Heinrich Kaufringer 'Der feige Ehemann'

Zwischen Exempel und Subversion


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

14 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Märe
2.1 Begriff
2.2 Klassifikation im Kontext von Kaufringers „Der feige Ehemann“

4. Analyse / Interpretation
4.1 Aufbau
4.1.1 Prolog
4.1.2 Exposition
4.1.2.1 Charakteristik
4.1.3 Hauptteil
4.1.4. Epilog
4.2 Erzählform
4.3 Themenkreise
4.3.1 Ehebruch
4.3.2 List

5. Exempel
5.1 Begriff
5.2 Exempel im Kontext von Kaufringers „Der feige Ehemann“

6. Subversion
6.1. Begriff
6.2 Subversion im Kontext von Kaufringers „Der feige Ehemann

7. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der mittelhochdeutsche Terminus: „daz maere“ steht ursprünglich für „Kunde, Neuigkeit, Bericht, Nachricht“. Aus dieser Wortbedeutung entwickelt sich nach und nach ein Rahmenterminus, der eine epische Kleinform betrachtet, die von neuen (unerhörten) Begebenheiten berichtet (Weddige 2003, S. 117). Das Märe hebt sich folglich als Form der erzählenden Kurzdichtung aus dem großen Sammelbecken, häufig mündlich überlieferter, alter Geschichten heraus (Grubmüller 1996, S. 1006). Heinrich Kaufringer war ein bedeutender Vertreter dieser Gattung. Diese Arbeit befasst sich mit seinem Werk „Der feige Ehemann“, welches als Nummer Sechs des, in der Münchner Handschrift cgm 270, überlieferten Märencorpus aufgeführt ist (Stede 1993, S. 3). Zunächst werden der Begriff „Märe“ sowie der Märenautor Heinrich Kaufringer näher betrachtet. Am konkreten Beispiel sollen im nachfolgenden Kapitel gattungstypische Merkmale dargelegt werden. Hierbei sind Fragen nach dem zentralen Aufbau, den Charakteren, der Erzählform, den Themenkreisen sowie Motiven zu beantworten. Inwiefern sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur allgemeinen Darstellung in gängiger Forschungsliteratur feststellbar? Ziel der Analyse soll sein, Anhaltspunkte und Bedeutungsperspektiven im Rahmen der zentralen Aufgabenstellung: Märendichtung zwischen Exempel und Subversion zu eruieren. Das zentrale Augenmerk liegt dabei auf der Darstellung der Untersuchung von Auswirkungen und Konsequenzen des Spannungsverhältnisses zwischen Exempel und Subversion. Dieses soll im Hinblick auf das obengenannte Werk Kaufringers aufgezeigt und verdeutlicht werden. Welche Besonderheiten weisen diese beiden thematischen Begrifflichkeiten auf, welche kontextuelle Beziehung haben sie zueinander und wie beeinflussen sie den Formalaufbau, das Rollenarsenal und die dargestellten thematischen Schwerpunkte des untersuchten Werkes?

Abschließend nimmt die Arbeit Bezug auf die Problemstellung inwieweit das Exemplum als „(...) minimale narrative Einheit (...)“ (Stierle 1973, S. 658) und die Subversion als Inbegriff der „verkehrten Welt“ im Märe „Der feige Ehemann“ dargelegt, zu erfassen und zu bewerten sind.

2. Märe

2.1 Begriff

Die Terminologie umfasst Kleinerzählungen in Reimpaarversen in der epischen Dichtung des 13. bis 15. Jahrhunderts, in der sie eine konstante Rolle spielen. Abgeleitet vom Wort „maere“ (Kunde, Bericht) und in Erweiterung der Bedeutungsperspektive durch den Plural „diu maere“ beinhaltet der Begriff Märe die poetische Ausgestaltung der mittelhochdeutschen erzählenden Dichtung. Hanns Fischer definiert den Gattungsbegriff „(...) als eine in paarweise gereimten Viertaktern versifizierte, selbständige und eigenzweckliche Erzählung mittleren (...)Umfangs, deren Gegenstand fiktive, dieseitig-profane (...) mit menschlichem Personal vorgestellte Vorgänge sind“ (Fischer 1968, S. 62 f.). Das Märe versammelt Kraft auf eine kurze, schmale Geschehnisstrecke und konzentriert sich somit auf eine oder wenige eng zusammenhängende Episoden und die prägnante Herausarbeitung des Vorgangs - unter Verzicht auf kunstvolle Ausschmückung des Gesagten (Fischer 1968, S. 57). Wie ersichtlich wird, kennzeichnet die Spezies der kleinen Reimpaardichtung ihre kurze, prägnante und auf stringent zielgerichtetes Erzählen ausgerichtete Vermittlung existenzieller Einsichten in normgerechtes Handeln des menschlichen Zusammenlebens. Dabei erhebt das Märe nicht den Anspruch auf psychologische Wahrscheinlichkeit (Grubmüller 1996, S. 1008).

2.2 Klassifikation im Kontext von Kaufringers „Der feige Ehemann“

Nach Marga Stede gehört das Märe „Der feige Ehemann“ zu den schwankhaften Novellen, die der großen Gruppe der „Texte mit zugrundeliegendem narrativem Schema zugeordnet werden können. Festzustellen ist, das bei Kaufringers Werk das Novellistische als Erzählmuster, das einen problematischen Fall darlegt, der unfassbaren Geschehnisse der Welt widerspiegelt und das Publikum zur Stellungsnahme / Beurteilung auffordert, vorherrscht. Charakteristische Merkmale dieser Kategorie sind zum einen, dass literarische bekannte Handlungs- und Figurenschemata aufgegriffen werden. Zum anderen wird eine literarische Verständigung über Normen und Werte gesellschaftlicher Ordnung bei dem Publikum geschaffen, die keinen Anspruch auf wirklichkeitsgetreue Umsetzung im Alltagsleben der Rezipienten hat. Des Weiteren ist eine punktuelle konfliktionäre Zuspitzung und die Verfehlung von Geschichte und Sprichwort/ Rat des Erzählers im Prolog kennzeichnend (Stede 1993, S. 214), welche im Kapitel 4.1.1 noch näher betrachtet werden.

3. Heinrich Kaufringer

Heinrich Kaufringer ist einer der vier bedeutendsten Märendichter. Sein Werk ist hauptsächlich in der Handschrift des Münchner cgm 270 überliefert. Es umfasst 17 Stücke vermutlich aus dem Jahr 1464 (Grubmüller 1996, S. 1269). Die Texte sind ca. im 14. / 15. Jahrhundert entstanden und von ostschwäbischer Mundart. Über die Person Heinrich Kaufringers ist nur wenig bekannt. Aufgrund der regionalen Eingrenzung seiner Texte schließt man auf einen Herkunftsnamen der entweder aus der Gegend um die Stadt Augsburg oder aus Landsberg am Lech stammt. Uneinigkeit herrscht ebenso darüber, wer Heinrich Kaufringer der Dichter ist. Denn es sind zwei Personen mit dem Namen Heinrich Kaufringer urkundlich vermerkt. Diese stehen in enger familiärer Verbindung als Vater und Sohn. Man geht davon aus, dass der jüngere von beiden (der Sohn) der Dichter Heinrich Kaufringer ist, der vermutlich als Handwerker oder Gewerbetreibender in Augsburg oder Landsberg lebt (Stede 1993, S. 219). Aus dem Beruf des Handwerkers lässt sich schließen, dass Kaufringer wahrscheinlich als Zunftangehöriger das Bürgerrecht besitzt und folglich einem Dichtertypus angehört, der die Tätigkeit des Autors nicht hauptberuflich ausübt (Willers 2002, S. 1). In den meisten Mären beschäftigt sich der Dichter mit der Ehebruchproblematik, stereotypisierten Figuren und bezieht sich dabei auf mündlich überlieferte Vorlagen (Stede 1993, S. 1).

4. Analyse / Interpretation

4.1 Aufbau

4.1.1 Prolog

Der Prolog (lat.: Vorrede, Vorwort, Einleitung eines literarischen Werkes), wird häufig als Hilfsmittel verwendet um die Gunst und Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen sowie es in die Kommunikationssituation zu integrieren.

In Kaufringers Text wird der Prolog durch das Sprichwort „Ain schädlin warlich pesser ist dann ain schad ze aller frist“ (V.1-2) eingeleitet. Ein kleiner Schaden ist immer besser als ein größerer Schaden. Des Weiteren konkretisiert der Erzähler das Sprichwort und fügt den Rat hinzu, dass man von zwei Übeln stets das Kleinere wählen sollte. Durch diese Lebensregel wird eine allgemeingültige Maxime geschaffen, an der sich das menschliche Handeln orientiert. Hier wird bereits der Grundstein für den späteren Konflikt gelegt, indem diese vorgegebene Norm vom Ehemann nicht richtig interpretiert wird. Um dem einführenden Sprichwort weitere Glaubwürdigkeit zu verleihen werden zur Beteuerung der allg. Rechtsempfindung drei Beispiele zur Exemplifizierung angeschlossen (V. 8-20). So sollte zum Beispiel jemand, ehe er sich begraben lässt lieber Hände und Füße opfern (V. 8-9). An dieser Stelle sei nur ein Beispiel genannt, weitere Ausführungen folgen in Kapitel 5. Am Ende der Vorrede relativiert der Erzähler den generalisierenden Effekt des Sprichwortes, indem er die nachfolgende Geschichte mit den Worten: „(...) ain abentür beschehen ist (...) die triffet diese red an zwar etwie vil und noch nit gar (...).“(V. 21-24) einleitet. Dies ist wiederum ein weiteres Indiz für die im Kapitel 2.2 angesprochene Diskrepanz von Geschichte und Sprichwort / Rat des Prologs.

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Details

Titel
Heinrich Kaufringer 'Der feige Ehemann'
Untertitel
Zwischen Exempel und Subversion
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Deutsche Märendichtung
Note
1,00
Autor
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V130774
ISBN (eBook)
9783640367764
ISBN (Buch)
9783640368075
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Märe, Heinrich Kaufringer, Der feige Ehemann, Mittelhochdeutsch
Arbeit zitieren
Magister Artium Yvonne Holz (Autor:in), 2005, Heinrich Kaufringer 'Der feige Ehemann', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130774

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