Propheten und Erlöser

Religiöser Fanatismus bei den Indianern Nordamerikas


Wissenschaftliche Studie, 2011

99 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zum Geleit

1. Kapitel
Das Indian-Country und die Shawnee im 17. und 18. Jahrhundert

2. Kapitel
Die Bewegung des Propheten und die Religiöse Wiedererweckung
Ein Besuch in der Geisterwelt
Indianische Mythologie
Die Anderson-Greenville-Bewegung

3. Kapitel
Die Lehre des Propheten
Herr des Lebens
Tenskwatawa Kreuzzug

4. Kapitel
Von Greenville bis Prophets-Town
Die Bewegung des Propheten in den Jahren 1806-1809
Schwarzer Sonntag
Massen Bekehrungen und Wallfahrten
Prophets-Town - Stadt der großen Reinigung

5. Kapitel
Der Vertrag von Fort Wayne und seine Folgen
Der Vertrag von Fort Wayne
Die Folgen eines Vertrages
Die südliche Allianz

6. Kapitel
Das Indianergebiet im Jahre 1811
Ausbruch von Feindseligkeiten
Harrisons Expedition ins Wabash-Tal
Weissagungen des Propheten

7. Kapitel
Die Schlacht vom Tippecanoe-River

8. Kapitel
Der Fall des Propheten
Das Leben Tenskwatawa 1812-1826
Die Zerstörung von Prophets-Town
Die Auswirkungen der indianischen Niederlage
Tenskwatawa und der Krieg von 1812

9. Kapitel
Das Vermächtnis des Propheten

Die erste Auflage des Buches Propheten und Erlöser erschien 2000 im Verlag Clemens Zerling

Zum Geleit

Bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert legte der Held vieler Indianerbücher- und Filme, der Shawnee-Häuptling Tecumseh (Der zum Sprung sich duckende Berglöwe), den Grundstein für eine intertribale Vereinigung aller Indianervölker Nordamerikas und forderte einen nach dem Prinzip der Vereinigten Staaten unabhängigen und souveränen Indianerstaat, mit dem Ohio als Grenze. In Anlehnung an diese Grundidee griff Lalawethika (Die Rassel), der spätere Prophet, den Gedanken alsbald auf und formte eine von christlicher Mystik beeinflußte große Freiheitsbewegung, die sich aber rigoros auf traditionell indianische Werte besann. Die erst in Greenville (Ohio), später am Tippecanoe-Fluß in Indiana ansässige Gemeinde nahm durch die propagandistischen Unternehmungen ihrer Führer einen rasanten Aufschwung. Der religiöse Eifer und Fanatismus Tenskwatawas mußte dabei den Argwohn der amerikanischen Regierung herausfordern, die in der Konzen- tration so zahlreicher, zum Teil auch ehemals verfeindeter Stämme eine drohende Gefahr aufkommen sah. Obschon viele Stämme die Lehren des Propheten mit Begeisterung annahmen, vermochte es Tenskwatawa nicht, das Bündnis und die Einigkeit der Indianer über längere Zeit aufrecht zu erhalten. Zwar hätte er aus der vergangenen Geschichte der Algonkin-Völker wissen müssen, daß eine dauerhafte politische und militärische Einigung an mangelnder Disziplin scheiterte, selbst wenn die Selbsterhaltung der Stämme dadurch bedroht war, Ängste, Fatalismus, Eifersüchteleien und Machtkämpfe, insbesondere aber die Ereignisse um die unglückliche Schlacht von Tippecanoe (1811) ließen auch jetzt die anfängliche Euphorie schnell abklingen.

Allerdings hatten inquisitorische Ansätze und eine immer stärker durchschimmernde Unseriösität Tenskwatawa ebenfalls dafür gesorgt, daß sich die religiös-spirituelle Klammer, die so viele indianische Völkerschaften zusammenhielt, immer weiter lockerte. Die Tippecanoe-Ereignisse machten den Propheten nahezu unglaubwürdig, während seine Lehre noch weitergereicht und später von anderen Stämmen in Teilen neu aufgegriffen wurde. Die Aufbauarbeit der Shawnee-Brüder an einem großen Bündnis aller nördlichen und südlichen Stämme, einschließlich der westlich des Mississippi ansässigen Nationen, stand jedoch vor einem Scherbenhaufen. Und damit auch der machtvolle Widerstand gegen die immer weiter vordringenden weißen Siedler.

Die kleine Schrift versucht in prägnanter Weise einen fokussierten Blick auf die Entwicklung im Nordamerika des frühen 19. Jahrhunderts zu werfen. Er richtet sich auf die Lehre des Propheten, die Entstehung und Auswirkung seiner Bewegung wie auf den mit vielen Fehlern und Schwächen behafteten Menschen Tenskwatawa. Eines der Hauptanliegen dieses Buches ist es, den Propheten aus dem Schatten seines berühmten Bruders heraustreten zu lassen. Zweifelsohne war Tecumseh eine herausragende Führergestalt, aber ohne die beharrlichen Aktivitäten Tenskwatawa würde er wahrscheinlich nie seinen Kultstatus erlangt haben, noch den Ruhm genießen, zu den vier größten Indianerhäuptlingen Nordamerikas zählen zu dürfen.[1] Gleichzeitig wird hier innerhalb des indianischen Freiheitskampfes ein religiös-spirituelles Moment beleuchtet, das bislang in den Darstellungen zu kurz kam und noch auf eine gründliche Forschung wartet. Das aber vielleicht zum wichtigsten Träger dieses Widerstandes wurde, der sonst vermutlich nie so viele unterschiedliche Stämme erfaßt hätte.

Erfurt April/Mai 2011

1.Die Shawnee und das Indian-Country im 17. und 18. Jahrhundert

Der Stamm der Shawnee, zu dessen Volk Lalawethika – der spätere Prophet – gehörte, gliederte sich in fünf Unterabteilungen. Dazu zählten die Chilacotha, die Assiwikale, die Kispokotha, die Spitotha und die Biawakotha.[2] Alle zusammen gehörten sie der großen Algonkin-Sprachfamilie an, die aus 100 voneinander unabhängigen Stämmen bestand. Diese vermochten sich zwar gelegentlich gegen Eindringlinge von außen zu einigen, noch leichter aber untereinander in heftige Fehden zu geraten. Die ursprüngliche Heimat der Shawnee befand sich im Osten der heutigen Vereinigten Staaten. Durch Vertreibung gelangten sie schließlich in den Süden. Teile des Stammes ließen sich auf dem Gebiet der befreundeten Creek in Georgia und Alabama nieder. Bereits Ende des 17. Jahrhunderts erfolgte eine Rückwanderung erster Gruppen nach Pennsylvania. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gingen auch die restlichen Shawnee in ihre ursprünglichen Wohngebiete zurück.

Um 1800 waren die Shawnee sowohl aus politischen, wie auch aus wirtschaftlichen Gründen in verschiedene Lokalgruppen gespalten, deren Wohnsitze sich zu jener Zeit über das Territorium der späteren Staaten Ohio, Indiana und Missouri erstreckten. Die Shawnee verband eine enge Verwandtschaft mit den Kickapoo sowie mit dem am Mississippi lebendem Doppelstamm der Sauk und Fox. Zu ihren Bundesgenossen zählten die mächtigen Wyandot (die Nachfahren der einst bedeutenden Huronen-Konföderation), die sie ihre „Onkel“ nannten, und die Delaware, ihre „Großväter“. Die anderen befreundeten Nationen bezeichneten sie als „ältere Brüder“.

Schon um 1650 war die damals noch vereinte Völkerschaft der Shawnee von der „Irokesen-Liga“ (eine aus anfangs fünf, später aus sechs Nationen bestehende Konföderation) aus ihren angestammten Gebieten in West-Virginia, New Jersey und Pennsylvania nach Süden hin abgedrängt worden. Wie die meisten der von den Irokesen vertriebenen Stämme gehörten auch die Shawnee bald zu den Verbündeten der am St.-Lorenz-Strom lebenden Franzosen, die sie auch mit Waffen und Schießbedarf versorgten. In dem wenige Jahre später ausbrechenden ersten Interkolonialen Krieg fochten die Shawnee an der Seite des französischen Gouverneurs Comte de Frontenac gegen Großbritannien und deren irokesische Verbündete. Obgleich die englischen Truppen manchen Kampf für sich entscheiden konnten, hielten die Shawnee dem Lilienbanner weiterhin unverbrüchliche Treue. So waren sie auch in die Streitigkeiten um das Ohio-Tal verwickelt, die 1748 ihren Anfang nahmen. Der Krieg, der diesen Konfrontationen folgte, wurde French- and Indian War (1754-1763) genannt. Catahecassa (Black Hoof), der damals wohl einflußreichste Chief der Shawnee-Nation, hatte mit einer Abteilung seines Stammes an der berühmten Schlacht vom Monongahela (1755) teilgenommen. Zu dieser Abteilung zählte auch der Shawnee-Kriegshäuptling Puckeshinwah, der Vater Lalawethika und Tecumsehs. Als sich das Kriegsglück 1758/59 den Briten zuwandte, willigten Black Hoofs Leute in einen Vertrag mit den Engländern ein.

Dem Oberhäuptling der Ottawa Pontiac, gelang es im Frühjahr 1763 einen aus 25 Nationen und indianischen Splittergruppen bestehenden Bund zu schmieden. Pontiacs Entschlossenheit, zum gemeinsamen Handeln, war nicht zuletzt auf die Prophezeiungen eines Delaware-Propheten zurückzuführen, welcher die nördlichen Stämme schon 1762 zum bewaffneten Kampf gegen die Engländer aufgerufen hatte. Im Mai 1763 schlugen die indianischen Krieger los und eroberten innerhalb 48 Stunden neun von zwölf englischen Befestigungen. Die anderen Militärposten hielten indes stand, und lange Belagerungen wie bei Fort Pitt in Pennsylvania zermürbten die Bündnistreue der nördlichen Stämme. Am 12. Oktober 1763 mußte Pontiacs geschwächte Allianz in einen Separatfrieden mit den Engländern einwilligen. Auch die Shawnee unter ihrem Oberhäuptling Cornstalk hatten sich an den Kampfhandlungen gegen die Briten beteiligt und einmal mehr Mut und Kampfgeist bewiesen. Cornstalk führte seine Landsleute auch im sogenannten Lord Dunmores Krieg, der sich gegen die Besiedlung Kentuckys (das den Indianern als neutrales Jagdgebiet vertraglich zugesichert worden war) durch weiße Farmer richtete. In der Schlacht von Point Pleasant (1774) fand Puckeshinwah den Tod.

Während des Revolutionskrieges (1775-1783) ergriffen die Shawnee, wie die meisten vormals mit Frankreich verbündeten Stämme, Partei für die Briten. Im Verlauf der blutigen Auseinandersetzungen fand Cornstalk durch einen hinterhältigen Anschlag amerikanischer Milizionäre den Tod. Die Shawnees zogen darauf gegen die ungeschützte Grenze, überfielen Militärstützpunkte und verheerten weiße Farmen und Ansiedlungen schonungslos. Um das Jahr 1780 begab sich eine größere Gruppe Shawnee unter Führung der Häuptlinge Yellow Hawk und Black Stump nach Cape Girardeau[3], Missouri.

Der Revolutionskrieg war kaum beendet, als gegen Ende der achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts die Feindseligkeiten um den Besitz des Ohio-Tales erneut ausbrachen. Im Big Bottom am Muskingum, oberhalb Mariettas, töteten die Indianer alle Einwohner des Ortes. Angriffe, mit zum Teil nicht unerheblichen Verlusten, erfolgten auch auf Cincinnati, Columbia und andere Niederlassungen. Nach einiger Zeit verflachten die Kämpfe, und neue Verhandlungen bahnten sich an. Als aber die Regierung den Muskingum zur Demarkationslinie erklärte, flammten die Kämpfe abermals auf. Da die nördlichen Indianer sich jedoch zu keinerlei Kompromissen bereit fanden, entsandte die Regierung Militär. Die amerikanischen Soldaten unter General Harmar mußten sich dabei nach verlustreichen Kämpfen zurückziehen, ohne ihr Ziel, die Indianer zu befrieden, erreicht zu haben. Der Little-Turtles-War (1790-1795) hatte aber gerade erst begonnen, wobei die verbündeten Völkerschaften unter dem fähigen Little Turtle, dem Oberhäuptling der Miami-Konföderation, kämpften. Nach anfänglichen Erfolgen und einem Teilsieg bei Fort Recovery erfolgte schließlich die Niederlage der Indianer in der Schlacht bei Fallen Timbers (1794). In diesem denkwürdigen Kampf gelang es Generalmajor Wayne, die von Blue Jacket[4] geführten Krieger empfindlich zu schlagen, was eine Auflösung des Stammesbundes zur Folge hatte.

Der junge Shawnee-Häuptling Tecumseh hatte an jenem 20. August 1794 eine eigene Abteilung von Kriegern geführt. Dieser gehörten auch Tecumsehs Geschwister an, die 19-jährigen Drillinge Lalawethika, Sauwauseekau und Kumskaka (auch Kumskaukau). Lalawethika hatte sich mit den bereits erwähnten Brüdern dem Vortrupp angeschlossen. Dieser griff einen berittenen Freiwilligenverband aus dem Hinterhalt an und brachte ihn durch ein gezieltes Feuer in arge Bedrängnis, so daß der Stoßtrupp die Verbindung zur Hauptarmee verlor. Nachdem die Indianer die fliehenden Soldaten einige Zeit verfolgt hatten, sahen sie den Hauptkörper der amerikanischen Armee in breiter Front vordringen, um auf das berittene Vorhutbataillon zu treffen. Tecumseh rief eine Warnung, die zu der Linie Blue Jackets hinübergetragen wurde. Die indianischen Krieger hielten an und kehrten um. Indes bewegte sich der linke Flügel der Amerikaner auf die Indianer zu. Lalawethika nutzte indes die Gelegenheit und floh voller Panik, worauf er mehrere Tage verschwunden blieb. Die kleine Episode kennzeichnet vielleicht schon etwas den Charakter des zukünftigen Shawnee-Propheten: Unbesonnenheit und Vernunft oder Feigheit und Realitätssinn? Oder von allem etwas? Inwieweit Lalawethika auch an anderen kriegerischen Handlungen während des Little-Turtles-War beteiligt war, ist geschichtlich nicht überliefert. Da er aber zu Tecumsehs kleiner Gruppe gehörte, ist seine Teilnahme an weiteren Unternehmungen nicht auszuschließen.

Das militärische Übergewicht der amerikanischen Truppen in der desaströsen Schlacht von Fallen Timbers nötigte die verbündeten Indianerstämme, sich schließlich ganz zurückzuziehen. Von ihren englischen Verbündeten in Detroit im Stich gelassen und ihrer Ernten und Vorräte beraubt, mußte sich das indianische Bündnis seinem Schicksal fügen. Ihre großen Führer wie Little Turtle, Buckongahelas, Blue Jacket, Black Hoof, Red Pole oder Chief Crane schlossen in Fort Greenville Frieden[5] mit den Vereinigten Staaten. Tecumseh war den Verhandlungen fern geblieben. Die Vertreter der Shawnee[6] „gingen nun“ wie Edmunds schreibt,

den Weg des weißen Mannes und bauten ihren Einfluß durch ihren Zugang zu den Regierungsgeldern aus; Tecumseh folgte immer noch dem Weg des Kriegers, ein Kämpfer nach alter Shawneetradition, gebunden an die überlieferten Sitten seines Stammes. Daß sich Tecumseh geweigert hatte, an den Verhandlungen des Vertrages von Greenville teilzunehmen, zeigte, daß er politisch zu naiv war, um die Rolle, welche die Bundesregierung von nun an in der Politik der Shawnee einnahm, realistisch einzuschätzen; seine Unabhängigkeit stärkte jedoch bloß seine Stellung unter seiner kleinen Anhängerschaft.[7]

Im Sommer 1796 war eine Partei der in mehrere örtliche Gruppen gespaltenen Shawnee unter ihrem jungen Häuptling Tecumseh an den Great-Miami in Ohio gezogen, um Mais anzubauen. Diesem Zweig hatte sich auch Lalawethika, der die Schmach von Fallen Timers offenbar zu überwinden hoffte, zugesellt.

Am Whitewater-River im Osten Indianas gründete diese Gruppe 1797 eine neue Ansiedlung, bevor sie sich 1798 einem Zweig der Delaware am White-River in Zentralostindiana anschloß. Schon bald fanden sich eine Anzahl verstreuter Indianergruppen, die nach dem Vertrag von Greenville ihre Heimat verloren hatten, an jenem Ort ein. 1799 veranlaßte Tecumseh eine Unterredung zwischen weißen Siedlern und Indianern nahe Urbana. Während der Zusammenkunft stellte er erstmals auch seine Fähigkeiten als Redner unter Beweis. Tecumseh, 1768 in Piqua, Ohio geboren, war ein überzeugter Patriot und wohl ein Mann großer Visionen und Träume. Schon früh machte er sich einen Namen als Führer von Format und großem Charakter.

2.Die Bewegung des Propheten und die Religiöse Wiedererweckung

Ein Besuch in der Geisterwelt

1800 erklärte die US-Regierung das den indianischen Stämmen nach dem beschämenden Vertrag von Greenville noch verbliebene Landgebiet zum sogenannten Indiana-Territori- um. Zum Gouverneur dieses Territoriums ernannte der damalige Präsident John Adams den Amerikaner William Henry Harrison.[8] Kaum befand sich Harrison in Amt und Würden, als er die amerikanische Expansionspolitik zu aktivieren begann und diese in geradezu schändlicher Weise und fast im Alleingang vorantrieb. Infolge einer Reihe von dubiosen Landabtretungsverträgen (so in den Abkommen von Fort Wayne, 1803; Vincennes, 1804; Fort Industry und St. Louis, 1805), mit zumeist zahlenmäßig schwachen Stämmen (Delaware, Sauk, Wea und Piankeshaw), reduzierte sich das Indiana-Territorium auf unbedeutende winzige Landstriche und schob die Grenze weißer Besiedlung bis unmittelbar an das Land der Indianer heran. Während das Gebiet im Jahre 1800 noch den gesamten Nordwesten mit Ausnahme Ohios umfaßte, schmolz es innerhalb von weniger als zehn Jahren nahezu völlig zusammen. Schon 1802 gliederte man das Territorium von Ohio dem amerikanischen Staatenbund an. Nur drei Jahre später konnte auch das Gebiet von Michigan abgetrennt und gleich dem Territorium von Illinois, wenige Jahre später zum Bundesstaat ernannt werden. Den Indianern des Nordwest-Territoriums kostete dieser systematische Landraub allein in dem relativ kurzen Zeitraum zwischen 1800 und 1809 sage und schreibe 40 Millionen Hektar Land.

Bereits gegen Ende des ausgehenden 18. Jahrhunderts hatte Tecumseh den Plan gefaßt, alle Indianerstämme Nordamerikas zu einer intertribalen Vereinigung zusammenzufassen. Dabei sollte die einfache wie geniale Idee weit über das bisher gewohnte hinausgehen. Denn Bestrebungen in dieser Richtung hatte es bereits seit dem frühen 17. Jahrhundert gegeben. Leider war diesen, oftmals nur lockeren Militärbündnissen, zumeist nur eine kurze Existenz beschieden. Tecumsehs Gedanke von einer gewaltigen Allianz aller Indianerstämme nahm vor allen, durch die bereits im Jahre 1803 beginnenden Aktivitäten seines Bruders begünstigt, ab 1808/09 immer festere Formen an. Die Unternehmungen Tecumsehs sollten vor allen durch Lalawethika Pläne wesentlich beeinflusst und geformt werden.

Der im Frühjahr 1775 in der alten Shawnee-Stadt Piqua in Ohio geborene Lalawethika (auch Laulewasika) zählte ohne Zweifel zu den merkwürdigsten und zugleich umstrittensten Gestalten unter den Indianern Nordamerikas. Als vierjähriger wurde er von seiner Mutter verstoßen und bereits als halbwüchsiger begann er dem Alkohol des weißen Mannes zuzusprechen. Nie hatte sich Lalawethika an den Aktivitäten seines Stammes, die wie in jeder indianischen Gemeinschaft dem Gemeinwohl beitrugen, beteiligt. Lieber trieb er sich wie ein Landstreicher in der Gegend herum. Er war wohl ein miserabler Jäger worauf seine Freunde und Verwandten, vor allem sein sieben Jahre älterer Bruder Tecumseh seine Familie mit Fleisch versorgten. Im Dorf trieb man Witze mit ihm und blickte auf ihn herab. Sie nannten ihn „Lärmmacher“, da er seine Hilflosigkeit mit ständigem Prahlen zu kompensieren versuchte. Später verließ er seinen Stamm, arbeitete u.a. als Bootsknecht und besuchte große amerikanische Städte wie Quebec oder Halifax, bevor Lalawethika in den 1790-er Jahren zu den Seinen zurückkehrte. Auf die Teilnahme Lalawethika im Kampf bei Fallen Timbers 1794 ist bereits an anderer Stelle hingewiesen worden. An der Unterzeichnung des Vertrages von Greenville 1795 nahm er nicht teil, da er weder den Status eines Häuptlings besaß, noch als ein herausragender Krieger galt.

Im Lager am White River (Indiana) wurde Lalawethika mit Penagashea (Change of Feathers), den die Shawnee als Prophet und Medizinmann respektierten, bekannt gemacht. Zuerst mochte der alkoholisierte junge Angeber den alten Shawnee nicht, aber schließlich wurden die zwei Männer Freunde. Und obwohl Lalawethika keine Vision erfahren hatte, weihte in Penagashea in die Geheimnisse der indianischen Medizin und Heilkunst ein. Als der Schamane 1804 starb, nahm kein anderer als Lalawethika dessen Platz ein. Er kasteite sich und bildete sich weiter zum Medizinmann aus. Seine erste große Bewährungsprobe als Heilkünstler bestand in der Bekämpfung einer Viruskrankheit, die seine Leute im Februar und März 1805 am White River befallen und bereits eine Anzahl Todesopfer gefordert hatte. Der neue Medizinmann der Shawnee versprach, die „Geister der Kranken“ zu vertreiben und eine vollständige Heilung herbeizuführen. Schon bald nach seiner Prophezeiung endete das Sterben plötzlich, und die Krankheit war besiegt.

Um die selbe Zeit ließ sich Lalawethika in der Nähe der Missionsstation Anderson – benannt nach dem bekannten Delaware-Chief Willliam Anderson (I) – am White River nieder. Seine sprichwörtliche Liebe für das „Feuerwasser“ des weißen Mannes hielt indes auch dort an; überdies entwickelte er, offenbar als Folge seiner Alkoholexzesse, schwere psychische und emotionale Probleme.

Eines Nachts fiel Lalawethika vor dem Feuer seiner Hütte in einen gefährlichen Trancezustand, vermutlich sogar in ein Koma. Seine Frau sprach ihn an, doch er antwortete nicht. Andere Stammesangehörige drehten Lalawethika auf den Rücken, aber seine Augen blieben geschlossen und er schien nicht zu atmen. Seine Freunde glaubten, er fände nicht mehr zurück und bereiteten schließlich sein Begräbnis vor. Als sie sich zu seiner Beerdigung versammelten, erwachte er aus seinem Dämmerzustand und sagte ihnen, daß er von einem Besuch in der Geisterwelt zurückgekehrt sei und die Schleier der Vergangenheit und Zukunft gelüftet habe. Durch „offene Türen“ habe er Not und Glückseligkeit kennengelernt. Er habe geträumt, der Große Geist finde kein Gefallen an seiner bisherigen Lebensweise. Er müsse schleunigst mit dem Trinken aufhören und ein neues Leben beginnen. Und er solle alle Indianer die richtige Lebensweise lehren. Von da an mied er den Alkohol und empfahl allen Indianern nah und fern auf das dringendste, seinem Beispiel zu folgen. Lalawethika soll noch mehrere Male in Trance gefallen, aber jedes Mal mit „göttlichen Ratschlägen“ wieder aufgewacht sein.

Seit dieser Begebenheit wurde der Shawnee als Prophet und Reformator von seinem Stamm anerkannt, worauf er seinen bisherigen Namen in The Open Door (Tenskwatawa, auch Elkswatawa genannt), was auf die Erlösung seines Volkes durch ihn hindeutete, umänderte. Den Namen entlieh er dem Wort Christi „Ich bin die Tür“ im 10. Kapitel des Johannes-Evangeliums. Das Aufsehen, das er mit seinen Predigten erregte, veranlaßte Krieger der verschiedensten nördlichen Stämme, ihn in seinem Lager bei Anderson aufzusuchen, um ihm zuzuhören.

Indianische Mythologie

Als Medizinmann hatte Lalawethika auch einen tiefen Einblick in die Mythologie, die ihn, wie die Riten und Bräuche der nördlichen Stämme gleichermaßen zu beschäftigen schien, erhalten. Die Mythen wurden von ausgewählten Stammesmitgliedern wie Medizinmännern oder Schamanen sorgfältig aufbewahrt, sie enthielten die gesamten Identitäts- und Existenzgrundlagen eines Stammes. In den Mythen fanden die Medizinmänner Antwort auf die Fragen nach Leben und Tod, nach Ursprüngen von Sonne, Mond und Sternen, Blitz, Donner und Regen, nach den wichtigsten Pflanzenarten. In der Mythologie der Shawnee hat die Erde die Form eines Schildkrötenpanzers, der im Ozean schwimmt. An ihren Rändern trifft das Meer den Himmel; und immer wenn ein Mensch stirbt, gleitet die Seele westwärts zur untergehenden Sonne, und wo sich Himmel und Wasser treffen findet die Seele den Weg ins Jenseits. Der Schöpfer der Welt, der im Himmel wohnt, überwacht das Leben unten auf der Erde. Die wichtigste Mythe der Shawnee und einiger anderer nördlicher Stämme, so die Überlieferung, spricht von einer vom Himmel gefallenen Frau. Bei den Shawnee nimmt diese Frau so Bierhorst die Rolle des Schöpfers ein.

…bekannt als » Wolke « oder » Unsere Großmutter « , steigt sie vom Himmel herab und erschafft die Schildkröte, die Erde wie auch die Landschaften von Erde und Himmel. Ihr Enkel » Wolkiger Junge « und dessen kleiner Hund reisen mit ihr. Gegen den Willen der weiblichen Schöpfungsgottheit tötet » Wolkiger Junge « einen riesigen Mann, indem er ihm ein Messer in den Bauch stößt. Aus dieser Wunde ergießt sich die Sintflut. Unsere Großmutter erschafft dann das Land neu, wobei sie den Flußkrebs als Erdtaucher einsetzt. Einige Zeit danach erschuf sie die Shawnee und zeigte ihnen, wie man Mais anpflanzt, wie man jagt, wie man Häuser baut und wie man Zeremonien abhält. Nachdem sie ihre Pflicht getan hatte, zog sie sich in den Himmel zurück.[9]

Die in der Indianerliteratur häufig auftretenden Bezeichnungen Medizin und Medizinbeutel (auch als heilige Bündel benannt[10] ), nahmen von alters her einen hohen Stellenwert in den Mythen der nördlichen Indianer ein und spielten vor allen während der zahlreichen Zeremonien eine gewichtige Rolle. Die heiligen Bündel, so glaubten die Shawnee, seien ihnen vom Großen Geist übergeben worden, als dieser den Stamm schuf. Die Funktionen der Bündel waren verschieden, stellten jedoch ein gefährliches Monopol dar. Nach der Mythologie der Shawnee besaßen sie eine große geistige Macht, die außerdem für die Vernichtung der See-Ungeheuer verantwortlich zeichnete. Die Inhalte solcher heiligen Bündel konnten u.a. aus Kürbisrasseln, mit Adlerfedern geschmückte Flöten, wichtigen Dokumenten, Perlen und Wampumschnüren bestehen. Das Auswickeln eines Bündels wurde von Zeremonien begleitet und oblag nur auserwählten Stammesmitgliedern. Auch später noch wurden die Bündel von ihren Wächtern als eine Quelle von Macht und Weisheit angesehen.

Catlin wußte über die Medizin und Medizinbeutel folgendes zu berichten:

Das Wort » Medizin « das » Geheimnis « bedeutet, spielt eine große Rolle bei den Indianern. Die Pelzhändler (Franzosen) nennen natürlich einen Arzt » Medicin « . Das Indianerland ist aber voll von Ärzten, und da sie sämtlich Zauberer und in viele Geheimnisse eingeweiht sind oder dies wenigstens behaupten, so ist das Wort » Medizin « auf alle geheimnisvollen oder unerklärlichen Dinge angewendet worden. Die Engländer und Amerikaner [...] haben das Wort mit einer kleinen Veränderung, aber in derselben Bedeutung angenommen; sie nennen jene Personen » Medizinmänner « , was etwas mehr umfaßt als Doktor oder Arzt [...]. Die Indianer bedienen sich jedoch nicht des Wortes » Medizin « , sondern jeder Stamm hat ein eigenes Wort dafür, das gleichbedeutend ist mit » Geheimnis « oder » Geheimnismann « . Der » Medizinbeutel « ist daher der » Geheimnisbeutel « [...]. Diese Beutel werden aus Häuten von Säugetieren, Vögeln oder Amphibien gemacht und nach dem Geschmack oder der Laune des Verfertigers auf die mannigfaltige Art verziert oder aufbewahrt [...]. Sie werden stets mit Gras, Moos oder ähnlichen Dingen ausgestopft und enthalten gewöhnlich gar keine Arzneien, da sie gewissenhaft verschlossen und versiegelt und selten oder nie geöffnet werden. Jeder Indianer im Naturzustand hat seinen » Medizinbeutel « in irgendeiner Form, dem er die größte Verehrung beweist und von dem sein ganzes Leben hindurch Sicherheit und Schutz zu erwarten ist.[11]

Die Anderson-Greenville-Bewegung

The Open Door schuf in der Folgezeit, inspiriert von seinen früheren Visionen, eine religiöse Erweckungsbewegung, die Ihresgleichen auf dem amerikanischen Kontinent sucht. Als Träger einer in der Geisterwelt empfangenen Offenbarung, so die Bekanntmachung des Propheten, sei er Auserkoren, allen Indianern die richtige Lebensweise zu lehren. Zweifellos waren Teile seiner Lehre, wie im nächsten Kapitel angeführt, an die christliche Religion angelehnt. Der Indianeragent Thomas Forsyth, der bei den nördlichen Stämmen außerordentlich beliebt war und häufig mit dem Propheten zusammentraf, erfuhr von einem ehemaligen Gefährten Tenskwatawa folgende Information:

Tenskwatawa lernte, mit großer, mitreißender Leidenschaft zu sprechen. Abwechselnd konnte er bei seinen Ansprachen weinen und sich dann wieder zu strengen Ermahnungen erheben. Oft ging der Prophet in die Wälder, um Manitu zu Rate zu ziehen. Das Aufsehen, das er erregte, veranlaßte Männer aus vielen verschiedenen Stämmen, ihn in seinem Lager am White River aufzusuchen. Manche von ihnen wurden seine Anhänger, fühlten sich schuldig ob ihrer Lebensweise und begannen ein neues Leben.[12]

Die im obigen Zitat wie auch an anderen Stellen des Textes erwähnte Bezeichnung Manitu, daß häufig im Zusammenhang mit den Verrichtungen der Propheten und Medizinmänner genannt wird, ist als eine unpersönliche Eigenschaft, als eine in der Natur unabhängig existierende Kraft, zu verstehen. Die Gestalt des Manitu ist nur in Verbindung mit etwas Konkretem existent, es kann sich dabei auch um ein mit übernatürlicher Macht ausgestattetes Wesen handeln, welches auch als persönlicher Schutzgeist fungiert. Die Bezeichnung Manitu ist nicht das Synonym für eine Gottheit, den Herrn des Lebens. Dies ist es nach Ansicht von E. Lips,

... erst durch die geschickte Lenkung der Missionare geworden. Das manito ist eine Zauberkraft, die manchen Dingen und Geschöpfen zeitweilig oder dauernd innewohnt – sei es nun Stern, Stein, Baum, Tier, Gerät, seien es die Stürme und Gewässer oder sei es selbst der Mensch. Wohl kann das manito sich zuweilen zu gewissen zauberischen Gestalten personenhaft verdichten, aber dies nur bei bestimmten Anlässen und gewissermaßen als Symbol.[13]

Obwohl die Blindheit auf einem Auge, verursacht durch einen Unfall in seiner Kindheit, seine persönliche Erscheinung trübte, muß Tenskwatawa eine anziehende und kraftvolle Persönlichkeit ausgestrahlt haben.[14] Und die religiöse Leidenschaft, die er bei den indianischen Stämmen weckte, wurde mit Ausnahme der späteren Ghost-dance-(Geistertanz-) Bewegung zu keiner Zeit seit den ersten Kontakten mit den Weißen mehr erreicht.[15] Der Prophet zeigte wenig Mut in allen seinen Aktivitäten, galt dafür aber als listig, verschlagen und renommiersüchtig. Wie sein Bruder war auch er ein großer Redner, übertraf ihn jedoch in der Kunst, seine Auftritte geradezu inszenieren zu können.

In den Sommermonaten 1805 zogen Tenskwatawas Anhänger in das im August 1795 an die USA gefallene und zwischenzeitlich wieder verlassene Gebiet um Fort Greenville in Ohio.[16] Die Wiederbesetzung des Territoriums besaß für die Indianer Symbolcharakter und sorgte bei den Siedlern aber auch in Regierungskreisen für nicht wenig Aufsehen. Im Verlauf nur weniger Jahre etablierte sich Greenville zum Hauptquartier aller anti-amerikanisch gesonnenen Indianer, dem The Open Door, als Prophet und Oberhaupt aller dort ansässigen Völkerschaften vorstand. Als ersten Schritt plante der Prophet offensichtlich, so viele Indianer wie mit fairen Mitteln möglich in seinem Hauptquartier zu versammeln und, sobald seine Anhängerschaft stark genug sei, die übrigen unter Gewalt zu zwingen, sich ihm anzuschließen. Dann könne er daran denken, den Weißen Gesetze zu diktieren.

Zeitgleich mit dem Umzug nach Greenville gab es Bemühungen einiger älterer Shawnee-Häuptlinge, die verstreuten Lokalgruppen des Stammes in Wapakoneta in Ohio (II) wiederzuvereinen. In dieser Angelegenheit ergingen Einladungen an die Shawnee von Tawa-Town am Auglaize (Ohio), an die Mississiniway-Gruppe in Indiana sowie an die bei Anderson und Muncie lebenden Zweige, zu denen auch Tenskwatawa und Tecumseh gehörten. Alle Shawnee-Gruppen sagten dem Treffen zu und man versammelte sich in Greenville. Tenskwatawa, dessen Einfluß sich bereits zu jener Zeit spürbar geltend machte, empfahl den Häuptlingen jedoch, in Greenville zu bleiben, statt sich am Auglaize niederzulassen.

Anmerkungen:

I. Anderson, dessen indianischer Name Kik-tha-We-nund lautet, wurde 1740 in Anderson´s Ferry, Pennsylvania geboren. Seine Mutter war eine Delaware, sein Vater ein schwedischer Händler. Im Revolutionskrieg stand Anderson an der Seite des pro-amerikanischen Delaware-Häuptlings White Eyes. Nach dem Krieg zog der Stamm nach Westen und erhielt von den Miami die Erlaubnis, sich am White River niederzulassen. In der Folge entstanden dort mehrere Ansiedlungen. Die Residenz Chief Andersons, Führer des Schildkröten-Clans der Delaware, befand sich im Zentrum des heutigen Anderson. Kik-tha-We-nund war nicht ohne Einfluß bei seinen Leuten. Er schaffte es, den Schnapshandel bei den Delaware einzudämmen und hielt die Bewohner seines Dorfes aus den Auseinandersetzungen mit den Amerikanern heraus.

[...]


[1] Dies waren die indianischen Häuptlinge King Philipp (Metacom), Pontiac, Tecumseh und Black Hawk.

[2] Jede dieser Unterabteilungen bestand aus zwei oder drei großen Clans, die ihr gemeinsames Totemtier hatten. So zählten zu den Chilacotha die Clans Wolf, Bär und Puma. Der spätere Prophet gehörte dem Clan des Pumas an.

[3] Das Gebiet um Cape Girardeau gehörte damals noch zu Spanien. Der Franco-Kanadier Louis Lorimier, der bei den meisten Indianern sehr beliebt war, hatte die Shawnee noch während des Revolutionskrieges dazu bewegt, sich auf der Westseite des Mississippi anzusiedeln, wo er einen Handelsposten Lorimier-Store genannt, betrieb. Später hatten sich an jenem Ort auch einige Gruppen der Delaware niedergelassen.

[4] Blue Jacket besaß trotz seiner weißen Herkunft eine große Autorität unter den nördlichen Indianern. Nach dem freiwilligen Rücktritt von Little Turtle bestimmte ihn der Gemeinschaftsrat der verbündeten Stämme zum Oberhäuptling und damit zum Anführer von etwa 2.000 Kriegern. Diese führte Blue Jacket in der Schlacht von Fallen Timbers. Der Häuptling erfreute sich auch nach Greenville außerordentlicher Beliebtheit bei seinen Landsleuten. Während des Councils in Brownstown (1801) scheiterten Blue Jackets Bemühungen, das Bündnis der Stämme wieder aufleben zu lassen. Auf Einladung des Shawnee-Häuptlings nahmen auch westliche Stämme wie die Sauk und Fox an den Unterredungen teil. 1805 unterzeichnete er den Vertrag von Fort Industry. Obgleich sich Blue Jacket der amerikanischen Politik zu unterwerfen schien, zeigte er eine große Begeisterung für die Lehre des Propheten. Blue Jacket starb im Sommer 1810 in Blue Jackets Town.

[5] Der im August 1795 als Folge der Schlacht von Fallen Timbers ratifizierte Vertrag von Greenville brachte 25.000 englische Quadratmeilen Land in Michigan und Indiana sowie weite Gebiete in Ohio an die Vereinigten Staaten und sicherte diesen das Vorkaufsrecht auf weiteres Indianerland. Die den Vertrag unterzeichnenden Stämme mußten zudem ihr Einverständnis für das Anlegen weiterer Stützpunkte geben und dafür 17 spezielle Gebiete, insgesamt noch einmal 400 km Land zur Verfügung stellen. Die Regierung ihrerseits erklärte sich – zumindest auf dem Papier – die den Indianern noch verbliebenen Ländereien mit ihrem indianischen Namen Indiana anzuerkennen.

[6] Der Shawnee-Oberhäuptling und Unterzeichner des Vertrages von Greenville Black Hoof wandte den Briten nach der Niederlage von Fallen Timbers den Rücken zu. Er residierte als loyaler Verbündeter der USA in der alten Shawnee-Stadt Wapakoneta. Black Hoof richtete sich von vorn herein gegen die Aktivitäten des Propheten und seines Bruders, er konnte jedoch nicht verhindern, daß sich eine Anzahl junger Leute seines Dorfes, den Shawnee-Brüdern anschlossen. Mehrere Verträge zwischen den Shawnee und der US-Regierung tragen seine Unterschrift.

[7] Edmunds, Tecumseh and the Quest for Indian Leadership, S. 40-42

[8] Harrison schloß sich 1791 der amerikanischen Armee an, bevor er als Kommandant des Forts Washington in Ohio Verwendung fand. Während des Feldzuges von 1793/94 diente Harrison als Adjutant des Generals Wayne, in dieser Funktion nahm er auch an der Schlacht von Fallen Timbers (1794) teil.

[9] Bierhorst, Die Mythologie der Indianer Nordamerikas, S. 189

[10] Der Inhalt des Medizinbeutels besteht aus Pflanzensubstanzen, Jagdfetische, rituelle Farbstoffe u.ä. Er ist der heiligste Besitz der Indianer.

[11] Catlin, Die Indianer Nordamerikas, S. 34/35

[12] Tucker, Tecumseh. Vision of Glory, S. 105

[13] Lips, Das Indianerbuch, S. 125/26

[14] Der spätere Prophet hatte sein Augenlicht während einer Schießübung mit Pfeil und Bogen eingebüßt. Er galt was den Umgang mit Waffen betraf als wenig geschickt.

[15] Blair, Indian Tribes Upper Mississippi and the Great Lakes Region, o.S.

[16] Tucker datiert den Umzug der Gemeinde auf das Frühjahr 1805.

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Propheten und Erlöser
Untertitel
Religiöser Fanatismus bei den Indianern Nordamerikas
Autor
Jahr
2011
Seiten
99
Katalognummer
V170880
ISBN (eBook)
9783640900770
ISBN (Buch)
9783640900701
Dateigröße
787 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die erste Auflage des Buches Propheten und Erlöser erschien 2000 im Verlag Clemens Zerling.
Schlagworte
propheten, erlöser, religiöser, fanatismus, indianern, nordamerikas
Arbeit zitieren
Robert Winter (Autor:in), 2011, Propheten und Erlöser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170880

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