Funktion der Wunder in den Petrusakten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

39 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Quellen, Datierung und Verortung der acta petri

Simon Magus - der Zauberer

Petrus - der Wundertäter

Analyse der Wunder
Die Tochterepisoden
Visionen, Träume und die Stimme Gottes
Kleinere Wunder (Hund, Fisch, Baby)
Marcellus
Heilung von Blinden
Der Wettstreit zwischen Petrus und Simon

Funktion der Wunder

„Der Herr sorgt für die Seinen“
Legitimation
Der Glaube

Fazit

Literaturverzeichnis
Quellen
Sekundärliteratur

Einleitung

Die Wunder der Bibel und vor allem vieler apokryphen Texte klingen zu fantastisch um wahr zu sein. Dies scheint auch in den acta petri so zu sein. Da liest man von einem Hund, der zu sprechen beginnt, oder einem geräucherten Fisch, der wieder lebendig im Wasser schwimmt. Heute fragen wir uns sofort: Kann das wirklich sein? Vielleicht fragen sich aber auch manche: Was will der Autor der acta petri denn damit sagen?

Die ungläubige Reaktion auf die frühchristlichen Wundererzählungen findet sich häufig, aber ist die Fragestellung wirklich so sinnvoll? Es gab bereits viele Versuche Wundergeschichten rational zu erklären und sie auf diese Weise den Menschen näher zu bringen. Aber nimmt man dadurch den Geschichten nicht gerade das, was sie ausmacht und wodurch sie wirken? Oft heißt es in der Bibel in Folge eines Wunders von den umstehende Menschen: „ und sie wunderten sich1 oder es folgen zumindest Beschreibungen ähnlicher Art. Was ist aus diesem Wundern geworden? Warum tun wir es heute nicht mehr so ohne Weiteres, sondern versuchen sofort eine Erklärung für das Unfassbare zu finden?

Die Wunder haben eine große Bedeutung und vor allem eine nicht zu unterschätzende Wirkung, die man ihnen nimmt, wenn man versucht das Wunderbare wissenschaftlich zu erfassen. Man kann sich dann vorstellen, dass die Menschen zu biblischen Zeiten einfach noch nicht erklären konnten, was sie sahen und sich daher wunderten. In der heutigen Zeit wird das Wunder dann als bloße Unkenntnis einer Krankheit, etc. enttarnt. Dabei ist das Wunderbare zu erklären so ähnlich, wie wenn man einen Witz erklärt: Der Witz ist nicht mehr komisch, das Wunder nicht mehr wunderbar. Beide verlieren ihre Wirkung und Funktion. Eine Wundererzählung wird so zu einer Effekthascherei, die keinen mehr staunen lässt und so ohne Wirkung bleibt.

Aber es gibt auch einen anderen Blickwinkel, man kann Wundergeschichten auch aus einer etwas anderen Perspektive betrachten und so Wege neuer Erkenntnismöglichkeiten eröffnen. Die Wunder des Petrus und seines Gegenspieler Simon Magus spielen bestimmt nicht ohne Grund eine so zentrale Rolle in den acta petri. In dieser Arbeit soll der Schwerpunkt also nicht darauf liegen, die Wunder zu erklären und plausibel zu machen, sondern der Blick darauf gerichtet werden, welche Wirkung die Erzählung der Wunder hier hatte, welche Funktion sie erfüllten.

Zuerst soll der Forschungsstand zur Textgrundlage näher betrachtet werden. Hierzu wird die Quellenlage kurz dargelegt und die Datierung und der Ort der Abfassung betrachtet, um sich dem Umfeld des Textes bewusst zu werden. Nun werden zunächst die beiden Hauptfiguren ins Blickfeld gerückt, also zum einen der Apostel Petrus und dann der Gegenentwurf zu dessen Wundertätigkeit: Simon Magus. Danach werden die einzelnen wundersamen Ereignisse, die im Text geschildert werden, genauer analysiert und abschließend die Funktion der Wunder herausgearbeitet.

Quellen, Datierung und Verortung der acta petri

Einen Beweis der Existenz von Petrusakten finden wir bei Eusebius2, der sie als nicht zitierbar und nicht katholisch führt. In diesem Zusammenhang verweist er auf Origines3, der wusste, dass Petrus mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde. Dieser Beleg würde auf eine Entstehungszeit vor 230 hinweisen, aber da die Petrusakten bei Origines nicht namentlich genannt werden, ist diese Einordnung nicht sehr gut belegt. Origines könnte die oben genannte, einzelne Information auch einer mündlichen Überlieferung entnommen haben.4

Ein Problem bei den acta petri ist die fehlende Textgrundlage. Die Stichometrie des Nikophoros gibt an, dass die alten Petrusakten 2750 Stichoi umfasst haben. Nur das Martyrium des Petrus ist in drei bisher bekannten griechischen Handschriften überliefert. Der größte Textkorpus allerdings, auf den wir heute zurückgreifen können, ist der sogenannte Actus Vercellenses, der in lateinischer Sprache verfasst wurde. Diese haben ihren Namen von einem Codex aus der Kapitelsbibliothek des italienischen Vercelli. Dieser Codex aus dem 6.- 7. Jahrhundert enthält neben den pseudocementischen Rekognitionen eine Erzählung, die mit Paulus beginnt, der Rom verlassen muss, und sich dann einem in Rom ausgetragenen Konflikt zwischen dem Apostel Petrus und dem Magier Simon widmet. Die Identifikation dieser Erzählung mit einem großen Teil der alten acta petri unterstützt, dass man in der Vita von Abercius (4. Jh) griechische Parallelen zu einigen Stellen im Actus Vercellenses fand. Gérard Poupon5 argumentiert allerdings, dass die ursprünglichen Petrusakten im Actus Vercellenses nur in überarbeiteter und erweiterter Form vorliegen und die Einführung der Erzählung durch Paulus eine Bearbeitung ist (3. Jh). Nach Baldwin6 ist der Actus Vercellenses keinesfalls eine reine Übersetzung der alten Petrusakten, sondern ein Neuentwurf aus dem späten 4. Jahrhundert.7

Ein weitere Handschrift, die etwas aus den Petrsuakten enthält, ist das sogenannte POxy 849, das ein griechisches Textstück beinhaltet, das mit Teilen des Actus Vercellenses (Teile aus §25 und §26) korrespondiert.8 Außerdem existieren noch zwei Tochterepisoden, die lange dem verlorenen ersten Drittel der alten Petrusakten zugerechnet wurden.9 Dass der koptische Papyruskodex Berolinensis 8502, der die eine Episode enthält, diese in der subscriptio als „Die Tat des Petrus“ bezeichnet, weist auf eine Zusammengehörigkeit zu den Petrusakten hin. Ein weiteres Argument ist eine Anspielung des Kirchenvaters Augustinus10, der an einer Stelle auf Apokryphen eingeht und dort beide Tochterepisoden schildert. Dieser Eingliederung der Tochterepisoden widerspricht Andrea Lorenzo Molinari wiederum mit zahlreichen Argumenten.11

Eine zeitliche Einordnung der alten Petrusakten ist nicht einfach, es scheint aber eine Entstehung um ca. 200 eine immer noch plausible Annahme zu sein.12 Man muss die heute vorliegende Fassung der Petrusakten in Form des Actus Vercellenses in mehreren Zeitebenen sehen, da verschiedene Einflüsse von Überarbeitern geltend gemacht wurden. Turner datiert die lateinische Fassung in das dritte oder vierte Jahrhundert.13 Jan Bremmer datiert die Übersetzung ins Lateinische frühestens in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts und macht dies an einer historischen Besonderheit fest: Erst ab dem Jahr 359 gibt es eine Art gefürchtete Geheimpolizei, die dem Kaiser Bericht über Übertretungen melden. Er verweist auf die „ curiosis14, die Marcellus bei der Zerstörung des Kaiserbildnisses erwähnt.15

Eine Verortung der acta petri ist ebenfalls nicht einfach. Es gibt einige Hinweise, die auf Kleinasien als Entstehungsort hindeuten. Zum Beispiel der junge Senator, der beim Kampf auf dem Forum wieder zum Leben erweckt wird. Ein so junger Mann wäre wahrscheinlich in Rom noch kein hochgestellter Beamte gewesen. In Kleinasien übten allerdings schon recht junge Männer hohe Ämter aus. Ficker argumentiert für die Stadt Bithynien, wegen der Erwähnung einer „ hospitio Bytinorum16 und der Figur Marcellus, die Ficker mit dem Prokonsul von Bithynien unter Augustus, einem gewissen Granius Marcellus, identifiziert.17

Simon Magus - der Zauberer

Oft liest man: „ Somit sehen wir hier Petrus nicht nur in Auseinandersetzung mit irgendeinem Irrlehrer, sondern ganz konkret mit Simon Magus, dem Urvater der Gnosis18. Tatsächlich findet man eine Abgrenzung von einer gnostischen Lehre, die sich auf Simon Magus als Leitfigur bezieht, in der frühchristlichen Literatur. Der gnostische Simon Magus findet sich aber frühestens bei Justin19 (Mitte des 2. Jahrhunderts) und erst deutlich bei Irenäus20 (ca. 180 n. Chr.) bezeugt. Justin gibt an, dass die Samariter Simon als den ersten Gott (πρῶτον ϑεόν) verehren und auch Helena, seine Gefährtin, die sie den ersten gefassten Gedanken nennen (ἔννοιαν πρώτην γενομένην). Für Irenäus ist Simon der Ursprung aller Häresie. Er berichtet von der Simonverehrung in Samaria und geht dabei auch auf die Apostelgeschichte ein. Dann schildert er das Wirken Simons in Rom und geht am Ende auch dezidiert auf die simonianische Lehre ein. Um den Simon der Apostelgeschichte21 ist also zunächst ein Simonmythos entstanden, den Justin bezeugt, auf den dann eine Gnosis aufbaut, von der Irenäus zu berichten weiß.22

Allerdings haben wir durch die Apostelgeschichte ein sehr frühes Bild von Simon. Hier wird Simon als Charismatiker geschildert, der die Bevölkerung von Samaria mit seiner Magie beeindruckt: „ ݃ Ȟ ޣ ȡ įȑ IJȚȢ ݷ ȞȩȝĮIJȚ ȈȓȝȦȞ ʌȡȠȨʌ ߱ ȡȤİȞ ݋ Ȟ IJ ߲ ʌȩȜİȚ ȝĮȖİȪȦȞ țĮȚ İȟȚȢIJȐȞȦȞ IJ ާ İȠ ࠎ“ 23 g e nannt und wird zum getau ftenׇ ȞȠȢ IJ ߱ Ȣ ȈĮ ȝ ĮȡİȓĮȢ“24. Er wird „įȪȞĮȝȚȢ IJȠࠎ ׇݏ Christen (Apg 8,13). Klaus Berger betont25, dass man Simon hier nicht von vorneherein als Gnostiker oder Simonisten brandmarken sollte, sondern es sich lohnt ein wenig hinter die Fassade zu blicken. Er betrachtet Simon als Vertreter des samaritanischen Christentums, der sich nicht als Gott, sondern als Repräsentant Gottes darstellt, ähnlich der Konzeption beim Kyrios- oder Apostelbegriff. „ Wie dort ä u ß ert sich die Repr ä sentation Gottes durch Wunderzeichen26. Simon scheitert an einer Gleichstellung mit den Aposteln, da er nach Lukas nicht die Fähigkeit besitzt, den Heiligen Geist zu spenden. Der Versuch, sich mit Geld die Fähigkeit, den Heiligen Geist zu spenden, zu erkaufen, sieht Berger als Versuch der nicht- apostolischen Christen in Samaria, sich Unabhängigkeit zu erkaufen. Dies scheitert aber. Die Taufe Simons sieht er als Versuch, die Christen in Samaria, die hier durch Simon repräsentiert werden, in die christliche Apostolische Gemeinde einzugliedern. Die Simon Episode in der Apostelgeschichte ist also keine Darstellung einer „ exotische[n] H ä resie27, sondern bildet die Existenz nicht-apostolischer Christen in Samaria ab.

It is obvious that the APt do not have the character of a refutation of heretical ideas28 konstatiert Gerard Luttikhuizen. Die acta petri scheinen nicht an der Gnosis-Frage interessiert zu sein. Die Informationen über Simon oder die simonianische Lehre sind der Apostelgeschichte und anderen Traditionen (siehe: Verehrung Simons als junger Gott, dem eine Statue errichtet wird, bei Justin) entnommen. Er erscheint eher als die Verkörperung des Bösen allgemein und seine Anklagen gegen die christliche Lehre bleiben sehr allgemein.29

Dies passt zur Darstellung Simons im Actus Vercellenses, wo an mehreren Stellen steht, dass Simon sich als Diener Gottes bezeichnet. Auch in dem Einschub, in dem Simon die reiche Eubola bestiehlt, gibt Eubola selbst an, dass sie davon ausging Simon sei ein „ dei ministrum30 und ihn daher aufgenommen habe. Petrus hält dagegen, dass Simon nur so tut und in Wahrheit „ blandi eloquio, sermone tantum seducebat et ore tantum pieta die dicebat31. Auch dass er sich als „ magnam virtutem [ … ] dei32 bezeichnet, muss, wie wir bei der Episode in der Apg gesehen haben, nicht unbedingt mit einer Vergöttlichung Simons gleichgesetzt werde, sondern kann auch Simons Stellung als Repräsentant Gottes hervorheben. Diese Position stellt ihn natürlich in Konkurrenz zu den Aposteln, die diese Repräsentation selbst beanspruchen und daher Simons Einfluss ausschalten wollen. Es ist möglich, dass hier ein innerchristlicher Konflikt, der sich schon in der Apostelgeschichte darstellt, weitergesponnen wird, der anhand der Kontrahenten Petrus und Simon ausgetragen wird.

Da die Erzählung die Sicht des Petrus auf die Dinge darlegt, ist es nur natürlich, dass Simon als Betrüger und Dieb oder auch Diener Satans dargestellt wird. Simon wirkt im Laufe der Erzählung zunehmend machtlos gegen die Wunder Gottes, die durch Petrus gewirkt werden. Zweimal verstummt er in Folge eines Wunders, kann also seine Lehre nicht mehr verbreiten. Beim Kampf auf dem Forum heißt es daraufhin: „ videtis enim, hunc se repraehensum esse modi tacentem33. Simon ist Petrus im Hinblick auf die Wunder klar unterlegen. Seine Wunder erscheinen als Farce, als magische Taschenspielertricks. Zum Beispiel der Himmelsflug zu Beginn ist nur eine große Staubwolke und bei der Totenerweckung auf dem Forum lässt er nur die Puppen tanzen.

Petrus - der Wundertäter

Der Apostel Petrus kommt im Auftrag Gottes nach Rom, um seinem Gegenspieler Simon das Handwerk zu legen. Der Apostel Paulus hat die Stadt verlassen34, um anderen Aufgaben nachzugehen, und lässt die noch junge Gemeinde führungslos zurück. Als Simon Magus in Rom eintrifft gelingt es ihm, viele durch seine magischen Tricks zu beeindrucken und auf einen falschen Weg zu leiten. Hier kommt Petrus ins Spiel, der Simon schon einmal in seine Grenzen weisen konnte35 und nun erneut seine Macht demonstrieren muss. Der Konflikt basiert auf einer konkurrierenden Vormachtstellung der beiden Kontrahenten. Simon versucht, sich als Mann Gottes zu etablieren und legitimiert sein Ansinnen über seine Wundertaten. Hier steigt Petrus ins Geschehen ein und verteidigt die Position der Apostel in der noch jungen Gemeinde. Interessanterweise wird der Konflikt kaum über Argumente ausgetragen, sondern vor allem über Wundertaten. Schon die Herausforderung erfolgt über Wunder: „ Post paucos autem dies turbatio magna facta est in media aeclesia dicentum vidisse se mirabilia per hominem quendam cui nomen erat Simon36 Simon wird also zuerst einmal mit seinen Taten in die Erzählung eingeführt, nicht zuletzt auch mit seinem aufsehenerregenden Auftritt in Rom: einem Flug über die Tore der Stadt. Die Gemeinde in Rom lässt sich vom Auftreten eines Wundertäters irritieren. Sie vergleichen zu Beginn die wundersamen Ereignisse, die Simon kennzeichnen, mit denen des Apostels Paulus, der ebenfalls große Taten vollbracht hat, und sind anfangs durchaus geneigt, eher dem Paulus eine Vormachtstellung einzuräumen. Die Taten des Paulus scheinen allerdings zu verblassen, da er selbst nicht mehr anwesend ist, um den Eindruck, den er hinterlassen hat, aufzufrischen. Es wird deutlich, dass die Gemeinde dringend eines Apostels bedarf, um in ihrem Glauben bestärkt zu werden.

Der Apostel Petrus ist hierfür genau der Richtige, da er denselben Weg beschreiten musste, wie die angefochtenen Christen in Rom. Er selbst weist immer wieder auf die Begebenheit hin, in der er selbst Christus verleugnet hat.

fratres carissmimi; fui abnegans eum dominum nostrum Iesum Christum, et non tantum semel, des et ter [ … ] et conversus ad me 37 et misertus est infirmatem carnis meae [ … ] et lugebam fidem tam infirmem meam, quoniam exsensatus a diabolo et non habens in mente verbum domini mei.38qui et me peccantem defendit et confortavit magnitudine sua, et vos consolavitur ut eum diligatis [...]39

Viri Romani, et ergo ex vobis cum sum unus, carnem portans humanem sed peccator, sed misericordiam consecutus sum: [...]40

Petrus berichtet also an einigen Stellen offen davon, wie er selbst im Glauben versagt hat, von Christus aber wieder aufgenommen wurde. Hier spielt die Selbsterkenntnis eine große Rolle. Petrus sah seine eigene Sündhaftigkeit und bereute unendlich, dass er sich hatte verführen lassen und erfuhr die Gnade Gottes. Dieser Weg eröffnet sich durch Petrus nun auch den sündigen Menschen in Rom, die den Verführungskünsten des Simon erlegen sind. Durch Jesus Christus hat Petrus Vergebung in der Sünde erfahren. Gleiches kann auch für die junge Gemeinde in Rom gelten.

Um diese Gemeinde kämpft nun Petrus und versucht im Auftrag Gottes die Menschen zur Umkehr zu leiten. Bemerkenswert ist, dass Petrus bestrebt ist, den Konflikt mit Simon in der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen. Dieser Sachverhalt soll an den entsprechenden Textstellen später noch einmal genauer behandelt werden. Vor allem beim alles entscheidenden Kampf auf dem Forum wird die öffentliche Darstellung sehr deutlich. Es wirkt fast wie eine offene Gerichtsverhandlung und als Beweise werden Wundertaten vorgelegt. Am Ende wird derjenige, der sich mit seinen Wundertaten durchsetzen kann, auch seine Lehre etablieren, da dieser sich nicht nur im Volk, sondern sogar vor den römischen Beamten offiziell legitimieren konnte.

Da dieser Kampf, wie bereits erwähnt, über die wundersamen Taten der beiden funktioniert, könnte man meinen, dass sich die Figuren Petrus und Simon gar nicht so sehr unterscheiden, da doch beide auf einem ähnlichen Gebiet tätig sind. Beide vollbringen großartige Taten, die die Menschen faszinieren und beide wollen sich mit Hilfe dieser Fähigkeit eine Vormachtstellung erarbeiten. Betrachtet man die Beschreibungen aber genauer, so wird schnell deutlich, dass die Darstellung der beiden Kontrahenten sehr unterschiedlich ist. Zuerst einmal ist allein in der Darstellung der Taten der beiden Gegner ein großer Unterschied. Hier unterscheidet der Text zwischen den Wundern des Petrus und der Magie des Simon. Zu Anfang ist das Bild der Taten Simons noch nicht so negativ behaftet. Die Menschen berichten, sie hätten „ mirabilia41 gesehen, die Simon getan hätte. Simon würde von sich selbst sagen er sei „ magnam virtutem [ … ] dei42. Aber je weiter die Handlung fortschreitet, desto mehr wird klar, dass Simon ein Zauberer und ein Diener Satans ist.43 Der Kampf der beiden ist also ein Kampf zwischen Gut und Böse.44 Die Taten des Simon unterscheiden sich zum einen dadurch von denen des Petrus, dass sie vor allem gegen Ende nicht wahrhaftig sind, sondern nur Schein (v.a. 28: Die Erweckung Nicostratus). Zudem sind die Wunder von Simon destruktiver Natur. Zum Beispiel stirbt der Jüngling beim Wunder- Wettstreit durch die Zauberkunst des Simon45 und Eubola wird durch einen Zauber bestohlen, weswegen ihre Dienerschaft leiden muss. Beide, Eubola und Marcellus, können sich nicht mehr ihren wohltätigen Aufgaben widmen, da sie von Simon und seiner Zauberkunst verführt werden. Petrus hingegen führt sie, nicht zuletzt wegen wundersamer Ereignisse, wieder ihren gemeinnützigen Aufgaben zu. Seine Wunder sind konstruktiv, haben einen tieferen Sinn und Zweck. Simons dagegen dienen nur oberflächlichen Gesichtspunkten und dem eigenen Nutzen.

Petrus vollbringt Wunder also nicht zu seiner eigenen Glorifizierung, sondern zum Wohl der anderen. Simon dagegen scheint dazu zu neigen, an sein eigenes Wohl zu denken.46 Er lässt sich verehren und Standbilder errichten (10; 17). Die reiche Eubola bestiehlt er schamlos und auch Marcellus beschwatzt er, sein Geld besser anderweitig zu verwenden. Petrus auf der anderen Seite tut Wunder oft zum Nutzen der anderen.

[...]


1 Mk 7,37

2 vgl. Hist. Eccl. III 3,2

3 vgl. Hist. Eccl. III 1,2f

4 vgl. Klauck: Apokryphe Apostelakten. S.94

5 vgl. Poupon: L'Origine africaine des Actus Vercellenses.

6 vgl. Baldwin: Whose Acts of Peter?

7 vgl. Klauck: Apokryphe Apostelakten. S.94f

8 vgl. ebd. S.95

9 siehe: Schmidt: Die alten Petrusakten. S.13ff

10 Vgl. Augustinus: Contra Adimantum 17, 5

11 vgl. Klauck: Apokryphe Apostelakten.. S.117f

12 vgl. Schmidt: Die alten Petrusakten. S.99 ff

13 vgl. Turner: The Latin Acts of Peter. S.119ff

14 „Spitzel“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.269)

15 vgl. Bremmer: Aspects of the Acts of Peter: Women, Magic, Place and Date. S.19

16 „Herberge der Bithynier“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.262)

17 vgl. Bremmer: Aspects of the Acts of Peter: Women, Magic, Place and Date. S.14ff

18 Zwierlein: Petrus in Rom. S. 58

19 siehe: Apol I 26

20 siehe: Adversus heareses 23, 1-4

21 Apg 8, 4-25

22 vgl. Theißen: Simon Magus - die Entwicklung seines Bildes vom Charismatiker zum gnostischen Erlöser. S. 407ff

23 Apg 8,9: Ein Mann aber, mit Namen Simon, befand sich vorher in der Stadt, der trieb Zauberei und brachte das Volk von Samaria außer sich (Übersetzung: Elberfelder Bibel)

24 Apg 8,10: Kraft Gottes

25 vgl. Berger: Simon Magus als Gestalt des samaritanischen Christentums. S.313ff.

26 ebd. S.314.

27 ebd. S.316.

28 Luttikhuizen: Simon Magus as a narrative Figure in the Acts of Peter. S.41

29 vgl. Luttikhuizen: Simon Magus as a narrative Figure in the Acts of Peter. S.41

30 „Diener Gottes“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.273)

31 „mit (leeren) Worten verführte und nur mit dem Munde von der Frömmigkeit Gottes sprach“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.273)

32 „die große Kraft Gottes“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.261)

33 „Ihr seht nämlich, dass dieser nur schweigt, da er überführt worden ist“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.278)

34 Vouaux und Poupon argumentieren, dass der Teil mit dem Apostel Paulus erst später hinzugefügt wurde. Eventuell zu betonen, dass beide, Petrus und Paulus, die apostolischen Gründer der Gemeinde in Rom sind. (vgl. Luttikhuizen: Simon Magus as a narrative Figure in the Acts of Peter. S. 39)

35 vgl. Apg 8, 14-25

36 „Nach wenigen Tagen entstand in der Gemeinde eine große Unruhe, da (einige) sagten, sie hätten wunderbare Dinge durch einen Menschen mit Namen Simon gesehen.“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.261)

37 Lk 22,61

38 „Teuerste Brüder, ich habe unsern Herrn Jesus Christus verleugnet, und nicht nur einmal, sondern dreimal. […] Er wandte sich zu mir und erbarmte sich der Schwachheit meines Fleisches, […] und ich war betrübt über meinen so schwachen Glauben, da ich vom Teufel um den Verstand gebracht war und das Wort meines Herrn nicht im Sinn hatte.“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.265)

39 „Er, der auch mich, als ich sündigte verteidigt und gestärkt hat in seiner Größe, wird auch euch trösten, auf dass ihr ihn liebt [...]“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.275)

40 „Römer, da auch ich einer von euch bin, der menschliches Fleisch trägt, und ein sündhafter Mensch, aber Mitleid erlangt habe, [...]“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.281)

41 „wunderbare Dinge“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.261)

42 „die große Kraft Gottes“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.261)

43 z.B. „[...] dem Magier Simon, dem unbeständigen Dämon [...]“ (Übersetzung: Schneemelcher. S.281)

44 vgl. Misset-van de Weg: The Purpose of the Wondrous Works and Deeds in the Acts of Peter. S. 97

45 vgl. Klauck: Apokryphe Apostelakten. S.109

46 vgl. Misset-van de Weg: The Purpose of the Wondrous Works and Deeds in the Acts of Peter. S. 98

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Funktion der Wunder in den Petrusakten
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Wissenschaftlich - Theologisches Seminar)
Veranstaltung
Wunder im Neuen Testament
Note
2,5
Autor
Jahr
2013
Seiten
39
Katalognummer
V265033
ISBN (eBook)
9783656543756
ISBN (Buch)
9783656544944
Dateigröße
661 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
funktion, wunder, petrusakten
Arbeit zitieren
Stefanie Bucher (Autor:in), 2013, Funktion der Wunder in den Petrusakten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265033

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