Die Nahua unter Spanischer Herrschaft - Die versklavte Hochkultur?

Wie sich religiöse und weltliche Unterwerfung bedingten


Hausarbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einführende Worte

Die rechtliche Grundlagen der Eroberung Altamerikas

Die Verwaltung der Kolonien (oder: weltliche Versklavung unter kirchlichem Deckmantel)

Aus Alt mach Neu: Christentum versus Götterkult (oder: geistige Versklavung auf staatliche Anordnung?)

Bartolomé De Las Casas oder: die Gewissenskrise

Schlusswort

Bibiliografie

Einführende Worte

"Tlatelolco, heroisch verteidigt von Cuathémoc, fiel am 13. August 1512 in die Hände von Hernan Cortez. Es war weder ein Sieg noch eine Niederlage, sondern die schmerzhafte Geburt des Mestizenvolkes, das heißt der Mexikaner von heute (Gedenktafel an der Seite der Großen Pyramide von Tlatelolco, wo die letzte Schlacht stattfand)"

... so heißt es auf einer Gedenktafel am Platz der drei Kulturen, wo die letzten Reste einer längst vergangenen Hochkultur zu finden sind. In einer Stadt, die nicht mehr Tlatelolco oder Tenochtitlán heißt, sondern Mexico City genannt wird- eine Megalopolis, erbaut über den Gemäuern der Aztekenstadt, die sie unter sich begräbt.

Diese Vorstellung von der "Stadt über der Stadt" scheint geradezu sinnbildlich zu sein für die gesamte Eroberungs- und Kolonialzeit. Immerhin fand mit der Eroberung Mexikos durch die Spanier scheinbar eine ganze Kultur, eine Religion, ein ganzes Volk, ein Zeitalter sein plötzliches Ende.

Schon während der Eroberung wurde mit verschiedenen rechtlichen Grundlagen, auf die ich einleitend im ersten Kapitel eingehen werde, der Grundstein für die spätere Ausbeutung gelegt. Schon hier wird deutlich wie sehr sich die geistige und die weltliche Unterwerfung gegenseitig bedingten. Diese These werde ich im Verlauf der Arbeit durch weitere Textbeispiele zu belegen versuchen. Dabei werde ich zuerst näher auf die weltliche Unterwerfung und deren Darstellung in der Literatur eingehen und zum besseren Verständnis die Grundzüge der spanischen Verwaltung erklären. Später werde ich die Verbindung zur Darstellung der geistigen Unterwerfung in der Literatur ziehen und auch hier zur Verständniserleichterung auf die Spanische Missionsgeschichte eingehen. Zum Abschluss meiner Arbeit werde ich das Gedankengut des Bartolomé de las Casas präsentieren, das, wenn es umgesetzt worden wäre, eine Alternative zum Verlauf der Konquista geboten hätte

Die rechtliche Grundlagen der Eroberung Altamerikas

Über die Unmenschlichkeit, mit der die Eroberung des alten Mexikos im 16. Jahrhundert vollzogen wurde, ist man sich heute durchaus bewusst. Doch welche Begründungen sind uns von den Eroberern in der Literatur überliefert, um ihre Raub- und Eroberungszüge zu rechtfertigen? Wie bedingten sich religiöse und säkulare Handlungsweisen gegenseitig? Welche Rolle spielte hierbei die spanische Krone? Schon vor der Eroberung Mexikos verlangte die Krone von allen Gewinnen, die in Amerika erzielt wurden, sei es durch Landwirtschaft, durch Handel mit den Indios, durch Raubzüge, oder gar durch Menschenhandel, ein königliches Fünftel. So war die Krone von Anfang an zumindest wirtschaftlich an der Eroberung und an der Versklavung der Indios beteiligt. Der Handel mit den friedlichen Indios wurde durch sogenannte Tauschhandellizenzen geregelt, die vom spanischen Königshaus vergeben wurden. Die begehrtesten Lizenzen, die von der spanischen Krone vergeben wurden, waren jedoch die Poblamiento - Lizenzen, die dem Besitzer das Recht verliehen sich in noch unbekannten Gebieten niederzulassen und eine Expedition zu leiten.

Das erklärte Ziel eines jeden Eroberungszuges und einer jeden Entdeckungsreise war jedoch die Bekehrung der ansässigen Bevölkerung. Diesem "höheren Ziel" war jeder Eroberungszug nicht nur ideologisch sondern auch rechtlich untergeordnet: Jeder Eroberungszug wurde von einem Notar des Königs begleitet, der bei jedem Kontakt mit einheimischer Bevölkerung ein Schriftstück, das sogenannte Requerimiento, zu verlesen hatte. Es handelte sich um ein 1513 in Burgos entstandenes Gesetz , in dem die Eingeborenen dazu aufgefordert wurden sich dem König von Kastilien zu unterwerfen und zum Christentum zu konvertieren. Da die Verlesung in spanischer Sprache erfolgte kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Indios überhaupt verstanden, was von ihnen verlangt wurde. Befolgte die einheimische Bevölkerung diese Bedingungen nicht freiwillig, so erlaubte das Requerimiento - Gesetz sie mit Gewalt dazu zu zwingen:

“[...]Wenn ihr das aber nicht tut und böswillig zögert, dann werde ich [...]mit Gottes Hilfe gewaltsam gegen euch vorgehen, euch überall und auf alle nur mögliche Art mit Krieg überziehen, euch unter das Joch und unter den Gehorsam der Kirche und Seiner Majestät beugen, eure Frauen und Kinder zu Sklaven machen, sie verkaufen und über sie nach dem Befehl Seiner Majestät verfügen. Wir werden euch euer Eigentum nehmen, euch schädigen und euch Übles antun, soviel wir nur können, und euch als Vasallen behandeln, die ihrem Herrn nicht gehorsam und ergeben, sondern widerspenstig und aufsässig sind. Wir bezeugen feierlich, dass das Blutvergießen und die Schäden, die daraus erwachsen, allein euch zur Last fallen,[...](Meyn, Matthias (Hg. und Übersetzer): Der Aufbau der Kolonialreiche ,Dokumente zur Geschichte der europäischen Expansion, Bd. 3, München: Beck, 1987,S. 472 – 474)”.

Auch soll das Requerimiento oft bei Nacht nur unter den Soldaten selbst verlesen worden sein, worauf man über die unschuldigen Indianer, die in ihren Häusern schliefen, herfiel, ganze Ortschaften niederbrannte und die Indianer folterte, um an Informationen über Gold zu gelangen.[1] Man sieht also, dass die Krone allein durch das Erlassen solcher Gesetze schon zu Anfang einen ganz erheblichen Anteil an der Ausbeutung und Versklavung der Indios hatte, auch wenn man bedenkt, dass sowohl Karl V als auch das aragonesisch - kastilische Herrscherpaar Ferdinand und Isabella kaum eine Vorstellung von dem Ausmaß dieser Ausbeutung haben konnten, da sie den amerikanischen Kontinent nie betraten.

Auch wird deutlich, dass jeder weltlichen Unterwerfung eine religiöse Begründung vorausging.

Die Verwaltung der Kolonien (oder: weltliche Versklavung unter kirchlichem Deckmantel)

Spanien und der König waren fern und so mussten Personen und Institutionen eingesetzt werden, die dem König halfen, seine Herrschaftsgebiete zu verwalten.

Die “Basisstationen” der vollkommenen Unterwerfung Amerikas waren die Städte. So gründete ja auch Cortés nach seiner Ankunft in Mexiko als erstes die Stadt Veracruz. Eine Kirche bildete stets den Mittelpunkt der kolonialen Stadt. Die Stadt ist in jedem Falle als ideologische Basis der Kolonialherrschaft anzusehen. Bernal Díaz beschreibt mindestens ein Fall, in dem die vorher ansässigen Indios, getötet oder versklavt und dann durch eine gezielte Besiedlungspolitik endgültig ideologisch unterwandert wurden[2].

Mit der bürokratischen Verwaltung des neuen Reiches wurde 1524 der Indienrat beauftragt. Der Indienrat diente gleichzeitig als oberstes Gericht. Des weiteren wurde das eroberte Gebiet in Vizekönigreiche unterteil, die von Vizekönigen als oberster Autorität regiert wurden. Eine weitere wichtige Institution stellten die Audiencias dar- eine Art oberste Gerichtshöfe-, deren oberste Richter die Oidores waren. Sie bildeten die eigentlichen Machtzentren, denn sie hatten zahlreiche administrative und legislative Kompetenzen und die Oidores waren oft ohnehin einflussreiche Persönlichkeiten, was auch Bernal Díaz betont.[3] Die Audiencia Real war auch für die Aufteilung der Ländereien zuständig, was schon zu Anfang Streitigkeiten hervorrief.[4] Die Oidores ernannten die meist korrupten, da schlecht bezahlten Visitadores, die zwischen den Indios und den Spaniern vermitteln sollten.[5] Aufgrund ihrer meist nur kurzen Amtszeit versuchten viele Beamte in dieser Zeit durch zahlreiche mehr oder weniger legale koloniale Geschäfte so schnell wie möglich viel Reichtum anzuhäufen. So versuchte gar der Präsident der Audiencia Real durch Sklavenhaltung reich zu werden.[6]

[...]


[1] Vgl. Las Casas, Bartolomé, Kurzgefasster Bericht von der Verwüstung der Westindischen Länder, (Hg.): Michael Sievernich, Aus dem Spanischen von Ulrich Kunzmann, Baden-Baden: Insel Verlag, Erste Auflage, 2006, S.43-44

[2] Vgl: Del Castillo, Bernal Díaz, Historia Verdadera De La Conquista De La Nueva Espana, Barcelona: www.LINKGUA.com, 2007 , S 514

[3] Vgl.: Del Castillo, Bernal Díaz, Historia Verdadera De La Conquista De La Nueva Espana, S.500

[4] Vgl.: Del Castillo, Bernal Díaz, Historia Verdadera De La Conquista De La Nueva Espana, S 500

[5] Vgl. Salentiny, Fernand, Santiago!: Die Zerstörung Altamerikas, Frankfurt am Main: Umschau- Verlag, 1980, S. 323-324

[6] Vgl.: Del Castillo, Bernal Díaz, Historia Verdadera De La Conquista De La Nueva Espana, S 503

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Nahua unter Spanischer Herrschaft - Die versklavte Hochkultur?
Untertitel
Wie sich religiöse und weltliche Unterwerfung bedingten
Hochschule
Universität Konstanz
Veranstaltung
Seminar: Mythos Malinche: Verräterin oder Eroberin Mexikos
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V136722
ISBN (eBook)
9783640451227
ISBN (Buch)
9783640451128
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit bearbeitet die Kolonisierung des Aztekenreiches unter spanischer Herrschaft. Dabei beziehen sich die erarbeiteten Thesen auf die einschlägige koloniale Literatur der Autoren: Bernal Díaz Del Castillo, Fray Bernadinho de Sahagún und Bartolomé De Las Casas.
Schlagworte
Nahua, Spanischer, Herrschaft, Hochkultur, Unterwerfung
Arbeit zitieren
Andrea Henkel (Autor:in), 2008, Die Nahua unter Spanischer Herrschaft - Die versklavte Hochkultur?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136722

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