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66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

26. - 30.09.2021, online

TabiRi: Tablet-basierte Patienteninformation über das Hautkrebsscreening mit individueller Risikobestimmung im Haus- und Facharztsetting

Meeting Abstract

  • Tilo Mentler - Hochschule Trier, Trier, Germany
  • Sophie Fischer - Hochschule Trier, Trier, Germany
  • Timo Johann - Hochschule Trier, Trier, Germany
  • Joachim Hübner - Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
  • Andreas Heidenreich - Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 26.-30.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 163

doi: 10.3205/21gmds048, urn:nbn:de:0183-21gmds0486

Published: September 24, 2021

© 2021 Mentler et al.
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Text

Einleitung: Seit 2008 ist das Hautkrebsscreening Teil des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramms. Die Teilnahmerate ist mit etwa 15% jährlich eher gering. Als Ursachen dafür wurden mangelnde Kenntnis des Angebots und Fehlvorstellungen über den möglichen persönlichen Nutzen identifiziert.

Stand der Technik: Informationen über das Hautkrebsscreening werden Patienten bislang ganz überwiegend in Form von zeitaufwändigen Arztgesprächen, statische Informationen im Web oder gedruckten Medien vermittelt. Letztere sind notwendigerweise unidirektional, inhaltlich fordernd und setzen ein subjektiv wahrgenommenes Informationsbedürfnis voraus. Dies ist bei aversiven Themen wie Hautkrebs meist gering ausgeprägt.

Konzept: Grundannahme des TabiRi-Projektes ist, dass die mangelnde Auseinandersetzung mit dem Thema Hautkrebs und Hautkrebsscreening weniger Ergebnis eines rational begründeten Abwägungsprozesses (Kosten/Nutzen etc.), sondern auf motivatorische und emotionale Aspekte zurückzuführen ist. Es besteht die Erwartung, dass eine computerbasierte Patienteninformation über das Hautkrebsscreening die (informierte) Teilnahmerate verbessern kann, wenn nicht versucht wird „Motive künstlich zu erzeugen, sondern bereits vorhandene Motive gezielt anzusprechen“ [1]. In diesem Zusammenhang sind hier insbesondere Sicherheit und Autonomie zu nennen.

Implementierung: Das Tablet-basierte Patienteninformationssystem zur Nutzung im Haus- und Facharztsetting wurde im Rahmen eines menschzentrierten Entwicklungsprozesses [2] entwickelt. Ausgangspunkt war dabei, neben einer Literaturrecherche, Interviews mit 7 Repräsentanten der primären Zielgruppe des Hautkrebsscreenings und einem Workshop mit Teams aus 5 Haus- und Facharztpraxen. Das iterative Vorgehen wurde durch die Zusammenarbeit von Experten aus den Bereichen Epidemiologie, Informatik und Gestaltung geprägt. Der auf diesen Ergebnissen basierende Prototyp steht nun für die Endnutzerstudien bereit. Das System bietet die individuelle Bestimmung des Hautkrebsrisikos und allgemeine Informationen über Krankheitsbild und Schutzmaßnahmen. Zusätzlich ist die Applikation als ein Labor für Feldversuche konzipiert.

Die App soll der Forschungscommunity als Patienteninformationsplattform zur Verfügung gestellt werden. Dadurch sollen weitere medizinische Information für ein breites und diverses Publikum verfügbar gemacht werden. Ziel ist es, Ansätze aus dem Bereich der User Experience und der Mensch-Maschine Interaktion anzuwenden. So sollen diese für die Anwendung in Patienteninformationssystemen auf ihre Nutzerwirkung evaluiert werden.

Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene Forschungsfragen definiert, die mit Hilfe der Plattform untersucht werden sollen.

Durch Anwendung von Serious Games einen spielerischen Einstieg in die Thematik zu entwickeln, um Patientinnen und Patienten für die aktive Nutzung der Anwendung zu motivieren, wenn das Tablet beispielsweise im Wartezimmer einer Arztpraxis ausliegt.

Wie können die Auswertung von biometrischen Merkmalen zur automatischen Erkennung von Nutzertypen benutzt werden, um das Userinterface entsprechend den Bedürfnissen anzupassen?

User Interaktionstracking soll typische Pfade durch die App erkennen und nutzertypenbasiert optimale Pfade aufzeigen.

Eyetracking soll zur Evaluierung der Darstellung der Patienteninformation verwendet werden.

Ziel ist es die gesammelten Informationen in konkrete nutzer- und zielgruppenorientierten Designempfehlungen für Patienteninformationssysteme zur Verfügung zu stellen.

Gewonnene Erkenntnisse: Aus den Interviews und Workshops ergab sich ein vielfältiges Anforderungsprofil. Auf Seiten der Patienten beeinflussen u.a. Vorerfahrungen aus dem privaten Umfeld hinsichtlich Hautkrebs(-screening) sowie die grundsätzliche Technikaffinität eine wesentliche Rolle. Aus Sicht der Praxisteams gilt es organisatorische Fragestellungen (Zeitaufwand, Folgeprozess, Diebstahlschutz, Desinfizierung) zu berücksichtigen. Bei der interdisziplinären Gestaltung mussten Abwägungen hinsichtlich des Umfangs und der Verständlichkeit der Darstellungen getroffen werden.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
van de Sand F. User Experience Identity. Wiesbaden: Springer Gabler; 2017.
2.
DIN EN ISO 9241-210:2020-03. Ergonomie der Mensch-System-Interaktion - Teil 210: Menschzentrierte Gestaltung interaktiver Systeme (ISO 9241-210:2019).