Das Nibelungenlied - Vorgeschichte und Hintergrund


Hausarbeit, 2001

19 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 »Nibelungen«

2 Die Quellen
2.1 Die Handschriften

3. Die Entstehung: Thesen zu Zeit und Ort
3.2.1 »Parzival«
3.2.2 Eine historische Hochzeit
3.2.3 Passau

4 „Der Stammbaum des Nibelungenlieds“
4.1 Grafik
4.1.1 Brünhildsage
4.1.2 Burgundensage

5 Die historischen Hintergründe
5.1 Teil I
5.2 Teil II

6 Die „ewige“ Frage nach dem Autor

7 Literaturverzeichnis

Vorwort

Um den Rahmen dieser Referat-Ausarbeitung nicht zu sprengen, habe ich etliche zusätzliche Informationen in Form von Fußnoten ergänzt. Sie enthalten insbesondere zu den einzelnen Figuren im Nibelungenlied (siehe Abschnitt 5.1 und 5.2) wissenswerte Hintergründe. Sie zu überlesen, beeinträchtigt aber nicht das Textverständnis.

1 Einleitung

Um 1200 entstand im Donauraum (evt. Passau) das Nibelungenlied. Dieses mittelalterliche Heldenepos eines namentlich unbekannten Dichters besteht aus zwei Teilen. Der Erste (Aventiure 1 bis 19) handelt von Siegfrieds Werbung um die Burgunderprinzessin Kriemhild, seine Vermählung mit ihr und seine Ermordung durch Hagen, der Zweite (Aventiure 20 bis 39) zeigt die Entwicklung Kriemhilds blutiger Rache. Die Stoffgeschichte reicht bis in die Völkerwanderungszeit zurück. Außerdem sind auch ältere Elemente des Mythos, der Sage und des Märchens in diesem gewaltigen Epos enthalten. Seit das Nibelungenlied in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wiederentdeckt worden ist, hat es etliche Bearbeitungen des Stoffs gegeben (u. a. durch Friedrich Hebel und Richard Wagner). Die seinerzeit enorme Beliebtheit bestätigen 35 Handschriften[1].

1.1 »Nibelungen«

Der Begriff »Nibelungen«[2] bezeichnet in der deutschen Sage ein von einem bösen Geist besessenes, elbisches Zwergengeschlecht. Diesem gehörte der Nibelungenhort (unschätzbare Reichtümer), an den ein Fluch gekettet war. Der mächtige Zwerg Alberich bewachte den Schatz. Siegfried jedoch überwand ihn sowie die Könige Nibelung und Schildung, woraufhin er den Namen »Nibelungen« für sich und seine Mannen übernahm. Nach Siegfrieds Tod ging die Bezeichnung auf die Burgunderkönige über.

2 Die Quellen

Bis auf eine beinhaltet jede der vollständigen Handschriften die »Klage«. Zwei Fragmente enthalten nur Verse daraus und gelten somit nicht als Quelle für das Nibelungenlied. Ein Fragment hat die Übersetzung ins Niederländische zum Inhalt. Die meisten der 32 anderen deutschen Handschriften des Textes wurden in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz entdeckt.

3.1 Die Handschriften

Karl Lachmann teilte die wichtigsten Handschriften in A, B und C ein:

A: Die Hohenemser Handschrift aus dem letzten Viertel des 13. Jh. mit 2316 Strophen liegt jetzt in München.
B: Die Sankt Galler Handschrift mit 2376 Strophen gilt als die volkstümlichste. Diese der Urschrift am nächsten stehende Fassung ist auch im 13. Jh. entstanden.
C: Die Hohenems-Lassbergische Handschrift befindet sich heute in Donaueschingen und ist mit 2442 Strophen die Längste und Sorgfältigste. Sie stammt aus der 1. Hälfte des 13. Jh. und ist zudem die am meisten höfisch umgestaltete Fassung.

Laut Lachmann lag wahrscheinlich allen Handschriften ein verloren gegangenes Original zu Grunde. Er vermutete, dass die Handschrift A diesem am nächsten kommt und C am meisten verändert wurde. Adolf Holtzmann[3] und andere Wissenschaftler hingegen hielten B für die originalgetreuste Version – Friedrich Zarncke behauptete, dass dies C sei.

3.2 Die Entstehung: Thesen zu Zeit und Ort

Karl Bartsch entwickelte eine These, nach der das Epos schon um 1140/50 entstand und 1170/80 zu den zwei Versionen *B und *C bearbeitet wurde. Demnach seien B und C nur Rezensionen dieser Bearbeitungen. Außerdem hielt er A für eine Abwandlung von *B. *B schien ihm dem Archetyp näher zu sein als *C. Hermann Paul stimmte Bartschs Mutmaßungen überwiegend zu, allerdings würde er die Entstehung des Nibelungenlieds nicht vor 1190 ansetzen. Wilhelm Braunes erklärt 1900, dass die Handschrift B die originalgetreuste Ausführung sei – bis heute sind sich die Forscher darüber nicht einig.[4] Da sich also die Frage nach der Urschrift anscheinend nicht exakt beantworten lässt, ließ die Forschung in diesem Bereich nach, und man einigte sich weitgehend darauf, dass jegliche Rekonstruktion vom Original unterschieden und abgegrenzt werden muss.

3.2.1 »Parzival«

Ein oft genannter Bezug ist der zu Wolfram von Eschenbachs »Parzival«. So erscheint im 8. Buch des »Parzival« ein Bezug zu Rumolt, dem Küchenmeister der Burgunden. Unklar ist aber, ob Wolfram Fassung *B oder *C kannte und ob *C vor oder nach dem »Parzival« entstand. Durch die Anspielung auf die Zerstörung der Erfurter Weingärten im Sommer 1203 und die Erwähnung, dass die Spuren noch zu sehen sind, lässt sich das 7. Buch des »Parzival« auf das Jahr 1204 oder 1205 datieren, das 8. Buch wird ungefähr im selben Zeitraum entstanden sein. Zumindest die Rezension *B muss also 1204 vorgelegen haben.

Die Namen Zazamanc (Strophe 362) und Azagouc (Strophe 439) kommen im Nibelungenlied wie im »Parzival« vor, und zwar schon im ersten Buch. Karl Lachmann, Friedrich Panzer[5] und Werner Schröder[6] nahmen an, dass sie der Nibelungendichter von Wolfram übernommen hat. Aber es könnte auch andersherum gewesen sein. Wenn man nun annimmt, dass Wolfram um 1198 mit dem »Parzival« begann, könnte auch das Nibelungenlied in dieser Zeit (zwischen 1198 und 1204) entstanden sein. Dagegen ist anzumerken, dass das 1. Buch des »Parzival« wahrscheinlich nach den Büchern 5 und 6 geschrieben wurde. In jüngerer Zeit wird wieder häufiger die These angenommen, dass Wolfram die Namen Zazamanc und Azagouc vom Nibelungenlied übernommen hat. So müsste das Nibelungenlied bereits vor 1198 entstanden sein. Emil Ploss[7] ist ein Vertreter dieser These. Er glaubte, das Nibelungenlied sei in den 90er Jahren des 12. Jh. geschrieben worden. Norbert Voorwinden erwähnte 1976 die Möglichkeit, dass die Namen Azagouc und Zazamanc auch später erst in das Nibelungenlied eingefügt worden sein könnten und deshalb für die Datierung nicht herhalten. Letztlich bleibt die genaue Datierung unsicher, auch wenn man davon ausgehen kann, dass das Nibelungenlied und »Parzival« im selben Zeitraum entstanden sind.

3.2.2 Eine historische Hochzeit

Ein anderer Versuch, das Epos zu datieren, ist der Vergleich der Hochzeit Kriemhilds und Etzels in Wien mit der historischen Hochzeit von Leopold VI. von Österreich mit Theodora, Enkelin des byzantinischen Kaisers Isaak Angelo, 1203 in Wien. Bischof Wolfger von Passau segnete die Ehe. Diese These wurde u. a. 1840 von Anton Ritter von Spaun und später von Friedrich Panzer verfolgt. Willy Krogmann[8] vergleicht die Nibelungenhochzeit mit der Hochzeit Leopolds V. mit Helena 1174 in Wien. Aber das ist ebenso unsicher. Vielleicht wurde der Dichter des Nibelungenliedes auch nur von einer Hochzeit inspiriert sein und fügte sie nach der Vollendung des Epos hinzu (bzw. verlegte die Hochzeit von Etzel und Kriemhild nachträglich nach Wien).

3.2.3 Passau

Mehrere Indizien sprechen für die Entstehung des Nibelungenliedes im bairisch-österreichischen Raum. Die geographischen Kenntnisse des Dichters sind im Raum zwischen Passau und Wien am genauesten. Häufig wurde angenommen, das Nibelungenlied sei in Passau geschrieben worden. Im Nibelungenlied und in der Nibelungenklage taucht der Bischof Pilgrim von Passau als Bruder Utes auf. Von 1191 bis 1204 war Wolfger von Erla Bischof von Passau. Er wurde als Gönner von fahrenden Künstlern bekannt, so schenkte er beispielsweise 1203 Walther von der Vogelweide einen Pelzrock. Ob er auch der Mäzen des unbekannten Nibelungendichters war, bleibt offen.

Sämtliche Bezüge zu Passau könnten aber auch erst in eine Rezension des Originals eingefügt worden sein. Die Erwähnung des Bischofs von Passau im Nibelungenlied ist aber wahrscheinlich als Ehre für Wolfger von Erla zu deuten.

[...]


[1] teilweise nur bruchstückhaft tradiert

[2] nach dem König Nibelung („Sohn des Dunkels“, von „Nebel“ abgeleitet)

[3] Hotzmann, Adolf (1854): Untersuchungen über das Nibelungenlied.

[4] Brackert, Helmut (1963): Beiträge zur Handschriftenkritik des Nibelungenliedes. Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker.

[5] Panzer, Friedrich (1955): Das Nibelungenlied. Entstehung und Gestalt.

[6] Schröder, Werner (1989): Wolfram von Eschenbach, das Nibelungenlied und die Klage.

[7] Ploss, Emil (1966): Siegfried-Sigurd, der Drachenkämpfer: Untersuchungen zur germanisch-deutschen Heldensage.

[8] Krogmann, Willy / Pretzel, Ulrich (1966, 4. Aufl.): Bibliographie zum Nibelungenlied und zur Klage.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Nibelungenlied - Vorgeschichte und Hintergrund
Hochschule
Universität Siegen  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Das Mittelhochdeutsche und die Lektüre mittelhochdeutscher Texte
Note
1,4
Autor
Jahr
2001
Seiten
19
Katalognummer
V8386
ISBN (eBook)
9783638153676
Dateigröße
574 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Nibelungenlied, Vorgeschichte, Hintergrund, Mittelhochdeutsche, Lektüre, Texte, Thema Das Nibelungenlied
Arbeit zitieren
René Baldus (Autor:in), 2001, Das Nibelungenlied - Vorgeschichte und Hintergrund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8386

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