Der Melusine-Stoff als immer wiederkehrendes Phänomen in der Literatur


Hausarbeit, 2006

23 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Melusine als immer wiederkehrendes Motiv in der Literatur
2.1 Zeitstrahl
2.2 Der Melusine-Stoff an Hand des Zeitstrahls
2.2.1 Das Motiv der Mahrtenehe
2.2.2 Frühere Melusineversionen
2.2.3 Thüring von Ringoltingens Melusine-Version
2.2.3.1 Geschlechterkonstruktionen der Melusine
2.2.3.2 Die Merkmale Melusines Söhne als Zeichen nichtmenschlicher Abstammung
2.2.4 Spätere Versionen der Melusine

3 Fazit

4 Literaturverzeichnis
4.1 Primärquelle
4.2 Forschungsliteratur

1 Einleitung

Thüring von Ringoltingen lässt bereits in seinem Prolog zu Melusine keinen Zweifel daran, dass die Hauptfigur seiner Erzählung nicht ganz menschlicher Natur ist. Die Geschichte handelt von einer Fee namens Melusine, so wie deren Familie, ihren Eltern, ihrem Mann und ihren Kindern. Melusines Mutter war ebenfalls eine Fee, deren sterblicher Mann nicht stark genug war, ein vereinbartes Tabu einzuhalten. Der Versuch Melusines und ihrer Schwester, diese Tat des Vaters zu sühnen, wird von der Mutter durch einen Fluch bestraft, dass sie sich fortan an jedem Samstag hüftab in einen Wurm verwandeln. Als Melusine einen Gatten findet, muss der ihr zusichern, sich stets an Samstagen von ihr fernzuhalten. Doch auch Melusines Gatte ist zu schwach, das vereinbarte Verbot einzuhalten. Melusine verschwindet daraufhin und hinterlässt zehn Söhne, die alle mit einem besonderen Merkmal am Leib gezeichnet sind, welche symbolisch für die übernatürliche Herkunft stehen.[1]

Der Kern der Melusinen-Sage enthält ein uraltes, in vielen Kulturen anzutreffendes Motiv: es ist die Verbindung eines sterblichen Menschen mit einem überirdischen Wesen. Diese Verbindung ist in jeder Sage an ein Tabu geknüpft, welches den Menschen in seiner Unvollkommenheit von den unsterblichen, allwissenden Götterwesen deutlich abgrenzt. Wird dieses Tabu verletzt, folgt eine Trennung.

Die folgende Hausarbeit beleuchtet die Figur der Melusine als ein immer wiederkehrender Stoff in der Literaturgeschichte. Zu Anfang dieser Arbeit werde ich die vorhandenen Melusineversionen chronologisch in einem Zeitstrahl ordnen, um im nächsten Schritt die im Zeitstrahl genannten Versionen der Melusine-Sage näher zu beleuchten. Besonderes Augenmerk werde ich hierbei auf die von uns bearbeitete Lektüre Thüring von Ringoltingens werfen, wobei ich hierbei die Besonderheiten der Geschlechterkonstellation und Melusines Nachkommen herausstellen werde. Im Folgenden vervollständige ich noch die späteren Versionen der Melusine-Sage bis ins 20. Jahrhundert. Im Anschluss daran wird der Stoff der Melusine nochmals diskutiert und die Ergebnisse werden in einer Schlussbetrachtung gesichert, wodurch klar ersichtlich wird, dass sich das Melusine-Motiv bis in die Gegenwart zwar veränderte, aber das Grundmotiv immer unveränderlich bestehen blieb.

2 Melusine als immer wiederkehrendes Motiv in der Literatur

2.1 Zeitstrahl

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[2][3]

2.2 Der Melusine-Stoff an Hand des Zeitstrahls

Die literarischen Umsetzungen des Melusine-Stoffes vom 12. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert weisen zwar ähnliche Motivbestände und strukturelle Gemeinsamkeiten auf, entwickeln die Abhandlungen des Melusine-Stoffes jedoch in unterschiedlicher Weise oder blenden den Zusammenhang mit bestimmten Wissensbeständen wie Genealogie, Dämonologie, Naturkunde gänzlich aus. Dies geschieht, um die Geschichte neu zu arrangieren und zu kontextualisieren. Die Begegnung der Menschenwelt mit der Anderwelt, die alles außerhalb der begreifbaren Menschenwelt umfasst, wie auch die daraus resultierenden Konflikt-, Integrations- und Harmonisierungsabläufe stehen im narrativen Zentrum der Erzählung. Für die Menschenwelt ist ein Geflecht von sozialen Regeln, institutionellen Ordnungen und religiösen Vorgaben charakteristisch. Die Anderwelt wird durch einen Mangel an sozialen Bindungen und religiösem Heil als defizitär und erlösungsbedürftig beschrieben, zeichnet sich jedoch zugleich durch magische Gaben und Praktiken aus.[4]

2.2.1 Das Motiv der Mahrtenehe

Das Motiv der gestörten Mahrtenehe ist viel älter als die frühen Versionen der Melusine-Sagen und geht bis in die Zeiten indogermanischer Mythenbildung zurück.[5]

Hier könnte auch der Ursprung der abweichenden Wertung des nichtmenschlichen Partners liegen. So ist in der griechischen Mythologie die Verbindung zwischen einer Göttergestalt und eines Menschen anders konnotiert, als später im christlichen Mittelalter, in dem heidnischen Wesen der dämonische, teuflischen Seite der Welt zugeordnet werden.[6] Die Feen besitzen jetzt nicht mehr göttliche, sondern diabolische Attribute.

2.2.2 Frühere Melusineversionen

Die früheste erhaltene Version der Melusine-Sage ist die Historie de Lusignan des Jean d’Arras, der sie im Auftrag des Schlossherrn Jean de Berry (1387-94) aufzeichnete.[7] Melusine ist nach dieser Überlieferung die Tochter der Fee Persine. Diese trennte sich von ihrem Mann, nachdem dieser sie verletzt hatte. Melusines Versuch, die Tat des Vaters zu sühnen, wird von der Mutter damit bestraft, dass Melusine sich jeweils sonnabends in ein Schlangenweib zurückverwandelt. Auch Melusine muss nun einen Gatten finden, der ihr verspricht, sie sonnabends zu meiden und das Sehverbot einzuhalten. Wenn er allerdings das Versprechen bricht, ist Melusine auf ewig verdammt. Melusine heiratet Reymund, der ihr im Wald begegnete und versprach das genannte Tabu einzuhalten. An der Stätte ihrer ersten Begegnung gründen sie das Schloss Lusignan. Melusine schenkt ihrem Gatten Glück, Ansehen und zehn Söhne, die sich kriegerisch auszeichnen, aber gewisse körperliche Zeichen ihrer nichtmenschlichen Abstammung tragen. Eines Sonnabends belauscht Reymund seine Frau im Bad und sieht, dass ihr Unterkörper die Gestalt eines Fischschwanzes hat. Ihn verlässt daraufhin sein Glück. Besonders das Verhalten des gewalttätigen Sohnes Geoffroy gibt Anlass, dass Reymund im Zorn seine Frau beleidigt und sie durch ihren Makel vor Allen bloß stellt. Dies kann Melusine nicht hinnehmen und entweicht klagend in Drachengestalt und erscheint nur noch wenige Male nachts, um die jüngeren Söhne zu stillen. Reymund tritt die Regierung an seine Söhne ab, wird Einsiedler auf Montserrat und Geoffroy wird sein Nachfolger. Die Heldentaten dieses Sohnes sind Stoff des zweiten Teils der Chronik.[8]

Die Erzählungen, von Feen, wie die der Melusine, zeigen Aufstieg und Verfall von dynastischen Geschlechtern. Sie diskutieren das heikle Verhältnis von Fakt und Fiktion, der wahren Geschichte und dem Erfundenen, von Tatsächlichem und gar Wunderbarem, sie handeln von den Schranken der göttlichen Ordnung und führen von hier in den Gegenstandsbereich einerseits der Dämonologie, andererseits der Naturkunde.[9] Die Geschichten lassen sich lesen als


[...]

[1] Vgl. Störmer-Caysa, Uta (1999): S.239.

[2] Frenzel, Elisabeth (2005): S.598f.

[3] Ebd. S.598f.

[4] Vgl. Keller, Beate (2001): S.13.

[5] Vgl. Lecouteux, Claude (1979): S.76.

[6] Vgl. Janning (Hrsg.) (1980): S.63f.

[7] Vgl. Frenzel, Elisabeth (2005): S.598.

[8] Vgl. ebd. S.598.

[9] Vgl. Keller, Beate (2001): S.13.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Der Melusine-Stoff als immer wiederkehrendes Phänomen in der Literatur
Hochschule
Universität Mannheim
Note
2,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V58127
ISBN (eBook)
9783638524063
ISBN (Buch)
9783638662765
Dateigröße
702 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Melusine-Stoff, Phänomen, Literatur
Arbeit zitieren
Daniela Schmitt (Autor:in), 2006, Der Melusine-Stoff als immer wiederkehrendes Phänomen in der Literatur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58127

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