jäger die Kraft „der im ´Walfisch´ sich manifestierenden kreatürlichen Urgewalt“28 bezwungen werden könne. Gerhard Kaufmann sieht in der „Devise ´Vis vincitur arte´ […] ein Sinnbild […], das auch auf andere Verhältnisse übertragbar “29 sei. Dieses Sinnbild ist vor allem für den Pottwalfang in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts signifikant, denn dieser hat einen entscheidenden Beitrag für die wirtschaftliche Entwicklung und das Selbstbewusstsein der noch jungen Vereinigten Staaten von Amerika geleistet. Der Kampf gegen die kreatürliche Urgewalt hat so auch für den Jäger und für den von ihm reprä- sentierten Teil der Menschheit eine existenzielle Bedeutung und erhält so seine symbolische Erhöhung: Es ist der Sieg über rohe Kraft und Chaos; die kreatürliche Urgewalt wird durch das kunstfertige Geschick des Jägers bezwungen und der Menschheit dienstbar gemacht. Der Walfang kann im Sinne des ´Vis vincitur arte´-Themas als Sinnbild der Prosperität einer gan- zen Nation gedacht werden. Der amerikanische Walfänger wird so vergleichbar mit den ersten Pionieren Amerikas. Die See wird durch den Walfänger gleich dem Westen Nordamerikas zu Nutzen der gesamten amerikanischen Gesellschaft urbar gemacht. In diesem Sinn machte der „Nantucket-Walfang […] eine heroische Phase durch, die zahlreiche Legenden von monströ- sen Walen und einzelnen Heldentaten im Kampf mit dem Leviathan entstehen ließen. Der Walfang war eine der ´frontier´ vergleichbare amerikanische Saga auf hoher See“30.

Der Walfang als ´Vis vincitur arte´-Thema wird zum Sinnbild des aufsteigenden Amerikas, das sich die raue Natur auch zu Wasser zu eigen zu machen weiß. Der Wal selbst steht in die- ser Vorstellung als Symbol für die Urkraft der Meere, die durch Kunst und Geschick des Wal- fängers im siegreichen Kampf gegen seine Beute der Menschheit dienstbar gemacht wird und als Ressource genutzt werden kann. Die Darstellung des Wals als Sinnbild für die Urkraft der Meere zieht sich in unterschiedlichen Facetten durch die Verwendung und Interpretation des Wals als Symbol. Dass sich der Wal allerdings als von Menschenhand bezwingbar erweist, ist eine Darstellung, die sich signifikant von der mythologischen und der biblischen unterschei- det.

2.2 Die Schiffsbesatzung

This is my substitute for pistol and ball. With a philosophical flourish Cato throws himself upon his sword; I quietly take to the ship.31

Die ökonomische Legitimation des Walfangs in der Blütezeit des amerikanischen Pottwal- fangs ist soweit offensichtlich: Es wurde vornehmlich Walöl als Grundstoff für den Gebrauch und die Vermarktung in der Heimat und für den Handel benötigt. Um eine Erklärung dafür zu finden, warum die Schiffsbesatzung32 die entbehrungsreiche Zeit einer langjährigen Fahrt un- ter risikoreichen und teilweise lebensgefährlichen Bedingungen auf sich nahm, ist eine allein ökonomisch definierte Begründung nicht ausreichend, da die Entlohnung der Matrosen ver- gleichsweise gering war. Insbesondere die Beteiligung der einfachen Schiffsmannschaft am Walfang konnte somit nur sekundär durch einen finanziellen Motivationsgrund erfolgen und stellt aus ihrer Perspektive mehr als die Suche nach den benötigten Rohstoffen dar. Um dieses Mehr fassen zu können, ist es notwendig, die Lebensbedingungen auf einem Walfänger im 18. und 19. Jahrhundert darzustellen.

2.2.1 Lebensbedingungen an Bord

The usage on board […] was tyrannical; the sick had been inhumanly neglected; the provi- sions had been doled out in scanty allowance; and her cruizes were unreasonably protrac- ted.33

Die jahrelange Fahrt an Bord eines Walfängers bedeutete eine entbehrungsreiche Zeit, die mit vielen Gefahren verbunden war: „Die Mannschaftsquartiere waren stinkende Löcher; die Ver- pflegung war billig, derb und unsäglich monoton, die Arbeit schmutzig und riskant. Eine Rei- se an Bord eines neuenglischen Walfängers war keine Luxuskreuzfahrt.“34 Zudem war die Hierarchie auf den Walfangschiffen sehr ausgeprägt und das „Wort des Kapitäns war Gesetz“35. Während der Kapitän und die Offiziere ein vergleichsweise feudales Leben führ- ten, war das Leben der einfachen Schiffsmannschaft geprägt durch strenge Disziplin, lange Arbeitszeiten, unbequeme Unterkünfte, miserable Verpflegung und eine ungleiche Entloh- nung36 gemäß der vorhandenen Hierarchie.37

2.2.2 Der Walfänger und das ´Vis vincitur arte´-Thema

Für die Besatzung eines amerikanischen Walfangschiffes zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es charakteristisch, dass oft Schwarze und Indianer Teil der einfachen Schiffsmannschaft wa- ren.38 Sie standen am Rande der modernen Gesellschaft auf dem Festland Neuenglands und nutzten die Chance auf eine Anstellung auch unter schwierigen Arbeits- und Lebensbedin- gungen. Als der Walfang in Amerika in seiner Blütezeit in den 1850er Jahren eine bedeutende Position innehatte, wuchs sein Ansehen und galt als vornehmer Beruf. Nun bewarb sich auch die „Elite der Jugend von Nantucket, Martha´s Vineyard, Long Island und der Küstendörfer von Massachusetts […] um Posten an Bord der Schiffe“39. In Nantucket, dem Walfangzen- trum Amerikas, war die gesellschaftliche Anerkennung des Walfangs so groß, dass „die jun- gen Damen einen Freier, der nicht auf einem Walfänger gefahren war, nicht einmal in Erwäh- nung zogen“40. Hinzu kam, dass in der Zeit der Prosperität des amerikanischen Walfangs nicht nur Männer aus ganz Amerika, sondern Auswanderer aus ganz Europa auf den Walfängern anheuerten. Da die Walfangschiffe auf ihren Fahrten Häfen auf der ganzen Welt ansteuerten, kamen Seeleute aus „Westindien, von den Kapverden, den Azoren und vielen verschiedenen südpazifischen Inseln“41 an Bord und bildeten eine internationale Schiffsbesatzung. Die Be- weggründe der Walfänger waren denkbar vielfältig. Sie lassen sich allerdings auf drei grund- sätzliche Intentionsmuster reduzieren, die wiederum von unterschiedlichen Faktoren abhän- gig sind:

Der Walfang wurde immer dann zur gesellschaftlichen und beruflichen Profilierung ge- nutzt, wenn die Walfangindustrie prosperierte und über ein dementsprechend hohes Ansehen in der Gesellschaft verfügte, wie es in Nordamerika in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Fall gewesen ist. Ellis hat darauf hingewiesen, dass sich insbesondere die Elite der Jugend der Küstendörfer um Posten auf einem Walfänger bemühte, immer mit der Intention später einmal selbst Offiziers- oder Kapitänslaufbahnen einzuschlagen oder zumindest gesellschaftlich von dieser Anstellung zu profitieren. Diese Motivation war zudem stark regional geprägt und so war in den Walfangzentren wie Nantucket und New Bedford das Selbstverständnis des Berufs des Walfängers ohnehin ein anderes als im Inland und genoss ein dementsprechend hohes An- sehen.

Der Walfang stand als einzige und letzte Chance für den Lebensunterhalt und die ge- sellschaftliche Einbindung. Er fungierte als Auffangbecken für Menschen, die am Rande der Gesellschaft standen und kaum Chancen hatten in der bestehenden Gesellschaft auf dem Fest- land einem geregelten Erwerbseinkommen in einem festen sozialen Gefüge nachzugehen. Dies gilt wertfrei sowohl für unterdrückte Minderheiten als auch für gescheiterte Existenzen in ihren vielfältigen Formen (Waisen, Sträflinge, Auswanderer, finanziell und sozial geschei- terte Personen), die häufig die einfache Schiffsmannschaft stellten. Alle Personen, die aus die- sen Gründen den Dienst auf einem Walfangschiff antraten, verfolgten diesen Weg aufgrund einer Notwendigkeit. Er war der letzte Ausweg aus einer finanziellen oder persönlichen Le- benskrise, dem kaum eine freie Wahlmöglichkeit zugrunde lag. Der Walfang wurde als letzte Lebenschance genutzt. Demzufolge lässt sich von einer Flucht in den Walfang sprechen.

Bei der Bestimmung des ´Vis vincitur arte´-Themas als Motivationsgrund muss eine grundsätzliche Unterscheidung getroffen werden: Das ´Vis vincitur arte´-Thema gilt in sei- ner Reinform, wie in Kapitel 2.1.3 beschrieben, für diejenigen Walfänger, die in den Anfän- gen und zur Blütezeit des amerikanischen Pottwalfangs es als Notwendigkeit begriffen hatten, durch den Walfang die wirtschaftliche Prosperität des aufstrebenden, autarken Amerikas zu fördern. Demgegenüber stand eine Gruppe von Walfängern, die das Leben auf einem Wal- fangschiff und den Walfang selbst romantisch verklärten. Das ´Vis vincitur arte´-Thema griff hier nur lückenhaft. Es wurden zwar auch das existenzielle Naturerlebnis und der Kampf ge- gen die kreatürliche Urgewalt gesucht. Der Unterschied ist allerdings, dass das ´Vis vincitur arte´-Thema verstärkt als Abenteuer interpretiert und mit einer individuellen Sehnsucht ver- bunden wurde, der die gesellschaftliche Notwendigkeit der Jagd fehlte. Diese Sehnsucht konnte ausgelöst werden durch ein unbestimmtes Gefühl des Fernwehs, der Lebensmüdigkeit des ausgewanderten Europäers, der sein altes Leben hinter sich lässt, um ein neues in Amerika zu beginnen. Letztendlich ging es in dieser späten Interpretation des einst wichtigsten Motiva- tionsgrunds für den Walfang nur noch um die Erfüllung des eigenen individuellen Unabhän- gigkeitstraums, der in letzter Konsequenz auf einem Walfangschiff auf den Weiten des Ozeans ausgelebt wurde.

2.2.3 Beweggründe und Zusammensetzung der Schiffsmannschaft

Diese drei Beweggründe in den Dienst eines Walfangschiffes zu treten, konnten ungleich ge- wichtet miteinander verknüpft auftreten. Während die höheren Posten auf einem Walfänger nahezu ausnahmelos von Personen aus den höheren Gesellschaftsschichten besetzt wurden, bestand vor allem die einfache Schiffsmannschaft aus denkbar ungleichen Charakteren (u.a. Heimatlose, Abenteurer, Gesellschaftsmüde) unterschiedlicher Nationalität. Die Zusammen- setzung der einfachen Schiffsmannschaft zeigt, dass die eigene Vergangenheit wenig zählte und die individuelle Biographie für die Dauer der Fahrt an Bedeutung verlor. So kann der Walfang als persönliche Chance und als Möglichkeit, in einer Gemeinschaft Fuß zu fassen, gesehen werden. Die Beweggründe und Hoffnungen der gesamten Schiffsbesatzung fanden sich in einer einzigen neuen Gesellschaft an Bord wieder, die parallel zur Gesellschaft in der Heimat existierte. Die Besetzung eines Walfängers kann somit als eigenes Gesellschaftssys- tem, als eigene kleine Subgesellschaft gesehen werden. Die repräsentative Zusammensetzung der Schiffsmannschaft stellt Melville in Moby-Dick anhand des Walfangschiffs Pequod dar, dessen Besatzung sich aus Walfängern vieler verschiedener Nationen zusammensetzt. So bil- det die Pequod einen Mikrokosmos und kann in ihrer Zusammensetzung repräsentativ für die gesamte Menschheit gelten.42

Der ohnehin unsichere monetäre Aspekt konnte nicht ausreichend sein, sich freiwillig auf eine so gefahrvolle und entbehrungsreiche Fahrt einzulassen und einen jahrelangen Zustand der Erniedrigung aufgrund der prekären Lebensbedingungen an Bord zu ertragen. Der Antrieb in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Walfänger anzuheuern, lässt sich so auf drei we- sentlichen Gründe reduzieren, die neben der Aussicht auf Entlohnung der Motivation des Wal- fängers zuträglich sein konnten: Der Walfang bot die Möglichkeit zur gesellschaftlichen und beruflichen Profilierung. Er wurde als letzte Lebenschance genutzt. Der Kampf gegen die kreatürliche Urgewalt in einer gesellschaftlich existenziellen oder in einer romantisch verklär- ten Ausprägung des ´Vis vicintur arte´-Themas wurde zur Hauptmotivation, in den Dienst eines Walfangschiffes zu treten.

3. Der Wal – Mythologische und biblische Rezeption

Wenn Joachim Münzing schreibt, dass die „Ursprünge des Walfangs […] verborgen im Nebel der Mythologie“43 liegen, weist er darauf hin, welche Quellen zuvörderst zu Rate gezogen werden müssen, um die Rezeption des Wales und des Walfangs in ihren Anfängen darstellen zu können. Unter dem Begriff Mythologie wird die „Gesamtheit der einem bestimmten Kul- turkreis zugehörigen Mythen“44 verstanden. Die Mythologie erscheint als ein „Reservoir von Figuren und Motiven, das in einem hauptsächlich von der Kunst und Lit[eratur] getragenen Prozess der Rezeption, Adaption und Neudeutung von den Anfängen der Überlieferung an bis heute vergegenwärtigt wird“45. Da für die vorliegende Arbeit vordergründig die Rezeption in einem westlichen Kulturkreis46 wesentlich ist, werden primär die griechische Mythologie und, wo es notwendig ist, ihre Wurzeln betrachtet. Die Mythologie wird – und so soll sie auch in der vorliegenden Arbeit verstanden werden – als eine „Leistung der menschlichen Einbil- dungskraft und damit als […] eigene, der logisch-wissenschaftlichen Erklärung komplementä- re Form der Welterschließung“ gesehen, die „bedeutsame Aussagen über die Wirklichkeit enthalten kann.“47

In der griechischen Mythologie wird in verschiedenen Mythen unter der Bezeichnung ´Ke- tos´ ein Meeresungeheuer angeführt, das in einigen Darstellungen große Ähnlichkeit mit ei- nem Wal hat und Parallelen zum ´großen Fisch´ im Buch Jona und zum biblischen Leviathan erkennen lässt. Diese Nähe von antiker Mythologie und christlicher Theologie liegt darin be- gründet, dass sich zwar mit der „Überlieferung der antiken M[ythologie] in die christliche Kultur […] die Opposition zwischen den biblischen Geschichten, die als wahrhaftige Gottes- zeugnisse, und den gr[iechischen] […] polytheistischen Göttererzählungen, die als bloße Fik- tion gelten“48, ergibt. Der Gegensatz von „heidnische[r] Götterlehre“49 und christlicher Theo- logie lässt sich aber durch eine Deutung überwinden, die in den „bildhafte[n] indirekte[n] Darstellungen [der antiken Mythologie] auch christliche anzuerkennende[…] Wahrheiten sieht“50. Diese Wahrheiten können durchaus christlich-theologisch überliefert, adaptiert und neu interpretiert werden.51

3.1 Der Wal in der griechischen Mythologie

Und Keto gebar

Ein anderes Ungeheuer, unwiderstehlich,

Ganz ungleich den sterblichen Menschen

Und den todfreien Göttern52

Das Wort ´Ketos´ ist etymologisch nicht eindeutig zu bestimmen. Als Grundbedeutung wird´großes Meertier´ angenommen.53 Walter Marg übersetzt mit ´Seeungetüm´54 und Karl Ke- rényi mit ´Meerungeheuer´55 ins Deutsche. ´Keto´ ist sowohl die weibliche Form von Ketos als auch Eigenname der mythischen Keto.56 Die mythische Keto hat als Schwester und Gattin des Phorkys und Mutter der Graien, Hesperiden und Gorgonen einen festen Platz im Stamm- baum der griechischen Götter.57 Ihr Name wird im Allgemeinen mit dem des Ketos in Verbin- dung gebracht,58 wobei unklar bleibt, ob die als Ketos identifizierbaren Wesen der griechi- schen Mythologie als identisch mit der Gattin des Phorkys gesehen werden können. Dass so- wohl Perseus als auch Herakles im Kampf ein Ketos töten, lässt die Annahme der Existenz einer einzigartigen unsterblichen Gottheit mit dem Eigennamen Keto neben der mehrerer Seeungeheuer zu. Marg gibt den entscheidenden Hinweis, wenn er schreibt, dass „Keto […] die Stammesmutter zahlreicher Ungetüme [ist], nicht nur der See; aber die See vor allem hat unheimliche Gebilde, in Wirklichkeit und in der Sage, die Riesenfische, den Hai insbesonde- re, den Rochen, den Polypen und all die kleinen.“59 Keto ist somit Mutter der namentlich be- kannten Graien, Hesperiden, Gorgonen, der Echidna, der Thoosa und des Ladon und zugleich ´Stammesmutter´ aller Seeungeheuer, die sich nach ihr mit dem Gattungsnamen Ketos be- zeichnen lassen.

Neben der Darstellung der Keto als Stammesmutter aller Seeungeheuer in der Genealogie der Götter erfolgt in der griechischen Mythologie eine Illustration des Ketos in drei verschie- denen Kontexten: 1. Es erscheint als zu bekämpfendes Ungeheuer und findet sich 2. in bildli- chen Darstellungen als attributives Begleitwesen der Meeresgottheiten Poseidon und Amphi- trite sowie 3. als Reittier der Nereiden bei der Übergabe der Waffen und Rüstung an Achilles.60

Für die vorliegende Arbeit ist insbesondere der erste Kontext von Interesse: Die Darstel- lung des Ketos als menschenfeindliches Ungeheuer. Es lassen sich vor allem zwei relevante und voneinander unabhängige Handlungskomplexe ausmachen, die einen Ketos in dieser Weise darstellen: a) Perseus und Andromeda; b) Herakles und Hesione.

3.1.1 Perseus und Andromeda

The gallant Perseus […] was the first whaleman; and to the eternal honor of our calling be it said, that the first whale attacked by our brotherhood was not killed with any sordid in- tent.61

In der Perseus-Sage der griechischen Mythologie tötet Perseus ein Ketos und rettet die Kö- nigstochter Andromeda. Der Auslöser des Konfliktes ist die Behauptung Kassiopeias, dass ihre eigene Schönheit größer sei als die der Nereiden. Für diese Kränkung fordern die Mee- resnymphen von Poseidon Wiedergutmachung. Der Meeresgott, der offenbar die Macht über die Geschöpfe des Meeres hat, schickt hierauf ein Ketos als Rachewerkzeug. Ein Seher rät Kepheus, dem König der Äthiopier, und seiner Gattin Kassiopeia, die eigene Tochter Andro- meda in Meeresnähe an einen Felsen zu binden und dem nahenden Meeresungeheuer zur Be- sänftigung zu opfern. Im entscheidenden Moment erscheint Perseus auf seinem Rückweg von den Gorgonen mit dem abgeschlagenen Haupt der Medusa62. Er verliebt sich in die gebunde- ne Schöne, erhält von Andromedas Eltern ihre Hand versprochen und tötet – je nach Version – das auftauchende Ungeheuer mit einem Schwert, einer Sichel oder verwandelt es mit dem Gorgonenhaupt zu Stein.63

In den verschiedenen Überlieferungen, Interpretationen und Übersetzungen dieser Sage erhält das Seeungeheuer unterschiedliche Gestalt. In der Nacherzählung Gustav Schwabs erscheint es in der Gestalt eines riesigen Haifisches:

Während sie dieses verhandelten, war das Untier wie ein schnellruderndes Schiff herangeschwommen und nur noch einen Schleuderwurf von den Felsen entfernt. Da plötzlich, das Land mit dem Fuße abstoßend, schwang sich der Jüngling hoch empor in die Wolken. Das Tier sah den Schatten des Mannes auf dem Meere. Während es auf diesen tobend losging, als auf einen Feind, der ihm die Beute zu entreißen drohte, fuhr Per- seus aus der Luft wie ein Adler herunter, trat schwebend auf den Rücken des Tieres, und senkte das Schwert, mit dem er die Medusa getötet hatte, dem Haifisch unter dem Kopf in den Leib, bis an den Knauf.64

In der Darstellung von Robert von Ranke-Graves wird das Ketos nicht mit einem uns heute bekannten Tier gleichgesetzt, sondern als weibliches Ungeheuer gekennzeichnet:

Poseidon sandte eine Sturmflut und ein weibliches Seeungeheuer […]. Unter der Bedingung, daß Androme- da, sollte er sie retten können, seine Gattin werden und mit ihm nach Griechenland zurückkehren würde, er- hob sich Perseus wieder in die Luft. Er ergriff seine Sichel und stürzte sich von oben auf das sich nähernde Seeungeheuer, das von seinem Schatten auf dem Meere getäuscht worden war, herab und enthauptete es.65

3.1.2 Herakles und Hesione

Hercules […] may be deemed a sort of involuntary whaleman; at any rate the whale caught him, if he did not the whale. I claim him for one of our clan.66

In der Hesionen-Sage befreit Herakles Laomedons Tochter Hesione und erlegt wie Perseus ebenfalls ein Ketos.

Laomedon, der zweite König Trojas, trifft mit Apollon und Poseidon die Abmachung, dass beide Götter für einen festgelegten Lohn seine Herden hüten und die Stadtmauern Trojas er- bauen. Nachdem das Werk verrichtet ist, verweigert der König den Lohn. Zur Strafe sendet Poseidon ein Ketos. Dieses soll sich Opfer aus der Bevölkerung erjagen und deren Felder mit Meerwasser zerstören. Veranlasst durch ein Orakel lässt Laomedon die eigene Tochter an ei- nen Felsen an der Küste Trojas ketten, um so dem Ketos zur Besänftigung ein Opfer zu brin- gen. Herakles findet Hesione gebunden, löst ihre Fesseln und tötet gegen eine Gegenleistung Laomedons das Seeungeheuer.

Auch hier ist die Darstellung des Ketos nicht einheitlich. Schwab macht aus dem Wasser- tier einen „Drachen“67. Rose und Ranke-Graves beschreiben es als ´Ungeheuer´ und ´Untier´; in beiden Darstellungen trägt das Ketos dennoch gut erkennbare Züge eines Wals, der anato- misch tatsächlich in der Lage wäre, einen Menschen in toto zu verschlingen:

Herakles nahm es nun auf sich, das Ungeheuer zu erschlagen, wofür er als Dank Laomedons herrliche Pferde bekommen sollte. Als er aber seinen Teil des Vertrages erfüllt hatte, indem er das Untier, das ihn bereits ver- schlungen hatte, von innen tötete, drückte Laomedon sich abermals um die Belohnung.68

Mit Hilfe Athenes bauten die Troer für Herakles eine hohe Mauer, die ihn vor dem Ungeheuer schützen soll- te, wenn es seinen Kopf aus dem Meer hervorsteckte [sic!] und über die Ebene zog. Als das Ungeheuer an der Mauer angekommen war, öffnete es sein großes Maul, und Herakles sprang voll bewaffnet hinein. Er verbrachte dann drei Tage im Bauch des Ungeheuers und kam siegreich hervor.69

Der Handlungsverlauf und das Personal der Perseus- und der Hesionen-Sage lassen Parallelen erkennen: Ein von den Menschen an den Göttern begangenes Unrecht soll durch ein vom Meeresgott Poseidon delegiertes Ketos gerächt werden. Die Tochter des Übeltäters bzw. der Übeltäterin soll zur Beschwichtigung des Ungeheuers geopfert werden. Letztendlich wird sie von einem durchreisenden Heros70 befreit, der anschließend das Ketos überwindet und tötet. Die Illustration des Ketos ist in beiden Sagen ähnlich uneinheitlich. Sie geschieht u.a. als Meerungeheuer, Seeungetüm, Schlange, Haifisch und Drachen. Immer ist ein Ketos jedoch eng mit dem Meer verbunden, wird als riesenhaftes Untier und als Feind der Menschen darge- stellt. Es wird bei menschlichen Vergehen als Werkzeug der Götter gesandt und agiert ohne eigenen Willen: „Poseidon befahl seinem Ungeheuer, sich Opfer aus dem Volk der Ebene zu erjagen und ihre Felder zu ruinieren“71. Ein Ketos kann nur von einem Heros in einer über- menschlichen Handlung getötet werden; Menschen stehen ihm ohnmächtig gegenüber.

Das Ketos wird in der Sagenwelt der griechischen Mythologie immer als Werkzeug oder Begleitwesen d er Götter und als Gefahr für die Menschen dargestellt. Insofern hat das Ketos aus der Sicht der Menschen etwas Unheilvolles. Es verkörpert so die Mächte des Bösen, wel- che das Leben der Menschen zu vernichten drohen. Trotz seiner vielfältig uneinheitlichen und oft phantastischen Beschreibung weist das Ketos in vielen Zügen Ähnlichkeiten mit einem Wal auf und wird traditionell auch als dieser identifiziert.72 Die unterschiedlichen und reali-tätsfernen Darstellungen des Ketos sind Produkte von geringen naturwissenschaftlichen Kenntnissen über die Gattung Wal, die mit phantastischen Vorstellungen von bedrohlichen Phantasiewesen verknüpft werden. Diesen Grund sieht auch Keller als ausschlaggebend für die teilweise phantastische Darstellung des Ketos der griechischen Mythologie. Wenn auch „nicht ein Stück der Naturwahrheit“ entspreche, seien es doch Wale gewesen, „welche die an- tike Kunst besonders in Andromedaszenen darstellen“73 gewollt habe.

3.1.3 Melville und das mythische Seeungeheuer

Herman Melville bestimmt in Moby-Dick das Seeungeheuer der griechischen Mythologie ein- deutig als Wal. Dementsprechend klassifiziert er Perseus Ketos, versieht es mit dem biblisch geprägten Ausdruck Leviathan und betitelt seinen Bezwinger als Waljäger:

Every one knows the fine story of Perseus and Andromeda; how the lovely Andromeda, the daughter of a king, was tied to a rock on the sea-coast, and as Leviathan was in the very act of carrying her off, Perseus, the prince of whaleman, intrepidly advancing, harpooned the monster, and delivered and married the maid. It was an admirable artistic exploit, rarely achieved by the best harpooneers of the present day; inasmuch as this Leviathan was slain at the very first dart.74

Melville bezeichnet die vielen unterschiedlichen und nicht einheitlichen Illustrationen des Ke- tos´ als irreführend. Er sieht auch im mythischen Seeungeheuer den Wal dargestellt und weist darauf hin, dass Wale und Drachen oft nicht trennscharf voneinander dargestellt werden und oftmals füreinander stehen: „[I]n many old chronicles whales and dragons are strangely jum- bled together, and often stand for each other“75. Er unterstreicht seinen Befund mit einem Verweis auf den biblischen Propheten Hesekiel76: „´Thou art as a lion of the waters, and as a dragon of the sea,´ saith Ezekiel; herby, plainly meaning a whale; in truth, some versions of the Bible use that word itself.“77

3.2 Der Wal in der Bibel – Schöpfungsgeschichte und das Buch Jona

Und Gott schuf große Walfische […]. (1. Mose 1, 21)78

Neben seiner Erwähnung in der Genesis, in der der Wal als Teil des Schöpfungsprozesses ge- nannt wird, findet er sich in der christlichen Bibel vor allem im Kontext der Geschichte Jonas.

3.2.1 Die Genesis und der Wal

In der Genesis wird beschrieben, wie am fünften Tag des sechstägigen Schöpfungshandelns die Wassertiere und die Vögel erschaffen werden: „Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden unter der Feste des Himmels“ (1. Mose 1, 20). Der Wal findet unter der Bezeichnung ´Walfisch´ explizit Eingang in die Schöp- fungsgeschichte: „Und Gott schuf große Walfische und alles Getier, das da lebt und webt, da- von das Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art, und alle gefiederten Vögel, einen jeden nach seiner Art“ (1. Mose 1,21). So wird der Wal im ersten Buch Mose als Teil der Schöpfung beschrieben und ist ein Tier neben anderen. Dass der Wal allerdings ausdrücklich mit seinem Gattungsnamen benannt wird, hebt seine Bedeutung hervor.

3.2.2 Das Buch Jona: Meerwurf und Verschlingung

Aber der Herr ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte. (Buch Jona 2,1)

Den wohl bekanntesten Auftritt erfährt der Wal im Buch Jona. Das Buch Jona ist eine Prophe- tenerzählung des Alten Testaments der christlichen Bibel, in der ein ´großer Fisch´ den flüch- tenden Propheten Jona im Auftrag Gottes verschlingt und wieder ausspeit.

Jona flieht vor dem Auftrag Gottes, der Stadt Ninive das göttliche Gericht anzusagen, von Jaffa aus auf dem Seeweg in Richtung Tarsis. Gott entfacht einen Sturm, das Schiff des Flüch- tigen gerät in Seenot, die Schiffsbesatzung ahnt eine Strafe Gottes und entlarvt den Passagier Jona als Schuldigen. Bereitwillig lässt sich dieser in die tosende See werfen. Der Sturm legt sich und ein großer Fisch verschlingt Jona. Im Bauch des Fisches zeigt Jona Reue, betet zu Gott und wird begnadigt. Der Fisch speit ihn an Land. Scheinbar geläutert geht Jona nach Ni- nive und verkündet, dass es in vierzig Tagen untergehen werde. Daraufhin übt sich die ganze Stadt in Buße. Gott wird zum Einlenken bewegt und das angekündigte Gericht nicht voll- streckt. Jona gerät über die Verschonung der Stadt in Zorn und verkündet, dass er nur deshalb nach Tarsis geflohen, da er schon zum damaligen Zeitpunkt, von der Unbeständigkeit des Wortes Gottes überzeugt gewesen sei. Auf Jonas Zorn reagiert Gott mit einer weiteren Beleh- rung, die zur zweiten Läuterung Jonas führt.

Im Jonabuch werden bekannte Mythosmotive verwendet. Das große Meerestier ist wie Po- seidons Ketos im Auftrage seines Herrn unterwegs: Der „HERR ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen“ (Jona 2, 1). Eine weitere Parallele zwischen der Hesionen- Sage und dem Buch Jona ist deutlich zu erkennen: Auch Herakles ist verschlungen und wie- der ausgespien worden79 wie Jona „der HERR sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land“ (Jona 2,11).

Es erscheinen „Erzählmotive, die abgewandelt sowohl in der griechischen Sage wie in In- dien, Ägypten und anderwärts zu belegen sind. Sie besagen, daß ein Mensch von einem Tier verschlungen wird und nach einer Zeit unversehrt ans Licht kommt“80. Gleich dem Ketos, der aufgrund seines Körperbaus in der Lage ist, Herakles unversehrt in sich aufzunehmen, kann und wird der ´große Fisch´ im Buch Jona in seiner vielfältigen Rezeptionsgeschichte als Wal gedeutet. Zwar gibt es im östlichen Mittelmeer eine Walart und große Haifische, ob es aller- dings möglich ist, drei Tage im Bauch eines Fisches zu überleben, bedarf für die Intention des Verfassers des Jonabuches keiner Erörterung, soll die Begebenheit doch als Wunder bestehen bleiben. Ein mythisches Motiv und keine reale Begebenheit liefert die Vorlage für den ver- schluckten Jona.81 Und so liegt die Vermutung nahe, dass der Autor des Jonabuches die „Fisch-Episode […] dem mythischen Volksgut entnommen [hat] […]. Welche mythologische Bedeutung der Fisch ursprünglich auch immer gehabt haben mag, er steht im biblischen Be- richt lediglich als literarisches Bild, […] um die Rettung des Propheten und sein Wieder-an- Land-Kommen darzustellen.“82

Symbolgeschichtlich lässt sich Jonas ´großer Fisch´ durchaus vom mythischen Ketos ablei- ten. So hat Gott wie auch Poseidon über das Ketos die Befehlsgewalt über sein Geschöpf. Al- lerdings ist der biblische Fisch im Gegensatz zu seinem mythischen Pedant polyvalent ge- zeichnet: Er erscheint, da er „die souveräne Freiheit des Gnadenhandelns Gottes unter Beweis stellen“83 soll, nicht mehr nur als strafendes Wesen. Der biblische Fisch tritt analog zum My- thos zunächst als rächendes Geschöpf auf und scheint im strafenden Auftrag auf dem Weg zu Jona zu sein. Er fungiert letztendlich jedoch als Retter. Sein Opfer wird sein Schützling und Jona zu Buße und zur Reue bekehrt. Zwar verschleppt er Jona zunächst immer weiter in die Tiefe,84 letztendlich aber erhebt er ihn und verhilft ihm zur Auferstehung und zurück an die Oberfläche. So sieht auch Hübener den Wal als Symbol der Wiedergeburt nach bestandener Prüfung und überstandener Gefangenschaft: „Das Innere des ´großen Fischs´ […] symboli- siert biblisch den von Gott gesandten Schutz […], und zugleich den Ort eines drei Tage und drei Nächte dauernden ´Todes´, der die Wandlung und Wiedergeburt des Helden erlaubt.“85

Jona wird als „Schuldiger ins Meer geworfen u[nd] nach innerlicher Unterwerfung […] erret- tet“.86

Dem gottgesandten Fisch der Bibel ist gegenüber dem mythischen Ketos seine Polyvalenz charakteristisch. Auf göttlichen Befehl kann er Verderben bringen oder Segen spenden. Nur durch das Reueverhalten des einverleibten Propheten wird er vom Unglücks- zum Heilsbrin- ger. Jona wird so zur Wiedergeburt verholfen und geläutert aus der Tiefe entlassen.

[...]


1 Melville, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 1, S. 6

2 Vgl. Maier, Bernhard: Meer. I. Religionsgeschichtlich. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Band 7, Maximilian-Pazzi Sonderausgabe. Hg. von Walter Kasper. Freiburg im Breisgau 2006, S. 61-62

3 Hübener, Andrea: Wal. In: Metzler Lexikon literarischer Symbole. Hg. von Günter Butzer und Joachim Jacob. Stuttgart Weimar 2008, S. 409

4 Vgl. Peil, Dietmar: Symbol. In: Metzler Lexikon. Literatur und Kulturtheorie. Hg. von Ansgar Nünning. 4., aktualisierte und erweiterte Aufl. Stuttgart, Weimar 2008, S. 696

5 Jeßing, Benedikt: Symbol. In: Metzler Lexikon. Literatur. Hg. von Dieter Burdorf, Christoph Fasbender und Burkha Moennighoff. 3., völlig neu bearbeitete Aufl. Stuttgart, Weimar 2007, S. 745

6 Melville, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 32, S. 136

7 Jeßing, Benedikt: Symbol. In: Metzler Lexikon. Literatur. Hg. von Dieter Burdorf, Christoph Fasbender und Burkha Moennighoff. 3., völlig neu bearbeitete Aufl. Stuttgart, Weimar 2007, S. 744

8 Vgl. Becker, S. / Hummel, Ch. / Sander, G.: Grundkurs Literaturwissenschaft. Stuttgart 2006, S. 240

9 Joachim Münzing weißt darauf hin, dass die Devise ´Vis vincitur arte´ – Kraft (vis) wird von Geschicklichkeit bzw. Kunst- fertigkeit (arte) bezwungen – vor allem zur Zeit des traditionellen Walfangs elementare Bedeutung hatte. Im Verlauf der iegenden Arbeit wird diese Bedeutung und das ´Vis vincitur arte´-Thema näher betrachtet (vgl. Kaufmann, Gerhard Vorwort. In: Joachim Münzing: Der historische Walfang in Bildern. Hg. vom Altonaer Museum in Hamburg. Herford, Ha burg 1987, S. 7).

10 Melville, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 32, S. 133

11 Vgl. Münzing, Joachim: Der historische Walfang in Bildern. Hrsg. vom Altonaer Museum in Hamburg. Herford, Ham burg 1987, S. 9

12 Vgl. Ellis, Richard: Mensch und Wal. Die Geschichte eines ungleichen Kampfes. München 1993, S. 46

13 Vgl. ebd, S. 51f.

14 Michelet, Jules: Das Meer. Frankfurt am Main, New York 2006, S. 196

15 Das Öl, das aus der Fettschicht des Wals (dem Blubber) ausgekocht wurde, war der Hauptgrund für den Walfang. Es wurde leuchtungszwecke und als Heiz- und Schmiermittel verwendet. Zudem diente es als Rohstoff für die Herstell Seifen und Lacken und wurde bei der Bearbeitung von Textilien, Leder und Tauen benutzt. Ein weiterer Grund waren die als Fischbein bezeichneten Bartenplatten. Sie bestehen aus Horn und wachsen an den Gaumenrändern des Oberkiefers. Mit ihrer Hilfe filtern die Bartenwale planktonische Krebstiere aus dem Meerwasser. Dieses feste elastische Material war viel- seitig nutzbar und wurde u.a. für Korsettstangen, Wagenfedern, Angelruten und Peitschenstiele verwendet und zu Sieben und Netzen verarbeitet (vgl. Ellis, Richard: Mensch und Wal. Die Geschichte eines ungleichen Kampfes. München 1993, S. 52, 59ff. und S. 174).

16 Der Pottwal war für die Herstellung von Schmiermitteln und Kerzen überaus begehrt. Das besondere am Pottwal ist, dass ein Schädel Walratöl, ´Spermaceti´, enthält, das zusätzlich zum normalen Walöl verwertet werden konnte. Aus diesem Walratöl ließen sich rauch- und geruchslose Kerzen und feinstes Lampenöl herstellen, die im Gegensatz zu den alten Wal- öl-, Wachs- und Talgkerzen rückstandsfrei verbrannten. Besonders für den Handel mit Europa wurde das hochwertige Öl des Pottwals seit etwa 1750 ein wichtiges Exportgut und hatte den drei- bis fünffachen Wert von herkömmlichen Walöl (vgl. ebd., S. 133ff. und S. 178).

17 Vgl. ebd., S. 133

18 Den Beginn der amerikanischen Pottwaljagd datiert Richard Ellis auf das Jahr 1712. Er erfolgte hauptsächlich von dem afen der Insel Nantucket aus, der ab diesem Zeitpunkt mehr als ein Jahrhundert lang das Zentrum der amerikanische Walfangindustrie war und erst in den 1850er Jahren von New Bedford als dem nun bedeutendsten Walfanghafen abgelöst wurde (vgl. ebd., S. 130ff.).

19 Vgl. ebd., S. 162

20 Ebd., S. 151

21 Vgl. Lanzinger, Klaus: Die Epik im amerikanischen Roman. Frankfurt /Main, Berlin, Bonn, München 1965, S. 35

22 Vgl. Ellis, Richard: Mensch und Wal. Die Geschichte eines ungleichen Kampfes. München 1993, S. 225ff.

23 Ebd., S. 11

24 Vgl. Münzing, Joachim: Der historische Walfang in Bildern. Hg. vom Altonaer Museum in Hamburg. Herford, Hambur 1987, S. 29 und S. 39

25 Kaufmann, Gerhard: Vorwort. In: Joachim Münzing: Der historische Walfang in Bildern. Hg. vom Altonaer Museum i Hamburg. Herford, Hamburg 1987, S. 7

26 Michelet, Jules: Das Meer. Frankfurt am Main, New York 2006, S. 197

27 Ebd.

28 Kaufmann, Gerhard: Vorwort. In: Joachim Münzing: Der historische Walfang in Bildern. Hg. vom Altonaer Museum i Hamburg. Herford, Hamburg 1987, S. 7

29 Ebd.

30 Lanzinger, Klaus: Die Epik im amerikanischen Roman. Frankfurt/Main, Berlin, Bonn, München 1965, S. 34

31 Melville, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 1, S. 1

32 Zur Besatzung eines Walfangschiffes gehören sämtliche an Bord befindlichen und mittel- oder unmittelbar am Fang betei- ligten Personen. Die Schiffsbesatzung setzt sich zusammen aus dem Kapitän, den Offizieren (Steuermänner und Harpu- niere) und der einfachen Schiffsmannschaft (Matrosen).

33 Melville, Herman: Typee. A peep at Polynesian Life. Evanston, Chicago 1968, Chapter 4, S. 21

34 Ellis, Richard: Mensch und Wal. Die Geschichte eines ungleichen Kampfes. München 1993, S. 154

35 Ebd., S. 178

36 Die Entlohnung der einzelnen Besatzungsmitglieder war auch zur Blütezeit des amerikanischen Walfangs in den 1850e ahren ungleich gewichtet und wurde anteilig nach Fahrtende ausgezahlt. Da meistens nur der Kapitän und die Offiziere mit einem hohen Anteil rechnen konnten, war der finanzielle Erfolg der einfachen Schiffsmannschaft ungesichert, zumal sie für den Bedarf an Bord, der über die einfache Verpflegung hinausging, selbst aufkommen musste (vgl. ebd., S. 156f.).

37 Vgl. ebd., S. 155ff.

38 Vgl. ebd., S. 153

39 Ebd., S. 153

40 Vgl. ebd., S. 154

41 Vgl. ebd.

42 Vgl. Wagner, Hans-Peter: A History of British, Irish and American Literature. Trier 2003, S. 302

43 Münzing, Joachim: Der historische Walfang in Bildern. Hg. vom Altonaer Museum in Hamburg. Herford, Hambur 1987, S. 9

44 Matuschek, Stefan: Mythologie. In: Metzler Lexikon. Literatur. Hg. von Dieter Burdorf, Christoph Fasbender und Burk- hard Moennighoff. 3., völlig neu bearbeitete Aufl. Stuttgart, Weimar 2007, S. 524

45 Ebd.

46 Mit Kulturkreis ist hier ein Gebiet gemeint, in dem bestimmte religiöse und soziale Ordnungen charakteristisch sind; i esem existieren aufgrund dessen ähnliche Wertvorstellungen, soziale Normen und Gebräuche.

47 Matuschek, Stefan: Mythologie. In: Metzler Lexikon. Literatur. Hg. von Dieter Burdorf, Christoph Fasbender und Burk- hard Moennighoff. 3., völlig neu bearbeitete Aufl. Stuttgart, Weimar 2007, S. 524

48 Ebd.

49 Ebd.

50 Ebd.

51 Hans Waldenfels sieht in der christlichen Theologie selbst noch Spuren vorchristlicher Herkunft und verweist auf ihre vorchristlich-griechisch[en]“ Ursprung (Waldenfels, Hans: Theologie. Christlich. In: Lexikon religiöser Grundbegriffe Judentum, Christentum, Islam. Hg. von Adel Theodor Koury. Graz, Wien, Köln 1987, S. 1042).

52 Hesiod: Sämtliche Gedichte. Theogonie. Erga. Frauenkataloge. Übersetzt und erläutert von Walter Marg. 2. Aufl. Züric München 1984: Vers 295f.

53 Vgl. Breitenbach, Alfred / Witte-Orr, Johanna: Ketos (Meerdrache). In: Reallexikon für Antike und Christentum. Sach- wörterbuch zur Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt. Band 20, Kanon I-Kleidung I. Hg. von Schöll- gen / Brakmann / Dihle / Engemann / Hoheisel / Speyer / Thraede. Stuttgart 2004, S. 774

54 Vgl. Marg, Walter: Erläuterungen. In: Hesiod: Sämtliche Gedichte. Theogonie. Erga. Frauenkataloge. Übersetzt und er- läutert von Walter Marg. 2. Aufl. Zürich, München 1984, S. 145

55 Vgl. Kerényi, Karl: Die Mythologie der Griechen. Die Götter- und Menschheitsgeschichten. 24. Aufl. München 2007, S 39

56 Vgl. ebd.

57 Vgl. Hesiod: Sämtliche Gedichte. Theogonie. Erga. Frauenkataloge. Übersetzt und erläutert von Walter Marg. 2. Aufl Zürich, München 1984, Vers 270ff.

58 Vgl. Breitenbach, Alfred / Witte-Orr, Johanna: Ketos (Meerdrache). In: Reallexikon für Antike und Christentum. Sach- wörterbuch zur Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt. Band 20, Kanon I-Kleidung I. Hg. von Schöll- gen / Brakmann / Dihle / Engemann / Hoheisel / Speyer / Thraede. Stuttgart 2004, S. 777

59 Marg, Walter: Erläuterungen. In: Hesiod: Sämtliche Gedichte. Theogonie. Erga. Frauenkataloge. Übersetzt und erläutert von Walter Marg. 2. Aufl. Zürich, München 1984, S. 145f.

60 Vgl. Breitenbach, Alfred/Witte-Orr, Johanna: Ketos (Meerdrache). In: Reallexikon für Antike und Christentum. Sach- wörterbuch zur Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt. Band 20, Kanon I-Kleidung I. Hg. von Schöll- gen / Brakmann / Dihle / Engemann / Hoheisel / Speyer / Thraede. Stuttgart 2004, S. 795

61 Melville, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 82, S. 371

62 Medusa ist in der griechischen Mythologie eine der drei Gorgonen, die Töchter der Meeresgottheiten Phorkys und Keto er Anblick / Blick Medusas verwandelt Lebewesen zu Stein. Sie ist als einzige der drei Gorgonen sterblich.

63 Vgl. Rose, Herbert Jennings: Griechische Mythologie. Ein Handbuch. 5. Aufl. München 1978, S. 269

64 Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Frankfurt/Main 2008, S. 52f

65 Ranke-Graves, Robert von: Griechische Mythologie. Quellen und Deutung. Reinbek 1989, S. 217

66 Melville, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 82, S. 373

67 Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Frankfurt/Main 2008, S. 193

68 Rose, Herbert Jennings: Griechische Mythologie. Ein Handbuch. 5. Aufl. München 1978, S. 218

69 Ranke-Graves, Robert von: Griechische Mythologie. Quellen und Deutung. Reinbek 1989, S. 492

70 Ein Heros ist in der griechischen Mythologie ein zwischen Göttern und Menschen stehender Held, der ein Halbgott (S ines Gottes und einer sterblichen Mutter oder umgekehrt) ist oder wegen seiner Taten als Halbgott verehrt wird.

71 Ranke-Graves, Robert von: Griechische Mythologie. Quellen und Deutung. Reinbek 1989, S. 491

72 Vgl. Biedermann, Hans: Wal. In: Hans Biedermann: Knaurs Lexikon der Symbole. Augsburg 2000, S. 467

73 Keller, Otto: Die antike Tierwelt. Erster Band: Säugetiere. Leipzig 1909, S. 412

74 Melville, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 82, S. 371

75 Ebd., Chapter 82, S. 372

76 Melville bezieht sich hier auf das Buch Hesekiel, in dem es heißt: „Du Menschenkind, stimm ein Klagelied an über de harao, den König von Ägypten, und sprich zu ihm: Du Löwe unter den Völkern, wie bist du dahin! Und doch warst wie ein Drache im Meer und schnaubtest in deinen Strömen und rührtest das Wasser auf mit deinen Füßen und machtest seine Ströme trübe.“ (Hesekiel 32,2)

77 Melville, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 82, S. 372

78 Der besseren Lesbarkeit wegen werden alle relevanten Textstellen der christlichen Bibel nach der Übersetzung Martin thers aus der revidierten Fassung von 1984 zitiert. In besonderen Fällen wird auf die Wittenberger Ausgabe Bezug genommen, die dem Autor der vorliegenden Arbeit in dieser Ausgabe zur Verfügung stand: Biblia: Die gantze Hei- lige Schrifft: Deudsch. Übersetzt von Martin Luther. Wittenberger Ausgabe von 1545. 3 Bände, München 1974.

79 Breitenbach, Alfred / Witte-Orr, Johanna: Ketos (Meerdrache). In: Reallexikon für Antike und Christentum. Sachwör- terbuch zur Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt. Band 20, Kanon I-Kleidung I. Hg. von Schöllgen / Brakmann / Dihle / Engemann / Hoheisel / Speyer / Thraede. Stuttgart 2004, S. 788

80 W olff, Hans Walter: Jonabuch. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Reli- gionswissenschaft, Band 3, H-Kon, 3. Aufl. Hg. von Kurt Galling. Tübingen 1959, S. 854

81 Selbst wenn er eine umgekehrte Beeinflussung feststellt und er die Sage von Herakles und Hesione von der älteren hebräi- schen Geschichte Jonas abgeleitet sieht, konstatiert auch Melville eine Verbindung zwischen Mythologie und dem Buch Jona: „[B]y the best contradictory authorities, this Grecian story of Hercules and the whale is considered to be derived from the still more ancient Hebrew story of Jonah and the whale; and vice versâ; certainly they are very similar.“ (Melvil- le, Herman: Moby Dick. Hertfordshire 1992, Chapter 82, S. 373)

82 Botterweck, Gerhard Johannes und Cornfeld, Gaalyahn (Hrsg.): Die Bibel und ihre Welt. Eine Enzyklopädie zur Heili- gen Schrift. Band 1, A-J. Bergisch Gladbach 1969, S. 844

83 Thiel, Winfried: Jona. In: Evangelischen Kirchenlexikon. Band 2, G-K, 3. Aufl. Hg. von Erwin Fahlbusch. Göttingen 1989, S. 844

84 Jonas tiefer Fall wird versinnbildlicht durch seinen physischen Abstieg: „Nach Jafo war […] [Jona] ´hinabgestiegen´, dann ins Unterste des Schiffes, danach in den Tiefschlaf; schließlich wird er in die Meerestiefe geworfen und vom großen Fisch verschlungen. Tiefer geht es nicht mehr!“ (Grimm, Werner: Jona, Buch. In: Das grosse Bibellexikon. Band 2, Haar- Otniel. Hg. von Burkhardt / Grünzweig / Laubach / Maier. Wuppertal, Zürich 1988, S. 713)

85 Hübener, Andrea: Wal. In: Metzler Lexikon literarischer Symbole. Hg. von Günter Butzer und Joachim Jacob. Stuttgart, Weimar 2008, S. 410

86 Heßler, Bertram: Jonas. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Band 5, Hannover-Karterios, 2. Aufl. Hg. von Josef Höfe und Karl Rahner. Freiburg 1960, S. 1114

Ende der Leseprobe aus 100 Seiten

Details

Titel
Literarische Wa(h)lverwandtschaften. Herman Melville und Friedrich Gerstäcker oder die Symbolik des Wals
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Institut für Germanistik)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
100
Katalognummer
V465779
ISBN (eBook)
9783668933927
ISBN (Buch)
9783668933934
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Melville, Gerstäcker, Symbolik, Moby Dick, Typee, Mardi, Omoo, Walfang, Wal, Tahiti, Südsee, James F. Cooper, Walter Scott
Arbeit zitieren
Adrian Gunkel (Autor:in), 2010, Literarische Wa(h)lverwandtschaften. Herman Melville und Friedrich Gerstäcker oder die Symbolik des Wals, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/465779

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Titel: Literarische Wa(h)lverwandtschaften. Herman Melville und Friedrich Gerstäcker oder die Symbolik des Wals



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