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Behandlungsoptionen und Outcome bei verzögerter Behandlung von Harnröhrenverletzungen bei Schwerstverletzten
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Published: | March 1, 2022 |
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Einleitung: Urologische Begleitverletzungen (BV) bei Polytraumen sind mit 5-10% selten, bei Beckenringfrakturen liegt die Häufigkeit bei ca. 20%. Nierenverletzungen sind die mit Abstand häufigsten BV, für die übrigen urologischen Organe fehlt auf Grund der geringen Fallzahl eine Therapieempfehlung mit höherer Evidenz.
Methode: Es wurde eine Pubmed-Recherche zum Outcome einer verzögerten gegenüber einer frühzeitigen Behandlung einer Harnröhrenverletzung (HV) beim Schwerstverletzten vorgenommen sowie eine Studie aus dem Traumaregister DGU® mit urologischen BV und einem Injury Severety Score ≥16 im Zeitraum von 2009 bis 2016 betrachtet. Für den Behandlungsablauf der HV wurden die EAU-, AUA- und die S3-Leitline Polytrauma zu Grunde gelegt.
Ergebnisse: Die Inzidenz einer urethralen BV liegt bei <1%. Meistens sind die Patienten männlich, die hintere Harnröhre ist betroffen und es liegt eine Beckenringfraktur vor, während eine simultane Verletzung des oberen Harntraktes mit ebenfalls <1% selten ist.
Laut S3-Leitlinie Polytrauma sollte eine suprapubische Katheterversorgung (KV) erfolgen und nur dann eine sofortige offene Korrektur durchgeführt werden, wenn das Abdomen zur Versorgung abdomineller Organverletzungen eröffnet wird. Die transurethrale KV stellt generell eine „Kann“-Option dar. Für den posttraumatischen Verlauf steht eine Reduzierung der Striktur-, Impotenz- und Inkontinenzrate im Vordergrund. Die Vorteile einer primären endoskopischen Adaptierung oder suprapubischen KV mit zeitnaher Rekonstruktion innerhalb von 2 Wochen sind laut EAU-Leitlinie eine reduzierte Strikturrate (ca. 35%) und eine technisch besser durchführbare sekundäre Versorgung nach 3 Monaten. Die AUA-Leitlinie sieht eine primäre Behandlung nur für hämodynamisch stabile Patienten vor. Ob eine frühe Behandlung zu einer niedrigeren Strikturrate oder ein primär offenes Vorgehen ein erhöhtes Impotenz- und Inkontinenzrisiko birgt, wird kontrovers beschrieben. Blasenhalsnahe Verletzungen und Harnröhrendisruptionen >1,5cm sind mit einem schlechteren Outcome assoziiert.
Schlussfolgerung: Bei unzureichender Datenlage zur Versorgung von HV beim Schwerstverletzten und nicht erwiesenem Benefit einer sofortigen Behandlung sind weitere Studien und eine höhere Fallzahl zur Festlegung eines evidenzbasierten Behandlungsablaufes nötig. Eine frühzeitige Adaptierung scheint vorteilhaft zu sein und mit endoskopischen Verfahren steht ein Kontinenz- und Potenzschonendes Verfahren zur Verfügung.