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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

UK-Therapie als neues Heilmittel in der medizinischen Rehabilitation

Meeting Abstract

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  • Jens Boenisch - Department Heilpädagogik, Pädagogik für Menschen mit Beeinträchtigungen der körperlichen und motorischen Entwicklung, Köln, Deutschland
  • Stefanie K. Sachse - Department Heilpädagogik, Pädagogik für Menschen mit Beeinträchtigungen der körperlichen und motorischen Entwicklung, Köln, Deutschland
  • Tobias Bernasconi - PH Heidelberg, Fakultät für Erziehungs- und Sozialwissenschaften, Heidelberg, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf479

doi: 10.3205/21dkvf479, urn:nbn:de:0183-21dkvf4794

Published: September 27, 2021

© 2021 Boenisch et al.
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Hintergrund und Stand (inter-)nationaler Forschung: Unterstützte Kommunikation (UK) ist ein in Deutschland relativ neues, international etabliertes Therapiekonzept für KlientInnen, die aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Behinderung nicht (mehr) sprechen können. Der Personenkreis umfasst Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit geistiger Behinderung, infantiler Cerebralparese, Autismus, metabolischen Störungen, Apoplex, ALS, Muskelerkrankungen, seltenen Schädigungen des ZNS etc. Gemeinsam ist dem Personenkreis das Ausbleiben oder der Verlust der Lautsprache, was zu einer komplexen Kommunikationsstörung führt, oftmals verbunden mit erheblichen Entwicklungsstörungen und stark eingeschränkter sozialer Teilhabe. Logopädische Behandlungen sind aufgrund der Komplexität der Schädigung häufig nicht zielführend, die KlientInnen entwickeln trotz intensiver Therapie häufig keine Lautsprache. Demgegenüber bestätigen nationale wie internationale Evidenzstudien die Wirksamkeit von UK-Therapie, die in Deutschland bisher nicht als Heilmittel geführt wird. Hier besteht eine enorme Versorgungslücke. Diese zu schließen und die professionellen Zuständigkeiten im sektorübergreifenden Arbeitsbereich der UK zwischen Medizin und Heilpädagogik, zwischen Frühförderung, schulischer Förderung, klinischer Rehabilitation und nachschulischer Versorgung zu klären, waren Aufgabe des MUK Projektes (Innovationsfonds).

Fragestellung und Zielsetzung: Auf welcher Grundlage kann UK-Therapie als neues Heilmittel anerkannt werden? Ziel ist es, Ergebnisse des MUK-Projektes und den Stand der Evidenzsynthese zur Wirksamkeit von UK-Interventionen zu präsentieren sowie Rahmenbedingungen für die Anerkennung von UK-Therapie als neues Heilmittel zu skizzieren.

Methode oder Hypothese: Nachweis der Evidenz von UK-Therapie a) durch die im MUK-Projekt durchgeführte quasi-experimentelle mixed-methods Untersuchung (Neue Versorgungsform vs. Selektivvertrag, formative und summative Evaluation) unter Einbezug von insgesamt 143 KlientInnen und deren Angehörigen sowie b) auf der Basis einer Evidenzsynthese von 112 Metaanalysen und systematischen Reviews zur Wirksamkeit von UK-Interventionen.

Ergebnisse: Trotz der Heterogenität der KlientInnen und deren komplexer Kommunikationsstörungen verweisen die Ergebnisse aus der Evaluation des MUK-Projektes und der Evidenzsynthese eindeutig auf die Wirksamkeit von UK-Therapie.

Diskussion: Um UK-Therapie in Deutschland einzuführen, bedarf es u.a. Qualitätsstandards für die UK-Therapie und die Unterstützung der GKV und des Gesetzgebers, um die bundesweite Versorgungslücke im Bereich UK zu schießen.

Praktische Implikationen: Weiterarbeit an den Themen Qualitätsstandards, Zertifizierung, an den Evidenznachweisen und konzeptionellen Aspekten und Anerkennung von UK-Therapie als neues Heilmittel.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Konzepte und Ergebnisse liegen vor, Voraussetzungen und Strukturen sind geschaffen – jetzt ist der Gesetzgeber in der Pflicht.