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Einschätzung digitaler Kompetenzen bezüglich gesundheitsrelevanter Themen in Zeiten der Corona-Pandemie: Untersuchung der Verteilung nach soziodemographischen Merkmalen
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Published: | September 24, 2021 |
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Einleitung: Bedingt durch die Corona-Pandemie hat die Nutzung und der Umgang mit digitalen Medien zugenommen. Insbesondere in digitalen Zeiten müssen infektionsrelevante Informationen gut gesteuert und deren Verlässlichkeit sichergestellt sein. Neben der Gesundheitskompetenz werden somit auch digitale Kompetenzen von Personen benötigt, d.h. spezifische Fähigkeiten, um sich in der digitalen Welt sicher bewegen und Gesundheitsinformationen nutzen zu können [1]. Die Analyse beschäftigt sich mit der Frage, wie digitale Kompetenzen bezüglich gesundheitsrelevanter Themen in Zeiten der COVID-19 Pandemie anhand von soziodemographischen Merkmalen verteilt sind.
Methodik: Es wurde eine onlinebasierte Primärdatenerhebung zwischen dem 29. April und dem 8. Mai 2020 in der deutschen Bevölkerung durchgeführt. Die Daten sind in Bezug auf Alter, Geschlecht und Bundesland (ungekreuzt) repräsentativ für die deutsche Bevölkerung. Die Ergebnisse wurden deskriptiv ausgewertet und signifikante Unterschiede mit dem Mann-Whitney U-Test und dem Kruskal-Wallis-Test untersucht.
Die digitale Kompetenz wurde anhand eines Summenscores aus 11 Items gebildet. Die hierzu entwickelte Skala DIGCOM ist noch nicht validiert, weist aber eine gute Reliabilität auf (Cronbachs Alpha=0,887). Die Skala orientiert sich an dem im DigComp 2.1 [2] benannten Kompetenzen und wurde erweitert auf den Anwendungsbereich der Gesundheitsinformationen. Hierzu wurde Bezug auf die Skala eHEALS [3] und das Modell von Noorgaard et al. [1] genommen. Die Kategorisierung der Bildungsgruppen erfolgte nach der CASMIN Klassifikation [4], [5]. Der subjektive Sozialstatus wurde anhand einer 10-stufigen Sprossenleiter abgefragt, auf denen sich die befragten Personen entsprechend ihres Sozialstatus einschätzen sollten (MacArthur SSS Scale) [6].
Ergebnisse: Deutschlandweit nahmen 1570 Personen, darunter 785 (50 %) Frauen und 785 (50%) Männer, im Alter von 18-74 Jahren (MW = 46,08 Jahre) an der Befragung teil.
Die Betrachtung der Mittelwerte zur digitalen Kompetenz ergab, dass die Werte zwischen 41,8 und 45,8 im oberen Bereich liegen. In Bezug auf das Alter und den Migrationshintergrund ergaben sich bei der Selbsteinschätzung der digitalen Kompetenzen keine signifikanten Unterschiede. Wohingegen sich in Bezug auf das Geschlecht, der Bildung und dem subjektiven Sozialstatus signifikante Unterschiede ergaben. Hierbei gaben Männer (MW 44,0) (vs. Frauen; MW 43,2), Personen aus der höheren Bildungsgruppe (MW 45,8) (vs. mittlere Bildungsgruppe; MW 43,9; niedrige Bildungsgruppe; MW 41,8) sowie Personen mit einem hohen Sozialstatus an (MW 44,9) (vs. mittlerer subjektiver Sozialstatus; MW 43,2; niedriger subjektiver Sozialtstatus; MW 42,5) an, deutlich mehr digitale Kompetenzen zu haben.
Diskussion: Eine Validierung der neu entwickelte Skala DIGCOM zur Erfassung der digitalen Kompetenzen steht noch aus. Die Ergebnisse aus dieser Analyse zeigen dennoch, dass das weibliche Geschlecht, niedrigere Bildungsgruppen sowie Personen aus den niedrigeren subjektiven Sozialstatusgruppen benachteiligt sind in Bezug auf die digitale Kompetenzverteilung. Ähnlich wie bei der allgemeinen Gesundheitskompetenz deuten sich ähnliche vulnerable Gruppen an [7]. Die allgemein guten Werte der Selbsteinschätzung der digitalen Kompetenz könnten teilweise mit dem Vorwissen der befragten Personengruppe des Onlinesurveys zusammenhängen, welche bereits als digital versiert angesehen werden kann.
Schlussfolgerung: Es deutet sich an, dass die soziale Ungleichheit sich auch in einer digitalen Spaltung ausdrückt. Weitere Analysen sind durchzuführen, um die Ursachen hierfür weiter zu untersuchen. Das heißt z. B., ob die unterschiedliche Verteilung der digitalen Kompetenzen bedingt ist, durch unterschiedliche strukturelle und ressourcenbedingte Zugangsmöglichkeiten oder durch interpersonelle Unterschiede in den Fähigkeiten.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
Literatur
- 1.
- Norgaard O, Furstrand D, Klokker L, Karnoe A, Batterham R, Kayser L, Osborne RH. The e-health literacy framework: The e-health literacy framework: a conceptual framework for characterizing e-health users and their interaction with e-health systems. Knowledge Management E-Learning. 2015;7(4):522-540.
- 2.
- Carretero S, Vuorikari R, Punie Y. DigComp 2.1: The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. EUR 28558 EN. 2017. DOI: 10.2760/3884
- 3.
- Norman CD, Skinner HA. eHeals: the eHealth literacy scale. J Med Internet Res. 2006;8(4):e27. DOI: 10.2196/jmir.8.4.e27
- 4.
- Lechert Y, Schroedter JH, Lüttinger P. Die Umsetzung der Bildungsklassifikation CASMIN für die Volkszählung 1970, die Mikrozensus-Zusatzerhebung 1971 und die Mikrozensen 1976-2004. Mannheim; 2006. Available from: https://www.gesis.org/fileadmin/upload/forschung/publikationen/gesis_reihen/gesis_methodenberichte/2006/06_12_lechert.pdf
- 5.
- Kohler M, Schmich P, Winkelhage O, Jentsch F. Studienkonzeption, Durchführung und Datensatzbeschreibung - 1. Fassung. Der Telefonische Gesundheitssurvey. 2006. Available from: https://www.who.int/fctc/reporting/Annex3_Telephone_Health_Survey_2006.pdf
- 6.
- Adler NE, Epel ES, Castellazzo G, Ickovics JR. Relationship of subjective and objective social status with psychological and physiological functioning: Preliminary data in healthy, White women. Health Psychology. 2000;19(6):586-592.
- 7.
- Quenzel G, Schaeffer, D. Health Literacy – Gesundheitskompetenz vulnerabler Bevölkerungsgruppen. Ergebnisbericht. Bielefeld; 2016. Available from: https://www.lgk-thueringen.de/fileadmin/media/Gesundheitskompetenz/QuenzelSchaeffer_GesundheitskompetenzVulnerablerGruppen_Ergebnisbericht_2016.pdf