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5. Community Health Konferenz

24.11. - 25.11.2022, Bochum

Wissenschaftliche Exploration von Komplexität: Ethnographische Versorgungsforschung im Geflüchtetenkontext – Potentiale und Herausforderungen

Meeting Abstract

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  • author presenting/speaker Sandra Ziegler - Sektion Health Equity Studies & Migration, Universitätsklinikum Heidelberg
  • corresponding author Kayvan Bozorgmehr - Sektion Health Equity Studies & Migration, Universitätsklinikum Heidelberg; AG Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld

Hochschule für Gesundheit. 5. Community Health Konferenz. Bochum, 24.-25.11.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22chk36

doi: 10.3205/22chk36, urn:nbn:de:0183-22chk363

Published: November 23, 2022

© 2022 Ziegler et al.
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Versorgungsforschung ist multidisziplinär, sie bedient sich einer Pluralität von Forschungsmethoden. Diese waren lange Zeit, auch aufgrund der Medizin als wichtiger Referenzdisziplin, eher quantitativ ausgerichtet. Mittlerweile haben sich auch qualitative Paradigma durchgesetzt und an Ansehen gewonnen. Hier sind vor allem Interviewstudien anzutreffen, andere qualitative Methoden – wie die teilnehmende Beobachtung – werden bisher eher zögerlich aufgegriffen.

Im Rahmen von Forschung zur Gesundheit und Gesundheitsversorgung Geflüchteter bieten sich jedoch ethnographische Erhebungsmethoden an, welche auch Beobachtungsformen einschließen. Die Settings in denen Geflüchtete in Deutschland leben und in denen ihre Gesundheitsversorgung stattfindet sind heterogen. Ihre Versorgung ist in komplexe politische, institutionelle und organisationale Strukturen eingebettet, welche lokal variieren. Die Versorgung ist zudem abhängig von professionellen, sozialen und interaktionalen Faktoren. Ein ethnographischer Zugang ermöglicht es solche komplexen Wirkungsgeflechte, in denen sich Mikro-, Meso- und Makroebene durchdringen, zu explorieren.

Am Beispiel einer Fallstudie sollen die Beschaffenheit und die Potentiale eines ethnographischen Feldzuganges herausgearbeitet werden, welcher sich multipler Methoden bedient, um seinen Gegenstand möglichst umfassend zu erfassen. Im Rahmen der Studie wurden die Wirkungen von rechtlichen Einschränkungen der Gesundheitsversorgung Geflüchteter auf die Versorgungspraxis exploriert. Es konnte eruiert werden, wie Gesetze verstanden und umgesetzt werden, wie Priorisierungsentscheidungen bezüglich von Gesundheitsleistungen konkret getroffen werden, d.h. welche Akteure beteiligt sind, welche Kriterien sie anwenden und wie die entsprechenden Prozesse gestaltet sind. Es wurden Patientenfälle gesammelt und analysiert, um die Erfolgsquote von Anfragen zur Kostenübernahme medizinischer Leistungen abzubilden. Zudem wurde herausgearbeitet, wie Versorgende und Patienten mit der Einschränkung ihrer Behandlungsmöglichkeiten konkret umgehen.

Im Rahmen des Beitrags werden die Einsatzmöglichkeiten und Stärken der Beobachtung als Forschungsmethode herausgearbeitet und die mit ihrer Durchführung verbundenen Herausforderungen reflektiert. Es gilt zudem die Bedeutung und Umsetzbarkeit eines Versorgungsforschungsansatzes zu diskutieren, welcher sich nicht nur vom eigenen wissenschaftlichen Interesse, sondern von den Relevanzen der Beforschten leiten lässt.