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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Sieben Jahre kontinuierlicher Verbesserungsprozess gemäß DIN EN ISO 9001: Ein Erfahrungsbericht über die erfolgreiche Nutzung dieses Qualitätsmanagementsystems an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien

Seven years of continuous improvement according to DIN EN ISO 9001: a field report about the successful use of this quality management system at the University Library of the Medical University of Vienna

Fachbeitrag AGMB-Jahrestagung in Oldenburg 2018

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  • corresponding author Bruno Bauer - Medizinische Universität Wien, Universitätsbibliothek, Wien, Österreich

GMS Med Bibl Inf 2018;18(3):Doc15

doi: 10.3205/mbi000416, urn:nbn:de:0183-mbi0004162

Published: December 21, 2018

© 2018 Bauer.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Seit 2012 unterzieht sich die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien einem kontinuierlichen Zertifizierungsverfahren gemäß der internationalen Norm DIN EN ISO 9001 mit der Zielsetzung, ihre Produkte und Services laufend zu optimieren. Diese internationale Norm fordert Planung, Aufbau und Etablierung sowie Weiterentwicklung eines Qualitätsmanagements, wofür bedeutende Ressourcen, vor allem personeller Natur, erforderlich sind. Im Rahmen von jährlich durchgeführten internen sowie externen Audits werden die Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems und die Einhaltung sämtlicher Anforderungen der Norm an das Qualitätsmanagementsystem überprüft. Diesem Aufwand stehen allerdings positive Effekte auf die erstellten Produkte und angebotenen Services gegenüber, was durch eine bessere Erfüllung von Kundenwünschen, eine höhere Transparenz bei Arbeitsabläufen und Prozessen sowie eine effizientere Ermittlung und Beseitigung von Fehlerquellen erreicht wird. Aufbauend auf die mittlerweile siebenjährigen praktischen Erfahrungen an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien kann die Nutzung eines Qualitätsmanagementsystems gemäß DIN EN ISO 9001 für wissenschaftliche Bibliotheken, die einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess betreiben wollen, empfohlen werden.

Schlüsselwörter: Qualitätsmanagementnorm, DIN EN ISO 9001:2008, DIN EN ISO 9001:2015, Zertifizierungsprozess, Aufwand, Nutzen, Qualitätsziele, Fehler- und Verbesserungsmanagement, Medizinische Universität Wien, Universitätsbibliothek

Abstract

Since 2012, the University Library of the Medical University of Vienna is undergoing certification procedures according to the international standard DIN EN ISO 9001 with the aim to continuously improve its products and services. This international standard demands quality management planning, installing, establishing and refining. Therefore a lot of resources, especially human resources, are required. In annually held in-house and external quality audits, the effectiveness of the quality management system and its compliance with all requirements of the standard are tested. These efforts have positive effects on the developed products and provided services, which are achieved by a higher level of transparency of operational procedures and processes as well as a more efficient identification and elimination of sources of error. Based on seven years of practical experience at the University Library of the Medical University of Vienna, the use of a quality management system according to DIN EN ISO 9001 can be recommended to scientific libraries aiming to achieve continuous improvement.

Keywords: quality management standard, DIN EN ISO 9001:2008, DIN EN ISO 9001:2015, certification process, effort, benefit, quality targets, fault and enhancement management, Medical University of Vienna, university library


Rahmenbedingungen für den Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems

2012 wurde die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien erstmals gemäß DIN EN ISO 9001 zertifiziert. Seither befindet sich die Bibliothek gemeinsam mit der Studienabteilung, deren erstmalige Zertifizierung 2011 erfolgt war, und seit 2014 auch mit dem Koordinationszentrum für Klinische Studien (KKS) in einem gemeinsamen, laufenden Zertifizierungsprozess. Vorangegangen war die Entscheidung des Rektorates der Medizinischen Universität Wien, ein Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 9001:2008 für die kundenorientierten Abteilungen der zentralen Services einzurichten. Die Verpflichtung zum Aufbau eigener Qualitätsmanagementsysteme zur Qualitäts- und Leistungssicherung war den öffentlichen Universitäten in Österreich gemäß § 14 des Universitätsgesetzes 2002, das 2004 in Kraft getreten ist [1], auferlegt worden [2].

Beim Aufbau und bei der Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsystems an der Medizinischen Universität Wien werden die betroffenen Abteilungen von der Stabsstelle für Evaluation und Qualitätsmanagement unterstützt.

Die Einbeziehung der Universitätsbibliothek in den Zertifizierungsprozess wurde auch im 2012 veröffentlichten Entwicklungsplan der Medizinischen Universität Wien festgehalten, in dem die Zertifizierung gemäß ISO 9001 als eines von acht Entwicklungszielen für die Universitätsbibliothek definiert worden war [3].

Mittlerweile unterzieht sich die Universitätsbibliothek bereits seit sieben Jahren dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess gemäß ISO 9001. Unmittelbar vor der Implementierung des neuen Qualitätsmanagementverfahrens gab es einige Vorbehalte. So komme die ISO 9001 aus der verarbeitenden Industrie und bringe im öffentlichen Sektor wenig Nutzen. Sie weise eine Tendenz zur Bürokratisierung auf und sei im Universitätsbereich wenig bekannt. Darüber hinaus sei es schwierig, Bibliotheksleistungen in geeigneten Kennzahlen abzubilden. Generell bedeute die Nutzung der ISO 9001 einen sehr hohen Aufwand für die betreffende Institution, die sie implementiert, bei einem nur fraglichen Nutzen. Im vorliegenden Beitrag wird untersucht, ob diese Vorbehalte berechtigt waren bzw. ob sie in der Praxis widerlegt werden konnten.


Vorbereitung und Implementierung des Zertifizierungsprozesses

Nach dem Kick-off-Meeting im Dezember 2011 erfolgte zwischen Januar und April 2012 eine besonders arbeitsintensive Phase, in der die bereits in den Vorjahren erstellten kundenrelevanten Prozesse überprüft und aktualisiert sowie in die Prozesslandkarte der Medizinischen Universität Wien eingearbeitet wurden. Zu etablieren waren auch eine regelmäßig zu wiederholende Lieferantenbewertung sowie Instrumente zur regelmäßigen Messung der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit. Um einen effizienten Personaleinsatz nachweisen zu können, sind Organigramm und Arbeitsplatzbeschreibungen aktuell zu halten und auch die laufende Durchführung von Mitarbeitergesprächen ist entsprechend zu dokumentieren. Ein wichtiges Kriterium für ein Qualitätsmanagementsystem ist auch die Festlegung von messbaren Qualitätszielen. An der Universitätsbibliothek wurden diese gemeinsam mit der Universitätsleitung festgelegt. Weiters wurden die neuen Standards der Dokumentenlenkung eingeführt, eine Qualitätsmanagementdatenbank für das Fehler- und Verbesserungsmanagement aufgebaut, das Managementhandbuch vorbereitet und eine Audit-Checkliste erstellt [4], [5].

Im Mai 2012 führte die Stabsstelle Evaluierung und Qualitätsmanagement mit Unterstützung einer externen Beraterfirma das erste interne Audit gemäß ISO 9001 an der Universitätsbibliothek durch. Die Ergebnisse des Audits wurden in einem Auditbericht erfasst, in dem Verbesserungspotentiale und Hinweise aufgelistet wurden; Abweichungen (Majors & Minors) wurden bei diesem Audit, wie auch bei allen folgenden internen und externen Audits, bisher nicht gefunden. Im ersten Jahr wurde das Audit nur an der Hauptbibliothek durchgeführt, die beiden Zweigbibliotheken für Zahnmedizin bzw. für Geschichte der Medizin wurden erst im Folgejahr in das Zertifizierungsverfahren einbezogen. Dies entspricht den Vorgaben der Norm, die eine Zertifizierung auch nur eines Teils einer Institution ermöglicht. Nach der Bearbeitung der Rückmeldungen des internen Auditberichtes erfolgte im Juni 2012 das externe Audit an der Medizinischen Universität Wien, das in diesem Jahr nicht nur an der Studienabteilung, sondern erstmals auch an der Universitätsbibliothek durchgeführt wurde. Das externe Audit gliedert sich in das Stufe-1-Audit, das aus einer Prüfung der erforderlichen Dokumente im Rektorat der Universität besteht, und einem Stufe-2-Audit, das aus einer Vor-Ort-Auditierung der zu zertifizierenden Bereiche – Studienabteilung, Universitätsbibliothek und in den Folgejahren auch Koordinationszentrum für Klinische Studien – besteht. Der Bericht des externen Audits wurde im Herbst 2012 mit dem Vermerk „ohne Abweichungen, ohne Auflagen“ gemeinsam mit der Zertifizierungsurkunde – erstmals auch für die Universitätsbibliothek – übermittelt.

Mit der erstmaligen Zertifizierung konnte zwar der Prozess der Implementierung des Zertifizierungsverfahrens gemäß ISO 9001 erfolgreich abgeschlossen werden, nicht aber die laufende weitere Beschäftigung mit der Norm und ihren Anforderungen. Ziel der Norm ist es, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess anzustoßen und umzusetzen.

Nach dem Muster – Vorbereitungsphase mit Prozesscheck und Überprüfung der eingesetzten Instrumente, internes Audit, externes Audit – erfolgen jährlich Überwachungsaudits und alle drei Jahre ein Re-Zertifizierungsverfahren. Der Zyklus der Zertifizierung gemäß ISO 9001 garantiert, dass Qualitätsmanagement als ständiger Verbesserungsprozess wahrgenommen wird. 2012 wurde die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien erstmals gemäß ISO 9001:2008 zertifiziert [6], 2013 folgte ein Überwachungsaudit unter Einbeziehung der Zweigbibliotheken für Zahnmedizin bzw. Geschichte der Medizin.

2014 unterzog sich die Universitätsbibliothek gemäß dem Rhythmus der Studienabteilung, die 2011 erstmals zertifiziert worden war, der Re-Zertifizierung. 2015 erfolgte das Überwachungsaudit letztmalig gemäß ISO 9001:2008, 2016 erstmals gemäß ISO 9001:2015 [7]. Somit wurde der Umstieg bereits im ersten Jahr der dreijährigen Übergangsfrist erfolgreich realisiert.

2017 erfolgte wiederum die Re-Zertifizierung, der 2018 ein Überwachungsaudit folgte. 2019 steht ein weiteres Überwachungsaudit auf der Agenda, ehe 2020 wiederum eine Phase der Re-Zertifizierung beginnen wird.

Eine Besonderheit des gemeinsamen Zertifizierungsprozesses der Universitätsbibliothek mit zwei weiteren Abteilungen der Medizinischen Universität Wien liegt darin, dass das Audit von allen bestanden werden muss; wenn eine Abteilung scheitert, scheitert das gesamte Verfahren.

In den vergangenen sieben Jahren beinhalteten die Berichte der externen Audits (wie auch der vorangegangenen internen Audits) weder Kritikpunkte der „Nichtkonformität A“ (1. Nichteinhalten einer oder mehrerer Anforderungen der Norm für das Managementsystem oder 2. eine Situation, die erheblichen Zweifel an der Fähigkeit des Managementsystems des Kunden aufwirft, die beabsichtigten Ergebnisse zu erreichen) noch Kritikpunkte der „Nichtkonformität B“ (alle anderen Nichtkonformitäten).

In den Berichten bisher fanden sich ausschließlich folgende Kategorien von Auditnotes: „Verbesserungspotential“ (Gesichtspunkte für eine Optimierung des Managementsystems in Bezug auf die entsprechende Normforderung. Die Umsetzung durch das Unternehmen wird empfohlen), „Positive Aspekte/Good Practice“ (hervorzuhebende positive Aspekte des Managementsystems) und „Anmerkung“ (besondere Umstände und Hinweise zur Verfolgung im nächsten Audit).


Aufwand für das Zertifizierungsverfahren

Der Aufwand für die Implementierung und Weiterführung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses gemäß ISO 9001 ist vor allem personeller Natur. An erster Stelle ist in diesem Zusammenhang die erstmalige Erstellung der Prozessdokumentation zu nennen, die eine sehr große zeitliche Beanspruchung aller Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter mit sich gebracht hat. Die seither jährlich wiederkehrenden Prozesschecks sind in der Regel mit deutlich weniger Aufwand verbunden, wenn nicht beispielsweise gerade eine vollständige Umstellung des Bibliotheksverwaltungssystems ansteht, wie dies an der Universitätsbibliothek im abgelaufenen Jahr der Fall war.

Viel Arbeit brachten auch Entwicklung und Implementierung diverser weiterer Instrumente des Qualitätsmanagements mit sich – beginnend von der Lieferantenbewertung über Kunden- und Mitarbeiterbefragungen, Aktualisierung von Organigramm und Arbeitsplatzbeschreibungen, Festlegung von messbaren Qualitätszielen der Universitätsbibliothek, Einführung neuer Standards der Dokumentenlenkung bis zum Aufbau einer Qualitätsmanagementdatenbank für das Fehler- und Verbesserungsmanagement.

Im ersten Halbjahr 2012, als das Qualitätsmanagementsystem an der Universitätsbibliothek eingeführt wurde, war deren stellvertretende Leiterin (sie ist als Qualitätsmanagementbeauftragte der Universitätsbibliothek mit diesem Aufgabenbereich betraut) fast ausschließlich mit dieser Problematik befasst. Seither hat sich der koordinative Arbeitsaufwand dahingehend reduziert, dass während des Halbjahres der Auditierung zirka 20 Wochenstunden (0,50 FTE) hierfür erforderlich sind, für das zweite Halbjahr zirka 10 Wochenstunden (0,25 FTE). Allerdings ist in diesem Kontext festzuhalten, dass ein Teil dieses zeitlichen Aufwandes auf Aufgabenbereiche wie Prozessdokumentation oder Verbesserungsmanagement entfällt und auch ohne Zertifizierungsprozess zu leisten wäre.

Ein wesentlicher Beitrag für die erfolgreiche Implementierung sowie die laufende Weiterentwicklung des Zertifizierungsprozesses gemäß ISO 9001 an der Medizinischen Universität Wien wurde und wird von der Stabsstelle Evaluierung und Qualitätsmanagement geleistet. Diese ist für die Entwicklung der Prozesse und die Umsetzung der Prozesslandkarte zuständig, für die Aktualisierung des Managementhandbuchs sowie für die Durchführung der internen Audits und die Begleitung des externen Audits. Auch die Vorbereitung des Management-Reviews und die Abstimmung aller Termine im Zertifizierungsprozess sowie die Kommunikation mit dem externen Auditor fällt in ihren Zuständigkeitsbereich [8].


Nutzen des Zertifizierungsverfahrens

Die jährlich erstellten Berichte aus internen und externen Audits bieten wertvolles Feedback, um die Prozesse der Universitätsbibliothek laufend zu optimieren. Damit wird auch die konkrete Umsetzung des grundsätzlichen Bekenntnisses der Universitätsbibliothek zu ständiger Verbesserung und einem kontinuierlichen Qualitätsmanagement regelmäßig überprüft.

Ein wichtiger Vorteil in der laufenden Aktualisierung der Prozesse und der Prozesslandkarte sowie deren regelmäßiger Überprüfung in den Audits liegt darin, dass schnelle, reibungslose und einheitliche Abläufe gewährleistet werden.

Die exakte Darstellung der Prozesse ermöglicht es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere auch Neueinsteigerinnen und Neueinsteigern sowie aus einer Karenz zurückkehrenden Personen, sich rasch in die festgelegten Abläufe einzufinden. Damit wird auch ein systematisches Handeln gewährleistet.

Ein wesentlicher Aspekt der Prozessbeschreibungen liegt auf der Festlegung von Rollen und Verantwortlichkeiten, woraus sich auch verbindliche und transparente Regelungen für den laufenden Bibliotheksbetrieb ergeben.

Die im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens regelmäßig durchzuführenden Kundenbefragungen liefern eine gute Kenntnis über die Kundenanforderungen, über deren Einschätzung der aktuellen Bibliotheksangebote und -services sowie über deren Verbesserungsvorschläge.

Die umfassenden Lieferantenbewertungen, die jährlich durchgeführt werden, tragen dazu bei, ein Bewusstsein für die Qualität der Lieferungen und Leistungen der von der Bibliothek beauftragten Firmen zu entwickeln. Auch wenn etwa im wichtigen Bereich der elektronischen Zeitschriften den Verlagen eine Monopolstellung zukommt und diese sich deshalb keiner Konkurrenz stellen müssen, so ist es hilfreich, auch die Gruppe dieser Lieferanten einer regelmäßigen Bewertung zu unterziehen. Das Wissen um das durchaus unterschiedliche Agieren innerhalb dieser Anbietergruppe ermöglicht es, in zukünftigen Vertragsverhandlungen mit einem konkreten Anbieter Mängel bei dessen Produkten, dessen Preisgestaltung oder dessen Kommunikation anzusprechen. Ein ständiges Monitoring der jeweiligen Geschäftsbeziehungen, wie sie in der Norm ISO 9001 gefordert wird, ist dafür unabdingbar.

Im Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind neben der Prozessdokumentation die laufende Aktualisierung von Organigramm und Arbeitsplatzbeschreibungen sowie die Dokumentation der Durchführung der jährlichen Mitarbeitergespräche wichtige Verbesserungen. Die jährlich wiederkehrenden Audits schaffen den erforderlichen Druck, um auch in arbeitsintensiven Zeiten (wie etwa der Umstellung des Bibliothekssystems) den oben genannten Bereichen die erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen. Dies findet seinen Niederschlag in der Mitarbeiterzufriedenheit, die in regelmäßigen Abständen von der Personalabteilung der Medizinischen Universität Wien erhoben wird. Für den Zertifizierungsprozess werden die für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitätsbibliothek relevanten Teilergebnisse genutzt.

Hilfreich für den aktuellen Betrieb erwies sich auch die Einführung einer Dokumentenlenkung. Seit 2012 sind alle Dokumente und Aufzeichnungen, ausgestattet mit Informationen zu Version, Ersteller, Pfad, Erstellungs- und Druckdatum, am Netzwerkordner der Universitätsbibliothek gemäß der vorgegebenen Teamstruktur abzulegen. Auf diesem werden auch die benötigten Vorlagendokumente bereitgestellt. Die Dokumentenlenkung bietet allen, vor allem aber neuen bzw. aus Karenzzeiten zurückkehrenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. eine wesentliche Vereinfachung beim Auffinden von benötigten Informationen.


Qualitätsziele der Universitätsbibliothek

Ein weiterer wertvoller Impuls im Rahmen der Implementierung des Zertifizierungsverfahrens gemäß ISO 9001 wurde mit der Festlegung von messbaren Qualitätszielen der Universitätsbibliothek gesetzt. Ziel war es, möglichst viele relevante Bereiche der Bibliothek, die quantitativ messbar sind, zu berücksichtigen. Die Kennzahlen wurden unter Orientierung an den Kriterien des mittlerweile nicht mehr fortgeführten Bibliotheksindex (BIX) von der Leitung der Universitätsbibliothek gemeinsam mit der Universitätsleitung festgelegt.

  • KATEGORIE 1: Bedarfsgerechte Literaturversorgung und Erschließung der Medien und Ressourcen
    • Indikator 1.1: „Anteil der Ausgaben für elektronische Medien an den Gesamtausgaben für Medien in %“
  • KATEGORIE 2: Effizienter Einsatz der finanziellen Mittel für E-Ressourcen
    • Indikator 2.1: „E-Book-Nutzung: Downloads pro Student“
    • Indikator 2.2: „E-Journal-Nutzung pro VZÄ Wissenschaftliches Personal“
    • Indikator 2.3: „Ausgaben für elektronische Medien pro Download“
  • KATEGORIE 3: Förderung der Informationskompetenz der Benutzerinnen und Benutzer
    • Indikator 3.1: „Schulungsteilnahmen pro 1000 primäre Nutzerinnen und Nutzer“
  • KATEGORIE 4: Förderung der Mitarbeiterkompetenz
    • Indikator 4.1: „Fortbildungstage pro Mitarbeiter“
  • KATEGORIE 5: Optimierung der Bibliotheks- und Informationsinfrastruktur
    • Indikator 5.1: „Physische Bibliotheksbesuche pro Kopf der primären Nutzergruppe“
    • Indikator 5.2: „Virtuelle Bibliotheksbesuche pro Kopf der primären Nutzergruppe“
  • KATEGORIE 6: Kundenzufriedenheit
    • Indikator 6.1: „Wert laut Benutzerbefragung“

Fehler- und Verbesserungsmanagement

Besonders positiv ausgewirkt hat sich die zu Beginn des Zertifizierungsprozesses entwickelte Qualitätsmanagementdatenbank für das Fehler- und Verbesserungsmanagement. Diese dient der Gewährleistung einer systematischen und strukturierten Bearbeitung von Fehlern, Anregungen und Verbesserungshinweisen. Alle Fehlermeldungen und Verbesserungsvorschläge werden in einer Access-Datenbank eingetragen. In eigenen Feldern erfasst werden eine fortlaufende Nummer, das Datum der Erfassung sowie die Herkunft der Anregung (Benutzerinnen und Benutzer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, internes Audit, externes Audit). Weiters erfasst werden Anlass bzw. Problem, mögliche Verbesserungsvorschläge sowie die nach einer Bewertung durch die Bibliotheksleitung zu verfolgende Lösung und die dafür verantwortlichen Personen, eventuell auch externe Partner. Vermerkt werden auch die für die Umsetzung der Lösung vorgesehene Frist, das konkrete Erledigungsdatum und gegebenenfalls ein Verzögerungsgrund, der Status des Anliegens und ein Kontrolldatum, an dem überprüft wird, ob die gesetzte Maßnahme zur Umsetzung des Anliegens erfolgreich war.

Beim Status der in der Datenbank erfassten Verbesserungsvorschläge wird zwischen „abgeschlossen“ und „offen“ unterschieden, wobei sich letztere in drei Kategorien gliedern:

  • Geprüft, aber nicht weiterverfolgt (keine adäquate Lösungsmöglichkeit)
  • In Arbeit
  • Verzögert (Ursache zumeist Ressourcenmangel)

Von den zwischen Januar 2012 und Dezember 2018 erfassten 342 Einträgen in der Verbesserungsdatenbank wurde 303 positiv erledigt oder insbesondere aus Ressourcenmangel für eine eventuell spätere Umsetzung zurückgestellt, 39 Vorschläge befinden sich derzeit in Umsetzung.

Von der Bibliotheksleitung wurde noch 2012 ein Qualitätsmanagementteam etabliert, dessen Aufgabe es ist, die in der Qualitätsmanagementdatenbank erfassten Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge zu prüfen, Optimierungsvorschläge zu erarbeiten und die Umsetzung von Lösungen beratend zu begleiten. Dem Team gehören neben der stellvertretenden Leiterin fünf weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen der Universitätsbibliothek an.

Ein wesentlicher Vorteil der Qualitätsmanagementdatenbank liegt darin, dass auch interessante Anregungen, die geprüft und aus triftigen Gründen nicht realisiert werden sollen oder können, in der Datenbank – inklusive der Entscheidung zur Nichtumsetzung – erfasst bleiben. Sollte dieselbe Idee zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingebracht werden, so stehen die früheren Informationen zur Verfügung, was eine rasche und ressourcenschonende Neubewertung ermöglicht.

Für die Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen, für die eine Unterstützung durch andere Abteilungen der Universität erforderlich ist, hat sich auch der Hinweis darauf als hilfreich erwiesen, dass das betreffende Anliegen aus der Qualitätsmanagementdatenbank, insbesondere aus den Auditberichten, stammt und somit im nächsten Auditierungszyklus mit großer Wahrscheinlichkeit der Status der Umsetzung des Vorschlags erfragt werden wird.


Externe Hilfestellung und interne Aufmerksamkeit

Ein wichtiger positiver Aspekt des Zertifizierungsverfahrens liegt darin, dass durch die internen und externen Audits systematisch und regelmäßig Hilfestellung von außen geboten wird. Sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stabsstelle Evaluierung und Qualitätsmanagement, die das mehrere Tage dauernde interne Audit durchführen, als auch die externen Auditorinnen und Auditoren liefern in ihren Berichten wertvolles Feedback. Wichtige Anregungen entstehen aber auch aus den informellen Gesprächen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Leitung der Universitätsbibliothek, die manchmal auch erst nach Abschluss des Audits in neue Ideen und Umsetzungsschritte münden.

Zuletzt ist als besonders wichtiger Pluspunkt des Zertifizierungsverfahrens gemäß ISO 9001 anzuführen, dass die Universitätsbibliothek in ihrer Gesamtheit mit all ihren Angeboten und Dienstleistungen (gemeinsam mit den weiteren zu auditierenden Abteilungen) regelmäßig in den Fokus der Universitätsleitung rückt, unabhängig von Budgetplanungsgesprächen oder Terminen zur Umsetzung diverser Einzelprojekte. Die Management-Reviews in Vorbereitung der Auditierungsphase sowie die Abschlussgespräche nach den externen Audits sind jährlich wiederkehrende Termine, bei denen der Rektor und die für die auditierten Abteilungen zuständigen Vizerektorinnen von der Stabsstelle Evaluation und Qualitätsmanagement über den Status der Vorbereitungen und von den externen Auditorinnen und Auditoren, jeweils in Anwesenheit der betroffenen Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter, über den Verlauf des Zertifizierungsverfahrens informiert werden.


Resümee über sieben Jahre Qualitätsmanagementsystem

Nach sieben Jahren Zertifizierungsprozess gemäß ISO 9001 an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien ist festzuhalten, dass sich sämtliche Vorbehalte und Befürchtungen, die vor der Entscheidung für dieses Qualitätsmanagementsystem vorgebracht worden waren, nicht bewahrheitet haben.

Auch wenn die Norm ISO 9001 aus dem Kontext der verarbeitenden Industrie entstanden ist, so ist ihre Anwendung auch im öffentlichen Sektor sehr hilfreich. Sie fordert die Erfüllung von Mindeststandards für die Gestaltung der Abläufe in einem Unternehmen ein, um zu gewährleisten, dass Kundinnen und Kunden die zu erwartende Qualität geboten wird. Die Norm verfolgt das Ziel, Aussagen über Qualität und Zuverlässigkeit von Leistungen und Lieferungen der Organisation treffen zu können, keinesfalls aber steht in ihrem Fokus, Produkte zu zertifizieren. Die Norm fordert nicht, Qualitätsmanagementsysteme einheitlich zu strukturieren oder zu dokumentieren. Vielmehr sind passende Instrumente zu den zentralen Fragen Kundenorientierung, strategische Planung, Prozesssteuerung und kontinuierliche Verbesserung zu entwickeln und anzuwenden. Der große Gestaltungsspielraum bei Auswahl und Adaptierung der eingesetzten Instrumente ist dafür zu nutzen, Gefahren der Bürokratisierung zu vermeiden.

Mittlerweile gibt es einige Hochschulen und Universitäten, insbesondere auch Hochschul- und Universitätsbibliotheken, an denen die ISO 9001 zur Anwendung kommt. Die Medizinische Universität Wien kooperiert eng mit dem Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien – Medizinischer Universitätscampus, das selbst gemäß ISO 9001 zertifiziert ist, sodass ein großer Teil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Medizinischen Universität Wien mit dem Konzept dieser internationalen Norm vertraut ist. Entsprechend positiv sind auch immer wieder deren Rückmeldungen, in denen auch die Überraschung zum Ausdruck kommt, dass sich die Serviceeinrichtungen der Universität und auch die Universitätsbibliothek dem Zertifizierungsverfahren gemäß ISO 9001 erfolgreich stellen.

Dem Einwand, dass es schwierig sei, die Angebote und Leistungen der Bibliothek in geeigneten Kennzahlen abzubilden, ist entgegenzuhalten, dass Bibliotheken diesbezüglich durchaus Startvorteile haben. Viele Prozesse sind durch das eingesetzte Bibliotheksverwaltungsprogramm normiert. An der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien wurde bis 2017 das System Aleph 500 genutzt, seit 2018 wird das System Alma eingesetzt. Weiters beteiligen sich viele Bibliotheken an der Bibliotheksstatistik. Die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien bringt Kennzahlen seit 2008 in die Österreichische Bibliotheksstatistik ein, sodass mittlerweile ein umfangreicher Datenpool vorliegt. Durch die jahrelange Teilnahme am Bibliotheksindex (BIX) besteht an der Universitätsbibliothek, wie an vielen anderen Bibliotheken auch, eine Vertrautheit mit den verschiedenen Aspekten der Leistungsmessung sowie der Problematik der Generierung von Kennzahlen. Viele wissenschaftliche Bibliotheken, wie auch die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, verfügen zudem über eine fundierte Expertise zum Thema Nutzerbefragungen, sodass sich auch hier keine allzu große Hürde auftut.

In der Rückschau auf sieben Jahre Zertifizierungsprozess gemäß ISO 9001 an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien ist festzuhalten, dass mit der Entscheidung für die Nutzung dieses Qualitätsmanagementsystems ein hoher Aufwand verbunden ist, der allerdings durch einen ebenso großen Nutzen gerechtfertigt wird.

Die Befürchtung, dass mit der Einführung der ISO 9001 ein Beharrungseffekt an der Universitätsbibliothek einsetzen werde und nur mehr wenige Innovationen möglich sein würden, hat sich keinesfalls bewahrheitet. Vielmehr wurden viele große Projekte gestartet, die zum Teil durch das aus dem Zertifizierungsprozess gewonnene Wissen besser geplant und gesteuert werden konnten. Dies betraf etwa die vollständige Umstellung des Zeitschriftenbezugs von Print auf e-Only mit Jahreswechsel 2012/13, den Start eines Projektes zum Forschungsdatenmanagement (seit 2014), die Inbetriebnahme des Repositoriums (2016/17), ein Projekt für die Transition von Lizenzverträgen zu Open Access (seit 2017), die Konzeption und Etablierung eines Workflows für e-Hochschulschriften (2017) sowie die Implementierung eines neuen Bibliotheksverwaltungssystems (2018).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Zertifizierungsprozess gemäß ISO 9001 und die Nutzung des darauf aufbauenden Qualitätsmanagementsystems mittlerweile zum Selbstverständnis der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien als eine Einrichtung, die sich um systematische und laufende Qualitätsverbesserung bemüht, fix dazugehört und weder Leitung noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die daraus gewonnenen Vorteile verzichten möchten.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG): Mit Änderungen 2004-2014. Verfügbar unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20002128 External link
2.
Bauer B, Schiller R. Exzellenz und Mittelmaß. In: von Söllner K, Sühl-Stromenger W, Hrsg. Handbuch Hochschulbibliothekssysteme: Leistungsfähige Informationsinfrastrukturen für Wissenschaft und Studium. Berlin/Boston: De Gruyter Saur; 2014. S. 548-60.
3.
Medizinische Universität Wien. Entwicklungsplan der Medizinischen Universität Wien. Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien. 2012 Jul 3;16. Stück(Nr. 19). Verfügbar unter: https://www.meduniwien.ac.at/web/fileadmin/content/serviceeinrichtungen/rechtsabteilung/mitteilungsblaetter_2011-12/mtb_1_st16.pdf External link
4.
Bauer B, Cepicka K, Stowasser-Bloch K. Qualitätsmanagement und Zertifizierung der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien gemäß ISO 9001:2008. Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare. 2013;66(1):118-31.
5.
Bauer B. Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien: Aufwand und Nutzen einer Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 an einer wissenschaftlichen Bibliothek. GMS Med Bibl Inf. 2013;13(3):Doc28. DOI: 10.3205/mbi000292 External link
6.
Österreichisches Normungsinstitut / Komitee Qualitätsmanagementsysteme. Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen (ISO 9001:2008 + Cor. 1:2009). Wien: Österreichisches Normungsinstitut; 2009.
7.
Austrian Standards / Komitee 129 – Qualitätsmanagementsysteme. Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen (ISO 9001:2015). Wien: Austrian Standards; 2015.
8.
Bauer B. Qualitätsmanagement und Zertifizierung: Aufwand und Nutzen am Beispiel der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien. In: Hauke PO, Kaufmann A, Petras V, Hrsg. Bibliothek – Forschung für die Praxis: Festschrift für Konrad Umlauf zum 65. Geburtstag. Berlin: De Gruyter Saur; 2017. S. 305-18.