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GMS Onkologische Rehabilitation und Sozialmedizin

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

ISSN 2194-2919

Sozialmedizinische Leistungsbeurteilung bei chronischer myeloischer Leukämie (CML) nach Einführung der Behandlung mit Tyrosinkinaseinhibitoren

Socio-medical assessment of performance in chronic myelogenous leukemia (CML) after the advent of therapy with tyrosine kinase inhibitors

Originalarbeit

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GMS Onkol Rehabil Sozialmed 2019;8:Doc03

doi: 10.3205/ors000038, urn:nbn:de:0183-ors0000386

Published: November 28, 2019

© 2019 König.
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Zusammenfassung

Seit der Entwicklung von Tyrosinkinasehemmer ist die chronische myeloische Leukämie in den meisten Fällen gut behandelbar. Die durch die Erkrankung verursachte Beschwerdesymptomatik kann in den meisten Fällen günstig beeinflusst werden. Nebenwirkungen der Behandlung können allerdings die Lebensqualität beeinträchtigen. In einigen wenigen Fällen können Patienten ihre bisherige berufliche Tätigkeit nicht fortführen. In diesen Fällen müssen Alternativen für eine weitere berufliche Entwicklung gefunden werden. Die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten bedeuten in den meisten Fällen eine Erleichterung der beruflichen Wiedereingliederung. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung nach Behandlung wegen chronischer myeloischer Leukämie inkl. therapieassoziierter unerwünschter Wirkungen und deren Auswirkung auf die berufliche Tätigkeit.

Schlüsselwörter: chronische myeloische Leukämie, funktionelle Beeinträchtigung, Medikamentennebenwirkungen der Tyrosinkinasehemmer, sozialmedizinische Leistungsbeurteilung, Rückkehr an den Arbeitsplatz

Abstract

Since the advent of tyrosine kinase inhibitors, chronic myelogenous leukemia can mostly be treated successfully. The symptoms of the disease disappear. However, side effects of the therapy can affect quality of life. In some cases, patients cannot continue their professional activity. In those cases, it is necessary to find alternatives for a new job career. Improved therapies mean higher rates of return to work in most cases. This work deals with the evaluation and assessment of consequences and adverse effects after treatment of chronic myelogenous leukemia and associated effects on occupational reintegration (assessment of socio-medical performance).

Keywords: chronic myelogenous leukemia, cancer survivorship, functional impairment, side effects of tyrosine kinase inhibitors, socio-medical assessment of performance, return to work


Einleitung

Definition

Die chronische myeloische Leukämie ist eine neoplastische klonale myeloproliferative Erkrankung der pluripotenten hämatopoetischen Stammzelle. Bei mehr als 95% der Erkrankten liegt eine spezifische Chromosomenaberration vor, die Translokation t(9;22)(q34;q11) mit dem charakteristischen Ph-Chromosom, 22q-. Durch die Translokation wird das Gen der Abelson (ABL)-Tyrosinkinase in die Region des „Breakpoint Cluster Region“ (BCR)-Gens eingefügt. Es entsteht ein Fusionsprotein, BCR-ABL1, welches Tyrosinkinaseaktivität aufweist. Das BCR-ABL1-Fusionsprotein ist für die maligne Transformation der betroffenen hämatopoetischen Stammzelle verantwortlich.

Klassifikation

Der frühere klassische Verlauf mit chronischer Phase, Akzeleration und Blastenkrise tritt in heutiger Zeit – unter der Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern – nur noch selten auf.

Kriterien von Akzeleration und Blastenkrise nach der WHO-Definition 2016 siehe unter [1].

Epidemiologie

Inzidenz 1,5/100.000 Einwohner pro Jahr, d.h. es erkranken jährlich ca. 1.000–1.200 Patienten. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Der Erkrankungsgipfel liegt bei 55–60 Jahren.

Prognose/Risikoscores

Neben den älteren Scores (Sokal-Score, Hasford-Score), die vor Etablierung der Behandlung mit Tyrosinkinaseinhibitoren entwickelt wurden und sich aus Alter, Milzgröße, Thrombozytenzahl und Myeloblastenanteil errechnen [2], [3], hat sich in den letzten Jahren zur prognostischen Beurteilung der EUTOS-Score (European Treatment and Outcome Study, Tabelle 1 [Tab. 1]) etabliert [4]. Er sagt die Wahrscheinlichkeit einer kompletten zytogenetischen Remisssion (CCgR) 18 Monate nach Beginn der Behandlung voraus. Die zytogenetische Remission ist ein wichtiger Prädiktor für den Gesamtverlauf der Erkrankung. Für Patienten, die nach 18 Monaten keine komplette zytogenetische Remission erreicht haben, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, diese später noch zu erreichen. Auch haben diese Patienten ein höheres Risiko für eine Progression der Erkrankung (Akzeleration oder Eintritt in die Blastenphase). Die Parameter mit der stärksten Aussagekraft für das Erreichen einer kompletten zytogenetischen Remission 18 Monate nach Behandlungsbeginn ist die Milzgröße (in cm unter dem linken Rippenbogen) sowie der Prozentsatz der basophilen Leukozyten. Beide Parameter müssen vor Beginn der Behandlung bestimmt werden. Der EUTOS-Score errechnet sich dann nach folgender Formel: EUTOS = (7* Prozentsatz der basophilen Leukozyten) + (4* Milzgröße in Zentimetern). Ein frühes molekulares Ansprechen innerhalb der ersten 3 Monate nach Behandlungsbeginn (BCR-ABL1 ≤10%) erhöht die Chance auf das Erreichen einer tiefen molekularen Remission signifikant [5].

Klinik

Die Erkrankung beginnt meist schleichend, häufig mit Gewichtsverlusten, Blutarmut (Anämie), erhöhten Leukozytenwerte sowie Nachtschweiß.

Diagnostik

Diagnostik bei Verdacht auf chronische myeloische Leukämie s. Tabelle 2 [Tab. 2].


Behandlung

Zielsetzung ist es, die Erkrankung vollständig zurückzudrängen. Die Wirkung der Behandlung wird diesbezüglich anhand hämatologischer, zytogenetischer sowie molekularer Kriterien überprüft (Tabelle 3 [Tab. 3]).

Zum Einsatz kommen Tyrosinkinaseinhibitoren (Imatinib, Nilotinib, Dasatinib, Bosutinib) [6], die das neu entstandene Fusionsprotein blockieren und damit den Vermehrungsreiz vermindern. Bei T315I-Mutation im BCR-ABL1-Fusionsgen wirken die vorgenannten Medikamente nicht. Zum Einsatz kommt dann die wirksame Substanz Ponatinib. Das Behandlungsergebnis wird mithilfe des molekularen Monitoring überwacht.

Die Überlebenswahrscheinlichkeit für Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie hat sich seit der Einführung der Behandlung mit Imatinib im Jahr 2001 [7] stark verbessert. Die 5-Jahres-Überlebensrate schwankt in Abhängigkeit vom Risikoprofil zwischen 82% und 90% [8], [9]. Zusammen mit den Ergebnissen der allogenen Stammzelltransplantation nähert sich die Überlebenswahrscheinlichkeit der der nicht erkrankten Allgemeinbevölkerung an [10]. Nach Erreichen einer molekularen Remission kann eine ergänzende Behandlung mit Interferon alpha den Therapieerfolg sichern und verbessern [11], [12].

Resistenz/Wirkungsverlust von Tyrosinkinasehemmern

Ursache sind zumeist BCR-ABL1-Punktmutationen mit der Folge einer verminderten oder aufgehobenen Wirksamkeit von Imatinib. Treten Mutationen mit komplettem Wirkungsverlust auf, muss der Tyrosinkinasehemmer rasch abgesetzt werden, um eine weitere Selektion resistenter Zellen des dominanten Klons zu verhindern.

Hinweise auf Wirkungsverlust von Tyrosinkinasehemmern:

  • hämatologische Resistenz bzw. unzureichendes Ansprechen gegenüber Tyrosinkinasehemmern
  • hämatologische, zytogenetische oder molekulare Hinweise auf Resistenz gegenüber 2 sequenziell verabreichten Tyrosinkinasehemmern
  • Auftreten von 2 oder mehr BCR-ABL1-Mutationen unter Therapie

Bei Wirkungsverlust kommt ein alternativer Tyrosinkinasehemmer zum Einsatz. Bei T315I-Mutationen wird Ponatinib eingesetzt.

Absetzen von Tyrosinkinasehemmern

Als experimentell werden Versuche angesehen, die Medikation mit Tyrosinkinasehemmern abzusetzen. Es laufen Studien, deren Ziel es ist, Kriterien zu definieren, unter welchen Bedingungen dies möglich ist [13], [14], [15].

Allogene Stammzelltransplantation

Die früher häufig durchgeführte allogene Stammzelltransplantation kommt heute bei der chronischen myeloischen Leukämie nur noch dann zum Einsatz, wenn die Erkrankung auf die Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern schlecht oder nicht anspricht [16], [17]. Sie ist das einzige Therapieverfahren, das bei chronischer myeloischer Leukämie definitive Heilungen erreichen kann. Sie ist bis zu einem biologischen Alter von 60 Jahren möglich und kommt bei Imatinibresistenz oder bei fortgeschrittener Erkrankung (Akzeleration, Blastenphase) zum Einsatz. Patienten in Hochrisikosituation können unabhängig vom Ansprechen auf Imatinib in der frühen chronischen Phase transplantiert werden. Wesentlicher prognostischer Faktor für das Transplantationsergebnis ist das Krankheitsstadium der CML.

Überlebenswahrscheinlichkeit und transplantationsassoziierte Sterblichkeit lassen sich nach einem von der European Group for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) erarbeiteten Risikoscore (s. Tabelle 4 [Tab. 4]) abschätzen [18], [19]. Die höchsten Heilungschancen und Überlebenswahrscheinlichkeit haben jüngere Patienten in chronischer Phase, bei denen innerhalb eines Jahres nach der Diagnose eine allogene Stammzelltransplantation durchgeführt wird (Niedrigrisiko-Situation nach EBMT-Score).

Nachsorge

Konnte eine Remission erreicht werden, so wird die Behandlung mit dem wirksamen Tyrosinkinasehemmer fortgeführt. Zusätzlich erfolgen regelmäßige klinische Nachsorgeuntersuchungen inkl. Laborkontrollen. Die meisten Rezidive treten innerhalb der ersten 24 Monate nach Erreichen der Remission auf. Daher sollten Blutbildkontrollen innerhalb der ersten 2 Jahre alle 1–3 Monate, nach 3–5 Jahren alle 3–6 Monate durchgeführt werden.


Häufige Störungen/ Einschränkungen als Folge der Behandlung oder bei Komorbidität

Atemnot

Ursachen einer Atemnot können sein:

1.
Atemwegsinfektionen bzw. daraus resultierende Folgestörungen (lokale bzw. regionale Strukturänderungen des Lungengewebes)
2.
Konditionsschwäche (durch Inaktivität)
3.
Anämie
4.
Myokardinsuffizienz

Prädisponiert sind besonders Patienten mit kardialer und/oder pulmonaler Komorbidität (z.B. bei vorbestehender koronarer Herzkrankheit oder chronisch obstruktiver Ventilationsstörung). Objektivierung durch Echokardiographie bzw. Spiroergometrie. Bei Konditionsschwäche Ausdauer-/Konditionstraining (Ergometerradtraining, Fahrradfahren, Joggen, Laufen, Walking (belastbare Patienten) bzw. Terraintraining, Motomedtraining, Hockergymnastik, Einzelkrankengymnastik (nicht belastbare Patienten). Bei Anämie oder Herz-/Lungenerkrankungen Differentialtherapie nach auslösender Ursache, ggf. medikamentöse Behandlung und/oder Substitution von Erythrozyten. Subjektiv empfundene Einschränkungen sollten bei entsprechender beruflicher Leistungsanforderung durch Ergometrie [20], 6-Minuten-Gehtest [21], Spirometrie oder Bodyplethysmographie objektiviert werden [22].

Ödeme

Ödeme können Medikamentennebenwirkungen (z.B. Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern), Myokardinsuffizienz (z.B. bei koronarer Herzkrankheit), Nierenfunktionsstörungen oder Hypalbuminämie anzeigen. Objektivierung: Messung des Körpergewichtes im Zeitverlauf.

Konzentrations-/Merkfähigkeitsstörungen

Kognitive Defizite können nach intensiver Behandlung maligner Erkrankungen [23] auftreten. Objektivierung: klinische Untersuchung, neuropsychologische Testverfahren [24]. Für Tätigkeiten mit Anforderungen an Konzentration und Merkfähigkeit, gefahrengeneigte Tätigkeiten, Arbeiten mit Instrumenten und Maschinen oder Tätigkeiten mit Verantwortung für Personen und Maschinen ergeben sich dann möglicherweise Ausschlüsse. Schicht- oder Nachtarbeit sowie die Tätigkeit als Berufskraftfahrer sind dann evtl. nicht mehr möglich.

Psychovegetative Erschöpfung

Pathophysiologie/Ätiologie

Psychische Belastung durch das Erleben einer lebensbedrohlichen Erkrankung und deren Behandlung. Die Störungsbilder können von der reaktiven Depression über Angststörungen, Anpassungsstörungen bis hin zu posttraumatischen Belastungsstörungen reichen. Als Folge können sich Störungen der Krankheitsbewältigung und Rezidivängste, teilweise auch sexuelle Funktionsstörungen entwickeln.

Therapie

Exploration durch ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten. Ärztliches Gespräch mit Information zur Erkrankung/zum weiteren Procedere. Ggf. psychoonkologische Betreuung. Psychische Belastungen wirken sich nur dann auf die sozialmedizinische Beurteilung bei Krebspatienten aus, wenn eine schwere, die Persönlichkeit des Patienten beeinträchtigende/verändernde Störung vorliegt. Für die Zuerkennung einer Erwerbsminderungsrente ist dann im Regelfall das Gutachten eines Arztes für Psychiatrie/Psychotherapie/psychosomatische Medizin notwendig.

Fatigue-Syndrom

Charakteristisch für das Fatigue-Syndrom [25], [26] ist, dass trotz adäquater Ruhephasen eine dauerhafte körperliche und geistige Erschöpfung gegeben ist (Diagnosekriterien s. Tabelle 5 [Tab. 5]) [27].

Das akute Fatigue-Syndrom bessert sich nach einer Rekonvaleszenz von einigen Monaten, das chronische Fatigue-Syndrom hingegen bleibt auch nach mehr als sechs Monaten unverändert. Die Lebensqualität ist bei chronischem Fatigue-Syndrom deutlich beeinträchtigt. Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind erkrankungsassoziierte Faktoren (Progression, Rezidiv), Anämie, Ernährungsstörungen, Hypothyreose, schlafbezogene Atemstörungen sowie psychiatrische Erkrankungen (z.B. Depression). Zur Besserung eines Fatigue-Syndroms sollten alle therapeutischen Optionen, insbesondere die medizinische Rehabilitation ausgeschöpft werden. Auch sollten die betroffenen Patienten dahingehend angeleitet werden, auf jeden Fall in eine berufliche Tätigkeit zurückzukehren, da Inaktivität das Fatigue-Syndrom weiter verschlechtern kann. Auch wird dadurch einem sozialen Rückzug entgegengewirkt [28].


Sozialmedizinische Leistungsbeurteilung

Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung ist ein Gutachten, in dem festgelegt wird, in welchem Ausmaß die früher ausgeübte oder eine sonstige Tätigkeit nach Abschluss der Behandlung der malignen Erkrankung wieder aufgenommen werden kann. Dabei wird das verbliebene qualitative und quantitative (Rest-)Leistungsvermögen des Versicherten festgelegt und in ein Verhältnis zu der bisherigen beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsprofil) bzw. den noch ausführbaren Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebracht.

Folgende Kriterien fließen in die Begutachtung mit ein:

  • Körperliche Leistungsfähigkeit
  • Beeinträchtigungen und Funktionsstörungen (somatisch und psychisch)
  • Krankheitsaktivität/Remissionsstatus
  • Notwendigkeit einer medikamentösen Dauerbehandlung mit potentiellen Nebenwirkungen
  • Wahrscheinlichkeit mit der ein Rückfall bzw. eine Progression erwartet werden muss
  • Zeitdauer bis zum Eintreten der Progression
  • Komorbiditäten

Die Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren kann als Dauertherapie Nebenwirkungen verursachen. die das Allgemeinbefinden, die körperliche Leistungsfähigkeit, Kognition und Konzentration, insgesamt die Lebensqualität beeinträchtigen [29]. Oft zeigt sich eine allgemeine Erschöpfung (Fatigue-Syndrom). Häufig sind Störungen am Magen-Darm-Trakt (Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen, Diarrhoe), muskuloskelettalen System (Muskelkrämpfe, Muskel-, Gelenksschmerzen), Nervensystem (Kopfschmerzen) sowie Ödeme und Exantheme. Gelegentlich kommt es zu Zytopenien mit Infektgefährdung und/oder Blutungsneigung, Blutdruckanstieg, Überleitungs- (QT-Verlängerung) und Durchblutungsstörungen am Herzen, periphere arterielle Verschlusskrankheit [30], [31], [32], Nierenfunktionsstörungen, Lebertoxizität, Stoffwechselstörungen (Hyperglykämie, Hyperlipidämie), Tränen der Augen und/oder Xerophthalmie. Manchmal ist ein Wechsel der Substanz erforderlich. Etwa 10% aller mit Tyrosinkinaseinhibitoren behandelten Patienten kommen mit ihrer initialen Medikation nicht zurecht. Die Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Nebenwirkungen der Behandlung scheint stärker als durch die Erkrankung selbst [33].

Nebenwirkungen einzelner Tyrosinkinasehemmer siehe Tabelle 6 [Tab. 6].

Beurteilungskriterien bei Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie

Gute Aussichten für eine Rückkehr in die bisherige berufliche Tätigkeit:

  • jüngeres Alter
  • frühes molekulares Ansprechen auf die Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern (innerhalb von 3 Monaten nach Behandlungsbeginn mit BCR-ABL1 ≤10%)
  • rasches Erreichen einer molekularen und/oder zytogenetischen Remission
  • günstiger EUTOS Risikoscore
  • keine oder nur geringfügige Nebenwirkungen durch die Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern
  • nach allogener Transplantation: günstiger EBMT-Score
  • kein chronisches Fatigue-Syndrom
  • hoher Bildungsstand
  • Bezugsberuf ohne Zeitdruck/Stressbelastung
  • Bezugsberuf ohne oder mit nur leichter körperlicher Belastung

Höheres Risiko einer Erwerbsminderung:

  • höheres Lebensalter (>60 Jahre)
  • verzögertes Ansprechen auf die Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern, kein Erreichen einer molekularen oder zytogenetischen Remission, nur hämatologische Remission
  • ungünstiger EUTOS Risikoscore
  • erhebliche Nebenwirkungen durch die Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern (mit der Notwendigkeit mehrerer medikamentöser Umstellungen)
  • nach allogener Transplantation: ungünstiger EBMT-Score
  • Vorhandensein eines chronischen Fatigue-Syndroms
  • niedriger Bildungsstand
  • Bezugsberuf teilweise/gelegentlich mit Zeitdruck/Stressbelastung
  • Bezugsberuf/Tätigkeit mit mittelschwerer oder schwerer körperlicher Belastung

Insgesamt ist nur ein geringer Prozentsatz der mit Tyrosinkinasehemmern behandelten Patienten von einer dauerhaften Leistungsminderung betroffen. Bei möglicher Gefährdung sollten frühzeitig rehabilitative Maßnahmen ggf. mit medizinisch-beruflicher Orientierung eingeleitet werden.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


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