Tansania, Die Politik nach Nyerere - Der Weg zur Demokratisierung


Hausarbeit, 2001

26 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALT

Einleitung

Kapitel 1: Nyereres Erbe

Kapitel 2: Mwinyis Präsidentschaft: Strukturreformen und Demokratisierung
- Liberalisierung der Wirtschaft
- Politische Entwicklung
- Die Nyalali-Kommission: Der Weg zur Demokratie?
- Opposition und Uneinigkeit
- Die Wahl von

Kapitel 3: Mkapa und Amour: Politischer Stillstand auf Sansibar und wirtschaftlicher Erfolg für das Festland
- Die Wahl

Kapitel 4: Aussenpolitik

Schluss: Perspektiven

Quellen und Notizen , Landkarte

EINLEITUNG:

Am 9. Dezember 1961 wurde Tanganyika von Großbritannien in die Unabhängigkeit „entlassen,“ Julius Kambarage Nyerere wurde mit seiner Partei, der Tanganyika African National Union (TANU), Premierminister. 1962 trat Nyerere von seinem Posten zurück und Rashidi Kawawa trat seine Nachfolge an. Tanganyika wurde im Dezember 1962 zur Republik erklärt und Nyerere wurde ihr erster Präsident.

Sansibar (zusammen mit der Nachbarinsel Pemba) wurde 1963 zu einem unabhängigen Sultanat. 1964 wurde der Sultan in einer bewaffneten Revolte gestürzt und die Afro-Shirazi Party (ASP) unter Abeid Karume die daraufhin die Macht übernahm, rief die Republik aus.

Nach der Revolte auf Sansibar wurden Verhandlungen zur Vereinigung mit Tanganyika zwischen Nyerere und Karume aufgenommen.

Die Vereinigte Republik Tansania ist 1964 aus der Vereinigung von Tanganyika und Sansibar hervorgegangen und seitdem eine bundesstaatliche Präsidialrepublik. Die Interimsverfassung von 1965 wurde 1977 durch eine ständige Verfassung der vereinigten Republik Tansania ersetzt, die einen Einparteienstaat vorsah, geleitet von der Partei Chama Cha Mapinduzi (CCM). 1979 bekam Sansibar eine eigene Verfassung, mit einem demokratisch gewählten Präsidenten und einem legislativen Repräsentantenhaus, das von den VertreterInnen der Regierungspartei gewählt wurde. Diese wurde 1985 geändert und sieht eine eigene Exekutive sowie eine aus 50 gewählten Mitgliedern bestehende Kammer vor. Die Organe Sansibars sind für innere Angelegenheiten zuständig. Sansibars Präsident ist Mitglied der Zentralregierung. Für das Festland gibt es keine eigene Regionalregierung und keine eigene gesetzgebende Versammlung. Bis 1985 blieb Nyerere Präsident von Tansania.

Diese Hausarbeit wird sich hauptsächlich mit der Zeit nach 1985 beschäftigen. Dennoch, aufgrund der langen Amtszeit Nyereres und seines, bis zu seinem Tod, sehr großen Einflusses im politischen Geschehen Tansanias werde ich im ersten Kapitel kurz die Zeit vor seinem Rücktritt skizzieren. Die Einteilung der Kapitel richtet sich grob nach den Amtzeiten der drei bisherigen Präsidenten von Tansania. Im dritten Kapitel werde ich zudem die Situation Sansibars skizzieren und insbesondere auf die politischen Probleme die nach der Wahl von 1995 entstanden. Das vierte Kapitel befasst sich mit der tansanischen Aussenpolitik, wobei ich auch hier einen Blick auf die Zeit Nyereres werfen werde.

KAPITEL 1: NYERERES ERBE:

Die TANU verpflichtete sich 1967 zu dem Prinzip der Ujamaa na Kujitegemea, eine sozialistische Politik afrikanischer Prägung, es sollte eine Mischung aus Sozialismus und afrikanischen Traditionen werden. Die Konferenz in der dieses Programm beschlossen wurde fand in Arusha, einer Stadt im Norden Tansanias, statt und war deswegen als die Arusha Deklaration bekannt.

Ujamaa (Gemeinschaft) und Self Reliance (Eigenständigkeit) sollten die Basis der tansanischen Ökonomie bilden. Regierungsmitglieder durften demnach keine Einkommen aus privaten Quellen haben; die Entwicklung in den ländlichen Regionen sollte durch Dorfgemeinschaften (Ujamaa Village) gesichert werden und das Bildungssystem sollte völlig umgekrempelt werden um der Masse der Bevölkerung zu dienen und nicht nur den wenigen privilegierten. Die tansanische Regierung investierte viel Geld in den Ausbau sozialer Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser. Die Regierung subventionierte mit viel Geld die sozialen Dienste und die Grundversorgung mit Wasser und Strom.

Diese Politik war jedoch auf lange Sicht für Tansania nicht bezahlbar, zumal die Investitionen zum größten Teil aus Krediten und Hilfen aus dem Ausland finanziert wurden. Nyereres Politik führte zwar zu Erfolgen, insbesondere im Bildungsbereich, aber Tansania wurde dadurch zu einem der am höchsten verschuldeten Länder südlich der Sahara und völlig abhängig von ausländischen Geldgebern.

Ende der 70er Jahre marschierten tansanische Truppen in dem benachbarten Uganda ein und vertrieben mit Hilfe ugandischer Oppositioneller, den Diktator Iddi Amin. Diese zusätzliche finanzielle Belastung und weit verbreitete Korruption in der tansanischen Regierung und im öffentlichen Dienst trugen dazu bei, dass sich Tansania Anfang der 80er in einer tiefen finanziellen Krise befand.

Infolge der Arusha Deklaration wurden private Betriebe der Hauptindustriezweige verstaatlicht und der Spielraum für privatwirtschaftliche Unternehmungen in hohem Maße eingeengt. Über die 70er Jahre hindurch, benutzte die Regierung Handelsrestriktionen um ihre Entwicklungsziele zu erreichen. Für den Export bestimmte landwirtschaftliche Produkte (hauptsächlich Kaffee, Cashewnüsse, Sisal, Tee und Tabak) -traditionell Tansanias wichtigste Devisenquellen – mussten, weit unter Weltmarktpreis, an staatliche Importexportfirmen verkauft werden. Andere Produkte konnten zwar direkt von Privatfirmen exportiert werden aber diese mussten einen großen Teil ihrer Deviseneinnahmen an den Staat abführen.[1] Beim Import wurden sehr hohe Zölle verlangt um die heimische Wirtschaft zu schützen. Alle Importe wurden durch administrative Devisen-Allokationen und ein Import - Lizenzierungssystem geregelt. Alle diese Maßnahmen wurden zunehmend restriktiver, sodass Tansania ab Ende der 70er und Anfang der 80er Jahren akuten Devisenmangel zu beklagen hatte. Die maroden und von korrupten Beamten geführten Staatsfirmen fuhren große Verluste ein und in den Läden fehlte es an Mittel des täglichen Bedarfs wie Seife, Haushaltsgegenständen und Nahrungsmitteln.

Der öffentliche Dienst, einer der wichtigsten Instrumente der politischen Patronage, war unverhältnismäßig groß. Viele öffentliche Gelder versickerten in dem aufgeblähten und korrupten Beamtenapparat und der Staat war nicht mehr in der Lage die Zahlung der Gehälter sicher zustellen. Tansania befand sich in der schwersten finanziellen Krise seit ihrer Unabhängigkeit. Angesichts dieser misslichen finanziellen Lage forderten der Internationale Währungsfond (IWF) und die Weltbank Strukturanpassungs- Programme. Nyerere war jedoch nicht bereit diese vom Ausland diktierten Reformen durchzuführen.

Nach einem missglückten Coup-Versuch gegen die Regierung im Januar 1983 wurden im Dezember 1985 neun Beschuldigte zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt, alle Verurteilten wurden übrigens im Oktober 1995 durch einen präsidialen Erlass begnadigt. Anfang 1984 entstand in Sansibar durch wachsende Unzufriedenheit mit der Union und Forderungen nach mehr Autonomie für die Inseln eine politische Krise. In einem Klima politischer Spannungen trat der sansibarische Präsident Aboud Jumbe und drei Minister seines Kabinetts zurück. Seine Nachfolge trat im April 1984 der ehemalige Minister für Tourismus und Rohstoffe, Ali Hassan Mwinyi an und dieser wurde damit automatisch zum Vize-Präsidenten von Tansania.

Zur finanziellen Krise Tansanias kam eine politische hinzu. Es ist anzunehmen, dass Nyerere sehr wohl die Notwendigkeit von Reformen erkannt hatte, aber deren Durchführung bedurfte einer weitgreifenden Umstrukturierung des Staates wenn nicht einer völligen Umkehr der bisherigen Richtung. Dieser Schritt wäre aber ein Eingeständnis des Scheiterns seiner Politik gewesen.

Nyerere trat 1985 als Präsident zurück, blieb aber bis 1990 Vorsitzender der Einheitspartei CCM. Sein Vize-Präsident Ali Hassan Mwinyi trat im November desselben Jahres seine Nachfolge an. Idris Abdul Wakil wurde als Nachfolger Mwinyis zum Präsidenten Sansibars gewählt. Mwinyi ernannte nach seiner Wahl Joseph Warioba, ehemaliger Justizminister, zum Premierminister.

KAPITEL 2: MWINYIS PRÄSIDENTSCHAFT: STRUKTURREFORMEN UND DEMOKRATISIERUNG

Ali Hassan Mwinyi trat 1985 ein schweres Erbe an. Er hatte nicht nur den desolaten Zustand der tansanischen Wirtschaft zu bekämpfen, sondern musste sich auch vom übergroßen Vorgänger emanzipieren. Ende der 80er wurden mit dem Ende des kalten Krieges und dem Wandel in allen Teilen der Welt auch in Tansania Forderungen nach mehr Demokratie immer lauter. Inwiefern es Mwinyi gelungen ist diese Aufgaben zu bewältigen, werde ich in diesem Kapitel versuchen zu erörtern.

Es ist erst mal notwendig festzuhalten, dass Mwinyis Gestaltungsmöglichkeiten durch Tansanias finanzielle Abhängigkeit von Instituten wie der Weltbank, dem IWF und anderen ausländischen Geldgebern beschränkt waren. Die Aufnahme von Krediten von der Weltbank und dem IWF war mit Auflagen zur strukturellen Anpassung gekoppelt. Angesicht dieser Tatsache setzte Mwinyi in der Wiederbelebung der Wirtschaft seinen innenpolitischen Schwerpunkt. Der größte und wichtigste Schritt in diese Richtung war das Economic Recovery Programe (ERP) von 1986.

Die Liberalisierung der Wirtschaft:

Ein Ziel des ERP war die Reform der Landwirtschaft. Durch die Abschaffung der Preiskontrollen und der Liberalisierung der Vermarktungswege von landwirtschaftlichen Produkten sollten die Erträge der Bauern erhöht werden. Um die Effizienz der staatlichen Vermarktungsfirmen zu verbessern, wurden sie zunächst restrukturiert oder in „Kooperativen“ mit einer gewissen Flexibilität in der Preisgestaltung umgewandelt. Der Staat blieb aber nach wie vor einziger Käufer von Agrarprodukten. Erst 1994 wurde es Privatfirmen erlaubt die Produkte direkt von den Bauern zu kaufen und ins Ausland zu vermarkten. Das ERP sah auch stufenweise einen Abbau der restriktiven Exportbestimmungen vor. Erlöse aus Exporten wurden immer weniger besteuert, die wachsende Einnahmen der Händler konnten somit zur Finanzierung neuer Importe genutzt werden. Mit wachsenden Exporterlösen wurden auch die Bestimmungen über den Besitz von Devisen gelockert, was wiederum den Weg zur Liberalisierung des Importgeschäftes ebnete.

Bürokratische Hürden wurden nach und nach abgebaut, zum Beispiel wurde es für Ex- bzw. Importeure nicht mehr nötig für jede Sendung eine gesonderte Lizenz zu kriegen. Für jeden legalen Import oder Export wurde automatisch eine Lizenz vergeben. Der Abbau handelshemmender Gesetze ging mit Maßnahmen zur makroökonomischen Stabilisation einher. Neben dem Abbau von Preis- und Devisenkontrollen wurden der Kurs des tansanischen Schillings freigegeben. Verlustbringende Staatsbetriebe wurden entweder reformiert, privatisiert oder ganz geschlossen. Die Regierung senkte ihre Ausgaben durch den Abbau der Staats- und Parteibürokratie und erhöhte die Transparenz in ihrer Finanzplanung und Finanzpolitik.

Politische Entwicklung:

Im Oktober 1987 wurde Nyerere, der den Kurs der Regierung Mwinyis mit Skepsis betrachtete, für weitere 5 Jahre zum Vorsitzenden der CCM gewählt. Seine Wiederwahl bedeutete einen Sieg konservativer Kräfte um Rashidi Kawawa (der selbst zum Generalsekretär wiedergewählt wurde) innerhalb der CCM. Diese betrachteten Nyerere als Gegengewicht zu Mwinyi und seine kontroversen Reformen, die als unvereinbar galten mit dem Sozialismus den sich die CCM auf den Fahnen geschrieben hatte. Mwinyi selbst wurde zum Vize-Vorsitzenden gewählt. Im Dezember des selben Jahres entließ Mwinyi drei seiner Kabinettsmitglieder, die den Reformen eher ablehnend gegenüberstanden. Der Kabinettsumbau kann als Befreiungsschlag Mwinyis betrachtet werden, der damit seinen Willen zu wirtschaftlichen Reformen bekräftigte und seine Stellung in der Regierung und in der CCM stärkte. Nach einem weiteren Umbau seiner Regierung im Jahr 1989 und der Ernennung von drei muslimischen Ministern wirkte Mwinyi den Vorwürfen einer christlichen Dominanz entgegen.

1990 startete die CCM eine Kampagne gegen Korruption innerhalb der Regierung. Mwinyi entließ sieben seiner Minister wegen angeblicher Reformfeindlichkeit und Führung korrupter Ministerien. Mwinyis Stellung wurde im selben Jahr mit dem Rücktritt Nyereres aus dem Parteivorsitz und seiner Benennung zu dessen Nachfolger nochmals gestärkt.

In den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom Oktober 1990 wurde Dr. Salmin Amour zum Präsidenten Sansibars gewählt und Mwinyi gewann als einziger Kandidat die Wiederwahl zum Präsidenten Tansanias. 33 Abgeordnete der 216 Direktmandate verloren ihre Sitze. In einer Kabinettsumbildung wurde der Premierminister Joseph Warioba durch den ehemaligen Minister und Botschafter John Malecela ersetzt.

[...]


[1] Oussama Kaanan, Tanzania’s Experience with Trade Liberalization

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Tansania, Die Politik nach Nyerere - Der Weg zur Demokratisierung
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Tansania - Vom Kolonialismus über den Sozialismus zur Demokratie
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
26
Katalognummer
V46469
ISBN (eBook)
9783638436601
Dateigröße
593 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tansania, Politik, Nyerere, Demokratisierung, Tansania, Kolonialismus, Sozialismus, Demokratie
Arbeit zitieren
Malik Malocho (Autor:in), 2001, Tansania, Die Politik nach Nyerere - Der Weg zur Demokratisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46469

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