Die Beziehungen der SED zur KP Spaniens PCE (1971-1978)


Masterarbeit, 2009

177 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Gestaltung der Parteibeziehungen im ZK-Apparat der SED
2.1. Für die Parteiaußenbeziehungen zuständige Personen und Gremien im zentralen Parteiapparat
2.2. Die Abteilung Internationale Verbindungen des ZK und ihre Mitarbeiter

3. Die SED und die Entwicklung der Programmatik des PCE in den 70er Jahren
3.1. Distanzierung des PCE von der KPdSU
3.2. Der spanische Weg zum Sozialismus
3.2.1. Der PCE verzichtet auf orthodoxe Elemente
3.2.2. Interne Abgrenzung der SED
3.2.3. Unterminierung der Begründung der SED-Herrschaft
3.3. Die kommunistische Weltbewegung und die Stellung zur KPdSU
3.3.1. „Einheit in Vielfalt“ versus „Einheit und Geschlossenheit“: Divergierende Konzeptionen der kommunistischen Weltbewegung
3.3.2. Kritik an den sozialistischen Ländern
3.4. Einzelne programmatische und politische Streitfragen

4. Abkühlung und Verstimmungen: die Entwicklung der Beziehungen von 1971-1973
4.1. Die Spaltung des PCE 1969/1970 und das Verhalten der SED
4.1.1. Vom Prager Frühling zur Spaltung des PCE 1969/1970
4.1.2. Die Reaktion der SED und die Auswirkungen auf die gemeinsamen Beziehungen
4.2. Die Kontroverse um die Herstellung diplomatischer Beziehungen zwischen der DDR und Spanien
4.2.1. Die Aufnahme von Beziehungen im Kontext der spanischen und ostdeutschen Außenpolitik
4.2.2. Polemik und Einsicht in den Dialog

5. Entgegenkommen bei prinzipieller Unversöhnlichkeit: 1973-1978
5.1. „Fest und brüderlich verbunden“: der Besuch einer PCE-Delegation in Ost-Berlin Ende 1974
5.1.1. Die Krise des Franquismus und die Pläne zu einer europäischen KP-Konferenz
5.1.2. Harmonie und Konzessionen: der Verlauf der Beratungen und ihre Ergebnisse
5.2. Außer Spesen nichts gewesen? Die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen und ihre Wirkung auf den PCE
5.3. Die SED als Partei des Ausgleichs angesichts der Unterstützung der marxistischen Opposition in der DDR durch den PCE
5.3.1. Der PCE sympathisiert mit der marxistischen Opposition in der DDR
5.3.2. Die SED als Partei des Ausgleichs
5.4. Die SED liebäugelt mit oppositionellen Tendenzen im PCE
5.4.1. Zunehmende Spannungen im PCE
5.4.2. Die SED modifiziert ihre Strategie

6. Schlussbetrachtung

7. Abkürzungsverzeichnis

8. Literaturverzeichnis
8.1. Quellen
8.2. Forschungsliteratur

1. Einleitung

„Die Deutschen, die die SED führten, waren für uns etwas Besonderes, […]. Es waren alles Leute gewesen, die gegen Hitler gekämpft hatten und viele von ihnen waren in Spanien in den Internationalen Brigaden gewesen. Deshalb hatten sie einen Sympathievorteil.“[1] So äußerte sich Santiago Carrillo, der langjährige Generalsekretär des PCE, über seine ostdeutschen Genossen. Diese funktionierten den von der KPD in der Illegalität organisierten Einsatz deutscher Interbrigadisten im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) auf der Seite der Republik in einen nationalen Mythos um, um für ihren Staat eine historische Fundierung zu erhalten, die vor die sowjetische Besetzung zurückreichte.[2] Schulen, Straßen, Brücken, Militärbataillone und Arbeitskompanien trugen die Namen Ernst Thaelmanns, Hans Beimlers, Artur Beckers und anderer Spanienkämpfer. Lieder wie das Solidaritätslied oder das Lied der Interbrigaden sowie zahlreiche Filme wie „Fünf Patronenhülsen“ hielten die Erinnerung wach, deren institutionalisierter Vermittler seit Mai 1965 die Sektion der ehemaligen Spanienkämpfer im KdAW war.[3]

Diese Tradition verpflichtete gerade auch gegenüber den spanischen Kommunisten, da sie in der republikanischen Zone seit 1937 bis zum Ende des Bürgerkriegs die bestimmende politische Kraft darstellten. So versuchte die SED in den 50er und 60er Jahren ihren spanischen Genossen mit Hilfsgesten unter die Arme zu greifen.[4] Ende der 60er Jahre zeichnete sich jedoch allmählich die ideologische Distanzierung des PCE von den KPs des Ostblocks ab und wurde vollends deutlich, als der PCE den Einmarsch in die ČSSR 1968 verurteilte. Deswegen widmet sich diese Arbeit der Frage, wie sich die Beziehungen von SED und PCE in den 70er Jahren vor dem Hintergrund von Tradition, „Sympathievorteilen“ und dem ideologischen Wandel des PCE entwickelten.

Dabei beschränkt sich der betrachtete Zeitraum auf die Periode von 1971 bis 1978. Das Jahr 1971 bedeutete eine Zäsur in der Geschichte der DDR und der SED, da Erich Honecker am 3. Mai 1971 den Posten des Ersten Sekretärs der SED von Walter Ulbricht übernahm. Honecker schaffte daraufhin von Ulbricht geprägte ideologische Eigenständigkeiten wieder ab und lehnte DDR und SED enger an Sowjetunion und KPdSU an. Dies zeigte sich schon auf dem VIII. Parteitag der SED vom 15. bis 19. Juni 1971, auf dem die SED die Führungsrolle der UdSSR und die Verbindlichkeit des sowjetischen Sozialismusmodells vorbehaltlos akzeptierte. Gleichzeitig führte Honecker eine neue Sozial- und Wirtschaftspolitik ein, leitete eine Phase liberaler Kulturpolitik ein und betonte die Bedeutung der Ideologie als Herrschaftsinstrument wieder.[5] Mit dem Beginn des Zweiten Kalten Kriegs 1979 verschlechterte sich das Verhältnis zwischen DDR und Sowjetunion aber zusehends,[6] da der SED in ihren Beziehungen zur BRD aus wirtschaftlichen Gründen an Entspannung gelegen war. Dies schlug sich schon Mitte 1979 in einem deutlich formulierten Eigeninteresse der SED-Führung an der Entspannungspolitik nieder.[7] Insofern konnte der SED seit dieser Zeit auch daran gelegen sein, Beziehungen mit auf Eigenständigkeit bedachten Parteien wie dem PCE zu pflegen,[8] was dafür spricht den Untersuchungszeitraum 1978/79 enden zu lassen.

Der PCE setzte sich seit dem Prager Frühling 1968 deutlich von der KPdSU ab und entwickelte zunehmend heterodoxe ideologische Positionen. Auf seinem VIII. Parteitag 1972 begründete die Partei den Anspruch nach einem eigenen spanischen Weg zum Sozialismus. Im Laufe der 70er Jahre bekannte sie sich immer deutlicher zur westlichen Demokratie und stellte zentrale Dogmen des orthodoxen Marxismus-Leninismus in Frage, bis sie schließlich auf ihrem IX. Parteitag 1978 den Leninismus aus der Parteidefinition strich.

Das Ende des untersuchten Zeitraums orientiert sich ferner an dem in Spanien stattfindenden Wandel des politischen Systems von der Diktatur Francos hin zu einer demokratischen Regierungsform. Dieser Prozess umfasste „den gesamten Zeitraum, in dem die Installierung eines demokratischen politischen Regimes stattfindet, in dem die Fundamente eines neuen Staats gelegt werden und in dem sich die allgemeine Überzeugung einstellt, dass der Prozess unumkehrbar sei, […].“[9] Diese Entwicklung spielte sich in den Jahren zwischen 1975 und 1982 ab und wurde in die drei Phasen der Krise des Regimes, der politischen Transition i. e. S. und der demokratischen Konsolidierung eingeteilt. Das Jahr 1978 bildete mit der Annahme der demokratischen Verfassung per Volksentscheid am 6. Dezember und ihrem Inkrafttreten am 29. Dezember 1978 im Wesentlichen den Übergang zwischen der Transition i. e. S. und der Konsolidierung der Demokratie.[10] Mit der institutionellen Etablierung der Demokratie bildete dieser Übergang auch einen Einschnitt für die Aktivitäten des PCE.

Zur theoretischen Einordnung der Beziehungen zwischen SED und PCE greift diese Arbeit auf den von Karl Kaiser geprägten Ansatz der transnationalen Politik zurück.[11] Kaiser definierte transnationale Politik „als jene politischen Prozesse zwischen nationalstaatlichen Regierungen und/ oder zwischen transnationaler Gesellschaft und Regierung(en), deren Anstoß von Interaktionen in der transnationalen Gesellschaft gegeben wurde.“[12] Eine transnationale Gesellschaft zeichne sich dadurch aus, dass hierbei Interaktion zwischen gesellschaftlichen Akteuren verschiedener nationalstaatlicher Systeme stattfinde. Wirtschaftliche, soziale oder politische Eliten, die an diesem Prozess teilnähmen, dürften aber keinen Regierungsinstitutionen angehören.[13] Problematisch ist deswegen die enge Verknüpfung von Partei- und Staatsapparat in der DDR. Diese kam zum einen in der politischen Durchdringung der staatlichen Institutionen zum Ausdruck, indem die Parteibeschlüsse für diese verbindlich waren und in ihrer Umsetzung vom Apparat des Zentralkomitees und den Parteiorganisationen im staatlichen Bereich überwacht wurden. Zum anderen gewährleistete das Nomenklatursystem und die Besetzung der staatlichen Spitzenpositionen mit hohen Parteifunktionären eine enge personelle Verquickung.[14]

In der Realität ist es deswegen schwer möglich zwischen staatlicher Außenpolitik und Parteiaußenpolitik der SED zu unterscheiden.[15] Analytisch gesehen kann mit Kaisers Konzept der horizontalen Kommunikation, die die Kommunikation zwischen gesellschaftlichen Akteuren verschiedener nationalstaatlicher Systeme darstellt, aber eine Trennung vorgenommen werden. Die Träger dieser Kommunikation können z. B. Banken, Personen und politische Gruppierungen sein.[16] Der Art nach lässt sich horizontale Kommunikation erstens in Informationsfluss, die Übermittlung von Anschauungen, Ideen und Lehren, zweitens Transport, drittens finanzielle Bewegungen sowie viertens Reisebewegungen unterteilen.[17]

Wenn man die Beziehungen zwischen der SED und dem PCE betrachtet, so konstituierten sich diese aus Sicht der SED, außer dass der Adressat der Kommunikation der PCE war, darin dass die Träger der Kommunikation gegenüber dem PCE formal Parteifunktionäre bzw. Gremien der SED waren und dies unabhängig davon, ob sie gleichzeitig noch ein Staatsamt innehatten. Mit anderen Worten werden die Beziehungen zwischen zwei gesellschaftlichen Akteuren, also deren transnationale Beziehungen untersucht. Den verschiedenen Kommunikationsarten entsprechend wird bei dieser Untersuchung die Beziehung zwischen beiden Parteien entlang dieser Kommunikationsarten betrachtet, soweit sie sich aus den analysierten Akten rekonstruieren ließen. Diese Art der Beziehungen sind es, die in dieser Studie auch unter den Begriffen Parteiaußenpolitik und Außenbeziehungen der SED im Gegensatz zur staatlichen Außenpolitik der SED verstanden werden, auch wenn man die Doppelbödigkeit des Verhältnisses der SED zu ihren osteuropäischen Bruderparteien und westeuropäischen KPs berücksichtigen muss, die sich gerade in Regierungsverantwortung befanden.

Die vorliegende Untersuchung wird bei der Beantwortung der eingangs gestellten Frage von der These ausgehen, dass die SED – obwohl der PCE die SED-Interpretation des Marxismus-Leninismus infrage stellte – die beiderseitigen Beziehungen fortsetzte und zwar aufgrund spezifischer Merkmale des PCE, der politischen Situation in Spanien und spezifischer Ziel der SED in der kommunistischen Bewegung. Für die Darstellung der Beziehungen zwischen SED und PCE und der Untersuchung der These ist es in einem ersten Schritt notwendig festzustellen, welche Personen und Gremien im ZK-Apparat der SED mit der Vorbereitung, Entscheidung und Ausführung der SED-Parteiaußenpolitik befasst waren und welchen Einfluss sie jeweils besaßen. Sodann wird die ideologische und programmatische Entwicklung des PCE in den 70er Jahren zu beschreiben sein. Parallel dazu geht die Arbeit darauf ein, wie die SED diese Entwicklung einschätzte und vergleicht die programmatischen und ideologischen Aussagen beider Parteien, um die interne Reaktion der SED zu erklären. Die Darstellungen des Kapitels drei liefern dann die Folie, vor der im vierten und fünften Abschnitt, auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Parteien eingegangen wird. Dabei sollen in erster Linie Erklärungen für das jeweilige Verhalten der SED gegenüber dem PCE vor dem Hintergrund der Ergebnisse des dritten Kapitels geliefert werden.

Die vorliegende Untersuchung zieht im dritten Abschnitt hauptsächlich die ZK-Berichte Santiago Carrillos an den VIII. und IX. Parteitag des PCE, deren Parteitagsresolutionen und das neue Parteiprogramm von 1973/1975 aufseiten des PCE heran. Dem normativen Charakter dieser Quellen entsprechend greift diese Arbeit zum Vergleich auf die ZK-Berichte Honeckers an den VIII. und IX. Parteitag der SED, auf das Parteiprogramm der SED von 1976, auf das KPW und das Lehrbuch Grundlagen der marxistisch-leninistischen Philosophie zurück, da diese Dokumente die politische und ideologische Linie der SED abbildeten.[18] Um festzustellen, wie die SED die Aussagen des PCE bewertete, welche Schlussfolgerungen sie für die Beziehungen mit dem PCE zog und wie diese sich entwickelten, stützt sich diese Studie hauptsächlich auf die Überlieferung der ZK-Abteilung IV, da sie für die Pflege der Beziehungen zu anderen Parteien verantwortlich war. Aufgrund der innerparteilichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse sind jedoch auch andere Aktenbestände von zentraler Bedeutung. Dazu gehören die Protokolle des Politbüros und des Sekretariats des ZK, die Informationen für die Mitglieder des Politbüros, die Bestände des Büros des Politbüros sowie des Büros Erich Honeckers.

Beim Umgang mit den Akten der SED hat Heinrich Potthoff auf ein grundlegendes Problem hingewiesen, nämlich dass wir bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur auf die Überlieferung dieser Diktatur selbst angewiesen sind.[19] Nicht nur dieses Grundproblem macht eine sehr kritische Prüfung und den Vergleich der SED-Akten mit parallelen Überlieferungen notwendig. Daneben bestehen noch zwei weitere Problembereiche: Erstens die Verluste, die durch die Vernichtung von Akten entstanden sind, sowie die damit verbundenen Lücken und zweitens der Aussagewert der Quellen, der mit der Zeit tendenziell abgenommen und innerhalb der Bestände geschwankt habe.[20]

Auf den ersten Punkt ist oft hingewiesen worden. Besonders Akten mit Sperrvermerken sowie solche jüngeren Datums waren von Aktenvernichtungen betroffen, da letztere noch nicht an ein Archiv übergeben worden waren, als die DDR zusammenbrach.[21] Zudem konzentrierten sich gezielte Aktenvernichtungen wohl vor allem auf Teile des MfS und der NVA.[22] Im Gegensatz dazu betrafen die in dieser Arbeit verwendeten Akten über die Verbindungen zum PCE zum einen keinen sicherheitssensiblen Bereich der Außenpolitik. Zum anderen ist davon auszugehen, dass sie wegen ihres Alters beim Zusammenbruch der DDR schon im Zentralen Parteiarchiv verwahrt wurden, da sich die Abgabe der Akten der Abteilungen an die Altregistratur im ZK-Gebäude und von dort an das ZPA an Parteitagsperioden orientierte.[23] Somit dürften die vorliegenden Akten um 1981 ihren Weg ins ZPA gefunden haben. Auch wenn in den Akten der Abteilung IV Lücken auftauchen, konnten diese in dieser Arbeit oft durch Hinweise an anderer Stelle überbrückt werden. Deswegen kann man davon ausgehen, dass für die Überlieferung der Abteilung IV Ähnliches gilt, wie für die Akten des Bestands „Büro Erich Honecker“, für den Sylvia Gräfe zu dem Ergebnis kam: „Trotz vorhandener Lücken in der Überlieferung werden […] die Beziehungen der SED zur KPdSU, zu kommunistischen und Arbeiterparteien, politischen Bewegungen und die Kontakte und Verbindungen Honeckers zu Vertretern der Regierung und der Parteien der Bundesrepublik Deutschland ersichtlich.“[24]

Hinsichtlich des Aussagewerts der Akten wird oft darauf verwiesen, dass dieser im Allgemeinen abgenommen habe, je niedriger der Rang des Autors bzw. je höher der Rang der empfangenden Stelle gewesen sei.[25] Andererseits betont Potthoff, dass Analysen und Berichte für die zentralen Entscheidungsgremien relativ authentisch gewesen seien, da sie die Grundlage für politische Entscheidungen gebildet hätten. Die größte Authentizität sei beispielsweise Briefen oder Gesprächsvermerken der Machthaber zuzuordnen.[26] Wenn man diese Prämissen zugrunde legt, dürften die für diese Arbeit herangezogenen Schriftstücke eine relativ hohe Authentizität besitzen. Sie bestehen hauptsächlich aus Analysen über die Lage in Spanien und in der spanischen KP, Vermerken über Gespräche beider Seiten und Briefen. Die Ergebnisse dieser Dokumente flossen schließlich in die Willensbildung der Parteielite ein.

Neben dem hierarchieabhängigen Aussagewert der Quellen ist aber noch ihr sprachabhängiger Aussagewert von Bedeutung. Denn mit zunehmendem Alter der DDR haben formalisierte Floskeln und Formeln substanzielle Informationen verdrängt.[27] Dabei war diese kommunikative Praxis durch besondere Merkmale gekennzeichnet, die bei der Interpretation der Quellen zu berücksichtigen sind. Erstens die Verwendung der marxistisch-leninistischen Begrifflichkeit, die Staats- und Parteidokumente durchzieht. Das zweite Charakteristikum sind typische Stilformen wie z. B. die Tendenz zur Nominalisierung oder zu Passivkonstruktionen, die Handlungen versachlichten und Handlungsträger verschleiern und somit Verantwortlichkeiten vertuschen konnten. Drittens drifteten die offizielle und inoffizielle Sprache im Laufe der Zeit immer weiter auseinander, was nach Ansicht Jessens dazu führte, dass die Selbstwahrnehmung stark mit der Rekonstruktion aus den schriftlichen Quellen kontrastierte. Viertens ist auf die intensive Formalisierung der offiziellen Sprache hinzuweisen, was sich z. B. in der Aufzählung der Ämter der Funktionäre oder auch in einem ähnlichen Aufbau von Berichten an die Zentrale niedergeschlagen habe.[28]

Die aus dieser Entwicklung resultierende sprachliche Ritualisierung hatte die Funktion die Führungselite mit Legitimations- und Unterordnungssignalen zu versorgen, während sich untergeordnete Instanzen dadurch absichern konnten. Die Folge war schließlich die „Inhaltsentleerung“ der Berichte vor allem von unteren Ebenen, da die Tendenz herrschte nur Informationen weiterzureichen, die für den Verfasser unverfänglich waren bzw. sie positiv zu verklausulieren.[29]

Schließlich muss noch auf spezifische Erscheinungen der Bürokratie und deren Folgen für die kommunikative Praxis hingewiesen werden, da sie essentiell für die Rekonstruktion von Entscheidungsprozessen sind. Zum einen führte die übermäßige Zentralisierung der Entscheidungsprozesse dazu, dass der ZK-Apparat mehr Informationen generierte, als er überhaupt verarbeiten konnte. Daraus ergibt sich die Frage, ob und in welchem Ausmaß bestimmte Dokumente überhaupt in Entscheidungsprozesse eingeflossen sind. Zum anderen führte die fehlende rechtliche Bindung der Bürokratie dazu, dass sich die Entscheidungsfindung in informelle Zirkel verlagerte, die die entscheidenden Informationen über mündliche Kommunikation weitergaben. Dies hatte eine gravierende Konsequenz für die schriftliche Überlieferung: „Da wachsende Informalisierung der Kommunikation zugleich geringere Verschriftlichung relevanter Austausch- und Entscheidungsprozesse bedeutete, ist zu erwarten, daß die schriftlichen Vorgänge diese noch unzureichender wiedergeben, als dies im Telefonzeitalter ohnehin der Fall ist.“[30]

Nach diesen Überlegungen sollte niemand mehr in die von Hermann Weber kritisierte naive Aktengläubigkeit verfallen.[31] Man muss also besondere Vorsicht beim Umgang mit den Akten der SED walten lassen. Der Aussagewert der Dokumente muss destilliert werden, indem man ihre sprachlichen Merkmale kritisch berücksichtigt und sie von den ideologischen Begriffen entkleidet. „Wenn dies allerdings mit Sorgfalt geschieht, sind die Materialien, die sich dem Historiker gegenwärtig öffnen, keine Büchse der Pandora, keine Giftmülldeponie, kein Leichnam, der mit seinem Leichengift die neuentstandene Demokratie vergiftet, kein Alptraum, sondern ein entscheidender Beitrag zum öffentlichen Diskurs über die Vergangenheit.“[32]

Die für die Erstellung der Arbeit herangezogene Literatur lässt sich grob in drei Bereiche unterteilen: Erstens Literatur zur Außenpolitik der DDR und zu den Entscheidungsgremien, -personen und -prozessen in der SED. Zweitens Literatur, die sich zumeist Ende der 70er Jahre mit dem sog. Eurokommunismus und der Geschichte des PCE beschäftigte. Drittens Werke zu verschiedenen Aspekten der DDR-Geschichte, die hier jedoch nicht im Einzelnen diskutiert werden sollen. Bezüglich der ersten und der dritten Gruppe sollte man aber Hermann Weber eingedenk sein, der vor einer Tendenz warnte, die westliche DDR-Forschung von vor 1989 zu übergehen, obwohl diese trotz eingeschränkten Quellenzugangs belastbare Ergebnisse geliefert habe.[33]

Zur Darstellung von Entscheidungsprozessen und Einflussmöglichkeiten auf die Parteibeziehungen der SED ist man hauptsächlich auf die außenpolitische Forschung zur DDR angewiesen, da die Abteilung IV in der staatlichen Außenpolitik ebenfalls eine maßgebliche Rolle spielte. Eine eigenständige Betrachtung der Entscheidungsstrukturen des ZK-Apparats steht aber noch aus. In den Studien Dasbach-Mallinckrodts wird das Manko der älteren DDR-Forschung deutlich. Sie stützte sich für die Beschreibung von Entscheidungsstrukturen hauptsächlich auf veröffentlichte Statuten der Ministerien und der SED sowie die Verfassung der DDR, weswegen sie größtenteils nur formale Entscheidungswege beschreiben konnte, ohne informelle Einflüsse und die Rolle interpersoneller Konstellationen aufdecken zu können.[34] Der Band von Jacobsen u.a., in dem sie eine ihrer Studien veröffentlichte, bildet trotz seines Alters noch ein wichtiges enzyklopädisches Nachschlagewerk zur DDR-Außenpolitik, das sich durch eine umfassende Berücksichtigung der damals zugänglichen Quellen auszeichnet.[35]

Erst in den Arbeiten Benno-Eide Siebs’ und Hermann Wentkers gelang es ein differenziertes Bild der außenpolitischen Entscheidungsprozesse zu zeichnen. Siebs stützte seine Arbeit auf eine breite empirische Grundlage, konnte aber die Akten des MfAA nicht einbeziehen, da diese der 30-jährigen Sperrfrist unterliegen.[36] Währenddessen standen Wentker die Akten des MfAA für seinen Gesamtüberblick zur Verfügung, in dem es gelang, zum ersten Mal die ganze Breite der DDR-Außenpolitik auf Grundlage der DDR-Quellen darzustellen.[37] Für die Entscheidungsstrukturen im MfAA ist Ingrid Muths Arbeit ebenfalls wichtig, da sie unbekannte Einblicke in die Arbeitsweise des MfAA geben konnte. Allerdings überschätzte sie seine Bedeutung im Herrschaftssystem der DDR.[38] Scholtyseck legte eine wertvolle Einführung und einen Überblick über den Stand der Forschung zur DDR-Außenpolitik vor, der sich jedoch hauptsächlich auf die Beziehungen zur BRD und zur Sowjetunion konzentrierte.[39]

Ein Nachteil der bisherigen Forschungsliteratur zur DDR-Außenpolitik ist, dass der Doppelgleisigkeit von staatlicher Außenpolitik und Parteibeziehungen noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde, wie Kuppe anmerkte.[40] Dies gilt insbesondere für die Beziehungen der DDR zu Spanien und der SED zum PCE. In ersterem Bereich liegt noch keine Studie vor, was sich in nächster Zeit nicht ändern dürfte, da bspw. der letzte spanische Botschafter in der DDR „die inhaltliche Dürftigkeit [der] Beziehungen zu Spanien“ beklagte.[41] Mit dem zweiten Bereich hat sich Inga Grebe inzwischen in einem Aufsatz beschäftigt, der die organisierte Hilfe der SED für den PCE in den 50er und 60er Jahren betrachtete.[42] Auf diesem Gebiet arbeitete auch Uhl, der sich u. a. mit der spanischen Emigration in der DDR und den Aktivitäten des Solidaritätskomitees gegenüber Spanien auseinandersetzte.[43]

Ähnlich der SED bilden die internationalen Beziehungen des PCE ein sehr wenig beackertes Forschungsfeld.[44] Und auch auf spanischer Seite hat sich noch niemand den Beziehungen zwischen SED und PCE gewidmet. Jedoch beschäftigten sich seit den 70er Jahren, wenn auch noch in geringer Anzahl, zunehmend mehr Forscher mit der jüngeren Geschichte des PCE. Die erste wissenschaftliche Studie über Organisation, Programm und öffentliches Image der Partei legte der französische Politikwissenschaftler Guy Hermet vor. Sie ist trotz der Einschränkung durch den damals illegalen Status des PCE, weiterhin von Bedeutung.[45] Ruiz Ayúcar hatte für seine Arbeit über den PCE als ehemaliger Oberstleutnant der Guardia Civil Zugang zu Dokumenten der Sicherheitsdienste, ist jedoch noch merklich vom Antikommunismus der Franco-Ära beeinflusst.[46] Alba lieferte einen Überblick über die Geschichte des PCE, machte aber als ehemaliges Mitglied des POUM, den der PCE während des Bürgerkriegs vehement bekämpfte, keinen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber dem PCE, indem er davon ausging, dass der Kern des PCE immer stalinistisch war, sei und trotz einer äußeren Mäßigung immer bleiben werde.[47]

Gegen Ende der 70er Jahre erschienen zahlreiche Analysen über den sog. Eurokommunismus[48], in denen auch der PCE in den Blick geriet. In ihnen drehte es sich meistens um die Frage, ob die demokratische Wandlung des PCE ernst genommen werden könne oder nur ein taktischer Winkelzug sei. Aus dieser Phase der Forschung sind die ausgewogenen Arbeiten Leonhards und Timmermanns in diese Untersuchung eingeflossen, wobei besonders Timmermann sich durch zahlreiche analytisch dichte Studien über den europäischen Kommunismus und den PCE hervorgetan hat.[49] Die Werke von Vogt und Steinkühler stellen Dokumente zur Verfügung, mit deren Hilfe die ideologische Entwicklung der Eurokommunisten exemplarisch nachvollzogen werden kann und ordnen sie in den historischen Zusammenhang ein.[50]

Eine zentrale und fundierte Arbeit über die ideologische und organisatorische Entwicklung des PCE, seine Rolle während der Transition und teilweise auch seine internationalen Parteibeziehungen, publizierte Mujal-León. Von der Methodik etwas fragwürdig bleibt hingegen eine starke personalisierte Geschichte des PCE des Journalisten Gregorio Morán, da dieser seine Quellen nicht kennzeichnete. Trotzdem bilde seine Arbeit laut Ginard i Féron immer noch „ein Buch von wesentlicher Wichtigkeit für die Kenntnis der franquistischen Epoche“ des PCE.[51] Während der 90er Jahre versandete die Forschung über die jüngere Geschichte des PCE wieder, bis Estruch Tobella im Jahr 2000 eine Überblicksdarstellung vorlegte, die jedoch nur wenige neue Erkenntnisse erbrachte und den Mangel aufwies, auf einen kritischen Apparat zu verzichten und nur eine überaus kurze Bibliografie zum Thema zu liefern.[52] Seitdem sind jedoch zwei fundierte Untersuchungen von Sánchez Rodríguez und Baumer erschienen, die umfangreiche Forschungsliteratur herangezogen haben und empirisch sehr gut abgestützt sind. Während Sánchez Rodríguez sein Augenmerk auf die Zeit von 1956 bis zum Zerfall des PCE in den 80ern richtete und einen Schwerpunkt auf die ideologische Entwicklung der Partei legte, setzte sich Baumer mit dem Einfluss und dem Verhalten des PCE in der Transition auseinander, beginnend mit der Krise des Franquismus Ende der 60er Jahre und endend mit dem Zerfall des Ostblocks.

Nach dieser Einführung soll im nächsten Schritt ein Überblick über die Personen und Gremien gegeben werden, die für die Gestaltung der Parteiaußenbeziehungen der SED entscheidend waren.

2. Die Gestaltung der Parteibeziehungen im ZK-Apparat der SED

2.1. Für die Parteiaußenbeziehungen zuständige Personen und Gremien im zentralen Parteiapparat

Traditionell unterteilt die politikwissenschaftliche Forschung den außenpolitischen Entscheidungsprozess in drei Phasen. Am Anfang stehen das Sammeln und die Auswahl relevanter Informationen und das Formulieren von Handlungsalternativen. Anschließend folgt die Festlegung der Aktion aus mindestens zwei Handlungsalternativen. Zum Schluss erfolgen die Durchführung und die Kontrolle der Entscheidung anhand festgelegter Ziele.[53] Diese Einteilung kann auf die Außenbeziehungen der SED übertragen werden, da auch in ihrem Fall ein zielgerichtetes und auf Interessendurchsetzung zielendes außenpolitisches Handeln – wenn auch nicht im klassischen staatlichen Sinne – vorliegt. Somit sind hier die für die Formulierung, Entscheidung, Durchführung und Kontrolle der SED-Außenpolitik maßgeblichen Personen, Organe und Institutionen in den Blick zu nehmen sowie ihre Position und Einwirkungsmöglichkeiten in diesem Prozess zu bestimmen.

Obwohl der Parteitag das formal höchste Parteiorgan war, besaß er keinen unmittelbaren Einfluss auf die Außenpolitik der SED, da dort keine authentischen Diskussionen stattfanden und alle Reden vorher genehmigt worden waren. Zudem war er wegen seiner Größe nicht arbeitsfähig. Vielmehr reduzierte er sich auf eine Propagandaveranstaltung, deren wichtigste Funktion die öffentliche und rituelle Zustimmung der Delegierten zur offiziellen Parteilinie war.[54] Andererseits bildete diese Parteilinie als „verbindliche Propaganda“ die allgemeine Grundlage für die Tätigkeit der Staats- und Parteiorgane.[55] Die Beschlüsse und Berichte des Parteitags banden also insofern die SED-Mitglieder als sie ihrem Handeln einen allgemeinen Rahmen setzten.

Zwischen den Parteitagen fungierte das ZK gemäß Statut als höchstes Parteiorgan.[56] Es vertrat die SED nach außen gegenüber anderen Parteien, wählte den Generalsekretär, das Politbüro, das Sekretariat des ZK, berief die ZPKK und bestätigte die Abteilungsleiter des ZK. Zudem bestätigte es auf seinen Sitzungen den Bericht des Politbüros.[57] In der Praxis verfügte es jedoch wie der Parteitag über keinerlei Entscheidungskompetenzen. Zunächst waren seine Mitglieder vorher von der Parteispitze ausgesucht und vom Generalsekretär abgesegnet worden. Bei den Wahlen des Generalsekretärs, des Politbüros und Sekretariats bestätigte das ZK nur die Wahlvorschläge des Politbüros. Dieses berief auch die ZK-Tagungen ein, bereitete sie vor und legte ihre Tagesordnung fest, wie aus der geheimen „Geschäftsordnung des Zentralkomitees und seines Apparates“ hervorgeht, die von 1953 bis 1989 galt. Auch kam es auf seinen Sitzungen zu keinen offenen Diskussionen, wozu zum einen das Selbstverständnis seiner Mitglieder als treue Marxisten-Leninisten beitrug. Zum anderen bestimmte das Politbüro, welche Informationen den ZK-Mitgliedern zugänglich gemacht wurden, da das Büro des Politbüros die Informationsmaterialien zusammenstellte, diese nur im Tagungsraum des ZK eingesehen werden durften und nach dem Lesen wieder zurückgegeben werden mussten.[58] Dadurch war die Diskussionsgrundlage von vornherein stark eingeschränkt. Die Entscheidungen des ZK waren jedoch wiederum für Staat und Partei verbindlich.[59] Das ZK vermittelte die Parteibeschlüsse in alle Bereiche von Partei, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, da seine Mitglieder aus diesen Bereichen stammten[60] und hatte auf diese Weise ebenfalls eine Rahmen setzende Funktion.

Das aus 20 bis 25 Mitgliedern und Kandidaten aus dem Partei- und Staatsapparat sowie aus den Massenorganisationen bestehende Politbüro bildete das oberste Entscheidungszentrum der SED und der DDR und war somit auch maßgeblich für Entscheidungen hinsichtlich der Parteibeziehungen verantwortlich. Laut Statut leitete es die politische Arbeit des ZK zwischen den Plenartagungen.[61] In der Praxis hatten seine Beschlüsse praktisch Gesetzeskraft. Es verfügte über die „Kompetenzkompetenz“ – die Befugnis über die Verteilung von Kompetenzen zu entscheiden – und die Personalkompetenz – die Befugnis über die Besetzung von Spitzenpositionen zu bestimmen.[62] Laut der „Geschäftsordnung des Zentralkomitees und seines Apparates“ sollte das Politbüro u. a. „über grundsätzliche Fragen der Parteipolitik und der Parteitaktik, […] über grundsätzliche Fragen der Staatsführung, […] über grundsätzliche Fragen der Durchführung der Linie der Partei auf dem Gebiete der Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik, [… und] Fragen der internationalen Arbeiterbewegung“ beraten und beschließen.[63] Obwohl die Spannweite der Entscheidungen hier auf grundsätzliche Fragen einzugrenzen versucht wurde, konnte das Politbüro jede beliebige Entscheidung an sich ziehen.[64]

Neben dem Politbüro gehörte auch das Sekretariat des ZK zum Entscheidungszentrum der SED. Es bestand aus dem Ersten Sekretär bzw. seit 1976 dem Generalsekretär und zehn weiteren Sekretären, denen je eine oder mehrere Abteilungen des ZK-Apparates unterstellt waren. Die Mitglieder des Sekretariats gehörten gleichzeitig dem Politbüro an. Ersteres bildete die Spitze des zentralen Parteiapparats, leitete und kontrollierte die Durchführung der Politbüro-Beschlüsse, beschloss über Details von Kaderfragen und regelte die internationalen Parteibeziehungen, wie z. B. die Entsendung und Zusammensetzung von Delegationen sowie die Erteilung der Direktiven für das Verhalten von Delegationen.[65] Abgesehen davon hatte das ZK-Sekretariat als Gremium nur geringen Einfluss auf die Gestaltung der Parteibeziehungen, da das Politbüro über die Schlussfolgerungen für die Gestaltung der Parteibeziehungen entschied.[66]

Die Arbeitsweise und die herausgehobene Stellung des Generalsekretärs im Entscheidungsprozess relativierten allerdings die Bedeutung des Politbüros und des Sekretariats. Während der meist ein- bis vierstündigen Sitzungen des Politbüros, die bis zu 30 Tagesordnungspunkte umfassten, fanden selten eine Beratung oder eine Diskussion der Entwürfe statt. Auch demokratische Abstimmungen entfielen.[67] Erich Honecker nahm in Politbüro und Sekretariat als Generalsekretär eine dominierende Stellung ein, da er sich in der Arbeitsverteilung des ZK vom 22. Juni 1971 u. a. die „Zuständigkeit für die Vorbereitung aller Fragen des Politbüros“ und über alle „operativen und laufenden Fragen der Tätigkeit des ZK der SED“ zuschreiben ließ, woraus eine „uneingeschränkte politische Allzuständigkeit“ gefolgt sei.[68] Sein Wort galt als unmittelbare Weisung und hatte den Stellenwert von Politbürobeschlüssen, weswegen das Politbüro auch nie gegen seine Meinung entschieden habe.[69] Honeckers Stellung wurde zusätzlich dadurch gestärkt, dass er mit dem Leiter des Büros des Politbüros die Tagesordnungen des Politbüros und des Sekretariats festlegte.[70] Zudem bürgerte sich die Praxis ein, Vorlagen für das Politbüro vorher mit dem Generalsekretär abzustimmen, um die Entscheidung bereits im Vorfeld abzusichern.[71]

Als Spitze des zentralen Parteiapparats war Honecker dazu berechtigt in alle ZK-Abteilungen einzugreifen und Fragen von persönlichem Interesse an sich zu ziehen. Da die informelle Kommunikation zwischen den einzelnen Büros der ZK-Sekretäre und Politbüro-Mitglieder untersagt war und die einzelnen Politbüromitglieder sich grundsätzlich nicht in Fragen anderer Bereiche eingemischt hätten,[72] verfügte nur der Generalsekretär über einen Gesamtüberblick. Dies und die Tatsache, dass die einzelnen Politbüro-Mitglieder nicht immer über genügend Sachkenntnis in anderen Bereichen verfügten und bei der Vorbereitung der Sitzungen eine große Menge an Materialien für die einzelnen Vorlagen durchgearbeitet werden musste, begünstigten die Abgrenzung der einzelnen Arbeitsbereiche und Absprachen zwischen dem Generalsekretär und einzelnen Funktionären.[73] So waren „die Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse im Politbüro […] in hohem Maße fragmentiert und personalisiert.“[74] Diese Praxis förderte auch das Entstehen informeller Gruppen, die mit dem Generalsekretär schon vorab über Initiativen entschieden und unter Honecker wohl einen entscheidenden Einfluss gewannen. Das Bestreben Honeckers in seiner Umgebung auf personelle Kontinuität sowie loyale und ihm bekannte Personen zu setzen, bestärkte diese Tendenz. So entschied auch die Nähe zu solchen Gruppen über den persönlichen politischen Einfluss von Funktionären.[75]

Neben dem Generalsekretär waren die ZK-Sekretäre am mächtigsten, da sie mit dem ihnen unterstellten Apparat die Tätigkeit der staatlichen und gesellschaftlichen Organe kontrollierten und sie mit diesem Apparat im Rücken ihre Politbüro-Vorlagen mit dem Generalsekretär abstimmten.[76] Der für die internationalen Parteibeziehungen zuständige Sekretär war Hermann Axen (1916-1992). Ihm unterstanden die Abteilungen Auslandsinformation, Internationale Politik und Wirtschaft und Internationale Verbindungen.[77] Wentker konstatierte, dass Axen 1970/71 noch eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung der staatlichen Außenpolitik der DDR gespielt habe, die aber mit Honeckers wachsendem Engagement zurückgegangen sei, da dieser sich angewöhnt habe, sich direkt mit dem zuständigen ZK-Abteilungsleiter abzustimmen.[78] Zu einem ähnlichen Schluss kam Siebs, der Axens geringen außenpolitischen Einfluss auf seine Furcht vor Honecker, sein Bemühen als loyaler Parteisoldat zu erscheinen und auf Honeckers Angewohnheit zurückführte, die Außenpolitik als sein Metier zu betrachten. Mit seinem wachsenden außenpolitischen Engagement habe Honecker die Abteilung IV in der Person des Abteilungsleiters tendenziell bevorzugt. Jedoch habe Axen erst in den 80er Jahren massiv an außenpolitischem Einfluss verloren, als Honecker laut Uschner zunehmend in die Fachabteilungen eingriff.[79]

So erstreckte sich Honeckers Einflusszunahme wohl auch auf die Parteibeziehungen, jedoch merkte Siebs selbst an, dass dieser Befund dadurch relativiert werde, dass Politbüro-Vorlagen, die die Parteibeziehungen oder die Außenpolitik betrafen, weiterhin nur mit Axens Unterschrift ins Politbüro gelangten.[80] Doch durch diese Formalie konnte Axen keine Vorlage verhindern, die ihm mit der Zustimmung des Generalsekretärs präsentiert wurde, oder gegen entsprechende Weisungen handeln, die Honecker direkt in die Abteilung IV hinein gegeben hatte. Dessen Einfluss wurde dadurch noch gefestigt, dass er als Chef des ZK-Apparats der Empfänger von Briefen war, die z. B. die Führung des PCE an das ZK der SED adressierte, und direkt mit den Generalsekretären anderer Parteien in Verbindung stand.[81] Nichtsdestotrotz bestimmte Axen noch, welche genuin aus seiner Abteilung stammenden Beschlussvorlagen oder Informationen zur Parteiführung ins Politbüro oder Sekretariat gelangten.[82] Außerdem hielt er engen Kontakt mit dem Abteilungsleiter oder einem seiner Stellvertreter, mit denen er sich ein- bis zweimal am Tag besprach.[83] Unter der Voraussetzung, dass Honecker nicht intervenierte, bestimmte Axen also, welche Initiativen, Informationen und Vorlagen seine Abteilung an die Parteiführung weiterreichte.

Aufgrund ihrer formalen Stellung im Entscheidungsprozess setzten das Politbüro und das ZK-Sekretariat – unter dem maßgeblichen Einfluss des Generalsekretärs und des Sekretärs für Internationale Verbindungen – den ZK-Apparat mit ihren Entscheidungen in Gang. Im Bereich der Parteibeziehungen bereitete die Abteilung IV die Entscheidungen dieser Organe vor und war für die anschließende Durchführung der Bestimmungen verantwortlich.[84] Aufgaben und Aufbau der Abteilung, der Einfluss des Abteilungsleiters, die Tätigkeit und Ausbildung der Mitarbeiter werden deswegen im folgenden Kapitel beschrieben.

2.2. Die Abteilung Internationale Verbindungen des ZK und ihre Mitarbeiter

Die Abteilung IV gehörte zum etwa 2.000 Mitarbeiter und ca. 40 Abteilungen umfassenden ZK-Apparat, der die Aufgabe hatte „Einschätzungen, Analysen und Beschlüsse für die Parteiführung vorzubereiten, die Durchführung dieser Beschlüsse zu organisieren, zu kontrollieren und darüber wahrheitsgemäß zu informieren, […].“[85] Wesentlich war dabei, die Parteilinie kritiklos durchzusetzen.[86] Die Aufgaben der Abteilung IV im Speziellen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Sie war „1. verantwortlich für die Zusammenarbeit mit den kommunistischen Parteien der volksdemokratischen Länder[,], 2. Betreuung der in der DDR weilenden ausländischen Parteidelegationen[,] 3. verantwortlich für die Zusammenstellung und Entsendung von Delegationen ins Ausland[,] 4. Analyse und Auswertung der Entwicklung innerhalb der internationalen Arbeiterbewegung[,] 5. Koordinierung außenpolitischer Aktivitäten (Vorbereitung von Ausstellungen, Entsendung von Journalisten etc.)[,] 6. Vorbereitung von internationalen Konferenzen und Konsultativtreffen[,] 7. Kontaktpflege mit dem Außenministerium“.[87] Hinzu kam die Vorbereitung der inhaltlichen Materialien für die SED-Parteitage.[88]

Mit etwa 100 Mitarbeitern war die Abteilung IV eine der größten Abteilungen des ZK-Apparats und unterhielt in den 80er Jahren Beziehungen zu über 140 kommunistischen Parteien.[89] Seit Gründung der DDR war sie kontinuierlich vergrößert, umstrukturiert und umbenannt worden. 1956 entstand sie aus der seit DDR-Gründung bestehenden Abteilung Internationale Zusammenarbeit und der 1953 eingerichteten Abteilung für außenpolitische Fragen und firmierte unter dem Namen Abteilung Außenpolitik/ Internationale Verbindungen.[90] Seit den 70er Jahren hieß sie nur noch Abteilung Internationale Verbindungen.[91] An der Spitze der Abteilung stand der Abteilungsleiter, dem in den 70er Jahren mindestens vier Stellvertreter unterstanden.[92] Diesen folgten die Sektorenleiter und die in den Sektoren tätigen politischen Mitarbeiter, die auch Instrukteure genannt wurden.[93] Die Abteilung war parallel zum MfAA aufgebaut und unterteilte sich in Ländersektoren für die sozialistischen, kapitalistischen, für die lateinamerikanischen, afrikanischen, arabischen und südostasiatischen Länder sowie in Querschnittssektoren, zu denen seit Juli 1971 auch ein Sektor für die Arbeit mit illegalen Bruderparteien gehörte.[94] „Den Ländersektoren kam es vor allem zu, die Entwicklung der jeweiligen Länder und Parteien gründlich zu analysieren, auf besondere Entwicklungen aufmerksam zu machen, Besuche und Besuchsreisen inhaltlich und protokollarisch vorzubereiten.“[95]

Als Abteilungsleiter fungierten in den 70er Jahren Paul Markowski[96] von 1966 bis 1978 und Egon Winkelmann[97] von 1978 bis 1980. Der Abteilungsleiter hielt die Verbindung zwischen der Abteilung und dem zuständigen ZK-Sekretär, mit dem er Politbüro-Beschlüsse und andere Initiativen abstimmte. Bei der Behandlung dieser Vorlagen zogen ihn das Politbüro oder das Sekretariat oft hinzu und forderte ihn auf, sie zu begründen.[98] Er nahm die von seinen Mitarbeitern erarbeiteten Beschlussvorlagen oder andere Papiere zur Kenntnis und korrigierte sie, ebenso die „Informationen für die Mitglieder des Politbüros“, die er oder einer seiner Stellvertreter abzeichneten.[99] Der Abteilungsleiter IV hatte somit anscheinend einen gewissen Entscheidungsspielraum, in welcher Form Beschlüsse und Informationen an die Parteiführung vermittelt wurden, der freilich unter dem Vorbehalt des Plazets von Hermann Axen stand.

Hier spielte wohl auch das persönliche Verhältnis zwischen dem Abteilungsleiter IV und Hermann Axen eine gewisse Rolle. Während Axen Markowskis Urteil geschätzt habe, weswegen Markowski ihm im kleinen Kreise auch widersprechen konnte, habe Egon Winkelmann Probleme gehabt, gegen Axens teilweise cholerische Art anzukommen.[100] Ein größeres Gewicht konnte der Abteilungsleiter dann gewinnen, wenn der Generalsekretär sich über den Kopf von Hermann Axen hinweg direkt mit ihm abstimmte, wie Honecker dies in den 80er Jahren getan habe.[101] Da Markowski laut Uschner „der Clique um Honecker, Mittag und Mielke und jeglicher Borniertheit ablehnend“ gegenüberstand und über ein gutes Verhältnis zu Axen verfügte, kann man annehmen, dass Markowski nicht versuchte sich hinter Axens Rücken mit Honecker zu verständigen.[102] Trotzdem besaß er wohl Honeckers Gunst und Vertrauen, was man daran sieht, dass er an Gesprächen zwischen Honecker und Breschnew im Kreml am 18. Juni 1974 sowie im Sommer 1976 und 1977 auf der Krim teilnehmen konnte, wobei er bis auf 1976 der einzige SED-Vertreter neben Honecker war.[103]

Die einzelnen Mitarbeiter der Abteilung, die mit dem Schreiben von Analysen und Vermerken beschäftigt waren, hatten ebenfalls einen gewissen Einfluss auf die Gestaltung der Parteibeziehungen, der sich aber auf die Auswahl von Informationen beschränkte und von ihren Vorgesetzten kontrolliert wurde. In seinen 1993 erschienenen Memoiren betonte Manfred Uschner die offene und aufgeschlossene Atmosphäre in der Abteilung IV, wozu Markowski mit seiner Weltoffenheit und kritischen Haltung gegenüber der vereinfachten Weltsicht und der ideologischen Schwarz-Weiß-Malerei der Parteiführung beigetragen habe. In seiner Vertrauensseligkeit habe er dies gegenüber Mitarbeitern und Freunden, sogar in Dienstberatungen angesprochen. Diese freigeistige Atmosphäre, eine zunehmenden Reisetätigkeit in den Westen, „Zugang zu Westliteratur, Einladungen in ausländische Botschaften, Zugang zu besonders sicherheitsrelevanten Dokumenten und die äußerst fachbezogene Hochschulausbildung und Weiterbildung der Mitarbeiter, darunter Graduierte, die Ablehnung der dümmlichen Parteipropaganda durch alle Mitarbeiter“ habe den Argwohn der Kaderabteilung erregt, die darin eine „Aufweichung“ der Partei sah. Auch der Werdegang der Mitarbeiter habe sich von demjenigen anderer Abteilungen abgehoben, da die meisten von den Diplomatenhochschulen in Moskau oder Babelsberg bzw. von den für die Länderschwerpunkte zuständigen Universitäten gekommen seien. Dementsprechend schloss Uschner: „Sie [die Abteilung IV, d. V.] hob sich im Rahmen des gesamten zentralen Parteiapparates durch ihre relativ junge Zusammensetzung, den Bildungs- und internationalen Erfahrungsstand der Mitarbeiter, die Kontaktfülle zu Ausländern und zum Ausland, die kritische Sicht auf alles, was man sah, las und hörte, deutlich ab.“[104]

Nichtsdestotrotz ist zu bezweifeln, dass viele Möglichkeiten bestanden, bei der Ausführung von Bestimmungen von der Parteilinie abzuweichen. Dies impliziert zum einen das parteitreue Verhalten der leitenden Funktionäre. Markowski war wohl trotz seiner kritischen Haltung ein loyaler Mitarbeiter.[105] Uschner wies z. B. darauf hin, dass er zwar unorthodox gedacht habe, aber von der kommunistischen Utopie angezogen worden sei.[106] Auch Egon Winkelmann ist als loyal eingeschätzt worden, worauf seine Versetzung als Botschafter nach Moskau 1981 hingedeutet habe.[107] Der Werdegang der stellvertretenden Abteilungsleiter der Abteilung IV impliziert ebenfalls eine konforme Einstellung. Alfred Marter stieg 1984 zum Botschafter in Frankreich auf.[108] Gerd König absolvierte sein sechsjähriges Studium am IMO in Moskau, eine Möglichkeit die seit 1953 nur 15 ostdeutschen Studenten jährlich offenstand[109]. 1986 übernahm er den Botschafterposten in der Sowjetunion.[110] Harry Ott und Bruno Mahlow studierten ebenfalls am IMO. Ersterer leitete von 1982 bis 1988 die ständige Vertretung der DDR bei der UNO in New York und war gleichzeitig stellvertretender Außenminister, während Mahlow von 1981-89 sowohl Mitglied der ZRK als auch der APK des MfAA war und in den Monaten November und Dezember 1989 noch die Abteilung IV leitete.[111]

Der berufliche Werdegang der Sektorenleiter und einfachen politischen Mitarbeiter ist hingegen nicht genau nachzuvollziehen. Die Auswahlkriterien für Kader sprechen dafür, dass die Abteilung IV aus partei- und linientreuen Mitarbeitern bestand, die zwar mündlich einmal Kritik äußerten, dies aber nie schriftlich in Dokumenten getan hätten, die für eine höhere Ebene im Parteiapparat bestimmt waren. Dies galt ebenso für den Abteilungsleiter und seine Stellvertreter. Bei den Auswahlkriterien für Nomenklaturkader standen nämlich Kriterien der ideologischen Zuverlässigkeit im Vordergrund, wie z. B. „unbedingte Treue zur SED und zum Marxismus-Leninismus; kompromissloser Kampf gegen alle Erscheinungen der bürgerlichen Ideologie; unbedingte Loyalität gegenüber der Sowjetunion; […]“.[112]

Zwischen der Abteilung IV und dem MfAA herrschte ein reger personeller Austausch, weswegen die meisten der Mitarbeiter aus dem diplomatischen Dienst stammten und das Personal beider Institutionen sich ähnelte.[113] Viele Mitarbeiter hatten deswegen auch an der DVA bzw. am IIB der DASR studiert, wofür sie die Zulassungskriterien des MfAA erfüllen mussten. Diese verlangten „eine im Sinne der DDR positive politische Haltung, aktive FDJ-Arbeit und soziale Herkunft (Arbeiterfamilie) sowie weitere spezifische kaderpolitische Anforderungen des außenpolitischen Dienstes“.[114] Arnold und Modrow bestätigten, dass ideologische Aspekte oft Vorrang vor der Fachkompetenz hatten: „Sicherheitspolitische Aspekte, Parteizugehörigkeit und politische Schulung waren bei der Besetzung der Leitungspositionen nicht selten wichtiger als fachliche Kompetenz.“[115] Dies untermauerte auch Uschner. Laut seiner Darstellung hätten „Treue zur Sache“, „Ergebenheit gegenüber der Partei“, „bedingungslose Disziplin und Vertraulichkeit“ gegenüber der Parteiführung, „ein klares Feindbild“, enge Verbundenheit mit der Sowjetunion, „uneingeschränkter Einsatz für die Systemerhaltung und Systemstabilisierung“ u. a. bei der Personalauswahl gezählt.[116]

Zudem wirkte die Mitgliedschaft in der SED disziplinierend. Auch die Mitarbeiter der Abteilung IV mussten sich dem Prinzip des demokratischen Zentralismus beugen und das Gebot der Parteidisziplin befolgen. Eine Parteimitgliedschaft setzte Parteidisziplin voraus, die die Unterordnung unter Parteibeschlüsse und deren Ausführung bedeutete. Sie war ein Instrument der Parteiführung, „die Mitglieder zur Ausführung ihrer bzw. der Weisungen der höheren Parteileitungen anzuhalten“.[117] Auf dem VIII. Parteitag der SED, der vom 15. bis 19. Juni 1971 stattfand, pochte Honecker auf die Einhaltung der Leninschen Prinzipien des Parteilebens. Nur sie garantierten, dass die Partei ihre Aufgaben erfüllen könne. Dabei forderte er die Einhaltung einer „freiwilligen, bewußten und eisernen Disziplin“.[118]

Insgesamt ist es somit unwahrscheinlich, dass in den Dokumenten der Abteilung IV, vor allem auf ideologischem Gebiet, von der Linie der Parteiführung abweichende Analysen und Ansichten vorkommen. Die Auswahl der Kader, Kontrolle und Disziplinierung der Mitglieder schoben dem einen Riegel vor. Damit stellte die Parteiführung sicher, dass sowohl die Vorbereitung ihrer Entscheidungen als auch Durchführung und Kontrolle in ihrem Sinne vollzogen wurden.

3. Die SED und die Entwicklung der Programmatik des PCE in den 70er Jahren

3.1. Distanzierung des PCE von der KPdSU

Lange Zeit war der PCE einer der bedingungslosesten Anhänger der KPdSU gewesen. Auf internationalem Parkett gab es mehrere Beispiele, die diese Anhängerschaft illustrierten. 1956 verurteilte die Partei den Ungarnaufstand. Als Spanien im Januar desselben Jahres mit der Stimme der Sowjetunion in die UNO aufgenommen wurde, fand sich der PCE dazu bereit, auf Initiative einer Gruppe um Santiago Carrillo[119] diesen Schritt der Sowjetunion zu rechtfertigen. Nach dem Bruch zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien unter Tito unterbrach auch der PCE seine Beziehungen zu den Kommunisten auf dem Balkan. Trotz der späteren Wiederherstellung der Beziehungen zu den jugoslawischen Genossen stimmte der PCE bereitwillig in sowjetische Kritik an den Jugoslawen ein. Während der Krise um Berlin und den Mauerbau im Sommer und Herbst 1961 stellte sich die Partei auf die Seite der Sowjets und versuchte ihre Loyalität dadurch zu beweisen, dass sie einen Angriff auf die US-Militärbasis im spanischen Morón de la Frontera plante.[120] Im Zusammenhang mit den sowjetisch-chinesischen Spannungen rief Santiago Carrillo die Chinesen noch dazu auf, die Einheit der kommunistischen Bewegung zu erhalten, und sprach sich dafür aus, für die Reinheit der marxistisch-leninistischen Theorie zu kämpfen.[121]

Trotzdem hatte schon mit der Wahl Santiago Carrillos zum Generalsekretär im Jahr 1960 eine Neubewertung der innen- und außenpolitischen Situation eingesetzt. In den frühen 60er Jahren versuchte die Partei ihre Beziehungen zur italienischen KP (PCI) auszubauen. Finanziell war der PCE aber noch wesentlich von der KPdSU abhängig, da sich seine Operationsbedingungen in Frankreich, wo nach der Befreiung des Landes 1944 der Großteil der Mitglieder lebte, seit seinem dortigen Verbot am 7. September 1950, verschlechtert hatten.[122] Nach dem Sturz Chruschtschows 1964 begann der PCE sich jedoch deutlicher von der sowjetischen Bruderpartei abzusetzen.[123] Carrillo beharrte im selben Jahr darauf, dass die Sowjetunion den PCE konsultieren müsse, bevor sie Beziehungen zum franquistischen Spanien aufnehme.[124] Nichtsdestotrotz befürwortete der PCE bis 1968 die Aufnahme von Beziehungen zwischen Spanien und den sozialistischen Ländern, da er sich dadurch eine Liberalisierung des Franco-Regimes erhoffte.[125] Schon 1967 reagierte die Führung des PCE aber gereizt, als ein Artikel in der Iswestija erschien, der die Möglichkeit anerkannte, dass Franco zugunsten einer Monarchie und einer anschließenden Demokratisierung Platz machen würde, was der PCE als Vorbereitung zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen deutete und ablehnte.[126]

Anfang der 70er Jahre zeigten sich unübersehbare Anzeichen einer Annäherung Spaniens und der Sowjetunion. Neben dem Abbau der antifranquistischen bzw. der gegen die Sowjetunion gerichteten Polemik in der jeweiligen Landespresse, häuften sich die politischen, wirtschaftlichen und medienpolitischen Kontakte. Unter anderem konnte im März 1970 die Sowjetunion in Madrid eine ständige Delegation ihrer Handelsmarine einrichten, im September desselben Jahres errichteten die staatlichen Nachrichtenagenturen TASS und efe in Madrid bzw. Moskau jeweils ein Büro und einen Monat später trafen bei der UNO zum ersten Mal seit 1939 der spanische und sowjetische Außenminister zu Gesprächen zusammen.[127] In diesem Zusammenhang kritisierte der PCE die „technische Zwischenlandung“ des spanischen Außenministers López Bravo im Januar 1970 in Moskau, bei der dieser sieben Stunden lang mit Vertretern des sowjetischen Außenministeriums konferierte, und die Unterzeichnung eines sowjetisch-spanischen Handelsabkommens im September 1972.[128] Denn erstens stellte dies für den PCE eine internationale Aufwertung des Franco-Regimes dar, die unter allen Umständen vermieden werden musste, da das Regime in den Augen des PCE kurz vor dem Zusammenbruch stand. Zweitens hätte ein solcher Schritt den PCE bloßgestellt und in der Argumentation des PCE auch die Sowjetunion vor dem spanischen Volk diskreditiert. Um das Regime schneller stürzen zu können, wollte der PCE drittens diejenigen Gesellschaftssektoren vom Regime entfremden und auf seine Seite ziehen, die aufgrund ihres Interesses an der Intensivierung des Außenhandels eine stärkere Öffnung Spaniens wünschten.[129]

Als Reaktion auf die Annäherung der Sowjetunion an Spanien intensivierte der PCE seine Beziehungen zu Parteien, die einen von Moskau unabhängigeren Kurs verfolgten, und entwickelte verstärkt eigene Positionen in der kommunistischen Weltbewegung.[130] Wie schon angedeutet häuften sich seit dem Beginn der 60er Jahre die Kontakte des PCE zum PCI. Daneben besuchte im April 1966 eine Delegation des PCE Bukarest und veröffentlichte mit der rumänischen KP ein Kommuniqué, in der der PCE in die rumänischen Forderungen nach Unabhängigkeit und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten von Bruderparteien einstimmte.[131] 1968 besuchte erneut eine PCE-Delegation Rumänien und zum ersten Mal auch Kuba.[132] Die innenpolitische Funktion dieses Kurses war es, das traditionelle Bild der Moskauhörigkeit abzuschütteln und die Unabhängigkeit der Partei zu demonstrieren, um mehr Einfluss in der antifranquistischen Opposition zu gewinnen und so im Hinblick auf eine Periode nach Franco die innenpolitische Position der Partei zu verbessern.[133]

Der strategische Wandel des PCE wurzelte ferner in der Erkenntnis, dass der Guerilla-Kampf, den die Partei seit dem Ende des Bürgerkriegs führte, das innen- und außenpolitisch konsolidierte Franco-Regime nicht überwinden konnte.[134] Aufgrund dessen formulierte die Partei 1956 ihr Konzept der reconciliación nacional (nationale Versöhnung), das an alle politischen und sozialen Kräfte gerichtet war und sie um ein Minimalprogramm vereinen sollte. Dieses beinhaltete eine provisorische Regierung, die Durchsetzung politischer Rechte und Freiheiten, Amnestie und Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung.[135] Außerdem distanzierte sich der PCE von Gewaltanwendung bei der Überwindung des Regimes und akzeptierte einen schrittweisen Übergang zur Demokratie nach dem Ende der Diktatur.[136]

Ausgehend vom Konzept der reconciliación nacional versuchte der PCE, sich an politische und soziale Kräfte anzunähern, die ihm seit dem Bürgerkrieg feindlich gegenüberstanden, aber entscheidend zur Konsolidierung des Regimes beigetragen hatten. Sie richtete sich auf die Katholiken und den katholischen Klerus, die Christdemokraten und auf die Monarchisten. Um mit diesen Gruppen zu einer Verständigung zu gelangen und zugleich dem von der franquistischen Propaganda vermittelten Bild entgegenzuwirken, musste der PCE seine Aussagen und programmatischen Forderungen mäßigen.[137] Deswegen kann man feststellen: „Das gesamte Konzept der reconciliación nacional war von dem Wunsch der PCE geprägt, das Image der bolschewistischen, atheistischen, antispanischen Bürgerkriegspartei […] abzulegen.“[138] Um dieser Mäßigung Glaubwürdigkeit zu verleihen, distanzierte sich der PCE wie oben beschrieben in den 60er Jahren von der Sowjetunion und versuchte verstärkt nationale Elemente zu betonen. Diesen Weg setzte er auch in den 70er Jahren fort, wie im nächsten Kapitel gezeigt werden soll.

3.2. Der spanische Weg zum Sozialismus

3.2.1. Der PCE verzichtet auf orthodoxe Elemente

Der VIII. Parteitag des PCE im Herbst 1972 wurde allgemein als eine Fortsetzung der politischen und ideologischen Neuorientierung des PCE in den 60er Jahren angesehen.[139] Der Parteitag billigte die theoretischen Ausarbeitungen der ZK-Plena seit dem VII. Parteitag im August 1965, die Carrillo in seinem Bericht zu einem spezifischen Weg zum Sozialismus in Spanien ausformulierte.[140]

Auf dem Parteitag hielt Carrillo an der Notwendigkeit einer Revolution beim Übergang vom Kapitalismus zur Diktatur des Proletariats fest und bezeichnete diesen klar als „Gewaltakt“ (acto de violencia), da es ohne Zwang nicht möglich sei, die herrschenden Klassen zu enteignen. Auch den Begriff der „Diktatur des Proletariats“ als Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus behielt Carrillo bei, aber er bedeute nicht mehr die Machtausübung nur durch die manuell tätigen Arbeiter, sondern „[…] aller Arbeiter, einschließlich der Kräfte der Kultur, die eine direkte Rolle in der modernen Produktion spielen und mit den kapitalistischen Strukturen zusammenprallen.”[141] Damit führte er den Begriff der „Kräfte der Kultur“ in die „Diktatur des Proletariats“ ein, die Studenten, Intellektuelle und Facharbeiter (profesionales) umfassten.[142] Carrillos Bündnis der „Kräfte der Arbeit und der Kultur“ beinhaltete zwar das traditionelle Bündnis mit der Bauernschaft, stellte dieser aber die „Kräfte der Kultur“ gleichrangig zur Seite.[143] Außerdem stellte er die herkömmliche Form der „Diktatur des Proletariats“ als totalitäre Diktatur einer Minderheit als Erscheinungsform der sozialistischen Revolutionen der osteuropäischen Länder dar und stellte diese einer Variante in industriell entwickelteren Ländern gegenüber.[144]

Von dieser Gegenüberstellung ausgehend leitete Carrillo dann einen spezifisch spanischen Weg zum Sozialismus und im Sozialismus ab, da sich die Modelle der industriell rückständigen Länder in industriell entwickelteren Ländern nicht zwangsweise wiederholen müssten. Schließlich habe schon Lenin erklärt, dass die Russische Revolution kein Universalrezept sei und auch Marx und Engels hätten das bloße Imitieren revolutionärer Vorbilder abgelehnt.[145] Laut Lenin sei es sogar denkbar, während der Diktatur des Proletariats die „formal-demokratischen“ Rechte zu respektieren. Erst in diesem Zusammenhang bezeichnete Carrillo die Diktatur des Proletariats als „breiteste Demokratie“ (la más amplia democracia), in der die bürgerliche Opposition ihre demokratischen Rechte weiter ausüben könne, in der die Arbeiter anderen keine offizielle Philosophie oktroyieren, die Gewissens- und künstlerische Freiheit garantieren würden. Dazu gehöre ebenfalls der Pluralismus, das Recht auf Kritik und das Recht auf eine legale Oppositionstätigkeit.[146]

Bei der Charakterisierung des Sozialismus hielt Carrillo zwar daran fest, dass der Sozialismus die Ausübung der Macht durch die Arbeiter und die Sozialisierung des Privateigentums an Produktionsmitteln bedeute, was das Verschwinden der „Ausbeuterklasse“ zur Folge habe,[147] womit er das Festhalten an der Hegemonie der Arbeiterklasse bekräftigte.[148] Nichtsdestotrotz versicherte die Resolution, dass die demokratischen Freiheiten auch im Sozialismus gelten würden: „[…] um die Authentizität des Sozialismus und des Fortschritts zum Kommunismus zu garantieren, ist die Achtung vor den fundamentalen politischen Freiheiten, vor der Pluralität der Parteien, vor der Informationsfreiheit und der Freiheit Kritik zu äußern, vor der Freiheit des intellektuellen und künstlerischen Schaffens und der Absage jedwede offizielle Philosophie durchzusetzen, wesentlich.“[149]

Nichtsdestotrotz verblieb Carrillo auf dem orthodoxen Standpunkt, dass die westlichen Demokratien de facto Diktaturen des Kapitalismus seien, da sie auf der Unantastbarkeit des Privateigentums beruhten.[150] Die Parteitagsresolution hielt außerdem fest, dass sich der PCE von der marxistisch-leninistischen Konzeption inspirieren lasse.[151] Damit berief er sich zwar noch auf den Marxismus-Leninismus, schwächte sein Bekenntnis zu ihm aber schon deutlich ab. Hinsichtlich der führenden Rolle der Arbeiterklasse betonte Carrillo, dass das Ziel der spanischen Kommunisten die Eroberung der Macht durch die Arbeiterklasse bleibe, und die Resolution des Parteitages unterstrich, dass die führende Rolle der Arbeiterklasse die Voraussetzung für die Verwirklichung des Sozialismus bilde.[152]

Seit dem VIII. Parteitag arbeitete eine 22-köpfige Kommission des PCE an einem neuen Parteiprogramm, dem ersten seit 1954. Im Sommer 1973 konnte Santiago Carrillo den Entwurf im ZK vorstellen. Diesen strahlte REI vom 11. bis 18. und am 26. Dezember 1973 aus. Zwar wurde das sog. Manifiesto-Programa erst auf einer Parteikonferenz im September 1975 verabschiedet, die wesentlichen Punkte legte jedoch schon der 1973 präsentierte Entwurf fest.[153] Gregorio Morán interpretierte das Programm als „die Magna Charta der Kommunistischen Partei Spaniens für den Weg, der nach dem Aufruhr der Invasion in die Tschechoslowakei und der Distanzierung von den Sowjets eingeschlagen worden war.”[154] Ein weiterer Zweck des neuen Programms war „die ideologische und politische Erneuerung der Partei zu demonstrieren“ und „den demokratischen antifranquistischen Sektoren alle möglichen Garantien zu geben.“[155]

Im Unterschied zum VIII. Parteitag begründete das Programm die Notwendigkeit eines eigenständigen Wegs zum Sozialismus nicht mehr nur aus den Deformationen in den sozialistischen Ländern, dem höheren Entwicklungsniveau der kapitalistischen Staaten und passenden Leninzitaten, sondern auch mit der Politik der friedlichen Koexistenz. Diese habe dazu beigetragen, dass der Sozialismus nicht mehr als System erscheine, dass einige Mächte anderen aufzwingen wollten, und so den nationalen Klassenkampf hemmte. Dessen nationale Form, die auf die Lösung der Klassenwidersprüche im Rahmen des Nationalstaats abziele, werde auf diese Weise wiederhergestellt.[156]

Mit der Betonung eines nationalen Wegs zum Sozialismus war im Programm-Manifest eine explizite Absage an die Verbindlichkeit bisheriger Revolutions- und Sozialismusmodelle verbunden. Denn zu den Erfahrungen der sozialistischen Länder schrieb das Programm des PCE: „Ihre Erfahrungen besitzen einen unzweifelhaften Wert für alle Revolutionen, auch wenn sie nicht als universelles Modell angesehen werden können.“[157] Aus einer Aufzählung von Fehlentwicklungen in den sozialistischen Ländern folgerte das Programm außerdem, dass diejenigen, die versuchten die bisherigen Revolutionen als verbindliches Modell zu verkaufen, nur den Dogmatismus und „antimarxistische Beschränktheit” förderten.[158]

Als Konsequenz der Forderung nach einem nationalen Weg zum Sozialismus führte das Programm-Manifest eine neue Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus ein und verlieh ihr den Namen „democracia política y social o democracia antimonopolista y antilatifundista.“[159] Sie hatte die Aufgabe, die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen für diesen Übergang zu schaffen und der Arbeiterklasse zu ermöglichen sich an die Spitze der Entwicklung zu setzen. Im Gegensatz zu seinem VIII. Parteitag konkretisierte der PCE seine Vorhaben für diese Phase und formulierte 31 zu lösende Aufgaben. An oberster Stelle stand die Garantie der demokratischen Freiheiten, von denen der PCE noch konkreter als auf dem VIII. Parteitag mehrere aufzählte, wie die Pressefreiheit, das allgemeine Wahlrecht, Gewissens- und Gewerkschaftsfreiheit.[160] Im Unterschied zum VIII. Parteitag verzichtete der PCE darauf, diese Freiheiten mit dem Etikett „bürgerlich“ zu versehen. Damit einher ging, dass der PCE die Demokratie nun als eine Errungenschaft des ganzen Volkes und nicht mehr nur als Werk des Bürgertums ansah, wie dies der Marxismus-Leninismus tat.[161]

Weitere wichtige Punkte waren die Vergesellschaftung der wichtigsten Produktionsmittel, der Banken und Versicherungen, die Demokratisierung der Wirtschaft und die Einführung von Formen der wirtschaftlichen Selbstverwaltung. Das Fortbestehen privater Eigentumsformen führte laut Programm-Manifest dazu, dass die Bourgeoisie weiter bestehe und ihr nicht-monopolistisches Eigentum respektiert werden solle. Da das Privateigentum abhängig von der Entwicklung der Produktion nur allmählich abgeschafft werden könne, verschwinde auch die Bourgeoisie nur allmählich. Im staatlichen Sektor plante der PCE die Beibehaltung von Verwaltung, Heer und Polizei.[162]

Die politische und soziale Demokratie bildete laut Programm die Voraussetzung für einen Sozialismus, der freizügiger als auf dem VIII. Parteitag, als ein demokratischer Mehrparteiensozialismus beschrieben wurde. Dieser würde alle demokratischen Rechte auf ein höheres Niveau heben, sich auf die Volkssouveränität ausgedrückt durch das allgemeine Wahlrecht gründen und den Bürgern keine offizielle Staatsideologie aufzwingen. Die Notwendigkeit eines Pluralismus ergebe sich daraus, dass es unmöglich sei, alle für den Sozialismus eintretenden Strömungen der Gesellschaft in einer Partei zu integrieren. Explizit grenzte der PCE sein Sozialismusmodell von dem der sozialistischen Länder ab, da er zum einen ein Einparteiensystem ablehnte und zum anderen ihre Erfahrungen „nur“ kritisch berücksichtigen wollte.[163]

Obwohl die Übergangsphase nicht mehr als Diktatur des Proletariats firmierte, brachte das Programm sie doch direkt miteinander in Verbindung. Marx habe, so das Programm-Manifest, für die Phase der allmählichen Abschaffung des Privateigentums den Begriff geprägt und diese Diktatur bilde die Übergangsphase zum Sozialismus.[164] Einschränkend fügte es jedoch hinzu, dass sie die „breiteste und vollständigste Demokratie für das Volk“ sein müsse.[165] Formal hielt der PCE damit parallel zur politisch-sozialen Demokratie noch an dem Etikett der Diktatur des Proletariats fest. Auch der revolutionären Gewalt schwor der PCE noch nicht ganz ab, da er erklärte, dass es unter bestimmten historischen Bedingungen unumgänglich sei, Gewalt anzuwenden, um die reaktionären herrschenden Kreise zu stürzen. Dass der PCE außerdem die Oktoberrevolution anerkannte, bedeutete implizit, dass Sozialismus und Demokratie doch nicht immer Hand in Hand gehen mussten.[166]

Die führende Rolle in diesem Prozess schrieb die Partei wie auf dem VIII. Parteitag den Kräften der Arbeit und der Kultur zu.[167] Bei der Charakterisierung dieser Allianz stellte der PCE unumwunden fest: „[…], die Arbeiterklasse ist natürlicherweise die Klasse der spanischen Revolution.”[168] Hinsichtlich der Rolle der Bauernschaft stimmte der PCE ebenfalls mit dem klassischen Marxismus-Leninismus überein, da er sie als den traditionellen und natürlichen Verbündeten der Arbeiterklasse bezeichnete. Nichtsdestotrotz wich das Programm in dem Moment entscheidend von der orthodoxen Linie ab, da es konstatierte, dass „[…] die alte Formel des Bündnisses der Arbeiter und der Bauern nicht mehr vollständig die Zusammensetzung des Blocks sozialer Kräfte ausdrückt, dem es zusteht, Motor der sozialistischen Revolution zu sein […].“[169]

Obwohl das Programm-Manifest die Idee einer vor anderen Parteien privilegierten KP ablehnte,[170] definierte es den PCE immer noch als revolutionäre Avantgarde des Proletariats und verzichtete damit nicht auf die Vorhutrolle der Kommunisten.[171] Diese Entwicklung setzte sich auf dem IX. Parteitag vom 19. bis 23. April 1978 fort, dem ersten Parteitag seit 1932, der unter legalen Bedingungen stattfand.[172] Er verabschiedete die neuen Statuten der Partei, in denen sich der PCE nur noch als „eine politische Avantgardeorganisation der Arbeiterklasse und der progressiven Kräfte Spaniens“ charakterisierte.[173]

Im weiteren Verlauf der programmatischen Entwicklung der Partei setzte sich der allmähliche Verzicht auf die Diktatur des Proletariats fort. Hatte der PCE im Manifiesto-Programa die Übergangsphase zum Sozialismus noch explizit mit der Diktatur des Proletariats in Verbindung gebracht, verabschiedete er sich anschließend ohne viel Aufhebens von der Anwendung des Begriffs. Santiago Carrillo nannte in seinem Buch Eurokommunismus und Staat (Eurocomunismo y Estado), das im April 1977 erschien[174] zwei zentrale Argumente für das Abgehen von diesem Begriff. Erstens sei der Begriff im Laufe des 20. Jahrhunderts diskreditiert worden und zweitens seien Diktatur und Gewalt nicht mehr nötig, da inzwischen die Arbeiter und die Kräfte der Kultur die Mehrheit der Gesellschaft bilden würden. Weder in Carrillos Rede auf dem IX. Parteitag noch in dessen Resolutionen wurde die Diktatur des Proletariats noch erwähnt. Schließlich ersetzte der PCE diese durch den freundlicheren und unbelasteten Begriff der „demokratischen Hegemonie der Kräfte der Arbeit und der Kultur.“[175] Den Verzicht auf die Diktatur des Proletariats ergänzte Santiago Carrillo damit, dass er die Ablehnung allgemeinverbindlicher Revolutions- und Sozialismusmodelle wiederholte.[176]

In diesem Zusammenhang ist die Bestätigung des Konzepts der politisch-sozialen Demokratie und der in ihr nötigen Maßnahmen, die die Demokratie auf den wirtschaftlichen und sozialen Bereich ausweiten würden, ebenfalls wichtig. Die entscheidende neue Nuance, die der IX. Parteitag des PCE in dieses Konzept einfügte war, dass sie auf der Grundlage der noch zu beschließenden demokratischen spanischen Verfassung entwickelt werden sollte.[177] Da der PCE die politische und soziale Demokratie weiterhin als Voraussetzung für die Verwirklichung des Sozialismus ansah, dieser Weg aber nur eingeschlagen werden könne, wenn die Kräfte der Arbeit und der Kultur in demokratischen Wahlen den Sieg errängen,[178] verzichtete der PCE auf diese Weise wieder darauf, revolutionäre Gewalt zur Eroberung der Macht anzuwenden. Dies beeinflusste auch die Auffassung des PCE von der in der Diktatur des Proletariats traditionell geforderten Zerstörung des bürgerlichen Staates. Die Erhöhung des kulturellen Bildungsniveaus infolge des technischen Fortschritts trage nämlich dazu bei, die bürgerliche Hegemonie in der Ideologie zurückzudrängen und statt den Staatsapparat zu zerschlagen ihn von innen heraus zu demokratisieren, indem seine Funktionsträger für sozialistisches Gedankengut gewonnen würden.[179]

Seine Bekenntnisse zu den demokratischen Freiheiten und zur Demokratie setzte der PCE ebenfalls fort. In einem Kommuniqué mit dem PCI vom Juli 1975 nannte der PCE den demokratischen Übergang zum Sozialismus eine „strategische Überzeugung“ und widersprach damit Vorwürfen, dass sein Bekenntnis zur Demokratie nur ein taktisches Mittel sei. Außerdem betonte er den Wert demokratischer Recht und Freiheiten.[180] Auf der Konferenz der KPs Europas Ende Juni 1976 in Ost-Berlin verdeutlichte Carrillo den Standpunkt des PCE nochmals: „Und in keinem Fall, unter keinem gesellschaftlichen Regime, noch viel weniger im Sozialismus, akzeptieren wir den Gedanken ihres Abschaffens.“[181] Diese Bekenntnisse bestätigte der PCE in einer gemeinsamen Erklärung mit PCI und PCF im März 1977 sowie durch seine Mitarbeit an der neuen demokratischen Verfassung Spaniens.[182]

Santiago Carrillo bekannte sich sowohl in Eurokommunismus und Staat[183] als auch auf dem IX. Parteitag dazu. Auf diesem beteuerte er, dass der Weg zum Sozialismus ohne die Konsolidierung und Erweiterung der Demokratie undenkbar sei und dass die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten an ihrer Festigung interessiert seien.[184] Die Resolution des IX. Parteitags nannte Freiheit und Demokratie „unwiderrufliche“ Werte. Carrillo versprach in seiner Parteitagsrede, die in der zukünftigen Verfassung festgesetzten Rechte einschließlich der Menschenrechte zu garantieren. In diesem Zusammenhang erneuerte er auch die Anerkennung des Parteienpluralismus, da er allen Parteien zusicherte, frei agieren zu können. Er bekannte sich ebenso zum demokratischen Machtwechsel, da der PCE nach einer Wahlniederlage die Regierung verlassen würde, um sich das Vertrauen des Volkes erneut zu erwerben.[185] Gewalt war nur noch legitim, um eine demokratisch legitimierte Regierung gegen einen Putschversuch zu verteidigen.[186]

Die Festlegung auf die demokratischen Freiheiten und den Pluralismus bedeuteten, dass der PCE die Führungsrolle der KP nicht mehr in allen gesellschaftlichen Bereichen beanspruchte und hatten schließlich auch Konsequenzen für die Definition der Rolle der Arbeiterklasse, die der PCE allmählich mit einem neuen Inhalt füllte. So meinte Carrillo 1976, dass die führende Rolle der Partei sich mehr im theoretischen, politischen, sozialen und kulturellen Bereich als im administrativen Bereich äußern solle, dessen Kontrolle immer in den Händen der gewählten Volksvertreter liegen müsse.[187] Auf dem IX. Parteitag schließlich tauchte die Forderung nach der führenden Rolle der Partei gar nicht mehr auf und die These von der Hegemonie der Arbeiterklasse wurde inhaltlich stark abgeschwächt. Die Parteitagsresolution argumentierte, dass die Arbeiterklasse bzw. die Allianz der Kräfte der Arbeit und der Kultur ihre „bestimmende Rolle“ nur in dem Maße festigen könnten, wie sie die Demokratie entwickelten und konsolidierten und wie sie die allgemeinen Interessen des Landes repräsentierten.[188] Die Hegemonie der Arbeiterklasse wurde nicht mehr als selbstverständlich angenommen, sondern sie müsse sich ihre Vorrangstellung unter den vom Kapitalismus geschädigten Klassen erst erkämpfen. Im Bündnis mit den Bauern und den Kräften der Kultur schrieb der PCE ihr nicht mehr die führende Rolle zu, sondern bezeichnete sie nur noch als deren „Achse“.[189] Das Bündnis der Arbeiter, Bauern und Intellektuellen wurde seinerseits nur als „eine“ führende Kraft bezeichnet, wodurch der ausschließliche Anspruch auf die Führung ebenfalls abgemildert wurde.[190]

[...]


[1] [o.V.], Im Gespräch mit Santiago Carrillo, S. 82.

[2] Krammer, Cult of the Spanish Civil War, S. 531-533.

[3] Ebd., S. 541 und S. 546-549; Uhl, Mythos Spanien, S. 251-261. Zum Mythos der Interbrigaden, dem Interbrigadenkult und der Traditionspflege der Interbrigaden in der DDR s. ebd., S. 330-498.

[4] Grebe, Solidarität.

[5] Weber, Geschichte der DDR, S. 275-277 und S. 298; Wolle, Heile Welt, S. 40f.

[6] Hertle/ Jarausch, Risse im Bruderbund, S. 13f.

[7] Wentker, Außenpolitik, S. 406-408.

[8] Timmermann, Grundpositionen, S. 16f.

[9] „[…] todo aquel lapso en que se produce la instauración de un régimen político democrático, en que se colocan las bases de un nuevo Estado y en que se produce la general convicción de que el proceso es irreversible, […].” Aróstegui, Transición política, S. 247. Für eine detailliertere und ausführlichere Definition vgl. ebd., S. 255.

[10] Ebd., S. 258-260.

[11] Kaiser, Transnationale Politik, S. 80-109.

[12] Ebd., S. 95.

[13] Ebd., S. 94.

[14] Schroeder, SED-Staat, S. 412f., Neugebauer, Partei und Staatsapparat, S. 190-193; Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft, S. 1016-1027.

[15] Nakath, Außenpolitik, S. 263.

[16] Kaiser, Transnationale Politik, S. 100-103.

[17] Nye, jr., Transnationale Beziehungen, S. 71.

[18] Böhme, KPW 1973, Vorwort.

[19] Potthoff, Zum Umgang mit Akten, S. 337.

[20] Judt, Dienstgebrauch, S. 33-36.

[21] Ebd., S. 33.

[22] Kahlenberg, Anmerkungen, S. 68.

[23] Gräfe, Büro Erich Honecker, http://startext.net-build.de:8080/barch2/MidosaSEARCH/dy30bho/index.htm, 20.11.2008.

[24] Ebd.

[25] Judt, Dienstgebrauch, S. 35f., Potthoff, Umgang, S. 338.

[26] Potthoff, Umgang, S. 338.

[27] Judt, Dienstgebrauch, S. 36; Wolle, Labyrinth der Akten, S. 260; Jessen, Diktatorische Herrschaft, S. 57.

[28] Jessen, Diktatorische Herrschaft, S. 60-64.

[29] Ebd., S. 64 und S. 68.

[30] Ebd., S. 72f. Das Zitat ebd., S. 73; vgl. auch Wolle, Labyrinth, S. 261.

[31] Weber, Situation in den Archiven, S. 690; ders., Asymmetrie, S. 3-14.

[32] Wolle, Labyrinth, S. 262.

[33] Weber, Die DDR, S. 130.

[34] Dasbach-Mallinckrodt, Wer macht die Außenpolitik der DDR?; dies., An Außenpolitik beteiligte Institutionen.

[35] Jacobsen, Drei Jahrzehnte.

[36] Siebs, Außenpolitik der DDR.

[37] Wentker, Außenpolitik.

[38] Kuppe, Außenpolitik der DDR, S. 320; Muth, DDR-Außenpolitik.

[39] Scholtyseck, Außenpolitik der DDR; Wentker, Außenpolitik, S. 22.

[40] Kuppe, Außenpolitik der DDR, S. 323.

[41] Álvarez de Toledo, Nachrichten, S. 9.

[42] Grebe, Solidarität.

[43] Uhl, Mythos Spanien.

[44] Ginard i Féron, Investigación histórica sobre el PCE, S. 46.

[45] Hermet, Los comunistas; Ginard i Féron, Investigación histórica sobre el PCE, S. 32.

[46] Ruiz Ayúcar, Partido comunista; Ginard i Féron, Investigación histórica sobre el PCE, S. 32.

[47] Alba, Partido Comunista; Ginard i Féron, Investigación histórica sobre el PCE, S. 35.

[48] Sánchez Millas hat begründet, warum man streng genommen nicht vom „Eurokommunismus“, sondern von „Eurokommunismen“ sprechen müsse. Vgl. Sánchez Millas, Eurocomunismo. An dieser Stelle bezeichnet Eurokommunismus i. e. S. die Betonung eines national eigenständigen demokratischen Sozialismus und die Kritik an der sowjetischen Führung in der kommunistischen Weltbewegung vonseiten des PCE, PCI und PCF. I. w. S. bezieht sich Eurokommunismus auf die Ideologie aller KPs, die unabhängig von ihrer geografischen Lage die eben beschriebenen Merkmale aufwiesen. Zur Entstehung des Begriffs vgl. Steinkühler, Eurokommunismus, S. 256-268.

[49] Timmermann, Eurokommunismus; ders., Die kommunistischen Parteien Südeuropas.

[50] Steinkühler, Eurokommunismus; Vogt, Eurokommunismus.

[51] “[…] un libro de una importancia capital para el conocimiento de la época franquista.” Ginard i Féron, Investigación histórica sobre el PCE, S. 39.

[52] Estruch Tobella, Historia oculta; Ginard i Féron, Investigación histórica sobre el PCE, S. 40-42.

[53] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 59; Mallinckrodt, An Außenpolitik beteiligte Institutionen, S. 135-149.

[54] Ammer, Machthierarchie, S. 825f.; Schroeder, SED-Staat, S. 401f.; Wolle, Heile Welt, S. 99.

[55] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 88-90.

[56] Wolle, Heile Welt, S. 100.

[57] Hertle/ Stephan, Das Ende der SED, S. 26 und 28; Schröder, SED-Staat, S. 400; Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 55.

[58] Hertle/ Stephan, Das Ende der SED, S. 28 und 32. Hier findet sich auch die „Geschäftsordnung des Zentralkomitees und seines Apparates“, S. 27.

[59] Schroeder, SED-Staat, S. 402.

[60] Ammer, Machthierarchie, S. 829.

[61] Ebd., S. 832.

[62] Schroeder, SED-Staat, S. 388f. und 397.

[63] Hertle/ Stephan, Das Ende der SED, S. 27.

[64] Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft, S. 1003f.

[65] Ammer, Machthierarchie, S. 830-832; Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft, S. 1005f. und 1013; Schroeder, SED-Staat, S. 398; Uschner, Die zweite Etage, S. 72.

[66] Vgl. z. B. SAPMO-BArch DY 30/4852 (Beschlussauszüge), SAPMO-BArch DY 30/J IV 2/2/1756 (Reinschriftprotokoll), DY 30/J IV 2/2A/2199 (Arbeitsprotokoll), Protokoll Nr. 48/78, Sitzung des Politbüros am 12. Dezember 1978: 9. Bericht über den Aufenthalt einer Delegation des ZK der SED vom 14. bis 22. November 1978 in Spanien, Berlin (Ost), 12.12.1978.

[67] Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft, S. 1004f.; Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 74; Uschner, Zweite Etage, S. 71.

[68] Hertle/ Stephan, Das Ende der SED, S. 28f.

[69] Jedoch muss man hier skeptisch sein, Arnold und Modrow die Stellung Honeckers vielleicht überbetonten, um von eigenen Verantwortlichkeiten abzulenken. Arnold/ Modrow, Das große Haus, S. 32 und 36; Siebs, Außenpolitik der DDR, S: 74f.

[70] Uschner, Zweite Etage, S. 111.

[71] Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft, S. 1004f.; Arnold/ Modrow, Das große Haus, S. 42; Uschner, Zweite Etage, S. 72.

[72] Uschner, Zweite Etage, S. 73.

[73] Arnold/ Modrow, Das große Haus, S. 42; Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft, S. 1004-1006; Hertle/ Stephan, Das Ende der SED, S. 30.

[74] Hertle/ Stephan, Ende der SED, S. 30.

[75] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 61 und 66; Uschner, Zweite Etage, S. 73; Wentker, Außenpolitik, S. 371.

[76] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 57.

[77] Axen war außerdem seit Januar 1963 Kandidat und seit 1970 Mitglied des Politbüros. Barth/ Müller-Enbergs, „Axen, Hermann“, Bd. 1, S. 39.

[78] Wentker, Außenpolitik, S. 378f.

[79] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 69f. und 97; Uschner, Zweite Etage, S. 55.

[80] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 97.

[81] SAPMO-BArch DY 30/13477, Brief des ZK der KPSp (Eduardo García) an Erich Honecker, o.O., 1.10.1974; SAPMO-BArch DY 30/9489, Brief des ZK der KPSp an Erich Honecker, o.O., 15.02.1975; SAPMO-BArch DY 30/13477, Brief des ZK der KPSp an Erich Honecker, o.O., 12.03.1975; SAPMO-BArch DY 30/2486, Brief des ZK der KPSp an das ZK der SED, o.O., 09.03.1978.

[82] Arnold/ Modrow, Das große Haus, S. 50; Uschner, Zweite Etage, S. 64.

[83] Uschner, Zweite Etage, S. 63 und 66.

[84] Arnold/ Modrow, Das große Haus, S. 47; Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 90.

[85] Arnold/ Modrow, Das große Haus, S. 50; Schroeder, SED-Staat, S. 402-404.

[86] Uschner, Zweite Etage, S. 21.

[87] Radde, Außenpolitische Führungselite, S. 49.

[88] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 95.

[89] Uschner, Zweite Etage, S. 35-37; Wentker, Außenpolitik, S. 380.

[90] Muth, Ingrid, DDR-Außenpolitik, S. 61f. und 64; Schwanitz, SED-Nahostpolitik als Chefsache, S. 66f.

[91] Wentker, Außenpolitik, S. 380.

[92] Als stellvertretende Abteilungsleiter fungierten in den 70er Jahren u. a. Gerd König (1971-1973), Harry Ott (1966-1974), Bruno Mahlow (1973-1989) und Egon Winkelmann (1967-1978), vgl. Müller-Enbergs, „König, Gerd“, Bd. 1, S. 538; ders., „Ott, Harry“, Bd. 2, S. 753; Müller-Enbergs/ Herbst, „Mahlow, Bruno“, Bd. 2, S. 644; Müller-Enbergs, „Winkelmann, Egon“, Bd. 2, S. 1092. Auch Rudolf (Rudi) Guttmann bekleidete diesen Posten zumindest für das Jahr 1971. Vgl. SAPMO-BArch DY 30/IV B 2/20/213, Information, Betrifft: Beziehungen der KPdSU zur Kommunistischen Partei Spaniens (Carrillo) und zu den Genossen um Garcia und Lister, Berlin (Ost), 12.7.1971, S. 1.

[93] Muth, DDR-Außenpolitik, S. 64.

[94] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 95; Wentker, Außenpolitik, S. 380.

[95] Uschner, Zweite Etage, S. 36.

[96] Paul Markowski (1.6.1929-6.3.1978), seit April 1967 Kandidat des ZK, seit 1971 Mitglied des ZK und des außenpolitischen Ausschusses der Volkskammer. Am 6.3.1978 verunglückte er bei einem Hubschrauberabsturz mit Werner Lamberz in Libyen. Müller-Enbergs/ Kaiser, „Markowski, Paul“, Bd. 2, S. 652; Radde, Außenpolitische Führungselite, S. 51.

[97] Egon Winkelmann (1.1.1928 bis dato), 1967-1978 stellvertretender Abteilungsleiter IV, 1974-1981 Mitglied der Leitung der Parteiorganisation beim ZK der SED, 1976-1981 Mitglied der ZRK, 1978-1981 Abgeordneter der Volkskammer, 1980-1986 Botschafter in Moskau. Müller-Enbergs, „Winkelmann, Egon“, Bd. 2, S. 1092.

[98] Arnold/ Modrow, Das große Haus, S. 58.

[99] Als Beispiel vgl. SAPMO-BArch DY 30/J IV 2/2J/3585, Information Nr. 93/71 für die Mitglieder und Kandidaten des Politbüros. Betrifft: Artikel über das Verhältnis der KP Spaniens zu den sozialistischen Ländern in der theoretischen Zeitschrift der Partei „Nuestra Bandera“, Berlin (Ost), 26.07.1971; SAPMO-BArch DY 30/IV B 2/20/213, Information, Betrifft: Beziehungen der KPdSU zur Kommunistischen Partei Spaniens (Carrillo) und zu den Genossen um Garcia und Lister, Berlin (Ost), 12.7.1971, S. 1.

[100] Uschner, Zweite Etage, S. 39f.

[101] Siebs, Außenpolitik der DDR, S. 69f. und 97; Uschner, Zweite Etage, S. 55.

[102] Uschner, Zweite Etage, S. 33.

[103] Hertle/ Jarausch, Risse im Bruderbund, S. 68, S. 113 und S. 136.

[104] Uschner, Zweite Etage, S. 33-35 und 37-39, die wörtlichen Zitate S. 37 und 39.

[105] Wentker, Außenpolitik, S. 381.

[106] Uschner, Zweite Etage, S. 33.

[107] Wentker, Außenpolitik, S. 381.

[108] Müller-Enbergs/ Herbst, „Marter, Alfred“, Bd. 2, S. 654.

[109] Muth, DDR-Außenpolitik, S. 190.

[110] Müller-Enbergs, „König, Gerd“, Bd. 1, S. 538; ders., „Ott, Harry“, Bd. 2, S. 753; Müller-Enbergs/ Herbst, „Mahlow, Bruno“, Bd. 2, S. 644.

[111] Ebd., S. 546 und S. 639.

[112] Ammer, Machthierarchie, S. 848f.; Schroeder, SED-Staat, S. 410.

[113] Siebs, Außenpolitik, S. 94.

[114] Muth, DDR-Außenpolitik, S. 64f. und 186, das wörtliche Zitat S. 188; Wentker, Außenpolitik, S. 380.

[115] Arnold/ Modrow, Das große Haus, S. 64.

[116] Uschner, Zweite Etage, S. 22.

[117] Ammer, Machthierarchie, S. 813.

[118] Protokoll VIII. Parteitag, Bd. 1, S. 101f., das wörtliche Zitat auf S. 104.

[119] Santiago Carrillo (1915 bis dato), seit Nov. 1936 war Carrillo Mitglied des PCE, 1937 schon Kandidat des Politbüros und seit 1942 Mitglied des Politbüros. 1953 wurde er Sekretär für Organisation und löste 1960 Dolores Ibarruri als Generalsekretärin ab. Cruz, „Carrillo, Santiago“, S. 190f.

[120] Ruíz Ayúcar, Partido Comunista, S. 313. Dass der PCE während der Kubakrise 1962 von solchen Aktionen absah, zeige nach Ruíz Ayúcar und Alba, dass die Aktion als Werbung für den PCE auf dem XXI. Parteitag der KPdSU 1961 gebraucht werden sollte. Vgl. dazu auch Alba, Partido Comunista, S. 364.

[121] Alba, Partido Comunista, S. 351f., S. 357 und S. 369; Baumer, Kommunismus, S. 136; Mujal-Léon, S. 104f.; Niehus, Außenpolitik im Wandel, Bd. 1, S. 616.

[122] Baumer, Kommunismus, S. 136; Hermet, Comunistas, S. 92; Lillo, El PCE en Francia, S. 85-87.

[123] Mujal-Léon, Communism, S. 104-107.

[124] Alba, Partido Comunista, S. 385.

[125] Niehus, Außenpolitik im Wandel, Bd. 1, S. 617.

[126] Alba, Partido Comunista, S. 385f.; Mujal-León, Communism, S. 106f.; Morán, Miseria y grandeza, S. 434f.

[127] Niehus, Außenpolitik im Wandel, Bd. 1, S. 570f.

[128] Ebd., S. 619.

[129] Morán, Miseria y grandeza, S.433f. Niehus, Außenpolitik im Wandel, Bd. 1, S. 617.

[130] Niehus, Außenpolitik im Wandel, Bd. 1, S. 620.

[131] Mujal-León, Communism, S. 105f.

[132] Alba, Partido Comunista, S. 386; Baumer, Kommunismus, S. 137.

[133] Baumer, Kommunismus, S. 136f.; Niehus, Außenpolitik im Wandel, Bd. 1, S. 621.

[134] Baumer, Kommunismus, S. 135.

[135] Ebd., S. 135; Mujal-León, Communism, S. 78.

[136] Baumer, Kommunismus, S. 129.

[137] Ebd., S. 131-135; Hermet, Los comunistas, S. 140.

[138] Baumer, Kommunismus, S. 133.

[139] Ebd., S. 139; Leonhard, Wolfgang, Eurokommunismus, S. 259; Sánchez Rodríguez, Teoría y práctica, S. 167. In der Literatur schwanken die Angaben, wann der Parteitag stattgefunden hat zwischen Juli und Oktober 1972. Da das Grußschreiben der SED vom September 1972 datiert und eine Information über den Parteitag erst im Februar 1973 erstellt wurde, ist ein Termin im Herbst sehr wahrscheinlich, vgl. Alba, Partido Comunista, S. 393 (Oktober); Estruch Tobella, Historia oculta, S. 223 (Sommer); Leonhard, Eurokommunismus, S. 259 (Oktober); Morán, Miseria y grandeza, S. 469 (Juli); Mujal-Léon, Communism, S. 113 (September); Sánchez Rodríguez, Teoría y práctica, S. 161 (Juli).

[140] Sánchez Rodríguez, Teoría y práctica, S. 167.

[141] „[…] de todos los trabajadores, incluidas las fuerzas de la cultura, que tienen un papel directo en la producción moderna y chocan con las estructuras capitalistas.” PCE, VIII Congreso, S. 81.

[142] Ebd., S. 80 und S. 332.

[143] Ebd., S. 80 und S. 333.

[144] Ebd., S. 81f.

[145] Ebd., S. 81f. und S. 86.

[146] Ebd., S. 82 und S. 84.

[147] Ebd., S. 83.

[148] Sánchez Rodíguez, Teoría y práctica, S. 243f.

[149] „[…] para garantizar la autenticidad del socialismo y el progreso hacia el comunismo, es esencial el respeto a las libertades políticas fundamentales, a la pluralidad de partidos, a la libertad de información y crítica, a la libertad de creación intelectual y artística y la renuncia a imponer toda filosofía oficial.” PCE, VIII Congreso, S. 338f.

[150] Ebd., S. 81f.

[151] Ebd., S. 338.

[152] Ebd., S. 80, S. 83 und S. 333.

[153] Leonhardt, Eurokommunismus, S. 261; Morán, Miseria y grandeza, S. 475.

[154] „la carta magna del Partido Comunista de España para la nueva vía iniciada tras la conmoción de la invasión de Checoslovaquia y el distanciamiento de los soviéticos.” Morán, Miseria y grandeza, S. 475.

[155] „demostrar la renovación ideológica y política del partido“ und „dar todas la garantías posibles a los sectores democráticos antifranquistas.” Estruch Tobella, Historia oculta, S. 227.

[156] Das Manifiesto-Programa ist abgedruckt in PCE, IIª Conferencia nacional, S. 85-147, im Folgenden zit. als PCE, Manifiesto-Programa, S. 99f.

[157] „Sus experiencias tienen un valor indudable para todas las revoluciones aunque no pueden ser tomadas como modelo universal.” Ebd., S. 96.

[158] Ebd., S. 96f.

[159] Ebd., S. 117.

[160] Ebd., S. 117f.

[161] Sánchez Rodríguez, Teoría y prática, S. 227 und S. 232-235.

[162] Ebd., S. 117-126.

[163] Ebd., S. 127-129.

[164] Ebd., S. 127f.

[165] Ebd., S. 128.

[166] Mujal-León, Communisms, S. 87.

[167] PCE, Manifiesto-Programa, S. 117.

[168] „[…], la clase obrera es naturalmente la clase de la revolución española.“ Ebd., S. 135.

[169] „[…] la vieja fórmula de la alianza de los obreros y los campesions ya no expresa cabalmente la composición del bloque de fuerzas sociales a las que corresponde ser motor de la Revolución socialista […].“Ebd., S. 138.

[170] Ebd., S. 97.

[171] Ebd., S. 139.

[172] PCE, Noveno Congreso, S. 140f.; Mujal-León, Communism, S. 173; Sánchez Rodríguez, Teoría y práctica, S. 314.

[173] „ […] una organización política de vanguardia de la clase obrera y de las fuerzas progresistas de España, […].” PCE, Noveno Congreso. Actas, debates, resoluciones, S. 432.

[174] Carrillo, Santiago, Eurokommunismus und Staat, Hamburg 1977; vgl. Morán, Miseria y grandeza, S. 548.

[175] „hegemonía democrática de las fuerzas del trabajo y la cultura“, Sánchez Rodríguez, Teoría y prática, S. 223-227, hier auch das wörtliche Zitat, S. 227.

[176] PCE, Noveno Congreso, S. 24.

[177] Ebd., S. 83f.; Sánchez Rodríguez, Teoría y práctica, S. 318.

[178] PCE, Noveno Congreso, S. 84 und S. 92.

[179] Ebd., S. 85f.

[180] Das Kommuniqué ist abgedruckt in Steinkühler, Eurokommunismus, S. 272-275, hier S. 273f.

[181] Die Rede ist abgedruckt in Ebd., S. 376-382, hier S. 380.

[182] Mujal-León, Communism, S. 83f.

[183] Haubrich, Die Kommunistische Partei Spaniens, S. 131f.

[184] PCE, Noveno Congreso, S. 26 und S. 28f.

[185] Ebd., S. 63, S. 83f. und S. 86. Sánchez Rodríguez sieht die vollständige und explizite Anerkennung des Pluralismus erst auf dem X. Parteitag des PCE erreicht. Vgl. Sánchez Rodríguez, Teoría y práctica, S. 238f.

[186] Haubrich, Kommunistische Partei Spaniens, S. 138.

[187] Sánchez Rodríguez, Teoría y práctica, S. 243f.

[188] Ebd., S. 24f., S. 28 und S. 63f.

[189] Ebd., S. 83.

[190] Ebd., S. 92.

Ende der Leseprobe aus 177 Seiten

Details

Titel
Die Beziehungen der SED zur KP Spaniens PCE (1971-1978)
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Historisches Seminar)
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
177
Katalognummer
V137821
ISBN (eBook)
9783640470525
ISBN (Buch)
9783656672340
Dateigröße
1460 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beziehungen, Spaniens
Arbeit zitieren
Sebastian Seng (Autor:in), 2009, Die Beziehungen der SED zur KP Spaniens PCE (1971-1978), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137821

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