Der Fall der Berliner Mauer und die Reaktion der Sowjetunion


Hausarbeit, 2001

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Außenpolitik vor der Wende
2.1 Die Ausgangslage nach dem Führungswechsel
2.2 Die USA-Politik
2.3 Die Deutschlandpolitik
2.3.1 Das Verhältnis zur DDR
2.3.2 Das Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland

3. Die Außenpolitik in der Wendezeit
3.1 Oktober 1989
3.2 November 1989

4. Die Außenpolitik nach der Wende
4.1 Deutschlandpolitik im Zeichen der Zwei-plus-Vier-Gespräche
4.2 Das Verhältnis zum Westen

5. Fazit

6. Literaturangaben

1. Einleitung

Der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 bedeutete nicht nur für die beiden deutschen Staaten, sondern für die ganze Welt eine tiefe Zäsur im Hinblick auf die künftige Entwicklung der Weltpolitik.

In meinen Ausführungen werde ich auf die Entwicklung der Außenpolitik der Sowjetunion zwischen 1986 und 1991 eingehen, wobei der Schwerpunkt der Analyse auf der Deutschlandpolitik von Gorbatschow liegen wird. Zahlreiche Außenstehende verfallen nämlich dem Irrglauben, es habe bis zu jenem schicksalhaften 9. November 1989 von Seiten der Sowjetunion eine rigide Politik des Kalten Krieges gegeben, sprich, der real existierende Sozialismus sollte auch – notfalls mit Gewalt - in westeuropäischen Ländern Einzug erhalten und damit zur prägenden Lebensform in ganz Europa werden. Doch die nachfolgenden Ausführungen werden zeigen, dass bereits nach dem Führungswechsel hin zu Michail Gorbatschow im Jahr 1985 eine merkliche Klimaverbesserung zwischen der UdSSR und der westlichen Welt stattfand. Diese hat sich durch die Ereignisse im Herbst 1989 nochmals verstärkt.

Deshalb sollen es uns nun u.a. folgende Fragen interessieren:

Wie verhielt sich die Sowjetunion vor dem 9. November 1989, dessen Ereignisse das endgültige Ende der Vorherrschaft des Landes in Osteuropa mit sich brachten? Wie reagierte sie auf den Mauerfall an sich und wie gestaltete sie ihre Außenpolitik nach den umwälzenden Ereignissen?

2. Die Außenpolitik vor der Wende

2.1 Die Ausgangslage nach dem Führungswechsel

Als Michail Gorbatschow im März 1985 die Macht übernahm, befand sich die Sowjetunion innen- wie außenpolitisch in einer tiefen Krise.

Die inneren Verhältnisse des Landes waren nach der Breschnew-Ära durch bürokratische Verkrustung, zunehmender Überalterung der Führungskader und stetige Verringerung des Wirtschaftswachstums bis hin zum Nullwachstum gekennzeichnet. Stagnation in fast allen Lebensbereichen war an der Tagesordnung. Die unter Breschnew verstärkte totalitäre Herrschaftsstruktur (Einparteiendiktatur) führte zu einer mangelnden Reformbereitschaft der Führungskader, die UdSSR hatte infolgedessen den technologischen Anschluss an die NATO-Staaten weitestgehend verloren. Längst erfüllte sie nicht mehr die Anforderungen einer modernen und vollentwickelten Industriegesellschaft.

Außenpolitisch war die UdSSR außerhalb des Gebietes des RGW mittlerweile stark isoliert. Die sogenannte expansive Außenpolitik in Zentralasien und der Dritten Welt führte zu einem stetigen Ansehensverlust, auch bei neutralen Staaten. Höhepunkt dieser Politik bildete der Einmarsch in Afghanistan am 27. Dezember 1979, der u.a. einen Boykott der Olympischen Spiele im Sommer 1980 in Moskau von Seiten der westlichen Welt zur Folge hatte. Zuvor hatten bereits die sowjetische Intervention in der Tschechoslowakei im Jahr 1968 (Prager Frühling), sowie die gewaltsame Niederschlagung der in Polen ausgebrochenen Streiks (1970, 1976 und 1980) für weltweite Verstimmung gesorgt und insbesondere die Ost-West-Beziehungen schwer belastet. Breschnew und die unter seiner Führung stehende KPdSU waren jedoch nicht in der Lage, die von ihnen eingeleiteten Fehlentwicklungen im innen- und außenpolitischen Sektor zu erkennen, vielmehr wurde sie als die einzige, den Sozialismus stärkende Politik angesehen. Der oberste Sowjet erklärte, dass die bisherige Entwicklung dazu beitrage, das Ziel einer „westlichen Ausdehnung des sozialistischen Weltsystems“[1], zu erreichen. Die sowjetische expansive Politik hatte eine neuerliche Rüstungsspirale in Gang gesetzt, welche in der Stationierung der SS-20 Mittelstreckenraketen, sowie Pershing II-Raketen in Westeuropa durch die NATO 1983 gipfelte und zur von US-Präsident Ronald Reagan initiierten strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) führte.

Die Ausgangslage zum Amtsantritt Gorbatschows war demnach alles andere als einfach – Reformen wurden von immer größeren Teilen der Bevölkerung, wie auch der KPdSU-Führung als dringend notwendig empfunden. Es setzte sich die Erkenntnis durch, dass die sich in immer rapiderem Tempo verschlechternde wirtschaftliche Lage dem außenpolitischen Machtstreben der Supermacht die Grenzen aufzeigte.

2.2 Die USA-Politik

Das Scheitern des Gipfels von Reykjavik im Oktober 1986 führte zu einer weiteren Verschlechterung der amerikanisch-sowjetischen Beziehungen. Der US-Präsident war bei dem Treffen in der isländischen Hauptstadt nicht auf Gorbatschows Forderungen eingegangen, welche „lähmende Restriktionen für das amerikanische SDI-Programm“[2]vorsahen. Reagan und Gorbatschow einigten sich jedoch auf eine Art Nulllösung, die besagte, dass beide Mächte jeweils 100 Raketen außerhalb Europas behalten könnten. Der wie Gorbatschow erst kurz im Amt stehende sowjetische Außenminister Schewardnadse griff auf dem Wiener KSZE-Treffen im gleichen Jahr die USA selbst für damalige Verhältnisse ungewöhnlich scharf an. Er warf ihnen vor, selbst die erreichte Minimallösung von Reykjavik in Frage stellen zu wollen, die auch zu einer Verwirklichung des Gorbatschow-Plans (bis 2000 völlige Beseitigung aller Nuklearwaffen) führen sollte. Insgesamt war die sowjetische USA-Politik in vielen Punkten äußerst undurchsichtig und von Dritten nur schwer einzuschätzen. Dabei war von den NATO-Staaten nur schwer einzuordnen, weswegen die UdSSR einen derart hohen Wert auf eine Begrenzung des SDI-Programms legte. „Das SDI-Programm (Strategic Defense Initiative), welches 1983 entwickelt wurde, stellte ein weltraumgestütztes Raketenabwehrsystem dar.“[3]Manche sahen in dieser Verhaltensweise des Kremls die Suche desselben nach einem Vorwand, die amerikanisch-sowjetischen Beziehungen vollständig einzufrieren, um sich wichtigen innenpolitischen Fragen widmen zu können.

Es fiel in der zweiten Hälfte der Achtziger Jahre allerdings auch ein nicht unerhebliches Verhandlungsgeschick und Selbstbewusstsein Gorbatschows auf Gipfeltreffen – die für ihn „ein taktisches Hauptinstrument“[4]bedeuteten - mit den USA auf. So gerieten die Vereinigten Staaten 1987 nach dem Vorschlag des sowjetischen Generalsekretärs, auf Mittelstreckenwaffen komplett zu verzichten (SRINF-Frage), in Zugzwang. Eine Ablehnung dieses Vorschlags hätte einen Ansehensverlust der westlichen Welt zur Folge gehabt, da die sowjetische Presse den Vorwurf einer geplanten Nachrüstung erhoben hätte, während eine Zustimmung eine Entnuklearisierung Westeuropas bedeutet hätte und die NATO nicht mehr das Abschreckungsinstrument auf dem Kontinent gewesen wäre. Die nach langen Verhandlungen und mit großen Bedenken beschlossene Annahme des Vorschlags führte allerdings wieder zu einer merklichen Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Supermächten nach dem Frühjahr 1987. Die UdSSR war damit ihrem nach außen propagierten Ziel, einem atomwaffenfreien Europa, ein Stück näher gekommen. Zu einer weiteren Entspannung des Verhältnisses führte der im Juli vorgelegte Plan Gorbatschows, östlich des Urals alle noch vorgesehen Mittelstreckenraketen abzubauen. Als Gegenleistung müssten die USA auf die 100 Mittelstreckenraketen in Alaska verzichten, die diesem Plan recht zügig zustimmten.

Gorbatschow feierte die erzielte Einigung als großen Erfolg. Er verkündete, „eine ganze Klasse von Waffen beseitigt“[5]zu haben. Sein propagierter Wille zur Abrüstung gewann nun immer mehr an Glaubwürdigkeit. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Unterzeichnung des INF-Vertrags (Intermediate-Range Nuclear Forces) im Dezember 1987, der u.a. eine komplette Beseitigung der Pershing-Sprengköpfe in Westeuropa vorsah. Doch in den Folgemonaten, die gleichzeitig die letzten Amtsmonate Reagans waren, wurden kaum noch Fortschritte in der Abrüstungspolitik erzielt, zumal in den USA Wahlkampf herrschte. Die festgefahrenen START-Verhandlungen (Strategic Arms Reduction Talks) waren infolgedessen nur ein äußerst bescheidener Beitrag zur weiteren Annäherung beider Staaten.

Ab Dezember 1988 gab es bereits erste Kontakte zum designierten Nachfolger Reagans George Bush (ab Januar 1989 im Amt), da der Abschluss des START-Vertrags stark vom Wohlwollen der USA abhing. Zudem hatte Gorbatschow zu diesem Zeitpunkt auch Bedenken, ob Bush seinen äußerst selbstbewussten Verhandlungsstil ebenso akzeptieren würde.

Abschließend lässt sich also feststellen, dass sich das amerikanisch-sowjetische Verhältnis seit dem Amtsantritt Gorbatschows nach anfänglichen Schwierigkeiten erheblich verbesserte – man kann hier tatsächlich von einer wirksamen Entspannungspolitik sprechen, die von beiden Seiten mitgetragen wurde.

[...]


[1]vgl. Heinz Brahm, Sowjetpolitik unter Gorbatschow 1985-90, Berlin 1991, S. 89

[2]Vgl. Bundesinst. für ostwiss. Und internat. Studien (BOIS), Die Sowjetunion 1988/89, Köln, S.221

[3]Vgl. Wichard Woyke, Handwörterbuch Internationale Politik, Opladen 2000, S.74

[4]Vgl. BOIS, a.a.O., S.226

[5]Vgl. Brahm, a.a.O., S.91

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Der Fall der Berliner Mauer und die Reaktion der Sowjetunion
Hochschule
Universität Potsdam
Veranstaltung
Der Zerfall des sowjetischen Imperiums
Note
2,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
20
Katalognummer
V33372
ISBN (eBook)
9783638338646
ISBN (Buch)
9783656589952
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es wird ein Vergleich der Außenpolitik der UdSSR vor und nach dem Fall der Berliner Mauer vorgenommen und kritisch bewertet.
Schlagworte
Fall, Berliner, Mauer, Reaktion, Sowjetunion, Zerfall, Imperiums
Arbeit zitieren
Dominique Sévin (Autor:in), 2001, Der Fall der Berliner Mauer und die Reaktion der Sowjetunion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33372

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