Sprachliche Überreste der Burgunder


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Zur Geschichte der Burgunder

3. Archäologische Hinterlassenschaften der Burgunder
3.1. Die Danielschnallen

4. Sprachliche Hinterlassenschaften der Burgunder
4.1. Die Lex Burgundionum und ihre sprachlichen Besonderheiten
4.2. Orts- und Flurnamen
4.3. Personennamen

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Vorwort

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Diese wissenschaftliche Hausarbeit zum Thema Sprachliche Überreste der Burgunder ist die Verschriftlichung meines Referates, welches ich im Rahmen des Hauptseminars „Frühe germanische Sprache und Literatur“, im Sommersemester 2006 gehalten habe.

Nach einer kurzen Darbietung zur Geschichte der Burgunder, soll diese Hausarbeit das Hauptaugenmerk vor allen Dingen auf die Sprache der Burgunder richten, welche, so will ich meinen, nur äußerst fragmentarisch überliefert wurde. Es liegen uns heute praktisch nur noch einige kleine „Sprachkrümmelchen“ vor, welche aber zur Erforschung der burgundischen Sprache dennoch eine ergiebige Quelle sein können.

Doch auch die archäologischen Hinterlassenschaften der Burgunder, also die kleineren Sprachdenkmäler, sollen nicht außer Acht gelassen werden. Hier sind besonders die so genannten Danielschnallen mit ihren Inschriften von äußerster Bedeutung für die Erforschung der Sprache, aber auch der Glaubenswelt des Burgundervolkes.

Für die Bearbeitung dieses Themas wurde ausschließlich die im Literaturverzeichnis aufgelistete Literatur verwendet, sowie die im Seminar erworbenen Materialien und Kenntnisse.

Stefanie Warnke

2. Zur Geschichte der Burgunder

Die Burgunder stammen ursprünglich aus Skandinavien – genauer gesagt von der Insel Bornholm, welche sich östlich von Dänemark befindet. Der alte Name dieser Insel Bornholm lautet Burgundarholmr. Nun liegt es nahe, einen kleinen Exkurs in die Herkunftsbestimmung des Völkernamens Burgunder vorzunehmen. Man nimmt an, dass sich der Name Burgunder selbst von diesem historischen Namen des angeblichen Herkunftsortes der Burgunder ableitet, wobei man eigentlich gar nicht genau weiß, ob die Burgunder ausschließlich von dieser Insel kamen, oder ob sie noch aus anderen Regionen stammen. Doch es gibt noch eine Reihe anderer Überlegungen und Vermutungen, besonders von Reinhold Kaiser[1]. Der Autor nimmt an, dass sich der Name Burgunder, als Bezeichnung für das Volk selbst, auf das rekonstruierte, germanische Adjektiv *burgund zurückführen lassen könnte, welches mit hoch, hochgelegen übersetzt wird. Demzufolge sind die Burgunder die Menschen, welche von hoch oben aus dem Norden kommen, also deren Heimatland hoch gelegen ist. Kaiser stellt noch weitere Spekulationen an und sagt, dass der Name auch von dem lateinischen Substantiv burgus abgeleitet werden könne, was soviel heißt wie befestigter Platz oder Burg. Dabei stützt sich der Autor auf die Aufzeichnungen von Orosius, einem römischen Historiker und Theologen, welcher beobachtete, dass die Burgunder in verschiedene Lager aufgeteilt wurden, nachdem Innergermanien von Tiberius und Drusus unterworfen worden war. Diese befestigten Wohnplätze, welche entlang der Grenze verliefen hießen burgi. Da die Burgunder nun nach und nach in diesen Lagern zahlenmäßig anwuchsen, wurden sie eben Burgunder genannt. Demnach sind die Burgunder quasi das Volk, welches aus den burgi stammt. Bei der Herkunftsbestimmung alter Völkernamen, muss man jedoch auch darüber nachdenken, ob die Benennung des Volkes intern oder extern erfolgt ist. Hat sich das Volk also selbst Burgunder genannt, oder wurden sie von anderen Personen oder Völkern so betitelt, obwohl sie für sich einen ganz anderen Namen gebrauchten? Letztendlich bleiben alle Überlegungen und Ansätze dazu rein spekulativ, da so gut wie keine Überlieferungen zur Herkunft des Namens der Burgunder existieren. Doch nun zurück zur Geschichte der Burgunder. Dazu haben Malcom Todd[2] und Herwig Wolfram[3] sehr ausführlich geschrieben. Nachdem die Burgunder also aus Skandinavien Richtung Süden gezogen sind, sind sie im zweiten Jahrhundert in den Oder-Weichsel-Raum vorgedrungen und haben sich dort niedergelassen, bis sie im Jahre 406 den Rhein überquerten. Gundahar ist der erste König der Burgunder, von dem geschichtliches Handeln bekannt ist. Man spekuliert, ob dies der König Gunther in der Nibelungensage ist, welche sich ja bekanntermaßen um das Burgundervolk dreht. Dieser König Gundahar gründete 413 ein linksrheinisches Reich mit Worms als Mittelpunkt. Doch der König und dessen gesamtes Reich wurden 436 von Aëtius zerstört. Flavius Aëtius war ein römischer Feldherr und Heermeister, der im weströmischen Reich sehr einflussreich war und ein gutes Verhältnis mit den Hunnen aufgebaut hat. Zusammen mit vielen hunnischen Soldaten fiel er dort ein und vernichtete einen Großteil des Volkes. Grund für die Zerstörung von Gundahar und seinem Reich war die zunehmende Expansion der Burgunder, welche auch mit Plünderungen und Beutezügen nach Innergallien einherging. Dies bildet auch den geschichtlichen Kern der Nibelungensage, in der auch ein Etzel vorkommt, welcher mit Attila, dem Anführer des Hunnenvolkes, gleichzusetzen ist. Nach dieser Katastrophe wurde lange Zeit kein Name eines burgundischen Königs mehr überliefert. Die restlichen überlebenden Burgunder wurden 443 von Aëtius in der Rhône angesiedelt und mussten sich den Römern vollständig unterwerfen und gegen andere germanische Stämme, wie den Goten, Alemannen und Franken kämpfen. Im Jahre 456 kämpften die Burgunder unter ihrem König Gundonik für den römischen Kaiser Avius, welcher jedoch in einer Schlacht starb, sodass die Burgunder ihr Herrschaftsgebiet bis nach Lyon ausbreiten konnten. Gundonik starb 470 und sein Bruder Chilperich wurde König. Dieser starb jedoch nur zehn Jahre später und somit wurde die Herrschaft auf die Söhne seines Bruders aufgeteilt, wobei der älteste Sohn, Gundobad, Oberkönig wurde. Gundobad ist gleichzeitig der letzte Burgunderkönig, vom dem geschichtliches Handeln überliefert wurde. Das Burgunderreich wurde im Jahre 516 von den Franken erobert und ging unter.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 [4]

Die Siedlungsgebiete der Burgunder vor ihrem Eintritt in das Imperium Romanum

3. Archäologische Hinterlassenschaften der Burgunder

Die Burgunder werden in der Literatur immer wieder als ein sehr diskretes und äußerst anpassungsfähiges Volk beschrieben, unter anderem auch von Kaiser[5] aber auch von Todd[6]. Ein Volk, welches schnell den christlichen Glauben annahm, überaus integrationswillig war und demzufolge heute relativ unbekannt ist. Dies spiegelt sich auch in den archäologischen Hinterlassenschaften der Burgunder wieder, denn es gibt keine (oder nur sehr wenige) Fundstücke, die als spezifisch burgundisch bezeichnet werden können[7]. Dies hängt vor allem mit der Vermischung der verschiedenen Germanenstämme und deren individuellen Sitten und Bräuchen zusammen. Es gibt im Grunde genommen eigentlich nur noch einige Grabstätten und Siedlungsreste, die auf die Existenz dieses Volkes hinweisen, wobei in vielen Fällen auch unklar ist, ob es sich bei bestimmten Funden tatsächliches um Hinterlassenschaften der Burgunder handelt, oder ob es ebenso gut auch einem anderen germanischen Stamm zugeschrieben werden kann. Es wurden zum Beispiel einige Gräberfelder an der Weichsel, an der Oder, am Rhein und an der Warthe entdeckt, aber auch in Teilen Frankreichs und Polens wurden Funde gemacht, die auf die Burgundern zurückgeführt werden können. Besonders die Region um die Lausitz, welche auch in unmittelbarer Nachbarschaft mit Südosteuropa steht, hat eine gewisse eigenständige, archäologische Kultur – die so genannte Lebus-Lausitz-Kultur[8]. Beispielsweise in Gubin (der polnische Teil der Niederlausitz) wurde ein Gräberfeld entdeckt, welches Indizien für ein früheres Siedlungsgebiet der Burgunder in sich birgt. Diese Funde sind sehr aufschlussreich und verraten viel über die Art und Weise der Bestattungen und des Hausbaus, über die Rolle von Kriegern, aber auch über die Einflüsse anderer Stämme und Kulturen. Interessant ist vor allem die Frage nach der Art der angelegten Gräber (Massengrab, Einzelgrab…) und die Frage nach den Gegenständen, mit welchen diese Gräber ausgestattet wurden. Hierbei sind die so genannten Danielschnallen von äußerstem Interesse.

3.1. Die Danielschnallen

Im späten fünften Jahrhundert tauchten zum ersten Mal gewisse Arten von Gürtelgarnituren und Schnallen auf, welche in Kleriker- und Frauengräbern gefunden wurden und den Burgundern zuzuschreiben sind. Diese so genannten Danielschnallen sind rechteckige Aufsatzbleche aus Kupfer und Silber mit einem Motiv in der Mitte, welches von einer Inschrift umrandet ist. Diese Verknüpfung von Schrift und Bild ist als typisch germanisch-burgundisch zu betrachten. Das eingeritzte Motiv zeigt in den meisten Fällen den Propheten Daniel, der sich in mitten von Ungeheuern, meist Löwen, befindet. Über das Daniel-Motiv schreibt Stephan Opitz,[9] dass dies eine Thematik aus der Zeit der Volkswanderung sei, christliche Heilsbedeutung habe und ursprünglich aus Ägypten komme. Daniel ist ein Prophet aus dem Alten Testament, welcher auf den Gürtelschnallen mit den Ungeheuern (Löwen) dargestellt wird. Laut Opitz kann Daniel auf drei verschiedene Arten bildlich dargestellt sein. (1) In der Mitte der Darstellung ist Daniel zu sehen, der links und rechts von Ungeheuern umgeben ist. Die am Rande entlanglaufende Inschrift nennt Daniel in mehreren Fällen Christus. (2) Die zweite Variante stellt Daniel als Vase mit Gesicht dar, von der sich rechts und links Tiere mit erhobenen Pfoten befinden. Hier findet sich das römische Motiv von Tieren, die Lebenswasser trinken, wieder. (3) Bei der letzten Art der Daniel-Darstellung wird Daniel, beziehungsweise Christus, in einem Kreis dargestellt.

Die Danielschnallen greifen immer das christliche Motiv der Errettung und Erlösung durch den Gott der Christen auf. Da diese Gürtelschnallen meist von Kriegern getragen wurden, lässt sich schließen, dass diese daran glaubten, von Gott gerettet zu werden und siegreich zu sein, wenn sie sich in einer ausweglosen Situation befinden. Gerade die Thematik von Christus als Siegesverleiher ist ein wichtiger Gedanke im frühen Christentum. Besonders wichtig ist, zu erwähnen, dass mit diesen Danielschnallen, bei deren Inschriften teilweise noch Runen verwendet wurden, der erste christliche Gebrauch von Runenschrift nachweisbar war.[10]

[...]


[1] Vgl. Kaiser, Reinhold: Die Burgunder. 2004. S. 20-24.

[2] Vgl. Todd, Malcom: Die Germanen. 2000. S. 194-198.

[3] Vgl. Wolfram, Herwig: Das Reich und die Germanen. 1998. S. 352-35.

[4] Kaiser, R. 2004. S. 89.

[5] Vgl. Kaiser, R. 2004. S. 92, 100.

[6] Vgl. Todd, M. 2000. S. 194.

[7] Kaiser, R. 2004. S. 87.

[8] Todd, M. 2000. S. 194.

[9] Vgl. Opitz, S.: Südgerm. Runeninschriften im älteren Futhark aus d. Merowingerzeit. 1976. S. 112-121.

[10] Vgl. Ebd. S. 121.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Sprachliche Überreste der Burgunder
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Germanistische Sprachwissenschaft, Geschichte der deutschen Sprache)
Veranstaltung
Frühe germanische Sprache und Literatur
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
26
Katalognummer
V121695
ISBN (eBook)
9783640258574
Dateigröße
1997 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Das Burgundische, Burgunder, Sprache der Burgunder, althochdeutsche Sprachdenkmäler
Arbeit zitieren
Stefanie Warnke (Autor:in), 2006, Sprachliche Überreste der Burgunder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121695

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