Max Weber und das Junkertum als neuralgischer Punkt im deutschen Kaiserreich


Seminararbeit, 2006

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Situation der Landwirtschaft im Kaiserreich

3. Max Weber und seine Sicht des Junkertums
3.1. Die Brisanz der polnisch-russischen Wanderarbeiter
3.2. Kritik an der Stellung der Junker
3.3. Deus ex Machina – Problemlösung

4. Fazit

5. Quellenverzeichnis

Einleitung

Ostelbien – eine idyllische Landschaft mit historischem Flair, gelegen im Dreiländereck Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Mit solchen oder ähnlichen Darstellungen werben heutige Tourismusvereine für das Gebiet östlich der Elbe in der Nähe von Torgau. Ein recht überschaubarer Landstrich, der sich mit nur 156km² Ausdehnungsfläche über drei Gemeinden erstreckt.

Drehen wir aber das Rad der Zeit nur knapp 100 Jahre zurück, so zeigt sich uns eine imposante Region die mehr als nur ein kleines Urlaubsdomizil war. Im Einzelnen handelte es sich dabei um Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, die Mark Brandenburg, Teile der Provinz Sachsen, Pommern, die Grenzmark Posen-Westpreußen, Schlesien und Ostpreußen. Zahlreiche bekannte Persönlichkeiten wie Hannah Arendt, Johann Gottfried von Herder oder Nikolaus Kopernikus stammen aus den ostelbischen Gebieten. Da die Bezeichnung Ostelbien jedoch auch einen landwirtschaftlichen Charakter inne hatte, vor allem geprägt durch die konservativen Großgrundbesitzer, die so genannten Junker, zählte die Stadt Berlin durch ihre gewachsenen urbanen Strukturen nicht dazu. Die Junker, auf die auch die Beschreibung Ostelbier zutrifft, beherrschten somit das Land im politischen sowie auch im wirtschaftlichen Sinne. Zusätzlich wurde ihre Herrschaft durch aristokratische Traditionen gestützt. Ihren Profit bezogen die Junker vornehmlich aus der Landwirtschaft sowie deren Peripherie. Die monopolartige Stellung in diesem Ressort versuchten die Junker nicht nur in den ostelbischen Gebieten, sondern auch im gesamten Reich erfolgreich zu behaupten.[1] Zunehmend hinderlich war der Einfluss, den die Junker darstellten, da sich aus ihrer Mitte auch die politische Elite herausbildete, und diese Gruppe die Weichen für ihren Fortbestand zu sichern wusste. Das Durchsetzen agrarpolitischen Positionen, auch auf Kosten der Industrie, ließ diese Gruppe jedoch mehr und mehr in Kritik geraten und das Wort Junker oder Junkertum bekam einen faden Beigeschmack, welches sich im 19. Jahrhundert zu einer Art Schimpfwort für dessen Gegner entwickelte.[2]

Genau an diesem Punkt setzt auch Max Weber seine Kritik an und sieht in den Junkern ein Gefahrenpotential, das der Nation und ihren imperialen Bestrebungen entgegen wirkt.

In dieser Arbeit soll daher versucht werden, die genauen Kritikpunkte Max Webers in der Kaiserzeit gegenüber dem Junkertum darzustellen. Vorangestellt wird indes ein kurzer historischer Abschnitt der für eine Einführung in diese Problematik sorgen wird. Der Hauptbestandteil der Arbeit soll sich danach mit der Weberschen Sicht des Junkertums, sowie dessen Auswirkungen befassen. Lösungspunkte aus dem Blickwinkel Max Webers bilden dahingehend den Abschluss der Arbeit.

2. Die Situation der Landwirtschaft im Kaiserreich

Das Rückgrat der preußischen Ostgebiete bildete im wirtschaftlichen wie auch politischen Bereich die Landwirtschaft. Da jedoch nach der Reichsgründung zunehmend ausländische Konkurrenz den deutschen Markt belieferte, konnte man sehen, wie wenig leistungsfähig die ostelbische Agrarproduktion organisiert war. Der weitaus billigere Weizen aus den USA ließ somit den Preis deutscher Produkte von 221 M/t (1880) auf 157 M/t (1886) sinken.[3] Hinzu kam die Vergrößerung der Bevölkerung in Deutschland um 25 % zwischen 1873 und 1895, womit die Ansprüche an landwirtschaftlichen Erträgen stiegen.[4] Zwar ist demzufolge eine Stabilität durch vermehrte Nachfrage anzunehmen, trotzdem fiel die landwirtschaftliche Produktion durch ausländische Produkte, die weitaus billiger waren in eine starke Krise. Außerdem verkomplizierte sich die Lage durch Auswanderungswellen aus den ostelbischen Gebieten. Fast 92 % dieser Menschen versuchten ihr Glück in den USA; andere blieben der Heimat treu und probierten einen neuen Start in den industriereichen Regionen wie dem Ruhrgebiet.[5] Beides, die überseeische Abwanderung sowie die Ost-West Fernwanderung, verschlechterten die Lage auf dem landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt erheblich - Leutenot. Verstärkt wurde dieses Phänomen mit dem Übergang von Getreide- zu Hackfruchtanbau. Die Bepflanzung mit Zuckerüben wurde nicht nur staatlich subventioniert, sondern war auch weitest-gehend profitabler. Da zwar die Zuckerrübe intensivere Handarbeit benötigte, jedoch diese sich nur auf die Sommermonate beschränkte, erschütterte dieser Fakt die Grundlagen der ländlichen Sozialverfassung. Die Interessengemeinschaft zwischen Gutsherr und halbselbstständigen Bauern (Instman) wurde somit abgelöst von einer kapitalistischen Beziehung zwischen Großunternehmer und freiem Saisonarbeiter.[6]

Solch eine Konstellation bedrohte vor allem die Existenzgrundlage der Menschen, welche auf eine ganzjährige Verdienstmöglichkeit im landwirtschaftlichen Bereich angewiesen waren. Es entstand eine perspektivlose Situation im Osten, die in der End-konsequenz zur Abwanderung der deutschen Bevölkerung führte.

Das Junkertum in den ostelbischen Gebieten versuchte nun mittels der Anwerbung ausländischer Arbeiter ihr Defizit auszugleichen. Die vor allem aus dem östlichen Ausland rekrutierten Saisonkräfte waren preiswerter und zunehmend anspruchsloser, was ihre Position bei den Junkern stärkte. Diese Aktionen kollidierten jedoch mit den tief verwurzelten Aspekten der preußisch-deutschen Nationalitätenpolitik, wobei die Festigung des Deutschtums und die Zurückdrängung des slawischen Einflusses ihre Hauptbestandteile bildeten.[7] Der Wirkung von Zollfreiheit und dem Wirtschaftsliberalismus sollten nun zunehmend Schranken gesetzt werden, um die eigene Volkswirtschaft stabil zu halten. Maßnahmen gegen den Einfuhrüberschuss wurden im Reichstag 1879 verabschiedet und somit Schutzzölle für einheimische Produkte eingeführt.[8] Aber auch dem Problem der Polonisierung des Ostens Deutschlands wurde 1885 vorerst mit entsprechenden Vorschriften ein Riegel vorgeschoben, der die Ausweisung von rund 40.000 Polen vorsah.[9] Da die Regelung besonders hart die Junker und ihre landwirtschaftlichen Betriebe traf, wehrten sie sich dagegen und konnten schließlich 1890 in einen Kompromiss mit der Regierung treten. Hierbei wurde es den ausländischen Arbeitern vorerst versuchsweise für 3 Jahre erlaubt, saisonale Arbeit in Deutschland anzunehmen, aber nach der so genannten Karrenzeit wieder in ihre Gebiete zurückzukehren, um eine Sesshaft-machung der Volksgruppen zu verhindern.[10] Die Zahl der ausländischen Arbeiter nahm nach der Öffnung wieder rasant zu, und eine erneute Debatte über die Überfremdungsgefahr in Deutschland entstand, an der auch Max Weber seinen Beitrag leisteten sollte.

[...]


[1] Vgl. Francis Carsten: Die Entstehung des Junkertums, in: Otto Büsch (Hrsg.): Moderne Preußische Geschichte, Berlin 1981, S. 265.

[2] Vgl. Carsten1, S. 265.

[3] Vgl. Ulrich Herbert: Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland, München 2001, S. 14.

[4] Vgl. ebd.

[5] Vgl. Herbert3, S. 14.

[6] Vgl. Herbert3, S. 19.

[7] Vgl. ebd., S. 15.

[8] Vgl. Heinrich Hirschfelder / Wilhelm Nutzinger: Das Kaiserreich 1871 – 1918, Bamberg 1999, S. 81.

[9] Vgl. Herbert3, S. 17.

[10] Vgl. Herbert3, S. 22.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Max Weber und das Junkertum als neuralgischer Punkt im deutschen Kaiserreich
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V50692
ISBN (eBook)
9783638468664
Dateigröße
663 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weber, Junkertum, Punkt, Kaiserreich
Arbeit zitieren
Norman Giolbas (Autor:in), 2006, Max Weber und das Junkertum als neuralgischer Punkt im deutschen Kaiserreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50692

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