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66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

26. - 30.09.2021, online

Rückmeldung von Zusatzinformationen („Zufallsbefunde“) aus der Sekundäranalyse von Patientendaten in der Medizininformatik-Initiative

Meeting Abstract

  • Pranab Rudra - Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg, Germany
  • Elke Kaufmann - Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg, Germany
  • Eva Winkler - Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg, Germany
  • Christoph Schickhardt - Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 26.-30.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 102

doi: 10.3205/21gmds119, urn:nbn:de:0183-21gmds1197

Published: September 24, 2021

© 2021 Rudra et al.
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Text

Einleitung: Pionierhafte internationale Entwicklungen, z.B. in den skandinavischen Ländern, sowie nationale Kraftanstrengungen wie die Medizininformatik-Initiative (MII) des BMBF lassen darauf schließen, dass es in der Zukunft eine stetig wachsende systematische Nutzung von Patientendaten zu Forschungszwecken geben wird. Ein Aspekt, der bei diesem Blick in die Zukunft aus ethischer Sicht zu beachten ist, betrifft die Frage des Umgangs mit möglichen gesundheitsrelevanten Zusatzinformationen. Während seit ca. einem Jahrzehnt intensiv über sogenannte Zufallsbefunde (Stichwort „incidental findings“) aus der (genomischen) Forschung an extra zu Forschungszwecken erzeugten Daten diskutiert wird, ist das Thema des Umgangs mit möglichen Zusatzinformationen aus der Sekundäranalyse von Patientendaten aus Diagnose und Behandlung noch Neuland.

Methodik: Wir haben im Rahmen des Arbeitspakets 7 (Ethics and Stakeholder) des HiGHmed Konsortiums eine empirisch informierte Empfehlung ausgearbeitet. Der Inhalt dieser Empfehlung beruht auf einer systematischen Literaturrecherche empirischer Studien zum Umgang mit Zusatzinformationen aus der Forschung. Die Erkenntnisse aus dieser Literaturrecherche haben wir, mutatis mutandis, auf unsere Fragestellung übertragen, zu der bisher keine Fachliteratur bekannt ist. Um diese letztere Forschungslücke zu kompensieren und Erkenntnisse zu unserer speziellen Fragestellung zu erhalten, haben wir eine qualitative Interviewstudien mit 23 Expertenbefragungen durchgeführt (die überwiegend einen Bezug zur MII hatten). Bei der Ausarbeitung der Empfehlung haben wir uns außerdem an den offiziellen MII-Dokumenten, insbesondere der MII-"Patienteneinwilligung", und den in den Dokumenten gemachten Vorgaben orientiert, um die Rückmeldung von Zusatzinformationen im Rahmen der MII angemessen zu gestalten.

Ergebnisse: Wir haben ein ausführliches Dokument mit 11 Einzelempfehlungen ausgearbeitet. Jede einzelne Empfehlung ist in die folgenden Unterabschnitte gegliedert: Hintergrund mit grundlegenden Informationen; die Hauptfrage, die für die jeweilige Empfehlung relevant ist; Erläuterungen dazu, welche Informationen in der Literatur zu der relevanten Empfehlung zu finden sind; Wiedergabe dessen, was die Experten zum Thema gesagt haben; Bewertung aller Informationen und am Ende eine präzise und konzise Empfehlung.

Diskussion: Unsere Hauptthemen sind die folgenden: Wie kann es zu Zusatzinformation aus Patientendaten, die zu Forschungszwecken verwendet werden, kommen? Wenn Zusatzinformationen auftreten, wie sollten wir mit ihnen umgehen und welchen Weg aus der Forschung „zurück“ zum Patienten sollten sie nehmen?

Inhaltlich werden wir betrachten, was es bei der Rückmeldung von Zusatzinformationen an Patienten je nach Schweregrad zu berücksichtigen gibt, welche damit verbundenen Pflichten und Belastungen einhergehen und was es in Aufklärungsgesprächen zu berücksichtigen gibt. Auch der Workflow der Daten, deren Psydonymisierung sowie der zeitliche Ablauf vom ersten Verdacht auf eine Zusatzinformation bis zur Rückmeldung an den Patienten werden erläutert.

Schlussfolgerung: Wir glauben, dass die Empfehlung für alle Experten innerhalb und außerhalb der MII dazu geeignet ist, den kaum diskutierten Umgang mit möglichen Zusatzinformationen aus der Sekundäranalyse von Patientendaten zu planen und implementieren. Da wir über das reale Vorkommen der Rückmeldung von Zusatzinformationen, wie z.B. Häufigkeit oder Art der Zusatzinformation, im Kontext der Sekundärnutzung klinischer Daten nur sehr wenig wissen, ist es wünschenswert, darüber in Zukunft noch mehr zu erfahren. Unsere Empfehlung leistet insofern Pionierarbeit in diesem Kontext.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.