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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Die neue Hochschulbibliothek für Gesundheitswissenschaften der Hochschule für Gesundheit (hsg) Bochum

The new Academic Health Sciences, Nursing and Therapeutics Library of the Hochschule für Gesundheit (hsg) Bochum

Fachbeitrag

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  • corresponding author Annette Kustos - Hochschulbibliothek, Hochschule für Gesundheit, Bochum, Deutschland External link

GMS Med Bibl Inf 2012;12(3):Doc21

doi: 10.3205/mbi000257, urn:nbn:de:0183-mbi0002577

Published: December 20, 2012

© 2012 Kustos.
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Zusammenfassung

Im Oktober 2009 wurde die Hochschule für Gesundheit – hsg – University of Applied Sciences – als erste staatliche Hochschule für die Themenfelder öffentliche Gesundheitsversorgung, praktische Medizin, Pflege, Therapie in Bochum gegründet. Ein wissenschaftliches Studium der Fächer Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Hebammenkunde soll auf der Grundlage des Prinzips der evidenzbasierten Medizin Gesundheitsversorgung und therapeutische Behandlungen in Krankenhäusern, Praxen und in der häuslichen Betreuung professionalisieren. Somit brauchte es eine Bibliothek, die beides anbietet, gedruckte und elektronische Fachliteratur für den Lehrbedarf wie spezielle Forschungsquellen z.B. Forschungsdatenbanken oder -zeitschriften. Vorübergehend untergebracht in nur drei Räumen, begann die Bibliothek zunächst damit, neben einer Grundversorgung mit gedruckter Literatur die elektronische Literaturversorgung innerhalb einer E-Learning-Umgebung aufzubauen. Parallel wurde ein grundlegendes Konzept zu Funktionen und Services als „Bibliotheksentwicklungsplan“ schriftlich fixiert, um sicherzustellen, dass es neben der notwendigen Improvisation im Dienstleistungsalltag, einen strategischen roten Faden gibt. Die gesundheitswissenschaftliche Themenstellung war in ihrer Kombinatorik für die Bibliotheksleitung im Hinblick auf eine Gestaltung eines hochwertigen, fach- und nutzungsorientierten Bestandes Neuland. Es gibt keine genau passenden Auswertungen oder Modelle bereits existierender Einrichtungen, die man hätte verwenden können. Nach einer Testphase würden jedoch durch Nutzerdaten und Beobachtung der Entwicklungen in den Fachgebieten und des Informationsmarktes Daten für die Bildung eines „Kanons“ vorhanden sein. Im Jahr 2014 wird die Bibliothek einer der Angelpunkte auf dem Gesundheitscampus Bochum, auf den neben der Hochschule auch kooperierende Forschungsinstitute, Behörden etc. des Gesundheitswesens ziehen. Vordringliches Arbeitsthema ist daher die Gestaltung der neuen Bibliotheksfläche im 2. Obergeschoss eines Neubaus samt der damit verbundenen Themen Geschäftsgänge, Ausleihe mit RFID, Systematik und Bestandsaufstellung, Lernbereiche und Nutzerarbeitsplätze, Barrierefreiheit etc.

Schlüsselwörter: Gesundheitswissenschaften, Therapie, Assistenzmedizin, Pflege, evidenzbasierte Medizin, praktische Medizin, Medizinbibliothek, Bibliothekskonzept, Medienkonzept, Bibliotheksbau, Bibliotheksgründung, wissenschaftliche Spezialbibliothek, Forschungsbibliothek, Bibliotheksentwicklungsplan, E-Learning, RFID, elektronische Medien, Zeitschriften, E-Books, Erwerbung, Geschäftsgang, Systematik, Hochschule für Gesundheit, hsg, Gesundheitscampus Bochum

Abstract

October 2009 the first state-funded University of Applied Sciences referring the fields public health, therapeutics and occupational medicine, the “Hochschule für Gesundheit hsg”, was founded in the City of Bochum, North Rhine-Westfalia. The study of health care/nursing, physical therapy, ergotherapy, logopedics and midwifery puts emphasis on an academic training for improving healthcare and therapeutics in German hospitals, medical offices and home care. Therefore a library had to be established which offers both practical text and specialist books and electronic resources and research material such as special research databases and journals. Temporarily located in only three rooms the library started setting up these electronic services within an e-learning environment and providing students and teachers with the important print material. The library also developed an integrated concept of functions and services, a “library development plan”, to ensure that a strategic process for elaborating the services is initialized in addition to the daily performance of improvisation skills. As to the establishment of a high level subject and usage related collection, media concept etc. the librarian in this new combined field of health and therapeutics finds himself in an unknown territory. There are no completely fitting statistics or models of other libraries to lean on. But by evaluating the usage of the offered media and services and observing developments in health sciences and its information market within a testing period the “canon” will be identified.

In 2014 the library will be one of the main attractions on the “Health Campus Bochum” where the university and cooperating health research institutes, health administration and health care companies will be situated. Therefore the new library area in the second floor of a new building has to be planned involving the topics library workflows, circulation by RFID, shelving, systematic order, learning areas with user seats, accessibility for handicapped people etc.

Keywords: health sciences, therapeutics, nursing, evidence based medicine, occupational medicine, health library concept, health media concept, library building, library founding, academic health library, health research library, library development plan, e-learning, RFID, electronic resources, journals, e-books, acquisition, library workflows, systematic order, Health Campus Bochum


Die neue Hochschulbibliothek für Gesundheitswissenschaften der Hochschule für Gesundheit (hsg) Bochum

Die Hochschule für Gesundheit Bochum – hsg – wurde im Oktober 2009 als erste staatliche „University of Applied Sciences“ für den Bereich der therapeutisch-pflegerischen Gesundheitsberufe gegründet. Ziel ist, eine akademisch ausgebildete Gruppe von Berufstätigen heranzuziehen, die nach dem Prinzip der „evidenzbasierten Medizin“ forschungsbezogen in Kliniken und Praxen arbeiten. Im Hinblick auf die erhöhten Anforderungen an die Gesundheitsversorgung soll auch im Pflegeheim, im Kreissaal oder in einer therapeutischen Praxis wissenschaftliche Kompetenz verortet sein. Dahinter steckt die Vorstellung eines geschichteten Systems beruflicher Qualifikation für eine patientenorientierte Arbeit im Team wie dies z.B. in den Niederlanden praktiziert wird. Die Lehre ist interprofessionell ausgerichtet und soll hohen Praxisbezug aufweisen. Zunächst handelt es sich um Bachelorstudiengänge für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Pflege und Hebammenwissenschaft mit dem Ausbauziel von 1300 Studierenden. Demographische Veränderungen durch Zunahme an älteren Menschen, Multimorbidität, Bedarf an spezialisierter Pflege und Therapien bei Krankheiten wie Demenz, Krebs etc. oder an Schmerz- und Palliativmedizin, an wohnungsnaher ambulanter Versorgung bei Rückgang von klinischen Behandlungsformen bedürfen neuer wissenschaftlicher Expertisen. Dem will die Hochschule mit weitergefassten kompetenzorientierten Bachelor- und Masterstudiengängen im Bereich Public Health begegnen. Derzeit ist der dritte Studierendenjahrgang im Hause. Die Hochschule ist in einem Übergangsgebäude an der Universitätsstraße in Bochum untergebracht, wird aber im Jahre 2014 als Mittelpunkt auf den neu errichteten „Gesundheitscampus Bochum“ (Abbildung 1 [Abb. 1]) ziehen. Zum „Gesundheitscampus“ gehören auch Forschungsinstitute und Gesundheitsbehörden, z.B. das Epidemiologische Krebsregister NRW, das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung Nordrhein-Westfalen, das Landeszentrum für Gesundheit Nordrhein-Westfalen, das Europäische Proteinforschungsinstitut PURE, das Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen u.a.

Daraus ergibt sich für die Bibliothek, die derzeit in drei Räumen mit einem Fassungsvermögen von ca. 7.000 Bänden recht beengt untergebracht ist, eine aktuell schwierige Situation, mit dem sofortigen Bedarf der Hochschule an Medien umzugehen und eine weite Perspektive für ihre Rolle ab 2014. Neben den Hochschulangehörigen werden dann auch obengenannte Gruppen Primärnutzer und eine interessierte Öffentlichkeit aus der näheren Umgebung und dem Kontext Gesundheit tritt als Sekundärnutzer auf.

Einer vollkommen neuen Bibliothek fehlt dem Grunde nach jegliche Logistik wie sie in anderen Einrichtungen selbstverständlich über Jahre gewachsen ist. Die Antwort auf die Frage, womit man hier beginnt, war aber bereits von der Raumsituation vorgegeben: hier konnten nur erste wichtige gedruckte Fachtitel aufgestellt werden. Durch ein einfaches, selbstgestricktes Verzeichnungs- und Ausleihsystem musste schnellstmöglich der Leihschein verschwinden. Unser Übergangs-„Lokalsystem“ läuft auf der Basis eines Python/Django-Frameworks mit SQL-Datenbank auf virtuellen Servern und Solr-Suchmaschine, holt sich die Titeldaten aus dem Worldcat, die Nutzerdaten von der Hochschule, hat Ausleihclient, Mini-Web-OPAC mit Benutzerkonto, Erwerbungsworkflow und Statistiken und das genügt auch erst einmal. Leider ist man damit aber im Verbund nicht so „kompatibel“ und der Support ist unsicher, sobald unser hochbegabter Programmierer unser Haus verließe. Bis 2014 möchten wir die Chance nutzen, uns unter dem Aspekt der Diskussion über „Discovery“ und der Beobachtung des Anbieterverhaltens bzgl. der jetzigen geschlossenen Systeme den Markt genau anzusehen. Derzeit führen wir aufgrund eines wachsenden Leistungskataloges Gespräche. Natürlich müssen wir vor dem Umzug auf den Campus aber einen Zug nehmen.

Vorrangig ging es in der Anfangsphase jedoch sinnvollerweise um den Aufbau der elektronischen Literaturversorgung. Es wurden daher in den ersten Monaten nach Besetzung der Leitung die Lizenz- und Angebotsstrukturen für Datenbanken, elektronische Zeitschriften und E-Books initialisiert, vom Vertrag bis zur Rechnung und mit Vorausschau auf fachliche Repräsentanz und Relevanz, Etatbildung und Mittelbindung. Dabei sind der Bibliothek „interessante“ Lizenzbedingungen und Absatzstrategien der Anbieter begegnet sowie eine recht unterschiedliche Vorbereitung von Verlagen auf die digitale Welt. Den Erwerbern unter uns ist bekannt, was diese Aufgaben im laufendenden Jahresgeschäft ohnehin bedeuten. Als völliger Neuaufbau samt dv-technisch umzusetzender Zugänge, Verlinkung zwischen den Systemen inklusive Umsetzung in EZB und DBIS war dies ein ziemlich anstrengendes Multitasking im Kontext Fachreferat, Bibliotheksverwaltung und Erwerbungsleitung inklusive der auch technischen Ausprägung in die Benutzung. Derzeit sitzt das Webangebot der Bibliothek aufgrund der Vorteile über einen bereits existierenden, einfachen Zugriff für alle Studierenden und Lehrenden über IP im E-Learning-System Moodle. Es gibt dort den Katalog, ein E-Book-Portal, Datenbanken über DBIS, elektronische Zeitschriften über die EZB sowie Servicehinweise, Dokumentlieferung und Schulungsangebote. Über Moodle konnten wir auch zunächst die Dienste vor Externen abschirmen, deren Versorgung wir für einige Zeit einfach noch nicht stemmen können. Die Einbettung in die E-Learning-Umgebung ist aber auch Teil eines didaktischen und versorgungsstrategischen Ziels: die Nähe zur Lehre. Mit dem HBZ Köln ist geplant, eine Site zu entwickeln, die einerseits einen „Einschlitz-“Zugriff auf die verteilten Dokumente zulässt, vielleicht unter Einsatz einer Discovery, andererseits Zugriffe auf spezielle Fachsammlungen ermöglicht. Vielleicht gelingt es, diese Site dann in Moodle einzubetten, während sie gleichzeitig für andere Gruppen über einen anderen Weg zugänglich ist.

Die Bibliothek hat parallel eine strategische Planung in Form eines Bibliotheksentwicklungsplans vorgelegt. Dort sind Ziele, Angebote, Sachstand und Entwicklungschancen, aber auch Umgebungsvariablen genannt, unter denen sie wachsen oder scheitern können. Eine solche Grundlegung hilft Kommunikationsprozesse zu gestalten, Dokumentation sicherzustellen und Risiken zu verteilen und es verhindert auch, dass man nur improvisiert, weil es die Situation erfordert aber dabei vielleicht langfristige Folgen außer Acht lässt. Der Bibliotheksentwicklungsplan wird in der Bibliothekskommission und vom Präsidium begleitet.

Nach einem kleinen Personalaufwuchs hat unsere „3RaumBiblioth@ek“ nun 3,5 Stellen. Organisatorisch sind drei Grundeinheiten festgelegt worden „Leitung“ (Planung, Erwerbungsleitung, Bibliotheksbau), „Lokale Services, Medienmanagement“ (Erwerbung, Katalogisierung, Ausleihe, Information, Bestandspflege) sowie „Forschungs-, Blended-Learning-Services“ (E-Ressourcen, Portal, E-Learning, Schulungen). Zwei „Famis“, eine Diplombibliothekarin und ich (fachlicher Magister, sowie M.A. LIS der Humboldt Universität Berlin) bearbeiten die etwas größeren Themenkomplexe flexibel. Hier muss viel Freiraum gelassen und auf fachliche Qualifikation vertraut werden, auch Fehler dürfen passieren.

Das Bestands- und Versorgungskonzept orientiert sich an einer Gebrauchsbibliothek für Lehre und Studium im Sinne einer klassischen Hochschulbibliothek, aber auch an einer Spezialbibliothek für die Gesundheitswissenschaften, womit sich auch aufgrund des forschungsbasierten Lehrkonzepts ein höherer Anteil an Forschungsliteratur ergibt. Dadurch konnte auch das Angebot an internationalen elektronischen Zeitschriften, z.B. Titel wie „Journal of Psycholinguistic Research“, und an spezielleren Datenbanken, z.B. Embase, Cochrane, CINAHL, gerechtfertigt werden. Zeitschriften werden außer einigen deutschen „Browsingtiteln“ der Fachcommunity wie z.B. „Der Physiotherapeut“ ausschließlich elektronisch angeboten. Hier konnten neben Einzellizenzen für Kerntitel durch konsortiale oder DFG-geförderte Erwerbung gesundheitswissenschaftliche Zeitschriftenpakete als Surroundings akquiriert werden.

Eigentlich wollte ich anfänglich im Bereich der Volltextversorgung nur wenige Zeitschriften anbieten und dann viel über Dokumentlieferung abdecken, was als Sofortversorgung über unseren Dokumentlieferdienst „Bestellfix“ über Subito und die Zentralbibliothek für Medizin sehr gut lief. Sehr gut sein sollte jedoch das Angebot an Fachdatenbanken, wovon ich mir versprach, dass die Studierenden durch die Arbeit damit Fachbegriffe und -quellen sowie Suchstrategien systematisch kennen lernen. Nebenher hat dieses anfänglich größere Angebot auch das Ziel, den Nutzer zu erforschen, den man als Bibliothek auf einem neuen Feld ja noch nicht kennt. Es würde sich in einem Zeitraum von 2–3 Jahren zeigen, welche Systeme unbedingt zum Kanon gehören. Da eine genaue Budgetierung noch nicht vorliegt, können Nutzungsdaten und die Erfahrung mit der Lehrorganisation und der wissenschaftlichen Ausprägung der Hochschule wichtige Daten für die Bemessung von Etatgrößen liefern, womit solche nicht allein an der Zahl von Studierenden etc. möglicherweise von fremder Seite zu früh festgeschrieben würden.

Das Durchklicken zum Volltext hielt ich jedenfalls nicht für kompetenzbildend. Doch die Vorteile schneller Verfügbarkeit durch den elektronischen Volltext wollten viele Wissenschaftler/innen nicht missen. Es hat in den letzten Jahren eine Gewöhnung an Sofortversorgung durch Volltexte stattgefunden. Der elektronische Artikel auf dem Bildschirm erfüllt schneller einen punktuellen Bedarf, und kann sofort im Literaturverwaltungssystem abgespeichert werden. Bestandspolitik muss auch auf Nutzungsformen nicht nur auf tatsächliche Zugriffe auf Titel XY achten. Nachdem Dokumentlieferwünsche über unseren „Bestellfix“ abnahmen, weil die Volltexte gefunden wurden, war auch klar, dass das Rad der Volltextversorgung sich nicht nur nicht zurückdrehen lässt, sondern auch eine erfolgreiche Bestandsvermittlung vorliegt. Damit kann man sehr zufrieden sein.

Neben Büchern, elektronischen Medien etc. tauchen im Lehrkontext der Hochschule auch Lehr- und Lernobjekte auf, die möglicherweise von der Bibliothek verwaltet werden sollen. Neben hier noch klassisch zu nennenden Filmen sind auch Forschungskoffer, Lehrtafeln, Tests, Spiele, kleinere Trainingsgeräte, logopädische Aufzeichnungsgeräte, anatomische Modelle u. a. vorzufinden und müssen eventuell wie dies „Medienstellen“ bereitstellen über die Bibliothekslogistik laufen.

Insgesamt umfasst das von der Hochschule für Gesundheit fokussierte Fachspektrum medizinische, therapeutische, psychologische, soziale, ethische und gesundheitspolitische Fragestellungen. Die Fachliteratur umfasst spezielle Titel zu einzelnen Therapien genauso wie Literatur aus Public Health und medizinischen Grundlagenfächern wie Anatomie, Neurologie, Gynäkologie, HNO o. a. sowie methodische Literatur für Diagnostik, Therapie, Didaktik, Evaluation, Kommunikation, wissenschaftliches Arbeiten, Statistik und Forschung. Die Lehrenden hatten vor Besetzung der Leitungsposition in der Bibliothek eine eigene Systematik für die bis dahin angeschafften Werke entworfen. Diese war inhaltlich äußerst interessant, umfasste sie doch auch einen speziellen Aufstellungsbereich namens „IPE – Interprofessional Education“. Darin sollten Werke über Gesundheitsversorgung allgemein, die methodische sowie die Literatur zu den Grundlagenfächern der Medizin zusammen aufgestellt werden. Unter dem Fokus „Gesundheit“ werden in der Tat diese Quellen durch alle Einzelfächer im Querschnitt benutzt. IPE ist auch ein Teil des Curriculums, in dem interprofessionelles und methodisches Wissen für alle Einzelfächer vermittelt wird. Für ein solches Konzept gab es keine Entsprechung durch bereits bestehende internationale Systematiken. Der Entwurf der Lehrenden entsprach jedoch nicht bibliothekarischen Grundsätzen wie klarer ausgeglichener Umfang von Klassen, eindeutige systematische Untergliederung, Erweiterbarkeit etc. Insbesondere die Codierung war problematisch, da z.B. Lexika durch sie recht zufällig neben speziellen Monographien gestanden hätten. Daher ist die Vorarbeit in einen neuen Entwurf mit aufgenommen worden, der aber zumindest in Konkordanz einem internationalen Standard, z.B. der Systematik der National Library of Medicine, NLM, zugeordnet werden soll.

Mit dem Neubau, der 2014 fertig ist, wird die Bibliothek neben der Bestandsaufstellung vor allem Nutzungsszenarien für das einzelne und kommunikative Lernen in Form von offenen und geschlossenen Gruppenarbeitsräumen, einer Silent Area zum Lernen sowie für Präsentationsveranstaltungen ermöglichen. Neben einem Informationsbestand mit Material über Gesundheitsberufe, dem „Career Center“, wird der übergreifende Bereich des IPE mit einem eigenen Aufstellungsbereich betont. Es folgen die Fächer innerhalb so genannter „Bib-Labs“, die den Skill-Labs, den Lehrräumen der Studiengänge, nachempfunden sind. Die räumliche Gestaltungsidee lautet „Laborbibliothek“. Bibliotheks- und museumsgeschichtlich Interessierte bemerken vielleicht, dass sich hier die Forschungsbibliothek des 18. Jahrhunderts wiederfindet, in die technische Geräte, „Automaten“ eindrangen und in der das Experimentieren umgeben von Büchern und Objekten als Ideal galt. Da wir nach diesem Konzept nur ca. 40.000 Medieneinheiten unterbringen können, müssen von Anfang an Aktualisierung und Aussonderung, elektronische Literaturversorgung und nur spezialisierte Archivierung im Fokus sein.

Aus Nutzungsszenarien wie Beschaffen/Nutzen von Quellen (Ausleihen, Vormerken, Kopieren, Scannen, Downloaden, Bestellen), Updaten/Browsen/Nachschlagen, Recherchieren, Literaturverwaltung, Lesen/Lernen, Diskutieren/Kommunizieren, Ausstellen/Vortragen, Publizieren, Schulungen Besuchen etc. sind Grund- und Aufbauservices definiert, die nach und nach eingeführt werden und auch die technisch-ort-zeitliche Dimension berücksichtigen sollen: man nutzt lokal, remote oder mobil.

Zum Grundservice gehören selbstverständlich Präsenznutzung während der Öffnungszeiten, in den „Lernwelten“ (zur Bibliothek gehörende, aber separat liegende Bereiche) außerhalb der Öffnungszeiten, Angebot und Erschließung an gedruckter und elektronischer Fachliteratur über Orientierungssystem (Discovery) und Fachsammlungen (Datenbanken), Literaturverwaltung, Ausleih- und Benutzerkontoservice, Selbstverbuchung, Dokumentlieferung, Gruppen- und Einzellernszenarien, Informationskompetenzangebote, Zugang über Bibliotheksportal in der E-Learning-Umgebung u. a. Als Aufbauservice sind deklariert Forschungsliteratur, Fachinformation, Einrichtung von Präsenz- und E-Semesterapparaten, Lehrmittelbeschaffung, Aufbau eines Publikationsservers in Kooperation, Publikationsberatung, Aufbau einer Schriftenreihe.

Recht früh trat der Wunsch nach Vermittlung der Angebote auf: „Wie finde ich Volltexte?“; „Wie funktioniert die Datenbank?“. Wir hatten keine Probleme, eine Einführungsveranstaltung für den dritten Jahrgang von Studierenden in das Curriculum zu setzen. Auch Literaturverwaltungs- und spezielle Datenbankschulungen sind vorgesehen.

Fortlaufend sind Geschäftsgänge, die Einführung von RFID, eine Benutzungsordnung, ein Publikationsserver in Kooperation mit einem Partner aus der Welt der Medizinbibliotheken Thema. Früh auf die Möglichkeiten des Publizierens (z.B. grüner Weg, Open Access), die Sichtbarkeit der Arbeit der Hochschule für Gesundheit in der Fachcommunity aufmerksam zu machen, ist natürlich ein wichtiges Anliegen. Aber wir „wachsen“ ja erst. Man kann den Apfel nicht ohne Baum pflücken.

Insgesamt versteht sich die Bibliothek der Hochschule für Gesundheit als Lern- und Wissenschaftsraum für die Gesundheitswissenschaften auf dem Gesundheitscampus Bochum.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.