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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Gründung der Arbeitsgemeinschaft Evidenzbasierte Medizin der AGMB

The new working group on evidence-based medicine within AGMB

Mitteilung Evidenzbasierte Medizin und Systematic Review

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  • corresponding author Sabine Buroh - Bibliotheksteam Medizin, Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland
  • Stefanus Schweizer - Universitätsbibliothek Mainz, Bereichsbibliothek Universitätsmedizin, Mainz, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2020;20(1-2):Doc09

doi: 10.3205/mbi000466, urn:nbn:de:0183-mbi0004660

Published: September 1, 2020

© 2020 Buroh et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Nur wenige medizinische Bibliothekar*innen in D-A-CH-Ländern sind an Evidenzbasierter Medizin oder Systematischen Reviews beteiligt. Darüber hinaus scheinen die „Communities“ der Informationsspezialist*innen und der Medizinischen Bibliothekar*innen auseinander zu driften. Die 2019 gegründete Arbeitsgruppe Evidenzbasierte Medizin (AG-EBM) der Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB) versucht hier Abhilfe zu schaffen und bietet Möglichkeiten zu kollegialem Austausch und Vernetzung auf diesem Gebiet.

Schlüsselwörter: Medizinbibliothekar*innen, systematische Literatursuche, Evidenzbasierte Medizin

Abstract

In German speaking countries only few medical librarians are involved in evidence based medicine or systematic reviews. In addition, the “communities” of information specialists and medical librarians seem to be drifting apart here. The recently founded Evidence Based Medicine Working Group (AG-EBM) within the German Medical Library Association (AGMB) tries to remedy this and offers opportunities for exchange and networking.

Keywords: medical librarians, systematic literature search, evidence based medicine


Einleitung

Seit Jahren setzen sich Medizinbibliothekar*innen weltweit im Berufsalltag, auf Kongressen und bei Fortbildungsveranstaltungen zunehmend mit dem Thema Evidenzbasierte Medizin auseinander. Es steht außer Frage, dass die Qualität und das „Reporting“ vieler von Endnutzer*innen durchgeführten Datenbankrecherchen und die Zuverlässigkeit der erzielten Ergebnisse häufig nicht zufriedenstellen und somit als Basis für Arbeiten im Bereich Evidenzbasierter Medizin in vielen Fällen leider nicht brauchbar sind. Während Bibliotheken in europäischen Ländern mit Ihren Angeboten auf die steigende Nachfrage nach qualifizierter Unterstützung von Evidenzbasierter Medizin reagieren, drohen die Medizinbibliotheken in den D-A-CH-Ländern auf diesem Gebiet zurück zu bleiben. Deren Unterstützungsangebote stellen sich – abhängig von Ressourcen und Prioritätensetzung – sehr unterschiedlich dar: vom Aufbau eines professionellen Beratungs- und Schulungsangebot bis hin zur Ablehnung von Recherche-Aufträgen bzw. keinerlei Angeboten.

Hinzu kommt, dass in den D-A-CH-Ländern die „Communities“ der „Informationsspezialist*innen“ und der „Medizinischen Bibliothekar*innen“ scheinbar auseinanderdriften: Während die wenigen „Information Specialists“ in Deutschland seltener an Bibliotheken, sondern hauptsächlich an Institutionen wie dem vom Bund finanzierten IQWiG (https://www.iqwig.de/) oder bei Pharmaunternehmen bzw. in Forschergruppen tätig sind und an umfangreichen systematischen Übersichtsarbeiten und Evidenzsynthesen mitarbeiten, sind nur wenige medizinische Bibliothekar*innen der D-A-CH-Länder tatsächlich an EBM oder „Systematic Reviews“ beteiligt. Während Informationsspezialist*innen eher bei den jährlichen internationalen Treffen des Deutschen EbM-Netzwerks (https://www.ebm-netzwerk.de/de) zu finden sind, versammeln sich die medizinischen Bibliothekar*innen jedes Jahr bei den Tagungen der AGMB. Bei Tagungen von internationalen Organisationen wie der MLA oder der EAHIL (http://eahil.eu/) hingegen finden sich auf internationalem Parkett Kolleg*innen mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen und Tätigkeitsschwerpunkten in den Workshops und Fortbildungen zur EBM.


Gründung der AG-EBM

Auf der AGMB-Jahrestagung „ Medizinbibliotheken: offen und innovativ aus Tradition“ 2018 in Oldenburg fand innerhalb eines „Treffpunkts“ mit dem Thema „Systematische Suche light“ eine interessante und die Situation in deutschen medizinischen Bibliotheken beleuchtende Diskussion statt: Sei es aus Personalmangel oder durch eingeschränkte Verfügbarkeit von Datenbanken, viele medizinische Bibliotheken der D-A-CH-Länder bieten bisher keine Unterstützung bei bzw. keinen Rechercheservice für die Erstellung von systematischen Übersichtsarbeiten an. In kollegialem Austausch wurde versucht, einen für medizinische Bibliotheken gangbaren Weg zwischen der Einhaltung von „Goldstandards“ für systematische Suchen (wie zum Beispiel im Cochrane-Handbuch gezeigt) und „nichts Anbieten“ auszuloten. Die Diskussion machte ebenfalls deutlich, dass einige der Teilnehmer*innen mit dem Konzept „Systematische Suche für EBM“ nicht vertraut waren. Diejenigen, die bereits an EBM-Projekten und systematischer Suche im Rahmen von Projekten beteiligt waren oder daran interessiert waren solche Projekte zu begleiten, hielten es allerdings für sehr wichtig, das Konzept EBM in den deutschen Bibliotheken fester zu verankern und in erster Linie mehr medizinische Bibliothekar*innen zu ermutigen und zu befähigen, Unterstützung bei systematischen Rechercheprojekten auf verschiedenen Ebenen anzubieten. Außerdem wurde die Vernetzung zwischen den damaligen Diskussionsteilnehmern als sehr wichtig empfunden.

Anlässlich eines weiteren „Treffpunkts“ im Rahmen der AGMB-Jahrestagung „Gemeinsam neue Wege gestalten“ in Göttingen 2019 wurde deshalb offiziell die Arbeitsgruppe für Evidenz-basierte Medizin (AG-EBM) innerhalb der AGMB ins Leben gerufen. Den Rahmen bildete hierbei ein Impulsvortrag von Cochrane Deutschland zur Bedeutung von Systematischen Recherchen für EBM und Rolle der „Information Specialists“ in diesem Zusammenhang. Neben kollegialem Austausch und gegenseitiger Unterstützung innerhalb der Gruppe soll die AG-EBM auch nach außen hin sichtbar der Vernetzung auf diesem Gebiet dienen.

Von den Gründungsmitgliedern wurden für die AG folgende Ziele formuliert: Die AG-EBM dient der Unterstützung der Evidenzbasierten Medizin im deutschsprachigen Raum. Sie soll generell dem kollegialen Austausch zum Thema dienen und Vernetzungsmöglichkeiten bieten. Anlassbezogen ermöglicht die AG gegenseitige Unterstützung. Ebenso sollen Ansprechpartner benannt sowie Standards erarbeitet werden. Es ist geplant, dass sich die Mitglieder der AG einmal jährlich während der AGMB-Tagung treffen.


Aktivitäten der AG-EBM

Um ihre Ziele umzusetzen verfügt diese neue deutschsprachige „AG-EBM“ der AGMB mittlerweile über eine Webseite (https://www.agmb.de/de_DE/ag-evidenzbasierte-medizin) mit wertvollen Links zu einführenden und weiterführenden Informationen zu den Themen EBM und „Systematische Suche“ sowie über eine eigene Mailingliste mit über 50 Abonnent*innen (Stand: August 2020): https://lists.uni-mainz.de/sympa/info/agmb-ag-evidenzbasierte-medizin.

Während der letzten Monate wurde von AG-Mitgliedern ein „Leitfaden zur systematischen Suche“ in deutscher Sprache in der AG zur Diskussion gestellt, veröffentlicht und auf der AG-Website verlinkt. Zu Beginn des Jahres sah die Mailingliste einen regen Austausch zu Fragestellungen bzgl. der gegenwärtigen Corona-Pandemie. U.a. beteiligten sich Mitglieder der AG inhaltlich an einer der ersten und häufig verlinkten gebündelten Zusammenstellung von evidenzbasierten Informationen zum Coronavirus im deutschsprachigen Raum: https://www.ub.uni-mainz.de/evidenzbasierte-informationen-zum-coronavirus. Der für 2020 von der AG-EBM geplante vertiefende Workshop für AGMB-Mitglieder zu „Systematischer Literaturrecherche“ musste aufgrund der Corona-Situation allerdings leider aufgeschoben werden. Diese Mitteilung erscheint in einer Sonderausgabe von GMS MBI zum Thema EBM anlässlich der Online AGMB-Jahrestagung 2020: „Innovativ in die nächsten 50 Jahre“.

Im Frühjahr 2020 wurde eine Umfrage zur Situation der Bibliotheken in den D-A-CH-Ländern im Hinblick auf die Evidenzbasierte Medizin gemacht. Die Ergebnisse, insbesondere die SWOT-Analyse, werden in diesem Heft vorgestellt [1] und beim nächsten Treffer der AG-EBM intensiv diskutiert.

Es bleibt zu hoffen, dass der zu spürende anfängliche Schwung der AG noch lange Zeit erhalten bleiben wird und das Thema „Systematische Recherche für EBM“ von immer mehr deutschen Medizinbibliothekar*innen im Rahmen Ihrer Möglichkeiten aufgegriffen werden kann. Weitere Mitglieder sind der AG willkommen.


Abkürzungen

  • AG-EBM: Arbeitsgruppe Evidenzbasierte Medizin der AGMB (gegründet 2019)
  • AGMB: Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen e.V. (gegründet 1970)
  • D-A-CH-Länder: Deutschland, Österreich und die Schweiz
  • EBM: Evidenzbasierte Medizin
  • EbM-Netzwerk: Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. (gegründet 1998)
  • EAHIL: European Association for Health Information and Libraries (gegründet 1984)
  • IQWiG: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (gegründet 2004)
  • MLA: Medical Library Association (gegründet 1898)

Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Cascant Ortolano L, Schweizer S. SWOT-Analyse zu den Dienstleistungen für Systematische Reviews medizinischer Bibliotheken in D-A-CH-Ländern. GMS Med Bibl Inf. 2020;20(1-2):Doc06. DOI: 10.3205/mbi000463 External link