Chats und Mails im Internet - Ein Beitrag zur Entwicklung von Schriftlichkeit und Mündlichkeit?


Hausarbeit, 2006

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Computergestützte Kommunikationsformen
2.1 Chats
2.2 E-Mails

3. Schriftlichkeit und Mündlichkeit
3.1 Kommunikationsmodell nach Günther
3.2 Nähe-Distanz-Modell nach Koch/Österreicher Medium und Konzept
3.2.1 Sprache der Nähe und Sprache der Distanz
3.2.2 Strategien der Versprachlichung von Nähe und Distanz

4. Analyse der Kommunikationsformen
4.1 Chat
4.2 E-Mails

5. Schlussbemerkung

6. Literaturangaben

1. Einleitung

Das Internet ist das Medium des 20. Jahrhunderts und hat als Kommunikationsmittel seit Mitte der neunziger Jahre einen massiven Aufschwung erfahren. Es bietet die Möglichkeit weltweit mit Menschen zu kommunizieren und elektronisch Informationen auszutauschen. Durch dieses multifunktionale Medium erlangt man zu zahlreichen Möglichkeiten wie Online-Banking, Bestellen von Waren oder das Buchen von Reisen.

Mittlerweile sind durch das Internet auch neue Formen der globalen Verständigung entstanden. Der Brief als die klassischste Form der Mitteilungsträger wird von Internetdiensten wie Chat, E-Mail, Diskussionsforen oder Newsgroups abgelöst. Diese werden von Jahr zu Jahr populärer.

Die Entwicklung und steigende Nutzung der neuen Kommunikationsträger geben gerade der Sprachwissenschaft ein breites Forschungsfeld.

In dieser Hausarbeit soll deswegen untersucht werden, ob die genannten computervermittelten Kommunikationsformen, speziell Chat und E-Mail, einen Beitrag zur Entwicklung von Schriftlichkeit oder Mündlichkeit leisten und ob sich bei diesem Textschreiben Lernprozesse entwickeln. Dies soll an konkreten Beispielen geschehen.

Weiterhin soll geklärt werden was Schriftlichkeit und Mündlichkeit ist und welche Kriterien Schriftlichkeit beziehungsweise Mündlichkeit ausmachen. Dazu habe ich das Modell von Koch/Österreicher als Analysewerkzeug gewählt, da es sich hervorragend dazu eignet, konzeptionelle und mediale Mischformen zu identifizieren.

Im ersten Teil werde ich zunächst die Formen Chat und E-Mail beschreiben. Dann werde ich das das sog. Nähe-Distanz-Modell erläutern und es einleiten mit dem etwas einfacheren Konzept von Günther. Die kurze Betrachtung von Günthers Modell wird die grobe Struktur von Kommunikation schnell klar machen, wird aber auch veranschaulichen, warum es notwendig ist, zu einem komplexeren Modell überzugehen.

Im zweiten Teil der Arbeit werde ich die neuen Kommunikationsformen Chat und E-Mail mit Hilfe des betrachteten Nähe-Distanz-Modells analysieren und feststellen inwieweit diese Schriftlichkeit bzw. Mündlichkeit fördern.

Am Ende dieser Arbeit soll eine Schlussbetrachtung die Ergebnisse noch einmal zusammenfassen.

2. Computergestützte Kommunikationsformen

2.1 Chats

Chatten (engl. >to chat< = plaudern, schwatzen) ist eine textbasierte Online-Kommunikation. Zwei oder auch mehrere Teilnehmer, die räumlich voneinander getrennt sitzen, geben über die Tastatur den gewünschten Text ein. Dieser erscheint dann nahezu zeitgleich bei der gewünschten Person auf dem Bildschirm. Wie beim Telefonieren oder Funken geschieht die Kommunikation wechselseitig, direkt und synchron. Jedoch wird nicht sprechsprachig sondern schriftsprachig kommuniziert. Um online mit anderen Personen zu chatten sind im World Wide Web zahlreiche Chat-Räume vorhanden, die durch einen Benutzernamen und ein Passwort zugänglich werden. Dort können die Teilnehmer über die verschiedensten Themen diskutieren oder sich einfach nur austauschen. Es gibt zudem noch zahllose Chat-Räume, die alle unter verschiedenen Titeln laufen, wie zum Beispiel „Flirt“, „Freunde“, „Autos“, „Fußball“ und viele weitere.

2.2 E-Mails

Unter einer E-Mail (engl. Electronic Mail = elektronische Nachricht) versteht man einen über die Tastatur des Computers eingegebenen Text, der dann an den gewünschten Empfänger gesendet wird. Dies geschieht mit Hilfe einer E-Mailadresse, die genau wie eine Postadresse nur einer Person zugeordnet wird. Schon nach kürzester Zeit kann der Empfänger die E-Mail in seinem Posteingang auf dem Computer finden, lesen und bei Bedarf auch antworten. Diese Methode der Computergestützten Kommunikation ist vergleichbar mit dem Briefe schreiben.

Man kann seinen Posteingang jederzeit „entleeren“, die erhaltenen Nachrichten weiterleiten oder auch speichern. Außerdem bieten E-Mais die Möglichkeit an geschriebene Nachrichten Dateien „anzuhängen“. Somit können Audiodateien, Videodateien oder auch weitere Textdateien an die gewünschte E-Mailadresse übermittelt werden.

3. Schriftlichkeit und Mündlichkeit

Mündlichkeit und Schriftlichkeit sind Begriffe, die sich auf die menschliche Sprache beziehen und bezeichnen die Realisierungsweisen der Sprache. Sprache kann sowohl mündlich (phonisch) als auch schriftlich (graphisch) realisiert werden. Schwitalla unterscheidet beide Ebenen so: „Sprachverwendung in der Form des Produzierens von hörbaren Lauten ist eindeutig vom Produzieren sichtbarer, schriftlicher Zeichen zu unterscheiden.“[1] Die Sprache in ihren verschiedenen Realisierungsweisen kann als wichtigstes Kommunikationsmittel angesehen werden, denn es erfüllt Funktionen wie den Austausch von Informationen oder kognitive und affektive Funktionen.

Seit Anbeginn der Zeit haben Menschen früher gesprochen als geschrieben. Das Sprechen gibt es in jeder Gesellschaft, aber nicht das Schreiben[2] und jedes Kind lernt zuerst das sprechen bevor es in der Schule das Schreiben lernt. So gesehen ist die Mündlichkeit das bedeutendste Merkmal für menschliche Gesellschaften. Sprechen lernen ist somit ein spontaner Aspekt im Gegensatz zum Schreiben, das durch Unterricht eher als gelenkt gesehen werden muss. Die Schrift entstand deshalb aus der Notwendigkeit heraus, Nachrichten über größere Distanzen zu vermitteln und sie auch für spätere Generationen aufzubewahren. Nerius meinte: „Die Schrift bot die Möglichkeit, die räumliche und zeitliche Begrenztheit der Kommunikation zu überwinden.“[3]

3.1 Kommunikationsmodell nach Günther

Hartmut Günther greift ein sehr einfaches Schema auf, um mündliche und schriftliche Kommunikation zu beschreiben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Mündlicher Kommunikationsprozess nach Günther: 1988, S. 6.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Schriftlicher Kommunikationsprozess nach Günther: 1988, S. 11.

Im Falle der mündlichen Kommunikation äußert Sprecher A ein akustisches Signal, auf welches Hörer B reagiert. Der Sprecher ist gleichzeitig auch Hörer seiner eigenen Äußerung. In einer Dialogsituation tauschen A und B abwechselnd ihre Rollen: A wird zum Hörer während B zum Sprecher wird, dann ist A wieder Hörer und B Sprecher usw.

Das beschriebene Modell der mündlichen Kommunikation ist irreführend, da es den Anschein erweckt, Sprecher und Sprachsignal seien klar zu trennen. Diese Auslegung ließe außer Acht, dass „[...] das Sprachsignal nicht als unabhängig vom Sprecher gedacht werden [kann]: Das raumzeitliche Zusammentreffen von Sprecher, Hörer und Signal ist eine notwendige Bedingung für das Zustandekommen mündlicher Kommunikation.“[4]

Günther sagt daher selbst, dass das stark vereinfachte Modell, bestehend aus strikt voneinander getrennten Rechtecken, besser auf die schriftliche Kommunikation anzuwenden ist als auf die mündliche. In Abbildung 2 ersetzt er das Sprachsignal durch den Text, wobei der Text definiert ist als eine „[...] sprachliche Äußerung, die aus der unmittelbaren Sprechsituation ausgelöst ist.“[5] Eine solche Kontext-, Sprecher- sowie Hörer-Unabhängigkeit ist im Mündlichen nur etwa bei der Überbringung einer Botschaft durch einen Boten gegeben, wohingegen eine derart ausgeprägte Situationsentbundenheit im Schriftlichen vorherrschend ist.

Günther spricht von einer „[...] Verselbständigung des Textes gegenüber dem Schreiber wie dem Leser [...]“[6], d.h. der Text existiert vollkommen eigenständig. Der Schreiber spielt im Leseprozess keine Rolle mehr, sondern der Leser befasst sich vielmehr fast ausschließlich mit dem Text. Trotz, dass das Modell den schriftlichen Kommunikationsprozess passend zu beschreiben scheint, haben beide Schemata einen großen Nachteil, der darin besteht, dass sie Mischformen von Mündlichkeit und Schriftlichkeit nicht zulassen. Ein mündlich vorgetragenes Schriftstück, wie z.B. eine Predigt, oder ein niedergeschriebenes Gespräch finden in dem Modell keinen Platz, denn sie sind weder rein schriftlich noch rein mündlich. Des Weiteren wird keine Rücksicht auf verschiedene Abstufungen von mündlich und schriftlich genommen. Eine Lösung für dieses Problem bieten Koch und Österreicher an.

[...]


[1] Vgl. Schwitalla: 1997, S. 15.

[2] Vgl. Günther: 2000, S. 64.

[3] Vgl. Nerius: 1987, S. 13

[4] Vgl.: Günther: 1988, S. 11.

[5] Vgl.: Günther: 1988, S. 11.

[6] Vgl.: Günther: 1988, S. 12.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Chats und Mails im Internet - Ein Beitrag zur Entwicklung von Schriftlichkeit und Mündlichkeit?
Hochschule
Universität Kassel
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V70295
ISBN (eBook)
9783638627702
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Chats, Mails, Internet, Beitrag, Entwicklung, Schriftlichkeit, Mündlichkeit
Arbeit zitieren
Annelie Thiele (Autor:in), 2006, Chats und Mails im Internet - Ein Beitrag zur Entwicklung von Schriftlichkeit und Mündlichkeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70295

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