Ein zweideutiges Gottesurteil: Heinrich von Kleist 'Der Zweikampf'


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gottesurteil in Der Zweikampf
2. 1 Ehre im Duell
2. 1. 1 Beziehung Zweikampf / Duell
2. 2 Deutung des Gottesurteils
2. 2. 1 Friedrich und Helena
2. 2. 2 Friedrich und Littegarde
2. 3 Relativierung des Gottesurteils

3. Resümee

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Zweikampf [...] hat viele treffliche Züge, aber der sonderbare Prozeß, der uns wieder hier vorgeführt wird, und der sich nur durch eine Art von Wunder entwickelt und aufklärt, interessirt uns nicht so, daß wir oft und gern zu dieser Erzählung zurückkehren sollten.“[1] Ludwig Tiecks kurze Bemerkung aus dem Jahre 1826 in der Einleitung zur ersten Gesamtausgabe der Werke Kleists zum Werk Der Zweikampf verdeutlicht beispielhaft die geringe Wertschätzung, die die Werke Heinrich von Kleists anfänglich erlangten. Erst seit Beginn des zwanzigsten Jahrhundert sollte Kleist, dem nun erst der Rang eines Klassikers zuerkannt wurde, für sein dichterisches Schaffen die ihm gebührende Aufmerksamkeit finden[2] und „zu den großen deutschen Dichtern“[3] gezählt werden.

Die meiner neu konzipierten Arbeit zugrundeliegende Novelle Der Zweikampf war eins der letzten Werke Kleists und erschien 1811 kurz vor seinem Selbstmord in dem zweiten Band Erzählungen, der ursprünglich zusammen mit dem ersten Band den Titel Moralische Erzählungen tragen sollte. Die Gemeinsamkeit der Erzählungen auch mit denen des ersten Bandes liegt dabei in der Thematik, in dem Kampf um Wahrheit und Gerechtigkeit.[4] Angeregt durch die Diskussionen im Seminar werden so auch bei meinen Ausführungen die Thematik der Wahrheitsfindung mittels des titelgebenden Zweikampfes sowie dessen Auslegung als Gottesurteil im Vordergrund stehen.

Des Weiteren habe ich mich bemüht, der Kritik an meiner Erstfassung sowohl inhaltlich als auch konzeptionell gerecht zu werden. Der einleitend zu berücksichtigende Themenkomplex Ehre im Duell soll nun ebenfalls die Beziehung zwischen einem Zweikampf des 14. Jahrhunderts und einem Duell im 18. Jahrhundert explizit beleuchten. Erst danach werde ich mich dem zweideutigen Gottesurteil detailliert widmen. Grundlage hierfür wird neben den Gesprächen Friedrichs im Gefängnis mit seiner Mutter sowie mit Littegarde auch der Schluss des Textes sein, wo der Kaiser die Statuten des Gottesgerichts ändert. Die Arbeit findet ihren Anschluss in einem Resümee, das ein Gesamturteil beinhalten wird.

2. Gottesurteil in Der Zweikampf

Zentrales Motiv der zu bearbeitende Novelle ist ein Zweikampf um Leben und Tod, der als Gottesgericht zur Wahrheitsfindung führen soll. Nämlich nicht die anfängliche Frage nach dem Mörder des Herzogs Wilhelm von Breysach steht im Vordergrund des Werkes, sondern vielmehr die Bemühungen um den Unschuldserweis der verwitweten Littegarde. Das göttliche Schiedsurteil im Zweikampf und die folgende „hermeneutische Geschichte von der Anzweiflung des Gottesurteils“[5] aus Sicht der verschiedenen Protagonisten, die in der Folge an Textpassagen erörtert werden soll, werden zum entscheidenden Moment des Textes.

Vorab allerdings werden grundlegende Gedanken zum Komplex Ehre im Duell, der letztlich zur nötigen Entzifferung der Sprache des Gottesurteils führt, festgehalten.

2. 1 Ehre im Duell

„Weniger wert als das Leben ist sie mehrere Jahrhunderte nicht gewesen – die Ehre.“[6] Die große Bedeutung der Ehre, die in dem zitierten ersten Satz des Vorwortes zu Uwe Schultz` Buch Das Duell beschrieben wird, spiegelt sich auch in Der Zweikampf wider.

Als der Graf Jakob von Rotbart vor Gericht angibt, „in der Nacht des heiligen Remigius [...] heimlich bei der schönen [...] Frau Wittib Littegarde von Auerstein“[7] gewesen zu sein, versucht er, durch sein Alibi, seine eigene Ehre zu retten, doch bewirkt damit gleichzeitig bei Littegarde einen Ehrverlust. Zur „Ehrenrettung der durch sie beleidigten Familie“[8] wird daraufhin sogar ihr Name aus der Geschlechtstafel des Bredaschen Hauses gestrichen. Doch Littegardes Freund und Rechtsbeistand Friedrich von Trota will den Glanz Littegardes „Ehre vor dem Gericht zu Basel und vor dem Urtheil der ganzen Welt wiederherstellen!“[9] Dies soll durch sein Duell mit Jakob, dessen nicht eindeutiger Ausgang in der Folge das Geschehen in Der Zweikampf bestimmt, bewerkstelligt werden.

Um die Motive und den Verlauf des Zweikampfes zwischen Friedrich und Jakob allerdings einordnen zu können, ist vorab eine Unterscheidung des Zweikampfes des 14. Jahrhunderts und dem Duell im 18. Jahrhundert vorzunehmen.

[...]


[1] Reuß, Roland: Mit gebrochenen Worten. Zu Kleist Erzählung Der Zweikampf. in Brandenburger Kleist-Blätter 7, Leipzig, 1994, S. 5.

[2] vgl. Hübner, Klaus: Heinrich von Kleist. aus: Knaurs Großer Schauspielführer. München, 1994. from: http://www.kleist.org/umat/bio03.htm (27.09.03)

[3] Doering, Sabine: Literaturwissen. Heinrich von Kleist. Stuttgart, 1996. S. 12.

[4] vgl. Geisler, Rolf/Radler, Rudolf (Hrsg.): Kindlers Literatur Lexikon im dtv. Band 23. München, 1974, S. 10416f.

[5] Greiner, Bernhard: Kleists Dramen und Erzählungen. Tübingen, 2000. S. 388.

[6] Schultz, Uwe: Das Duell. Der tödliche Kampf um die Ehre. Frankfurt am Main, 1996. S. 9.

[7] Kleist, Heinrich von: Brandenburger Ausgabe. Band II/6. Der Zweikampf. Leipzig, 1994. S. 21f.

[8] Kleist, Heinrich von: Brandenburger Ausgabe II/6. Der Zweikampf. 1994. S. 37.

[9] ebd. S. 35.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Ein zweideutiges Gottesurteil: Heinrich von Kleist 'Der Zweikampf'
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltung
HS Männerehre, Frauenehre: Duellgeschichten
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
13
Katalognummer
V29497
ISBN (eBook)
9783638309905
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gottesurteil, Heinrich, Kleist, Zweikampf, Männerehre, Frauenehre, Duellgeschichten
Arbeit zitieren
Daniel Schneider (Autor:in), 2003, Ein zweideutiges Gottesurteil: Heinrich von Kleist 'Der Zweikampf', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29497

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